DIE GATTIN DES CAESARS GALLUS — HIESS SIE CONSTANTINA ODER CONSTANTIA? JOSEF ČEŠKA Universität, Brno Nach Angabe des Ammianus M arcellinus (XX I 1,5) w urden im Jahre 360 die sterblichen Ü berreste von Julians Gattin Helena, die sein Bruder, der Kai­ ser (Augustus) Constantius II., fünf Jahre vorher an seinen damals zum Cae­ sar ernannten Vetter verheiratet hatte, von Gallien nach Rom gesandt und in der G ruft an der Nom entana-Strasse beigesetzt, wo schon ihre ältere Schwe­ ster, die ehemalige Gattin von Julians H albbruder Gallus, beerdigt war. Im Mausoleum, das einst an das südliche Seitenschiff der Agneskirche anschloss und das als Chiesa di Santa Costanza erhalten blieb, befand sich noch im XVIII. Jh. d er Sarkophag der Stifterin,1 der jetzt in der Sala a Croce greca im V atikan zu sehen ist.2 Eine alte katholische Legende berichtet von der heiligen Jungfrau Constantia, die m an entw eder für eine Tochter Constan­ tins des Grossen3 oder — im Gegensatz zu den Quellen — für dessen Halb­ schw ester4 hält und von der m an fabelte, sie sei eine from m e Christin ge­ worden, nachdem sie am Grab der hl. Agnes von einer gefährlichen Krank­ heit genesen war, und m an glaubte, dass sie seit ihrer Bekehrung zum Chri­ stentum bis zu ihrem Tod — also eine lange Zeit, bevor sie in der herrlichen, nach ihr benannten Rundkapelle bei S. Agnese in Rom bestattet wurde — keusch und gottgefällig lebte.5 In der Apsis der Agneskirche las m an noch zu Beginn des VI. Jh. ein ver­ m utlich von Damasus, dem Bischof von Rom in den Jah ren 366—384, verfass­ tes Epigram m , in dem sich eine gewisse C onstantina des from m en Eifers rühm t, den sie sich zu Ehren der M ärtyrerin auferlegt habe, und in dem sie als Stifterin der Agneskirche au ftritt :6 Constantina deum uenerans Christoque dicata Omnibus im pensis deuota m ente paratis Numine diuino m ultum Christoque iuuante Sacraui tem plum uictricis uirginis Agnes, Templorum quod uincit opus terrenaque cuncta, Aurea quae rutilant sum m i fastigia tecti. Homen enim Christi celebratur sedibus istis, Tartaream solus potuit qui uincere m ortem Inuectus caelo solusque inferre trium phum Nomen Adae referens et corpus et omnia membra A mortis tenebris et caeca nocte leuata. Dignum igitur m unus m artyr deuotaque Christo Ex opibus nostris per saecula longa tenebis, O felix uirgo m em orandi nominis Agnes. Ich beabsichtige nicht, die Frage zu beantw orten, was Constantina, deren Namen d er erste Hexameter sowie auch das A krostichon (CONSTANTINA DEO) bezeugen, m it der heiligen Constantia gemeisam hat, denn vom histo­ rischen S tandpunkt aus steht es ausser allem Zweifel, dass im Rundbau, der jetzt S anta Costanza heisst, die Tochter Constantins d. Gr. begraben wurde, die in den Jahren 335—337 als Gemahlin des rex regum et Ponticarum gen­ tium H annibalianus den Titel Augusta erhielt und im J. 354 im Ehenstand m it dem Caesar Gallus — kurz vor dessen elendem Ende — gestorben ist.7 Diese F rau w urde jedoch von Ammianus M arcellinus als eine Megäre in Menschen­ gestalt charakterisiert und wegen ihrer Schadenfreude und Blutgier kritisiert,8 weshalb es m anche Forscher, die das Leben der Christen am Ausgang des Alter­ tum s zu idealisieren pflegen, fü r unmöglich halten, sie könnte m it der Stif­ terin der Agneskirche in Rom identisch sein.9 Von dieser liest m an näm lich im Codex Parisinus 13348 (olim Sangermanensis — saec. V III—IX ) f. 