^ 36. Vierter Jahrgang. Ä. September R8OO. Waldgeheimnijse. <^m Wald, wo Vach und Bäume rauschen, Manch' liebm Tag ruh' ich noch heut, Doch hab' ich's längst verlernt, zu lauschen Den Wunderen, die mich suust erfreut. Auch mir sprach einst das Laub der Birken, Der Schlag des Finken im Gezweig', Und wie in einer Fee Bezirken Schwoll mir das Herz crwartnngsrcich. „Das war ein Ritter, blank und prächtig," — So klang das Lied, das mich nmhallt', — „Der trug sein Herze, wund und nächtig, Aus roher, falscher Welt znm Wald." „Die Lanze wurzelt und beblättert Sich, wie er in den Grund sie stieß, Um Schild und Schwert nnd Harnisch klettert Ein lustig wuchernd Paradies." „Er aber ruht beglückt im Moose, Denn iibcr ihn hat licht und leicht Die allcrschöustc Fraucurosc, Die Waldfci, Herz und Haupt geucigt." „Und schucll im Rausche sel'gcr Wonnen, In waldcsgrüncr Licbcsnacht, War ein Jahrhundert hingeronncu, Und er ciu Greis, da er erwacht!" — Es schwieg das Lied. Ach, voll Verlangen, Tief in das weiche, duft'gc Gras Barg ich die schnsnchtglnh'ndcn Wangen,. Barg ich der Augen heißes Naß. O, wenn ich nun das Haupt erhebe! — So sprach mein Herz im wachen Traum; Doch Keine, die sich mir ergebe, Stand neben mir im stillen Raum. — Das ist vorbei! die Mährchcuschwiile Des jungen Busens floh dahin; Ich suche uun die wnndcrkühlc Waldeinsamkeit mit andern Sinn. Ich schaue still der Blume Sprießen, Der Blume frühem Nelken zu; Der Welle Naß seh' ich verfließen, Und schöpf' aus Allem Trost nnd Ruh. Denn, ahnend das verwandte Wesen Der stnmmen Wildniß rings nmhcr, Bin ich von jedem Stolz genesen Und habe keine Wünsche mehr. Es predigt mir des Lanb's Verfärben Von ewiger Nothwendigkeit, Und macht auch mich, dereinst zn sterben, Wie Vlum' und Welle, sauft bereit! Das schwarze /raulein von Clees. Eine Knndc aus alter Zeit, erzählt von Dräxlcr-Manfrcd. <«^er Marktflecken von Clees, der einst ein kleines Städtchen war, liegt an der Gränze, welche Frankreich von dem Schweizer-Kanton Waadt scheidet, an dem malerischen Ufer der Orbe, über die hier eine uralte steinerne Brücke führt. Ein einziger Bogen hebt diese hoch über den Fluß, oen man nnr mit Mühe erblickt, da sein Bett von ungeheuren Felsen» massen versteckt ist, welche ihn rings umgeben nnd durchschneiden. Das Schloß selbst liegt ans einer Anhöhe des Berges nnd bietet dem Auge nichts als einen Steinhausen und weit zerstreute Ruinen dar, welche cin Beweis derein« fiiger Größe und des Alters dieses Baues sind. Der ein< zige, noch ein wenig bewohnbare Theil ist ein Thurm, worin man, wie üch vermuthen läßt, ehedem Gefangene verwahrte. Alles Neblige ist eine Menge Schutt, welcher jene Gegend von Liebhabern solcher Alterthümer anziehend macht. Es scheint, daß das Schloß vor Alters eine wichtige Festung gewesen sein mag, welche diesen engen Paß vertheidigte und manchen Sturm aushielt, und man behauptet mit Wahrscheinlichkeit, daß sein ziemlich entstellter Name einst t^t» gelautet haben dürste; denn man konnte diese Veste mit Necht als den Schlüssel zur Schweiz betrachten. Es war an einem herrlichen Inliusmorgen, als ich mich mit meinem Vetter zn Pferde nach Nomainmotiers, einer uralten Stadt, eine bis zwei Meilen von Clecs entfernt, verfügte, einen biedern Freund zu besuchen, der hier in einer reizenden, obgleich ziemlich wild umgebenen Zurückgezogenheit lebte, sich für die Mühseligkeiten eines langen, thätigen Geschäftslcbcnö, die er mit unverdrossenem Gemüthe ertrug, schadlos zn halten. Unser Vorsatz war, diesen Theil des herrlichen Landstriches zu durchirren und auch hier alle Schönheiten der Natnr aufzufassen, welche von den lachenden Ufern des Genfer See's ganz