L».ov/^;«z L.S127 Mirstinnen des Hauses Habsburg in Hlnqarn. Alle Rechte vorbehalten. Unbefugter Nachdruck wird gerichtlich verfolgt. Die Hl. StephaMronc und die Skrünunliiinsigntc». And dem Werke: „Die Osterr. Unh. Monarchie in Wort und Bild" Fürstinnen des Hauses Habsburg in Ungarn. O Zur Millenniums- und Huldigungsfeier. Von W. van Nadirs. Mit zehn Illustrationen. Dresden, Leipzig und Wien. E. Pierson's Verlag. 1896. H Vorwort. (Aie erhebende Eriimerungsfeier an den tausendjährigen Bestand des ungarischen Reiches, die im Sommer d. I. in dem mächtig aufstrebenden schönen Budapest würdevoll begangen werden soll, sic wird gipfeln in einer solennen Huldigung für das erhabene, allgeliebte Herrscherpaar für den Kaiser und König Franz Josef I. und die Kaiserin Königin Elisabeth. Im dankerfüllten Gedenken an den selten schönen Tag der Krönung Ihrer Majestäten mit der Hl. Stephanskrone am 8. Juni 1867 wird Heuer an dem gleichen Tage in der Königs-bnrg zu Ofen unter Entfaltung all des dem ungarischen Volke eigenen Glanzes dem gefeierten Königspaar das Gelöbnis der Treue und Hingebung für den Thron der Habsburger erneuert und zugleich der ehrerbietigste Dank dargebracht werden für all das Große und Edle, das der ritterliche Monarch, die hohcitsvolle Königin für Reich und Volk von Ungarn gethan und geschaffen. Der staunenswerte kulturelle Fortschritt, den Ungarn auf allen Gebieten des öffentlichen und socialen Lebens während der glorreichen Regierung K. u. K, Apostolischen Majestät des Kaisers und Königs Franz Josef-I. gemacht hat, er wird dem staunendenAuge der zur doppelt denkwürdigen Millenninms-feier in Budapest von nah uird ,fern zusammenströmenden Tausende und aber Tausende Eingeborener und Fremder auf dem weiten Plane der Millenninmsansstellnng in unvergleichlicher Pracht und Schönheit klar und deutlich sich erweisen! Zu der großartig durchgeführten Feier im allgemeinen, wie im besonderen zu der mit Glück und Geschick arrangierten v. Radtc», Fürstinnen de» Hanse» HabSbnrg. 1 Ausstellung wird mau allgemein das gegenwärtige königlich ungarische Ministerium Banfsy beglückwünschen können, wie denn schon am 1. Oktober v. I. bei dem zu Ehren der Wiener Publizisten — die »ach Budapest geladen waren, die Aus-stellungsvorbcrcitnngen in Angenschein zu nehmen — der Präsident des Wiener Journalisten- und Schriftsteller-Vereins Concvrdia Regiernngsrat Winternitz es hervorheben konnte, das; hier ein großartiges historisches Moment ein seiner würdiges Geschlecht gefunden! In nachstehenden Zeilen »vollen wir aber aus Anlaß der erhebenden Erinnerungsfeier der geschichtsfreundlichen Leserwelt Aufmerksamkeit znrücklenken und hinweisen auf Einfluß und Stellungnahme, welche den Fürstinnen des erlauchten Hauses Habsburg von den Tagen der ersten Verbindung der erhabenen Dynastie mit dem ungarischen Volke bis in unsere Gegenwart beschieden gewesen zum Heile von Reich und Volk von Ungarn, dabei stets gedenkend der Worte unseres hochverehrten Lehrmeisters Professor Dr. Weinhold, des Wahrwortes: „Die Frau ist die nährende und wärmende Flamme der Geschichte!" Dafür, daß diesem unseren Buche eine Reihe trefflicher Illustrationen aus dem monumentalen Werke unseres unvergeßlichen Kronprinzen, weil. S. 5k. u. K. Hoheit Erzherzog Rudolf: „Die Österreichisch-Ungarische Monarchie in Wort und Bild" beigerückt werden durfte, haben wir den beiderseitigen hochgeschätzten Redaktionen des Werkes in Wien und Budapest den gebührenden Dank zu sagen, sowie unser Dank auch allen Jenen gebührt, die uns in Abfassung unseres Buches gefördert und unterstützt haben! Laibach, im März 1896. Ter Verfasser. :« - »- !« < »«««««»«*««»»««» E^aiser Rudolf I. von Habsburg, dem in jenem großen Entscheidungskampfe mit seinem gewaltigen Gegner Ottokar von Böhmen auf dein Marchfeldc, 26. August 1278, der mächtige Nngarkönig Ladislaus IV. der Cumanier so thatkräftige Hilfe geleistet, daß der edle Habsburger an der Leiche des Premisliden dem Cumanier, „Gott lobend" und „höchsten Dank sagend," es offenkundig versprach, „dessen Sache immer und in allein als die Scinige anzusehen," Kaiser Rudolf I. von Habsbnrg, dem mehr als ein halbes Jahrtausend nach jener hochwichtigen Marchfeldschlacht ein Sohn Ungarns Ladislaus Pyrker in weihevollem Meistersänge die Worte zuruft: ...............Ein Vater unzähliger Fürsten Wirst Du sein, und so oft auch hier auf irdischer Laufbahn Wechselt des Menschen Geschick vom Guten zum Schlimmen: so wird doch Treu' und Redlichkeit stets in Deinem Geschlechte noch dauern; Rudolf I. von Habsburg hatte in seiner weitausgreifcndcn Politik, eine seiner Töchter Clementia, in früher Jugend schon mit des Königs Ladislaus IV. von Ungarn Bruder Andreas verlobt, der jedoch im selben Jahre noch das Zeit- liche gesegnet. Drei Jahre darnach ward dieselbe Habsburgerin Clementia, nachdem Papst Nikolaus III. die Ehedispens 1* erteilt,*) mit dem Angioviner Karl Mar teil von Sicilien, einem Sohne des Königs Claudius von Neapel und der Maria von Ungarn, Tochter weil. König Stephan IV. von Ungarn getraut, den Papst Nikolaus V. Legat, Kardinal Gentil de Monte Fiore 1289 zu Neapel zum Könige von Ungarn gekrönt! Deren Sohn Karl Robert gelangte dann 1307 zum Throne der Arpaden und trug von 1310 bis 1342 die ihm zu Stuhlweißenburg auf das Haupt gesetzte Krone des Hl. Stephan. Doch ehevor der Habsburgerin Clementia, der Tochter Rudolf I. von Habsburg Sohn, zur Herrschaft in Ungarn gelangte, saß auf dem Throne des mächtigen Ungarreiches eine Enkelin Rudolfs von Habsburg, die Tochter seines Sohnes Albrecht, die Herzogin Agnes (1298—1301) als Gemahlin des letzten Arpaden König Andreas III. eine hohe, hehre Lichtgestalt, der, so kurz auch immerhin die Dauer ihrer Regierung unter dem ritterlichen Volke der Magyaren gewesen sein mochte, Volk und Land von Ungarn gar manche edle That an der Seite ihres königlichen Gemahls zu danken hat, dessen sowie des ihr unvergeßlichen schönen Reiches sie auch fern davon und zurückgekehrt in die Stammlande ihres erlauchten Hauses, in die „oberen Lande," bis in ihr segenreiches hohes Alter in edlem Wohlthun liebevollst eingedenk geblieben! *) Kaltenbrunner, Mitteilungen des vatikanischen Archives, Nr. 209, 207. Königin Agnes von Ungarn. Won Jugend NN gleichmässig nnf die Reinheit des Leibes und der Seele eifrigst bedacht, reifte Herzog Albrecht von Österreich — Kaiser Albrecht I. — Tochter Agnes zu solcher Vorzüglichkeit im Wesen heran, daß sie im Laufe eines langen nur den edelsten Tugenden, bevorab dem Wohlthun gegen Arme und Bedrängte, gewidmeten Lebens zu jener Vollkommenheit gedieh, die ihr in dem Buche der Geschichte den Namen der „größten Frau ihrer Zeit"*) gesichert. Im Jahre 1280 hatte im schönen Aargau, Elisabeth des Grafen Meinhard von Tirol Tochter ihrem Gemahle, dem damaligen Grafen Abrecht von Habsburg und Kyburg, Landgrafen in: oberen Elsaß, dem Stammlande der Habsburger, dem Sohne dessen, der im deutschen Reiche „ die kaiserlose die schreckliche Zeit" beendet, als drittes Kind ihrer Ehe diese Tochter Agnes geboren, die vom Schicksal ausersehe» war, die Gemahlin des „letzten Arpaden" des Königs Andreas III. von Ungarn zu werden. Als der Vater der jungen Agnes Graf Albrecht von Habsburg zwei Jahre nach ihrer Geburt die Herzogtümer Österreich, Steiermark und Krain als Reichslchen empfangen, zog auch gar bald die Mutter, nun Herzogin Elisabeth mit *) Liebenau H., LebenSgeschichie der Königin Agnes von Ungarn,... Regensburg 1868. p. 825. ihrem Kleeblatt von zarten Kindern, Rudvlf, Anna und Agnes aus dem schneeumkränzten Schweizerlande hinab in die fruchtreichen Ebenen an der schönen blauen Donau, hin in die herrliche schon in den Tagen der Nibelungenhelden sestesfrendige altberühmtc Stadt Wien, wo sie ihren herzoglichen Gemahl mit einem ferneren Kleeblatt von Kindern, den Söhnen Friedrich, Leopold und Albrecht (II.) erfreute. Die junge Fürstentochter Agnes, klein an Gestalt, groß aber an Geist und Herz erblühte also von ihrem zartesten Alter an in einem regen Geschwistcrkreise, der sich in späteren Jahren, als Herzog Albrecht bereits die Stufen des deutschen Thrones erstiegen, zu einem vollen Dutzend erweiterte. Wie anregend das Leben im väterlichen Hause, der Hofburg zu Wien unter diesen Verhältnissen sein mußte, ist leicht zu denken. An Lehrern in allen Zweigen der Wissenschaften ließ es der Herzog und spätere König bei seinen Kindern nicht fehlen. Die Geschäfts- und Sprachkenntnis, welche wir in der Folge bei der Königin Agnes bewundern, zeugte dafür, daß sie ihre Jugend nicht nur auf den Gemächern der Frauen zugebracht, wo sonst nur mehr ans Religiösitüt und kunstreiche Arbeiten denn auf Wissenschaften Bedacht genommen war. Die ersten zehn Lebensjahre glänzte zudem im bunten Kreise der Enkel in der Wiener Hofburg zuweilen auch noch die alle Herzen erwärmende Sonne des Humors König Rudolfs I. von Habsburg, dessen Erscheinen unter den Kindern seines Sohnes mit lautem Jnbel begrüßt worden. Einen der Lehrer an Herzog Albrechts Hofe lernen wir in dem Meister Konrad von Dießenhvfen kennen, der „in argem Mißgeschick durch Länder und über Meere getrieben endlich bei den milden und großmütigen Habsburgern in den sichern Hafen seines Heiles eingelaufen, um mit der Verherrlichung fröhlicher Töchter und Söhne auf immer sich zu begnügen." Als eine fröhliche Kinderschar schildert uns demnach der fürstliche Hofmeister die Prinzen und Prinzessinnen am Hofe zu Wien. Mit dieser Herzensfröhlichkeit ging aber der fromme Sinn der fürstlichen Kinder Hand in Hand, und wir lesen ganz im besondern von Prinzessin Agnes, daß sie, als ihr später über einen Bewerber um ihre Hand, einen römischen Herrn, etwas zu Gehör gekommen, das ihr „ungöttlich dünket" im Sinne der Zcitrichtung das Versprechen von 90000 Ave Maria gethan, wenn die geplante „Gemahlschaft wendig" würde, was, wie unsere Quelle schließlich kurz beifügt, auch geschah, indem besagter Bewerber (Friedrich von Colonna) gar bald mit Tod abgegangen.*) Der Chronist Abt Johann von Viktring, der die Geistesgaben der Herzogin Agnes vor der Schönheit ihrer persönlichen Erscheinung hervorhebt und ihr stille Bescheidenheit, Andacht und Wohlthätigkeit nachrühmt, deutet in seiner Erzählung über sie es an, wie sie trotz dem geräuschvollen Leben am Hofe ihres Vaters dennoch Gelegenheit fand, die Röslein ihres Gemütes, wie Veilchen und Lilien ihrer Seele auszubilden, und dabei die Wissenschaft zu Pflegen u. a. gründlich Latein zu lernen, welche Sprachkenntnis dann auch durch später von ihr ausgegangene Schriftstücke in lateinischer Sprache illustriert erscheint, sowie auch „Bruder-Philipp," Bischof von Eichstädt seine in lateinischer Sprache verfaßte Legende der Hl. Waldburg der Herzogin Agnes zueignete mit der Bitte, dieselbe andern Fürstinnen mitzuteilen. Als Agnes 15 Jahre zählte, starb (1295) dem Könige Andreas III. von Ungarn seine Gemahlin Venena, eine Tochter des Herzogs von Kujavien mit Hinterlassung einer Tochter, Namens Elisabeth. Andreas, um einen männlichen Erben besorgt, und um das mit Herzog Albrecht von Österreich gegen Adolf von Nassall — Rudolfs I. Nachfolger *) Gregor Hagen bei Petz ScriPtoreS I. 1137. in der römischen Königswürde — geschlossene Bündnis fester zu knüpfen, warb nun bei seinem Verbündeten um die Hand von dessen Tochter Agnes und Albrecht nahm, um seine Macht zu mehren, den Ungarkönig willig zum Eidam an. Und auch Agnes stimmte ein, denn sie kannte von Jugend auf die Pflichten kindlichen Gehorsams, ihr Wille war auch hierin der der Eltern, wenngleich man sich zur Zeit in Wien manche Züge „von wilden und grausamen Ungarn" erzählte. Am 6. Februar 1290 fand die Verlobung statt, doch blieb vorläufig die jugendliche Braut noch übers Jahr in der väterlichen Hofburg, da es einerseits die erlauchte Mutter-wegen des sehr zarten Körperbaues der Tochter so gewünscht und anderseits damals Österreich politisch ziemlich bewegt gewesen. Herzog Albrecht schickte aber noch im Herbste 1296 dem künftigen Schwiegersöhne Truppen gegen den aufständischen Iwan von Güssing (Güns) zu Hilfe, der sich mit seinein Bruder vereint neuerdings gegen Andreas erhoben hatte; mehrere Burgen der Güssinger namentlich Güns und Symögh wurden mit Unterstützung der österreichischen Truppen eingenommen. *) Das Jahr 1297, ausgezeichnet durch außerordentliche Fruchtbarkeit und die großen Freiheiten, welche Herzog Albrecht seiner getreuen Stadt Wien erteilte, brachte Österreich wieder Ruhe und Frieden. Am 2. November erhielt die geliebte Herzogin Agnes als Aussteuer 40000 Mark Silber (beiläufig 980000 fl. heutiger Währung) zugesichert und angewiesen von ihrem Vater, dem Herzoge Albrecht. Am selben Tage verschrieb ihr zu Wien ihr zukünftiger Gemahl König Andreas von Ungarn als Widerlagc des so bedeutenden Brant- *) Huber, Studien über die Geschichte der Ungarn im Zeitalter der Arpaden. Archiv s. Kunde österr. Geschichtsquellen. UV. x. 224. schatzes auf Lebenszeit Schloß, Stadt und Grafschaft Preßburg mit allen dort fallenden Einkünften, Besitzungen, (Burgen) und Rechten. Die Treue der Preßburger gegen seinePerson, die Andreas in dieser Weise zu würdigen und auszuzeichnen bestrebt erschien, sie war auch schon durch jenen Privileginmsbrief des Arpaden belohnt worden, womit derselbe König Andreas (1291 2. Dez.) — getreu seinen aus der venetianischen Erziehung geschöpften Neigungen für das Bürgertum und die Interessen der Industrie und des Handels — die Preßburger Bürgerschaft ausgezeichnet und in welchem er auch die in der Stadt Preßburg wohnhaften Juden der Privilegien der Bürger teilhaftig gemacht.*) Da sich anfangs November 1297 die herzogliche Familie in Wien noch um die im Juni desselben Jahres verstorbene Schwester Herzog Albrechts, nm die Königin Guta von Böhmen in Trauer befand, so ging die nun am Wiener Hofe stattfindende Vermählung der Herzogin Agnes hier ohne jene Festlichkeiten ab, wie solche zwei Jahre vorher bei der Vermählung von Agnes Schwester, der Herzogin Anna mit Hermann Markgrafen von Brandenburg in Graz waren gehalten worden, um deren Veranstaltung sich der ausgezeichnete Hofmann und hervorragende Abt Heinrich von Admont so viele Verdienste erworben und die der Neimchrvnist Ottokar in lebensvoller Frische geschildert hat.**) War aber bei der Trauung der jüngeren Tochter, diesmal zu Wien, ans obangedeutetem Grunde das Geräuschvolle der Hochzeitsfcier weggeblieben, so sollte dagegen die junge schöne Fran in ihrem neuen Vatcrlandc jenes Prunkes und jenes lauten Jubels nicht entbehren, womit schon von frühesten Zeiten her das feurige Volk der Ungarn, was ihm groß und *) Szälay, Geschichte Ungarns II. 186. Am». I. **) Muchar, Geschichte der Steiermark VI. p. 103. lieb erscheint, in so unwiderstehlicher Weise zu umgeben versteht, es durften dort wohl nicht fehlen die Kundgebungen der hellsten Freude, nicht beim Einzuge der Königin in Buda (Ofen) — wobei man aus allen Brunnen der Stadt Wein statt Wasser fließen machte — nicht am 30. November dann am Namenstage ihres königlichen Gemahls, ja sie erreichten den Höhepunkt bei ihrer Trauung in der Kathedralezu Stuhlweißenburg,*) wo der Bischof von Weszperim, einer der eifrigsten Parteigänger des Königs Andreas, sie zur Königin gesalbt und mit der Krone des Hl. Stephan gekrönt.**) Doch auch Herzog Albrecht wollte, wenngleich im Augenblicke daran verhindert, durchaus nicht der Freude entbehren, seiner Lieblingstochter — nun Königin — noch nachträglich am eigenen Hofe ein solennes Hochzeitsfest zu bereiten, das vereint mit einer Verlobung zweier Königskinder, sobald die Hoftrauer beendet war, auf Lichtmeß des nächsten Jahres (1298) angeordnet wurde, denn um genanntes Datum sollte außer der Feierlichkeit zu Agnes Ehren auch die Verlobung ihrer noch im Kindesalter von 9 Jahren stehenden Stieftochter Elisabeth mit dem gleichfalls noch kindlich jungen König Wenzel II. von Böhmen zu Wien stattfinden. Um diese zwei Hoffcste recht glanzvoll zu begehen, bat Herzog Albrecht alle seine Anverwandten und Nachbarn, Freunde und Gönner auf die „große Hochzeit" nach Wien zu kommen. Seit Menscheugedenken war nie hier ein so großartiges Fest gegeben worden. Königin Agnes kam mit ihrem Gemahle und den schmucksten, stolzen Magyaren, welche ihre herrlichsten Pferde und Waffen und Schmuck aller Art zur Schau trugen, um *) lonnnss Uruivr Ligtori» Diöessis äldlio (1877) x. 47. **) Liebenau, hundert Urkunden zur Geschichte der Königin Agnes. Regensburg 1869, p. 10. mit allen anderen Gästen zu wetteifern. Der Ungarn und Cumanen war dabei eine solche Menge, daß sie in Wien kaum Platz finden konnten, Bürger der Stadt wurden aus ihren Wohnungen delogiert und einzelne Wohnungen in Ställe umgewandelt, in denen die Pferde der ungarischen Gäste eingestellt wurden. Da die schönen Magyaren an den Frauen und Töchtern Wiens Gefallen fanden und umgekehrt, kam es im Laufe der Festtage zu Händeln, die ab und zu auch blutiges Ende nahmen, so wurden z. B. in einem Hause vor dem Stubenthor (heutiger 3. Bezirk, Landstraße) zehn Cumanen das Opfer solch eines blutigen Liebeshandels.*) Unter den Festgästen war an Albrechts Hofe auch erschienen der Herzog von Sachsen. Die Markgrafen von Brandenburg Herrman der Lange, Albrechts Tochtcrmann, und Otto genannt mit dem Pfeile die brachten eine große Ritterschaft mit sich; König Wenzel von Böhmen entfaltete all den Glanz, den das reiche Prag zu bieten vermochte und nicht weniger strengten sich geistliche und weltliche Fürsten und Herren aus Österreich, Steier, Tirol, Bayern, Schwaben und den oberen Landen an, welche unter Anführung von Basel und Konstanz in die reichgeschmückte freudenvolle Feststadt Wien einrückten und so sah man selbst vom fernen Rheinstrome manch' ritterliche Gestalt dahertraben an die Ufer der Donau. Herzog Albrecht wollte durch dieses Riesenfest den Beweis liefern, daß er als Habsburger nicht bloß ueidvolle Feinde, sondern auch mächtige und zahlreiche Freunde besitze, welche ihm bei einer allfülligen Gefährdung seiner Werbung um die Reichskronc beizustehen im Stande und bereit. Der Kongreß der Fürstlichkeiten bei diesem Wiener Doppelfeste hatte nämlich auch einen politischen Zweck, man verabredete hier um die Tage des Namensfestes des römischen *) Hvrmayr, Wiens Gesch. u. s. Denkwürdigkeiten. III. x. 137. Königs Adolf von Nassau dessen Sturz und schon gar bald darnach Anfangs April zog Herzog Albrecht, auch von Ungarn unterstützt, an den Rhein, um seiner Werbung um die Reichskrone Nachdruck zu verleihen. Wie bange erwartete die nach Buda zurückgekehrte Königin Agnes Botschaft vom Vater aus den oberen Landen. In diesen Tagen banger Erwartung mag Königin Agnes das Gebet erdacht haben, das in ihrem halb Deutsch halb Latein geschriebenen Gebetbüchlein die „Fahne des Herrn" genannt erscheint. Dazu wurden neun Betende an neun Sonntagen zu Tagesanbruch verwendet, die Vorbctende lag so zur Erde gebeugt, daß nur ihre Kniee und Ellenbogen die Erde berührten und betete das Vaterunser bis das Licht abgebrannt war, bat Gott um Schirm gegen alle, die Übles und bösen Rat gegen sie im Schilde führen.*) Neun Tage nach der von den deutschen Kurfürsten über Adolf von Nassau ausgesprochenen Entsetzung und Wahl Herzog Albrechts von Österreich zum römischen Könige an dessen Stelle — 23. Juni 1298 — fand Adolf von Nassau am Hnscnbühel bei Göllheim, König Albrecht selbst mutig angreifend, in heißem Kampfe seinen Tod auf dem Felde der Ehre (2. Juli 1298). Das schöne Morgengebet der Königin Agnes, Gott möge sie und die Ihrigen beschützen, sowie Er einst Daniel in der Löwengrube beschützt, erschien erhört! Wenige Wochen später — am S. August — fand am Nakosfeldc bei Budapest die vom König Andreas III. einberufene Rcichsversammlung statt, auf welcher Bischöfe und Adel, Szcklcr, Sachse» und Cumanen mit Ausschluß aller weltlichen Würdenträger eine Reihe von Beschlüssen faßte, welche die Hebung der Macht des Königtums Liebenau, hundert Urkunden u. s. w. p. 15 s. und die Befestigung der Stellung seines gegenwärtigen Vertreters zum Ziele hatten und daher auch vom Könige genehmigt wurden, „damit wir" — wie es wörtlich hieß — „den aus dem königlichen Geschlechte stammenden Andreas als den natürlichen Erben des Reiches verehren und in der Person desselben die königliche Würde den notwendigen Glanz erhalte."*) Unter den weiteren Beschlüssen dieser Magnatenversammlung war auch der, daß wer immer von Unzufriedenen noch Güter nicht herausgegeben habe, welche Eigentum der jungen Königin Agnes seien, der solle solche ihr ungesäumt zur Hand stellen und weiters dann noch der einschneidende Beschluß: Der Königin deutsche Hofherrn sollen entfernt und deren Stellen vom Könige durch ungarische Edelleute ersetzt werden, was dann auch geschah. Ob Besorgnisse vor einem Anschlüsse Ungarns an das Deutsche Reich, in welchem wenige Tage später (24. August) Albrecht zum röm. Könige gekrönt worden, diesen letzteren Beschluß der ungarischen Reichsversammlung veranlaßt, ist jedoch nicht erweisbar. Wie aber die jugendliche Königin, jetzt in ihrem 18. Lebensjahre stehend, dem königlichen Gemahl bei Ausübung seiner Negentenpflichten stets liebreich helfend zur Seite war, dafür liefern uns die zeitgenössischen Quellen den einen und andern schönen Beweis. So oft König Andreas in seinem Reiche von Königsstuhl zu Köuigsstuhl umherreiste, um nach alter Sitte als oberster Richter seiner Unterthanen Recht zu sprechen, nahm er die schöne junge Königin mit sich und diese, gleichwie sie durch ihr reines Wesen die Liebe ihres Gemahls gewonnen**) und durch ihre streng fromme Denk- und Gefühlsweise auch ihm Gottesfurcht gelehrt hatte, übte letzteren Einfluß auch auf die Unterthanen soweit es in ihrer Macht gelegen *) Huber 1. o. p. 225 f. **) Liebenau Gesch. d. Königin Agnes p. 403. ivar. Sv erzählt uns die Chronik z. B. ans Stnhlweißcnburg, daß Königin Agnes daselbst ans das Eifrigste bemüht gewesen, die noch heidnisch gebliebenen Cumanen zum Christentum zu bekehren.*) Sie, die alles Unrecht aus dem Grunde ihrer Seele haßte, wollte selbst auch niemanden! das geringste Unrecht zufügen und so sehen wir die Königin dem Bischöfe von Weszperini, dessen Kirche unter ihrem speziellen Patronat gestanden und der, wie schon oben gesagt, Agnes zur Königin gesalbt und ihr die Krone des Hl. Stephan gereicht, den Lämmerzehent auf der Insel Schütt zurückstellen, der ihr seitens der ungarischen Kammer unter ihrem Heiratsgute zugekommen war. Die von ihr darüber ausgefertigte Urkunde, datiert: Vuda 29. April 1299**), bietet außerdem noch durch das anhangende große Majestütssiegel der Königin heute für uns ein erhöhtes Interesse, weist dieses uns doch der Königin Bildnis. Dieses Siegel 3 >/2 Zoll im Durchmesser in weißes Wachs zweiseitig eingedrückt, weist auf der Vorderseite die Inschrift: ch 8igiUum. ^.guotis. Ooi. Clruoia.. lic-gino. UvuALris. Die bildliche Darstellung dazwischen ist folgende: Die Königin sitzt auf einem mit Kissen belegten Thronstnhle ohne Lehnen, dessen Wände und Schemel mit Schnitzwerk verziert sind. Ans dem Haupte trägt sie eine Lanbkrone, deren Reif mit Perlen besetzt ist, das Haar wallt in reichen Locken bis über die Schultern herab, der Schleier fehlt. Das weite Kleid mit engen Ärmeln ist um die Mitte umgegürtet, » am Halse in eine Spitze nach abwärts ausgeschnitten und verbrämt. Der Mantel läßt die Brust frei und wird durch eine Schnur zusammengehalten, welche die Königin mit der linken Hand erfaßt, während sic in der rechten einen Zweig *) Engel, Geschichte des ung. Reiches I. p. 453. **) Licbenau, Hundert Urkunden u. s. w. p. S f. mit drei Blättern hält. Im Siegelfelde zur Rechten der Königin steht der Buchstabe zur Linken II, die ersten Buchstaben des Namens der Fürstin; die übrigen drei befinden sich ans der Kehrseite. Diese hat die Inschrift: ch 8.(igi11um) T^imtis. Dikie. Domini. ^Ikorti. Ducis.*) ^.rmtrio zwischen Perlenlinien. An die innere derselben schließt sich ein breiter mit Blnmenranken verzierter Streifen an, welcher durch eine feine Perlenreihe begrenzt und von dem mit Blumen bestreuten Siegelfelde geschieden ist. In letzterem erhebt sich das ungarische Doppelkreuz, zwischen dessen beiden Querbalken sich rechts ein iN, links die Buchstaben: D8 befinden, als Schluß des auf der Vorderseite begonnenen Namens der Königin. Unterhalb des zweiten Querbalkens sitzt zu jeder Seite ein Vogel auf einem Blumenzweig?*) Über der Königin Agnes Familienleben an der Seite ihres königlichen Gemahls des heißblütigen von einer venetianischen Mutter abstammenden Andreas, liegen Wohl aus der Feder des österreichischen Neimchronisten Ottokar Andeutungen vor, die nicht gerade auf ein ganz glückliches Ver- hältnis des kinderlos gebliebenen Königspaares würden schließen lassen, ja die den König förmlich als einen Wüstling darstellen. Nun, wir haben schon früher darauf hingewiesen, daß uns andere Quellen über den segenvollen Einfluß der frommen Agnes ans ihres königlichen Gemahls Denken und Fühlen bekehren und selbst Ottokar giebt zu, daß die Trauer der Königin um Andreas, als er ihr durch einen zu frühzeitigen Tod — nach nicht viel mehr als zweijähriger Ehe — entrissen worden, keine geringe gewesen. *) Der Siegelstock rührt also noch aus der Zeit vor der Erwählung Albrechts zum röm. Könige her. Anm. d. Verf. **) Berichte und Mitteilungen deS Altertums-Vereins zu Wien. II. (857) x. 123 Anm. 1. v. Radier, Fürstinnen der Hauses Habsburg. 2 Es war Ende der zweiten Woche im Januar des Jahres 1301, das; Königin Agnes den ihr im November 1298 angetranten Gemahl verlor, eben zur Zeit, als ihr Vater König Albrecht in voller Thätigkeit gewesen, den Krieg wider die rheinischen vier Kurfürsten und Reichsrebelleu ins Werk zu setzen. Schon die schwere Art der tödlichen Krankheit des Königs Andreas versetzte die jugendliche Frau in nicht geringes Leid, da er noch vor seinem Hinscheiden die Macht der Sprache verloren: wie aber erst, als er die Augen schloß und dann mit so kostbarem Aufwand«, wie es einem reichen Könige geziemte, im Münster (bei den Minoritcn) in Budapest zur ewigen Ruhe bestattet wurde, da ergab sich Agnes voll und ganz ihrem großen Schmerze um den teuren Dahingeschiedenen. Ottokar, der in seiner Darstellung diesen Schmerz weit über die „Tugenden" des verstorbenen Königs erhebt, kann sich auch nicht genug darüber wundern, daß ein Iren von so jungen järon so rvßdieir Kunde gebaren was sich nur aus dem edlen Gemüte der Habsburgcrin erklären, gleichwie auch die Fortdauer der schmerzvollen Trauer daü inan s! bsrnäob unr in ir ende säob witidsn «>s in klag »nd rnvo: das seliuok ir rvil>Iiol> trnve diu ük sie erbt und robto von allem irem gesiebte?) Vom Todestage des Königs an trug Agnes an ihrem Leibe ein härenes Bußhemd und darüber fortan Tranerklcider: ununterbrochen war ihr Gebet seinem Seelenheile gewidmet. *) ülonumsnta Oorinauiao von Pcrtz ed. Scemiillcr Ottokars östr. Rcimchroiiik. VerS 78352-78377. Welche Wirkling ihren Gebeten zugeschrieben worden zeigt unS die Aufzeichnung des Chronisten Ebcndvrfer, welcher erzählt, als Agnes für ihren Mann selig gebetet, habe man dessen Stimme gehört, sagend: er sei im Himmel!*) Drei Tage nach dem Tode ihres Gemahls übergab Königin Agnes ihren Reichsmagnatcn die königliche Burg zu Ofen, welche auf Anlangen der letztgenannten der Meister Stephan von Snpron (Ödenburg) zur Renovierung und zn teilweisem Neubau sowohl im Maucrwerk als in den Holzbcstandteilen vorläufig auf eigene Kosten übernahm, welche Kosten ihm laut Urkunde der Königin durch die Fürsorge der Magnaten zu geeigneter Zeit ersetzt werden sollten.**) Nachdem Agnes das Königsschloß in Altbnda verlassen, soll sie sich in die auf dem Scheitel des Hl. Berges Pannoniens***) herrlich gelegene Erzabtei der Benediktiner zu Martinsberg begeben haben, welches altehrwürdige Stift, „die Wiege des Christentums in Ungarn" ist, von wo einst die Missionäre auszogen, durch das reichgesegnete Land hin sich zerstreuend, um unter dein kriegslustigen Volke mit der Christuölchre zugleich Bildung und Gesittung zu verbreiten und welchem Stifte gegenüber des Andreas Vorgänger auf dem Throne Ungarns und er selbst sich immer ebenso freigebig als anerkennend erwiesen.ch) Gar bald jedoch verließ die Königin-Witwe mit ihrer Stieftochter Elisabeth das Land Ungarn, da ihr Bruder Herzog Rudolf, an den sie sofort nach des Königs Andreas *) Petz, 8oriptorv8 rorum uustrioeonim. II. p. 765. *') Liebennu, Hundert Urkunden u. s. w. p. 10. ***) Lueor mons Uunnonias. f) Ein Benediklinerbnch von S. Brunner, Erzoblci Martins-bcrg »och M. Csinär p. 218. Tode Boten mit der Trancrkunde abgesendet, seinen ritterlichen Marschall Hermann von Landenberg an sie abgeordnet. Unter der Führung dieses Getreuen und mit stattlichem Geleite, darunter sich auch der dem Hause Habsburg befreundete Iwan Graf von Güssingen (Güns) befand kehrte Königin Agnes noch im Jänner 1301 in die Wiener Hofbnrg zurück. Ihr Vater König Albrecht weilte zur Zeit weit von Wien entfernt in den Rheinlanden! Als sich über den letzten männlichen Sprossen aus dem fürstlichen Hause der Arpaden die Gruft zu Budapest geschlossen, konnte von einer Erbfolge der Frauen umsoweniger die Rede sein, als damals selbst der Maunesstamm nur auf Grund einer mit Wahl vermischten Erbfolge das Staatsruder geführt hatte und als das Mittelalter noch nicht auf jener Stufe der Entwickelung angelangt war, um auch Frauen zur königlichen Würde rechtlich befähigt zu finden. Infolgedessen betrachteten selbst die eifrigsten Anhänger des eben dahingeschiedenen Königs Andreas dessen verwaiste Tochter Elisabeth keineswegs als Königin der Nation*) und es forderte auch der Königin-Witwe Vater, der römische König, für seine Tochter nichts anderes, als den Fortbesitz ihrer „Widerlage." Um den erledigten Thron Ungarns stritten nun aber der Böhmen- und Pvlcnkönig Wenzel II. und Karl Robert von Sicilien, der Sohn der Clementia von Habsburg. Durch Unterstützung des Habsburgischen Hauses gewann die Partei Karls von Sieilien nach und nach die Oberhand über den Böhmen und wir sehen den Bruder der Königin-Witwe Agnes, deil Herzog Rudolf von Österreich, der dem Könige Karl Hilfe nach llngarn gebracht, mit diesem und mit den Magnaten des Reiches (unterm 24. August 1304) Verträge zum Abschlüsse bringen, in denen er seiner lieben *) SzLlay, I. e. II x. 151. Schwester Agnes ihr Wittum, die Grafschaft Prcßburg und das Zugehörige sicherte*) — welcher Besitz, wenigstens ein Teil desselben, ihr bis zu ihrem Tode verblieb — und durch welche Verträge es ihr ermöglicht war, ihre zahlreichen und sehr wertvollen Kleinodien, die sie später zu kirchlichen Stiftungen verwendete, aus Ungarn heraufzubringen. Wir haben schon oben gesehen, das; König Andreas III. den Bürgern von Preszburg einen fortschrittlichen Privilegiumsbrief ausgestellt, dessen Inhalt, n. a. die Befreiung der in die Stadt Einwandernden von der Kopfsteuer, auch die „Herrin Preszburgs" Königin Agnes fortwährend aufrecht erhielt; ja die fortschrittlichen Ideen des Preßburgcr Privi-legiuinsbriefes übertrug die kluge Habsburgerin später auch in das „Land der Freiheit," in die oberen Lande, indem sie namentlich ihre Leibeigenen am Gotteshause zu Königsfeldcn in der Schweiz für frei erklärte!