78: Constantina itaque agusta cum esset prudentissim a et uehem enter litteris mundialibus erudita, hos uersiculos in dedecatione basilicae dictauit et super archum, qui basilicam contenet, iusset scribi; und was die Identifizierung der S tifterin m it der Tochter des Kaisers C onstantin I. betrifft, so ist der Codex Am brosianus D 36 sup. f. 18 erwähnenswert, obgleich die einleitenden W orte uersus Constantinae Constantini filiae scripti in absida basilicae quam condidit in honore sanctae Agnes sam t dem Epigram m w ahrscheinlich erst im IX. oder X. Jh. der etwa um 300 Jahre älteren H andschrift beigefügt w urden.1 0 Man weiss nicht, ob Constantin I. m ehr als zwei T öchter hatte, denn ausser Helena, der Gattin Julians, ist nam entlich nur ihre ältere Schwester bekannt,1 1 die zweimal — m it dem König Hannibalianus und m it dem Caesar Gallus — verheiratet w ar und die vom jungarianischen K irchenhistoriker Philostor- gios als älteste Schwester der Augusti Constantius II. und Constans bezeich­ net w urde.1 2 Nach d er Meinung Otto Seecks1 3 hiess sie w eder Constantina, wie es bei Ammianus M arcellinus XIV 11,22 und XXI 1,5, in E pitom e de Caesaribus 42,1 und in Johannis Monachi Passio s. Artem ii 14 ( = A. Mai, Spicilegium Rom a­ num IV 350) bezeugt ist,1 4 noch Constantiana, wie aus der handschriftlichen Tradition der sog. Excerpta Valesiana 35 folgt, sondern Constantia, weil diesen N am en die m eisten Quellen aufweisen: Ammian. XIV 7,4; Zosim. II 45,1; Petr. Patrie, frg. 16 (C. M üller, FHG 4, p. 190); Zonar. X III 8, p. 16 B; Philostorg. III 22, III 28 und IV 1; Chron. pasch, a. 350, § 2 (M ommsen Chron. min. I = MGH, auctorum antiquissim orum tom . IX, p. 237). Ausser der grösseren Zahl der Belege fü r Constantia beachtet O. Seeck auch die Sitte der spätantiken Römer, die ältesten Kinder nach dem Grossvater zu benennen, aber diese Argum entation w ird schon dadurch entkräftet, dass von den Söh­ nen Constantins I. nach dem Grossvater erst der dritte Constantius hiess, w ährend der zweite den Namen des Vaters trug.1 5 Die Tatsache, dass Crispus und Constantinus II. von unehelicher Geburt w aren und dass Fausta dem Kaiser Constantin als legitime Gattin erst die jüngsten Söhne, d. h. Constan­ tius II. und Constans, schenkte, spielt in diesem Falle — glaube ich — keine m assgebende Rolle, denn die unehelichen Söhne Constantins w urden den ehelichen nicht nur gleichgestellt, sondern wegen ihres höheren Alters sogar vorgezogen.1 6 Von den literarischen Quellen, in denen die ehemalige Witwe des Königs H annibalianus und spätere G attin des Caesars Gallus u n ter zwei Namen auf- tritt — w oraus natürlich ein gewisses Chaos in der Fachliteratur entstand1 7 —, kann n u r das Geschichtswerk des Ammianus Marcellinus als prim äre Quelle betrachtet werden, denn der Verfasser erlebte in Antiochia als Augen- und Ohrenzeuge die Hochverratsprozesse, die dort im J. 354 auf Gallus’ und seiner Frau Anlass stattfanden. Deshalb m usste er den echten Namen der damaligen ersten Dame im röm ischen Osten, die er als Königin ( regina) bezeichnete,1 8 kennen. Doch auch die massgebende Handschrift seines Werkes, d. h. der Kodex V,1 9 gibt leider keine eindeutige Antwort, weil in ihr beide Namens­ formen Vorkommen, einmal Constantia und zweimal Constantina. Von 4en zeitgenössischen Herausgebern des Ammianus liess sich Wolfgang Seyfarth durch die Argum entation Otto Seecks für