verschieden sind. ^ 538 Nachdem wir einige ernste, aber schöne Parthien durch» wandert hatten, trafen wir nahe bei Clees ein und fühlten Lust, hier ein wenig still zu halten.. In der Nähe sahen wir eine alte Frau, auf einer Ba»k sitzend, Garn abwinden. Wir baten sie, unsere Pferde an ihr Hauöthor binden zu dürfen, was sie gern erlaubte und für sie zu sorgen versprach. Erst gingen wir die steile Vrücke hinan, darunter in unermeßlicher Tiefe, von Felsen umringt und kaum sichtbar, die Orbe mit furchtbarem Getöse wogt und aus finsteren Schluchten ans Ufer schlägt. Das wilde Natur-Schauspiel gefiel uns, und wir stiegen seitwärts hinab) bald wechselte jener Anblick durch Väume und Gesträuche, welche rings von den Felsen über uns wehten, und wir befanden uns in der Mitte des Flußbettes. Hier bietet sich dem Auge ein neues, ' fürchterlich schönes Bild. Rund herum ungemessene Abgründe, aus welchen Steinplatten wie ein Felsweg hervorragten, an die der Woggcnschwall mit Macht anschlägt; auf diesen wandelten wir fort und kamen uuter den Brückenbogen, der sich wie ein finsterer Himmel über das furchtbare Element breitet. Ein Schauder überfiel uns; der Strom wird hier etwas ruhiger, allein desto gräßlichere Untiefen birgt diese Wellen-glatte, welche in geräumige Felscngrotten hincinschleicht, die in düsteren Vertiefungen rings herum den Fluß umgeben. Die Felsenkronen, worauf wir jetzt standen, waren ziemlich schlüpfrig; das furchtbare WeUengcbrausc, welches der Fluß unter uns begann und das uns die eigenen Worte nicht verstehen ließ, der Schaum der Wogen, die sich an den Felsen brachen und rings einen Staubregen verbreiteten, daß wir uns ganz durchnäßt fühlten, alles dieses war ein eben so überraschender Anblick für uns als ein tüchtiger Grund zur Vorsicht, die wir jetzt doppelt nöthig hatten-. Die Fels-grotten standen mit ihrem dunklen Hintergründe vor uns, die Nacht starrte uns mit tausend Augen daraus entgegen und schien hier ihren ewigen Thron erbaut zu haben, uni von den geliebten Wellen ruhig geküßt zu werden und diese schwarzen Vertiefungen des Gesteines zu Väderu der Natur einzuweihen. Lange hatten wir uns an dem herrlichen Anblick geweidet. Es ist ein großer, fast unbegreiflicher Gedanke, in der Mitte des wüthenden Stromes ruhig, wie in einem Lusthain, wandeln zu können. Malerisch und unerreichbar lag die wunderbarste Szene der Welt vor uns ausgebreitet, und es kostete uns Ueberwindung, von dem herrlichen Naturge« mä'lde zu scheiden. Endlich beschlossen wir, auf dem nämlichen Wege zurückzukehren, der uns Hieher geleitet, um nach Clces zu gelangen. Allein das war nicht so leicht, als wir dachten; kaum hatten wir die Brücke erreicht, als wir uns einen schmalen und steilen Weg hinan winden mußten, um den alten Ruinen zu nahen, welche von hier ziemlich entfernt sind. Die Sonne träufelte von ihrer Mittagsbahn all ihr Feuer herab, und kein Schatten erquickte uns. Nur allzu bald wünschten wir die frischkühlen Grotten der Orbe zu- rück, und unsere Kräfte waren beinahe erschöpft, als wir an: Wege mehreren Landleuten begegneten, die uns versicherten, wir würden die Merkwürdigkeiten im alten Schlosse gewiß nicht zu sehen bekommen, indem der Schließer jetzt gerade abwesend, das Uebrige aber der Mühe des Vcsehens nicht werth sei. Wir waren nahe genug, um die unge» Heuren Ruinen unterscheiden zu können, welche, ein trauriges und furchtbares Denkmal der Elinncrung an dieGräuel« sceuen, welche in ihnen vorgefallen sein mochten, auf die Gegenwart herabsehen. Dieses Schloß, sagt man, war einst der abscheuliche Schlupfwinkel einer Vande von Bösewichtern, welche ringsum Schrecken verbreiteten, Reisende anfielen, Frauen