**) Aber schon geraume Zeit vor ihrer definitiven Übersiedlung in die Stammlande des Hauses Habsburg war der stille Wirkungskreis von Agnes Wohlthun dort ein sehr weiter und wir sehen sie schon 1305 ihrem sel. Gemahl König Andreas zu Ehren in Zell bei Sitzen kilch im Schwarzwalde einen Altar mit ansehnlichem Einkommen errichten und 1307 geloben ihr der Abt und Konvent zn Engclberg für die Beisteuer zum Neubau des abgebrannten Klosters daselbst eine» Jahrestag für den seligen König Andreas, sowie im selben Jahre die Meisterin der Angustinerinnen zu Jnterlaken für denselben ein Jahr lang täglich ein Vigil beten zu lassen.***) Im Mürz des Jahres 1308 stellt der Komtur des Deutschen Ritterordens zu Marburg (in Hessen), dem die Behütung *) Lichnowsky, Geschichte des Hauses Habsburg. II. x. 251. **) Liebeuau, Königin Agnes p. 332—348. ***) Liebeuau, I. c. x. 414. des Grabes der Hl. Elisabeth anvertraut war, den Revers aus, von der Königin-Witwe Agnes von Ungarn als besondere Verehrerin der aus dein ungarischen Hause der Arpaden staininenden Hl. Elisabeth und des Deutschen Ordens 25 Mark Silbers empfangen zu haben, um am St. Elisabethtag für den sel. König Andreas Jahrzeit zu feiern.*) Es währte nicht lange und neuer tiefer Schmerz traf das edle Frauenhcrz der Königin Agnes. Am 1. Mai 1308 fiel durch verruchte Mörderhand ihr innigstgeliebter Vater Kaiser Albrecht im Angesichte der Habsburg und die Chronik meldet, daß die liebende Tochter ans die Kunde des entsetzlichen Ereignisses vier Tage darnach (Sonntag, den 5. Mai) „ihr Herz gefriedet" d. H. des Herrn Leichnam empfangen und also in ihrer unaussprechlichen Trauer nin den Vater nur Trost beim lieben Gott im Himmel gesucht.**) Nach dem so entsetzlichen Ende ihres Vaters hielt sich Agnes noch einige Zeit in Österreich beziehungsweise auch in Ungarn ans,***) mit welchem Reiche sie auch noch späterhin stets die ihrem Wohlthütigkeitssinne einerseits, ihrem nie verlöschenden Pictätsgefnhle für ihren verstorbenen Gatten anderseits entsprechenden innigsten Beziehungen unterhielt. So stiftet sie 1313 in die Kirche zu Gran, an den Sitz des „Primas von Ungarn" ein „Seelgeräte" für Andreas und als sic 1331 in der Stadt Wien das an der von ihr selbst erbauten Kirche der Hl. Agnes gelegene Kloster „znrHimmels-pforte" der Kanonissinnen des Hl. Augustin erweiterte, ließ sie es mit Nonnen des Prümonstratenser-Ordens ans Ungarn besiedeln.-)-) Den 28. Oktober 1313 starb aber der Königin Agnes *) Liebmcm, I. e. x. 415. *') Clcvi FrygerS (thronik Nr. 1442. *'*) Szälah I. v. 151. 4) Wisgrill, Topographie von Nicderöstcrreich. Wie» 1769.1, g. 34. auch die Mutter Königin Elisabeth zu Wien, nachdem sie noch Kloster Königsfelden in der Schweiz, das Denkmal an den erschlagenen Gatten und Vater der besonderen Fürsorge der geliebten Tochter Agnes empfohlen hatte. Diese kannte nun zunächst nur den einen Wunsch, sobald möglich mit den Überresten der teuren Mutter nach dem Orte ihrer neuen Bestimmung, nach Königsfelden, übersiedeln zn können. Nachdem, 1313, 9. November, sie in Kloster Neuburg bei Wien ihre Kostbarkeiten erhoben und 1314 den Cistercienser-Nonnen zn St. Bernhard in Niederösterreich eine Stiftung hinterlassen, mit der Verpflichtung, jährlich am St. Felixtage das Gedächtnis ihres sel. Gemahls zu feiern, kam sie im Mai 1316 in die Stammlande, wo sie dann bis an ihr 1364 erfolgtes Ende verblieb, wo sie durch strenge Andacht, Nüchternheit und Arbeitsliebe ihrer Umgebung ans weit und breit ein glänzendes Vorbild war, wo sie im weiten Umkreise Wohlthaten übte, Hilfe und Rat Armen und Bedrängten leistete, wo und wie sie nur konnte, aus dem Schatze der kostbaren Perlen und Edelsteine, die sie mit hergebracht, frommen Stiftungen zuwendend, wie und wann sie cs für geboten und nötig erachtete.*) Hier konnte sie auch häufig ihre Stieftochter Elisabeth im Kloster Töß besuchen, wo diese als Nonne den Schleier genommen. Längst schon und zwar gleich nach dem Hinscheiden des Königs Andreas hatte Agnes den Flitter der Vergänglichkeit ab und die Witwengewänder angelegt und es blieb auch fortan so, daß die Königin-Witwe sich nur der allercin-fachsten Kleidung bediente. Ja, als sie 1325 der Einweihung der Kirche in Engelberg, zn deren Anfängen sie 1307 einen großen Beitrag geleistet, und der Schleierscgnung von 139 Nonnen beigewohnt, brachte sie nach Engelberg die Reste *) Licbencm, Königin AgneS n- 74 f. ihrer Brautgewänder, die sie seit 1296 sorgsam aufbewahrt hatte. Trotz der großen und vielen Stürme der Zeiten haben sich bis heute noch einige sehr beachtenswerte Reste dieser mit Gold und Seide reich gestickten königlichen Gewänder im Gotteshausc zu St. Andreas, nun iu Sarncu — wo auch noch jährlich ein Gedüchtnistag für König Andreas gefeiert wird — erhalten, welche zu Kirchengewändern (Anti-pendien) und zur Bekleidung eines Christkindleius verwendet worden sind. Diese Stickereien liefern einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Kunstgeschichte weiblicher Arbeiten des Mittelalters in farbiger Figurenstickerei und schönen Laubarabesken einerseits, sowie sie anderseits sog. goldene Kleiderbuchstaben mit Inschriften und andere Gvldschmiedearbeiten zu Klcider-verzierungen in großer Zahl aufweisen.*) Hatte die einstige Königin von Ungarn den größten Teil ihres langen Lebens als getreue Hausmutter ihrer Gotteshäuser und der schönen verwaisten Wiegenlande ihres erlauchten Stammhauses am Grabe der geliebten Anverwandten zugebracht, so ging sie auch selbst in die Gruft von Königs-felden ein, als der Tod die Adleraugen der heldenmütigen Habsbnrgerin im Jahre 1364 geschlossen. Schon im Frühlinge des genannten Jahres hatte man bemerkt, daß die Kräfte der Königin Agnes sich vermindern und ihr hohes Alter sich rasch geltend mache. Am St. Barnabastage beschloß diese Fürstin „ein Juwel reinsten Charakters, dessen Glanz einst alle Stände und Lande im weiten Kreise ihrer Umgebung bewundert," ihr segcnsvolleö Leben, nachdem der Todeskampf der gottergebenen Königin „von der Terz bis zum Abend" gewährt. Von ihrem Leichenbegängnis am achten Tage nach dem Tode wird uns durch den Chronisten von Königsfelden berichtet: *1 Licbcnau, 1. o I>. 106. „Do trugent sie die brnoder den Frowen zuo sehent die liebste Muoter, die nit alcin inen alein, ine des Landes und aller armen Menschen Besorgerin was (war) gewesen. Also was sie sunder bekleidet von den reinen Megten, die darzuo geordnet wurden und ward darnach in dem achtenden Tvg begraben in dem Fürstengrab ihrer Vordren, richsent mit Gott Vater, Sun und heiliger Geist ewenglich un Ende. Amen." Die Kleidung, welche sich Königin Agnes ins Grab gewühlt, war die der Klarisscr-Nonnen, nicht die einer Königin, das wies der Befund bei späterer Erhebung ihrer Leiche zu Königsfelden. So bescheiden als das Leichengewand der Königin Agnes, von deren Witwenschleier heute noch ein Stücklein in Luzern aufbewahrt wird, hatte sic sich auch ihren Sarg sehr einfach in Holz mit einem hohen Kreuze und dem Wappen Ungarns ohne Krone anzufertigen bestellt.*) Niemand würde da die große an Geist und Charakter wie an Gold reiche Fürstin und Witwe des letzten arpadischen Königs von Ungarn suchen, wenn nicht das Patriarchenkrenz im einfachen Schildchen uns einen Beweis gäbe, es ruhe hier die Königin Agnes, die mit königlicher Großmut soviel Kirchen und Grabdenkmäler**) für andere gestiftet, in schlichtärmlichen Brettern. Ein Glasgcmüldc in der Kirche zu Königsfelden weist die Königin Agnes im königlichen Anzüge und über dem Wappen Ungarns die Krone des Hl. Stephan, die ihr in ihrer ganzen und vollen apostolischen Bedeutung das ganze Leben vom Tage ihrer Krönung zu Stnhlweißcn- *) Gerbert, Taphographie IV. Tafel X. ") Das in gotischem Stile kunstreich ausgeführte Grabdenkmal der Königin Anna, der Gemahlin Rudolf I. von Habsburg in Bafel füllt laut seiner Knnsltypen in die Zeit, in welcher die kunstliebende Königin AgncS am Grabe ihrer väterlichen Elter-Mutter zu Basel einen Altar erbaute und Johann von Landern als Kaplan dabei hielt. bürg bis an ihr Lebensende in hellstem reinsten Glanze vorgeschwebt! Der Königin-Witwe Agnes Leichnam der nach der Aufhebung von Kloster Kvnigsfelden (1528) lange in einem zn profanen Zwecke verwendeten Gebäude gelegen, wurde 1770 auf Wunsch der großen Kaiserin-Königin Maria Theresia zusamt den übrigen irdischen Resten der zu Königsfelden und Basel zur ewigen Ruhe bestattet gewesenen Mitglieder des erlauchten Hauses Habsburg nach dem benachbarten Benediktinerstifte St. Blasien im Schwarzwalde übertragen worden, wurde aber nach Aufhebung auch dieses letztgenannten Klosters und da Österreich die sog. Vorlande verloren (1805) zusamt den übrigen Leichnamen in das von Kaiser Franz I. den gelehrten Blasianern eingeräumte Benediktiner-Kloster St. Paul im Lavantthale, dem „Paradiese Kärntens" gebracht. Hier werden diese ältesten irdischen Neste aus dein Habsburgischen Stamme in der schönen großen Stiftskirche in einem geschlossenen Monnmente getreulich bewahrt, wo noch vor kurzem (1895) Abt Alexander Duda und Konvent, hocherbaut und tiefergriffen, den leider so bald darnach, zur allgemeinen Trauer Österreich-Ungarns, in erster Linie seiner Allerhöchsten und Höchsten Angehörigen durch plötzlichen Tod dahingerafften allgeliebten Erzherzog Ladislaus, Sohn Sr. K. u. K. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Josef, Ober-kommandant der k. ung. Landwehr und Höchstsciner Gemahlin Ihrer K. u. K. Hoheit der Durchl. Frau Erzherzogin Clotilde die von dem liebenswürdigen Jünglinge so sehnsüchtig erwartete Andacht am Grabe der Vorfahren pietätvoll verrichten sahen! In den Tagen des Ladislaus Posthumus und Mathias Torvinus. den großen Erwartungen, zu welchen die Berufung des Habsburgers Herzog Albrecht V. (Kaiser Albrecht II.) auf den ungarischen Thron (1437) berechtigt hatte, zwar durch dessen frühzeitigen Tod ein rasches Ende bereitet worden, so trat doch nicht allzulange darnach der Habsburger, Kaiser-Friedrich III. als Vetter und Vormund des nachgeborenen Sohnes Albrechts und seiner Gemahlin Elisabeth, des jugendlichen Königs Ladislaus, Pvsthnmus, in die nächsten, wenngleich vielumstrittenen Beziehungen zu Ungarn. Und mit dem Kaiser dessen Gemahlin, die von allen Zeitgenossen und der Nachwelt gleich gefeierte Mutter des „letzten Ritters" die ebenso schone als geistvolle mit allen Tugenden reichausgestattete Donna Leonor von Portugal. Bei dem entscheidendsten Schritte ihres Lebens, als diese hochgemutete Fürstin dem in seiner langjährigen Regentcn-laufbahn vielgeprüften Monarchen in der ewigen Roma die Hand am Altare gereicht, und zugleich daselbst dann aus den Händen des Hl. Vater die Kaiserkrone empfangen, war es der junge König aus dem Ungarlandc, der sie einmal als Brautführer am 16. März 1452 zur feierlichen Trauung und am Sonntag darnach (am 19. März) zur Krönung nach dem Dome zu St. Peter geleitete und in diesen prunkvollen Festzügen neben der reizenden Erscheinung der Braut uud Kaiserin nicht minder als diese selbst die Blicke von Tausenden und aber Tausenden au sich fesselte. Über Neapel, wo Leonors geliebter Oheim König Alphous dem Kaiserpaare uud dessen Begleitung zu Ehren eine Reihe von herrlichen Festen veranstaltete, über Dalmatien, wo die Kaiserin die Merkwürdigkeiten von Zara besichtigte und über Venedig, wo sie mit dem ihr inzwischen vorausgeeilten kaiser lichen Gemahl wieder zusammentraf und ihr des greisen Dogen Foscari Gemahlin mit 200 reichgeschmückten Patricierinnen eine glänzende Ovation bereitete, über Kärnten, wo Gießbäche das Fortkommen hinderten und über Oberstcier langten Friedrich, Leonor und der junge Ladislaus am 19. Juni in der „allzeit getreuen" Neustadt an, in der lieblichen Stadt „mit den herrlichen Anlagen von Wasserleitungen und künstlichen Springqucllcn mit den grünen Wiesenteppichen und lachenden Fluren ringsum, die des Kaisers Geheimschreiber Acneas Sylvins (nachher Papst Pius II.) in einem seiner Briefe mit den Gärten der Hesperiden verglichen, und wo in der wohlummauerten Burg die gütige Kaiserin den jugendlichen Ungarkönig mit wahrer Mutterliebe umgab. Alsbald aber nach der Rückkehr der Majestäten rückte die Heeresmacht jener Empörer an die Residenz Friedrichs heran, die ihm sein Mündel König Ladislaus zu entreißen kamen. Wenige Tage vor der Einschließung Nenstadts mußte die Kaiserin nach Steiermark fliehen und dort in der Bergstadt Leoben solange Aufenthalt nehmen bis wieder der Wunsch des Kaisers sie im Spätherbst desselben Jahres nach Wiener Neustadt zurückberief. An ihrer Seite fand Friedrich Trost für das traurige Geschick, daß ihm die Empörer den jungen Ladislaus mit Gewalt abgedrnngen. Mit dem 1457 eingetretenen Tode des jungen Königs Ladislaus war die Habsburgische ältere (die eigentliche öfter- reichische) Linie in Ungarn nnd Böhmen erloschen: nach ihm nahm nun die jüngere (steiermärkische) Linie unter Kaiser Friedrich III. die erledigten Kronen, also auch die des Hl. Stephan, in Anspruch. Die Mehrzahl der ungarischen Stande vereinigte jedoch die Wahl auf das Haupt des kraftvolleu 16jährigeu Jünglings Mathias Corvinus, der aus dem Gefängnisse den Thron bestieg und bekanntlich nicht nur gegen den Kaiser die Rechtmäßigkeit seiner Wahl behauptete, sondern demselben auch in mehrmals erneuerten Kümpfen den größten Teil der österreichischen Erblünder entriß und sie bis zu seinem Tod behielt. Doch Ende der 60 er Jahre erschien es Mathias trotz allem als eine Lebensfrage,*) den Kaiser von dem Anschlüsse an seine Feinde abzuhalten und ein gutes Verhältnis zu ihm herzustellen. Um Friedrich hinsichtlich seiner Aufrichtigkeit nnd Anhänglichkeit vollständige Sicherheit zu bieten, entschloß sich Mathias um die Hand der einzigen Tochter des Kaisers, der Erzherzogin Kunegunde anzuhalten, obwohl dieselbe erst fünf Jahre zählte und ihm dieses Ehebündnis, da er hierdurch seine Aussicht auf Gründung einer Familie in eine ungewisse Zeit hinausschob, als das größte Opfer erscheinen mußte. Mathias kam als Brautwerber selbst nach Wien 1470 und hielt am 11. Februar einen Einzug in der Hauptstadt Österreichs, in deren Mauern er vor zwölf Jahren als Gefangener geweilt, an der Spitze von 1800 reich ausgerüsteten Reitern; er entfaltete große Pracht, empfing hier einen auS Italien zurückkehrenden Gesandten, der ihm u. a. Löwen als Geschenk der flvrcntinischen *) Fraknüi, W. Hr.: Mathias CorvinuS König von Ungarn. Deutsch Freiburg i. B. Herder 1891, x. 151 ff. — ein Prachtwerk ersten Ranges nach Inhalt nnd Form. Republik mitbrachte, zeigte seine Gewandtheit in ritterlichen Spielen, führte ungarische Tänze ans und fuhr mit dem Kaiser durch die schneebedeckten Straßen Wiens Schlitten u. s. w. u. s. w. Die Verhandlungen nahmen anscheinend einen günstigen Verlauf: der Kaiser erklärte sich bereit, Mathias die Hand seiner Tochter zu gewähren und sollte die Vermählung nach Ablauf von 10 Jahren erfolgen; für den Fall, daß Friedrichs einziger Sohn Maximilian ohne männliche Erben stürbe, würden, wie der Kaiser dem Ungarkönig versicherte, seine sämtlichen Länder auf letzterem übergehen. Sic kamen auch überein, daß sic beide zugleich, im Juni, aus dem deutschen Reichstage erscheinen sollten, um hinsichtlich der römischen Königswahl, der böhmischen und türkischen Kriegsangelegenheitcn die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Alles schien ins reine gebracht, so daß Mathias kein Hehl mehr ails seiner Freude machte. „Nun sei er mit dem Kaiser ein Leib und eine Seele" äußerte er zu dem Mailänder Gesandten. Der venctianische Gesandte erhielt die Weisung, die Glückwünsche der Signoria zur Verlobung darzubringen. All dies zerstob jedoch gleich dem schimmernden Bilde der Fata Mvrgana. Der Kaiser verschob die Ratifikation und die Veröffentlichung der gefaßten Beschlüsse von Tag zu Tag, so daß schließlich der Ungarkönig die Geduld verlor und ohne Abschied zu nehmen Wien verließ, am 11. Mürz, eben einen Monat nach seiner glanzvollen Ankunft! Auf die Kunde, daß Mathias sein bereitgehaltenes Schiff zur Fahrt nach Preß-burg bestiegen, erschien der Kaiser zu Roß am Donanufer, um ihn zur Rückkehr zu bewegen, doch vergebens, das Schiff war von dem hohen Wasserstande bereits vom Ufer weit weg getrieben.*) Hiermit waren die Heirats- und Erbschaftsver- *) Fraknöi, I. v. (nach Aufzeichnungen im Dresdener Archiv). Handlungen jählings abgebrochen, mehrfache spätere Versuche, den zerrissenen Faden neu zu knüpfen, blieben fruchtlos. Mathias, nachdem er nacheinander und manchmal sogar nebeneinander den Plan gehabt, sich aus dem Hause der Habsburger, Jagelloueu, Hohenzollern und Sforza eine Gattin zu wählen, führte endlich die neapolitanische Königstochter, Diva Beatrix, wie sie auf der in Paris*) befindlichen Marmorbüste genannt erscheint, und um die er im Sommer des JahreS 1474 durch seine nach Neapel gesandten Botschafter den Erzbischof von Kalocsa und Nikolaus Banffy angehalten hatte, als Gattin heim. Kuncgunde, die ziemlich jung ihre Mutter verloren und vom Kaiser, ihrem Vater, der unterschiedliche große Reisen dem Reiche zum Besten thun mußte, au den verwandten Hof des Herzogs Sigmund von Tyrol nach Innsbruck gesandt war, lernte den „schonen, langen, wohlbercdtcn und witzigen" Herzog Albert von Bayern kennen. „Dieser ließ bald seine Augen ans Kunegund schießen, nahm in acht nicht allein die schöne Leibsgestalt der Erzherzogin, sondern betrachtet auch, wie mit adeligen Tugenden ihre Seele geziert war, daß sie gleichsam mit ihrem Schein nicht anders in seinem Herzen alle andern Schönheiten verdunkelt als wie die Sonne die niedern Sterne und Planeten." Die in solcher Schönheit dcS Leibes und der Seele erblühte 22 jährige Erzherzogin reichte dem Bayern-Herzog am 1. Januar 1487 die Hand zum Bunde fürs Leben zu Innsbruck „in Eil," wie die Chronik beifügt, da der Kaiser gegen den Bapcrnhcrzog gesinnt gewesen, der aber doch schließlich die bereits eingegangene Ehe bewilligte.**) Nach des Mathias Corvinns Hinscheiden — unter welchem Könige Ungarn ein „goldenes Zeitalter" erlebt hatte — sank *) In der Sammlung des Herrn Dreifuß. — Fraknäi. I. o. ?. 182. **) GanS, Österreichisches Frauenzimmer. Cöln (1638), x. 85 ff. v. NadicS, Fürstinnen des Hauses HabSbnra. 3 die Kraft des Ungarreiches unter dem von den ungarischen Ständen auf den Thron berufenen König Wladislaw von Böhmen. War dieser durch die Unterzeichnung einer Kapitulation über seinen Nebenbuhler um die Krone des Hl. Stephan, über Kaiser Friedrich III. Sohn Erzherzog Maximilian von Österreich, der sich als weiblicherseits aus ungarischem Königsblnte stammend deklarierte und laut seiner Selbstbiographie im „Weißkuuig" auch selbst der ungarischen Sprache mächtig gewesen,*) Sieger geblieben, so gelang es Maximilian, nicht nur die durch Mathias Corvinus eroberten österreichischen Lande seinem Hause wieder zu verschaffen, sondern auch durch den mit Wladislaw zu Prcßburg (1491) geschlossenen Frieden die Aussicht auf die Nachfolge des Hauses Habsburg in Ungarn für den Fall des Erlöschens des neuen böhmisch-ungarischen Mannesstammes zu eröffnen. Um diese Aussicht noch mehr zu befestigen, bereitete der weise König eine Wechselheirat zwischen dem österreichischen und dem ungarisch-böhmischen Hause vor, die dann der glanzvolle „Wiener Kongreß von 1515" —die Grundsteinlegung der Größe Österreichs in der Geschichte genannt — in beglückendster Weise zur Wahrheit machte. *) SzLlay I. 6. III. 2. x. 118 ff. Der Wiener Kongreß MZ. SUe vom „weisen König" ins Auge gefaßte Verbindung des damals neunjährigen ungarischen Prinzen Ludwig mit Kaiser Maximilian I. Enkelin, der 10 jährigen Maria und eines der Enkel Maximilians entweder Karls (Karl V.) oder Ferdinands (FerdinandI.j mit Ludwigs 12 jähriger Schwester Anna war es, die neben vorbereiteten anderwürtigen politischen Besprechungen Mitte Juli des Jahres 1515 die Könige Wladislaw von Ungarn und Böhmen und dessen Bruder, den König Sigismund von Polen nach dem herrlichen Wien geführt zur Zusammenkunft mit dem „letzten Ritter", die dann auf das Glanzvollste statthatte.*) Kaiser Max, dem der schwäbische Bund von Augsburg her eine ansehnliche Geleitschaft von 600 Fußknechten, die schönsten, größten und stärksten Männer, alle in Rot gekleidet, mitgegeben und dem überdies mehrere Fürsten und Reichsstädte Haufen von Reisigen, berittene Mannschaft, insgesamt festlich ausgerüstet, zugeschickt, hatte die Herzoge von Bayern und Braunschweig, von Württemberg und Mecklenburg, den Markgrafen von Brandenburg, zahlreiche Bischöfe und Prälaten des Deutschen Reiches, dazu viele Grafen, Ritter und Edle desselben als Gäste geladen, die alle jetzt nach der heitern *) Der Wiener Kongreß vom Jahre 1515 von Joh. Georg Oehler. Wien 1816. Donaustadt gezogen kamen, nin an dem seltenen Feste Teil zn nehmen. Des Kaisers Schatzmeister hatte den Auftrag, an köstlichen Kleinodien, Gold- und Silbergeschirren, goldenen Zeugen, Schartachtnchern, Sammet, Damast und anderen Seidenwaren von allen Sorten und Farben in Hülle und Fülle bereit zu halten, die zu Geschenken an die fürstlichen Gäste bestimmt waren. Die Festlichkeiten teilte das Programm in 1. das erste Zusammentreffen des Kaisers mit den Königen und deren Begleitung, 2. den feierlichen Einzug in Wien und 3. das Fest der Vermählung. 1. Das erste Zusammentreffen. Am 15. Juli verfügte sich Kaiser Max in das unweit Wien gelegene Schloß Trautmannsdorff*) und ließ die Monarchen, von denen der König von Ungarn inzwischen in Bruck an der Leitha, und der König von Polen in Hamburg angekommen waren, zu sich laden. Als Ort des ersten feierlichen Zusammentreffens war eine Wiese ans einem Hügel bestimmt in der Nähe des Waldes „an der Hart" genannt. Hier war ein großer Baum aufgepflanzt worden, der die zur Begegnung bestimmte Stelle bezeichnete. Kaiser Max ward zu diesem Orte in einer mit rotem Sammet ansgeschlagenen Sänfte getragen, welcher zunächst der Kardinal von Gurk, die Bischöfe von Regensburg, Passan und Seccau und die Herzoge von Bayern und Mecklenburg vorangingen und die Gesandten der Könige von Spanien und England folgten; hinter dem kaiserlichen Hofmarschall ritt der in Gvldstoff und Scharlach gekleidete Markgraf Casimir von Brandenburg. Ans der Zahl *) Im 18. Jahrhundert Eigentum des Fürsten FM. Karl Gras Bathiany. der in des Kaisers unermeßlichem Zuge — man zählte an 3000 Personen — mitreitenden Grafen fielen besonders die Erscheinungen der Grafen von Montfort, Schaumberg, Mannsfeld, Westerburg und Hardegg auf; der letztere war nebst seinem Pferde so reichlich mit Gold, Perlen und Edelsteinen geschmückt, daß er in höchster Pracht glänzte und nach dem Berichte eines Augenzeugen, des Richard Bartholin, Kaplan des Kardinals von Gurk, seine und seines Pferdes Rüstung einen Wert von 3000 Dukaten darstellte. Der Zug der Könige von Ungarn und Polen war aber durch Pracht wie durch Originalität ganz besonders ausgezeichnet. Diese fremden Völker boten ein seltsames, nie vorher gesehenes Schauspiel dar, sowie das sonderbare Musizieren einen ungewöhnlichen Eindruck ans die Ohren machte. Einige von ihnen führten seltsam gestaltete weite Trompeten, die einen Schall wie die Wespen und Hummeln im Sommer von sich gaben; andere hatten Instrumente mit einem scharfen durchdringenden Ton. Ein deutscher Beobachter des Zuges, ein Fugger, sagt: „Es war auch ein Türk dabei, der machte mit einer großen Sackpfeife (Dudelsack) ein abgeschmacktes Geliel, und sein Junge mußte mit beiden Fäusten die Trommel schlagen, was bei diesem königlichen Einzuge einen kurzweiligen Banernaufzug abgab." Doch dieses Intermezzo schmälerte keineswegs die Pracht und Schönheit des Ganzen. Einem Trupp Husaren mit roten und weißen Fähnlein an ihren Spießen folgten viele vornehme Ungarn, mit goldenen Ketten, stattlichen Kleidern und deren Pferde mit gar kostbarem Reitzeug geziert. Nun ritt der 9 jährige König Ludwig auf einem schönen, herrlich geschmückten Pferde, in golddurchwirktem Scharlachgewande mit fliegendem Haare und einem Barett — einein viereckigen Sammethute — auf dem Haupte. Neben ihm ritten ungarische und böhmische Herren. Es folgte seine Aus dem Werke: „Die Österr.-Ung. Monarchie in Wort und Bild. Schwester, Prinzessin Anna, in einem breiten Wagen, der mit Vcrgoldnngen nnd Malereien geschmückt war und twn acht Schimmeln gezogen wurde; ihr Kleid bestand aus Goldstoff nnd war mit Perlen nnd Edelsteinen gestickt; sie hatte kostbares Armgeschmeide und anderen Schmuck an sich. Neben dem Wagen ritten viele Herren vom Adel. Unmittelbar hinter ihr kam König Sigismund I. von Polen in Scharlach gekleidet mit einem seidenen Hute auf dem Haupte. Er war von vielen polnischen Herren zu Fuß umgeben, die in ihrer so kleidsamen Tracht erschienen waren. Nun wurde König Wladislaw von Ungarn in einer Sänfte von schönen Pferden einhergetragen; die Sänfte war mit rotem Sammet überzogen, die Pferde waren mit ebensolchen Decken behängt, und die Knaben, die sie führten, auf ähnliche Art gekleidet. Das Ganze war ein Geschenk des Kaisers Maximilian. Neben der Sänfte gingen zu beiden Seiten ungarische Prälaten und Magnaten einher. Der Kardinal von Gran, der Erzbischof von Kalocsa, zwei andere ungarische und mehrere polnische Bischöfe, der Fürst der Wallachai, viele Reichsrüte, Palatine, Wojwvden und andere vornehme Herren bildeten den Schluß. Als die Monarchen bei dein bezeichneten Baume ankamen, näherten sie sich einander, doch so, daß sie die Pferde, Wagen und Sänften nicht verließen, was wegen der Gebrechlichkeit des alten Königs von Ungarn so veranstaltet worden, nur die Dächer der Sänften wurden freier gemacht. Die Begrüßung fand in der herzlichsten Weise statt und das deutsche historische Lied*)des Augsburgers Erasmus Amon singt davon: Der Kaiser bot sein Hand so ser dem jungen Kunig von llnger**) darnach der jungen Knnigin rein dem Kunig von Polen also sein und darnach schon dem alten Kung unabgestanden so gering***) redt er mit in ain lange zeit. *) Liliencron, die histor. Volkslieder der Deutschen. III. x. 165 sf. **) War schon 1509 gekrönt. ***) Ohne abzusteigen im Kreise herum. Der junge König Ludwig grüßte den Kaiser Maximilian ehrerbietig und sagte: „Ich grüße Euere Majestät als meinen Vater und Herrin" Die Prinzessin Anna „stand im Wagen auf, grüßte den Kaiser und erfreute ihn mit adeligen Worten, Blicken und Geberden." Der zeitgenössische Berichterstatter, der schon genannte Kaplan des Kardinals von Gurk, war von dem Anblick dieser Prinzessin so bezaubert, daß er von ihr eine begeisterte Schilderung entwirft. „Sie kam mir so schön vor — sagt er — daß ich glaubte, sie habe Pallas Athene und Venus an Reizen übertroffen. Sie hatte ein deutsches, über alle Beschreibung zierliches Gewand an. Ihre goldene Kopfzierde umschlossen drei künstlich gereihte Kränzchen; das üppige Haar hing über den Nacken, wallte über die faltige Halskrause, war am Ende gelockt und wurde manchmal von leichten Lüftchen bewegt, daß man ihren elfenbeinern schimmernden Nacken sehen konnte. Ihre Augen sind licht, aber so schön, daß, wenn sie sich öffnen oder schließen, man etwas Himmlisches zu sehen glaubt; zwei Sterne, zwei glänzende Sonnen, welche die Zuschauer blenden. Ihr Gang ist stattlich, lebhaft und anmutig wie sie spricht, so scheinen aus ihrem Munde nicht Worte, sondern Nektar und Ambrosia, oder wenn es sonst noch etwas Süßeres giebt, hervorzuquellen. Und was sehr erwünscht ist, sic ist bereits mannbar*), schon ist die Blume der Liebe zu pflücken, die zwar noch frühzeitig aussieht, aber wenn sie den Morgentau wird cingesogen haben, wird sie sich entfalten und herrlich heranreifen. Man weiß noch nicht, ob der Kaiser selbst diese Prinzessin nehmen oder sie einem seiner Enkel überlassen wird."**) *) Prinzessin Anna zählte seht 13 Jahre. **) Wirklich wurde dem Kaiser, ob in Scherz oder Ernst bleibe dahin gestellt, Prinzessin Anna zur Gemahlin angetragen, doch er antwortete Nach dieser ersten Zusammenkunft wurde eine Jagd gehalten, wvbei der Kaiser einen Hirsch fing und zum Könige von Polen sagte, er wolle ihn einst in seinem Königreiche besuchen, um dort mit ihm auf Auerochsen zu jagen. Gegen Abend rückte Wladislaw nach Schloß Trautmannsdorff, der König von Polen nach Enzersdorf, der Kaiser nach Laxenburg. An der Stelle der denkwürdigen Zusammenkunft wurden drei Rüstenbäume gepflanzt, die sich noch bis ans unsere Zeit frisch erhielten. 2. Der feierliche Einzug in Wien erfolgte tags darauf, am 17. Juli, und es waren die Wiener auf Meile dem Anrücken der Fürstlichkeiten und ihrer Gefolgschaften entgegengegangen, darunter 1500 Bürger und Bürgersöhne, alle rot gekleidet; sie machten ein auserlesenes Fußvolk aus, hatten glänzende Brustharnische, eiserne Armschienen und Seitengewehre, waren teils mit Lanzen und Hellebarden, teils mit Feuergewehr bewaffnet, und hatten wegen ihres schönen gleichförmigen Anzuges und der guten militärischen Ordnung, in der sie ausrückten, ein recht stattliches Ansehen. Der gelehrte Zeitgenosse Cuspinian sagt, daß diese Bürgermiliz lange vorher ausdrücklich wegen dieses Festes zu stände gebracht worden. Die Schulknaben, die gleichfalls entgegenkamen, trugen mit österreichischen, ungarischen, polnischen u. a. Wappen gezierte Fähnlein. Den Schluß dieser feierlichen Einholung bildeten die 60 Zünfte der Wiener Handwerker, alles in allein mehrere Tausende Menschen. Man war bis Schwechat entgegengerückt, wo die Mvn- er wolle eine so liebenswürdige Prinzessin nicht zur frühzeitigen Witwe machen. archen des Morgens 5 Uhr eintrafen; von da ging der vereinigte Zng in die Stadt Wien. Beim Einritte in die vielliebe „Stadt der Rosen und der Lieder" erregten das allgemeinste Interesse der in den Gassen und Straßen harrenden Menge im allgemeinen, so auch der schönen Wienerinnen insbesondere, die dichtgedrängt an Fenstern und in Erkern dem Zuge zusahen, die Scharen der fremdartigen Erscheinungen der Ungarn und Polen und der Gäste aus dem „heiligen römischen Reiche Teutscher Nation". Da kamen eine Menge Husaren mit bedeckten Pferden, die moskowitischcn Bogenschützen und die Tataren mit ihrer seltsamen Musik, die Ungarn, von denen ein Teil türkisch gekleidet war; sie hatten „Kunstpferde" an der Hand und waren im stände während starken Reitens sich von einem Pferd auf das andere zu schwingen, daran schlossen sich die Polen und übrigen ausländischen Reisigen; es folgte der Hofstaat der Könige von Ungarn und Polen, Bischöfe, Fürsten, Grafen und Edelleute bunt durcheinander, unter ihnen befanden sich viele junge Leute, deren Ärmel ganz mit Perlen überstickt waren. Dem Geschwader der polnischen Reiter und anderer Reisigen folgten wieder Husaren mit ungarischen Trompetern. König Sigismund von Polen und der junge Ungarkönig Ludwig erschienen zu Pferd, Kaiser Max und König Wladislaw in Sänften; die Prinzessin Anna „fuhr — wie das deutsche Volkslied sang — in einem guldin wagen", in dem achtspännigen Prachtwagen, dem „ihr Frauenzimmer" in einem vergoldeten sechsspännigen und vier vierspännigen „Gutschi" - Wagen (Kutschen) folgte. Den Nachzug bildeten 800 Reiter des Markgrafen von Brandenburg. Der ganze Zug bestand aus 3500 Reitern und einer zahlreichen Begleitung zu Fuß. Nach dem weihevollen Empfange seitens des Bischofes von Wien vor dem altehrwürdigen Dome zu St. Stephan begab sich der Kaiser mit dem Könige von Ungarn in die Hofburg, während der König von Polen sein Logis im sogenannten „Hasenhause" hatte. Noch nie waren vordem in Wien so viel Monarchen und Fürsten, so verschiedenartige Nationen in ihren eigentümlichen Trachten und Waffen, in solcher Menge und solcher Pracht gesehen worden, als diesmal und so war auch der Zulauf des Volkes aus allen Gegenden unermeßlich, das da gekommen war mitanzusehen dieses seltene und prächtige Schaugeprünge! 