Mittheilungen des im October 1863. Redigirt von dem Secretcir und Geschäftsleiter, k. I. Finanz-Concipisten August Dimitz. Inhalt: Notizen über einige römische Jnschriflsteine, mit Bemerkungen über deren Werth für die Landesgeschichte Krain's. (Schluß folgt.) — Monats - Versammlung. — Verzeichniß der Erwerbungen. lotijcn fiber einige römische Jnsdjriftßeine, mit Bemerkungen über deren Werth für die Landrs-gefchichte Grain's *). 0» vorliegender Skizze lege ich dem für die Archäologie unseres Landes sich interessirenden Publikum eine Suite von etwa einem halben Hundert römischer Jnschriftsteine vor, unter denen der Fachmann manchen neuen, andererseits wieder manchen bekannten antreffen wird. Zur Aufnahme letzterer in diese Zusammenstellung veranlaßte mich, entweder die Wichtigkeit des Inhaltes der Steinschrift oder der Umstand, daß ihre bereits veröffentlichten Abschriften ungenau oder unrichtig sind. Die meisten der vorliegenden Inschriften stammen aus der Laibacher Umgebung und vertheilen sich auf folgende Terraine: a) Laibach und dessen Weichbild. b) Jgg und dessen Umgebung. c) Treffen. (1) Trojan« und St. Oswald. 1 e) ©stinting. f) Oberkaschcl und Zavoglje. g) Krainbnrg. h) Lces bei Radmannsdorf. Ich übergehe nun in angeführter Ordnung zur Aufzählung der Steinschriften selbst, und beginne mit dem auf Laibachcr Boden gefundenen, Nr. 1 Grabstein; gefunden im Scunig'schen Garten in der Gradischa, in einer Tiefe von 6': L . CLATVRNIVS L . F . SABINVS . AN X . ET . MATER . EI NOTRIA . C . F . MAXV ANN . XXHX . ET . FIL EIVS . CLATVRNIA L . F . POLITTA . ANNV VLA . ET . MENSVM. SEXS . H . S : S . L . OLA NIVS . FILIO . ET . CO VBERNALIOVA _______________ET . F1LIAE . POS *) Der vorstehende Aufsatz bringt über einzelne Theile der alten Geschichte Krain's Ansichten, die von den bisherigen bedeutend abweichen. Zum Abschlüsse einer Frage ist es nothwendig, allseitige Meinungen anzuhören und zu prüfen. Die Regel »Audiatur et altera pars« gilt nicht nur vor dem Forum des Richters, sondern auch vor jenem des Geschichtsforschers. Anm. d. Red. Nr. 2. Mit dem Fragmente Nr. 3 am deutschen Grund in der Gegend des gegenwärtig Debeuz'schcn Gartens, im Jahre 1854 gefunden: D1ANAI AVG . SAG IN . MEMOR TVELLIONES IiTiil . VIR . ET AVG.EMON iiiiiVIR . A0 PAREN Nr. 3. VIR . AQVIL AVG . PARENT EVTYGHVS . ET PERIGENES LIB Nr. 4. Gefunden im Scunig'schen Garten in der Gradischa, und in die Gartenmauer eingefügt: DIIS . MAN L . P 'BL . APRO LIB ET . TABVL REI . PVBL . A GRATVITO V1VVS S"~ Nr. 5. Aus der Gegend von St. Christof: CERERI SAG V1BIVS FRV MENTARIVS LEGXVVO TOSVSCEPT OEC Lazius, Schönlcbcn und Vodnik führen in ihren Werken und Letzterer im „Laibachcr Wochcnblattc" vom I. 1818 mehrere in Laibach befindliche röm. Jnschriftsteine an, unter denen einige, welche den Namen Emona führen sollen. Leider sind jedoch von diesen letzteren alle, bis auf einen gegenwärtig in Wien sich befindlichen, zu Grunde gegangen, und nur das Fragment Nr. 2 ist im I. 1854 hinzugekommen, so daß wir jetzt nur zwei Steine besitzen, auf denen der Name Emona sich vorfindet. Ich übergehe nun vorderhand zu den Jggcr Funden und bemerke zugleich, daß ich so manches in Laibach befindliche und vielleicht Laibach vindicirtc Denkmal dem Jggcr Boden zuzuschreiben geneigt bin. So z. B. halte ich sämmtliche, die Domkirche zierende Schriftsteine, sowie die dem Seminare eingefügten, aus vielen, sowohl das Materiale als Form und Inhalt der Inschriften, als auch Embleme und Ornamentik betreffenden Gründen, für Jgger, welche erst spater nach Laibach übertragen wurden, und jenen Gebäuden als ehrwürdige, Denkmäler einer längst vergangenen Cultnrcpochc unseres Landes einverleibt wurden. Diese eben erwähnte Ansicht hoffe ich später in einer größeren kritischen Arbeit über unsere Lapidar-Denkmäler ausführlicher zu begründen, denn bei der großen Wichtigkeit, von welcher oft Lapidar-Jnschriften bei Beleuchtung mancher archäologischen und historischen Fragen sind, ist cs einleuchtend, mit welcher Sorgfalt man ans die genaue Bestimmung des ursprünglichen Standortes jeden Denkmales Bedacht nehmen muß. Unter den Jgger Denkmälern erwähne ich zuerst der, ohne irgend eine Schrift in der Kirche zu Brnnndorf eingemauerten. ES sind dieß zuerst drei Steine mit Köpfen. Der erste weiset einen weiblichen und zwei männliche, der zweite und dritte je zwei anffallcud dolichoecphale, ortho-gnate Köpfe. Ein weiteres interessantes Object ist ein prismatischer, in der südöstlichen Kirchcnccke eingemauerter, 4' hoher und 2' breiter Stein, dessen einziger Schmuck ein in Basrelief dargestellter Delphin ist, und dessen unglücklicher Weise verkehrte Aufstellung schon zu allerlei abenteuerlichen Deutungen Anlaß gegeben hat. Ob ein gegenwärtig als Opferstock verwendeter, von zwei Löwen gestützter Stein von unbekannter ursprünglicher Bestimmung ebenfalls antiken Ursprunges sei, lasse ich dahingestellt. Endlich ist noch ein mit zwei Delphinen verzierter Stein an der Ostseite der Kirche eingemauert, dessen Schrift aber der Ungunst des Wetters ausgesetzt, schon beinahe spurlos vertilgt ist. Die meisten noch erhaltenen Stein-Denkmäler, welche erwiesener Maßen dem Jgger Boden angehören, befinden sich gegenwärtig im Laibachcr Museum und sind größtcn-theils ans dem dunkeln, festen und klingenden Podpetscher Kalke gearbeitet. Einiger erwähnt schon Grutcr, viele beschreibt Lazius, manche Schönleben, einige Vodnik; doch das Meiste scheint der Unwissenheit znm Opfer gefallen, und obwohl nicht mit Vorbedacht vernichtet, so doch als schon fertiges und daher sehr wohlfeiles Materiale zu allerlei Bauten verwendet worden zu sein. Ich gebe daher zunächst die möglichst getreuen Copicn der Jggcr Muscalia: Nr. 1. D . M . S. SVRVS . LVC1 . F 0.AN.Z.ET.OVAR TA . FIRMI . GA LVNI. 0 . AN. LXX SABINVS . FILIVS PARENTIBVS . POSVIT ET . S1BI Nr. 2. DM VR . AV FI . ©AN LXX Nr. 3. DIS MANI . SAC vid. Grater, VOLTREX . PLA p. 842. ETORIS . F . PO VENI . XAAAE ILVNCONIS . F VXOR1 . SVA Nr. 4. vid. Mittheil. 1856, p. 24. ADSALLVTAE *) AVG.SACR G . CAECINA FAVSTINVS Nr. 5. 1 . O . M CANTIST1VS THREPTVS BF COS V. SL . M Ueber den Threptus, griech. öQkmoc, finden wir im Plinius dahin lautende Auskünfte, daß mau darunter frei-geborene Findelkinder verstand, welche im Hause des Nährvaters als Sclaven erzogen, später, wenn sie versprachen, brauchbarere Glieder des Staates zu werden, frei wurden und sich dann aller Begünstigungen, welche nach römischem Rechte nur Freien allein zukamen, erfreuten. In einem Briefe an den Kaiser erbittet sich sogar Plinius, welcher Statthalter in Bithynien war, Instructionen darüber, wie es in seiner Provinz mit den zginzoig zu halten sei. Nr. 6. 1.0.« C . NOVETI VSRKSTITV TVSVETLEG IAD1EXBFCS V 8 Nr. 7. FIRMVS . VOLTV PARIS . F . VI . FEG SB . E . TERTE . SECV ND1 . F . COISVE 0 . N . XXV *) H itzi n ger hat diese Inschrift in der ersten Zeile Anfangs (Mittheilnugen des histor. Vereins 1856, S. 3) unrichtig »AD SAL VTEM« angegeben, später aber (ebendaselbst S. 24 und 70) mit ADSALLVTAE verbessert, und die Bedeutung dieser Gottheit erklärt. Anm. d. Red. Nr. 8. D . 1 . M AVRELI VS IOVINVS VETER . LEG XIII . GEM MIL . TORO VAT VS ET . DVPLARIVS EMESIS . SVP AVREL . VRSE COIVGI KARISSEME Ob das EMESIS nicht vielleicht als eine Abbreviatur von Enionensis aufzufassen fei, lasse ich dahingestellt -*). Nr. 9. VOLTEREGI . BV CTORIS . FR© E ENINNAE. CO . SVAE . VIV BVCTOR . ET \0 . FP Nr. 10. BV10 . BV V . F . SIB MAXIM XIS . F SVAE . 6 ET . SEV BVC 0V1 SEVI N viel. Gruter, p. 746. Nr. 11. Im Besitze des historischen Vereins: D . M . S TCAESERNIVS 1ANVAR1VS fHm VIR VIV . FEG S1B1 . ET . SV1S H . MHN . 