und Mädchen raubten, und ohne Zweifel eine gerechte Strafe ihrer Unthaten fanden. Im Jahre N40 wurde es theilweise wieder erbaut; im Kriege gegen die Burgunder wurde es eingenommen, entsetzt, in Vrand gesteckt, und endlich in den Zustand versetzt, in dem wir es jetzt erblicken. Das Städtchen, welches davon abhing, gerieth seitdem gleichfalls in Verfall und ist gegenwärtig nur ein elendes Dorf. Nachdem wir so die ältere Geschichte des Schlosses Clees, worüber die Schweizer Historiographen nicht viel Ausbeute liefern, ins Gedächtniß gerufen, die Schicksale der Nationen, Städte und Vcsten erwogen, und die Hinfällig« .keit des Menschen betrachteten, — erinnerten wir uns, daß wir deö Mittagmahles mehr, als dieser wüsten Felsen be« dürften, und kehrten zu der alten Fran zurück, unsere Pferde zu besteigen. Alle drei harrten unser mit großer Ungeduld. Die beiden Rosse scharrten wiehernd im Sande, und ihre alte Wächtcrin trieb, eine Ruthe schwingend, die lästigen Fliegen von hinnen; es fehlte wenig, und sie hätte einer der dunklen Schwestern aus Macbeth geglichen, die den furchtbaren Zauberreigen bilden. „Endlich, endlich kommt Ihr," schrie sie laut auf, schon begann ich zu glauben, der Vöse habe euch verführt, und das wäre, bei meiner Treue, gar nicht wunderbar, wenn man ihn in seiner Wohnung aufsucht." „Des Teufels Wohnsitz," lächelte mein Vetter; „glaubt mir, wir kommen nicht ans der Hölle!" ! „Kommt Ihr nicht von dem alten Schlosse da oben?« ' sprach sie, mit dem Kopse aufwärts deutend, „und will das nicht eben so viel sagen? Dort wohnt der arge Feind, und keiner der Neugierigen, die er dort erwürgte, kam zurück, uns Antwort zu bringen." Jetzt schien mir die Sache gleichfalls lächerlich. „Seid zufrieden, Alte," sprach ich, »wir sind nicht dort gewesen; auf halbem Wege begegneten wir einem Gesellen, der uns die Abwesenheit des Schließers kund that, ohne dessen Vor-wissen man nicht eingelassen wird." „O, der glücklichen Kunde," rief sie, die Nuch zurückzukehren mahnte! Ader wo habt Ihr Euch so lange verhalten?" „Unter der Vrücke," entgegneten wir. „Unter der Vrücke? Wie? Barmherziger Himmel, wäre eö möglich? D.i stand es kein Haar besser um Euch, ^39 als im Schlosse oben. Keine Seele aus ganz Clecs ginge je dahin, und läge ein Schatz dort. Ihr habt keinen geringen Schreck ausgestanden, nicht wahr?" „Bewahre," sprach ich, „ein herrliches Vergnügen genossen wir im Anblick dieser schäumenden Wogen und dieser dunklen Grotten." „Und in diesen Grotten, in den Wellen? Habt Ihr es gesehen: die schwarze Frauengestalt, nach dem Kinde haschend, das in den Fluten schwimmt? Habt Ihr sie gesehen?" „Keines von beiden," antwortete ich) „allein da ihr uns schon neugierig gemacht, müssen wir zum mindesten hören, was wir zu sehen unfähig waren." „Necht gerne," antwortete die Alte, „aNein verzeiht, ich bin cine schlechte Erzählerin, jedesmal vergesse ich etwas; aber ich will Euch eine alte Schrift hervorsuchen, ich verwahre sie als ein Heiligthnm in meinem Schreine. Sie ist von der Hand meines Vaters, welcher Schnlllehrer zn Clces war. Es ist die Kopie einer Handschrift seines Urgroßvaters, der sie wieder von seinem Onkel hatte, dessen Vater Kammerdiener im Schlosse zu jener Zeit war, da sich das Erzählte zutrug. Er hieß Borel, wie ich, und ihr könnt versichert sein, daß ihr lauter Wahrheit erfahrt. Laßt Euch indeß ans diese Bank nieder und harret meiner. Ein sonderbares Lächeln überzog unsere Gesichter; wir wollten beide sprechen, wir wollten die Alte bedauern — allein wir schwiegen und schiene»', das Mähi'chcn mit Vergnü-gen annehmen zu »vollen. Bald kam sie zurück, ein Heft in der Hand, dem der Schmutz, der