3. Pas Aest der Wermählung. Am 18. Juli war Ruhetag: Kaiser Maximilian teilte unter seine Gäste kostbare goldene Stoffe und andere Geschenke aus. Der Vormittag des 19. war einer großen Beratung in der Hofburg gewidmet. Für die drei Monarchen waren drei Throne aufgerichtet; auf der einen Seite dieser Throne saßen der junge König Ludwig, der spanische und englische Botschafter, die Bischöfe, die ungarischen und polnischen Minister, auf der andern Seite die Reichsfürsten und kaiserlichen Räte. Die ganze Versammlung bestand aus mehr denn 100 Personen, und galt die Beratung der Vorbereitung eines gemeinsamen großen Unternehmens gegen den Erbfeind der Christenheit, den Türken, das Kaiser Maximilian in einer einstündigen lateinischen Rede als eine gemeinsame Angelegenheit ganz Europas erklärte, und wobei er die Könige sowie die durch ihre Gesandten vertretenen Staaten von Spanien und England, die Fürsten und Städte des Deutschen Reiches zu gemeinsamen Vorgehen ermahnte. Des Kaisers Rede wurde von allen Anwesenden bewundert und erwarb Maximilian die allgemeinste Verehrung. Am Abend war Hofball. Die Könige brachten jeder 50 Personen mit, wovon die eine Hälfte zum Tanzen, die andere aber zum Zusehen bestimmt war. Sonst waren noch die fremden Fürstlichkeiten und andere vornehme Personen dazu geladen. Um 6 Uhr abends verfügte sich der Herzog von Bayern mit anderen Herren in das Haus des Grafen von Cilli — an Stelle des heutigen nach Kaiser Josef I. Gemahlin der Kaiserin Amalie so benannten „Amalienhofes", eines Traktes der gegenwärtigen k. und k. Hofburg — wo des Kaisers Enkelin, die Infantin Maria von Spanien ihre Wohnung hatte, um sie nebst ihrem zahlreichen Gefolge von Kavalieren, Damen und Fräuleins zum Tanze abzuholen. Die Prinzessin Maria zählte jetzt 10 Jahre und erschien mit königlichem Schmucke angethan. Sobald sie in den Saal trat, grüßte sie ihren kaiserlichen Großvater und die übrigen hohen Gäste mit vielem Anstand und ließ durch den Probst von Waldkirch eine Rede an die Könige und an ihren Bräutigam, den jugendlichen König Ludwig halten, welche Ansprache durch den Bischof von Premislau erwidert wurde. Nach dieser Ceremonie begann unter Trompetenfanfaren der Tanz. Den ersten Reihen führte Ludwig mit seiner Schwester Anna; die Grafen von Mannsfcld und Westerburg, Markgraf Casimir und der Herzog von Mecklenburg machten die Vortünzcr unter Vortragung von Fackeln — es war der im Mittelalter gebräuchliche Fackeltanz, der sich bekanntlich am deutschen Hofe noch bis heute erhalten hat. Den zweiten Reihen führte der Herzog Wilhelm von Bayern mit der Infantin Maria, welchen die Grafen von Henneberg und Nottal mit Wachsfackeln vortanzten. Den dritten Reihen führte abermals der jugendliche König Ludwig mit der Obersthofmeisterin seiner Braut, der Frau von Rottal. Hierauf tanzten die übrigen Fürsten, Grafen und Herren bis 10 Uhr. Nachdem die nächstfolgenden zwei Tage wieder Beratungen Politischer Natur gewidmet waren brach der Morgen des Vermühlnngstages des 22. Juli an. Vorerst ward die ungarische Prinzessin Anna in die Ratsstnbc geführt, wo ihr der Kaiser eine goldene Krone aufs Haupt setzte — worüber ihr alter Vater vor Rührung in Thränen ausbrach — und sie dann mit einem kostbaren Kranz von Perlen und Edelsteinen beschenkte. Nach dieser rührenden und erfreuenden Einleitung bewegte sich der feierliche Zug der Fürstlichkeiten und ihres Gefolges nach dem Dom zu St. Stephan zur Vermählung. Der Kaiser, der König von Polen und der königliche Bräutigam waren zu Pferd, Wladislaw in der Sänfte, die beiden Bräute in Prachtwagen, alle waren von einem zahlreichen Adel begleitet. Der Kaiser hatte die ganze Kathedrale „mit niederländischen Tapeten" (Gobelins) behängen lassen; vornehmlich prächtig war der Chor vor dem Hochaltare ausgeschmückt; die Chorstühlc zu beiden Seiten waren mit Goldstoff ausgeschlagen und mitten im Chor waren zwei prächtige Stühle für die Prinzessinnen errichtet und „mit goldenen Tapeten" (Teppichen) bedeckt worden. Maximilian erschien in Goldstosf gekleidet, darüber trug er einen rotsammetenen langen Mantel, um den Hals schmückke ihn der Orden vom goldenen Vließ mit Edelsteinen besetzt; auf dem Haupte hatte er ein rotsammetenes Barett, das mit einem kostbaren Kleinod geziert war, worin ein großer Diamant erglänzte. Cuspinian schützt seinen Anzug auf eine Million in Gold. Die Könige hatten kostbare Kleider von Goldstoff an, die ihnen Maximilian als Geschenke verehrt hatte. Alle übrigen Herren und Damen erschienen in der höchsten Pracht der damaligen Zeit. Die Monarchen und die übrigen Fürstlichkeiten nahmen die rechte Seite des Chores ein. In der Mitte saßen an ihren Betstühlen die beiden Prinzessinnen von ihrem vornehmen Gefolge umgeben. Auf der linken Seite befanden sich zwei Kardinäle, zwei Erzbischöfe, zwei Bischöfe und mehrere Prälaten. Noch nie war vorher eine solche Versammlung von weltlicher und geistlicher Hoheit im St. Stephansdome beisammen gewesen. Der Bischof von Wien, Georg Slatkojna, ein gebürtiger Krainer, hielt das feierliche Hochamt, wobei die kaiserliche Kapelle sich „mit lieblicher Musik" hören ließ. Nach dem Hochamt erhob sich der Kaiser von seinem Sitze, um sich umkleiden zu lassen. Nach der unterdessen gehaltenen Predigt des mchrgenannten Kapellans des Kardinals von Gurk verfügte sich Maximilian im kaiserlichen Ornate mit der Krone auf dem Haupte unter Vorkragung vom Reichsapfel, Schwert und Scepter wieder in den Chor. Hier ließ er sich mit Anna, der Tochter des Königs von Ungarn für einen seiner zwei Enkeln, Carl oder Ferdinand, durch den Kardinal von Gran trauen. Bei dieser Hl. Handlung redete Maximilian die Prinzessin also an: „Wiewvl wir jetzt Euer Liebdcn das Wort gegeben, daß Ihr unsere Gemalin sein sollet, so ist doch solches geschehen im Namen unserer beiden Enkel und in der Meinung, Euer Liebden an einen von denselben zu vermählen, dem wir Euch auch hiermit ehelich versprechen. Und weil mein Enkel Karl die Königreiche Castilien und Aragonicn, sein Bruder Ferdinand aber das Königreich Neapel zu erben und zu erwarten hat, so erklären und nennen wir hiermit Euer Liebden eine Königin und wollen Euch zu einer solchen gekrönt haben." Bei den letzten Worten setzte ihr der Kaiser eine goldene Krone ans das Haupt. Hierauf erfolgte durch denselben Kardinal die wirkliche Vermählung des Königs Ludwig mit Maria, der Enkeliu des Kaisers. Sodann schlug der Kaiser eine Anzahl Adeliger zu „goldenen Rittern". Beim Hochzeitsmahl in einem mit Gobelins — herrlichen Tier- und Jagdstücken — reich ausgestatteten Saale der Hofburg, gab cs mehr als 300 Trachten köstlichster Speisen und die besten Weine des Weltteils wurden hierbei kredenzt. An den den: Vermühlnngstage zunächst vorangegangenen und nachgesalzten Tagen wurden an die Fürstlichkeiten und an die Bischöfe von einer Reihe von jüngeren und älteren Rednern eine große Anzahl von Festreden gehalten. Auch die an der Wiener Universität zur Zeit studierenden und an dem regen wissenschaftlichen Leben dieser damals von jährlich an 7000 Studenten besuchten Hochschule teilnehmenden ungarischen Jünglinge ließen durch einen eigenen Redner ihrem Hochgefühle der Freude gegenüber der Braut ihres jungen Königs Ludwig, der Erzherzogin Maria beredten Ausdruck geben, die uns noch heute in einem zeitgenössischen Drucke erhalten ist.*) In deil Tagen vom 23. bis Ende Juli drängten sich noch Festlichkeiten und Vergnügen aller Art, ein Turnier am Hof, ein Ball in der Burg, ein „Wettrennen von der Stadt Wien gegeben", bei dem die Pferde des Grafen Nikolaus von Salm den Preis, einen silbernen, vergoldeten Becher gewannen, goldene und silberne, eigens auf das denkwürdige Ereignis geprägte Schaumünzen gelangten zur Verteilung, weitere herrliche Geschenke wurden ausgeteilt, prächtige Pferde für den König von Polen und den jungen Ungarkönig, 200 Ellen Sammet und Damast für das weibliche Gefolge der Prinzessin Anna u. a, m. Mit der feierlichen Proklamation des Kongreßergcbnisses in der Hofburg zu Wien am 28. Juli und mit der Unterzeichnung des Einigungsbriefcs der Monarchen in der Burg zu Wiener Neustadt am 2. August fand dieser Wiener Kongreß von 1515 sein Ende, jener Kongreß, der durch die Vermählung der Erzherzogin Maria mit Ludwig (II.) von *> Schmitt Tavera, Bibliographie des östr. Kaiserstaates. I. p. 108, Nr. 970. v. Radies, Fiirsttnucn des Hause» Habsburg. 4 Ungarn zunächst die Erhaltung Ungarns und im Verlaufe der Tage durch die Ehe der ungarischen Prinzessin Anna mit dem Habsburger Kaiser Ferdinand I. die fortdauernde Vereinigung von Ungarn, Böhmen, Mähren und Schlesien mit den Erblanden Österreichs zur Folge hatte! Königin Maria von Ungarn und Königin Anna. Maria war ir »amen ir lob stet weit erkant**) ^ie 1515 zu Wien in kluger politischer Voraussicht vorläufig nur kirchlich vollzogene Vermählung der damals noch im Kindesalter gestandenen Erzherzogin Maria, der Schwester Kaiser Karl V., der Tochter König Philipp I. des Schönen und seiner Gemahlin, der Johanna von Kastilien und Arragonien mit Ludwig von Ungarn, der im Reiche der Hl. Stephanskrvnc seinem Vater König Wladislaw, als König Ludwig II. 1516 gefolgt war, wurde 1521 that- *) Medaille mit den Bildnissen Karl V. Ferdinand I. Maximilian II. und Maria's. Aus dem Werke: Die Östr.-Ung. Monarchie in Wort und Bild. **) Aus: Ein newer Bergreim von Kunig Ludwig anst Ungarn. Liliencron: Die hist. Volkslieder der Deutschen. III. p. 862 f. Nr. 302a. sächlich zur Hochzcitsfeier der nunmehr 16 jährigen ebenso üppig-schönen als ernsten und stolzen Fürstin des Hauses Habsburg. Ihr königlicher Gemahl legte ihr ein Brautgeschenk von 20 Städten, von Gold- und Silberbergwerken, von reizenden Schlössern zu Füßen (2. Februar 1622). Die Krönung der jungen Königin fand 1622 statt und wurden für dieselbe allein nur zur Bekleidung des Hofgesindes 12000 fl. aufgewendet.*) Königin Maria, der Inbegriff der Klugheit, Würde und Willenskraft, — wie ein neuerer Biograph, mein jüngst erst dahingeschiedener llniversitätsfreund Sacher-Masvch**) sie kurz und treffend charakterisiert >— hatte auf ihres Gemahls leidenschaftliche aber hingebende Natur bald eineu größeren Einfluß genommen, als ihn zuvor sein Erzieher, seine Räte seit Jahren hatten erringen können. Diese Macht hätte sie, wie natürlich wäre dies bei ihrer Jugend gewesen, dazu benutzen können, ihren Hof in ein orientalisches Märchen zu verwandeln und so den Untergang des Reiches zu beschleunigen, doch weit entfernt davon Mariens ganzes Denken und Fühlen hatten nur das eine Ziel: Ludwigs Staatsschatz zu fülle», seiue Feinde zu schlagen, seinen Thron zu befestigen. Seine Leidenschaft für sie, der er in jenen ihren edelsten Absichten willig entgegenkam, ward aber noch weit erhöht durch den persönlichen Mut, den sie als Jägerin und Reiterin bethätigte durch den Beifall, den alle ritterlichen Übungen des ritterlichen Volkes der Ungarn bei ihr fanden. „In keinen: Hause des damaligen Europa — sagt Sacher-Masoch — hätte Ludwig eine Frau gefunden, welche tnug- *) Deutsch, Geschichte der Siebenbürgcr Sachsen. I. p. 203. **) Ungams Untergang und Maria von Österreich. Leipzig 1862. . 815. **) Joh. Bolle: Zeikschrist s. deutsches Altertum 1891. (35) S. 435 ss. '**) Dr. Marti» Luthers Briese, Seudschreibeu und Bedenken . . . von de Welte. Berlin 1827. 132—34. sein." „Wem sie im wollen die schuld geben, mögen sie zusehen, Gott hats, (als ich sehe) verwehret, das; solchen! Lästern keine Ursache entstünde." Auf den eigentlichen Zweck seines Schreibens nun näher eingehend, ruft Luther aus: „Wiewohl es Euer Königlichen Majestät ein bitter schwerer Tod ist und billig sein soll, so frühe eine Witwe und des lieben Gemahls beraubt zu werden, so wird doch wiederum die Schrift sonderlich die Psalmen Euer Königlichen Majestät dagegen vil guts Trosts geben und den süßen lieblichen Vater und Sohn gar reichlich zeigen, darin das gewisse und ewige Leben verborgen liegt." Und er schließt mit den Worten: „Es kaun ja keinem Menschen solch großer Unfall widerfahren als Gott dem Vatter selbs widerfahren ist, daß man sein liebstes Kind für all seine Wunder und Wohlthat zuletzt verspeht, verflucht und des allerschändlichsten Tods am Kreuz tödtet, wie wol ein jeglichen sein Unglück das grüßest deuchet und mehr zu Herzen gehet, denn Christus Kreuz, wenn er gleich zehn Kreuz hätte erlitten. Das macht wir seynd nicht stark von Geduld, als Gott ist; darumb thun uns geringer Kreuze mehr wehe, denn Christus Kreuz. Aber der Vatter der Barmherzigkeit und Gott alles Trostes, wollte Euer Königlichen Majestät trösten in seinem Sohne Jesu Christo durch seinen heiligen Geist, daß sie dieses Elendes bald vergesse oder doch männlichen tragen könnte. Amen. Zu Wittenberg am ersten des Winter-monds 1526. E. K. M. williger Diener Martinus Luther." Erasmus von Rotterdam, dessen Einfluß damals dem Voltaires im 18. Jahrhunderte gleichkam, schrieb über Aufforderung ihres Hofpredigers Henckel für die geistreichste Frau seiner Tage das Buch über „die christliche Witwe" (Viäua ollristirma,)*), für sie, die der lateinischen Sprache gleich mächtig gewesen, als der deutschen. *) Opera owiua I-uZäuni Latavornm. gr. Fol. 1704. lom V. p. 723-766. Maria, welche sich durch die auf dem Reichstage zu Preßburg für sie kundgegebenen Sympathien gerührt fühlte, hatte sich, auf die Bitten der Magnaten, statt ihres nach Böhmen geeilten Bruders die Zügel der Negierung in Ungarn fort in Händen zu behalten, bewogen gefunden, dem zu willfahren. Sie unternahm es von Geld und Truppen entblößt ein Reich zu verwalten, von dem der größte Teil erst wieder erobert werden mußte, ein anderer den Erzherzog nicht anerkennen wollte, vielmehr bewaffnet, um seinen Mitbewerber Johann Zapolha sich scharte. Diese Thätigkeit war eine aufreibende. Die Tage im Staatsrate oder Feldlager, die Nächte am Schreibtische zubringend, ward Maria vor Anstrengung nicht minder als vor Schmerz um den verlorenen Gatten immer leidender; ihre Ärzte verlangten eine Luftänderung und sie erklärte endlich ihrem Bruder, daß sie des Amtes müde sei. Ferdinand, der sich nur ungern dazu bequemte, ihrem ausdrücklichem Verlangen um Enthebung nachzugeben, mußte endlich auf den Rat der Ärzte darein willigen, um jedoch gar bald wieder an sie heranzutreten, da die Ungarn, die 1528 dem Könige Ferdinand zur Krönung nach Stuhlweißen-bnrg gefolgt waren, ausdrücklich verlangten, wieder von Maria regiert zu werden. Maria, die trotz aller Bitten und trotz des glänzenden Lobes, das man ihrer Herrscherweisheit spendete, unerschütterlich dabei geblieben, nur die Vermittlerin zwischen ihrem Bruder und dem ungarischen Parlamente zu machen, repräsentierte fortan das Gewissen Ferdinands, sowie anderseits die Stimme des ungarischen Volkes. Niemals bemühte sich Maria, die Gefahren, welche Ferdinand umgaben, ihm kleiner erscheinen zu lassen. Der Sultan erschien in ihren Berichten noch eroberungslustiger, der Wojwode noch populärer, als sie es in der That waren. Sie sprach wie von etwas Un- abwendbaren davon, daß der Halbmond auf den Mauern Wiens und die Krone des Hl. Stephan auf dem Haupte Zapolyaö prangen werde, wenn nicht Ferdinands Gegenmaßregeln größere Dimensionen annehmen würden, als bisher. Die Erstürmung Ofens durch Soliman, der den Woj-woden Zapolya auf den ungarischen Thron geführt und die wohl glücklich abgeschlagene Belagerung Wiens durch den Erbfeind mußten, wie Sacher mit Recht hervorhebt, dazu dienen, der damaligen Diplomatie vor der politischen Weisheit und Voraussicht Marias große Achtung einzuflößen. „Kann man darüber erstaunen — fragt ihr Biograph — daß König Ferdinand ebenso wie seine Anhänger in Ungarn neuerdings wünschten, die Königin jetzt die Staatsgeschüfte sowohl als den Kampf gegen Zapolya leiten zu sehen?" Dies auszuführen erschien sie jedoch nicht vorherbestimmt. Durch den am 1. Dezember 1530 eingetretenen Tod der Regentin der Niederlande Margaretha von Österreich eröffnete sich dem staatsmännischen Geiste der Maria von Ungarn ein neues Feld reicher Thätigkeit, deren vollste Erfüllung ihr hochragend bleibend Denkmal in der Geschichte ihres Hauses wie in der Weltgeschichte nur noch um vieles erhöht hat. Wenige Wochen nach dem Tode ihres Bruders Karl V., dem ihre langjährige weise Regierung in den Niederlanden diese herrlichen Länder erhalten hatte, schloß Maria von Ungarn selbst ihre Augen für immer. Am 21. September 1558 war Karl V. in seiner stillen Zurückgezogenheit zu St. Inste von hinnen geschieden und am 17. Oktober desselben Jahres atmete zu Cigales Maria, nachdem seit dem Tode ihrer innigst geliebten Schwester Eleonore ihr Herzleiden sich wesentlich verschlimmert hatte, ihre große Seele aus. In ihrem letzten Willen gedachte sie noch so lieb und so schön ihres unvergeßlichen königlichen Gemahls. „Ich habe v. RadtcS. Fürstinnen des Hauses Habsburg. 5 — lauten die betreffenden Zeilen im Testamente — seit dem Tode des Königs, meines Gemahls, ein goldenes Herz getragen, welches er ebenfalls bis an sein Ende getragen hat. Ich befehle, daß dieses Herz mit dem Kettchen, an dem es hängt, eingeschmolzen und an die Armen verteilt wird. Es hat zweien Menschen bis an das Ende Gesellschaft geleistet, welche im Leben so lange in Liebe und Zuneigung niemals getrennt waren, deshalb soll es ebenso vergehen und seine Gestalt verändern, wie die Leiber der Liebenden." Über ihren ausgesprochenen Wunsch, gleich nach dem Tode neben ihrer Schwester Eleonore beigesetzt, ruht sie seit 1574 mit ihr und Karl V. und andern Gliedern ihres Hauses vereint im Escurial! Königin Anna. Die Teilnehmer an den prunkvollen Festen des „Wiener Kongresses" von 1615 erinnerten sich dann, da die Gemahlin König Ferdinand I. in die „billig, rogulis" kam, um hier an der Seite ihres Gemahls und zugleich mit ihm die Krone des Hl. Stephan zu empfangen an die reizende 13 jährige Braut, die Tochter des Königs Wladislaw. Hatte sie schon als wunderbar schönes Kind den Augenzeugen jener berauschenden Festlichkeiten den Kaplan Bartholin zu jener angeführten Dithyrambe begeistert, so stand sie jetzt als 25 jährige junge Frau in dem Glanze vollentfalteter Schönheit bezaubernd da vor den Augen der von nah und fern herbeigeströmten Menge, die ihren prunkvollen Einzug in die altehrwürdige Krönungsstadt Stuhlweißenburg am letzten Oktober des Jahres 1527 staunend umstand. An 3000 Reiter zählte man bei dem Einritte der Majestäten, in welcher imposanten Schar selbstredend die Kostbarkeit in den Gewandungen der ungarischen Herren und ihrer Begleitung alles andere weit übertraf; neben den Ungarn waren es Markgraf Georg von Brandenburg, Feldmarschall Malzan Herr Georg von Auersperg der „goldene Ritter" mit einer größeren Anzahl Vornehmer ans dem benachbarten Jnnerösterreich, der Herr von Liechtenstein der Anführer des österreichischen Militärs, die Herrn Nikolaus von Salm der ältere und der jüngere, lauter Heldengestalten aus den Türken-und Venetianerkriegen, die das meiste Aufsehen bei dem ritterlichen Volke der Ungarn erregten. König Ferdinand selbst erschien zu Pferd in goldenem Gewände unter einein goldig glänzenden Himmel, den ungarische Priester trugen, zu seiner Rechten sah man seine teure Schwester die Königin-Witwe Maria, zur Linken seine erlauchte Gemahlin Königin Anna in voller Schöne, Pracht und Herrlichkeit.*) Nachdem am 3. November die Krönung König Ferdinands in der Basilika der Hl. Mutter Gottes nach dem herkömmlichen Gebrauche vollzogen worden, fand tags darauf (4. November) die Krönung der Königin Anna statt, wobei die Zeremonien jedoch nicht so lange währten als die am Vortage. Nach Beendigung der Krönungsfeierlichkeit ward Tafel gehalten und als diese aufgehoben worden und „die Tische zur Seite gerückt waren," begann der Tanz. Während desselben erschienen mit einem Male zwölf wvhlgerüstete deutsche Ritter aus dem königlichen Gefolge, die mit eingelegten Spießen und dann mit gezückten Schwertern auf einander lvsgingen, zum Schlüsse kämpften sechs gegen sechs noch schärfer; als auch dies Schauspiel beendet war, wurde der Hvfball fortgesetzt.**) Folgenden Tages ward nächst der Stadt ein großes Pferderennen abgehalten, das mit anzusehen sich die Majestäten und ihre Begleitung zu dem Hippodrom hinausbegaben, gefolgt von einer zahllosen Menge neugierigen Volkes; „diePalme des Sieges errang das Pferd der Königin-Witwe Maria."***) Dieser und die nächsten Tage bis zur *) Velins äs bsllo ?unnouio<> od. Lollsr. Wien 1762 p. 182 ff., nach dem 1527 zu Antwerpen gedruckten Originalberichte. **) Velins I. v. p. 188. *"*) Belius I. s. x. 39. Abreise Ferdinands und der Königinnen waren außerdem mit Staatsgeschäften, Ernennung der Würdenträger, Eidesleistung u. s. w. ausgefüllt, sowie auch am Grabe des Königs Ludwig II. im Beisein der Fürstlichkeiten eine Trauerfeier celebriert wurde, unter solcher Veranstaltung und so kostbar, wie sie seit Menschengedenkeu nicht stattgehabt, umgaben doch den prächtig geschmückten Katafalk allein an 600 brennende Wachslichter.*- Als alles vorüber war, begaben sich die Majestäten auf den Heimweg, zunächst nach dem von Mathias Corvinus mit großem Nnfwande erbauten festen mit doppelten, je mit kaltem und Thermalwasser gefüllten, Graben versehenen im Innern prachtvoll ausgestattetem Schlosse Tata**) (Dotis) von wo sich daun die Königin Maria nach Owar (Ungarisch Altcnburg)***), König Ferdinand und Königin Anna aber nach Gran zurück wandten, da in Ofen, wohin sic sich begeben wollten, eine pestartige Krankheit wütete, der schon eine größere Anzahl Soldaten der Besatznngsmannschaft zum Opfer gefallen waren. Die Truppen, die bei den Krönungsfeierlichkeiten zur Aufwartung kommandiert gewesen, wurden nun nach dem Orte Grvß-Marvschf) in die Winterquartiere gelegt, angesichts des herrlichen SchlossesBissegrad, wo einst die ungarischen Könige so lange Hof gehalten, wo große Turniere gefeiert worden, die Sänger bei fröhlichem Mahle Lust und Freude gebracht, wo mit einem Worte ritterliche Übungen gleich der Kunst hoch im Wert und Ansehen gestanden, das aber schon zwei Jahre nach der Krönung Ferdinands und Annas in die Hände des „Erbfeindes der Christenheit" gefallen, aus denen es erst 155 Jahre später befreit werden konnte! *1 BeliuS I. c. p, 41. **) I» Niederungarn, Koinorner Kvmitat. ***) I» Niederungarn, Wieselburger Komitat. f- An der Donau in der Nähe von Gran. Königin Anna — die ihrem sie innigstliebenden Gemahle in 26 jähriger Ehe 15 Kinder, darunter vier Prinzen geschenkt, von denen der eine, Johann Sigismund, der erste Sohn eines in Ungarn gekrönte» Habsburgers auf ungarischem Hoden das Licht der Welt erblickt, 1538, 10. April, 4 Uhr morgens*) — Königin Anna starb bei der Geburt der letzten Prinzessin, Johanna, am 24. Jänner 1647 und es fand die Tochter des Königs Wladislaw von Ungarn und Böhmen ihre letzte Ruhestätte im altehrwürdigen St. Veitsdome zu Prag, wo dann auch ihr Gemahl Kaiser Ferdinand I. (f 1564) zur ewigen Ruhe gebettet worden. Ferdinand I., der um seine Gemahlin durch 17 Jahre ans das Tiefste getrauert und alle Anträge wieder zu freien zurückgewiesen, war inzwischen oftmals zu ihrer Gruft gepilgert und hatte dabei unter Thränen wieder und wieder es ausgesprochen: „Da liegt nächst Gott, mein größter und liebster Schatz!" Anna, die sich in ihrem Leben und Wandel durch ein gottergebenes Wesen ausgezeichnet, hinterließ auch eine fromme Schrift unter dem Titel: Ol^xsus piotutis (das Schild der Frömmigkeit). *) Schönleben, Vissörtalw polemiea, . . . x. 243. Kaiserin-Königin Maria und Erzherzogin Marie Christine, Fürstin von Siebenbürgen. ZSerdinand I. und Annas erstgeborenem Sohne Maximilian (Kaiser Maximilian II.) ward am 13. September 1548 zu Valladolid seine Cousine Maria, die Tochter Karls V. und der Jsabella von Portugal angetraut, die dann 1563 am 20. August zu Preßbnrg zur Königin von Ungarn gekrönt wurde. Kaiserin-Königin Maria war eine durch außerordentlichen Wohlthätigkeitssinn ausgezeichnete Fürstin; „ihre mildreiche Hand und Freigebigkeit haben — sagt ein Schriftsteller des Hauses Habsburg*) — empfunden nicht allein die gemeinen Bettler, sondern auch die Hausarmcn, die Spitäler, Lazarethe, Siechcnhüuser, die armen Schüler, und Ordensleute von nah und fern." Sie war cs, welche am Allerhöchsten Hofe die „Fußwaschung" eingeführt; „sie hat sich jährlich in der Charwoche zu den Füßen der armen Bettler geworfen, dieselben mit niedergebogenem Knie gewaschen, getrocknet und geküsset, darauf auch ihnen eine stattliche Mahlzeit gehalten, selbst Wasser zum Handwaschen ausgcgossen, selbst zu Tische gedient, selbst die Speisen vorgesetzt und vorgelegt, selbst eingeschenkt und dieselbe Demut bezeugt, wie einst die Hl. Kaiserin Helene." ') Gans, Das österreichische Frauenzimmer p. 143. Kaiserin-Königin Maria, eine Feindin aller Laster, haßte besonders die üble Nachrede und das Spielen; „für die Murmler und Nachreder hatte sie keinen gnädigen Blick, Spieler hat sie wissentlich keinen an ihrem Hofe gelitten." Die spanische Hofetiquette, infolge deren jedermann vor dein Herrscher nur knieend seine Rede vorbringen durfte, hob die demütige Fürstin der Priesterschaft gegenüber auf, sie erhob sich jederzeit, sobald ein Priester vor ihr erschien, von ihrem Sitze und gab dem vor ihr Stehenden stehend Audienz. „Man findet" — sagt P. Joannes Gans im Gegenstücke dazu — „manchen Krautedelmann und schlechten Wiesenwässerer oder neugebackenen Herrn, der ist so stolz und hochtragend, daß kein Mensch mit ihm aufkommen kann und muß jedermann neben ihm verachtet sein."*) Auch spendete Kaiserin-Königin Maria an arme Kirchen und Gotteshäuser auf weit und breit Altartücher, Kelche, Meßgewänder, reiche Priesterornate und was sonst den Gottesdienst zieret." Im hohen Alter von 75 Jahren beschloß diese Kaiserin-Königin ihr an Tugenden reiches, so vielfach segcnspenden-des Leben zu Vallisvlet in Spanien am 26. Februar des Jahres 1602.**) -i- -t- In dem freundlichen Graz, der Hauptstadt der „grünen Steiermark", hatte nach Kaiser Ferdinand I. Tode (1564) sein Sohn, Erzherzog Karl, der Erbauer der in späteren Kümpfen mit den Türken vielbewührten Grenzfeste Carlstadt (in Kroatien) die Regentschaft über die Ländergruppe Jnncrösterreich — Steiermark, Kärnten, Krain und Görz — angetreten und *) I. o. x. 146. **- Schönleben I. e. p. 231. hier eine glänzende Hofhaltung eingerichtet, in welcher des Erzherzogs Gemahlin, die geistvolle energische Maria von Bayern, das „Vorbild einer christlichen Fürstin" nicht allein den Mittelpunkt ihres häuslichen Kreises, sondern auch des soeialen Lebens der Hauptstadt selbst bildete und wo Kunst und Wissenschaft eine ganz besondere Heimstätte fanden. Mit zahlreicher Nachkommenschaft gesegnet — unter 15 Kindern 9 Prinzessinnen — sah Erzherzog Karl in seinem Hause eiu gleich reges, wie intimes Familienleben sich entwickeln und die zeitgenössischen Berichte vom Grazer Hofe, sowie die zahlreich erhaltenen interessanten Briefe Marias gewähren einen erfreulichen Einblick in das patriarchalische Wesen, das am Hofe Karls und Mariens in der altehrwürdigen Grazer Burg geherrscht, wo uns noch heute gar manche baulichen Neste in die Tage zurückversetzen, wo hier an dieser Stätte jener gemütvoll anheimelnde Verkehr geherrscht, der uns aus jeder Zeile des erwähnten Briefwechsels entgegengrüßt. Die sorgfältigste Erziehung in Sprachen und anderen Wissenschaften, in Musik und kunstreichen weiblichen Arbeiten ward den erlauchten Töchtern der erzherzoglichen Regentenfamilie zu teil und außerdem ward ihnen alle Lust am Schönen und Heiteren im Nahmen echt christlicher Anschauung gegönnt, wir lesen von Tanz und Spiel, von Theateraufführungen der „engeläudischeu Comödianten" und der Jesuitenschüler des Grazer Kollegiums, denen die jungen Prinzessinnen nach Neigung und Wahl beigewohnt, von glänzendeil Familienfesten der Hofwürdentrüger und Hofbediensteten, die das dankbare Elternpaar ihren Getreuen zu bereiten Pflegte, und an denen auch die Erzherzoginnen teil zu nehmen die Erlaubnis erhielten, von Schlittenfahrten und Jagden, auf denen sie Vater und Mutter begleiten durften. Ans solchem Familienkreise heraus, der nach Birkens Betonung vollends von deutschem Geiste beseelt gewesen, hatte sich der Fürst Sigismund von Siebenbürgen, nachdem er die politische Trennung vom Türken vollzogen und ein Bündnis mit dem Habsburger Kaiser Rudolf II. abgeschlossen, die zwcitgeborene Prinzessin, die 21jährige Erzherzogin Marie Christine (geb. 1574), als Braut erkoren; die erstgeborene Tochter Karls und Marias, Erzherzogin Anna, hatte nicht lange vorher König Sigismund von Polen zur Gemahlin genommen. Das; die Bermählnng mit einer Erzherzogin aus Graz eine der Forderungen war, die Sigismund von Siebenbürgen an den Kaiser vor Abschluß des, namentlich durch des Generals von Teuffenbach eifriges Zuthun herbeigeführten, Bündnisses gestellt hatte, erhellt aus der Thatsache, das; der Siebenbürgcr schon früher die Mutter der jungen Erzherzogin, die Negentin Maria um die Bildnisse zweier ihrer Töchter ersucht hatte, damit er aus ihnen eine Wahl treffen könne. Maria ließ ihm damals erwidern: „Ohne des Kaisers Vorwissen könne sie ihm nichts versprechen." Indes war sein Vorhaben kein Geheimnis mehr, denn bald nachher fragte die Königin Anna von Polen ihre Mutter, „was denn an dem Gerüchte betreffs der Bestimmung ihrer Schwester wahres sei?" Maria konnte der Erstgeborenen nichts anderes mitteilen, als was auch ihr durch das Gerede zugekommen war. Anna äußerte darauf Bedenken gegen diese Verbindung, die sie in mehr als einem Briefe wiederholte zur Zeit, als die Angelegenheit dem Abschlüsse entgegenreifte, nicht ohne Bedauern, daß man soweit vorgegangen sei, um nicht mehr zurücktreten zu können. Selbst ihr Rat, mit der Vermählung wenigstens noch eine Zeit zu warten, war nicht mehr zu befolgen. Faßt man die bald nachher eingetretenen Verhältnisse ins Auge und hält sie diesen Warnungen entgegen, so muß man gestehen, die ruhig denkende Anna hatte ebenso richtig geschaut als klug gerathen.