die Lesart Constantia beeinflussen,2 0 w ährend Edouard Galletier und sein M itarbeiter und Fortsetzer Jacques Fon­ taine die V ariante Constantina bevorzugt haben. Auch sie — wie der franzö­ sische Name C onstande in ih rer ersten Anmerkung bezeugt — scheinen zwar ursprünglich zur Nam ensform Constantia geneigt zu haben,2 1 endlich aber sind sie zum Ergebnis gelangt, dass die ältere T ochter Constantins Con­ stantina hiess. Diese Stellungnahme verfechten sie folgenderm assen : »Constantina, fille aìnée de Constantin et soeur de l’em pereur Constance II, regoit déjà le titre d ’ Augusta du vivant de son pére. Elle épouse en 335 Hannibalianus, fils de Delmatius et petit-fils de Constance Chlore et Théodora; roi du Pont, Hanni­ balianus fu t exécuté deux ans plus tard. A la suite de l’ usurpation de Mag- nence, elle incite Vétranion à prendre à Sirm ium le titre d'Auguste et per­ suade son frère, l’ em pereur Constance II, de le reconnaìtre. Remariée à Gallus à Sirm ium en 351, elle devient, à en croire Ammien, son mauvais génie. Devan- qant son m ari pour tenter de le sauver en intervenant personnellem ent auprès de son frère Constance II, elle m eurt en route au relais de Caeni Gallicani en Bithynie (Amm. 14,11,6). Son mausolée, élevé près de Sainte-Agnès sur la voie Nom entane, reste à Rome l’ un des m onum ents du IVe siècle les mieux con- servés. Ce mausolée s’ ouvrait su r la nef latérale de la basilique que Constan­ tina (nom assuré par le poème épigraphique de Damase qui s’ y réfère : 71, p. 248 Ferrua) avait fait élever, sans doute pendant son veuvage entre 337 et 351, en l’ honneur de sainte Agnès, à còté de la basilique antérieure et plus petite que lui avait sans doute fait élever Constantin : cf. en dernier lieu A. P. Frutaz, Il complesso m onum entale di S an t’ Agnese e di Santa Costanza, Città del Vati­ cano, 1960 .. ,«.2 2 Die französischen Editoren des Ammianus M arcellinus nehmen also zur Ansicht Seecks eine ablehnende H altung ein, ohne jedoch einen neuen Beweis zu liefern.2 3 Dieser muss m einer Meinung nach im schwülstigen und rhyth­ m isch gegliederten Stil des Ammianus gesucht werden, von dem W. Seyfarth u n ter anderem geschrieben h at: »Die W ortstellung ist bei Ammianus Mar­ cellinus o ft ausserordentlich m erkw ürdig. Der Grund dafür, dass er eine sol­ che W ortstellung anwendet, dürfte darin zu erblicken sein, dass er seine H örer bew usst in E rstaunen versetzen will. Am Ende einzelner Sätze oder Satzteile dagegen ist die Stellung der W örter durch den Satzrhythm us bedingt, der allerdings bei diesem Autor wie bei vielen anderen A utoren des ausgehenden 4. Jah rh u n d erts und späterer Zeit, so bei Augustin u nd in der Sprache der kaiserlichen Gesetzgebung, im Gegensatz zur klassischen L iteratur nicht auf der quantitierenden Betonung, sondern auf dem W ortakzent beruht.«24. . . »Folgende Form en des Kursus sind bei Ammianus M arcellinus am gebräuch­ lichsten : planus ~ ~ ~ -o ~ = expeditionis euéntus, tardus *>-----~ ~ ~ = pärtium änimis, velox ~ x, ~ = frégerat et labórum. Nicht aus­ geschlossen ist die Form ~ ----- -----x, ~ ,«2 5 Trotz scharfsinniger Verbesserung mancher Lesarten m it Bezug auf den Kursus,2 6 der übrigens auch m ir bei meinen textkritischen Versuchen schon m ehrm als zur Richtschnur diente,2 7 lässt Seyfarth bei der Bevorzugung der Nam ensform Constantia die rhythm ische Hinsicht erstaunlicherw eise ausser