8 scheint mir vom besonderen Interesse. Der Stein ist ein 3' 3" hohes und 2' 2" und 1' 8" breites Parallelipipet aus Podpetscher Kalk, dessen breitere Vorderseite obige Inschrift trägt. Jede der beiden schmäleren Seiten aber ist mit Sculptnrcn in Basrelief geziert, deren eine einen Delphin, die andere aber eine Urne darstellt, aus welcher ein Rebcnstock mit Blättern und Trauben hervorwächst. *) Hitziuger hat sich zuerst (Mittheil, des histor. Vereins 1856, S. 3) auch dafür ausgesprochen, daß Emesis als Abkürzung von Emonensis zu lesen sein dürfte; später (Mittheil, des histor. Vereins 1857, S. 145) hat sich derselbe für di- Lesart E MESIS SVPerioribus, aus Ober-Mösieu erklärt, wie dieß auch bereits von einer andern Seite (Jllyr. Blatt 1830, Nr. 28) geschehen. Sinnt. d. Red. Hält man dieß letztere Emblem mit der Thatsache zusammen, daß ans den Hügeln von Babna gorica noch heute die verwilderte Rebe (vitis labrusca) sich vorfindet, so scheint dieß auf Weinbau zu deuten, den schon die Römer hier getrieben. In der obern Fläche des Steines sind drei Vertiefungen angebracht, welche zur Befestigung eines weiteren Aufsatzes gedient zu haben scheinen. Von Jgg aus steigen wir nun zur Anhöhe „na pun-gerli«, wo die interessante St. Georgs-Capelle stehet, an deren Außenmauer wir folgende Inschrift entdecken: D SA BIX VS VALI VIVS . ISFCC1VD ERT1A . I \ TRHOA LXX Dieser Stein wurde vom Landmann Johann Kapel am 12. Mai 1851 bei dieser Capelle ausgegraben, ein Beweis, daß diese Anhöhe nicht unbenützt gelassen war, deren eigentliche Bedeutung aber zur Zeit, als römische Colonen die Jgger Felder bebauten, erst genauere Forschungen und Nachgrabungen Herausstellen bürsten.. Von der Capelle wenden wir uns dem Schlosse Sonnegg und von diesem dem Orte Staje zu, in dessen Nähe thalein-würts ein in den natürlichen Felsen gehauene Jnschriftstcin von den dortigen Anwohnern, „stari dedec« genannt, sich befindet. Die Inschrift desselben lautet: PLETOR . LAEP1VS VIVS FECIT . SIBI . ET MOI . OTAE . VXOR P NO.0.ANL T.RVStCVSO Ich besuchte den Stein drei Mal und überzeugte mich die beiden letzten Male von der unbedingten Richtigkeit der ersten, hier vorliegenden Copie, deren Lcseart jedoch von der des verstorbenen Herrn Dr. Ullepitsch v. Krainsels (Mittheil. 1846) wesentlich abweicht. Nicht ganz einleuchtend und stichhaltig scheinen mir auch die vom Herrn Martin Terstenjak in der Zeitschrift »Novice« vom 10. Mai 1863 aus der Leseart des Herrn Dr. Ullepitsch v. Krainsels gezogenen Folgerungen über die Stammes-Angehörigkeit oder Nationalität der aus dem »stari dedec« genannten Personen; denn abgesehen von andern Umständen und Gründen, und selbst zugegeben, daß die den Römern unmittelbar vorangegangene Bevölkerung dieser Gegenden eine slavische war, was mir ebensowenig als das Gegentheil vorderhand bewiesen zusein scheint: glaube ich vor Allem festhalten zu müssen, daß das Studium der ans römischen Lapidar-Denk-mälern vorkommenden Personen-Namen für Folgerungen über die Natur- und Stammes-Beschaffenheit der vor-römischcn Bevölkerung ganz unfruchtbar, und höchstens nur auf die heimatlichen und Stammesverhältnisse der hier angesiedelten röm. Colonen, Veteranen und hier thätigen Legionen Streiflichter zu werfen im Stande sei *). Dieser Annahme glaube ich schon, gestützt auf das Vorgehen der Römer bei Eroberung einer neuen Provinz, folgen zu müssen, und zwar aus folgenden Gründen: 1. War Krain ein Land, welches von den Römern mit bewaffneter Hand erobert und daher kriegsrechtlich behandelt wurde. Dem zufolge wurde jener Theil der kriegstüchtigen männlichen Bevölkerung, welcher nicht im ersten Anlaufe niedergehauen war, auSgchobcn, unter die Legionen gesteckt und in entfernte Provinzen versetzt, der Rest aber zu Sclaven gemacht. In den Colonien waren römische Veteranen und Ansiedler die Herren, und römische Beamte bildeten den Magistrat; nur die Municipien machten eine Ausnahme und hatten ihre eigene Verfassung. 2. Ist cs also nicht gut anzunehmen, daß diese Denksteine Sclaven, freigelassenen oder den in ähnlichen Verhältnissen stehenden besiegten vorrömischen Einwohnern gesetzt worden wären, ohne daß darauf bezügliche Bemerkungen ausdrücklich beigefügt wären, indem wir ja nicht bloß mehrere »liberti«, ja sogar einen -D-ge^og ausdrücklich bezeichnet finden. Doch glaube ich den Archäologen im Allgemeinen keinen schlechten Dienst zu erweisen, wenn ich die auf allen von mir untersuchten und copirten Inschrift-steinen vorgefundenen Personen-, OrtS- und Götter-Namcn in tabellarischer Uebersicht am Schluffe beifüge, zugleich aber den Wunsch aussprcche, man möge nachforschen, zu welchen Legionen Roms die vorrömische Bevölkerung unserer Gegenden ihr Contingent stellte, in welchen Provinzen des weiten Reiches besagte Legionen verwendet worden, und wo endlich den Veteranen jener Legion Accker und Felder zugewiesen wurden **). Dort dürfte man dann Namen krainischer Ureinwohner finden. Nicht kann ich ferner hier eine Annahme unerwähnt lassen, welche schon lauge in unseren archäologischen Abhandlungen und Karten ihren Platz behauptet. Es ist dieß der s. g. Magnus vicus, den man in die Gegend des heutigen Jgg versetzt. Siehe z. B. Hitzingcr's „Karte der Römer-straße über die julischcn Alpen und deren Befestigungen." (Beilage zu den Mittheil. d. hist. Ver. 1854 ***). *) Wir verweisen bezüglich der gegentheiligcn Ansicht auf dieß-bezügliche Abhandlungen unseres geehrten Mitarbeiters Herrn Hitzinger, die uns bereits zugesagt sind. Anm. d. Red. **) Dieß ist wohl schon von mehreren dießscitigen Geschichtsforschern geschehen. Man vergleiche Muchar's Störn. Noricum, Linhart's Geschichte von Krain, Itichtcr's Beiträge, Hitzingcr's Aufsätze in diesen Mittheilungen. Anm. d. 3ted. ***) Hiebei ist wohl zu berücksichtigen, daß die histor. Forschungen in Krain noch nicht zum Abschlüsse gekommen sind, und daß die Forscher selbst Manches, was sie im Anfange als richtig angenommen, in der Folge bei besserer Prüfung verbessert und berichtiget haben. So hat eben Hitzinger schon vor mehreren Jahren (siehe Mittheil, des histor. Vereins 1854, S. 94, 95) seine erste Ansicht über die Lesart der Siglen MAG. VIC. geändert, Die Annahme des Magnus vicus scheint sich auf einige in jener Gegend gefundene Jnschriftsteine zu stützen, welche sich in Lazius und Schönleben aufgeführt finden und folgendermaßen lauten: 0 . ANNAIVS . 0 . L TORAVIVS M . FVLG1NAS . M . L PHILOGENES MAG . VICI . DE VIC . S . PORTIC . F COIR P . PETRONIVS . P . L AMPHIO FABIVSC . L . COR . BO MAG . VICI . AEDEM AEQVOR . DEVI S . P . COIR Hier scheint, daß mag. vici als magni vici gelesen und der magnus vicus als röm. Ort registrirt worden sei. Eine genauere Betrachtung jeder der beiden Inschriften wird lehren, daß hier nur von einem magister vici die Rede sein kann. Zur bessern Begründung des Gesagten mögen folgende Stellen aus Svetonius dienen: In vita Octaviani cap. XXX heißt cs »Spatium urbis (sc. Oct. Augustus) in regiones vicosque divisit, instituitque, ut illas annui magistratus sortito tuerentur, hos magistri e plebe cujusque vicinae cleeti.