*) ') Hurter, Geschichte Kaiser Ferdinand II. und seiner Eltern. III. x. 322. Die Erzherzogin-Mutter hatte aber eben erst die positive Nachricht davon, daß eine ihrer Töchter dein Fürsten von Siebenbürgen bestimmt sei, erhalten, nachdem die betreffende Übereinkunft bereits kalt uoeomxli gewesen. Große Freude über diese Bestimmung der Tochter zeigte sie nicht, vielmehr empfand sie es schwer „ein liebes und gehorsames Kind" in „das Gewirre eines fernen Landes hineinzusenden", den Fürsten hielt sie für „zweideutig" und sie meinte, man hätte sich vorläufig darauf beschränken sollen; ihre Tochter ihm — zuzusagen! Ebensowenig war es ihr angenehm, daß die gesammte siebenbürgische Gesandtschaft, wie sie an den Kaiser abgegangen war, nach Graz kommen sollte; sie schreibt wörtlich an einen ihrer Getreuen: „daß sie alle miteinander Herkommen, sich (sehe) ich nit fast (sehr) gern, wird viel aufgen (viel Kosten verursachen) und kundts (könnte es) der fürnembest (vornehmste) gar wohl allein verrichten.*) Entschieden sprach sich aber Maria dagegen aus, daß der Fürst unter ihren Töchtern die Wahl haben sollte — „nem der gute Fürst — schließt sie — was man ihm gibt, ist eine wie die Andter (andere)." **) Am 7. Februar 1595 erschien die Gesandtschaft unter Führung des Stephan Bocskay in Graz und am 5. März wurde nach. Abschluß des Heiratsvertrages in der Hofkirche zu St. Egydeu die Trauung der Erzherzogin Marie Christine mit Bocskay als Vertreter Sigismunds durch den Bischof Martin Premier von Seccau vollzogen. Darauf präsentierte Bocskay im Namen seines Herrn der Braut ein stattliches Halsband und drei Abgeordnete des Landes verehrten ihrer Fürstin je eine silberne und vergoldete Schüssel mit Kleinodien und „langem Erzgold samt den Stufen, wie es in Siebenbürgen wächst."***) *) Harter I. o. p. 564. **) Ebenda. '") Gans I. o. x. 399. Die Erzherzogin-Mutter wollte unter dem Vorgeben, die gehörige Ausstattung könne bis zur gewünschten Frist der Hochzeitsfeier (Pfingsten) nicht fertig gebracht werden, die Angelegenheit noch weiter hinausschieben, doch des Gesandten Versicherung, der verlangte Aufschub werde seinem Fürsten eine unwillkommene Zeitung sein, stand die eindringliche Einladung, die Erzherzogin-Mutter möge ihre Tochter begleiten, als beruhigende Vorbedeutung zur Seite. Maria zeigte sich dazu willfährig, sofern der Kaiser es zugeben und für sichere Begleitung und Rückkehr sorgen werde. Als alles zur Abreise vorbereitet war, erkrankte Erzherzogin Marie Christine am Fieber, bis endlich am 15. Juni die Fahrt mit der zwar noch nicht ganz Genesenen von Graz aus angetreten werden konnte; unter den Begleitenden befanden sich auch die Bischöfe von Lavant und Triest. Nur langsam ging die Reise von statten; in Preßburg hatte sich bei der Erzherzogin-Braut neuerlich Fieber eingestellt und am 12. Juli hielt man erst in Kaschau, von wo die Erz-Herzogin-Mutter nach Hause berichten konnte: das Fieber-weiche allmählich von der Tochter, sie hoffe deren baldige Herstellung, und in einem anderen Briefe von dieser Reise durch Ungarn hebt Maria es mit Befriedigung hervor, daß sie jedermann hier „gar schön und lieb halte". Erzherzog Maximilian — Marie Christinens Bruder, der Vater Erzherzog Karl war 1500 bereits mit Tod abgegangen — hatte die Erzherzoginnen bis Kaschau begleitet, hier harrte ihrer Emerich Bogathi, Sigismunds Abgeordneter. Der Fürst selbst, von einem Italiener begleitet, reiste seiner Braut bis Szütmar entgegen und kehrte, als er sie dort gesehen, nach Weißenburg zurück. ZuKlauscnburg wurde sie mit einem Pompe empfangen, durch welchen sie sich als künftige Landcsfürstin hochgeehrt finden mochte. Am 1. Anglist näherten sich die Erzherzoginnen Weißenburg, der Hauptstadt des Fürstentums; Sigismund kam mit einem Geleite von 2000 Personen zu Pferd den hohen Damen auf eine halbe Stunde Weges entgegen. Die offizielle Bewillkommnung geschah durch den siebenbürgischen Hofkanzler Stephan Josika, der gelehrte Bischof von Lavant, Georg Stobäus von Palmburg, erwiderte dessen Anrede. Die Gewohnheit jener Tage, daß Bräute auf Staatswagen von acht Schimmeln gezogen, in ihre künftigen Hoflager eingeführt wurden, wurde auch hier beobachtet, desgleichen, daß vor allem die Kirche begrüßt wurde, wo denn auch der Nuntius des Hl. Vaters den Segen spendete. Um der Erzherzogin-Braut Erholung von der Krankheit und von der Reise zu gönnen, fand die Vermählung mit dem Fürsten erst am 6. August statt. Bei dem feierlichen Akte wechselte der Nuntius die Ringe und vollzog unter Kanonendonner und Trompetengeschmetter die Trauung. Dann folgte das Festmahl und der Tanz, wozu viele ungarische und siebenbürgische Magnaten geladen waren. Tags darauf wurden die Hochzeitsgeschenke überreicht, von dem Fürsten alle Gerätschaften, die zu einer vollkommen eingerichteten Silberkammer gehörten, in des Kaisers Namen ein Geschmeide aus Edelsteinen bei 40000 fl. im Wert, anderes von den Erzherzogen, viel Kostbares von den Großen, den Städten und Märkten, allein an silbernen Bechern wurden 109 Stück aller Größen gezählt. Am 17. August reiste die Erzherzogin Mutter nach Hause zurück; Fürst Sigismund gab ihr das Geleite bis Enhcd, der Neuvermählten gestattete er, die Mutter bis nach Tasnnd, an die Landesgrenze, zu begleiten. Alsbald nach der Abreise der Erzherzogin-Mutter trat jedoch die Abneigung des Fürsten gegen seine Gemahlin deutlich hervor, eine Abneigung, die Sigismund bei der ersten Begegnung mit Marie Christine gefaßt und die so groß ge- wesen, daß — wie Hurter nachgewiesen — die niemals vollzogene Ehe nach vier Jahren dann als triftiger Scheidungsgrund angeführt werden konnte. Die Zeitgenossen führen an, wie heiß der Fürst zuvor die Erzherzogin begehrt, so eiseskalt sei er, sobald er sie gesehen, zurückgefahren und da sie bei Marie Christinens leiblicher und geistiger Anmut in ihr selbst den Grund nicht zu finden vermochten, schrieb man die unerklärliche Veränderung dem Zaubertranke einer Katharina Majlath zu, die ohnedies in dem Rufe der Giftmischerei gestanden. Wohl mag auch der Wankelmut im Wesen Sigismunds ein Hauptfaktor in seiner veränderten Stellung zu Marie Christine gewesen sein, der ihn ja auch bekanntlich dazu trieb, sein Land wiederholt an den Kaiser abzutreten und sich immer wieder zum Fürsten desselben ausrufen zu lassen. So zog er denn auch vier Jahre hindurch die unglückliche Gattin mit heuchlerischen Versöhuungsscenen hin, um sie dann wieder das Notwendigste entbehren zu lassen, ja nicht einmal das gehörige Essen ward ihr zu teil, wie ihre Schwester Anna der Mutter zu berichten in die Lage kam. Während Sigismund in Briefen au die Erzherzogin-Mutter sich deren gehorsamsten Sohn nannte und seinem Schwager Ferdinand (Kaiser Ferdinand II.) versicherte, er werde „die gelobteste Gemahlin" stets fürstlich und ehrenvoll behandeln, ihr gewiß zu keiner Klage Veranlassung geben, waren gleichzeitig weder Schönheit noch Anmut, weder Geistes- noch Herzensvorzüge Marie Christinens imstande, ihn an sie zn fesseln. Endlich sollte der heiße Wunsch der Erzherzogin, ein Land verlassen zu können, in welchem sie vier Jahre ihrer Jugend in Trübsal zugebracht, in Erfüllung gehen. Am 8. April 1599 überließ sie — nachdem Sigismund dem erzherzoglichen Hofe in Graz die Anzeige gemacht: er und seine Gemahlin wären einverstanden, die Lösung des ehelichen Bandes zu verlangen; „nur damit sie mit Liebe davon komme", wie Marie Christine dem Kaiser schrieb, überließ sie die Nutzung all ihrer Güter, worauf Heiratsgut und Morgengabe und all ihr Eigentum verschrieben war, dem Kardinal Andreas ans Polen, Sigismunds Better, dem der Fürst auf dem Landtage zu Medghcs (20. März) das Fürstentum abgetreten, gegen die jährliche Summe von 15 000 ungarischen Thalern, indes sie bisher 24000 daraus gezogen hatte. Einigen Trost konnte ihr jedenfalls die allgemeine Trauer bei ihrem Scheiden aus Siebenbürgen gewähren, wo sie durch ihr liebenswürdiges Wesen sich zahlreiche Freunde erworben, so um nur ein Beispiel zu nennen, im Hause des „greisen Kriegers" Hu et, des treuen Anhängers des Kaisers, dem sie beim Tode des Sohnes so herrliche Worte zugesprochen: „noch schwereres müsse man erdulden, weil es menschlich sei und vom Schicksal der Menschen durchaus nicht zu trennen."*) Ihre Abreise aus dem Lande erfolgte anfangs Mai 1509; der Kardinal versah sie noch mit einem Reisewagen und gab ihr bis Tövis das Geleite, eine erlesene Schaar Adeliger folgte ihr nach Tusnad an der Grenze und der hochangesehene Balthasar Bornemisza brachte sie nach Szüthmar. Ihr Aufenthalt in Siebenbürgen war eine unablässige Aufforderung gewesen, ihr ihren Wahlspruch: „Wie Gott will" zur Leuchte des Lebens zu machen. Nachdem Papst Clemens noch im Jahre 1599 die Scheidung der Ehe ausgesprochen und von seiten des Grazer Hofes ferner in betreff Marie Christinens, die jetzt wieder bei ihrer Mutter lebte, alle weiteren HeiratsPläne zurückgewiesen worden mit dem Bedeuten, daß sie ihre Gedanken auf anderes gerichtet habe, trat sie zugleich mit ihrer Schwester Eleonore in das *) G. D. Teutsch, Gesch. der Siebenbürger Sachsen. II. x. 97 ff. v. NabicS, Fürstinnen des HguseS Habsburg. g königliche Stift zu Hall in Tirol unter der Stiftsvberin Katharina aus dein alttirolischen Geschlechte derer von Brandts am 4. Oktober l007, wo sie fortan, nur dem Wohlthu» für die Armen und der Erziehung von Waisenmädchen und Waisenknaben segensreich sich widmend,*) ihr vielgeprüftes Leben im Alter von 48 Jahren am 0. April 1621 in vollster christlicher Ergebung beschloß. *) Gans I. o. x>. 413. Kaiskrm-Uömgin Anna. >kMit einer stattlichen ungarischen Begleitung zvg am 1. Dezember des Jahres 1611 König Mathias von Ungarn und Böhmen seiner Braut, der Erzherzogin Anna, Tochter Ferdinands von Tirol und der Leonore von Mantua von Wien ans znm kaiserl. Lnstschlosse Ebersdorf*) entgegen, um dieselbe in feierlichem Pompe in die Burg seiner Väter zu geleiten, wo dann am 4. Dezember in der Augustiner Hofkirche die Trauung in solenner Weise vollzogen, „das Beilager, unterschiedliche Tänze und Freudenspiele gehalten worden." Nachdem Mathias und seine Gemahlin Anna im Juni 1612 zu Frankfurt die Kaiserkrone empfangen, weilten sie bis zum Ausgang desselben Jahres in Prag, wo die Kaiserin für die Armen eine eigene Küche — die erste Volksküche in Österreich — und eine Apotheke einrichten ließ und eine bestimmte Summe aus ihrem Jahreseinkommen zu wohlthätigen Zwecken widmete. Sodann folgte ein kurzer Aufenthalt, von ein paar Wochen, in Wien und gegen den Frühling des Jahres 1613 führte Mathias seine kaiserliche Gemahlin nach Ungarn, wo sic zu Preßburg am 23. März zu einer Königin von Ungarn gekrönt wurde. *) Ostwärts von Wien, hinter Simmering und dem sog. Neuge-bäudc an der Donau gelegen. Den Hergang bei dieser Krönung finden wir in einer Relation aus derselben Zeit also geschildert: In der St. Martinskirche, wo die Krönung stattgefunden hatte, war für das zuschauende Frauenzimmer ein Gerüst (Tribüne) aufgeschlagen worden und am Tage der Feierlichkeit hielten schon um 6 Uhr morgens die Bürger in voller Wehr unter ihren Fahnen vom Schloß bis zur Kirche auf beiden Seiten die Wache, zwei „deutsche Fähnlein" (Soldaten) waren das eine ans dem Schloßberg, das andere bei der Kirche, aufgestellt. Es war überall ein so „überaus überhänftes Gedränge des Volkes", daß, hätten nicht die dazu verordneten Herren Oberste» „also gute Aufsicht gehalten", „sich gar leichtlich ein seltsames Spiel (außergewöhnliches Unglück) erzeigt Hütte." Um 8 Uhr erschienen unter Vorritt einer großen Anzahl Volkes (Vanderien) von Geistlichen und Bischöfen fünf Herolde, darauf der kaiserl. Hofmarschall mit dem entblösten Schwerte nach ihm der Herzog von Braunschweig und dann des Kaisers Majestät „ans einem fahlen Roß" (einem Falben) das Gewand mit purer Goldstickerei auf schwarzem Sammet und mit Perlen und Edelsteinen verziert, auf dein Hute „einen Reiher Busch auftragend," und begab sich der Zug zur Kirche. Bald nachher erschien die Kaiserin in dem mit Gold, Perlen und Edelsteinen gezierten Prachtwagen, der ihr „Brautwagen" gewesen, an ihrer Seite die Obersthofmeisterin. Die Majestäten hielten an der Kirchenstiege fast durch eine Viertelstunde bis „alles Frauenzimmer" — die adeligen Damen — in die Kirche vorangegangen, worauf Kaiser und Kaiserin folgten, die sich „in ein Gewölbe begaben, worin Ihre Majestät der Kaiser einen Rock von güldenem Zeug mit Perlen und Edelsteinen angethan und Kaiser Rudolfs Krone so ans 800 000 Gulden geschätzt worden, aufgesetzet." Sodann verfügte sich der Kaiser in die Kirche und „inter- cedirte" hier, dem alten Gebrauche folgend dafür, daß seine Gemahlin zur Königin von Ungarn gekrönt werden solle; inzwischen schritt die Kaiserin zu ihrem Platze „unter einem aufgerichteten Himmel". Nach der Jntercession des Kaisers geleiteten zwei Bischöfe die Kaiserin, die „mit einem blnmten Goldstück" (mit einem Gewände ans geblümten, goldgestickten Seidenstoffe) bekleidet war, zum Hochaltar, wo ihr der Kardinal Forgacs von Gran „etliche Sachen" (die Gebete) vorgelesen. Nach der Salbung wurde der knieenden Kaiserin „die rechte ungarische Krone" auf die Achsel gesetzt, aber bald „mit wenig gesprochenen Worten" von zwei Herren (den Kronhütern) wieder weggenommen und auf den Altar gestellt. Nun nahm die Kaiserin-Königin das Hl. Abendmahl, worauf sie beim Hochaltar aus den Händen des Kardinals Forgacs, die diesen, durch den Palatin eingehändigte Hauskrone auf das Haupt gesetzt erhielt, auch reichte ihr der Kardinal Scepter und Reichsapfel in ihre Rechte und Linke. Während dies geschah begann man im Schloß und in der Stadt zu läuten, die Stücke zu lösen und die Gewehrsalven durch die Bürger und Musketiere abzugeben. Unter Voranschreiten des Kaisers und Königs schritt die Kaiserin-Königin dem Ausgange der Kirche zu; der Kaiser und König bestieg wieder sein Roß, die Kaiserin-Königin ihren Staatswagcn, und der Zug kehrte zum Schloß zurück, voran alle Angehörigen des Hofes „Deutsche und Ungarn, alles zu Pferde", hinter den Majestäten „alles Frauenzimmer in großer Anzahl und Gedränge". Vor Beginn der Hoftafel im Schlosse haben des Kaisers „Teutsche und Hungarische Heerpancker und Trompeter bey einer halben Stunde sich hören lassen", „alsdann sind die Trachten aufgetragen worden". „Neben der Kayserin-Königin ist in einem güldnen Becken die alte Hungarische Krone, Scepter und Apffel gelegen. Sie hat aber Ihre Krone unter- dessen auf dem Haupt getragen. Nachmals haben etliche Hungarn anstatt und von wegen des Königreiches Hungarn der Kayserin-Königin ein Präsent unter einem roten Tastet vfferirt." Die „ungarische Gvardi" (Wache) hinterm Schloß postiert erhielt von seiten der Majestäten 70 Eimer Wein und Brot „nach Notdurfft".*) Als die Kaiserin-Königin Anna wenige Jahre nach dieser feierlichen Krönung das Zeitliche zu Wien gesegnet, 1618, 14. Dezember, ward ihr Leichnam auf das Paradebett gelegt, wo derselbe, schwarz angethan, zur rechten Seite die Kaiserkrone, zur Linken aber die ungarische und böhmische Krone von Holz geformt und vergoldet drei Tage zur Besichtigung ausgestellt blieb, bis deren Beisetzung in dem sogen. Königskloster erfolgte. Hier blieben die irdischen Überreste dieser trefflichen Fürstin sammt denen ihres ihr gar bald in dem Tode gefolgten Gemahls — Mathias starb 1619, 10. März — bis zur Volleudung der von ihr gestifteten Kaisergruft**) bei den P. P. Kapuzinern auf dein Neuen Markte, wohin dann deren Übertragung erfolgte. *) Birken, Der Durchl. Erzherzogen zu Österreich Leben, Negierung und Großthaten, p. 601 ff. **) Kerschbaumer, Die Grabstätten der Habsburger. 1878. x. 8. Kaiserin-Königin Eleonore. -^Di» Jahr vor dein Antritte der römisch-deutschen Kaiserwürde war Ferdinand II. 1618, 1. Juli, zu Preßburg zum König von Ungarn gekrönt worden „in rothem ungarischem Kleide" — wie die Chronik sagt*) —; auch Ferdinands Bruder, der Hoch- und Tentschmeister und frühere General in Ungarn, Erzherzog Maximilian, war dabei in ungarischer Tracht erschienen und es waren dem Kaiser und König bei diesem festlichen Anlasse von zehn Landherren Fahnen vorgetragen worden, auf deren jeder der Name eines Königreiches geschrieben stand, welche vor Zeiten zu diesem Königreich Hungarn gehört hatten. Den Schluß der großen Krönungsfestlichkeiten hatte diesmal die Answerfnug „schöner Feuerwerke" gebildet, welche auch „unter und in dem Wasser ihren Effekt gethan". Noch großartiger gestaltete sich aber das Festgepränge bei der Krönung der zweiten Gemahlin**) Ferdinands, der Kaiserin Eleonore, des Herzogs Biucenz von Mantua fein-gebildeten Tochter, welche am 20. Juli 1622 zu Ocdenburg statthatte. Ein zeitgenössischer österreichischer Kavalier Khevenhiller, hat uns in seinen Annalen zur Geschichte Ferdinands die *) Birken 1. c. p. 716. **) Ferdinands erste Gemahlin Maria Anna von Bayern war zwei Jahre vor dessen ungarischer Köiügskronung gestorben. Vorgänge bei diesem feierlichen Akte in lebhafter Schilderung hinterlassen, welcher wir hier nur mit einigen sprachlichen Änderungen Raum geben wollen. Dieselbe lautet: Den 11. Juli (1622) ist die ungarische Krone von Preßbnrg nach Oedenburg und zwar mit geziemender Pracht und Begleitung von Ungarn und Deutschen aber bei großem Platzregen und Ungewitter her übertragen worden. Den 12. Juli hat man die Krone und Zugehör (Scepter und Reichsapfel) in verschlossener Truhe auf das Rathaus geführt, wo der Palatin nebst beiden kaiserl. geheimen Räten Graf Max von Trantmannsdorff und Gundacker von Liechtenstein samt anderen dazu verordneten ungarischen Würdenträgern die Truhe eröffnet und nachdem bei Besichtigung die Krone und die anderen dazu gehörigen Kleinodien unversehrt befunden worden, „hat man dieselbe zum Fenster heraus dem gemeinen Volke öffentlich fürgewiesen" und dann wieder verwahrt. Den 26. Juli ist der Kaiserin Krönung erfolgt, die also abgelaufen. „Erstlich: als die Nöinisch-Kahserliche Majestät (der Kaiser) samt dero Gemahlin in die Franziskaner Kirche durch viele ansehnliche Botschafter Herrn und Frauenzimmer in herrlicher schöner Ordnung begleitet worden", hat unter Vortritt vieler hervorragender Herren der Hvfmarschall dem Kaiser das Schwert vorgetragen; der Kaiser selbst war gefolgt, angethan mit dem kaiserlichen Ornat, die Kaiserkrone auf dein Hanptc, Scepter und Reichsapfel in den Hände», „auf dem die kayserlichc Gemahlin stracks (schnell) gefolgt", vor welcher allein der Palatin, der die ungarische Krone, der Eßterhazy, der den ungar. Scepter und der Setzi (Zichy) der den ungarischen Reichsapfel getragen, außerdem noch ein Bischof, welcher die Hauskrone der Kaiserin getragen vvran-geschritten. Nach der Kaiserin kam ihr „Hoffra nenzimmcr" (die Hofdamen), die alle in violetten Seidenkleidern mit Ausnahme von zweien, die „in Goldstück" (in goldgestickten Gewändern), angethan erschienen; diesen Hofdamen folgten noch andere ansehnliche Frauenzimmer in stattlichen Kleidern und mit kostbaren Kleinodien. Als die Majestäten in der Kirche angelangt waren, knieten sie vor dem Hochaltar nieder und es las nun der Kaiser und König in einem ihm vom Erzbischof vorgehaltenem Buche. Nach Beendigung des Gebetes verfügte sich der Kaiser an seinen im Chor herrlich hergerichteten Platz, wo er niederkniete; die Kaiserin verharrte aber noch knieend vor dem Hochaltar vom Beginn des Hochamtes, „das durch viele Clerisei-Ceremonien und Musica geziert gewesen" bis nach der Epistel, während der Litanei aber legte sich die Kaiserin mit dem Gesichte auf die vor ihr liegenden Polster, aus welcher Stellung sie sich erst erhob als die Litanei zu Ende. Jetzt empfing sie knieend durch den Erzbischof die Salbung mit dem Hl. Ol auf den rechten Arm, zwischen den Ellenbogen, an der Hand und inc Nacken. Nun ist die Königin wieder durch ihren Obersthofmeister von Dietrichstein und andere Herren, sowie durch die Obersthofmeisterin Gräfin Portia und „etliche ihr Frauenzimmer" zur Nmkleidung begleitet worden; „in köstliches Silberstück" gekleidet, „mit einem köstlichen Halsgehenk und Mcday (Medaillon) geschmückt" wurde sie dann zum Altar geführt, unter Bortritt des Herrn von Setzt) mit dein ungar. Reichsapfel, des Herrn v. Eßterhazy mit dem ungar. Scepter und des Palatin mit der ungar. Krone. Zuerst ergriff nun ein Bischof die Hanskronc der Kaiserin „so sehr hübsch von Edelgesteinen und Perlen überaus herrlich gemacht" und setzte sie derselben auf das Haupt, dann reichten die obengenannten hohen Funktionäre dem Erzbischof die Kroninsignien und der Erzbischof hielt die ungarische Krone der Kaiserin-Königin ans die rechte Schulter, solange als man „den englischen Gruß" gebetet, sodann wurde sie wieder abgenommen; die Hanskrone auf dem Haupte, nngar. Scepter und Reichsapfel in den Händen kehrte die Kaiserin-Königin an ihren „mit köstlichen Tape-zierchen und Goldstücken" gezierten Platz im Chore zurück. Unter Absingung des Io Ooum lauckomus und Lösung der Geschütze endete die kirchliche Feier. Der Kaiser-König, dem zu seiten der Hof marsch all das Schwert, dann Obriststallmeister Graf Mnnnsfeld das Neichsscepter, Graf Solms den Reichsapfel gehalten, erhob sich von seinem Platz und schritt mit der Kaiserin-Königin, begleitet von einem „herrlichen Comitat geistlicher und weltlicher, ungarischer und deutscher Herrn und dem Frauenzimmer" in „woldisponirter Ordnung" in seine Gemächer zurück. Sodann folgte das stattliche Bankett, das die Majestät für die Ungarn und Deutschen gehalten. Solang die Krönung gewährt, hatte ein Bürger der Stadt auf dem Kreuz der .Kirche, in welcher die Feierlichkeit vor sich ging, eine Fahne geschwungen; nach ihm erstiegen dann noch im Laufe des Tages mehrere Ungarn und Deutsche diesen Turm und ein Soldat entkleidete sich oben angelangt bis ans die Unterkleider, um seine Geschicklichkeit im Festhalten am Kreuz mit einem Arm zu zeigen. Bei der Hoftafel, a» der die Majestäten Teil nahmen, saß der päpstliche Nuntius, die spanische, florentinische und mantuanische Botschaft zur Rechten derselben, zur Linken aber der Erzbischof von Gran, neben ihm der Palatin; von den „Principal Ungarn" (Magnaten) haben bei währendem Bankett der Eßterhazh, Setzt) nebst vielen anderen Ungarn, darunter auch Graf von Archot „gedient". Nach dem Bankett wurde ans dem Rathaus ein Festball — „ein Tantz" — abgehalten, „dabei auch Ihre Majestät neben dcrv geliebtcstcn Gemahlin mit mchristen ansehnlichsten ungarischen und teutschen Frauen- zimmer, auf das Köstlichste geziert, bis über 7 Uhr abends mit großem Respekt und Frohlocken" beigewohnt. Auch wurde anläßlich dieser Krönungsfeier „ein stattliches Schießen" (Scheibenschießen) abgehalten, das der Kaiser und König gegeben. Unter Begleitung von etlichen Compagnien Reitern reisten die Majestäten am 11. August nach Wien ab.*) Als drei Jahre später auf dem Reichstage zu Oedenburg, wohin Ferdinand sich am 18. Oktober 1625 mit seiner ganzen Familie und großem Gefolge begeben, die Frage der Krönung des 1608 geborenen Sohnes Ferdinands des Erzherzog Ferdinand Ernst zur Sprache kam, wogegen Bethlen Gabor, Ferdinand II., Gegenkönig in Ungarn, seine Einwendungen erhoben, da suchte Bethlen Gabors Partei, als kein anderes Mittel mehr verfangen wollte, durch die alte Gräfin Batthiany auf die Kaiserin-Königin Eleonore zu wirken, die man durch das Vorgebei: gewinnen wollte, eine Wahl ihres Stiefsohnes, des Erzherzog Ferdinand Ernst könnte ihren eigenen Rechten als Königin von Ungarn Eintrag thun. Doch auch dies fruchtete nichts, Wahl und Krönung des Erzherzog Ferdinand Ernst gingen an: 8. Dezember noch vor sich.**) Kaiserin-Königin Eleonore starb zu Wien am 27. Juni 1655, nachdem sie ihren Gemahl, den Kaiser und König Ferdinand II., um 16 Jahre überlebt hatte. *- Khcvciihiller, L.nnalosl'oräinauäsi. Leipzig 1724, Bd. IX. p. 1677 ff. ") Hurter I. o. X. p. 149 s. Kaiserin-Königin Marie Eleonore. v. R adicS, Fürstin»?» des HauscS H»bi>b»r». 7 SUe kriegerischen Vorgänge in den ersten Dezennien der Regierung Kaiser Ferdinand III., die Vorgänge in Deutschland, wo der 30 jährige Krieg noch wütete, und namentlich die Kämpfe in Ungarn mit dem Siebenbürger Fürsten Rakvezy bewirkten es, das; uns die Chronik von Krönungen der ersten und zweiten Gemahlin Kaiser Ferdinands mit der Krone des Hl. Stephan nichts zu berichten hat. Nur bei der feierlichen Einholung von Ferdinands erster Gemahlin Maria, Infantin von Spanien in Wien im Jahre 1631, sah man an der Spitze des prunkvollen Zuges, in welchem die Königin in einem „von lauterem Golde gestickten Brantwagen" einhergefahren, sieben Compagnien Husaren einherzichen. Es waren dies: Erstlich des Herrn Pauls Zichy Compagnie Ungarn, Husaren von Naab mit blauen Fahnen, zweitens Herrn Nikolai Lengfelds Compagnie Husaren von Papa mit weißen Fahnen, drittens Herrn Palatinis Sohn Compagnie Husaren von Weszprim mit roten Fahnen, viertens zwei Herren Grafen Erdödy mit einer Anzahl ungarischer Herren — eine Huldigungs-depntation ungarischer Magnaten — und folaends eine Compagnie Husaren mit weißen Fähnlein, fünftens Herrn Grafen Nu da öd Hs Compagnie Husaren mit grünen Fähnlein, sechs-tens zwei Herren Csäky neben anderen ungarischen Herren in Tigerhüuten — die zweite Abteilung der Hul- digungsdeputation —folgends eineCompagnieHusaren mit roten Fähnlein nnd siebentens Herrn Caspar von Draskowitsch Compagnie Husaren mit roten und gelben Fähnlein. — Jede dieser Compagnien führte eine schöne große Hauptfahne mit sich.*) Erst die dritte Gemahlin Kaiser Ferdinands III., Marie Eleonore, des Herzogs Karl von Mantua durch hohen Kunstsinn ausgezeichnete, mit seltener wissenschaftlicher Bildung ausgestattete Tochter, die erste Stifterin des Sternkrenzordens für Damen, sah als eine Fürstin des Hauses Habsburg sich wieder die Krone des Hl. Stephan in altherkömmlicher Weise gereicht, welchem feierlichen Akte der Krönung der Königin kurz darauf auch die Krönung ihres Stiefsohnes, des Erzherzogs Leopold, nachhcrigem Kaiser Leopold I. zum Könige von Ungarn folgte. Am 2. Mürz 1665 war der Kaiser und König Ferdinand III. mit seiner Gemahlin Marie Eleonore nnd dem Erzherzoge Leopold von Wien nach Preßbnrg gereist, wo tags darauf der Einzug sich derart prächtig gestaltete, daß man dergleichen Pomp hier vorher nicht gesehen, wurden doch die Fürstlichkeiten von den ungarischen Stünden „in die 5000 Mann stark" in die Krönungsstadt geleitet. Bei der Fahrt der Kaiserin zur Krönung am 6. Juni, bis zu welchem Tage der Krönungsreichstag und die Vorbereitungen zur Krönung gewährt, ritten zur Seite des kaiserlichen Wagens die Fürsten Piccolomini nnd Gonzaga und hinter demselben eine Anzahl Kavaliere ungarischer Nation. Der Generalfeldmarschall Graf Buchhcim nnd Graf Batthianh „parlierten aneinander die Straßen, damit kein Aufruhr oder sonst Ungelegenheit entstünde."*) *) Kaltcnbück, DaS alle Wien. „Austria" p. 82. **) Birke» I. e. i» 932. Auf dem Platze bei der Kirche waren Dragoner und Kürassiere in der Stärke von je 120 Mann aufgestellt, vor dem Michaelerthor aber wieder eine ganze Compagnie Reiter, auch stand die gesamte Bürgerschaft im Gewehr. Beim Eintritte der Majestäten in die Kirche schritten außer den Würdenträgern mit den Kroninsignien dem Kaiser die Bischöfe von Gran, Agram und Waradin (Großwardein), der Kaiserin die Bischöfe von Raab und Weszprim zur Seite. Nach der Kaiserin folgte „dero adeliches Frauenzimmer," sonderlich — für sich allein — „des Herrn Palatini Frau Gemahlin." Die Krönung der Kaiserin zur Königin von Ungarn vollzog der Herr Bischof von Weszprim, der, nachdem er der Kaiserin zuvor noch ihre Hanskrone aufs Haupt gesetzt, deren rechte Schulter mit der ungarischen Reichskronc berührte. Sobald der Königin Salbung und Krönung vorüber war, gaben die Soldaten des Erzbischofes von Gran, darauf die „Stadtguardi" (Bürgermiliz) von Preßburg und zum dritten die Soldaten auf dem Platz die Ehrensalven. Den Beschluß dieser weithintönenden Kunde von der vollzogenen Krönung Marie Eleonorens bildete die dreimalige Lösung „des groben Geschützes" (Kanonen) vom Schloßberge. Bei der Krönung des Erzherzog Leopold erschien der kaiserliche Prinz, wie die Chronik besagt, in einem kostbar gestickten „Hungarischen Nock daran allein die Schlingen und Knöpfe auf 30000 Gulden geschätzt worden." Kaiserin-Königin Eleonore Magdalena Theresia, die Großmutter Maria Theresias. Als Regentin österreichischer Länder Hat sie das betrengie Königreich Ungarn Wiedernmb zu sich und an Österreich gebracht Epitaphium. .Kaiser Lcvpvld I. hatte als seine dritte Gemahlin 1676 am 14. Dezember die Tochter des Pfalzgrafen Philipp Wilhelm von Psalz-Ncnburg nnd dessen Gemahlin der Elisabeth Amalie, Landgräfin von Hessen-Darmstadt, die 21jährige ob ihrer hohen Tugenden von fünf Fürsten umworbene Eleonore Magdalena Theresia in die Burg seiner Väter zu Wien eingeführt. Es war dies eine Fürstin, deren Sinn in früher Jugend dem Tanze und Spiele nicht abgeneigt sich jedoch bald immer mehr und mehr ans das Ernste des Lebens gerichtet und die nun als Regentin großer Staaten ihrem kaiserl. Gemahl bald bei den wichtigsten Regierungsangelegenheiten tren helfend zur Seite stand, was ihr später dann, als sie selbst eine Zeit durch allein regieren mußte, gar wohl zu statten kam.*) Eleonore, besonders in Sprachen bewandert — ihre Lieblings- *) Hedwig von Radies-Kaltenbrunner: Die Kaiserin Eleonore, Grvstmnller Maria Theresias. Eine hist. Skizze nach zeitgenössischen Quellen in H. Groß, Deutschlands Dichterinnen nnd Schriststellerinnen in Wort und Bild. Berlin 1885. III. p. 216 ff. spräche war das Italienische und auch Französisch sprach sie fertig und hatte schon als Prinzessin häufig französische Werke ins Hochdeutsche übersetzt — übte jetzt am kaiserl. Hofe zu Wien auch das Studium der Chiffrenschrift und hatte es gar schnell dahin gebracht, für den Kaiser die einlaufenden chiffrierten Briefe und Gesandtschafts-Depeschen der fremden Höfe und eigenen Botschafter zu übertragen, bei welch „ver-drnßvvller Arbeit" sie viele Nachte zubrachte. Trotz solcher Bethätigung fast männlichen Geistes, wie er sich schon auch in ihrem mit einer auffallend hohen Stirn und den großen ausdrucksvollen Augen versehenen edel geformten Haupte äußerte, erschien die Kaiserin, deren Wesen echte wahre Frömmigkeit erfüllte, zugleich mit allen Vorzügen weiblicher Gefühlsweise ausgestattet und ausgezeichnet. Gleichwie Eleonore Magdalena Theresia gar manchem zum Tode Verurteilten das Leben rettete, gegen alle Untergebenen stets gütig, milde und gerecht war, eine Vorliebe für die armeil hilflosen Kinder empfand, die Häuser der Armut im allgemeinen als die Stätten ihrer unausgesetzten Fürsorge erkannte — nahn: sie doch einmal in dem Armenhause der Residenzstadt Wien die Vespcisnng und Bedienung von 300 Armen Persönlich vor,*) — sich der Pflege der Verwundeten mit dem Aufwande aller Kräfte hingab, — schickte sie doch jährlich etliche Kisten voll leinener Tücher und anderen von ihr in Gemeinschaft mit den adeligen Damen ihrer Umgebung bereiteten Verbandzeuges sammt den nötigen Arzneien in die Feldspitäler des kaiserl. Heeres, namentlich auch nach Ungarn in die Lager gegen den „Erbfeind der Christenheit" — übte sie mit einem Worte als vollendetes ooour ä'argo die christliche Charitas im vollsten und edelsten Sinne, so war sie zu- *) Leben und Tugenden Eleonore Magdalena Theresias . . . . Wien 1721. x, 212. gleich in feiner Frauenarbeit, worin sie Meisterin gewesen, unausgesetzt thätig und fertigte sie eigenhändig die kunstvollsten Meßgewänder und sonstigen Kirchenschmuck, womit sie dann die Kirchen und Kloster dies und jenseits der Leitha bedachte. Soviel aber Eleonore an materiellem Gute für andere aufwendete, so gering waren die Ausgaben, die sie für sich selbst machte; ihr äußeres Auftreten war von der größten Einfachheit, nur an Galatagen erschien die Mvnarchin in besserer Toilette und trug dazu auch etwas an Schmuck „ob der Brust ein mit kostbaren Diamanten besetztes Kreuz und an der andern Seite einen von Edelsteinen reichen Rosenkranz."