Betracht, denn der passende K ursus befindet sich w eder in den Satzteilen XIV 7,4 quam Constdntia exültans und XIV 11,22 iuguläuerit Constantia noch am Ende des ganzen Paragraphen XXI 1,5 sepülta est Constdntia. Dagegen stim m t die Lesart Constantina m it dem Satzrhythm us in allen Fällen ü b erein :2 8 XIV 7,4 quam Constantina exültans (cursus planus) ut in tufo iam locata mariti salute (c. planus) muneratam uehiculóque inpósitam (c. tardus) per regiae ianuas em isit in publicum (c. tardus). — XIV 11,22 ad quae Adrasteo pallóre perfusus (c. planus) hactenus udluit lóqui (c. planus), quod plerosque incitante coniuge iuguläuerit Constantina (c. velox), ignorans profecto (c. p la n u s),. . . — XXI 1,5 inter haec Helenae coniugis defunctae su­ prema m iserat Róm am (c. planus) in suburbano uiae Nomentanae condénda (c. planus), ubi uxor quoque Galli quondam, soror eius, sepülta est Constan­ tina (c. velox).2 9 Überdies weist sogar die Tatsache, dass im Fuldaer Kodex zweimal (XIV 11,22 und XXI 1,5) die Lesart Constantina vorkom m t, auf die höhere W ahr­ scheinlichkeit dieser Namensform hin. Deshalb w urde schon vom XVI. Jh. an die Lesart Constantia in XVI 7,4 als unrichtig betrachtet. Ihre Änderung in Constantius, die Petrus Castellus in seiner Editio Bononiensis vom Jahre 1517 vorgenomm en hat, zeigt zwar n u r ein unüberlegtes Tun des Em endators, aber die Lesart Constantina, die 1533 sogar zweimal und gegenseitig unabhängig zur Geltung gekommen ist, stützte sich schon auf die exaktere Methode. Doch w ährend Mariangelus Accursius, der seine Ausgabe in Augsburg im Mai 1533 beendete, den Eigennamen in XIV 7,4 demjenigen in XIV 11,22 und XXI 1,5 anpasste, konnte Sigismundus Gelenius, dessen Ausgabe nur zwei Monate später in Basel erschien, in der alten Handschrift, die ihm der Abt des Hels­ felder K losters zur Verfügung gestellt hatte, U nterstützung gefunden haben. Und was den Wert dieser H andschrift betrifft, die nach 1533 ausser den sechs im Jahre 1875 entdeckten B lättern — d. h. ausser den sog. M arburger Frag­ m enten — verloren ging, ist jetzt überzeugend nachgewiesen, dass sie einst auch den Schreibern des Fuldaer Kodexes als Vorlage diente.3 0 In der handschriftlichen Überlieferung des amm ianischen Textes darf m an also den Namen C o n s t a n t i n a für echte Lesart halten, und sie ist höchstwahrscheinlich zugleich richtig, denn auch das oben erwähnte epi­ graphische Gedicht lässt niem anden darüber in Zweifel, dass die Stifterin der Agneskirche in Rom C onstantina hiess. Und wenn sich die Gattin des Caesars Gallus, obgleich sie in Kleinasien gestorben war, an der Via Nomentana bei Rom im Mausoleum bestatten liess, das — ursprünglich vielleicht als Baptiste­ rium geplant3 1 — m it der Agneskirche ein Ganzes bildete, dann m usste sie allem Anschein nach m it der Stifterin dieses architektonischen Komplexes identisch sein.3 2 Diese Feststellung darf allerdings niem anden überraschen, denn im IV. Jh. lebten viele machtvolle Persönlichkeiten — unter ihnen selbst der Caesar Gallus3 3 — bei denen sich giosität paarten. 1 F. W. Deichmann, Frühchristliche Kirchen in Rom (Basel 1948), S. 25 ff. und 80; A. P. Frutaz, Il complesso mu- numentale di Sant’ Agnese e di Santa Costanza (Città del Vaticano 1960), S. 72 bis 79. 