« — Ferner (ebendaselbst in Tiberio cap. LXXVI): „Dedit (sc. Tiberius) et legata plerisque inter quos virginibus vestalibus, sed et mililibus universis plebi-qui* Romanae viritim atque etiain separatim vicorum magistri s. “ Da wir auf unsern beiden Steinen mit »vicorum inagislris« zu thun haben, so können wir daher logisch vom vicus auf eine regio weiter schließen, und von der regio auf eine urbs, von der zwar hier eben nicht die Rede sein kann, wohl aber einen bedeutenden Colonie, die ja eben nach dem Muster der Stadt Rom selbst angelegt sein mußte. Ich übergehe nun zu den weitern Denkmälern der Jggcr Gegend, und hier treffen wir zunächst auf die Kirche heil. Kreuz bei Iška vas, in deren Ringmauer folgende Inschrift sich befindet: SEXTO SEVERO F . ©AN XXXXV ET TI VN .... COIVGI .... ONI ..... ON ET. VSFN.... AVXXll Reicher ist wieder die St. Michaels-Kirche zu Iška vas selbst, an der wir folgende Denkmäler treffen: 1. Ein in und dieselbe mit Rücksicht auf Muratori (Thesaurus veterum in- scrlptionum torn 1., pag. 25) mit jener Magister oder Magistri vici vertauscht. Anm. d. Red. der Thurmecke eingemauerter Stein, dessen eine Seite folgende Inschrift: OVAR f OEB ONICl. F . V1VS FECIT . SB . E . CO MAXIMA. OSTEI F die andere Seite aber eine zwcihenkclige Urne trägt. Nr. 2. An der Hinterseite der Kirche befindet sich ein Stein mit folgender Inschrift: MAXIMVS BVIONIS IO VI . F . SIBI ALXETCON R VST 1C A Nr. 3. Folgendes Fragment : FVE VION1 XX BM FNIC0I COF . 0 Nr. 4. Und endlich eine Figur, einen Knaben vorstellend, deren Skizze ich ebenfalls besitze. Von Iška vas führt uns der Weg über die Felder nach Strahomcr am Fuße des Krim, wo wir wieder fünf am St. Jacobs-Kirchlein eingemauerte Denksteine finden: Nr 1 BVCO . ERTI . F 0AN.LXV.ETERT 1A . SARIN . F . COl VX.0.AN.LV.P.V.F Nr. 2. D M 8 VRS1N VSBV TONIS E MAX IMAOVINTIET VIVIFSIBlETF BV1ONI0ANXVII Nr. 3 und 4 sind unlesbar. Nr 5. BVCIONI . IRMIF0 ANZ. BVCCAVALENT1S FVMFOSV f S1B1E OIVCE . SVO MAXI MA.E0AN.XXX V C1I VS Von Strahomcr ausgehend, treffen wir bald nach Tomisclj, wo an der Kirche St. Maria ein in der Kirchcn-schwellc angebrachtes Fragment uns wieder erinnert, daß wir auf classischem Boden stehen; es lautet: CONCM 0 Der nächste Punkt ist die Kirche St. Johann in Tomiselj, wo wir wieder vor der Kirchcnschwelle folgenden Stein in den Fußboden eingesenkt finden: TERTIVS . EPPONIS BOIPRIAVIF. VI.F.SI.ET COI . PVS1IE . SE . A . XX XX (Schluß folgt.) 31Tonats=Uerfammsung öes histor. Vereins vom 8. October 1863. Vom Vereins-Mandatar Herrn Dr. Franz Schrey ti. Redlwerth, k. k. Bczirkstiorstcher in Sittich, war ein Schreiben an die Direction gelangt, welches der Vereins - Secretiir verlas. Es betrifft die vom Herrn Bezirkstiorsteher am 30. v. M. in den bei Ilova gora befindlichen römischen Gräbern *) vorgenommenen Nachgrabungen, bei welchen, außer einem Thränenbccher, zerbrochenen vermoderten Urnen, Eisenringen, einer zersplitterten Glasschale und Resten von verbrannten Gebeinen, nichts Bedeutendes gefunden wurde. Hierauf gab der Vereins - Secretär „Nachrichten über eine bisher wenig bekannte **) Religionssecte in Krain." — Zum Jahre 1239 n. Ehr. verzeichnet die Chronik das Erscheinen der Flagellanten in Laibach; nach mehr als 300 Jahren sehen wir in Steiermark und Krain eine daran erinnernde Erscheinung, welche, obwohl unterdrückt, von Zeit zu Zeit wieder emportauchte, bis sie zugleich mit dem Luthcrthum in der Gegenreformation unterdrückt wurde. Ucbrigens erinnert dieselbe durch ihr Wesen und ihre äußere Form au die in der Mitte des 17. Jahrh, unter den dortigen politischen und kirchlichen Stürmen sich zeigenden Secten der Quakers = Zitterer, und Jumpers-Springer. Im 3.1583 am S. Andreastage hat nämlich Maruscha, des Andreas Pogerliz Tochter, Ehewirthin des Leonh. Mcdud, eine Vision, in welcher ihr Christus, und zwar im nicht gcheimnißvollen Dunkel der Nacht, sondern am hellen Tage erscheint und ihr befiehlt, sie soll eine Stifterin sein (daher der Name der Securer) und am Berg Singerle (bei Valvasor: Schingcrle), der jetzigen Planinska gora bei Planina, eine Kirche bauen. Unser lieber Herr Gott (dieß sind der Maruscha eigene Worte) ist gar herrlich vom Himmel kommen, hat sie aus einem vergoldeten Geschirr gesprengt und jenes Berges Namen genannt, mit diesen gar lieblichen windischcn Worten: Sie werde nicht eher zu unserem lieben Herrn kommen, als bis sie die Kirche aufrichte. Alle himmlischen Hcerschaaren waren dabei und Alles war von Gold. Sie habe gehört, daß in den letzten Zeiten viel falscher Propheten aufstehen werden. Die ganze Welt hätte sollen ertrinken, da sei die hl. Jungfrau Maria auf die Knie gefallen, und habe Gott den Herrn treulich gebeten und ihn bewegt, abzulassen, deßhalb sei über die Stifter zur Buße das „Martern" gekommen. Se. Durchl. der Erzh. Carl werde auch zum Berg Singerle kommen und der Jungfrau Maria opfern. Der türkische Kaiser selbst soll auf vergoldetem Roß kommen und sich taufen lassen, die Türken werden sich alle bekehren, ... doch wie der Türken Will sei. Die ganze Welt soll sich „martern." Der hl. Jungfrau Maria Grab sei auf dem Berg Singerle, unser Herr Gott habe sic auf den Berg gebracht in „ein plaben Rock mit rothen Ermcln", sie hält unsern Herrn Christus im Schooß oben in der Capellen, hat braune Augen. Sie redet nur zu Zeiten mit unserem Herrn, oft schweigt sie, sie befiehlt, man soll die Kirche bauen. Dieß die Momente der Vision aus dem Äunde der Stifterin. — Die Idee der Erbauung eines Kirchleins zur Ehre Gottes, wie deren so viele die schönen Berge unserer Heimat zieren, hat nichts Auffallendes. Neu ist der Zusatz, die Welt müsse sich „martern." Der finstere Geist der Flagellanten lebt hier in armen umvissenden Bauersleuten auf, und eine dem weltlichen Arm unerreichbare geistige Epidemie zieht immer weitere Kreise. Ursprünglich im Landgericht Haasberg unter den herrschaftlichen Erbholden und jenen von Zirkniz um sich greifend, und von Bincenz Peg, Pfarrer zu Zirkniz, und Gregor Raunicher, Pfarrvicar zu der Alben (jetzt Planina), in ihrem anfangs unverdächtig, ja löblich scheinenden Beginnen unterstützt, greift die Bewegung bald weiter um sich. Bereits unterm 4. Dec. 1584 erlassen Landcsvcrwalter und Viccdom au die Gallcrischen Gerhabcn, Andr. Raunach und Georg AinkhUrn, den *) Ein Bericht über diese Gräber erschien in den „Blättern f. Krain", Jahrg. 1861, S. 115. D. Red. **) Ueber das Vorkommen dieser Sccte in Steiermark siehe: Sutter, Geschichte Ferdin. II. 4. Band. S, 236 sg. Befehl, die Stiftern! einzuziehen und ans Laibach zu schaffen, oder selbst des Herrn Pfarrers zu Zirkniz in Verwahrung zu behalten, übrigens den Kirchcnbau einzustellen und gegen die Sectirer mit strenger Strafe, Entziehung der Hubgerechtigkeit sc, zu verfahren. Gleichlautend ergeht dieser Befehl an Christof Partner in Höslein, Andre Nastran in Weißenfels und Andreas Tczl in Pillichgräz. Am nämlichen Tage befehlen Landcsverwaltcr und Vicedvm dem Andreas Preisen, Pfleger in Adelsberg, welcher ihnen gemeldet, daß die Marterer eine neue Kirche „zu ihrem Gottesdienst" aufgerichtet, und daß sie den Bau, obwohl er die 3 mint erteilte abgeschafft , fortzusetzen im Sinne haben — diesen Bau einzustellen, die Rädelsführer aufzusuchen und auf Laibach zu schaffen, doch dabei alle Vorsicht anzuwenden, daß durch ihre Anhänger keine Meuterei geschehe, für den Fall, daß der Transport nicht tbunlich wäre, sie aber im Schloß Adelsberg zu verwahren, überhaupt aber den Unterthanen die Betheiligung bei den Zusammenkünften der Sectirer zu verbieten bei schwerer Strafe, und bis zum Herablangen der von der Regierung in Gräz zu erwartenden Resolution das Nöthige zur Verhütung des drohenden Aufstandes vorzukehren. Dieser Befehl kennzeichnet die Lage und zeigt zugleich, daß die Bewegung inzwischen eine Richtung genommen haben müsse, welche sie für Staat und Kirche gefährlich erscheinen ließ. In Reifniz rotten sich am 3. Dec. 1584 sechshundert Unterthanen, Männer und Weiber, zusammen, um mit der Prozession auf die Alben zu ziehen, zu dem „Ncnstift", gegen den Willen des Pfarrers, welcher ihnen die Kreuze aus der Kirche zu ihrem Zuge nicht ausfolgen will. Adam Moscon läßt drei der Rädelsführer in den Thurm setzen und bittet um Verhaltungsmaßregeln. Inzwischen wird die