*) So erschien sie denn auch 1681 im Dezember anläßlich ihrer Krönung zur Königin von Ungarn in Oeden-burg nur bei den höchst feierlichen Momenten in den entsprechenden Festgewändern und mit Anlegung von Schmuck, sonst im übrigen auch da ihre gewohnte große Einfachheit einhaltend; gleichwie sie auch bei dieser Gelegenheit ihren eminenten Wohlthätigkeitssinn in edelster Form bethätigte. Da ihr nämlich als der „neugekrönten Königin die ungarischen Landstände das Krönungsgeschenk von 20 000 Dukaten überreichten" so schlug sie die Annahme desselben großmütig aus „mit der beigesetzten christmildesten Ermahnung" sie möchten einen Teil dieses Geldes „zum Aufkommen und zur Zierde der ärmeren Gotteshäuser in Ungarn anwenden."**) Die ungarischen Krönungsfeierlichkeiten der Kaiserin Eleonore Magdalena Theresia, welche für Ungarn von so großer Bedeutung geworden, sie hat der Zeitgenosse Johann Probst, kaiserlicher Hofsckrctür, in einer eigenen *> ibid.. t. o. x. 175. *') ibid. I. o. i>. 48. heute schon sehr selten gewordenen Schrift ausführlich geschildert. Diese Schrift befindet sich in der K. K. Universitätsbibliothek zu Wien und wurde dein Verfasser dieser Zeilen durch den Vorstand des genannten kaiserlichen Institutes Herrn Direktor-Ferdinand Grassauer in der liebenswürdigsten Weise im Wege der K. K. Studienbibliothek in Laibach, dessen Vorstände Herrn Bibliothekar Dr. Gottfried Mups ich mich, wie Herrn Direktor Grassauer, im allgemeinen für die Förderung meiner Arbeiten besonders verpflichtet fühle, zur Benutzung überlassen, wofür an dieser Stelle nach beiden genannten Seiten der specielle Dank ausgesprochen sein soll. Ich werde nun aus der umfangreichen, 10 Blatter klein Folio zählenden gleich frisch wie lebhaft gehaltenen Schilderung die markantesten Stellen herausheben, nur in der Schreibweise Änderungen vornehmend und den Gang der Darstellung nicht alteriereud. Im Vorworte konstatiert der Verfasserder Denkschrift, daß ihm von der Kaiserin selbst der Auftrag zur Abfassung derselben geworden und er bittet die Majestät „aus angeborener mildester Güte zu verstatten, daß zu Dero ewigen Ruhme und Erinnerung diese prächtigste Ungarische Krönung mittels des Druckes kund gemacht werden und in steter Gedächtnis der Nachwelt blühen möge."*) Die Eingangszeilen der Denkschrift selbst sind der Erinnerung daran gewidmet, daß Kaiser Leopold, in der Absicht, das Königreich Ungarn ans dem bisherigen unruhigen Zustand „in einen sicheren Ruhestand wieder zu versetzen" den Reichstag in die freie Stadt Oedenbnrg zum Mai des Jahres 1681 einberufen und sich persönlich zur Teilnahme daran dahin begeben habe. *) Königliche-Ungarische Krönung der Mcrdurchlauchtigsien . . Frauen Eleonore Magdalena Theresia . . . Gedruckt zu Wien bei Leopold Voigt 1682. Und da mich die Kaiserin die ganze Zeit der langen Verhandlungen an der Seite ihres kaiserlichen Gemahls daselbst geblieben, so verlangten und wünschten die Stände Ungarns nichts mehr, als die „tragende Schuld" der Kaiserin gegenüber durch die That zu erweisen und so beeilten sie sich den Beschluß zu fassen, „Ihre allergnädigste Frau Majestät zu Ihrer und des Reiches Ungarn Königin des Vaterlandes Herkommen gemäß mit ehesten zu krönen." Dieser Beschluß wurde alsbald „durch öffentlichen Trompeten- und Paukenschall aus dein Landhanse Jedem männiglich unter frohlockenden Zurufen und einem jauchzendem Vivat!" bekannt gegeben. Nachdem durch den Palatinos Paul Grafen Eßter-hazy beim Kaiser und durch eine eigene Deputation von geistlichen und weltlichen Herren bei der Kaiserin die Einwilligung zur Krönung eingeholt worden, brachten die Kron-hüter Graf Stephan Zichy und Graf Christoph Erdödp die Krone des Hl. Stephan und die anderen Kleinodien von Preßburg nach Oedenburg herbei. Beim feierlichen Einzuge dieses Hl. Palatinms der ungarischen Nation, wobei Oberst Graf Karl Palffh zwei Compagnie«:» geharnischte deutsche .Reiter führte, und auch ein „Geschwader von ungarischer leichter Reiterei mit Lanzen und daran gehefteten Fähnlein, sowie 100 Edelleute mit Tiger- und Leopardhäuten umgeben" gar prächtig aufzogen, erregten des Palatinos Paul Grafen Eßterhazy drei kleine Söhnlein „mit ihren Pusikanen" in den Händen hoch zu Roß „die allgemeine Ergötzung der Zuschauer" und habe» gezeigt, „wie die Herr» HuugarnvonKindesbeiuen auzu denenKriegsübungeu aufwachsen." Diese gesamte Reiterei kam angerückt unter Trompeten- und Panckenschall und war dabei „allerhand ungarisches Fcldgeschrei anmutig zu hören." Es ritten daher im Zuge weiters der Ungarische und Deutsche hohe Adel von Grafen und Herren in schönster Kleidung und auf kostbarlich gezierten Pferden „als wodurch — bemerkt der Berichterstatter — die streitbaren Ungarn ihre tapfren Tugenden den Feinden täglich erweislich machen." Dann sah man den Banus von Kroatien Graf Nikolaus Erdödh zwischen den Grafen Franz Eßterhazy und Johann Draskovich, zu Seiten des Palatin aber die Grafen Nikolaus Draskovich und Stephan Csaky; gar prächtig zu schauen waren auch die ungarischen Bischöfe in ihren Kutschen und die anderen vornehmen Herren; die Kronwache mit Fahnen und Trommler war durchweg „in neuen Kleidungen." Prachtvolles Wetter begünstigte das herrliche Schauspiel, während die vorangegangenen und nachgefvlgten Tage „durch finstere Regenwolken in Betrübnis gestanden." Am nächsten Sonnabend wurde die Hl. Stephanskrone, Scepter, Reichsapfel, der königl. Mantel des Hl. Stephan und dessen Schwert durch den Palatin vom Fenster des Rathauses dem Volke gezeigt, das, während die ungarischen Stände die Krone mit tiefster Ehrerbietung geküßt, in frohlockendes Geschrei ausgebrochen. Den 9. des Christmonat, als den zur Vornahme der Krönung der Kaiserin bestimmten Tag, bestrahlte die Sonne wieder alles Vermuten mit lieblichem hellen Wetter. Da gab es ein gar gewaltiges Gedränge auf dem Platze bei der Franziskaner Kirche, dem Orte der Hl. Ceremonie. Die Ordner beim Einlasse in die Kirche die Grafen Piccolomini, Nvstiz, Kollonics, Kery, Jlleshazy neben den Freiherr» Koharp, Szapary und Sarkanp hatten auch den Damen des nngarischen und deutschen Adels die Plätze auf der in der Kirche drinnen aufgerichteten Tribüne anzuweisen, die gleichwie die Kirche bis zum Altar, der Chor und der Gang zur Kirche aus der Wohnung des Kaiserpaares „der u n garischcn Wappen fa rbe gemäß mit weiß, grün und rotem Tuche belegt" gewesen. In Gold- und Silberstücken erglänzten die inmitten des Thors der Kirche für den Kaiser und die Kaiserin errichteten Thronsessel; hinter dein Sessel des Kaisers waren die Plätze für die fremden Botschafter mit rotem Sammet belegt. Von Bischöfen waren angemeldet die Erzbischöfe von Gran und Kalocza, der Bischof von Neutra, der den abwesenden Bischof von Weszprim in dieser Funktion zu vertreten hatte, die Bischöfe von Agram, von Waitzen, von Novy u. a. m. Auf dem kaiserlichen Oratorium waren die Plätze reserviert für die der Feierlichkeit „unbekannter Weise" (incognito) beiwohnenden Sommitäten den Kardinal Bonvisi Eminenz, die Markgrafen von Baden Ludwig und Hermann und den Bischof von Wien „Fürstliche Durchlaucht." Die ersten in der Kirche waren das adelige Frauenzimmer auf ihrer Tribune, die „Deutschen und Ungarischen" Damen, „in schönsten Kleidungen die mit Edelsteinen, Gold und Silber dermaßen ausgeschmückt — gleichwie der ungarische vornehme Adel an kvstbarlicher Pracht in ihrer löblichen beständigen Kleiderart es der andren Länder Völker schier weit bevor-thut — daß die unten in der Kirche Stehenden sich über alle und jede Schönheit nicht genugsam zu verwundern gewußt." Als die Kaiserin die Kirche betrat erschien sie angethan mit einem „aus weißen Silberstück mit goldenen Blumen köstlich (kostbar) gestickten Gnard-Jnfant oder weiten hispanischen Nock mit anhangenden langen Ärmeln, die mit Edelsteinen überaus reich gestickt waren und dessen „langen Schweifs" (Schleppe) die Obersthvfineisterin nachgetragen. Kaiser Leopold erschien mit der Kaiserkrone auf dem Haupte umgeben von dem Oberstkämmerer, Graf Dietrichstein und den Leibwach-hauptlcnten Grafen Franz Augustin Waldstein und Franz Mannsfeld, den Reichshcrolden, den Grafen Truchseß, Collvredo und Oettingen und den bereits obengenannten ungarischen Würdenträgern de» PalatinEßterhazy an der Spitze. An einem Fenster im Kirchenchore befand sich die zwölfjährige Tochter des Kaisers, Erzherzogin Maria Antonia, mit ihrer Hofdame, die (incognito) von dieser Stelle aus am bequemsten alles was Vorgängen, eigentlich (recht) schauen und merken (bemerken) hat können. Der Akt der Krönung wurde in der bereits vorbeschriebenen herkömmlichen Weise vorgenommen; der 80jährige und schwache Erzbischof von Gran, Herr Georg Szelepcheni „als das vornehmste geistliche Haupt im Königreich," der aber wegen seiner Gebrechlichkeit den meisten Teil der Kirchenfeier hindurch sitzend in seinein Sessel zugebracht, nahm die Salbung und Krönung der Königin selbst vor; bei der Krönung reichte ihm der Palatin die königliche Hl. Krone und der Erzbischof stellte sie mit Zuthun des Palatin dem ungarischen alten Herkommen gemäß der Königin auf die rechte Achsel, doch nur eine kleine Weile, worauf dann der Bischof von Neutra königl. ungar. Hofkanzler an Stelle und ini Namen des abwesenden Bischofes von Weszprim „der Königin ordentlicher Kanzler von Alters her" der neuen Königin von Ungarn ihre Hauskronc auf das Haupt gesetzt. Die Bornahme der ganzen Ceremonie war durch „der Königin zugleich majestätisch und gnädigst holdseliges Ansehen" für alle Anwesenden, Deutsche wie Ungarn derart rührend, das; dieselben „vor übermäßiger innerster Herzensfreude, ihre heißen Thränen vergossen." Zum Herzen greifend waren auch die Worte in der Ansprache, die der Erzbischof von Kalocza, Bischof zu Raab Herr Georg Szechenh an die Königin richtete, indem er sie bat, Ihre Majestät geruhe nunmehr als eine wahre Mutter das Königreich Ungarn und dessen bedrängte Einwohner als gehorsamste Unterthanen und Kinder in derv königlichen Huld und Gnade jederzeit empfohlen zu halte». Der Berichterstatter kann ferner nicht genug das „lieb- liche Stimmen- und Saitenspiel" hervorheben, das bei dem Hochamte und dem Tedcum durch die Räume der Kirche erklungen. Bei der Opferung gaben Ihre Majestät die Königin in eine von zwei Bischöfen gehaltene Schale eine eigens geprägte goldene Münze mit Jahrzahl und Krönnngstag und auf der anderen Seite mit dem Sinnbild der Kaiserin-Königin, einem seefahrenden Schiffe. Nachdem noch der Erzbischof von Kaloeza der Königin das Hl. Abendmahl gereicht, war die kirchliche Feier beendigt, und die nach ihrer Wohnung zurückkehrenden Majestäten vom Volke mit frohlockendem Jubelschrei empfangen. Auch hat das Volk das Tuch, womit der Gang belegt gewesen „gewöhnlichermaßen zu sich gerissen*) nicht zwar aus Gewinnsüchtigkeit, sondern nur trachtend etwa ein kleines Schnittel (Stückchen) davon zum Gedächtnis anheim zu bringen und aufzubehalten, damit auch die Ihrigen noch ein Merkzeichen dieser erwünschten und glücklich vorgegangenen königlichen Krönung anschauen und ihrer Königin mit getreuein Vivat! auch abwesend zurufen möchten!" Mit diesen Worten schließt der Verfasser der Denkschrift den Hauptteil seiner Schilderung. „Nach glücklich vollendeter Krönung — führt er dann im Anhange zu erzählen fort — hatte das ungarische hoch-adelige Frauenzimmer der Kaiserin Majestät als ihrer neu-gekrönten Königin zum Zeichen des Glückwunsches zwar in der Kirche schon die Hand nnterthünigst küssen sollen, da aber solches wegen Enge des Ortes und ohne Verwirrung nicht thun-lich gewesen," fanddieseCcrcmonieinderKaiserinBorziinmerstatt. Inzwischen war in der Ritterstube die „Tafel" geordnet worden zur Abhaltung des Festmahles. Die Rittcrstube selbst war mit kostbaren „Tapczercyeu" von niederländischer Arbeit, den Gobelins, geschmückt und unter einem Baldachin saßen *) Wie bei den deutschen Kaiserkrönnnge». v. Radier, Fürstinnen der Hauses Habsbnrg. g dann beim Mahle auf Lehnsesseln „mit gelbem Goldstück" die Majestäten, die jngendliche Erzherzogin Maria Antonia aus rotsammetenen Sessel mit Hand und Rücklehnen; auf gewöhnlichen Sesseln, die auf dem Sitze und an der Lehne mit rotsammetenen Kappen versehen waren die Gesandten von Spanien und Venedig; da ward in seinem Tragsessel der greise Erzbischof von Gran zur Hoftafel hereingetragen und hatte seinen Platz gegenüber dem spanischen Gesandten, an ihn reihten sich der Palatin und der Erzbischof von Kalocza. An der Ritterstubenthür hatte zum Einlaß und „gegen des gemeinen Volkes Eindringen" der königlich ungarische oberste Thürhüter die Freiherren Johann von Sarkany und Peter Szapary „bestellt." Zum Aufträgen der Speisen aus die kaiserliche Tafel waren nachfolgende königlich ungarische Truchsessen nominiert: I. Lippay, G. Balassa, St. Koharp, L. Karoly, St. Orhoczy, N. Keglevich, Graf A. Batthiany, E. Kvhary, M. Eßterhazy, M. Ciriaky, Graf A. Kvllonies, Graf S. Pethö, P. Eßtcr-hazp, I. Priny, Graf N. Jllicshazy, A. Viezary, I. Koharp — im ganzen 17 Herren, denen die Herren Graf Georg Jllies-hazy, königlich ungarischer Stabelmeister und Graf Sigmund von Kollonics mit den Stäben in der Hand vorgetreten. Ihre Majestät die Kaiserin-Königin war zu Tafel in ihrer vorigen Kleidung im Gnardinfant oder spanischem Rocke erschienen, doch ohne Hauskrone auf dein Haupte; die ungarische Krone lag während des ganzen Essens auf einem zur Linken der Kaiserin-Königin stehenden Tischchen von den Kronhütern behütet. Während der Tafel wurden die Stücke und Musketen gelöst und im Saale ertönte von den kaiserlichen Musikanten eine herrliche des gekrönten Komponisten Kaiser Leopold würdige Musik, „allerhand Stimmen, (Vokalmusik) Saitenspiele auch Pauken und Schalmeien;" als die Majestäten die Toaste ausbrachten, erhoben sich die Gäste. Während dem Kaiser der Kämmerer Graf Ludwig Colloredo, der statt des abwesenden Reichserbschenken Grafen Hohenzollern den Scepter getragen, den „Trunk" reichte, haben der Kaiserin Königin nur allein die Herren Ungarn aufgewartet und Graf Batthianh der Sohn des abwesenden königlichen obersten Mundschenk „mit dem Glase gedienet." Nach dein Krönungsmahle speisten die Würdenträger und der übrige vornehme Adel, sowie die Abgeordneten der Gespann-schaften und Städte, teils in der Kümmerer ordentlicher Tafelstuben, teils auf dem Landhause und dem Rathause — die Hofdamen, auch was sonsten vom deutschen und ungarischen hohen Adel eingeladen worden, hatten schon während der Hoftafel in der Kaiserin-Königin Wohngemüchern ein Festmahl „von niedlichen Speisen, ansehnlichen Zuckergebücken und überflüssigen Früchten" eingenommen und waren von vielen kaiserlichen Kämmerern unterhalten worden. Wie es bei diesen Tafeln „an schmackhaften Speisen" keinen Abgang hatte, also hat es auch „an Keller und trefflichsten Weinen nicht ermangelt." „Die Herren Ungarn — schließt Probst seine Krönungsdenkschrift — haben am österreichischen Weine ein absonderliches Wohlgefallen getragen und diesen schier allein anderen vorgezogen und mit diesem Weine auch die Glückwunschrnfe — für König und Königin — ausgebracht, sowie auch daß ans die Krönung Ihrer Majestät der Frau Mutter auch die dcro Herren Sohnes des Erbprinzen folgen möge, was dann der gütige Himmel der werten Christenheit zum besten zur Beschütznng der Vormauer gegen den blutdürstigen Erbfeind zu seiner Zeit anzuschicken zuversichtlich nicht unterlassen wird; gleichwie die feste Mutmaßung zu schöpfen, daß dieser Ihrer Majestät unserer allergnädigslen Frauen Krönung zu einer Königin von Ungarn mit jeder-männiglicher höchsten Freude und Vergnügung ohne einigen 8* Zwiespalt, Widerwillen oder sonst verspürte Unruhe glücklich vollbracht worden!" In der Schatzkammer Kaiser Leopold I. zu Wien sah der englische Reisende Dr. inoä. Edward Brown, den die altberühmte königliche englische Gesellschaft in London — die heutige Uozml Loeiot^ — auf eine große Studienreise nach dem Kontinent und bis nach Ungarn, Serbien, Bulgarien, Macedonien und Thessalien gesandt ein Modell der ungarischen Krone, das in der Übertragung des Reiseberichtes*) also beschrieben wird: „Solches (Modell) war von Gold, geziert mit vielen köstlichen Steinen sehr wohl und nett gemacht, nach der Manier und Art der ungarischen Krone: ja dieses Modell sollte fast reicher und köstlicher als das Vorbild selbst kommen." Die Kaiserin-Königin EleonoreMagdalenaTheresia, deren frommen Sinn wir schon wiederholt zu betonen Gelegenheit hatten, hat denselben insbesondere auch in Ungarn in Werktätiger Übung erhalten und verband sie auch hier in eifriger Pflege desselben immer auch kulturelle und humanitäre Zwecke. So sorgte sie für die Erziehung der weiblichen Jugend Obcrungarus, indem sie Schwestern des vornehmlich der Jugendbildnng gewidmeten Ordens der Ursulinen von Preßbnrg aus in Kaschau einsetzte**) und anderseits an die Ostgrenze des Reiches der ungarischen Krone nach Siebenbürgen an den Grafen von Steinville den Befehl ergehen ließ, den Brüdern „des Ordens der Weißspanicr" hilfreiche Hand zu ihrer Niederlassung zu bieten, „durch dessen Vorschub — wie die zeitgenössische Bemerkung lautet — diese Brüderschaft zur Wiedergewinnung der Gefangenen" auch zu Karlsbnrg festen Fuß gefaßt und den in der Türkei gefangenen *) Edward Brown . . . geihanc ganz sonderbare Reisen. Nürnberg 1711. p. 96. **) Almanach non Ungar» 1778. 88t. Christen aus der Nähe um so füglicher beizuspringen Gelegenheit erhielt."*) An diese Beziehungen Eleonorens zu Ungarn erinnert u. a. auch das Gnadenbild Maria von Pötsch**) auf dem Hochaltare des St. Stephans-Domes zu Wien, das im Jahre 1676 ein ungarischer Landmann von einem heimatlichen Maler auf Holz malen lassen und „an welchem Bilde zwanzig Jahre nachher (1696) in der griechisch-katholischen Kirche zu Pvtsch während der Messe ein anderer Landmann es wahrgenommen," „daß aus den Augen der Madonna Thränen flössen," „welche Erscheinung sich, laut mehrfachen Zeugnissen öfters wiederholte" und welches nun als wunder-thätig bezeichnete Gnadenbild im Jahre 1697 durch den Abt von Tapolcz Grafen Emmerich Csaky nach Wien in das kaiserliche Schloß Favorita überbracht wurde. Am 7. Juli des ebengenannten Jahres ward es dann in die Hofpfarrkirche zu St. Augustin übertragen, wo es von der Kaiserin-Königin Eleonore selbst mit einer von Diamanten und Edelsteinen glänzenden Rose und mit der Bezeichnung kosn mMWn — geistige Rose — ausgezeichnet und verherrlicht wurde. Später erfolgte dessen Übertragung an den jetzigen Standort den Hochaltar zu St. Stephan.***) Der erste große Schmerz in ihrem nur Edlem und Gutem geweihten Leben traf die erhabene Fürstin bei dem Hinscheiden ihres kaiserlichen Gemahls, des Kaisers Leopold I., der am 5. Mai 1705 das Zeitliche segnete und neues herbes Leid erfüllte das treue Herz, als sechs Jahre später ihr Erstgeborener Kaiser Joseph I. — seit 1687 gekrönter König von Ungarn — so rasch seiner Herrscherlaufbahn und den Seinen durch den Tod entrissen worden! *) Leben und Tugenden Eleonorens re. x. 224. **) Ein Dorf in Ungarn in der Erlauer Divcese. ***) Donin, der Stcphansdom und seine Geschichte, x. 233 ss. War schon z» Lebzeiten des jugendlichen Herrschers der Rat der vielgeprüften Kaiserin-Königin Mutter allzeit ein hocherwünschter gewesen, so trat jetzt als Joseph seine Augen für immer geschlossen, und der Bruder Karl, als König in Spanien die Verwaltung des dortigen Habsburger Reiches führend, nicht alsbald die Nachfolge in dem Kaisertums, den Königreichen und Erbländern antreten konnte, die Notwendigkeit an die Kaiserin-Königin Eleonore heran, bis zu Karl VI. Regierungsantritte hier für ihn die Regentschaft zu führen. Sie unterzog sich ihrer wichtigen Aufgabe mit der unverdrossensten Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit, überlas die eingereichten Bittschriften und die Beschlüsse der Reichsund Gerichtsstcllen selbst und in allen Entschlüssen zeigte sich ihre seltene Milde, gepaart mit edler Gerechtigkeitsliebe. Unsterblich aber hat sich in diesen Tagen ihrer selbständigen Regentschaft (17. April 1711 bis 26. Jänner 1712) die Großmutter der unvergeßlichen Kaiserin-Königin Maria Theresia, die Kaiserin-Königin Eleonore Magdalena Theresia «in das Königreich Ungarn verdient gemacht. Ihr gelang es nämlich den seit neun Jahren herrschenden Aufstand des Rakoczy zu beendigen, indem sie durch den Vertrag von Szatinür, 26. Mai 1711, die Ungarn beruhigte, in welchem Vertrage der kaiserliche Hof allgemeine Amnestie, den Protestanten kirchliche Freiheit nnd die Besetzung der Staatsümter mit eingebornen Ungarn zusicherte,*) worauf Rakoczl) Ungarn verließ, um nicht wieder dahin zurückzukehren. Um das Zustandekommen des Vertrages hatten sich auch die Magnaten Palffh und Karolyi, in dessen Schloß zu Nagykürolyi die Friedensartikel ins Reine gebracht wurden, große Verdienste erworben.**) *) Zinken, Ruhe von Europa. 11. p. 1197 ff. ") Fehler, Geschichte von Ungarn. 2. Anfl. 1883. V. p. 119 ff. Dieser Vertrag von Szatmär war der Ausfluß der echt christlichen Milde und des hohen Gerechtigkeitsgefühls Eleonorens, welche nicht darnach fragte, welch Standes oder Herkommens, welch Glaubens oder welcher Nationalität ein oder der andere Unterthan ihrer Reiche sei oder wäre und die immer deren aller Bedürfnisse im Auge hatte! Wie gewaltig die Nachwirkung dieses ihres so hervorragenden Schrittes zur Paeisikation Ungarns noch lange nachher auch diesseits der Leitha empfunden worden, dafür liegt der beste Beweis in den Worten ihres Lobredners, des Dom-predigers Pcickardt von St. Stephan in Wien, noch heute vor. Nachdem besagter Redner die menschlichen Tugenden Eleonorens nach „Zahl, Maß und Gewicht" genugsam abgewogen, fragt er: Was war unsere gerechte Kaiserin in ihren Regierungszeiten? Eine Dcborah, wohl eine sieghafte Deborah, eine preiswürdigstc Witwe. Die u ngaris ch en Empöru n g e n hatten unter Selber ihr Feuer gelöschet und jene Waffen in die Scheide gestoßen, denen das Überwinden nicht lobwürdig sein konnte. Die Fahnen des einheimischen Krieges haben unter dieser Herrscherin sich zusammengewicklet und der noch unbezwungene Unterthan hat von selbst seinen Frieden erbeten, welchen man immer (nur) von den Waffen hoffen konnte. Keine schönere Rache hat die Welt jemals gesehen, als ungehorsame Länder mit dem Ruhestand strafen und die Siegeszeichen mehr mit den Freudenthränen als mit vergossenem Mcnschenblut befeuchten wollen." *) Gottselig, wie sie gelebt, war die fromme Kaiserin-Königin in ihrem 65. Lebensjahre am 19. Jänner 1720 zu Wien gestorben. Ihrem Wunsche entsprechend ward sie mit möglichster Einfachheit zu Grabe getragen. Der damals in Wien eben anwesende türkische Großbvtschafter, welcher dein Lcichcnbe- *) Leichpredigt auf Eleonore Magdalena Theresia . . . Wien 1720. p. 22. gängnisse zusah, äußerte seine Verwunderung, daß die Fürstin eines solchen Reiches mit so wenig Pracht zur Erde bestattet werde, der Botschafter jener Macht, die eben in den Tagen der Kaiserin-Königin Eleonore die entscheidenden Niederlagen vor Wien und Ofen erlitten. Sowohl dem Gebet dieser gottergebenen christlichen Fürstin wie nicht minder den von ihr in ihrem segensreichen Wirkungskreise aufopferungsvollst bethätigten Werken der Nächstenliebe und Humanität hat man ein vornehmlich Teil zugeschrieben an jenen Siegen Österreich-Ungarns über den Erbfeind der Christenheit! Und der zeitgenössische Deutsche Dichter Chr Gryphius*) legt in seinein Gedichte: Streit der vier Jahreszeiten und zwölf Monate um das österreichische Glücke dem Geburtsmonde der Kaiserin-Königin die Worte in den Mund: Und das; die Kaiserin der Hnngarn Krön empfing Sind Blicke von den Strahlen Mit welchen meine Tag und Stunden freudig prahlen. *) Herrn von Hossmannswaldau und andrer Teutschen Gedichte. Frankfurt und Leipzig 1734. V. p. 203. Kaiserin-Königin Elisabeth, die Mutter Maria Theresias. . 92. auf die vielen Beschwerlichkeiten, welche die Winterszeit mit sich bringt, sowie auch „hiernächst die Zeit ihrer Entbindung nicht weit mehr entfernt ist".*) Nachdem Maria Theresia ihrem geliebten „Franzel" — mit welchem Kosenamen in wienerischer Mundart sie ihren kaiserlichen Gemahl zu nennen pflegte — drei Töchter geschenkt, von denen zwei nach kurzer Lebensdauer bald wieder dahingegangen, erblickte wenige Monate nach dem Tode Kaiser Karl VI., und mitten in der größten äußeren Bedrängnis der jungen Herrscherin durch ihre nun das Haupt erhebenden Feinde — der Prenßenkönig Friedrich II. an der Spitze — ein Prinz das Licht der Welt, indem Ihre Majestät die Königin am 13. März 1741, früh zwischen zwei und drei Uhr „eines schön- und Wohlgestalten Erzherzogen", des nachmaligen Kaisers Joseph II. „glücklichst entbunden wurde, zu unaussprechlicher Freude der Allerhöchsten Herrschaften, wie auch zum höchsten Troste der Unterthanen und gesamten königlichen Erbkönigreichen und Landen."**) Überall im Reiche ward dieses Ereignis hoher Freude mit Jubel aufgenommen und durch glänzende Feste gefeiert; „in der ungarischen Krönungsstadt Preßburg läuteten alle Glocken beim Eintreffen der frohen Kunde."***) Wie anberaumt, wurde im Mai (am 18.) der ungarische Krönungsreichstag zu Preßburg eröffnet, der aus allen vier Reichsständen eine Deputation erwählte, die unter Führung des Bischofs von Erlau Graf Erdödy, Maria Theresia zum Besuche des Reichstages und znr Krönung einzuladen hatte, welcher Abordnung gegenüber nun Maria Theresia die eingangs dieser Zeilen erwähnte begeistert aufgenommene Erklü- ') Geschichte» und Thäte» ». s. w- I. p. 255. **) ibid. t. o. I. x. 141. ***) ibiä I. e. x. 150. rung auch mündlich abgab, wie sie es mit den Rechten und Freiheiten Ungarns zu halten gedenke. Einen Monat nach Eröffnung des Reichstages schickte sich Maria Theresia dazu an, die Reise nach Ungarn zu unternehmen, und es wurde die Wasserstraße auf der Donau zur Hinabfahrt gewählt. Am 19. Juni nachmittags wanderte „ganz Wien" unter die Weißgärber und belagerte die Ufer des Donaustromes, um der allgefeierten Landesmutter die Abschiedsgrüßc und Segens-Wünsche jubelnd mitzugeben auf die Fahrt in das Reich der Hl. Stephanskrone, die alsbald ihr schönes Haupt schmücken sollte. Da lagen sie vor Anker, die Prächtigen Schiffe, die bestimmt waren, Maria Theresia, ihren Gemahl, den Großherzog Franz Stephan von Toskana, und den ansehnlichen Hofstaat aufzunehmen. Was späterhin bei allen Festlichkeiten, mit denen die glanzvolle Krönungsfeier in Preßburg verblinden war, ausgesprochen zum Ausdrucke kam, der specifisch ungarische Charakter, das fiel schon hier bei der Abfahrt in die Augen. Denn es waren die zur Fahrt bestimmten Schiffe über und über mit Fahnen geschmückt, welche die ungarischen Farben und ungarischen Wappen trugen, auch die Schiffsmannschaft war in die gleichen Farben gekleidet; das Not-Weiß-Grün hatte man überall, wo es nur immer sich thun ließ, reichlich angebracht. Auch „inwendig waren die Schiffe gar kostbar ansspalicret." Um die fünfte Stunde erfolgte die Einschiffung der Allerhöchsten Herrschaften, unter Zurufen des Bolkes, „welches Ihre Majestät, so weit es immer sein konnte, durch ein unaufhörliches Vivat gleichsam begleiten wollte." Nachdem in dem Schlosse des Grafen Nbcnsperg und Traun zu Petronell Nachtlager genommen worden und tags darauf (20. Juni) im Schlosse Wolfsthal, des Baron Walterskirchen, Mittag gehalten war, erfolgte die Ankunft an der ungarischen Landcsgrenzc und der feierliche Empfang an der Brücke, sowie die Einholung der jungen Fürstin durch die Bischöfe, Magnaten und Edelleute, unter den Zurufen des massenhaft erschienenen Volkes noch am selben Nachmittage. Bei diesen: feierlichen Einzüge in Preßbnrg erwiederte Maria Theresia, die ein nach ungarischer Art gemachtes Kleid von kostbaren weißem, mit Gold gestickten und blauen Blumen verzierten Stoff trug, die Ansprache des Primas in lateinischer Sprache*) und bewährte auch hier jene bemerkenswerte Gewandtheit der Sprache, mit welcher sie stets die Zuhörer zu bezaubern verstanden. Tags darauf (21. Juni) war der königliche Vortrag an die Stände durch den ungarischen obersten Hofkanzler in ungarischer Sprache, was dann die Königin in eigener Person in lateinischer Sprache wiederholte und bekräftigte mit der Versicherung, wie sie sich allezeit nicht allein als eine Königin, sondern als eine Mutter erzeigen werde. Am nächstfolgenden Tage nahn: der Reichstag die Wahl des Grafen Johann Palffp zum Palatinns offiziell vor und die Bürgerschaft von Preßbnrg überreichte am selben Tage der Königin die herkömmliche Verehrung, bestehend in vier Ochsen, etlichen Wagen mit allerhand Proviant und Wein samt „zwei Lagcln" (Fäßchen) mit Fischen. Am 23. nachmittags ward der alten Gewohnheit gemäß unter dem Schall der Trompeten ein zun: öffentlichen Braten an: Krönnngstage bestimmter Festochse, dessen Hörner vergoldet und dessen Leib mit Bändern und Kränze» geschmückt war, von den Metzgern durch die Straßen der Stadt und um das Schloß herum zur Schlachtbank geführt. Nachdem am 24. die Übertragung der Kroninsignien nach der Sakristei der Hauptkirche St. Martin stattgefunden, begann man an den: von Maria Theresia angesetzten Tage der Der KrönungSzug der Kaiscrtn-Mnigiii Maria Theresia. A»S dem Werke: „Die Öslcrr.