2 F. W. Deichmann, op. cit., Abb. 1 7 und S. 81; A. P. Frutaz, op. cit., S. 79 f. 3 Joh. Ev. Stadler — F. J. Heim, Voll­ ständiges Heiligen-Lexikon oder Lebens­ geschichten aller Heiligen, Seligen etc., I (Augsburg 1858), S. 663. — Vgl. Pseudo- Ambrosii Passio gloriosae virginis Agne- tis (B. Mombritius, Sanctuarium [Pari­ siis 1910] I, p. 43): ad Constantiam Con­ stantini Augusti filiam 4 F. von Sales Doyé, Heilige und Se­ lige der römisch-katholischen Kirche I (Leipzig 1929), S. 221, behauptet, die hl. Constantia sei die Tochter des Constan­ tius Chlorus und der Theodora gewesen. Dagegen wurde sie in der Passio ss. Gal­ licani, Iohannis et Pauli, wo Constantia auch als Constantini Augusti filia auf- tritt (B. Mombritius, Sanctuarium I, p. 569), einmal als Tochter der Helena be­ zeichnet (ibid. p. 571): Tunc cum Augusto intrante pallatium Gallicano, occurrit He­ lena cum filia sua Constantia. — Vgl. auch Liber pontif. 34,23 (MGH Gesta pon- tif. Rom., vol. I [Berolini 1898], ed. Th. Mommsen, p. 62): Eodem tempore fecit (scii. Constantinus) basilicam sanctae martyris Agnen ex rogatu Constantiae filiae suae et baptisterium in eodem loco, ubi et baptizata est soror eius Constan­ tia cum filia Augusti a Silvestro epi­ scopo. skrupellose N atur und christliche Reli- 5 Acta sanctorum, Febr. III (Parisiis et Romae 1865), p. 67—72; vgl. auch B. Mombritius, Sanctuarium I, p. 43 f. und 569—571. 6 Damasi Epigrammata 84, ed. M. Ihm, Lipsiae 1895 = Epigrammata Da- masiana 71, ed. Ant. Ferma (Roma 1942), wo jedoch — abgesehen von irgendwel­ chen Abweichungen in der Transkription und Interpunktion — auch zwei hand­ schriftliche Varianten Vorkommen (v. 2: impensis codd. Ihm, inpensis »secun­ dum morem tunc communiorem in lapi­ dibus« Ferma; v. 4: sacraui codd. saec. V ili—IX Ihm, sacrauit codd. saec. X, XI, XII Ferma). 7 Vgl. A . Lippold, Der kleine Pauly I (Stuttgart 1964), S. 1283 f., s. v. Constan­ tia 2. 8 Ammian. XIV 1,2 Megaera quaedam mortalis, inflammatrix saeuientis (scii. Galli) adsidua, humani cruoris auida ni­ hil mitius quam maritus; vgl. ibid. XIV L8; 7,4; 9,3. 9 Vgl. J. R. Haarhaus, Rom (Leipzig 1925), S. 430: »Die hier (d. h. in der Kirche S. Costanza) bestattete Kaiser­ tochter, ,ein Ungeheuer an Unsittlich­ keit und Grausamkeit’, ist nur versehent­ lich in die Gesellschaft der Heiligen ge­ raten: man hatte sie nämlich mit der frommen Matrone Constantina verwech­ selt, die den Kaiser zum Bau einer Kirche über dem Grabe der heil. Agnes bewogen haben soll.« — Vgl. auch Acta sanctorum, Febr. III, p. 71: Duae fuere S. Constantiae sorores magni Constan­ tini filiae, harum altera, Constantina seu Flavia Iulia Constantina dicta, a patre coniunx primo tradita est Flavio Claudio Hannibaliano . . q u o mortuo a Con­ stantio fratre data est uxor Gallo Cae­ sari ... Proximo post obitum eius anno altera soror, Helena nomine, nupsit Iu- liano Caesari.. 1 0 Vgl. Damasi Epigrammata, ed. M. Ihm, Praefatio S. XXVII f. 1 1 In den Stammtafeln der constanti- nischen Dynastie werden nur zwei Töch­ ter Constantins d. Gr. registriert; vgl. A . Piganiol, L’ empereur Constantin (Paris 1932), S. 227, und W. Seyfarth, Römische Geschichte — Kaiserzeit 2 (Berlin 1974) in der hinter S. 536 eingeklebten Beilage. 1 2 Philostorg. III 22. 1 3 RE IV (Stuttgart 1900), Sp. 958 f„ s. v. Constantia 14. 1 4 In der Artemii Passio des Johannes von Rhodus gibt es drei handschrift­ liche Varianten: ymvaxcmtva T, y .to v a-cav -rfv a RSM V Symeon Cod. B, y.covaxavxia P Sy- meon Cod. A (vgl. Philo stör gius, Kirchen­ geschichte, hrsg. von J. Bidez; 2. Aufl. besorgt von F. Winkelmann [Berlin 1972], S. 56). 