Stifterin Maruscha gefangen gesetzt, um den 10. Dec. 1584. Viele Unterthanen versammeln sich, begehren von Raunach ihre Frei-laffung, und lassen sich vernehmen, sie wollen eher sterben als nachgeben. Die auf Befehl Polydor v. Montagnana's gesperrte Kirche wird von der Volksmenge erbrochen und über 1000 Menschen füllen dieselbe, indem sie in derselben „sich martern." Wir kommen hier zu der Frage, worin dieses Martern bestanden habe? Darüber hören wir einen Augenzeugen, Christof Partner, Inhaber von Höslein und des Landgerichtes im Jgger Boden. Denn am 11. Dec. haben sich die Sectirer (wie unser. Gewährsmann sagt, seit 3 oder 4 Wochen) in allen Dörfern um Höflein ausgebreitet. Knechte und Dirnen verlassen ihren Dienst, Söhne und Töchter ihre Eltern. In Jgg, wie früher in Reifniz, nehnien sie dem Pfarrer mit Gewalt das Kreuz zu ihrer Wallfahrt, nach dem Central-Punkte Planina, aus der Kirche. Der Pfleger spricht schon von einem Marterer, der seinen Genossen gepredigt haben soll, ein neuer Zug in unserem Gemälde. Nun folgt die Beschreibung Dessen, was Partner in der Jgger Kirche gesehen; dort waren über 1000 Personen, darunter viele Marterer, meist junges Volk; von diesen stürzen Einige, ähnlich wie dieß bei der fallenden Sucht vorkomme, fügt Partner bei, zur Erde, Andere schlagen mit allen Kräften in sich selbst, dabei lassen sie ein großes Geschrei hören. Hier haben wir also dasjenige Moment, welches der Secte den Namen der Werfer, Springer oder Marterer verschafft hat. Wer auf den Berg kommt, muß sich martern ... Diese Stelle in dem Berichte des Georg Ainkhürn vom 10. Dec. 1584 über die Sectirer in Alben zeigt, daß die convulsivischen Körperbewegungen als unterscheidendes Merkmal der Anhänger gelten. Am 16. Dec. 1584 ist das Unwesen schon in die Pfarre Ossiuuiz eingedrungen; es fangen daselbst Meßner und „anderes leeres Volk" zu predigen an, und hiemit fällt der erste entschiedene Schritt der Gräzer Landesregierung beinahe zusammen, welche unterm 17. Dec. den Landesverwalter und Vice-dom in Krain zu Commissarien zur Abstellung der Kirchfahrt, als welche (nach dem Ausdrucke des Erlassess, „vielmehr eine lautere Zauberei und Bcthörung, als rechte Andacht und Gottesdienst," Abbrechung und Verbrennung der von den Scctirern erbauten Kirchen und Bestrafung derselben, verordnet. Hiebei wird nicht unterlassen, die Confiscirung der gesammelten Opfcrgelder und der Kirchcngeräthe ein zuschärfen, deren Verwendung sich der Erzherzog vorbehält. Wir haben eine „Aufzeichnung, was ich Gregor Vicari zu der Alben auf Befehl an Opfergeld der neuen Stift an dem Perg alhie empfangen habe." Die Summe der Empfänge beträgt 58 Ducaten 35 kr. Eine ähnliche Rechnung aus dem Jahre 1584 liegt vor von den Zechpröbstcn Andreas Podboj und Urban Rosen. Sie ergibt 49 Ducaten. Es fanden aber auch Opferungen, Gaben in Naturalien Statt, Wachs u. dgl. Daß der erzherzogliche Befehl nicht sofort zur Ausführung gekommen, sehen wir aus einem Schreiben des Vicedoms vom 31. Dec. 1584 an Andreas v. Raunach, womit demselben eingeschärft wird, bei Pecn 500 Ducaten in Gold die Kirche zu der Alben sogleich niederreißen, daun die Stifterin und den Jerni Maroltschitsch, einen sonst nicht weiter genannten Rädelsführer, einziehen zu lassen. Dieser drohenden Gefahr gegenüber sehen wir die in ihrem Jrrtvahn festgerannten Schwärmer nicht rathlos. Noch im I. 1584 scheint die Nachbarschaft (soseska) von Zirkniz mit ihrem, oben genannten Pfarrer zum Probst Montagnana nach Cilly und selbst an den erzherzoglichen Hof in Gräz gereist zu sein. Wir finden aus dem gesammelten Gelde dafür verausgabt, und zwar für die erstere Reise 18, für die letztere 12 Ducaten. Es liegen zwei Bittschriften der Erbholden von Hasperg, an der Alben und der umliegenden Pfarrgemeinden vor. Die eine vom 19. Jänner 1585 soll den gedachten Pfarrer zum Verfasser haben, die andere ohne Datum, doch offenbar derselben Zeit angehörig, einen gewissen Godina in Wippach, welchen der Meßner im Wald (Birnbaumcr) darum gebeten. In der ersteren wird Beschwerde geführt, daß die Herrschaft Haasberg die zur Ehre Gottes, nach röm. katholischer Kirchenordnung, erbaute; Capelle verbrennen lasse», und das gesammelte Opfergeld 200 fl., sowie alles in der Kirche Befindliche, Wachs, Kerzen, Gewand, „Schleier oder Pctschen," Glocken und andere Sachen, wenigstens 250 fl. werth weggenommen habe. Die Bittsteller verwahren sich auch dagegen, daß sie etwa nur gleißnerisch sich so stellen, als wären sie krank, es sei ihr convulsivischer Zustand eine >,srem de Krankheit, darinit sie w u n d e r b a r l i ch und schrecklich bewegt werden," sie komme auch bei kleinen Kindern vor, wie bei Erwachsenen, durch Gottes Zulassnng. In der zweiten Bittschrift heißt es: schon vor 24 Jahren habe ihnen der gewesene Pfarrer in Alben, Georg Warlosch und ein 60jähr. Mann gesagt, daß eine Kirche 11. L. F. auf einem Berg bei Haasberg soll aufgebaut werden. Im I. 1584 sei die Opferung begonnen und auch Kirchenpröbste dafür eingesetzt worden. Nun habe die Obrigkeit die Capelle verbrennen lassen und Alles weggenommen, in Geld 158 Ducaten zu 20 Batzen gerechnet, Leinewand und Kerzen, int Werthe von 250 fl., dann eine Glocke, und die armen kranken gemarterten Leute gefänglich einziehen lassen. Sie bitten um Erlaubniß zum Kirchcnbau und Restituiruug des Weggenommenen. Diese Bitte fand kein Gehör, und wir finden auch bei Valvasor VIII. Buch, daß die zu seiner Zeit auf dem Berg „Schingerle" gestandene Kirche 32 Jahre vor dem Erscheinen seiner Chronik, also ungefähr 1657 von Georg Zimmermann, Pfarrer in Zirkniz, zu Ehren der Mutter Gottes gebaut sei. Ueber die Schicksale der Sectirer von Planina finden wir weiter nichts Näheres, und so wollen wir eine Abzweigung derselben in Ober-krain nach den vorhandenen urkundlichen Quellen verfolgen. Schon unterm 19. Dec. 1584 berichtet Andreas Nastran, Pfleger der Herrschaft Weißcnfels, an den Vicedom in Laibach, cs seien in seinem Bereiche bei 30 Marterer gewesen, und hätten sich nächtlicher Weile in den Häusern versammelt; er habe daher am 1. Dec. einen Befehl erlassen, Jeder, der die Marterer in seinem Hause aufnehme, solle bestraft und ausgewiesen werden. Dadurch habe ihre Zahl abgenommen und ihre Zusammenkünfte aufgehört, am 13. Dec. aber, als er, der Pfleger, abwesend war, seien die Unterthanen von Karuervellach, in der Herrschaft Veldes, aufgestanden, und haben die von Aßling und Birnbaum hinab (nach Karuervellach) geladen und in der Kirche alldort ein solches Wesen angefangen, daß der Pfarrer, als er eine Taufe vornehmen wollen, nicht in die Kirche dringen können, sie haben auch ihre „sondere" Prozession mit brennenden Kerzen im Dorf und in der Kirche gehalten. In der Kirche, in einem Winkel, haben sie den Himmel und in einem andern die Hölle von lauter Lumpen und Hadern gemacht. Einer unter ihnen, Setom Stopisträn, ist auf die Kanzel gestiegen, hat nach und nach alle seine Kleidungsstücke abgelegt und bei jedem das versammelte Volk gefragt, Wessen es sei. Dieses antwortet: »Tu jo nüshiga milostiuiga Jesusa!« Dieser Schwärmer nannte sich selbst Jesus. Das zufällige Erscheinen eines von der Heerde abgeirrten und über die Friedhofsmauer in die Kirche gelangten schwarzen Bockes, den die Menge für eine Personification des Bösen hielt und gegen den der Stopisträn als Tcnfelsbanner auftritt, gibt dem traurigen Wahn einen scurrilen Anstrich. Jerom Stopisträn, der hier als Anführer auftritt, tvar erst 22, ein anderer seiner vornehmsten Anhänger 18 Jahre alt. Beide ließ der Pfleger gefangen nehmen und schickte den Ersteren am 27. December 1584 nach Laibach. Hier wird er verhört. Unter den Fragstücken sinden wir: 1. Ob er nicht in Hohenthal (rutah genannt) eine Kirche mit zwei Altären aufzurichten , auf dem einen die edle, auf dem andern die mittlere Wolle zu opfern befohlen? 