-Nng> Monarchie in Wort »nd Bild' Krönung, den 25. Jnni, mit der Festlichkeit bereits um fünf Uhr morgens, um welche Stunde die Kronhüter die Kiste mit den Insignien eröffneten und alles zum feierlichen Akte vorbereiteten. Der Krönungszug. Um neun Uhr morgens brach Maria Theresia, gefolgt von den Magnaten zu Pferd „in einer grünsammtenen, mit Gold gestickten und Goldfranzen verbrämten, völlig zurückgelegten und sechs auserlesenen Pferden gezogenen Chaise" nach dem Dome zu St. Martin. Dieser feierliche Kirchengang geschah in folgender Ordnung: 1. Kamen vier königliche Einspanicr zu Pferd; 2. gingen an 30 Herrschafts-Läufer „in herrlichstem Aufputz"; 3. die Lakaien, sowohl der ungarischen als deutschen Kavaliere in großer Anzahl und Prächtiger Livree; 4. einige hundert ungarische Edelleute in kostbarster Kleidung und mit in ihrer Art prächtigst gezierten Pferden, je drei und drei reitend; 5. die königlichen Kammcrherre» und Staatsräte „in ihrem reichsten Aufputz", ebenfalls zu Pferd; 6. „ritten die Herren Ritter des goldenen Vließes, welche über ihre prächtigen Galakleidungen die großen Ordensketten hängen hatten"; 7. der ungarische Vice-Palatin anstatt des Palatin, der Alters nnd Gebrechlichkeit halber nicht zu Pferd erscheinen konnte; 8. der ungarische Reichshervld, auf der Brust das ungarische Wappen, in der Rechten den weißen Stab; 9. der ungarische Reichsmarschall, mit entblößtem Haupt, das Reichsschwert tragend; 10. Ihre königliche Majestät „so in bemalter kostbaren Chaise fahrend, zu beiden Seiten mit Dero königlichen Hartschieren (Arcicren) nnd Trabanten (Leib) Gard umgeben. Das Kleid Ihrer Majestät war „auf Hungarische Art" (gemacht), von Silberstück mit Gold gestickt und sehr reich mit Rubinen, Smaragden und Brillanten besetzt; die Ärmel aber waren von einem Stück feinsten Spitzes und anstatt der nach ungarischer Tracht sonst gewöhnlich vorhandenen Bänder mit ungemein kostbaren Schnüren von lauter Brillanten in der Mitte zusammengebunden. Das Haupt Ihrer Majestät war schon zur bevorstehenden Aussetzung der Krone hergerichtet und daher außer mit einer besonders zierlichen Haarkrause" (Frisur) mit nicht dem mindesten Schmuck oder Aufputz versehen. „Das Brust-Stück" (der Busenschmuck) Ihrer Majestät bestand in einem Untergrund von puren Perlen „darüber eine ungemein schöne Einteilung von zierlichst in Gold gefaßten und ebenfalls aus Rubinen, Smaragden und Brillanten bestehenden Geschmuck" zu sehen war, mit dem auch das „Halsgehäng" (Collier) „aller-höchstderoselben übereinkam"; 11. begleiteten die Chaise Ihrer königlichen Majestät die vornehmsten Herren „Minister", „als Herr Ferdinand Leopold, Reichsgraf von Herb er st ein, königlicher Obersthofmeister, Herr Franz Anton, Reichsgraf von Starhembcrg, königlicher Oberststallmeister, Herr Graf von Daun, königlicher Leibgardc-Hartschiercn-Hauptmaun, Herr-Caspar Ferdinand, Graf von Cvrdua, königlicher Leibgarde Trabanten-Hanptmann; 12. beschlossen den Zug zwei Grenadier- und noch andere Infanterie-Compagnien vom k. Ba-reithschen Regiment. Der Einzug in die Kirche fand über Treppen statt, welche mit rot-grün-weißem Tuch belegt waren.*) Den feierlichen Akt der Krönung selbst nahm der Erzbischof von Gran, Emerich Fürst Eßterhazy de Galantha, Primas von Ungarn, unter Assistenz des Erzbischofs von Kälvcza, Gabriel Graf Patachich de Zajeüda und des Bischofs von Erlau, Gabriel Anton Graf Erdödp de Mvnyvrokörök in altherkömmlicher Weise vor und nur mit dem Unterschiede zu anderen Kröiiungeu von Ungarns Königinnen, daß Marie Wertfrei: als „Königin" die Krone des Hl. Stephan nicht ans die rechte Achsel, sondern auf das Haupt gesetzt wurde, gleichwie man es 1382 bei der Krönung jener Maria, der Tochter König Ludwig des Großen, der Gemahlin des Sigismund von Luxemburg, gehalten, die sich dann nicht Maria Regina, sondern Maria Rex genannt. Von dem Krönungsakte in der St. Martins-Hauptkirchc ging der Zug zu der Kirche der Franziskaner, zum Ritterschläge an 48 Edelleuten, auf welchen: Zuge durch den ungarischen Kammerpräsidenten die goldenen und silbernen Krönnngs-denkmünzcn mit dein Wahlspruche Maria Theresias, Justitia et 6Iöw6ntia (Gerechtigkeit und Milde) in übergroßer Zahl unter das Volk geworfen wurden. Hatte allerorts, wo sich die schöne Königin blicken ließ, das versammelte Volk mit nicht cndcnwollcnden Zurufen die Begeisterung für die Apostolische Majestät und für die Trägerin der Krone des Hl. Stephan zum lebhaftesten Ausdrucke gebracht, so jubelte das g eborene Reitervolk der Ungarn hoch auf, als Maria Theresia zur Eidesleistung am Krönungshügel angelangt, den Wagen verlassend, den nach ungarischer Art geschirrten Rappen bestieg, das mit Edelsteinen und Perlen also reich geschmückte Roß in Galopp setzte und kühn den Hügel hinansprengte, auf dessen Höhe das Schwert ziehend und zum Zeichen der Verteidigung und der Erweiterung der Grenzen Ungarns dasselbe nach vier Weltgegendcn schwenkend. In diesem Augenblicke kannte das Volk, von der Schönheit, wie von der würdevollen Majestät der Königin hingerissen, in seinen Freudenbezeugungen keine Grenzen. Vieltausendstimmigc Rufe: „Es lebe unsere allergnädigste Königin" erschollen wieder und immer wieder und in den braunen Gesichtern der Söhne der Pußta und in ihren funkelnden Augen sprach sich nur die eine Sehnsucht und der eine Wille aus: Für die neugekrönte Königin das altbewährte ungarische Schwert zu ziehen, Gut und Blut zu opfern. Beim Krönnngsmahle wurde auf die königliche Tafel ein Stück von jenem Ochsen gesetzt, welcher unweit des Schlosses nach Gewohnheit im Ganzen und mit allerlei kleinem Geflügel gespickt, gebraten und nachher dem Bolke sammt einer zu Seiten aufgerichteten Fontaine mit weißem und rotem Weine preisgegeben worden. „Diese hohe Krönungsfeierlichkeit — so schließt der zeitgenössische Bericht — ist mit solcher Pracht begangen worden, daß alle Zuseher und Fremden einhellig bekannten, daß dergleichen Kostbarkeit und übergroße Pracht es sei, wo es »volle, nimmermehr zu sehen sein werde, noch könne. Man sah mehr als 216 der prächtigsten Staatskutschen, man zählte mehr denn 800 Edelleute in ungemein kostbaren Kleidungen, ohne deren Begleitung so alle Zahl übersteigt, zumal die meisten Herren Magnaten eine Geleitschaft von 30 Personell hatten, die alle in schönsten Livreen und aufs prächtigst ausgeschmückten Pferden hinter ihren Herren daherritten, welche in Wahrheit an Pracht in ihren Kleidungen, so alle fast von Edelgesteinen schimmerten, einer den anderen zu übertreffen sich beflissen."*) Unter den jauchzenden Zurufen ihrer cisleithanischen Unterthanen kehrte Maria Theresia nach Wien zurück, um jedoch nicht lange danach,? bereits im September desselben Jahres sich »nieder nach Ungarn zu begeben, wo sie vor dem Drängen ihrer äußern Feinde, Preußen und Frankreich an der Spitze, Zuflucht suchte. Der mit Frankreich verbündete Kurfürst, Karl Albert von Bayern, die deutsche Kaiserkrone anstrebend, war im Anrücken gegen Wien und deshalb zog sich die kaiserliche Familie nach Prag; zurück die Königin selbst aber eilte, wie gesagt, nach Ungarn. Am eilftcn Tage des Herbstmondes war cs, als Maria Theresia, mit wunderbarem Liebreiz ausgestattet, in ungarischer Nationaltracht, mit der Krone des Hl. Stephan am Haupte auf dem Reichstage zu Prcßburg wieder unter ihre getreuen Ungarn trat und mit fester Stimme in lateinischer Sprache die bedrohte Lage des Reiches, Ungarns, ihrer Person und ihrer Kinder betonte. „Von allen oerlassen — sprach die Königin — nehme ich meine Zuflucht zu den getreuen Stünden, zu den Waffen und zu der alten Tapferkeit der Ungarn mit dem dringenden Anliegen, daß die Stände des Reiches sich ungesäumt beraten über die Mittel, welche für meine, meiner Kinder und meiner Krone Sicherheit die zweckmäßigsten sind und dann zur Ausführung gebracht werden mögen. Was mich anbelangt, so können die getreuen Stände und die ungarische Nation in allem, was znr Herstellung der allgemeinen Wolhfahrt und des alten Glanzes dieses Reiches dient, auf meine Bereitwilligkeit und Güte rechnen." Als Maria Theresia zum Schlüsse dieser warmen Ansprache kam und ihrer Kinder erwähnte, wurde sie von der tiefsten Rührung ergriffen und große Thrünenperlen rollten aus ihren schönen Augen. Weinend bedeckte sie mit ihrem Tuche das Antlitz und schwieg einen Moment. Aber schnell sammelte sie sich wieder und hörte nnn den Worten zu, welche der Primas jetzt im Namen der ganzen Versammlung an sie richtete. Mit volltönender Stimme sprach er die schönen und wahren Worte: „daß die ganze ungarische Nation zum freudigsten Beistände für die heißgeliebte Königin bereit sei und Gut und Blut für sie opfern wolle." Da wogte eine unbeschreibliche Bewegung durch die Menge der versammelten Ungarn „deren Stolz, — wie Arneth sagt — sich dadurch nicht wenig gehoben fühlte, daß geradcbei ihnen Maria Theresia ibre Zuflucht suchte": v. Radi cS, Jiirstiiine» dcS HauscS Hal'Sl'Urg. 1p das heilige Mitgefühl an dem Schmerze der edlen Mmiarchin nnd ihr zauberischer Anblick erfüllte alle Anwesenden mit hoher Begeisterung und von vielen hundert Stimmen donnerte der einmütige und begeisterte Zuruf durch den Saal: ,,Vitaiu no-straw. et sanAuineiu Louseerumue." (Wir weihen unser Leben und unser Blut.) Acht Tage später beschloß der Reichstag über Wunsch der Königin und Befürwortung durch den Primas, den Palatin, lluckex curme und Kronhüter, die Anerkennung des Gemahls Maria Theresias, des Grvßherzogs Franz Stephan, als Mit-regeuten in Ungarn. An demselben Tage (19. Sept.) wurde der Königin noch eine große Freude zu teil, als ihr kleiner Joseph, der Kronprinz, nach Preßburg gebracht wurde. „Einem Eichhörnchen gleich — lautet der ungarische Bericht — blickte der sechsmonatliche Prinz von den Armen der Wärterin auf das in gewaltiger Menge hinzudrängende Volk, als er von dem Landungsplätze nach dem königlichen Schlosse fuhr." Am 21. September, als Franz Stephan den Eid als-Mitrcgent ablegte, wobei er erklärte, daß er für die Königin und Ungarn sein Leben opfern wolle, da hob die junge Herrscherin den kleinen Erbprinzen Joseph auf ihren Armen empor, und zeigte ihn der Versammlung und laut schallte der freudige Ruf durch den Saal: „Kormmur pro rogo uostro!" — Die treuen Magnaten erklärten, daß, wenn cs au Geld zur Landesverteidigung mangeln sollte, sie in jedem Augenblicke bereit seien, ihr Gold und Silbergeschirr in die königliche Münze zu senden und wenn auch dieses nicht mehr ausreichen sollte, würde man die Kirchenschätze in Anspruch nehmen. Mit gezückten Säbeln stürmte die Versammlung auseinander, um die notwendigsten Vorkehrungen sofort zu treffen und die gefeierten Namen, Eßterhazy, Andrassy, Forgacs, KarvlhßNadasdy, Szirmaß n. a. übten ihren hohen Einfluß auf die Nation. Was die edlen Magnaten ihrer angebeteten jungen Kö- nigin mit einhelligem, begeistertem Schwure angelobt hatten, das hielten sie denn auch in ritterlichster Weise. Sie fuhren mit dem Eifer der Begeisterung fort, die der Königin versprochene Streitmacht zu stellen und auszurüsten. Im Winter von 1741 auf 1742 wurde dieselbe, mit Hinzurechnung der alten Regimenter und den schon im Felde stehenden neuen Truppen auf 9 Infanterie- und 14 Husarenregimenter, die ersteren zu 3000, die letzteren zu 1200 Mann, gebracht. Die Insurrektion des Adels ergab 16000 Mann. Außerdem errichteten Fürst Eßterhazp, Graf Battsyaichi, der Erzbischof von Kalocza u. a. auf eigene Kosten größere und kleinere Reiterscharen, Kroatien und Slavonien stellten 13000 Mann, — der nachher leider so berüchtigt gewordene Baron Trenk, seine „wilden Panduren", — Siebenbürgen 6000Mann; im Frühlinge 1742 standen aus dem Gebiete der ungarischen Krone, die Truppen der Militärgrenze nicht mit inbegriffen, bei 80000 Streiter, vollständig gerüstet und nach Möglichkeit eingeübt, unter den Fahnen. Als diese neue» ungarischen Regimenter und Truppen über Wien ins Feld rückten, wurden sie wiederholt von Maria Theresia vor den Linien ihrer Residenz inspiziert, ja das Andrassysche Regiment ward sogar längere Zeit in Wien einquartiert und war das erste von den ungarischen Truppen, die in Wien Garnisons-dicnstc geleistet.*) Unter allen Truppen Maria Theresias zeichneten sich aber sowohl gleich in den ersten Kriegen gegen ihre Feinde und auch später immer die ungarischen Husaren durch kühne Unternehmungen, schnelle Bewegung und die Wucht ihres Angriffes besonders aus, waren sie vom Feinde immer am meisten gefürchtet.**) Die Gefahr für Maria Theresias Reich war inzwischen *) Geschichte und Thaten u. s. w. I. p 637. eine immer größere geworden, der Kurfürst von Bayern war nach dem Sturme auf Prag zum König von Böhmen ge- krönt und begab sich nach Frankfurt am Main, um dort als Karl VII. die deutsche Kaiserkrone zu empfangen. Doch gelang es bekanntlich dem Heere Maria Theresias, die einige Zeit sogar im Sinne gehabt, sich selbst an die Spitze desselben zu stellen, doch es dann dem Kommando des FM. Grafen Khevenhnller anvertraut, und unter dem die ungarischen Truppen so hervorragende Thaten geübt, die Franzosen und Bayern ans Oberöstcrrcich zu verjagen, worauf der glückliche Sieger Khevenhüller seinen Einzug in Karl Alberts Residenz München hielt! Aber nicht allein mit dem Schwerte, auch mit der Feder hatte der getreuen Ungarn Einer für das gute Recht seiner geliebten Königin gegen den Usurpotar Karl Albert wacker gestritten, Stephan Jagashazy von Szabad Szava in seiner Schrift gegen einen Anonymus, der die Ungarn für die Sache Karl Alberts zu gewinnen getrachtet, indem Jagashazy „das Erbrecht der Königin in Ungarn auf das allerstürkste auszuführen sich bemühte."*) Als dem Falle von München auch noch im selben Jahre (1742) die Wiedergewinnung von Prag gefolgt war, da feierte Maria Theresia in ihrer Residenzstadt Wien diese glücklichen Ereignisse, vorerst dem Himmel dankend mit einem Tcdcnin im Dome zu St. Stephan und dann der heiteren Richtung des Hoflebens entsprechend, mit einem prachtvollen, in der Hofrcitschnle abgehaltenen Damcncaroussel. An diesem in seiner Art einzigen Schauspiele, das am 2. Januar 1748 stattgefunden und bei dem Maria Theresia ihre außerordentliche Geschicklichkeit in ritterlich männlichen Leibesübungen wieder ans das Glänzendste offenbarte, nahmen auch eine Au- zahl Damen des ungarischen Hochadels, darunter die Fürstin Eßterhazy, die Gräfinnen Niklas Eßterhazy, Pallffy Kollonics Teil; unter den Richtern fungierte auch ein Graf Serenyi. Den ersten Preis in der reitenden Quadrille, ein Besteck von Bergkrystall in Gold gefaßt mit Brillanten besetzt, gewann mit der Lanze die Königin, überließ ihn aber der Gräfin Palffy, „welche nach Höchstdcrselben den ersten Anspruch dazu hatte."*) Wie bei dieser einen selten schönen Festlichkeit, so glänzten immer auch bei anderen zahlreichen Festen und Vergnügungen im farbenfrischen, farbenprächtigen, geist- und lebensprühenden Treiben der Hofkreise die ritterlichen Herren und schönen Frauen des ungarischen Hochadcls und von 1756 an auch die durch persönliche Erscheinungen, wie durch Pracht und Glanz der Uniformen gleich hervorstechenden Gestalten der durch Maria Theresia errichteten königlich-ungarischen Leibgarde, die besonders bei dem Brautzüge der Jsabella von Parma, der ersten Gemahlin Kaiser Joseph ll. — 6. Oktober 1760 — fast 500 Reiter zählend, allen übrigen Prunk der Begleitung überstrahlend, die Blicke der Menge fesselte. Ganz Wien schwärinte für die schönen Jünglinge, die die Kaiserin-Königin in diese Leibwache einberufen, wie denn überhaupt in dem damaligen Wien die dankbare Erkenntnis der staatsrettenden und staatserhaltenden Leistungen in der Mithilfe des von seinein Hochadel in edlem Hochgefühle und mit so richtigem Takte geführten ungarischen Volkes bei jedem Anlasse zum deutlich sprechenden Ausdrucke kam. So u. a. sehen wir — in den Jahren etwas rückblickend — bei jener großartigen Wiener Stadtbelcuchtung zur Feier der Geburt von Maria Theresias zweitem Sohne, Erzherzog Karl (1. Februar 1745), bei welcher Gelegenheit der Wiener Humor in echtem und rechtem Brillantfeuer erglänzte, das Ungarische die große Rolle spielen. Nicht nur, daß an einem Transparente in der Bognergasse der Abzug der Franzosen aus Böhmen durch verfolgende Husaren illustriert erschien, mit dem Beisatze: Deroiuteks! und den deutschen Versen: „Sobald wir in die Länder reisen, § so sollen 100000 Mann § die Straße nach Paris uns weisen j dort treffen wir euch wieder an," und an anderer Stelle (auf dem Fleischmarkte aus einem ebenerdigen Fenster) ein Husar dem verfolgten Feinde sein „Ördög" zuruft: „Jetzt hab ich dich beim Schopf, herunter muß dein falscher Kopf", so ist am Hanse eines niederöstr. Landschafsbeamtcn ein kolossales weithinleuchtendes Transparent zu sehen: Maria Theresia in Lebensgröße in ungarischer Tracht zu Pferde sitzend, wie bei der Krönung in Preßburg und an einem weiteren Fenster Prinz Joseph, gleichfalls in ungarischer Tracht. Politische Anspielungen enthielten andere Darstellungen, so in der Bürgerspitals-Apotheke eine Reihe Apothekerbüchsen mit der Aufschrift: „Hnngarischcs rotes Pulver", „Englisches Salz", „Sächsisches Herzwasscr" — alles selbstverständlich Anspielungen auf den Erbfolgekrieg! Die polisischen und militärischen Verhältnisse und Bedürfnisse führten die Königin wiederholt wieder in das getreue Ungarn und so sehen wir Maria Theresia am selben 10. August 1744, da Friedrich II. nach der Kriegserklärung Frankreichs an Österreich und England den zweiten schlesischen Krieg eröffnete, die Donau hinab nach Preßburg fahren, um sich der Unterstützung der ungarischen Nation in dem bevorstehenden Kriege zu versichern, nachdem sie den Monat vorher für die Einnahme von Lautcrbnrg, „wobei die Tapferkeit, Geschicklichkeit und Klugheit der ungarischen Truppen, unter dem Prinzen Karl von Lothringen, so großes geleistet," ein eigenes Dankschreiben an den Palatin gerichtet, mit der eigenhändigen Nachschrift: „Dieser Brief soll, ein Zeugnis meiner Gunst und sonderbaren (besonderen) Liebe gegen die Nation, allen Gespannschaften mitgeteilt werden.**) Die Kriegszu-rüstungen, die schon vorher in großen Dimensionen betrieben worden, — die ungarischen Stände sollen sogar erklärt haben, falls Böhmen oder Mähren feindlich angegriffen würde, wollten sie zur Beschützung dieser Länder die rote Fahne wieder ausstecken, was über hundert Jahre nicht geschehen**) — wurden nun noch um so eifriger betrieben, nachdem der drei Tage unter dem Vorsitze Maria Theresias gehaltenen Landtag einen Beschluß an die 48 Komitate und die zur Krone des Hl. Stephan gehörigen Königreiche und Länder, an die Jazygier und Cumanicr u. s. w. in ungarischer Sprache hinausgegeben und auch bekannt gemacht worden, daß der Palatin trotz seines hohen Alters und die ersten Magnaten des Königreiches zu dem Gewehr zu greifen und ins Feld Zu ziehen gesonnen. Den der Königin in den bisherigen Kriegen und Kämpfen von den Ungarn zu Hilfe gesandten Truppen, ward von den Zeitgenossen besonders nachgerühmt, daß sie der Königin Sache den größten Dienst durch ihre hervorragende Eignung und Tüchtigkeit in den Scharmützeln geleistet.***) So auch jetzt im zweiten schlesischen Kriege, „wo die Vortrnppen derer hungarischen Insurgenten von vornehmen ungarischen Magnaten angeführt und von dem Kron-Groß und königlichen FM. Grafen Joseph Eßterhazy en oliek kommandiert", nach einigen Scharmützeln mit den Preußen in Oberschlesien eingerückt Ware». „Das Alter und die rauhe Jahreszeit — sagt der zeitgenössische Berichterstatter — hatten es nicht verstattet, daß der Palatinus diese neue Armee selber hatte kommandieren können." Indessen hatte die Königin dem treu- *) Geschichte und Thaten n. s w. 111. p. 26. Anm. 1. **) Geschichte und Thaten n. s. w. III. p. 212 s. *") Geschichte und Thaten u. s. >v. III. p 594 s. bewährten Freunde ihr bestes und schönstes Reitpferd, einen kostbaren goldenen, mit Diamanten reichbesetzten Degen und FM. Graf PLlffi,. Ans dem Werkei Die Ocstr. ilna. Monarchie in Wort und Bild. einen nicht weniger schätzbaren Diamantring mit folgenden eigenhändigen Zeilen zum Geschenk übersendet: Wein Mater H'ülss,,: Ich sende Euch dieses Pferd, welches nur allein von dem Eiffrigsten Meiner getreuen Unterthanen bestiegen zu werden würdig ist. Empfanget zugleich diesen Degen, um mich wider meine Feinde zu beschützen und nehmet diesen Ring als das Kennzeichen Meiner gegen Euch tragenden Zuneigung an. Mercha m. x». Nachdem der Friede von Füssen (22. April 1745) die Anerkennung der pragmatischen Sanktion von seiten Bayerns herbeigeführt, erfolgte trotz der Fortdauer des Krieges mit Preußen die Kaiserwahl des Gemahls Maria Theresias, ihres Mitrcgenten in Ungarn, Franz I. (15. September 1745). Bei dessen Krönung in Frankfurt (4. Oktober), wo Maria Theresia in ihrer hohen Freude bei soviel Leid dem Drange ihrer Individualität folgend und die Etikette durchbrechend, in den gemütlich herzlichen Ruf ausgebrochen: „Bivat Kaiser Franz!" sah man in der glanzvollen Kaiser-Suite u. a. auch die imposanten Erscheinungen der ungarischen Magnaten, Generalfeldmarschall Graf Batthyanyi, Graf Eßtcrhazy, Graf Laslö Giulasfy (Kanzler von Siebenbürgen) u. a. m. Bei der am 28. September — also 6 Tage vor der Krönung — durch die Majestäten abgehaltenen großen Parade über die sogenannte „pragmatische Armee" und die „ungarisch-böhmische Armee", bei der Stadt Heidelberg, waren auch die ungarischen Infanterie-Regimenter, Graf Forgncs (jetzt Nr. 32) Baron Ujvary (jetzt Nr. 2), Graf Bcthlen (jetzt Nr. 52), anwesend und unter der zahlreich versammelten Generalität bemerkte man außerdem FM. Grafen Bathyanyi — dessen Dragvner-regiment (jetzt Ulanen Nr. 9) gleichfalls da „paradierte" — die ungarischen Generäle Baron Varanyay und Trips, Karl Graf Palffy, Leo Graf Palffy;*) in Nebengruppcn des bunten Lagers erblickt man auch Rvtmäntler (Warasdiner Panduren) und einige Leute der „ungarischen Miliz".**) In Benutzung der Friedensjahre von 1748—1751 hatte Maria Theresia eine Reihe von Reformen im Militürwesen durchgeführt und hielt nun n. a. auch eine große Heerscha n über die Truppen in Ungarn (August 1751) auf dem Rä-kos ab, wo einst die alten tumultnarischen Reichstage gehalten worden.***) Auf der Fahrt der Majestäten zu dieser Heerschau, waren denselben von der getreuen Stadt Pest außer einer prachtvollen Beleuchtung und anderer Festlichkeiten auch ein großartiger Fischfang auf der Donau zu Ehren geboten worden, bei welchem in den auf Maria Theresias Wink ausgeworfenen Netzen sich mehrere ganz ungewöhnlich große und schwere Fische fingen. Das „Offizielle Wiener Diarium" sagt über diesen Fischfang wörtlich: „Es ist nicht anders zu mutmaßen, als daß der Danubius oder Donaustrom, der billig ein Fürst der europäischen Flüsse genannt zu werden verdient, gleichwie der Stadt Pest wohledle Senat und Bürgerschaft seine tiefste Devotion gegen Ihre Majestäten unaufhörlich zu zeigen sich bestrebt, also auch vorbesagtes Element zur Bezeugung seiner Ehrerbietigkeit und Ergebenheit mit Hergebung so schöner Fische diesen so großen Monarchen an den Tag zu legen, nicht unterlassen wollen." *) Siehe mein: Die Heidelberger Parade 1745, Wiener Salon-albnm 1873 p. 46—62. **) Ebenda x, 83. *'*) Wolf, Österreich unter Maria Theresia x. 34l. Non der Heerschau am Räkos zum Landtage nach Preß-burg zurückgekehrt, traf Maria Theresia kurze Zeit darauf „im überaus schönen Kastell" Köuigsaden der gräflich Palffyscheu Familie, mit ihrem von einem inzwischen unternommenen Besuche der ungarischen Bergstädte kommenden kaiserlichen Gemahl wieder zusammen, der als Bergmann gekleidet in ihre Arme eilte. Wie die früheren Kriege, die Maria Theresia von ihren Feinden aufgenötigt worden, so zeigte auch der siebenjährige Krieg wieder die Bedeutung der ungarischen Truppe», sowie die Namen einzelner Heerführer, die Namen Nadasdy und Hadik im leuchtendsten Lichte unvergänglichen Ruhmes. In Vieser Kriegsepoche vollzog sich denn auch die von der ganzen Welt angestaunte kavalleristischc Leistung, mit welcher 3500 Reiter unter Graf Hadiks Führung in fünf Tagen von Dresden aus Berlin erreichten. Zur Erinnerung an den herrlichen Sieg von Kolli» (18. Juni 1757), — welchen Tag Maria Theresia „den Geburtstag der Monarchie" genannt, und der dem geschlagenen Könige Friedrich II. Ausrufe der höchsten Anerkennung für die bewunderungswürdige Tapferkeit der k. und k. Armee entlockt hatte—, stiftete die dankbare große Kaiserin-Königin de» militärischen Maria Thcresien-Orden, die höchste Ordensauszeichnung für miltitärische Thaten im Felde. Unter den Ersten, welche mit dem Großkrenze des Maria Theresienvrdcns ausgezeichnet wurden, befanden sich der G. d. C. Franz Graf Nüdasdh ans Fogaras und FML. Graf Andreas Hadik von Futak.*) Der Hubertsburger Frieden (1703) beendete bekanntlich die Prüfungsjahre Maria Theresias in Bezug auf die Kämpfe *) Lukeä Militärischer Maria Theresieuorden, Wien 1890 x. X. u. I>. 500. mit ihren auswärtigen Gegnern, doch sollte auf die Freude, den Erzherzog Joseph zum römischen Könige gewählt zu sehen, gar bald tiefste Trauer in das edle Frauenherz einziehen durch den unerwartet plötzlichen Tod des geliebten Gemahls Kaiser Franz I. (1765, 18. August), nach welchen: erschütternden Ereignisse sie Kaiser Joseph II. zum Mitrcgenten annahm (23. September 1765) und ihm die oberste Heeresleitung überantwortete. Zur Erinnerung an die römische Königswahl Josephs gründete Maria Theresia, welche das Talent und Verdienst im Civil durch öffentliche Anerkennung dankbar auszeichnen wollte, wie sie es für das Militär durch den früher errichteten Theresienorden gethan, den königl. ungarischen St. Stephans-orden. Durch die Benennung wollte die hohe Stiftern: dem Orden ein besonderes Ansehen verleihen und zugleich die tiefe Verehrung für den ersten apostolischen König Ungarns an den Tag legen. In den Folgezeiten benutzten die Regenten Österreich-Ungarns die Verleihung dieses ihres höchsten Civil ordens auch zur besonderen Auszeichnung für erlauchte und hervorragende Personen des befreundeten Auslandes; so überreichte erst kürzlich — an: 24. Jänner d. I. — Namens S. K. und K. Apvst. Majestät unseres glorreich regierenden Kaisers und Königs Franz Joseph I. S. königlichen Hoheit dem Prinzen Georg von Griechenland der österreichisch-ungarische Gesandte am königlichen Hofe zu Athen, mein hochverehrter Studieugenosse Herr Gustav Baron Kosjek das Sr. königlichen Hoheit von Sr. K. und K. Apost. Majestät verliehene Großkreuz des St. Stephansvrdens in feierlichster Weise. So groß Marin Theresia in ihrer Fürsorge, das überkommene Erbe ihrer Väter zu erhalten und gegen alle auswärtigen Feinde zu sichern, sich allezeit bewiesen, so groß sie in der Rettung Österreichs vor dein Untergänge gewesen, ebenso groß war bekanntlich die, wie von den ausgezeichnetsten Feldherrn so auch von den trefflichsten Staatsmännern umgebene Frau auf dem Throne für die Konsolidierung des Reiches in seinem Inneren für dessen Fortschritt auf allen Gebieten der Verwaltung, der Rechtspflege, des Unterrichtes, von Handel und Wandel u. s. w. n. s. w. dabei in Betreff Ungarns in Beachtung der Konstitution und der Gesetze des Landes das aufrechterhaltend, was von der gesetzlichen Regierungsform im Laufe der Zeit unversehrt geblieben und im Gebrauche stand, das vollziehend, was bisher unterlassen, das beseitigend, was allfällig gesetzwidriges eingeführt worden.*) Vor und nach jenen letzten Kämpfen zur Befreiung der Monarchie von den äußeren Feinden hat die Kaiserin-Königin eine Reihe von Instituten dies- und jenseits der Leitha ins Leben gerufen, die allen Teilen der heutigen österreichischungarischen Monarchie gleichmäßig zu Gute kommen. Sie errichtete die Jngenieurakademie in Wien, die Theresianische Militärakademie (in Wiener Neustadt)**), die Akademie der orientalischen Sprachen und die Theresia-nische Nitterakademie in Wien, ferner die Nitterschulen zur Thrnau und Waizen in Ungarn, zu Klanscnburg in Siebenbürgen, sie stellte die Universitütsgebände in Wien, Ofen und Klausenbnrg neu her, verlegte die ungarische Universität nach Ofen, indem sie dieselbe neu organisierte und errichtete »och andere Akademien sowie die Berg- und Forstakademie in Schemnitz gründete in Ungarn die Bistümer Nensohl, Rosenau, Zips, Stein *) Feßler Geschichte von Ungarn. V. x. 346 f. **) Die pietätvolle Reminiscenz an die hohe Gründerin in der Herstellung des NainenS Theresianische (K. und K. Militärakademie) verdankt daS treffliche Institut zur Heranbildung von Berufsoffizieren der Anregung des gegenwärtigen Konimandanten Herrn FML. Ludwig Ritter von Kosak. am Anger und Stuhlweißcnburg, in Gran eine neue Kirche u. a. m. was den öffentlichen und humanitären Interessen hüben und drüben entsprach. In der einen und anderen dieser Stiftungen aus den Tagen der großen Kaiserin-Königin wurden in unserem pietätvollen Jahrhundert bereits die hundertjährigen Erinnerungstage an diese segenvollen Gründungen Maria Theresias würdevollst begangen, so u. a. besonders glanzvoll in der Theresianischen Militärakademie zu Wiener Neustadt, wo ihr ehern Standbild Eingangs des herrlichen Parkes ein hochragend Denkmal ihrer Bedeutung für die Entwickelung unserer ruhmreichen K. und K. Armee, das ihre Vollbedeutung in der Geschichte ihrer Staaten in meisterhafter Konception und Ausführung zum würdevollsten Ausdrucke bringende Kolossaldenkmal in Wien mit den Gestalten der Generale Traun, Laudon, Daun, Hadik Nädasdy, Lach, Khevenhiller, Liechtenstein, der Staatsmänner Kaunitz und Haugwitz, des gelehrten van Swieten, die letzteren als Führer ganzer Gruppen hat angesichts der K. und K. Hofburg die hohe Pietät ihres ritterlichen Enkels, unseres kunstsinnigen Monarchen S. K. und K. Apost. Majestät Kaiser und König Franz Joseph I. geschaffen. In der K. K. Theresianischen Akademie zu Wien wurde aber vor wenigen Wochen erst — am 23. Februar d. I. — der 150 jährige Bestand dieses von der unvergeßlichen Kaiserin-Königin geschaffenen Institutes in Anwesenheit Sr. K. und K. Hoheit des Durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Ludwig Viktor, als Vertreter Sr. K. und K. Apostolischen Majestät des zur Zeit an der französischen Riviera weilenden Kaisers und Königs durch eine besonders würdevolle Feier festlich begangen. Anläßlich derselben richtete S. K. und K. Apostolische Majestät au den Kurator der Anstalt Sr. Excellenz de» Herrn Minister für Kultus und Unterricht vr. Paul Freiherrn von Gautsch nachstehendes allerhöchstes Handschreiben: Lieber Freiherr von Gautsch! Gerne erinnere ich mich der vor nunmehr 150 Jahren erfolgten Begründung der Theresianischcn Akademie, welche während der ganzen Zeit ihres Bestandes, den Intentionen ihrer erhabene» Stifterin, der Kaiserin Maria Theresia, getreu, eine Heimstätte edler Bildung und wahrer Vaterlandsliebe, zahlreiche Männer erzogen hat, die im öffentlichen Dienste sich bewährt und die ans die Anstalt gesetzten Hoffnungen vollauf erfüllt haben. Indem ich dies dankbar anerkenne, bleibt Meine Gnade und Fürsorge der Akademie erhalten. Wien, 22. Februar 1896. Franz Joseph ro. p. Nach Verlesung dieses Allerhöchsten Handschreibens drückte S. Excellenz Freiherr von Gautsch den ehrerbietigsten Dank für die Huld Seiner Majestät aus, sowie auch S. K. und K. Hoheit dem durch seinen hohen Sinir für Kunst und Wissenschaft weithin bekannten durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Ludwig Viktor. Bei der Festakademie, die außerdem durch die Anwesenheit der Minister und zahlreicher Civil- und Militär-Würdenträger ausgezeichnet war, hielt eine Festrede in ungarischer Sprache der Zögling der Akademie, Graf Bethlen, die deutsche Graf Myrbach, während andere Zöglinge in allen Sprachen der Monarchie Gedichte zum Vortrage brachten! Se. Majestät der Kaiser hat ans Anlaß des ungarischen Millenniums die Errichtung von fünfzehn ungarischen Stiftungs-Plätzen in der Theresianischcn Akademie gestattet. Die Tage Maria Theresias waren es gewesen, die den kaiserlichen Hof nicht allein aus politischen und militärischen Gründen wiederholt nach Ungarn führten, sondern oft nnd oft auch ans Gründen des gesellschaftlichen Verkehrs zum Besuche einzelner Mitglieder der ungarischen Aristokratie, wo dann auf den herrlichen, feenhaft eingerichteten Schlössern Eisenstadt, Eßterhazy, Gödöllö u. a. m. die gefeierte Königin und deren Begleitung mit gleich huldigender Loyalität, wie echt ungarischer Gastfreundschaft empfangen und aufgenommen wurden. Es ward bei solchen Anlässen ein Stolz darein gelegt, der Monarchin vor Augen zu führen, was Ungarn zu bieten imstande. Ein Engländer, welcher anfangs der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts Ungarn in der Absicht bereiste, um die ungarischen Weine zu prüfen, schreibt in den philosophischen Schriften der k. englischen Gesellschaft, — der heutigen Royal Soeiety in London, — daß ein ungarischer Magnat der Kaiserin-Königin bei einer Mahlzeit 300 Gattungen von verschiedenen inländischen Weinen zur größten Verwunderung der Monarchin vorgesetzt habe.