Rauch und der Zahn der Zeit ziemlich übel mitgespielt hatten. „Da nehmt," sprach sie zu mir, „leset uud gebt wohl Acht, daß keines der abgerissenen Stücke hinwegfalle. Wie oft hab ich es gelesen, und wieder gelesen! Ich wäre untröstlich, ginge ein Stückchen verloren." Ich nahm ihr das vergilbte Heft ab. Die Züge waren sauber und der Styl so übel nicht, als man ihn von einem zu jener Zeit schreibenden Bauer erwarten dürfte. In der süßen Erinneruug an die gute alte Zeit schlug ich ein Blatt um und las, wie folgt. (Fortsetzung folgt.) Die fteiermlirkischen Volkslieder. Graz im August 1860. Ich bin Ihnen noch den Bericht über das Resultat des im April des Jahres 1868 von unserem historischen Vereine erlassenen Aufrufes zu einer Sammlung der steierischen Volkslieder und Volksreime schuldig, über welchen Gegenstand von Dr. Weinhold bereits zwei Mittheilungen gemacht wurden, und ich halte dieses Thema für interessant genug, um auf selbes, wie ich Ihnen versprochen, eigends zurückzukommen; denn es wird jederzeit ein verdienstliches Unternehmen bleiben, die vielen im Munde des Volkes lebenden, zerstreut vorkommenden Lieder, die der Naturdichter, wie der Vogel im Frühlinge, instinktmäßig geschaffen, zu sammeln, nicht, um das Volkslied, wie Manche meinen, zu erhalten, da dieses, wie die Wiesen-und Waldblumen, sich von selbst fortpflanzt und darum niemals aussterbcn kann, sondern um dieser Gattung Poesie auch vor dein gebildeteren Theile des Publikums Geltung z» verschaffen und ihr auf diese Art ein wohlverdientes Plätzchen in der Literatur der betreffenden Nation anzuweisen. Obgleich der Erfolg dieses Aufrufes nach der ersten Berichterstattung des genannten Professors, als Anfang betrachtet, ein günstiger genannt werden konnte, indcn». viele schätzenswerthe Einsendungen gemacht wurden, so sind doch von diesem Zeitpunkte bis heuer weitere Mittheilungen nur spärlich eingelangt, so daß Dr. Weinhold seinen zweiten Bericht in dieser Angelegenheit als eine wiederholte Aufforderung an die Steiermärker betrachtet wissen will. Daß es diesem schönen Unternehmen noch an der gehörigen Zahl von Sammlern fehlt, erhellet schon aus dein Umstände, daß einige Fächer noch durch keine, andere bloß durch cine einzige Pieye vertreten sind; wie es z. A. auffallen muß, dcch das Vergmannslied — eine Gattung, von der man mit vollem Recht schließen kann, sie sei im Lande njcht arm an Schöpfungen — unter den Einsendungen ganz vermißt wird. Wenn man, um bei diesem Beispiele stehen zn bleiben, in Erwägung zieht, daß der Bergmann-stand aus urdenklichen Zeiten ber den Gebrauch überkommen hat, vor der Grnbenfahrt Gott seine Seele in frommen Liedern zu empfehlen, welche nach dem Gebete von der versammelten Knappschaft choralartig vorgetragen werden, und weitcrs dabei berücksichtiget, daß z. B. der Eisenerzcr Bergbau schon im Jahre 7l2 nach Christi Geburt im Betriebe war, so wird man mit gutem Grunde daraus folgern können, daß sich dort einige originelle alte Lieder religiösen Inhaltes auf die neuere Zeit vererbt haben werden und es überhaupt in Steiermark bei der großen Ausdehnung der Montan-Industl'ie und ihrem hohen Alter an wcrthvollcn Blumen der Volkspocsie aus dem an romantischen Bczichun« gen reichen Vergmannsleben nicht fehlen dürfte. Die im Jahre 18ö8 von Neinhold Köhler in Weimar herausgehe« benen „alten Bergmannslieder" bieten uns gleich einen Beleg hiefür, in welcher interessanten Sammlung wir zwei alte Lieder aus der Steiermark finden. Ihre Titel lauten: „Der gemeine alte Eisen-El ztische Berg-Reimen"^) und „Abcls Lob- und Ehrenspruch des Eiscnerzer Bergwerks." — Auch 5) Es besteht ans 64 achtteiligen Strophen und ist entnommen der »^onliüuülio KleUünui'pIm»!