2. Ob er nicht an den Dächern herumgestiegen, sich für Jesus ausgegeben? Hier scheint Sonnambulismus im Spiele zu liegen. Stopisträn scheint übrigens seine Macht auf die abergläubischen Gemüther zu Ausschweifungen mißbraucht zu haben. Da er Leidem am 4. Jänner 1585 durch denMcedom vorgenommenen Verhör größtentheils ausweichend antwortete., forderte der Vicedom unterm 5. Jänner die Frau Anna Maria Lenkovitsch, geb. Gräfin v. Thurn, auf, die Mitschuldigen des Angeklagten Anton Kaler, oder Priston Thomas, des Simon Potrebujesch Sohn, Primus Priston und seinen Bruder Toni, auch Simon Brenze, alle der Herrschaft Veldes zugehörig , bei Strafe von 200 Ducaten in Gold einzuziehen und zur Confrontirnng nach Laibach zu schaffen, die „Rottirungcn" der Marterer aber einzustellen. Inzwischen finden wir die Secte, trotz aller Verfolgungen , in neuer Ausbreitung begriffen. Am 30. Dec. 1584 berichtet der Inhaber der Herrschaft Lack, Philipp v. Sigisdorf, daß der Steuerrllckstand von den Stiftern herrühre, welche im Gebirg gegen Tolmein und Lohitschcr Gericht Hausen, neue Capellen bauen, ungewöhnliche Reden führen und die Steuern verweigern. Und Christof Moscon berichtet am 5.Jänner 1585 dem Vicedom, es seien in Ortenegg 30 Sectirer, und cs sei zu befürchten, daß das „tolle Wesen" melir einreißcn möchte. Im Februar 1585 waren die Stifter durch die scharfen Verordnungen der Landcsobrigkeit schon gezwungen, sich zu zerstreuen und nächtlicher Weile zu versammeln, was besonders int Birnbaumes Wald bei dem Meßner von S. Gertraud, Achaz Godina, geschah, und in Folge dessen der Vicedom unterm 14. Fcbr. 1585 mehrere Rädelsführer und auch die Stifterin Maruscha für vogelfrei erklärte. Von den Vcldcser Sectirern wurden übrigens drei, welche sich bekehrt, gegen Widerruf im März 1585 aus ihrer achtwöchentlichen Hast entlassen, ohne daß jedoch das Unwesen aufgehört hätte. Denn im November 1585 erging noch von Vicedom ein scharfer Befehl an Urban Atnkhürn, als Verweser des Bergwerks Jdria und Pfand-inhaber der Herrschaft Loitsch, wegen Vorsorge gegen die bei Altohxr-laibach wieder mit Errichtung einer Kirche beschäftigten Sectirer, von welchen ein Aufstand „gemeiner Punt" befürchtet wurde. Von hier an findet sich im 16. Jahrh, keine weitere Spur der Secte, und wir finden nur noch Verhandlungen wegen des confiscirten Opfcrgeldes und andern Kirchcnvcrmögens, welches der obgenannte Ainkhürn in seiner Verwahrung hatte. Die Glocken wurden dem Laibachcr Doincapitcl übergeben , über den Verbleib der andern Sachen findet sich nichts. Auffallen muß das Wiederaufleben der scheinbar vergessenen Secte im I. 1602 an einem früher von ihr nicht angesteckten Orte, und zwar in Moräntsch. Der Pfarrer Johann Wutaliz ließ da den Schmidt Caspar Golesch oder Golasch, auch Fellasch oder Valesch genannt, und seinen Sohti Lucas, einen lOjähr. jungen Menschen, der viele Menschen vom wahren Gottesdienst abwendig gemacht, mit ihnen in einem „Standach" nächtliche Versammlungen abgehalten, ihnen das Werfen gelernt, auch sie gegen die Priester aufgewiegelt und ihn (den Wutaliz) einen Verführer gescholten, in's Gefängniß setzen. Auf erzhcrzogl. Befehl vom 10. Juni 1602 wurden zwar beide freigelassen, aber vom Pfarrer neuerdings in das Gefängniß geworfen, worüber sie unmittelbar bei dem Erzherzoge Beschwerde führten und eine Commission zur Untersuchung der Sache begehrten. Unterm 1. Sept. 1602 erging nun ein Erlaß Erzherzog Ferdinand's an den Vicedom, wobei eine Beschwerde des Moräutscher Pfarrers, daß eine „ledige unachtsame Person", Lucas Golesch genannt, mit ungestümer abscheulicher Wcrfung des Leibs dem Volk ein Spectakcl erzeige und unter einem Schein der Pietät und Vermahnung, daß man zum Gedächtniß der hl. Barbara nicht weit von Stein eine Kirche bauen solle, die Leute dahin bewege, daß sie Sonn - und Freitags die Predigen und Gottesdienst verlassen, sich an einem andern, von Golcß bestimmten Orte cinsinden und dort viel böse ärgerliche verbotene Werke treiben sollen. Der Vicedom soll den Golesch und seine Gesellen gefänglich einziehen, die Kirchen niederreißen lassen, und die Leute von dieser Superstition ab und zu Anhörung des Wortes Gottes anhalten. Das Opfergeld soll einstweilen aufbehalten werden. Darauf erließ der Vicedom am 29. Rov. ein Schreiben an den Pfleger von Oberstem, Hans Seyfr. Rasp zu Osterberg, den Lucas Golesch sammt seinem Gesellen Adam Sprnckh einzuziehen. Unterm 1. Fcbr. 1603 rechtfertigte sich der Pfarrer von Moräntsch bei S. Dchl. dem Erzherzog über die von Golesch wegen seiner Gefangcnnehmnng eingereichte Beschwerde, indem er anführte, der Bischof habe ihm (dem Pfarrer) bei päpstl. Excommunication verboten , den Kirchenban zuzulassen, bei den durch Visionen berückten Sectirern verfange kein Ermahnen, sie geben vor, viel Schaarcn hl. Engel „in Gestalt allerlei Vögel" erscheinen ihnen und unterweisen sie anders.als alle die Priester im Land, daher er darauf dringt, daß der Golesch verhaftet werde, sonst seien die Priester ihres Lebens nicht sicher. Hierüber crfloß der Befehl an den Vicedom Philipp Kobenzl v. Prosegg, den Golesch scharf und nöthigenfalls peinlich zu examiniren. Jedenfalls wurde Dieser wieder freigelassen, im I. 1607 aber auf Begehren des päpstlichen Nnntins Joh. Bapt. Salvage, Bischof zu Sargan, bei seiner Anwesenheit als päpstl. Visitator in Stain, wieder festgenommen. Am 15.' April 1608 wurde er zu Laibach im Vicedomhaus durch den Vicedom und Dr. Mikez verhört und gab an, cs seien seit Pfingsten 7 Jahre, daß er den Aberglauben angefangen, das dritte Jahr erst haben sich Mitgesellen gefunden, er sei bereits das fünfte Mal im Gefängniß. Er habe das Werfen gemeiniglich alle Samstag und vornchinsten Festabende, wann es warm und schönes Wetter, auch viel Volk von nah und fern gekommen war, durch die ganze Nacht bis zum nächsten Mittage geübt. Es seien übrigens der Pfarrer von Moräntsch und sein Gesell-priester zn ihnen auf den Berg gekommen und haben ihnen celcbrirt. Ans die Frage, ob er, wenn man ihn freilassen würde, vom Werfen lassen wollte, erwiedert er, er könne dieß nicht, aber „er wolle sich besser hüten." Ueber Auftrag des Erzh. Ferdinand vom 2. Sept. 1608 vcrnrtheilte der Vicedom endlich unterm 11. Sept. 1608 den Lucas Vallesch (ober Golesch) auf 12 Jahre zur Galeere. Das Urtheil lautet: Nos Josephus etc. fl clem facimus cpiod excclsum Regimen ob nonnullos exeessus eosque enormes quos hie Lucas Vallosch in Carniola oriun-dus perpetravit, eum per Decretum sub dato 2. Sept anni curr. ad Nos directum ad 12 annos ad triremes condemnavit, nobis insuper mandans ut eum quam toties prout impositum est, eo ablegareinus, quem itaque hisce ablegamus, ln quorum (idem etc. Auf dem Transporte gelang es dem Verurthciltcn zu entfliehen, und wir finden einen Befehl der n. ö. Regierung vom 28. Juni 1609, den Entwichenen und wieder im Lande Befindlichen cinzufangcn. — Hicmit schließen unsere, aus den Acten geschöpften Nachrichten über eine gehcimniß-volle Secte, deren eigentliches Wesen uns freilich nicht klar wird, die aber doch einige VcrgleichungSpunktc mit den communistischen und socialistischen Schwärmern des Mittelalters bietet, umsomehr da berichtet wird, sie hätten sich unter einander Bruder und Schwester genannt und Alles gemeinsam besessen. — Dr. Ethb. H. Costa gab einen „Nachruf an Jacob Grimm (f 20. Sept. 1863)." Unerbittlich fordert der Tod seine Opfer. Er lichtet die Reihen der Geistcshcroen, und hat insbesondere in den drei Jahren des laufenden Jahrzehents so viele der