*) Eine andere zeitgenössische Schilderung giebt uns ein Bild des Schlosses Eßterhazy, des Fürsten Eßterhazy, nahe am Neusiedler See, das eben in den Tagen Maria Theresias neu erstanden und überaus kostbar zu sehen war. Die Kaiserin-Königin, diese Sehenswürdigkeit zu besichtigen, erschien hier gar bald zur hohen Freude des fürstlichen Schloßherrn. „Was einem Fremden alsvgleich auffallen kann" — sagt unsere Quelle**) — „ist das Schloßgebäude selbst, die prächtigen Zimmer, welche königlich möbliert sind, mit ihren mannigfaltigen Seltenheiten;" besonders großartig stellen sich das obere Stockwerk, das Belvedere nnd die 8nln Mrronn, dar; eine ansehnliche Bibliothek mit über 20000 Bänden, ein *) Almanach für Ungar» 1778. p. 225. "> Ebenda p. 324 ff. kunstreiches Marionettentheater mit 30 maligen Scenenwechsel, schöner als das berühmte Nikolasche in Paris, eine Bühne für lebende Darsteller — Schauspiel und Oper — ein chinesischer Tanzsaal, Fontaine«, Bassins, ein Kaffeehaus im Garten, Sonnentcmpcl, Diancntempcl, eine Eremitage, der herrliche Park, der weitgedchnte Garten, die zahlreichen Statuen rc. w. alles vereint, bot wahrhaft märchenhaften Glanz. Dazu das Leben im Schlosse selbst, wo der Fürst eine eigene Musik-scllschaft, mit dem berühmten Joseph Haydn als Kapellmeister, deutsche und italienische Schauspieler und Operisten unterhielt, wo seine eigene, in blau und gelb prächtig uniformierte Grenadiergarde paradierte, alles in allem ein würdiges Ensemble, eine Königin bei sich zu sehen und sie würdig zu feiern. „Us olmtsaa (l'LytLrim'/)' — sagt ein französischer Tourist von 1775 — 68t 8up6rl)6 st Iss jaräins oa promsnaäss äans 1e dois 8vnt sxtrememöiit und im Anschlüsse daran erinnert derselbe Antor an den Festball und das Diner, das der Fürst am 22. Juli 1770 der Kaiserin-Königin in Kittsec bei Preßbnrg gegeben, bei welchem 50 seiner Gardisten in kostbarster Uniform aufgewartet und welches große Fest zu Ehren Maria Theresias in „magnifiqner" Weise verlaufen.*) Dem loyalen Wunsche der ungarischen Nation, die ungarischen Könige möchten zeitweise die Residenz in Ungarn nehmen, welchen in unseren Tagen S. K. u. K. Apostolische Majestät Franz Joseph I. zur jubelnden Freude des getreuen ungarischen Volkes zur That gemacht, wollte schon Maria Theresia nachkommen, ein Beweis hierfür ein Auftrag, an Stelle des in Ruinen gelegenen königlichen Palastes zu Ofen einen neuen zu bauen, wvzn auch schon am 13. Mai 1749 unter großen Feierlichkeiten der Grundstein gelegt worden. *> Itmsrairs äss routs8 Iss plus trögasiitsos. Paris 1775. p 97. v. Radi c S, Fürstinnen des Hauses Habsburg. H Wie Maria Theresia durch diesen Befehl, so hatte sie im selben Jahre noch deutlicher das innige Verhältnis zum Ausdrucke gebracht, in das sie sich persönlich zu Ungarn gerückt fühlte, indem sie den FM. Batthyanh znm Erzieher des 7jährigcn Prinzen Joseph ernannte und zum Zwecke der Einführung des Thronfolgers in die Kenntnis der ungarischen Sprache, der Verfassung und der Zustande Ungarns einen geborenen Ungar, in der Person des Piaristcn Baitay betraute. In Pres;bürg richtete Maria Theresia eine eigene Hofhaltung ein, indem sie dorthin ihren Schwiegersohn, den Herzog Albrecht von Sachse n-Teschen, der mit ihrer geliebten Tochter, der kunstsinnigen, hochedlen Erzherzogin Marie Christine, vermählt war, als Statthalter für Ungarn bestimmte. Es ward diese Hofhaltung im königlichen Schloß zu Preß-burg ein besonderes Vermittlungsglied für die Verbindung zwischen der altösterreichischen und ungarischen Aristokratie.*) Maria Theresia wies der Erzherzogin die schöne Herrschaft Alte»bürg mit dem reichen Wildbanne an Hirschen, Rehen, Wildschweinen, Fasanen zu, die einst die Königin Anna ihrem Gemahl, Kaiser Ferdinand I., zum Brautschatze mitgebracht und die seither allen ungarischen Königinnen aus dem Hause Habsburg zu teil geworden, sie wies ihr ferner das reizende Jagdschloß Halbthurn zu, wo gleichwie im Altenburger Revier nun wieder die fröhlichsten Jagdfeste abgehalten wurden. Maria Theresia selbst nahm nach dem Tode ihres geliebten „Franzl" an den weltlichen Vergnügungen nur wenig mehr Anteil, sie neigte sich mehr und mehr der stillen, frommen Betrachtung zu und die kirchlichen Übungen, die sic Wohl auch sonst nie vernachlässigt hatte, treten mehr nnd mehr in *) Wolf, Österreich unter Maria Theresia p. 341. dm Vordergrund, wie sie denn auch die Halbtraucr nie mehr abgelegt. Fünfzehn Jahre nach dein Hinscheiden des Kaisers segnete die unvergeßliche Regentin, „die edelste der deutschen Frauen," „der Stolz Österreich-Ungarns," „die Fürstin aller Fürstinnen" das Zeitliche, nachdem sic noch knrz vorher ihrem Schwiegersöhne, dem Herzog Albrecht von Sachsen-Tesche» in Betreff Ungarns die Worte zugeschrieben: „Ich freue mich, daß dieses Land jetzt glücklicher ist, als es früher war, ich bin eine gute Ungarin, mein Herz ist von Dank für dieses Volk erfüllt."") lind am Vortage ihres Scheidens unterzeichnete sie außer dem Dankschreiben an ihren berühmten Minister Kaunitz auch das an den Kanzler Ungarns, den Grafen Eßterhazy, worin sie diesem auftrug, in ihrem Namen dem ungarischen Volke für alle ihr bewiesene Anhänglichkeit und Treue und und für die ihr in der Not geleistete Hilfe zu danken und der edlen Nation die Erwartung auszusprechen, daß sie dasselbe, was sie für sic, die Kaiserin-Königin gethan, auch für ihren Sohn und Nachfolger Joseph II. thun werde. Am 29. November 1780, abends ^ g Uhr, beschloß Maria Theresia ihr mildeS und gerechtes Leben, im Alter von 63 Jahren und 6 Monaten zur unermeßlichen Trauer ihrer Familie, des Hofes und aller ihrer Völker! Die Kundgebungen der Völker-Trauer beim Hinscheiden der unvergeßlichen Fürstin, der „Wiedcrherstellerin Österreichs", wie sie durch die Schrift auf die Nachwelt kamen, sie bilden eine eigene Litteratur für sich und in dieser stehen in erster Reihe die Kundgebungen ans Ungarn, die Trauerreden eines Molnär, Ribinpi, Pallpa n. a., das lauteste und beredteste Echo des allgemeinen Schmerzes des ungarischen Volkes um seinen großen „König" Maria Theresia! *) Wolf, Hofleben Maria Theresias, p. 358. Ein hervorragender ungarischer Historiker unserer Tage*) sagt aber ebenso concis als prägnant: „Die vierzigjährige Regierung Maria Theresias ist einer der merkwürdigsten Abschnitte der Geschichte Ungarns, denn ein neuer besserer Geist durchdrang die Staatsverwaltung und eine ausfallende Umwandlung' der Gesinnungen und Sitten, besonders der höheren Volksklasse», ging vor sich!" "i Feßler, Geschichte von Ungarn. V. p. 429. Die Kaiserinnen-Königinnen Maria Theresia, Maria Luöovica NNd Karolina Augusta d^achdem Kronprinz Franz, der nachherige Kaiser Franz I. am 19. September 1790 die Prinzessin Maria Theresia, Tochter Ferdinand IV. Königs beider Sicilien und der Königin Karvline, als seine zweite Gemahlin heimgeführt, begleitete er im November desselben Jahres seinen Vater Kaiser Leopold II. zur Krönung nach Preßburg, „deren Feierlichkeiten er in einem von ihm geführten „Krönungs-jvnrnal" von anno 1790 sehr lebendig schilderte und dabei selbst die Nationaltänze der ungarischen Landlcnte in beinahe plastischer Weise darzustellen wußte." Am 1. März 1792 war dann Kaiser Leopold II. dahingeschieden und am 6. Juni desselben Jahres ließ sich Kaiser-Franz zu Ofen zum Könige von Ungarn krönen. Zwei Tage später -- 8. Juni — ward nach dem herkömmlichen Ceremoniell auch seine Gemahlin Maria Theresia mit der Krone des Hl. Stephan zurKönigin von Ungarn gekrönt. Doch schon nach wenigen Jahren (1807, 13. April) entschlummerte diese für alles Edle und Gnte warmfühlende Fürstin, eine Beschützerin und Freundin der Künste, die hohe Frau, die voll Liebe für die guten und treuen Völker Österreich-Ungarns gewesen, im 35. Lebensjahre. Am 6. Januar 1808 vermählte sich Kaiser Franz zum dritten Male, mit Maria Ludovilra Beatrix, Tochter des Erzher- zog Ferdinand nnd der Erbprinzessin Beatrix von Este und am 7. September desselben Jahres fand die Krönung dieser schönen und geistvollen Fürstin, welche Altmeister Goethe bekanntlich so hoch im Liede gefeiert, zur Königin von Ungarn, zu Preßbnrg statt. Da der versammelte Landtag sofort nach den solennen Krönungsfeierlichkeiten in loyalster Weise die Verhandlungen über die Verteidigung des durch Frankreich gefährdeten Gesamtvaterlandes vornahm nnd sich in Gewährung von Gut und Blut auf das willfährigste erwies, so konnte der Kaiser nnd König in seiner Schlußrede — am 5. November — mit Recht sagen: „Wir waren vereinigt, wir sind vereinigt und werden vereinigt bleiben, bis der Tod uns trennt." Und die huldvolle Kaiserin-Königin Maria Lndovika, welche die Summe von 50,000 fl. von dem Krönungsgeschenke als Beitrag für die auf demselben Landtage zur Gründung beschlossene und sodann nach ihrem hohen Namen benannte Militär-Akademie „U>ncloviosa" gespendet hatte, beantwortete die Ansprache des Erzherzog-Primas mit den kurzen aber so schönen Worten: „Der Aufenthalt, den Wir in der Mitte der Herren Reichsstände zubrachten, gewährte Uns aufrichtiges Vergnügen und zwar umsomehr, da Wir Zeuge der Verehrung waren, die Sie für Unseren Durchlauchtigsten Gemahl an den Tag legten. Wir lernten daraus die Ungarn näher kennen, deren Königin zu sein Wir jederzeit mit huldreichen Herzen Uns erinnern werden."*) In dem Zeitraum der Landtagsverhandlnngen hatten die Magnaten Ungarns gcwetteifert, dem anwesenden Königspaare den Aufenthalt im Reiche der Hl. Stephanskrone so angenehm als möglich zu gestalten, so gab u. a. der ungarische Hof-kanzler Graf Joseph Erdödy ans seinem Jagdschlösse Erdöhaz am 11. Oktober eine große Jagd und im Anschlüsse daran andere Unterhaltungen, welche dnrch die Anwesenheit der Majestäten ausgezeichnet waren.*) Nach achtjähriger Ehe verlor Kaiser Franz diese seine dritte Gemahlin, die ein unheilbares Lungenleiden in der Blüte ihres Alters — im 28. Lebensjahre — an: 7. April 1816 dahingerafft. „Es war — sagt Heinrich Düntzer — eine der wunderbarsten Frauen, von frischester, aus dem Herzen fließender Heiterkeit, glühender Lebenslust, innigem Wohlwollen, lichter Geistesklarheit und hold erhebender Würde."**) Kaiserin Knroliim Hugnsta, Tochter des Königs Max Josef und der Königin Marie Wilhelmine Auguste von Bayern, in der Österreich-Ungarns Monarch nach Beendigung der drangvollen Zeiten dnrch die Franzvsenkriege und die finanzielle Staatsnot in die Burg seiner Väter als vierte Gemahlin „ein liebes Weib" — des Kaisers eigene im gemütlichen Wiener Tone gebrauchten Worte — hatte einziehen sehen, die junge Kaiserin, sie begeisterte durch ihr liebevolles, herzensgutes Wcseu wie alle unter dem gerechten Kaiser vereinten Völker auch das edle Ungarvvlk gleich bei ihrem ersten Erscheinen in dessen Mitte. War ihre Vermählung zu Wien (1816, 10. November) mit großer Prachtentfaltung gefeiert worden, so war nicht minder glänzend das Fest ihrer Krönung zu Prcßbnrg am 25. September 1825. Wenige Tage vor der Abreise der Majestäten aus Wien nach Ungarn hatte „die Mutter der Armen und Bedrängten," als die sich Karolina Augnsta vom Eintritte in Österreich bis an ihr Lebensende unentwegt bethätigte, eine arme Frau, ") ibüi. p. 5191. ") Goethes Verehrung der Kaiserin von Oesterreich, Maria Ludo-vika Beatrix von Este. Köln n. Leipzig 1885. p. 107. die, als Bittstellerin beim Monarchen erschienen, im Vorgemache des kaiserlichen Audienzsaales von ihrer Niederkunft überrascht wurde, und dann über Auftrag des gnädigsten Kaisers zu weiterer Pflege in einem Zimmer der Hofbnrg untergebracht worden in echt kaiserlicher Art mit dem reichlichen Geschenke Non 50 Dukaten bedacht.*) Dieser edle Herzenszng des „guten Genius ihres Volkes" war außer anderen edlen Thaten der Kaiserin auch jenseits der Leitha bekannt geworden und hatten ihr vorweg drüben im Reiche der heiligen Stephanskrvne die Sympathien aller guten Menschen rasch gewonnen. Großartig waren schon die Vorbereitungen gewesen, die nian in der Krönnngsstadt Preßburg getroffen, alles aber überragte an Pracht und Schönheit der Einzug der Majestäten und die daran gereihten Festlichkeiten der Krönung selbst. Ein Bericht der „Augsburger Allgenieinen Zeitung" vom 18. September 1826 meldet aus Ungarn unterm 1. des genannten Monats: „Wir leben und weben jetzt hier in einem Taumel, der sich nicht beschreiben läßt, alles jauchzt den frohen Tagen, die da kommen werden, jubelnd entgegen; die Veranstaltungen zu den Festlichkeiten sind in der That für unsere Stadt beispiellos." Die Straßen wurden neu gepflastert, stellenweise mit Trottoirs, — die ein Wiener Meister stellte — und mit neuer Beleuchtung versehen, das Theater wurde durch einen Wiener Architekten auf daS Prächtigste hergerichtet, zur Unterbringung der Marställe (des Hofes und der Magnaten) je ein Pferdestall für 1000 Pferde hergestellt. Vor allem aber fesselte die Blicke der vielen Tausende, die herbeigeströmt kamen, Zeugen der Festlichkeiten zu sein, die herrliche vom k. k. Pontonierkorps errichtete Schiffsbrücke über die Donau aus zweinnddreißig aneinander gereihten Schiffen bestehend, die cun Schiffskörper mit den kaiserlichen Farbe», an dem Geländer in den Nationalfarben weiß-grüu-rvt bemalt erschienen nnd an deren Einfahrt dies- und jenseits zwei hohe Masten ragten, deren Spitzen kaiserliche Wimpel zierten, das Ganze einen imposanten Anblick gewährend. Für die Volksbelustigungen war ein Cirkus der damals so beliebten Gesellschaft Stephanie, ein Panorama (von St. Petersburg) nnd eine Menagerie engagiert worden. Am 11. September reisten die Majestäten von Wien nach Schloßhof, wohin sich am 16. eine Deputation der Stünde-versammlnng aus Preßburg begab, um den Kaiser und die Kaiserin zu bewillkommnen nnd in die Krönungsstadt zu laden. Der Deputation zu Ehren war große Tafel in Schloßhof, während derselben erschienen die Majestäten in ungarischer Nationaltracht, worauf sich die gauze Versammlung erhob und in ein nicht zu beschreibendes Vivat-rufeu ausbrach. Zwei Tage später (17. September nachmittags), erfolgte, begünstigt von dem schönsten Wetter, der feierliche Einzug, der Majestäten in Preßburg nnd auf der Wiese vor der Sommer-Residenz des Fürstprimas in einem eigens hergerichteten Zelte der erste Empfang durch die in großer Gala versammelten Magnaten. Sobald die Majestäten abgestiegen waren, hatte die Musikkapelle des k. k.Kürassierrcgimentcs Franz von Modena Haydns weihevolle Volkshymne: „Gott erhalte Franz den Kaiser" angestimmt, die wie der Berichterstatter der „Allgemeinen Zeitung" betont, vom Volke mit freudiger Rührung aufgenommen wurde. Nach erfolgter Begrüßung durch die Magnaten setzte sich der prachtvolle Festzug in Bewegung, voran die Erzbischöfe und Bischöfe, dann die Magnaten „in halb orientalischer Tracht" und in anßervrdcntlichcr Gala — der Palatin Erz- Herzog Joseph in deren Mitte — nnter den Magnaten glänzten besonders die Grafen Orczh und A. Bathianyi, „bei deren Anblick jedermann in freudiges Erstaunen geriet." Unmittelbar nach den Magnaten folgten die Majestäten im offenen von acht Prächtigen Pferden gezogenen Staatswagen — zu seiten Erzherzog Ferdinand von Este als kommandierender General in Ungarn, — der Kaiser trug die ungarische Generalsuniform, die Kaiserin reiches ungarisches Kostüm; Einwohner und Fremde fühlten sich durch die Freundlichkeit und Güte bezaubert, welche den Majestäten so eigen. Die in besonderem Glanze erstrahlende Sonne krönte das prachtvolle Fest. „Der Glanz der Diamanten, des Goldes und des Silbers — sagt der Berichterstatter der „Allgemeinen Zeitung"—„spiegelte sich in der Sonne ans magische Weise und riß alles zum Erstaunen und Entzücken hin. Die Galaequipagen unserer Magnaten waren mit Silber ganz bedeckt und alle mit einer großen Anzahl von Silber strotzender Diener umgeben. Fürst Eßterhazy zeichnete sich auch hierin besonders aus, sein Wagen war von 56 Hausvffizieren begleitet und dem Wagen des Fürstprimas ritt sein Hauskaplan mit dem Kreuze voran lind 26 Hausoffiziere folgten." Der „Oesterreichische Beobachter"*) bekanntlich das Organ der Staatskanzlei, des Fürsten Metternich, sagt über diesen Einzug der Majestäten wörtlich: „Wir dürfen nicht unbemerkt lassen, daß die Würde dieser Feierlichkeit ganz Vorzüglich durch den edlen Anstand, welcher dem ungarischen Adel eigentümlich ist, und durch die für jeden Fremden insbesonders auffallend in Anzug und Haltung sich aussprechende Nationalität erhöht wurde." Die Tage vom 18. bis 25. September, dem Tage der Krönung selbst, waren mit Reichstagssitznngen und Über- ') 1825, 20. September. tragung der Krone ausgefüllt. Die Thronrede, welche Kaiser Franz vor den Ständen hielt, wurde von diesen an mehreren Stellen durch stürmische Zurufe unterbrochen, namentlich bei den Stellen, wo der Kaiser die treuen Leistungen der Ungarn in den Kriegsjahren, die beharrliche Anhänglichkeit an die Verfassung und seinen Wunsch, diese gesichert den Nachkommen zu überliefern, hervorhob. Es herrschte nach Beendigung derselben nur eine Stimme, die des Vergleiches mit dein Gefühle, welches die ungarische Nation all dem Tage belebt hatte, als Maria Theresia ihren Sohn dem Volke vorgezeigt.*) Und Fürst Metternich schrieb in einem Briefe vom 28. September an Gentz: Die väterliche Stellung, welche der Kaiser in der Thronrede angenommen, hat die Stände mehr als überrascht und wie es in solchen Tagen geht, sehr geschwinde enthusiasmiert.**) Franzens guter Genius Karo-lina Augusta weilte an seiner Seite und hegte und pflegte die ihm eigene Liebe zu seinen Völkern. Am 25. September war der Tag der Krönung, die in der herkömmlichen Weise unter außerordentlichem Pompe und unter grenzenlosem Jubel der Ungarn vor sich ging. „Die Pracht der mit Edelsteinen, Gold und Silber bedeckten Magnaten und ihrer Dienerschaft" — sagt der Berichterstatter der „Allgem. Zeitung" — „läßt sich nicht beschreiben so wenig als die fromme Andacht der Königin vom Anfange der heiligen Handlung bis zu deren Ende. Im Schiffe der Kirche prangten die unübertroffenen Tapeten (Gobelins) des kaiserlichen Hofes mit den Schildereien aus der biblischen und der älteren österreichischen Geschichte, vorzüglich aber in die *) Allgemeine Zeitung 1825, 28. September. *') AuS Metternichs hinterlassenen Papieren. Herausgegeben von dem Sohne des StaatSkanzlerS Fürsten Richard Metternich-Wineburg, Wien 1881, II. T. II. Bd. p. 191. Augen füllend hatte man die Siegesthaten Karls von Lothringen gestellt, deren Schauplatz größtenteils Ungarn gewesen, die also auch besonders das Interesse der Nation in Anspruch zu nehmen sich eigneten." Einen gewaltigen Eindruck machte auf die Anwesenden der ans der Haltung der Kaiserin-Königin leuchtende Beweis reinster ehelicher Glückseligkeit, wie sic sich in dem unmerklichsten und doch so unendlich ausdrucksvollen! Lächeln äußerte, so oft Karolina Augusta am Throne des Kaisers vorüberkam. Nach der dem Akte der Krönung gefolgten Ceremonien-tafel begaben sich die Majestäten, die Erzherzoge und Erzherzoginnen in den Saal des Kasinos, wo 800 Magnaten und Edelleute bewirtet wurden, welcher Tafel auch der Fürst Johann Liechtenstein beiwohnte. Die Stadtbeleuchtnng am Abende des Krönungstages war eine brillante und erregte vornehmlich die vor der Sommerresideuz des Primas ragende Säule mit der Nachbildung der ungarischen Krone an der Spitze die allgemeinste Bewunderung. Dem Fürsten Metternich der hier Gelegenheit gefunden mit dem „größten Ungar" Grafen Szechcnyi nahe zu verkehren sowie dem in Wien accreditierten königl. bayerischen Minister von Steinlein verliehen die Magnaten das Jn-digcnat des Königreiches Ungarn. Der Deputation der Stände, welche zur Namenstagsgratu-lativu für den Kaiser bei Hofe erschien und derK aiscrin-Königin zugleich dasKrönungsgeschenk überreichte nntworteteKarv-liua Augusta in lateinischer Sprache und schloß mit den Worten: „Durch die heilige Ncichskrvne mit der ungarische» Nation noch enger verbunden, wünsche ich aufs Feurigste, daß diese mir so teure Nation, von dem Scepter ihres gütigsten Königs geschirmt, die erwünschtesten Früchte ihrer Treue und Anhänglichkeit ernten und daß ihr Ruhm und ihre Wohlfahrt Jahrhunderte hindurch dauern mögen."*) Das Krönungsgeschenk von 50,000 Dukaten wurde aber von der hochsinnigen edlen Kaiserin-Königin zu wohlthätigen und gemeinnützigen Zwecken in Ungarn verwendet. Der Palast, der in diesen Tagen eine Wohnung der Zufriedenheit und der Freude gewesen, sollte aber gar bald ein Haus der Bestürzung und der Trauer werden, denn nach wenigen Tage» langte die Nachricht von dem erfolgten Hinscheiden des Vaters der Kaiserin-Königin, des Königs Max Joseph von Bayern in Preßburg ein, der am 13. Oktober plötzlich das Zeitliche gesegnet; zuerst teilte der Kaiser die tieferschütternde Kunde dem Erzherzoge Franz Karl und erst später der Kaiserin und der Erzherzogin Sophie mit, die sich nun dem tiefsten Schmerze Hingaben. Dem sodann in der Kapelle des Primatialpalastes vom Fürstprimas unter Assistenz mehrerer Bischöfe eelebrierten Scelenamte wohnten die Majestäten und die in Preßburg eben anwesenden Mitglieder der kaiserlichen Familie bei. Wenige Tage später erkrankte Kaiser Franz und es konnten die Majestäten erst am 16. November wieder in der Residenzstadt Wien eintreffen. Kaiserin-Königin Karolina Augusta, die Zeit ihres Lebens sich im Wohlthun schier erschöpfte — schritt doch kein Hilfesuchender ohne Trost und Unterstützung von der Schwelle ihrer Gemächer — hat in der Verteilung der Spenden keinen Unterschied gekannt zwischen Angehörigen dieses oder jenes Volksstammcs im weiten Reiche ihres kaiserlichen Gemahls und seiner Nachfolger in der Regierung. „Die Kaiserin Mutter", wie der Volksmund die hohe Frau auch dann noch nannte, als ihr Stiefsohn Kaiser Ferdinand I. die Regierung zu Gunsten Sr. kaiserl. und königl. apostolischen Majestät unseres glorreich regierenden Kaisers und Herrn Franz Joseph I. niedergelegt hatte, sie hat die langen Jahre, die ihr der Allmächtige hienieden segenspendend zu wandeln gegönnt durch eine Reihe zum Besten der Menschheit bestimmter wohlthätiger Stiftungen benutzt. So gründete die Kaiserin-Königin Karolina Augusta n. a. auch die noch jetzt blühende und unter dem Allerhöchsten Protektorate Ihrer Majestät der Kaiserin-Königin Elisabeth stehende „Karolinenstiftung" für Unteroffizierstöchter zu Wien, ein von den Schulschwestern trefflich geführtes Erziehungsinstitut, das allen in der k. und k. Armee vereinten Völkerschaften Oesterreich-Ungarns zn Gute kommt. Kaiserin-Königin Karolina Augusta beschloß ihr wahrhaft frommes durch Milde und Wohlwollen ausgezeichnetes Erdenwallen am 9. Februar 1873, nachdem sie noch in den letzten Lebensstunden die Worte geflüstert: „Ach, wer wird nun für meine Armen sorgen." Der Nachruf der kaiserlichen Wiener Zeitung aus der Feder des damaligen Oberstkümmerers Grafen Follivt Crenville bezeichnet sie als „das Vorbild einer christlichen hingebenden Gattin, die ebenso die Pflichten einer Kaiserin als die einer Mutter der Familie und des Landes in schweren, wie in glücklichen Zeiten erfüllt hat." Kaiserin-Königin Llisaöeth und die Frauen Erzherzoginnen in Ungarn. Radics, Fürstinnen des Hauses HabSdiirg. 12 „Die Anmut auf dem Throne." Anastasius Grün. Z2 Uhr endlich waren auch die übrigen Teile des Zuges auf den Platz v. Rad ick, Fürstinnen des Hauses Habsbnrg. iz zurückgelangt, die Erzherzoge, kaiserlichen Hoheiten, in ihren Parade-Gencralsnniforinen, die Bischöfe nnd Erzbischöfe ans prachtvollen, wunderbar geschirrten Zeltern, die weißen, goldig-glänzenden Mitren ans dein Haupte, die weiten weißen, gelben nnd violetten golddnrchwirkten Mäntel lang hinabwallend über die Kruppe der Pferde, dazu die Bannerträger der Komitate, die Minister in voller Gala, auch Freiherr von Beust im Uniform-Frack, Brust und Schöße mit Goldstickerei ganz bedeckt, die weißen Beinkleider mit breiten Goldstreifen, um den Hals eine große Ordenskette gleichfalls hoch zu Roß; sie alle postierten sich in Gruppen um den Hügel her. Und von den Gruppen ab detachierte sich urplötzlich ein Reiter auf schneeweißem Roß. Ungeheurer Jubel des Volke erschütterte die Luft; der Reiter wandte das Roß gegen den Hügel hin, Mähne und Schweif des edlen Tieres wallten reich zurück in der raschen Bewegung, goldig flutete die lang hinabreichende Decke des Rosses nach. Und hinan sprengte der Reiter die steile Höhe. Hoch über dem ganzen Platze, über dem ganzen Gewühl von Gold und Sammet, von Seide und Atlas, von Reiherbüschen nnd stolzen Ritterhelmen überall die irdische Größe unter ihm, hoch erhaben stand er da. Das Gold seines Mantels schimmerte mild am blaugrauen Himmel, die Krone Ungarns funkelte auf seinem Haupte nnd aus der Scheide ließ er schwirren das breite Schwert des Hl. Stephan. Hoch blitzte es auf in seiner erhobenen Faust und der gesalbte Arm führte mit männlicher Kraft die vier Hiebe nach den vier Gegenden der Welt. Und nun kannte die Begeisterung des Volkes keine Grenzen mehr. Ununterbrochen dröhnten die stürmischen Eljenrnfe dem geliebten Monarchen zu. Es schien, als könnte die Menge nicht müde werden, ihm Heil! Heil! zuzurufen, denn lange schon war der König den Hügel wieder hinabgeritten, (abermals auf der Seite gegen daK Lloydgebäude hin) lange schon hatte er die Kettenbrücke wieder passiert und ritt den Festungsberg hinan, als die Donner der begeisterten Zurufe ihm noch unvermindert, ungeschwächt nachhallten. Zuletzt konnte sich die Menge gar nicht mehr bemustern, der Drang, den Monarchen noch einmal zu sehen, siegte über die musterhafte Manneszucht, welche ohne jede energische Ermahnung bisher fortwährend geherrscht hatte und als das Volk sah, daß einige Offiziere und Magnaten den Krönungshügel hinaneilten, durchbrach es mit einem Male die Spaliere, nahm den Hügel und sandte von der Höhe desselben die letzten Grüße dem allgefeierten geliebten Könige Franz Joseph nach. Das symbolische Krönungsmahl verlief nach der im Ceremoniell vorgesehenen Weise. Nach erfolgter Meldung von seiten des Obersthvfmeisters verfügten sich Ihre Majestäten in den Saal, wo sodann das Mahl serviert wurde. Die Speisen blieben jedoch völlig unberührt, und nur vom Weine genoß das Königspaar. Seine Majestät der König erhob sich, den gefüllten Pokal in der Hand und brachte mit den Worten: „Lljen n llnrn!* ein Hoch dem Vaterlande dar. Die Speisen wurden dreimal gewechselt. Die beiden ersten Male durch eine Deputation der beiden Häuser des Reichstages, das dritte Mal durch die Truchsesse. Im Saale waren drei Logen errichtet, die eine für das diplomatische Corps, die mittlere für die Prinzen des kaiserlichen Hauses und eine dritte für die nicht Dienst thuenden Hofdamen. Zu „goldenen Rittern" erhielten von S. Majestät dem Kaiser und König Franz Joseph I. mit dem Stephansschwcrtc unter Assistenz des Grafen Festetics und des Herrn von Mailath den Ritterschlag die adeligen Herren: Vincenz von Almassy, Geiza Baron Apor, Georg Graf Banffy, Andreas Graf Eßtcrhazy, Timotheus von Fridetzky, Landtagsdepntierter, Augustin von Hußar, Kolvman von Kardos, Landtagsdcpu- 13* tierter, Albin von LatuwvicS, k. k. Kümmerer, Alexander Graf Lazansky, Dionys Baron Mednyanski, k. k. Kämmerer, Stephan von Melczer, von Kelemes, geh. Rat nnd k. Personal, Kvlvman Graf Nakv, k. k. Kümmerer, Johann Nemeth von Demeter, Grundbesitzer, Eugen Baron Nyary, k. k. Kümmerer, Gabriel Graf Pejacsevics, k. k. Kümmerer, Alexander von Revitzky Hofsekretür, Ludwig von Semsey, k. k. Kümmerer, Bernhard Szitanyi von Szitan Landtagsabgeordneter, Alexander Graf Teleki, Ladislaus von Torkos, Ministerialsekretär, Johann von Victoris, Landtagsdeputierter, Jakob von Vvjnics, Grundbesitzer. Ein prachtvolles Gemälde, im Besitze der Kaiserin-Königin, das die Repräsentationsräume der eben durch die Gnade S. Majestät in bedeutender Erweiterung befindlichen stolzen Königsbnrg zu Ofen schmückt, verewigt den Moment der Kirchenfeierlichkeit und entzückt den Beschauer durch die stimmungsvolle Darstellung, durch das herrliche Kolorit, die historische Treue nnd namentlich die hohe Porträtähnlichkeit der erhabenen Majestäten nnd der an dem Hl. Akte zunächst beteiligten Funktionäre. Besonders lebendig ist die Gestalt des das Eljen auf das gekrönte Herrscherpaar ausbringenden Ministerpräsidenten nnd Palatins-Stellvertreter, Grafen Andrassy dargestellt. Bei der Betrachtung dieses Bildes werden wir daran gemahnt die schönen Verse in einem Gedichte Petöfys auf die eben gekrönte Königin anzuwenden, Das; Du bezauberst wer sieht Deine Wohlgestalt Dasi jeder Ungar Dir Dein Herz zum Aufenthalt Darbeut für alle Zeit. Ihre Majestät die Kaiserin-Königin hat die Silbcrstvff-robe und den Schleier, welchen sie bei der Krönnng getragen dem Weszprimcr Bischöfe übergeben, damit er, als dem alten Herkommen gemäß ganz besonders beteiligter Funktionär bei der Krönung der Königinnen von Ungarn, diese Gegenstände im Dome zn Weszprim zum ewigen Andenken aufbewahre. Am 12. Juni empfing der Kaiser und König die Deputation der Magnaten- und Deputiertentafel zur Entgegennahme des allerunterthänigsten Dankes für die anläßlich der Krönung ausgesprochene Amnestie, die den im Auslande weilenden Verbannten unter der Bedingung des Treugelöbnisses für den gekrönten König die Rückkehr in die Heimat ermöglichte, sowie für die großmütige Widmung des Krönungsgeschenkes der Nation das, im Betrage von 50000 Stück Dukaten, S. Majestät in Seinem und im Namen der Kniserin-Königin zur Gründung einer „Honvedstiftung" für Witwen und Waisen der Aufständischen von 1848 und 1849 und zur Versorgung der Invaliden der damaligen ungarischen Armee bestimmte. Am selben Abende erfolgte die Abreise der Majestäten und der übrigen Mitglieder des allcrh. Kaiserhauses nach Wien; Ihre Majestät war durch den auch im Momente des Abschiedes zum allgemeinen Ausdrucke gelangten Enthusiasmus der Bevölkerung zu Thränen gerührt. Die Stände von Ungarn hatten ihrem Königspaare das prächtige Schloß Gödöllö bei Pest zum Krönungsgescheuke gemacht, der Kaiser und die Kaiserin, die nun fast alljährlich diesen herrlichen Besitz zu längerem oder kürzeren Aufenthalte wählen, sind auch hier zu den größten Wohlthätern der ganzen Umgegend geworden und man erzählt auch von hier so manche Beispiele von Königsgüte und Volkesliebe, von der bekannten herzlichen Leutseligkeit, mit der die Majestäten auch hier mit dem Niedersten aus dem Volke zu verkehren Pflegen, von der originellen Weise, wie sich Bäuerlein und Bäuerin den in der Umgebung des Schlosses wandelnden allerh. Herrschaften zutraulich nahen und oft erst nach der Entfernung des Königs oder der Königin ahnend inne werden, wer sich so lieb zu ihnen herabgelassen, so herzengewinnend zu ihnen gesprochen. In dem schönen, in den letzten Dezennien mehrfachen Veränderungen unterzogenen, anheimelnden Schlosse sind die Appartements von Kaiser und Kaiserin in jenem vornehm einfachen Stile eingerichtet, der alle Entitäten des kaiserlichen Hofes auszeichnet. In dem Hofraume der Stallgebüude hat der bekannte Wiener Tiermaler Wilhelm Richter die Rückkehr der Kaiserin von einem Ausritte (1873) ins Auge gefaßt, und ein Genrebild von vollendeter Schöne geschaffen, das mit meisterhaftem Pinsel den Moment festhält, da Ihre Majestät dem Schlosse zuschreitend ihrem Lieblingspferde Brot reicht, während ringsum von den Bediensteten andere Pferde, eines prächtiger und schöner als das andere, am Zügel gehalten werden. Die weiten herrlichen Forste von Gödöllö sie sahen, seitdem die Majestäten mit Vorliebe auf diesem Lustschlosse weilen, große Jagdfeste sich entwickeln und namentlich zählten die Fuchsjagden daselbst durch Jahre hin zu den vornehm-lichsten Vergnügungen des Hofes. In den letzten Jahren aber werden bekanntlich von Ihrer Majestät der Kaiserin-Königin die meist stundenlangen Fußtouren in den Wäldern der Umgebung von Gödöllö vorgezogen. Aber nicht allein Schloß Gödöllö ward seit der Krönung von den Majestäten mit Vorliebe aufgesucht, auch die Königsburg zu Ofen, wird seitdem oft und oft zum allerh. Hoflager gewählt, wo Ungarns Sprache und Litteratur durch die besondere Neigung der geistvollen kunstsinnigen Kaiserin-Königin für dieselbe seither gar mächtige Förderung erfuhr und wiederholt auch Ungarns weltbekannter Dicher Maurus Jökaj Worte huldvollster Anerkennung der Majestäten gefunden. Am 22. April 1868 war der für Ungarn so hochwichtige Eine Fuchsjagd der Majestäten Franz Joseph I. und Elisabeth in GddvNö. Ans dem Werke: „Die Österr.