« 'I'olno Illciioilü'il,««, oocr: Ander Theil fcltzcimcr Gcrichtshändel, und hierauf gleichfalls seltzam erfolg-tcr Aussprüchc. Zusammengetragen und mit lustigen Anmerkungen ausgeführet und gefüttert, durch Mathiam Abcle von Lilienberg lc. Es stammt ans dem Jahre 1665. Dic dritte und fünfte Strophe lauten z. V.: 3. Herzogthnm Stcyr, so reiche Du Edel, uicl werthe Krön, Wo findt man deines Gleichen Drinn Gott hat cuifgcthan Ein Eisen-Bergwerk, gute Im Eiscncrztcr Thal, Also nians nennen thutc, Gott geb Glück überall. 5. Das Bergwerk, das ist reicht Von Eisen und Stahl härt, Ans Erd'n ist nicht seinö Gleichen, Viel tausend Mann wcrd'n ernährt/ Durch dic göttliche Gnade Bei diesem Bergwerk gut, Neunhundert drci'n vierzig Jahre Man das so bauen thut. 140 ^ an gemüthlich heiteren Gesellschafts-, Grubeil- und andern Liedern dürfte der Bergmannsstand nicht arm sein. Daß von bergmännischen Gesängen und auch von Holzknechtliedern nichts eingesendet wurde, „muß," wie ^ Weinhold sagt, „geradezu ein unangenehmes Staunen erregen." Außer diesen zwei Gattungen mangeln unter den weltlichen Volksliedern die epischen Dichtungen, balladenartigen Lieder, sowie überhaupt jene, welche auf bestimmte historische Stoffe Bezug nehmen; bloß ein Spottlied auf ^ Kaiser Karl Vll., Kursürst von Vaiern, nnd eines, das einen Sieg König Friedrich II. von Preußen feiert, werden angeführt. Von Soldatenliedern wurde bloß das zweistrophige Lied, welches uüsere brave Armee im Jahre 1848 in Italien gesungen, und von Stand es liebern das bekannte: ' „Der Kohlcnbaner", einige Iägerlieder und ein sehr schö- nes „Gstanzl" gesammelt, welch' letztere Gattung Hierlands ^ das Handwerks« und Liebeslied vertritt. Einige alte Bauernlieder und Veltlergesange werden als Beitrage von großem Interesse bezeichnet. An geistlichen Volksgesängen sind „mehrere kostbare Verlen echt volkstümlicher Dichtung," darunter Weih- ^ n achtsgesa'ngc eingesendet worden; ein „Kirchenlied" aus der Gegend von Tobel und Prcding wird als sehr interessant bezeichnet. Am reichsten vertreten ist die Gattung der Schnader- ^ hi'ipfeln, so wie auch einige schöne Schwaigerinnenlie« ! der stch vorfinden. Professor Weinhold hat bei Gelegenheit seiner ersten Verichtöerstattung in dieser Angelegenheit auch über eine Eingabe reserirt, welche sich dagegen erklärte, die Schul- ! lchrcr bei dem Sammeln von Volksliedern zur Mitwirkung z taseln, es bei näherer Betrachtung einleuchten muß, daß dieß ^ nicht die rechte Art wäre, dem Volkslicde Geltung zu verschaffen , wie wir nns bei dcn herumziehenden sogenannten Volks- oder Alpensängern am besten überzeugen können, aus deren Munde wir da>? Volkslied derart zugeschliffen und modernisirt zu hören bekommen, daß das Charakteristische ! derselben, welches eben in der Urwüchsigkeit und natürlichen ' Frische der Volksdichtung besteht, daran nicht mehr zn er« ^ kennen ist. Dann handelt es sich auch nicht darum, das ! Volkslied durch öffentliche Produktionen zu kultieren und > demselben mittelst kunstvollen Satzes einen musikalischen Werth beizulegen: je einfacher und kunstloser dasselbe ist, deslo höher steht es im Werthe, und das Kindliche, Gemüthliche, > das oft in einem solchen Liede liegt, wenn es im Natur« j gesange vorgetragen wird, verlöre sehr häusig seiuc ganze Weihe nnd innere Bedentung, wollte man dasselbe einem musikalisch gebildeten Gesangsvcreine mundgerecht machen. Die Absicht dcs historischen Vereines aber geht dahin, daa Volkslied echt und lü,vcrfälscht an der wahren Quelle zu sammeln, um es in seiner Originalität unverändert den Verehrern desselben für die kommenden Zeiten