berühmtesten Männer dcr Wissenschaft der Welt entrissen, daß man nicht ohne eine Empfindung der Betrübniß und Trauer sich derselben zu erinnern vermag. Alle Nationen haben hieran ihren größer» oder geringern Antheil! Der erste unter den ersten ist Humboldt, vielleicht der größte Mann unseres Jahrhunderts. Den deutschen Historikern Schloßer, Dahlmann und Gfrörer stehen die Engländer Macaulay und Hallam, die Nordamcrikaner Washington Irving und Prescott, dcr Italiener Romanin zur Seite. Die Slaven betrauern den Verlust der russischen Schriftsteller Aksakoff und Bulgarin, und der böhm. Sprachforscher Hanka und SchafarLik. Auch die andern Wissenschaften haben ihre Todten: Die Geografie ihren Altmeister Ritter, die Statistik den Berliner Dietcrici, die Jurisprudenz den viel-gefeierten Savigny, die Germanistik Wilhelm Grimm, den jüngern, ans dem edlen Brüderpaare, das — wenn auch der kleine Thcaterscherz „Einer muß heiraten" die solidarische Gemeinsamkeit der beiden trefflichen Männer persifliren wollte, doch allen Ernstes in Sachen der Wissenschaft und Politik, in Ueberzeugungstrcue und Arbeitsamkeit die zusammengehörige gegenseitige Ergänzung und Gemeinsamkeit in einem seltenen und ruhmwürdigen Beispiele darstellte. Das sind die traurigsten Verluste der letzten drei Jahre, und ihnen gesellte sich in diesen Tagen zu: Jacob Grimm, dessen Andenken in unserem Vereine zu feiern, der Zweck dieses Vortrages ist. Wir haben hiezu einen speziellen Anlaß, da Jacob Grimm im 3.1858 zum Ehrenmitglieds erwählt, an unsern Bestrebungen den innigsten Antheil nahm. Es sei mir erlaubt, zunächst mit der Mittheilung eines Briefes zu beginnen, welchen ich von I. Grimm besitze und welcher nicht bloß durch den Namen des Senders an und für sich interessant, sondern auch für unsern Verein besonders belehrend ist. Derselbe lautet : „Verehrter Herr! Entschuldigen Sie die verspätete Antwort auf Ihre gütige Zuschrift vom 28. Juni. Ich erkenne es für eine große Auszeichnung, daß der histor. Verein für Kram mich als Ehrenmitglied aufzunehmen beab sichtigt. Da man mit dcr Eisenbahn Laibach leicht erreichen kann, wollte ich wohl noch ein Mal, im Alter jetzt schon von 74 Jahren, in jener anziehenden Gegend einige Tage verweilen, selbst auf die Gefahr hin, wenn mich Gott dort abberufen sollte, vor dem Kirchhof begraben zu werden. Aber eine Menge unablässiger Arbeiten hält mich fest. Tcrstenjak's Forschungen sind mir noch unbekannt, aber Sie machen mich gespannt darauf. Ihre Bibliografie der Rechtsgcschichte ist im höchsten Grade brauchbar, und ich danke für das willkommene Geschenk. Sollte der Verein nicht Sammlungen von Sagen, Sitten und Gebräuchen nach den von Panzer in Baicrn, Rochholz in dcr Schweiz, Schönivcrth für die Oberpfalz gelieferten Mustern empfehlen und aufmuntern? Slavisches könnte slavisch mitgetheilt werden, wie es von Kulda in Mähren geschieht. Mit wahrer Hochachtung und Ergebenheit Berlin, 5. Sept. 1858. Jacob Grimm." Ein zweites Schreiben voni 29. December wurde schon im Jahr: gange 1858, p. 100, unserer „Mittheilungen" abgedruckt. Aber cs ist nützlich, daraus zu erinnern, daß er aus unsern Bestrebungen vielfachen Gewinn für die Wissenschaft prognosticirt hat, wenn wir „auf Sammlung des volksmäßigen Elements in Sprache, Sitte und Volks gebrauch angelegentlich achten." Diese Hinweisung ans das volksmäßige Element — tief begründet in I. Grimm's Natur und den Resultaten seiner eigenen Forschungen, war ein ernster, bisher freilich noch unbeachtet gebliebener Mahnru an unsern und andere Provinzial-Vercine. Bevor wir nicht zur Quelle alles geistigen Lebens, zum Volke selbst herabstcigen, und das in demselben für die Sprachkundc, Sittengeschichte, Sagcnkunde rc. wie in einem noch nicht erschlossenen reichhaltigen Schachte verborgen liegende Material zu sammeln und auszubreiten beginnen, haben wir nicht einmal noch den Anfang und Versuch gemacht, unserer Aufgabe gerecht slavisches Wesen zu werden, ja ich sage, wir haben dieselbe nicht einmal noch ersannt und richtig erfaßt! Denn nicht die Geschichte einzelner Menschen, und seien cs Dynasten oder Kriegshelden, sondern nur die Geschichte der Entwickelung der Menschheit im Ganzen oder eines Theiles derselben — eines Volkes — ist der würdige Gegenstand und das letzte Endziel aller historischen Forschung. Hiebei ist zuzugeben, daß solche auf das Volk rlbst zurückgreifende Studien zu den schwierigsten gehören; es muß aber andererseits auch wieder hervorgehoben werden, daß sie die dankbarsten und resultatrcichsten sind., Diese gleichmäßige, bisher so ganz vernachlässigte Würdigung des volksmäßigcn Elementes würde auch unserem Vereine die größte Popularität zu geben und den Kreis seiner Mitglieder zu vermehren geeignet sein. Ich habe gesagt, Grimm's dringende und wiederholte Aufforderung an unsern Verein, den Sagen, Sitten und Gebräuchen die grpßtc Aufmerksamkeit zuzuwenden, sei tief begründet in seiner Natur und den Resultaten seiner eigenen Forschungen. Wir erinnern zum Erweise dessen nur an seine allbekannten Haupt - und Meisterwerke. Schon seine „deutsche Grammatik" (begonnen 1819 und unvollendet), in welche er ein historisches Leben mit allem Fluße freudiger Entwickelung zauberte, und mit der er einen neuen Grund legte zum Baue dcr nationalen deutschen Philologie, beweiset, daß Grimm sich keineswegs begnügte, sein Werk auf den ausgedehntesten und Staunen erregenden gelehrten Studien aufzubauen, sondern daß er auch nicht unterließ , aus dcr ewigen Quelle der Sprachforschung, ans dem Munde des Volkes selbst zu schöpfen. Noch mehr ist dieses bei seinen folgenden, zum Theile in Verbindung mit seinem Bruder Wilhelm zur Herausgabe gelangten Werken, insbesondere den „deutschen Rechtsalterthümern" und „Weisthiimern", der „deutschen Mythologie" und den „Kinder-und Hausmärchm" der Fall. Weil aus betn Volke entsprossen, wurden sie bei ihrem Erscheinen von den gedünsteten und bezöpften Gelehrten als werthlose Tändeleien und Spielereien nicht weiter beachtet, und nur wenige mochten ahnen, daß jedes dieser Werke die Bahn eines neuen, von Tag zu Tag wachsenden Litcraturzweigcs brechen, und dcr Beginn ganz neuer und der interessantesten Forschungen im Gebiete dcr Geschichte werden werde. Auf Grund dieser, alle die verschiedenen sprachlichen Gebiete des Volkslebens durchdringenden Studien ist es gewiß nur begreiflich, daß Grimm in seiner „Geschichte der deutschen Sprache" ein Werk lieferte, dem keine Literatur etwas auch nur annähernd Aehnliches an die Seite zu stellen hat, und daß auch das lange vorbereitete, mit dem 3. Bande kaum zu einem Drittheile vollendete, doch, trotz beider Brüder Absterben«, in seiner Fortführung gesicherte „Deutsche Wörterbuch", sowohl in Bezug auf die sorgfältige Anlage, als auf die Großartigkeit des Planes und die Genauigkeit der Ausführung musterhaft dasteht. Ohne mich in diesem meinem kurzen Vortrage aus Einzelnes einlassen zu können, kann ich doch nicht umhin, auf die herrliche, umfangreiche und eingehende Vorrede Grimm's zum 1. Bande dieses Wörterbuches (schon für sich vom Umfange einer kleinen Broschüre, 78 Spalten 4. engsten Druckes) besonders aufmerksam zu machen, da sie in erschöpfendster Weise alle sich auswerfenden Fragen, selbstverständlich mit großer Gründlichkeit beleuchtet. Jacob Grimm hätte aber nie die Tiefe der Sprachwissenschaft erreicht, hätte er nicht vom Anbeginne an dcr vergleichenden Methode sich bedient, und zu diesem Ende sich nach und nach eine so umfassende und gründliche Kenntniß aller dem arischen Sprachstamme ange-hörigen europäischen Sprachen erworben. Und das führte mich auf den zweiten Punkt, der unser besonderes Interesse beansprucht. I. Grimm hat