-ling. Monarchie in Wort und Bild". Tag, an welchem der Himmel dem gekrönten Herrscherpaare die jüngste Tochter schenkte, die geliebte Erzherzogin Marie Valerie und der Geburtsort war — die Königsburg in Ofen; nach drei Jahrhunderten wieder ein Sprößling regierender Majestäten ans dem Hause Habsbnrg auf ungarischen Boden geboren! Als die Prinzessin heranwuchs sollte denn auch ein Ungar der Erzieher dieses geistvollen Fürsteukindes werden, das heute gleich der kaiserlichen Mutter eine hohe Verehrerin Heinrich Heines, ihrem gleich lieben Schriftsteller Viktor Scheffel aus dem reichen Borne ihres hohen poetischen Sinnes innigempfundene Klänge als „Dank an Scheffel" gewidmet hat und zur Patronesse des „Scheffelbnndes" geworden. Der zum Amte eines Erziehers der durchlauchtigsten Frau Erzherzogin Marie Valerie ausersehen gewesene Ungar war der gelehrte Bischof Ronay in Preßburg. Im Jahre 1872 — so lesen wir im „Buche unserer Kaisertochter"*) — war er in Salzburg von der Kaiserin in Audienz empfangen worden, welcher er seine Ansichten über Erziehung entwickelte. Als er wenige Monate später abermals zur Monarchin berufen wurde, sagte ihm die hohe Frau u. a.: „Ich will nicht das bisherige System befolgen und die Erziehung, sowie den Unterricht meiner Tochter nicht vielen Lehrern anvertrauen, sondern nur einem, und dazu habe ich Sie ausersehen. Sie billigen diesen Erziehungsplan, ich erinnere mich noch der Äußerungen, die Sie in Salzburg gethan haben. Es werden bei Marie Valerie englische, französische, deutsche Frauen sein, aber mit der Erziehung und dem Unterrichte will ich Sie betrauen. Ich wünsche, daß der Unterricht in ungarischer Sprache geführt werde, namentlich der Religionsunterricht. Ich bete mit meinem Kinde täglich ') Von H. Penn, Brünn 1889. x. 3 ff. ungarisch. Wir alle haben im Leben die Tröstungen der Religion sehr nötig." Ronay führte den Unterricht vom Jahre 1876 bis 1883 fort; in jedem Jahre erteilte er an 400 Unterrichtsstunden. Die Kaiserin folgte mit lebhaftestem Interesse den Fortschritten ihrer Tochter und erschien täglich in der Kammer der Erzherzogin, wo sie das Frühstück nahm und dem Unterrichte beiwohnte. Aber auch der kaiserliche Vater überwachte mit großer Sorge die Erziehung und den Unterricht seiner Tochter. Bischof Ronay erzählt in seinem Memoirenwerke, daß der Monarch häufig die Lehrstunden der kleinen Prinzessin besucht, sich selbst von ihren Fortschritten überzeugt und mit wahrhaft väterlicher Freude ihren klugen Antworten gelauscht habe. Ronay rühmt seiner Schülerin eine überaus rasche und leichte Darstellungsgabe nach; schon in den ersten Lebensjahren bekundete sich ihr munterer Geist, ihre rege Schaffensfreudigkeit. Sic lernte leicht und schnell, und ihr Lehrer versicherte, daß sie mit zehn Jahren bereits eine Fassungskraft bekundete, die oft vierzehnjährigen Mädchen kaum zu eigen ist. Ronays Enthebung vom Amte des Erziehers der Erzherzogin erfolgte am 29. Mai 1883 unter großen Auszeichnungen. Mit rührender dankender Anhänglichkeit gedachte die erlauchte Schülerin allzeit der Wirksamkeit ihres ehemaligen Lehrers. Sowohl die hohe kaiserliche Frau wie auch Erzherzogin Marie Valerie standen in einem ununterbrochenen Briefwechsel mit Ronay und ließen keine Gelegenheit vorübergehen, ohne ihm die schmeichelhaftesten Aufmerksamkeiten zu erweisen. Sehr oft, wenn die allerhöchsten Herrschaften Preßburg passierten, wurde Ronay hiervon telegraphisch verständigt und ersucht auf dem Bahnhöfe zu erscheinen. Als Bischof Ronay einmal schwer erkrankt war, ließ Ihre Majestät den Hofzug halten und fuhr, begleitet von der Erzherzogin Marie Valerie, in einem Fiaker zu Nonay, bei dem sie nun über eine Stunde ver- weilten. Als sich der Zustand des Kranken verschlimmerte, wurden brieflich oder telegraphisch Erkundigungen über sein Befinden eingezogen. Die Wohnung Ronays in der Kapitelgasse zu Preßburg war ein wahres Tusculum, angefüllt mit vielen sinnreichen und kostbaren Andenken, Zeugen des Wohlwollens, welches Ronah seitens der allerh. Familie entgegengebracht wurde; unter diesen Andenken auch der mehrere Seiten lange Brief der Erzherzogin in ungarischer Sprache, unterzeichnet: „Ihre dankbare Schülerin Valerie." Am 19. März 1889 erhielt Ronap als letztes derartiges Liebeszeichen eine mit einer eigenhändigen Widmung versehene Photographie, welche die Erzherzogin Marie Valerie mit ihrem erlauchten Bräutigam und gegenwärtigen innigst-geliebten Gemahl dem Erzherzog Franz Salvator darstellte. Bekanntlich ging bald darauf Bischof Rouay mit Tod ab; es sollte ihm nicht mehr gegönnt sein, die Vermählung seiner erlauchten Schülerin zu erleben, die am 3l. Juli 1890 in Ischl stattgefunden. Wie des Erziehers, so blieb Erzherzogin Marie Valerie immer auch ihrer Milchschwester der Mariska Juhasz aus Aszod wohl eingedenk und erwies sich ihr stets freundlich geneigt, insbesonders als die Nachricht von deren Verlobung zu ihrer Kenntnis gekommen. Auf die ziemlich originelle Zuschrift Mariskas kam dann nach Aßod von der liebenswürdigen Erzherzogin Marie Balerie ein herziger Glückwunsch mit der Versicherung, daß ihr das Wohl der braven Milchschwester auch ferner am Herzen liegen werde.*) In den häufigen Aufenthalt der Majestäten in Ungarn, in die Mitte der 70cr Jahre, fiel aber auch das Krone und Reich tief ergreifende Ereignis des Hinscheidens jenes hervorragenden ungarischen Patrioten, dem die Nation nächst Sr. Majestät dem Kaiser und Könige Franz Joseph I. die Schaffung des „Ausgleiches" und die Krönung des Monarchen zu danken hat, der Tod von Franz Denk (f 28. Jänner 1876) des Mannes von antiker Seelengröße, an dessen Sarge — die Königin geweint, welches erhebende Moment der ungarische Maler Zichh in einem herrlichen Bilde genialster Auffassung der Nachwelt bewahrt hat. „Es gab einen Lohn — sagt Anton Cscngerh*) in seiner Gedächtnisrede auf Denk in der k. ung. Akademie der Wissenschaften — den Franz Denk annahm, einen Lohn, den er — außer jenen, den ihm sein eigenes Bewußtsein verlieh, — über alles schützte, »veil er ein Schatz war, der seiner Nation Zins trug. Dieser Lohn, dieser Schatz ist des gekrönten Königs fortwährendes unbedingtes Vertrauen! Ihre Majestäten der König und unsere Königin erfüllten getreulich den Wunsch des großen Mannes, sie legten die ersten Kränze auf die Bahre, welche die Nation, welche die gebildete Menschheit umstand! Schweres Leid traf in Bezug auf das Reich aber auch die edlen Herzen des Herrscherpaares als das schreckliche Elementarereignis der Überschwemmung über das blühende Bürgerheim Szegedins hereingebrochen — in der Nacht vom 12. auf den 13. Mürz 1879 — auf dessen Kunde der gütige Monarch alsbald an die Unglücksstätte eilte und die Verzweifelnden aufrichtete und mit den durch seine Hilfe raschest zur That gewordenen Worten tröstete: „Szcgedin wird schöner auferstehen, als es je gewesen." Nachdem Kaiser Franz Joseph mit seinem erhabenen Beispiele zur Rettung durch eine in eigenem und im Namen der Kaiserin-Königin gespendeten hohen Summe wie immer und *) Franz Deäk von A. Csengerv, Deutsch von Heinrich, Leipzig 1877 p. 180 f. überall so auch hier in der Hilfeleistung vorangegangen, strömten aus dem ganzen großen Österreich-Ungarn die milden Gaben zur Unterstützung der Bedrängten Szegedins zahlreich herbei, wir sehen z. B. die Direktion der krainischen Sparkasse in Laibach noch aus Anlaß der silbernen Hochzeitsfeier der Majestäten und im Sinne der ausgesprochenen Intention Sr. Majestät, das hohe Familienfest durch Wohlthaten zu feiern, zur Unterstützung der verunglückten Bewohner Szegedins einen ansehnlichen Beitrag darbringen. Die silberne Hochzeitsfeier der Majestäten, welche das leitende englische Blatt die „Times," als ein wahres Familienfest nicht bloß für die Mitglieder des kais. Hauses, sondern für die ganze Bevölkerung bezeichneten da die Prüfungen, welche das Kaiserhaus zu bestehen gehabt dazu beigetragen haben, die Bande zwischen der Dynastie und dem Volke von neuem zu befestigen, so daß jedes Königreich, jedes Herzogtum, jede Nationalität im Kaisertum in dem Monarchen die Repräsentation seiner eigenen Individualität erblickt, die silberne Hochzeitsfeier der Majestäten, obgleich sie sich räumlich mir in dem entzückenden Rahmen der unter der, Kunst und Wissenschaft so mächtig fördernden, Negierung KaiserFranz Joseph I. so herrlich verjüngten, vergrößerten und verschönten mit so zahlreichen Monumentalbauten neugeschmückten Residenzstadt abspielte, zu welch' schönstem Jubeltage in Wiens Mauern außer den gewählten Deputationen aus beiden Reichs-Hälften die Bewohner Österreich-Ungarns selbst massenhaft herbeigeströmt waren, um dem gefeierten, geliebten Herrscherpaare dankerfüllt die Huldigung darzubringen und an der im farbenprächtigen Festzugc der Stadt Wien die reichgeschmückte Ringstraße entlang und angesichts der Väterbnrg der Habsburger vollendet zumAusdrucke gebrachten öffentlichen Huldigung mit staunendem Auge und hochpochendem Herzschlage jubelnd teil zu nehmen, die silberne Hochzeitsfeicr der Maje- stäten, sie fand bis in die fernsten Reichsteile, und wie bis an die tiefst unten gelegenen Gestade der Adria so auch bis in die letzten Hütten der Karpathen bis in die abgelegensten Pußten ihr freudigstes Echo! Die ungarischen Blätter, als Stimmen der öffentlichen Meinung jenseits der Leitha, sie waren eines Sinnes in dem Ausdrucke des Hochgefühls Namens der Nation. Ellenör rief aus: „Eine glücklichere Ära als die, welche Franz Joseph im Jahre 1867 für Ungarn inaugurierte, wurde nie für die Nation eröffnet. Er verdient den Namen des Großen." „Hon" schrieb: „Unser König ist ein populärer König, unsere Königin eine populäre Königin, um welche sich eine große Familie von 30 Millionen in wahrer Liebe und Anhänglichkeit schart." Und bei den einzelnen Momenten der Feier selbst war das Reich der Hl. Stephanskrone durch seine ansehnlichsten und hervorragendsten Persönlichkeiten vertreten, sowohl bei der Einweihung der Votivkirchc am Gedächtnistage selbst — eine so glänzende kirchliche Feier, wie Wien sich nicht erinnerte je eine gesehen zu haben — beim Festzuge, bei der Huldigung durch die Deputationen des ungarischen Adels, der beiden Häuser des ungarischen Reichstages und der Hauptstadt Buda-Pcst, bei der großen Empfangssoiree bei Hofe, wie bei der vom Minister des Äußern Grafen Audrassy in seinem Hotel auf dem Ballplatzc gegebenen Soiree — überall erglänzte neben dem reichen Ordensschmucke aller Staaten, den goldgestickten Hof- und Staatskleidern, den blinkenden Uniformen der k. n. k. Offiziere, der vornehm schönen Nationaltracht des polnischen Hochadels, den roten und violetten Soutanen der Bischöfe aus allen Teilen des Reiches, der orientalischen Gewandung der Abgesandten aus dem, seither durch eines Ungarn, des Reichs-finanzministcrs von Küllay zielbewußtes Wirken so tüchtig entwickelten Okkupationsgebiete von Bosnien und der Herze- gowina, in strahlendstem Glanze die traditionelle Pracht der ungarischen Nationalkostüme! S. Majestät der Kaiser und König, Allerhöchstwelchcr immer und bei jedem Anlasse auf die Übung von Wohlthaten das Hauptgewicht legt, ging auch aus Anlaß der selten schönen Feier Seiner silbernen Hochzeit allen im weiten Reiche deshalb vorgenommenen Stiftungen und Akten der Wohlthätigkeit mit dem crhabendsten Beispiele voraus in der Stiftung der Franz Joseph und Elisabeth Goldstipcndien 40 L300fl. für die Studierenden an den Universitäten, 20 Freiplütze an den Offizierstöchterinstituten in Wien und Oedenburg, 10 Frei-Plätze im Militärwaisenhaus zu Fischau; von den Universi-tütsstipendien entfallen je 7 für Wien und Budapest, 5 für Prag, je 3 für Graz, Innsbruck, Krakau, Lemberg, Czernowitz, Klausenburg und Agram, im ganzen 13 auf die Länder der ungarischen Krone. Die selten schöne Feier der silbernen Hochzeit der Majestäten in Wien, sie erhielt wenige Tage später einen spontanen Epilog in Budapest. Als die Majestäten in Begleitung der Erzherzogin Gisela und deren Gemahls des Herzogs Leopold von Bayern am 3. Mai in den Budapester Bahnhof einfuhren, da ereignete sich eine Scene, die einen überwältigenden Eindruck machte. Die Menge drängte an den Zug, als wollte jeder Einzelne zuerst des Anblickes des Jubel Paares teilhaftig werden. Die Thüren der Waggons öffneten sich, ein Eljenstnrm durchbrauste die Halle und ein Schauer von Blumensträußen flog sofort in das Innere der Wagen, die Kaiserin, ihre Tochter Gisela, sowie den Kaiser und den Prinzen von Bayern wie mit einer Wolke umhüllend. Als der Kaiser dem Ministerpräsidenten Tisza die Hand reichte, war Er — wie der Berichterstatter des „Pcster Lloyd" schreibt — im Nu von ihm getrennt und von der Menge im Sturm der Begeisterung saus xllraso auf den Händen in die Halle getragen. Das war kein offizieller Empfang, das war ein Familienfest, da sprach das Herz des Volkes nnd daß das Kaiserpaar diese Sprache verstand, war deutlich in seinen freudestrahlenden glücklich zufriedenen Mienen zu lesen. Die Gemahlin des Oberbürgermeisters Frau von Rüth bot der Kaiserin Namens der Frauen der Hauptstadt ein prachtvolles Bouquet aus frischen Rosen, Kamelien und Veilchen. Bei der Fahrt der Majestäten durch die Stadt manifestierte sich Liebe und Verehrung Schritt zu Schritt in rührendster Weise. Wie stets in Freud und Leid das ritterliche Volk der Ungarn mit dem Herrscherhause sich eins fühlt und diesein Gefühle in lebhaftester Weise Ausdruck gegeben hat und giebt, so hat auch beim Tode unseres unvergeßlichen Kronprinzen S. k. u. k.Hoheit des dnrchlauchtigstenHerrnErzherzogRu dolph, dem das ewige schmerzerfüllte Gedenken der liebenden Seinen wie der treuen, durch sein Scheiden tiefstbetroffenen Völker Österreich-Ungarns gesichert bleibt und zu dem die getreue Freundschaft Sr. Majestät des deutschen Kaisers und Königs Wilhelm II. alljährlich durch den Gedenkstrauß auf seinen Sarg die innigste Sprache spricht, feurigst mitfühlend das Volk von Ungarn die Beweise trauerndster Teilnahme in dem unendlichen Weh aller, vorab der erlauchten Eltern, des geliebten Königspaares, geliefert, und war schier unerschöpflich in der Kundgebung derselben! Wie zogen da an dem geistigen Auge der getreuen Ungarn die herrlichen Bilder noch einmal vorüber, als der Teure an der Seite die jugendliche, schöne Gemahlin Ihre k. n. k. Hoheit die durchlauchtigste Frau Kronprinzessin Stephanie die erste Fahrt durch das Ungarland unternommen, überall umjubclt von der Liebe der Nation, die in ihm den geistvollen Königssohn, den hohen Freund und Protektor nicht allein, auch den getreuen Schildcrcr der herrlichen Natur des schönen Heimatlandes, den seinem kaiserlichen Bater ebenbürtigen gerechten Weidmann bewunderte und verehrte! Und die durchlauchtigste kunstsinnige Frau Kronprinzessin Stephanie, die in hochherziger Weise das Protektorat über das monumentale vom Höchstseligen Kronprinzen begründete Werk: „Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild" an höchstdessen Stelle übernommen, wie nahe war sie durch ihre Geburt schon dem Herzen des Ungarvolkes, als die Tochter der kunstsinnigen Herrscherin im fernen Belgien, Ihrer Majestät der Königin Marie Henriette, die als die Tochter des unvergeßlichen Palatin Erzherzog Joseph in Ungarn ihre Jugend verlebte, wo die erstgeborenen Kinder des Palatins Ihre k. k. Hoheit die durchl. Frau Erzherzogin Elisabeth, Mutter Ihrer Majestät der gegenwärtigen Königin Marie Christine von Spanien und S. k. u. k. Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Joseph, das Licht der Welt erblickt haben. S. k. u. k. Hoheit der durchlauchtigste Erzherzog Joseph, der gegenwärtige Oberkommandant der k. nng. Landlvehr weilt bekanntlich jahraus jahrein im Ungarlande, zugleich neben seiner amtlichen Thätigkeit als Förderer der ungarischen Sprachwissenschaft und Kulturgeschichte eifrigst thätig, ihm zur Seite die geistvolle kunstsinnige Gemahlin Ihre k. u. k. Hoheit die durchlauchtigste Frau Erzherzogin Clvtildegeborene Prinzessin von Sachscn-Koburg und Gotha, deren hervorragendem Talente als Zeichnern: der ungarische Teil des invnninentalcnKronprinzenwerkes: „Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild" die stimmungsvollsten Zeichnungen aus den: erzherzoglichen Parke von Nlcsuth verdankt, deren eines auch wir in der glücklichen Lage sind, den freundlichen Lesern dieses Buches vor Augen zu führen. In Alcsuth erblickten das Licht der Welt die beiden Söhne des erzhcrzoglichen Paares S. k. k. Hoheit der durch- WWW lauchtigste Hcrr Erzherzog Joseph Augustin, Gemahl der Enkelin Ihrer Majestäten des Kaisers und Königs Franz Joseph und der Kaiserin-Königin Elisabeth, der Prinzessin Angnste von Bayern, Tochter des Herzogs Leopold von Bayern und der Herzogin Gisela, Erzherzogin von Österreich, dann der allzufrüh durch den Tod entrissene, weil. S. k. k. Hoheit Erzherzog Ladislaus und Ihre k. u. k. Hoheiten die durchl. Erzherzoginnen MarieDorethea, Margarete Clementine und Elisabeth Clotildc, während die letztgeborene Tochter Ihre k. k. Hoheit Erzherzogin Clotilde Marie in Fiume geboren wurde. Zu temporärem Aufenthalte für längere oder kürzere Zeit weilen, da und dort, in Ungarn Ihre k. u. k. Hoheit die durchlauchtigste Frau Erzherzogin Maria Theresia, die kunstsinnige Gemahlin S. k. u. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Karl Ludwig, die erhabene Protektorin der Amateurphotographie und selbst Meisterin auf diesem kunsttechnischen Gebiete, zugleich eine ausgezeichnete Förderin der Touristik in der prächtigen oberungarischen Gebirgswelt, die die hohe Frau bei wiederholten Besuchen der ungarischen Besitzungen Ihres durchlauchtigsten Gemahls, des gefeierten Protektors der österr.-ungar. Touristik kennen gelernt. Seit kurzem weilt zu Oedenburg Ihre k. und k. Hoheit die aus dem hochbefreundeten sächsischen Königshause stammende, huldreiche, durchlauchtigste Frau Erzherzogin Maria Josepha init ihrem Gemahl Sr. k. und k. Hoheit dem durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Otto, Oberst und Kommandant des k. und k. 9. Husareuregiments mit dem historischen Namen des FM. Franz Leopold Grafen Nädaödy ans Fogaras. Es »veilen in Ungarns alter Krönungsstadt Preßburg schon seit einer Reihe von Jahren Ihre k. k. Hoheit Erzherzogin Jsabella geb. Prinzessin von Crvy-Dülmen, mit ihrem Gemahl S. k. k. Hoheit dem durchl. Herrn FZM. und Korpskvminaudanten Erzherzog Friedrich, Enkel des Palatin Joseph, Neffen S. k. k. Hoheit, weil, des FM. Erzherzog Albrecht und Erben aus dessen ausgedehnten Herrschaftskomplexc in Ungarn, welches erz- ». SiadicS, Fürstinnen deü HnnseS HabSburg. 14 herzogliche Paar der Himmel mit sieben Prinzessinnen be schenkte, deren Wiege zumeist in Preßburg gestanden. Im Reiche der Hl. Stephanskronc weilen anch Ihre k. k. Hoheit Erzherzogin Blanca geb. Prinzessin von Bourbon, Gemahlin S. k. k. Hoheit des dnrchl. Herrn Erzherzog Leopold von Toskana sin Agram), Ihre k. k. Hoheit, die als Malerin in weiteren Kreisen bekannte Erzherzogin Maria Theresia mit ihrem Gemahl S. k. k. Hoheit des dnrchl. Herrn Erzherzog Karl Stephan ab und zu in Fiume und Ihre k. Hoheit Prinzessin Louise von Sachsen-Koburg-Gotha, geborene Prinzessin von Belgien, die geistvolle Schwester Ihrer k. k. Hoheit der Frau Kronprinzessin-Witwe Erzherzogin Stephanie, mit ihrem Gemahl S. k. Hoheit des Prinzen Philipp von Sachsen-Koburg-Gotha aus den herrliche», fvrstreichen ehemals Koharhschen Besitzungen, die dem Prinzenpaare in Ungarn zu eigen. Auf ihrer schönen, reizenden „Villa Giuseppe" in Fiume empfingen kürzlich erst Ihre k. k. Hoheiten Erzherzog Joseph und Erzherzogin Clotilde den Besuch des erlauchten Königspaares von Rumänien, Sc. Majestät des Königs EarlI. und der Königin Elisabeth— der gefeierten Dichterin Carmen Sylva—die aus ihrem Wiutersejour im benachbarten „ Abbazi a" herübergekommen waren, bei welchem Besuche König Carl dem unter der Fürsorge der ungarischen Negierung so mächtig aufstrebenden Finmc, dessen großartige Hafenbauten und anderen Seheilswürdigkeiten unter Führung des Gouverneurs Grafen Batthyanp besichtigend, eine große Zukunft prophezeite. Während dieser Besichtigung verweilte Ihre Majestät die Königin von Rumänien im Kreise der erzherzoglichen Familie, wohin dann auch Se. Majestät der König zurückkehrte. Alle die dnrchlanchtigstcil Fürstinnen des Hauses Habsbnrg in Ungarn, sie herrschen und walten anch daselbst in der traditionellen Übung des allerhöchsten Kaiserhauses als Lasurs ä'ruigs im unermüdlichen, segenspendenden Wirken, gefeiert und geliebt von allen und jeden, die je in die Lage versetzt sind, einer und der andern dieser hohen Frauen zu nahen. Und so wird bei der selten schönen Huldigungsfeier, die am 8. Juni d. I. den Flor der durchlauchtigsten Frauen in der Königsburg zu Ofen im strahlenden Glanze der in liebenswürdiger Pietät gewühlten ungarischen Nationaltracht vereint finden wird, der Dank des getreuen Ungarvolkes wie zunächst der erhabenen Trägerin der Krone des Hl. Stephan, der angebeteten Kaiserin-Königin Elisabeth, allen vereint gelten, der Dank für all das Gute und Große, das da geschaffen worden von den Fürstinnen des Hauses Habsburg in Ungarn! * * >i- Möge Ungarns Glücksstern leuchten über der erhebenden Feier, mögen inzwischen die gesetzlich normierten Verhandlungen bezüglich der Erneuerung der Qnotenleistnngen der beiden Reichshälften zu den gemeinsamen Ausgaben Österreich-Ungarns den erwünschten gedeihlichen Verlauf nehmen, wozu von diesseits die sichere und energische Hand in der Führung seitens des Ministeriums Badeni dem freundlichen Entgegenkommen von jenseits die Bahn sichert, möge vor allem das in Kon-eeption und Ausführung gleich vollendete Werk der Millen-niumsausstellnng in wohlverdienter Weise voll und ganz gelingen, möge das sprichwörtliche „Kaiserwetter" während der Budapester Sommerfeste vorhalten, namentlich aber am Tage der glanzvollen Huldigungsfeier und da das entzückende bezaubernde Panorama, von der Königsburg die Donau auf und nieder über das reichgeschmücktc Häusermeer der königlich-ungarischen Reichshaupt- und Residenzstadt hin, duftig verklärend beleuchten. Das walte Gott! Zur Willrumumsfeier. Aus Budapest berichtet mau der Kais. Wiener Zeitung unterm 9. April über die letzten Vorbereitungen zur Millenniumsfeier, über das Programm der Festlichkeiten und den am 8. Juni an die beiden Häuser des Reichstages zur Vorlage gelangenden Gesetzentwurf zur Jnartikulierung des Andenkens der tausendsten Jahreswende der Landesgründung wie folgt: Die Landes-Kvmmission für die Millennar-Feicrlich-keiten hielt heute unter dem Präsidium Kolomau Szells eine Sitzung ab, welcher seitens der Regierung Ministerpräsident Freiherr von Vänffy beiwohnte. Der Präsident legte eine Zuschrift des Ministerpräsidenten vor, in welcher derselbe mitteilt, daß er alle Vorbereitungen zu den Feierlichkeiten getroffen habe und daß nunmehr als gesichert angenommen werden könne, daß sich die Feierlichkeiten in der großen Bedeutung des Anlasses und einer des Königs und der Nation gleich würdigen Weise gestalten werden. Die Zuschrift führt sodann die endgiltig festgestellte Reihe jener Festlichkeiten an, an welchen sowohl Se. Majestät als auch beide Häuser des Reichstages teil nehmen werden. Die Regierung würde es als würdigste Form des die Feierlichkeiten einleitenden staatsrechtlichen Aktes halten, wenn der Reichstag noch im Laufe dieses Monats den Entwurf eines solchen Gesetzes verhandeln und mit einer des Anlasses würdigen Einmütigkeit annehmen würde, durch welches nebst der Erinnerung an vergangene Zeiten und der Offenbarung der religiösen Pietät der Nation das Andenken des Millenniums und des zwischen der Krone und der Nation ans Grund des gegenseitigen Vertrauens und der Treue bestehende feste Band bei dieser Gelegenheit in unserem Gesetzbuche inartikulicrt würde. Am 2. Mai wird die Landes-Ausstellung eröffnet und am Abend desselben Tages eine Festvorstellnng im Opernhause stattfinden. Am 3. Mai wird in der Mathias-Kirche ein feierliches Te-Deum abgehalten und am 18. Mai eine Festvorstellung im National-Theater veranstaltet werden. Am 5. Juni werden die heilige Krone und die Krönungs-Insignien in feierlicher Weise in die Krönungskirche überführt werden. Am 6. Juni findet die Grundsteinlegung des königlichen Schlosses statt. Am 8. Juni wird das oben erwähnte und mittlerweile zu sanktionierende Gesetz in einer gemeinsamen Sitzung beider Häuser des Reichstages verlesen werden. Dann begiebt sich der Reichstag in das königliche Schloß, um Sr. Majestät seine Huldigung darzubringen und begleitet ebendahin die heilige Krone, welche für die Dauer der gemeinsamen Sitzungen in den Sitzungssaal des Reichstages gebracht werden wird. Am 27. Juni findet die Einweihung des in Pusztaszer gebauten Denkmals statt, an welcher Feierlichkeit eine Reichstags-Deputation teil nehmen wird. Neben den im Laufe der Monate Juli und August in der Haupt- und Residenzstadt wie in der Provinz abzuhaltenden gesellschaftlichen Veran staltungen und den Einweihungsfesten der Denkmäler, namentlich des Maria Theresia-Denkmals in Prcßburg, welches am 13. September in Anwesenheit Sr. Majestät eingeweiht wird, besitzt die für den 27. September festgesetzte Feier eine größere, weil internationale Bedeutung, indem an diesem Tage das Eiserne Thor in Anwesenheit der benachbarten Herrscher dem Berkehre übergeben werden wird. Am 4. Oktober wird die Donau-Brücke am Zollamtsplatze eröffnet, am 11. Oktober das Kunstgewerbe-Musenm eingeweiht werden. Am 31. desselben Monats finden die Millennar-Feierlichkeiten mit der Schließung der Ausstellung ihren Abschluß. Die Zuschrift des Ministerpräsidenten ersucht sodann die Landes-Kommission, von dein obigen Programme dem Abgeordnetenhaus Bericht zu erstatten, und erwähnt, den Gesetzentwurf nach erfolgter Verhandlung seitens der Kommission dem Abgeordnetenhause behufs verfassungsmäßiger Behandlung unterbreiten zu »vollen. Den Gegenstand der gemeinsamen Sitzung, welche am 8. Juni im Kuppelsaale des neuen Reichstagsgebüudes abgehalten werden wird, bildet nebst einer kurzen Eröffnungsrede, welche mit Rücksicht darauf, daß der derzeitige Präsident des Magnatenhauses bei derselben Gelegenheit als Kronhüter eine besondere wichtige staatsrechtliche Funktion verrichten wird, der Vicepräsident des Magnatcnhauses hält, einzig und allein die Verlesung des erwähnten Gesetzes. Vor Sr. Majestät wird der Präsident des Abgeordnetenhauses die Huldigung der Gesetzgebung verdolmetschen. Nach der Berlesnng dieser Zuschrift und des beigeschlossenen Gesetzentwurfes erklärten die anwesenden oppositionellen Abgeordneten, daß sie den Gesetzentwurf annehmen. Dieselben machten bezüglich der Sthlisierung einige Bemerkungen. Sodann wurde der Gesetzentwurf in folgender Sthlisierung einstimmig angenommen: Gesetzentwurf zur Jnartikulierung des Andenkens der tausendsten Jahreswende der Landesbegründung: „Der ungarische Staat begeht im Jahre 1896 das Fest der tausendsten Jahreswende seiner Begründung und seines Bestandes. Die Gesetzgebung verewigt im Folgenden das Andenken dieses Festes: 1. Die Gesetzgebung der Länder der heiligen ungarischen Krone dankt mit religiöser Andacht der göttlichen Vorsehung dafür, daß sie das von Arpäd und seinen tapferen Kriegcrscharen begründete Vaterland in ihren Schutz genommen, seine Fürsten mit Weisheit, sein Volk mit Kraft und selbstaufopfernder Vaterlandsliebe gesegnet und dem Lande in guten wie in bösen Geschicken bcistehend, den Bestand desselben ein Jahrtausend hindurch inmitten vieler Gefahren und Schicksalsschlage aufrechterhalten hat. 2. Bei dieser feierlichen Gelegenheit erscheinen beide Häuser des Reichstages mit tiefster Huldigung vor Sr. kaiserlichen und Apostolisch königlichen Majestät Franz Joscph I-, unter dessen glorreicher Regierung die verfassungsmäßige Freiheit und die ungestörte Entwicklung des Landes gesichert sind. Der Apostolische König von Ungarn und dessen Nebenländern giebt seinerseits sein unverbrüchliches Vertrauen zur Treue seines geliebten Volkes kund. Dies sind die festen Grundlagen jener segensreichen Harmonie, deren Kraft zugleich ein Unterpfand des sicheren Fortschrittes der künftigen Jahrhunderte bildet. 3. Mit diesen Kundgebungen der Pietät, der Huldigung und der königlichen Gewogenheit inartikuliert die Gesetzgebung das Andenken an den tausendjährigen Bestand des ungarischen Staates für ewige Zeiten im Gesetze. 4. Dieses Gesetz tritt am 8. Juni 1896, als am Tage der Jahreswende der ruhmvollen Krönung Sr. kaiserlichen und Apostolisch königlichen Majestät, in Kraft. An demselben Tage ist es sowohl in der gemeinsamen Sitzung beider Häuser des Reichstages zu verlesen, als auch in allen Gemeinden der Länder der ungarischen Krone zu veröffentlichen und in Stein gegraben im Reichstagsgebäude zu vcr ewigen." Sämtliche in der Zuschrift des Ministerpräsidenten enthaltenen Anträge wurden von der Kommission angenommen. SIovs^3-§KI^i§cs 6S kl L 29952 6SSS9S21SS8