aufzubewahren. ! Aber das echte Volkslied ist bescheiden und anspruchloö; es ! bietet sich nicht an, sondern es muß gesucht weiden, wie i das Veilchen oder die Alpenrose, welche nicht in kunstvoll ! angelegten Gärteil gezogen werden, sondern von selbst an ! abgelegenen, steilen Punkten emporkcimen und blühen, um ^ im Stillen mit ihrem Dufte und ihrer Farbe Mutter Natur zu preisen. Darum wäre gerade die Mitwirkung der Schullehrer auf dem Lande beim Sammeln der Volkslieder für diesen Zweck sehr fördernd, da ihnen vielfache Gelegenheit geboten ist, mit jener Klasse in Berührung zu kommen, von welcher diese Gattung Poesie ausgeht; und diese Vcrmitt« lung ist nun einmal nothwendig, da derjenige, den die Natur trotz seiner kindlichen Unwissenheit zum Dichter gemacht, oder der diese anspruchlosen Dichtuugen im engen Kreise zur Geltung bringt, weder Zeitungen liest, noch von selbst auf den Gedanken geräth, seine Lieder könnten für die hochgebildeten Städter irgend ein Interesse haben. Daß aber das Lied und namentlich das Volkslied untcv allen Verhältnissen seine Geltung behält, lehren uns selbst kriegsbcweate Zeiten, in welchen dcn Musen in der Negel nur ein bescheidener Platz angewiesen ist, während das Lied in gewisser Beziehung selbst eine erhöhte Geltung erlangt. Wer kennt nicht die Wirkung eines patriotische,, Liedes;, wer öffnet nicht auch in ernster Zeit dem gemi'tthvollen Volks-licde Ohr nnd Herz? Es begleitet dcn Soldaten auf dein Marsche, wird von ihm im Lager wiederholt, und er erfrischt sich damit seinen Geist, wie er seinen Körper mit einem Schlucke gesunden Weines erquickt. Darum Ehre dem Volkslicde, und möge diesem vater« ländischen Unternehmen eine fortdauernde steigende Theilnahme erblühen; wir werden gewiß eine sehr reichhaltige Sa.nmlung der mannigfaltigsten stcicrmärkischen Volkslieder zusammenbringen, wenn Jedermann, dem hiezu die Gele-genhcit gegeben ist, selbe benutzt, um den Liederkranz unserer Vollspocfte um eine dieser Blumen ,;u vermehren, welche sparsam blühen, und darum gesucht sein wollen. Pstanzcntalg. Im Patentamt zn Washington hat man kürzlich Pro^ ben eines Pflanzentalgs erhalten, welcher von einem Strauch abstammt, der den botanischen Namen U^rikli'^n Cl>rilVl'u trägt. Die Talgmasse ist in einer Nnß von der Größe einer Wallnuß enthalten und ursprünglich'fleischig, geht aber in einen gelblichen Talg über, wenn sie in heißes Wasser gebracht wird. Sie soll sich sehr gut zu Kerzen eignen. Der Strauch ist in Mittel« und Südamerika heimisch u»d erlangt eine Höhe von ltt bis 12 Fuß. Seine Blüthen, welche vom Juli bis September erscheinen, sondern in großer Menge eine ölige Substanz ab, die durch Eintauchen in heißes Wasser gewonnen werden kann. Die Masse läßt sich sehr ! leicht reinigen und wird fest nud fast duichilchtig. Da der Strauch in einzelnen Gegenden in ungeheuerer Menge wächst, so beabsichtigt man in Amerika das Produft für die Industrie l nutzbar zn'machen. Auch Anbauversuche sollen mit der Pflanze ' in Washington vorgenommen werden. Einfaches Heilmittel. Ein ehemaliger französischer Arzt, Dr. Graud«Boulogne, welcher 1830 Arzt in Havanna war, will ein »nsehlbareö Mittel gegen dcn Crouu oder Halsbräune entdeckt haben, ! welches ganz einfach darin bestebt, daß u,an im Munde des i Kranken fortwährend kleine Eisstückchen erhält. Welches ! auch immer der Grad der Krankheit gcwcsen sci, versicherte j er: stcts reichten 24 Stunden hin, um jede Gefahr zu be-' i scitigcn. (Es dürfte nur oft sehr schwer sein, zumal aus l dem Lande, zu jeder Stuude Eis zu finden.) Truct und Verlag von IgN. V. KlcinmayV i5 F. Bamberg in Laidach. — Vcrautworllichcr Ncdacttur F. VtlMberg.