in seiner Geschichte der deutschen Sprache, II. 715, ausdrücklich erklärt: „Unsere deutsche Sprache schließt sich, und das ist aller meiner Forschungen Ergebniß, leiblich zunächst an die slavische und lithauische." In dieser Erkenntniß wendete er dem SMdium slavischer Sprache und Geschichte eine mehr als gewöhnliche Aufmerksamkeit zu, und er besaß von beiden, wie cs alle seine Werke beweisen, gründliche Kenntniß und dabei ein Billigkeitsgefühl und einen Gerechtigkeitssinn gegen welche ihn vor allen deutschen Schriftstellern ans- zeichnen. Seine slavische Studie führte ihn frühzeitig schon zu einem innigen Freundschaftsbündnisse mit Wuk Stefanovič Karadzic, dem europäisch-berühmten serbischen Gelehrten. Dessen kleine serbische Grammatik hat Grimm verdeutscht und mit einer umfangreichen Vorrede begleitet, schon im I.1824 herausgegeben. Diese Vorrede nun möchte ich noch heutzutage allen Jenen zur aufmerksamen Lesung anempfehlen, welche das Urtheil eines unbefangenen Fachmannes über die Schönheit und Formfülle, den Wortreichthum und Wohlklang der slavischen Sprache hören, oder sich überhaupt in slavischen Verhältnissen orien-tiren wollen. Diese Vorrede beweiset ferners, daß Grimm sich keineswegs mit der Kenntniß eines slavischen DialecteS begnügte, sondern daß ihm auch das Slovenischc, Böhmische, Polnische, Russische re. so vertraut waren, als das Serbische. Freilich hat er diesem letztern seine größte Aufmerksamkeit zugewendet, welches er allen Deutschen dringend anempfahl, „denen Sprachstudium und Geschichte der Poesie etwas gilt." Als die erste Ausgabe von Wuk's Sammlung serbischer Volkslieder erschien, war Grimm der erste Deutsche, der sie in den Göttinger „Gelehrten Anzeigen" in einer herrlichen Recension freudig begrüßte, und auf ihren hohen poetischen und cultnrhistorischen Werth hinwies, und noch in den letzten Jahren (1854) schrieb er zu der deutschen Uebersetzung der „serbischen Volkslieder" von Wuk's geistvoller und hochgebildeter Tochter Wilhelmine eine jugendlich frische freundliche Vorrede, welche die hauptsächlichsten Züge hervorhebt, wodurch sich diese Märchen von denen anderer Völker unterscheiden und auszeichnen, und Zeugniß ablegt für die wissenschaftliche Bedeutung des Buches. Die beigefügte, ungemein reiche Sprichwörter-Sammlung bietet einen Schatz der herrlichsten Lebensweisheit. Dieses Wort mag uns zum dritten Punkte leiten, den ich zu berühren wünsche, zu Grimm's trefflichem, unerschütterlich rechtlichen und gefühlvollen Charakter. Von seiner unerschütterlichen Rechtlichkeit gibt Zeugniß jenes politische Ercigniß, welches ich mit Grimm's eigenen, so einfach würdevollen und doch so charakteristischen Worten (Vorrede zum „Wörterbuch") in Ihr Gedächtniß rufen will. „Allgemein bekannt ist, daß im Jahre 1837 König Ernst August von Hannover die durch seinen Vorgänger gegebene, im Lande zu Recht bestehende und beschworne Verfassung eigenmächtig umstürzte, und daß mit wenigen Andern *), die ihren Eid nicht wollten fahren lassen (denn wozu sind Eide, wenn sic unwahr sein und nicht gehalten werden sollen?), ich und mein Bruder unserer Aemter entsetzt wurden. In dieser, zugleich drückenden und erhebenden Lage, da den Geächteten die öffentliche Meinung schützend zur Seite trat, geschah uns von der Weidman'schcn Buchhandlung der Antrag, unsere freiwillige Muße auszufüllen und ein neues großes Wörterbuch der deutschen Sprache abzufassen. ... Jahre sind, nachdem durch die Gnade des Königs von Preußen wir hier in Berlin Schirm und Freiheit für unsere Forschungen erlangt haben, verflossen, bevor angehoben werden konnte, und schon ist jenes öffentliche Ercigniß vor andern noch viel stärker Erschütternden, deren Vorspiel es gleichsam abgab, in den Hintergrund gewichen. Mag das Werk, dessen Beginn auf des geliebten Vaterlandes Altar wir nun darbringen, einst vollführt gegründetere Zuversicht erwecken, daß cs im Andenken der Nachwelt haften und nicht schwinden werde, so ist uns damit alles Leid vergolten." Von welch' innigem Gefühle Jacob Grimm überhaupt beseelt war, erweiset nicht bloß der, trotz aller Verstandesklarheit und geistigen Durchdringung, seelenvolle Styl (bett Enterich Jgnatjevic Tkalac treffend also charakterisirt: „sein Styl ist, wissenschaftlich betrachtet, von nativer Einfachheit und Grazie, Präcision, Corrcctheit und Kraft, der vollendetste , den jemals ein deutscher Gelehrter schrieb"), sondern auch sein inniges, in aller Geschichte nur selten wiederkehrendes Verhältniß zu seinem Bruder Wilhelm. Die Innigkeit dieses Verhältnisses ist zu bekannt, als daß es nöthig wäre, dasselbe hier ausführlich zu erörtern, umsomehr, da Jacob seinem verstorbenen Bruder Wilhelm solch' herzliche, wahrhaft tief in das Innerste des Lesers greifende Worte in der Vorrede zum 2. Bande des Wörterbuches nachgerufen hat! Nur eine Episode will ich Ihnen hier vorführen, welche E. I. Tkalac in seinem mit sichtlicher Wärme und großem Feuer geschriebenen Nachrufe an Jacob Grimm („Ost und West" 1863, Nr. 6, p. 268 — 272) über feine dritte Begegnung mit diesem letztern im Mai d. I. erzählt: „Als ich in sein Zimmer trat, waren seine ersten Worte an mich: „„Sie wissen, mein Wilhelm."" Der Schluß des Satzes erstarb ihm auf den Lippen, welche sich lautlos bewegten. Die Jahre hätten ihn nicht so gebeugt, wie der Tod seines geliebten Bruders, sagte er zu mir, und er fühle sich fremd und frenndlos auf der Welt, seit er ihn verloren. Meine wahrhaft,herzliche Theilnahme schien ihm wohlzuthun _____" Es wäre nur eine Abschwächung des wahrhaft rührenden Eindrucks , den diese Worte auf jedes menschlich fühlende Herz machen müssen, wenn man denselben eine Erläuterung oder einen Nachsatz beifügen wollte! Meine Aufgabe war es nicht, die an sich doch einfachen Lebens-schicksale I. Grimm's aufzurollen; auch nicht ein vollständiges Bild seiner unendlichen, fast ein halbes Jahrhundert füllenden, und so verschiedene Gebiete theils neu schaffenden, theils reformirenden wissenschaftlichen Thätigkeit zu entwerfen. Die Kraft hiezu fehlt mir gleichmäßig und die Zeit! Eine solche Würdigung Grimm's wird ein Buch für sich sein und ein Buch von nicht geringer Ausdehnung! — Ich wollte nur auf jene Seiten der Thätigkeit und des Charakters Grimm's hinweisen, welche für uns von einem besondern Interesse sein dürften. Wenn ein großer Manu stirbt, so haben wir wohl alle ein dunkles Gefühl dieser Größe, ohne uns über deren Art und Werth nähere Rechenschaft geben zu können. Ist eS mir nun gelungen, durch die herausgehobenen Momente das in Ihnen schlummernde Gefühl zu einem gewissen Grade der Klarheit zu bringen, dem Schattenrisse etwas Leben trab Farbe einzuhauchen, dann, meine Herren, habeich meine Aufgabe erfüllt. Dann aber stimmen Sie gciviß mit mir in dem Spruche ein: Er war ein großer und ein edler Mann! — Schließlich verlas Dr. Ethb. H. C o st a die vom Herrn corresp. Mitglicdc P. v. Radies eingeschickte „Nachricht über ein Manuscript der Hofbibliothck in Wien." Die Wiener Hofbibliothek bewahrt unter Nr. 11,993 ihrer Handfchriftcn-Sammlung ein für die Geschichte Krain's hochwichtiges Manuscript. Es ist dieß die Geschichte des Laibacher Jesuitcn-Collcginms, vom Beginne desselben (1598) bis in die Mitte des 18. Jahrh, geführt, und zwar in Form eines Urkundenbuchcs, in dem sämmtliche in dem (damaligen) Hausarchive befindlichen Urkunden und Acten „von Wort zu Wort" mitgetheilt und durch verbindende Bemerkungen des fleißigen Copisten aneinander gereiht erscheinen. Der Titel der Handschrift, die durchaus in lateinischer Sprache abgefaßt ist — denn es sind auch alle deutsch en Urkunden in's Lateinische übersetzt — lautet: Liber Archiv!) Collegii Labacensis S. J. (SocietatisJesu) Sive instrumenta omnia literaria de verbo ad verbum transumpta ex instru mentis origin a libus in Archivio contends, Quae collegium ipsum, ejus fun-da t i o n e m, privilegia, templum, scholas, bona immobi-1 ia, jura, varies contractus et similia concernunt. Die Handschrift umfaßt 602 Seiten intermittirend, ist kl. Folio auf Papier, steif in Schweinsleder gebunden und mit einem schwarzen Ueberzua aus Zeug versehen. Die Schrift ist bis auf ganz kurze Zusätze aus dem 18. Jahrh, durchaus dieselbe und sehr schön, doch sehr klein und die Zeilen sehr enge beisammen. Der Werth des Mannscriptcs für die Geschichte unserer Heimat ist ein ganz bedeutender, denn wir haben durch dasselbe das beim großen Brande des Jcsuiten-Gcbändes sammt der schönen und ansehnlichen Bibliothek in Rauch aufgegangene Archiv gleichsam gerettet vor uns. Der Copist, der sieb jedoch nicht genannt hat, motivirt fein Unternehmen in der Vorrede mit den Worten: da cs oft nothwendig, den Stand der Güter und die Rechte zu kennen, es aber ermüdend sei, *) Die viel gefeierten „Göttinger Sieben." immer in’§ Archiv zu gehen, so habe er dieß Buch zusammengestellt und die wichtigen Instrumente von Wort zu Wort abgeschrieben. Zur leichtern Auffindung habe jede Sepie die genaue Bezeichnung erhalten, so daß z. B. L. B. Nr. 5 mit B die Lade beg Archivs und mit 5 die Nummer beS Stuckes in der Lade B bezeichne. Ich muß mich für heute darauf beschränken, eine kurze Uebersicht des Inhalts zu geben, woran sich die aus der Abtheilung Pletriach gewonnene Reihe der Prioren dieses Sarthäufer - Klosters anschließen mag. Die Handschrift enthält, p. 1—10, Gründung des Collegiums; 14—20 Privilegien und Freiheiten; p. 22—36 Ort, an welchem Collegium und Kirche erbaut wurden (darin p. 31 ff. Reformat.-Gesch.); 38—48 Contracte, Uebereinkunfte und Streitigkeiten, Collegium und Kirche betreffend; p. 57 — 67 die Schulen, besonders interessant die Gründung der Philosoph. Facultät; p. 71 — 119 das Schloß „Unter: thnrn in Rosenbach(' und viele andere in der Nähe Laibach'S gelegenen Besitzungen, die nicht zu Pletriach gehören, unter andern Kroisenegg und ein Haus in Podpetsch am Laibachfluffe; p. 123—124 Streitigkeiten, diese Güter betreffend; p. 129—146 Beneficium der hl. Srci: faltigkeitS-Pfarre in Cilli; p. 152-—160 Streitigkeiten darüber; p. 165 —357 Pletriach, und zwar in drei Abtheilungen, I.); p. 165—170, wie cg noch Sicherstein geheißen, II.); p. 173—254, wie es die Car: thäuser besessen (p. 245 ist das älteste Urbar, von 1507 genau ange: führt, III.); p.260—357, wie es die Jesuiten zurDotirung ihresLaibacher Collegiums überkommen haben; hier kommen p. 268 (wie früher p. 220) die US koken betreffende Urkunden vor; p. 369—377 die Kirche in Pletriach; p. 381—391 der Zehent in Söbernigg und Seiseuberg; p. 402—417 Pyrnbaum oder Hruschiza; p. 420—422 Mühle am Laibachflusse ober dem Schlosse Kaltenbrunn; p. 424—428 Streite im Gebiete von Pyrnbaum; p. 433—446 Wippach; p. 448—466 St. Veit; p. 468—470 Streite über beide; p. 477—509 Legate, Geschenke, Verfügungen von Ordensgliedern zu Gunsten des Laibacher Collegiums (so vermacht Wolfgang greif), v. Valvasor, Neffe des berühmten Historiographen, der sein Vermögen dem Vaterlande geopfert und in Armuth gestorben im J. 1728, die Summe von 1000 fl.) ; p. 521—537 Capitalien beg Collegiums und der Kirche, zu verschiedenen Zeiten für die Jahressteuer elociri); p. 539—541 Capitalien, anderwärts angelegt; p. 546—550 Capitalien oder Credit des Tempels zu St. Jacob; p. 552 - 553 Capitalien, im Wiener Salzamte angelegt; p. 561—562 Befehle der Landesfürsten in Betreff zu leistender Kontributionen und Quittungen der Landschaft über bezahlte Steuern und Abgaben; p. 568 — 571 Steuern und Abgaben, an die Landschaft gezahlt in den 1.1601—1730; p. 573— 602 (Schluß) das Seminarium. Man sieht aus diesem dürren Inhalts-Verzeichnisse, wie die Jesuiten die umfangreichsten, besten und schönsten Besitzungen ihr eigen genannt; wie sie dieselben in den ersten Jahren durch Kauf, in den weitern aber zum größten Theile durch Schenkungen erworben, wie hauptsächlich die grauen als Erblasserinen erscheinen und wie die Gesellschaft es verstand, aus solchen Legaten entspringende Streitigkeiten zu begleichen. Dieß Alles wird aus betn Texte in interessanter Weise klar. Die Handschrift bürgt uns die vollständige Geschichte bcS schönen, in unmittelbarer Nähe Laibach's gelegenen kais. Lustschlosses Unterthnrn (Tivoli) und der alten Carthause Pletriach, nebst so vielem andern Wichtigem und Neuem. Die Reihe der Prioren von Pletriach, wie ich sie aus den angeführten Urkunden entnehme, ist folgende: Hartmann, 1403—1410 nur Curator fabricae novae fundationis Pletriacensis genannt, wahrscheinlich 1410 (in welchem Jahre Kirche und Kloster fertig dastanden) zum Prior gewählt, kömmt als solcher 1411 (Samstag vor Margarethen) vor. 1413 wird er wieder Procurator genannt, und erscheint unter diesem Jahre Petrus, als Prior aufgeführt. Andreas de Gyrio 1420, 21, 22, 23, 24. Johannes 1429, 32, 33. Stephan 1436. Andreas 1439, 44, 47. Hilarius 1450, 51, 53, 57, 58, 60. Georg 1463. Gregor 1464. Georg 1465, 66, 72. Andreas 1480. Bruno 1507. Petrus 1519. Hippolit 1537. Elias 1544, 48, 61. Johannes 1565. Thomas 1568. Johannes 1570 , 80 , 86 , 87 . 88 (trat er ab). Stanislaus ä Schmidau 1590. (1593 bei der Aufhebung des Klosters waren nur 3 Mönche da.) Wien, im October 1863. Verzeichn iß der erruevßimgeii im Daßre 1863. (gortsetzung.) CXXVI. Von der kuis.Akademie der Wissenschaften in Wien: 279. Sitzungsberichte. XL. %. XL1, 1, 2, XLII, 1. Wien 1862. Vier Hefte. 8. 280. Register zu den Bänden XXXI—XL der Sitzungsbericht IV. Wien 1863. Ein Heft. 8. 281. Archiv. XXVIII, 2. XXIX, %. Wien 1863. Zwei Hefte. 8. 282. Fontes rerun, austriacarum. V. Wien 1863. Ein Band. 8. 283. Die feierliche Sitzung der kais. Akademie am 30. Mai 1862. Wien. Ein Band. 8. CXXV1I. Bon der juristischen Gesellschaft in Laibach, deren 284. Verhandlungen. II. %. Ein Heft. 8. CXXVIII. Vom Herrn Andr. S a m cj i c, k. k. Normalschul-Katecheten in Laibach: 285. Stimmen des Volkes. Von R. Hirsch. Wien 1854. Ein Band. 8. CXXIX. Vom freien deutschen Hochstifte zu Frankfurt am Main: 286. Göthe's Vaterhaus. Von Dr. G. H. Otto Volger. Frankfurt a. M. 1863. Ein Band. 8. CXXX. Von der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien: 287. Fontes rerum austriacarum. II. Abth. XXII. Band. Wien 1863. Ein Band. 8. CXXXI. Von der löbl. Redaetion der »Zgodnja Danica« in Laibach: 288. Ein vom Herrn P. v. Radies eingesendeter Artikel: »Manuscriptum Domini Georgii Dolnitscheri de Thalberg Historiographie Carnioliae.« CXXXII. Vom Museum Francisco - Carolinum in Linz: 289. 23. Bericht. Linz 1863. Ein Band. 8. CXXXII1. Vom histor. Vereine für Niedersachsen in Hannover, dessen 290. Zeitschrift. Jahrg. 1862. Hannover 1863. Ein Bd. 8. 291. 26. Nachricht über den histor. Verein. Hannover 1863. Ein Heft. 8. CXXX1V. Vom histor. Vereine der fünf Orte Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug zu L u z e r n: 292. Der Geschichtsfreund. Mittheilungen des Vereins. Ein-sicdcln, New-Iork und Cincinnati 1863. 19. Bd. 8. CXXXV. Vom Herrn Alois Cantoni, Handelsmann in Laibach: 293. Statuten mehrerer Gesellschaften, dann mehrere Acten aus den Jahren 1813 u. 1814 verschiedenen Inhaltes. CXXXV1. Vom Herrn Arnold L u s ch in, Hörer der Rechte, Mitglied des histor. Vereins für Krain, inJBien : 294. Eine Vorrichtung aus Thon, genannt »Stimanca«, aus der aufgehobenen Kirche von Pletriach, um den Nachhall der Stimme zu brechen. (Fortsetzung folgt.) Verlag des histor. Vereins für Krain. — Druck von Jgn. v. Kleinmayr L» F. Bamberg in Laibach.