1 5 Die Regel, die ältesten Kinder nach dem Grossvater zu benennen, findet auch in den Familien der Halbbrüder Constantins, d. h. des Flavius Dalmatius und des Julius Constantius, keine Bestä­ tigung (vgl. Piganiol, a. a. O.). 1 6 Constantin I. hat schon am 1. März 317 sowohl den zehn- oder zwölfjährigen Crispus als auch den etwa einen Monat alten Constantinus II. zu Caesaren er­ nannt. Demgegenüber wurde Constantius II., am 7. August 317 geboren, im Jahre 324 zum Caesaren erhoben und erst im Jahre 333 kam der jüngste, damals zehn­ jährige Prinz Constans an die Reihe. Vgl. O. Seeck, Geschichte des Untergangs der antiken Welt IV (Berlin 1911), S. 3 und 377—379, und R. C. Blockley, Constan­ tius Gallus and Julian as Caesars of Con­ stantius II: Latomus XXXI (1972), S. 456 bis 460. 1 7 Auf beide Namen stösst man im ersten Teil der Cambridge Medieval History (Cambridge 1911), hrsg. von H. M. Gwatkin und J. P. Whitney, und zwar sowohl auf Constantina (S. 22 im von H. M. Gwatkin selbst verfassten Kapitel) als auch auf Constantia (S. 59 f. und 62 im Kapitel aus dem Feder J. S. Reid’ s). Den Namen Constantia bevorzugen — stich­ probenweise genommen — E. Stein, Ge­ schichte des spätrömischen Reiches I (Wien 19281, S. 200, 217 und 220, H. Lietzmann, Geschichte der alten Kirche III (3 Berlin 1961), S. 208 f. und 215, A. Piganiol, a. a. O. und L’ Empire chrétien (Paris 1947), S. 47, 55, 86 f. und 92, wo­ bei — was unsere Zeitgenossen betrifft — die einen (W. Seyfarth, op. cit., S. 381 und 389, und R. C. Biokley, op. cit., S. 439) diesen Namen als ein feststehendes Faktum annehmen, während die anderen (z. B. A. Lippold im Kleinen Pauly I, Sp. 1283) ihn nur für die wahrschein­ lichere Variante halten. Manche Ge­ schichtsforscher und Kunsthistoriker geben im Gegenteil der Namensform Constantina den Vorrang (z. B. J. Vogt, Der Niedergang Roms [Zürich 1965], S. 571 und 619. F. W. Deichman, op. cit., S. 25 und 80, und W. F. Volbach, Früh­ christliche Kunst [München 1958], S. 51), obgleich mitunter auch nur zurückhal­ tend oder sogar inkonsequent, wie es z. B. bei R. Bianchi Bandinelli. Rome — The Late Empire (London 1971) der Fall ist; denn in diesem Buch liest man nicht nur »Constantina, also known Constan­ tia« (S. 449), sondern auch bloß Constan­ tina (S. 102 f.) und Constantia (S. 281). 1 8 Ammian. XIV 1,3; 9,3. 1 9 Codex membr. saec IX Fuldensis, Vat. Lat. 1873. 2 9 Ammianus Marcellinus, Römische Geschichte. Lateinisch und deutsch mit einem Kommentar versehen von W. Sey­ farth. I. Teil, Berlin 1968. Vgl. S. 256, Anm. 4. 2 1 Ammien Marcellin, Histoire. Tome I (livres XIV—XVI). Texte établi et tra- duit par Édouard Galletier avec la colla­ boration de Jacques Fontaine. Paris 1968. Zum Namensform Constantia (franzö­ sisch Constancie) vgl. S. 195, Anm. 1 : »Flavius Claudius Constantius Gallus, fils du premier mariage de Flavius Ju­ lius Constantius avec Galla (et comme tel demi-frère de Julien, né du second mariage de celui-ci avec Basilina). Né en 325—326 en Étrurie, nommé César à Sir­ mium en 351 par Constance II et marié à sa soeur Constancie, à la suite de l’ usurpation de Magnence à Autun et du meurtre de C onstant...« 2 2 Ebenda, S. 195 f., Anm. 3. — Das zitierte Werk von A. P. Frutaz behandelt die Frage der »Constantina o Costanza, figlia di Costantino Magno e di Fausta« auf S. 28 f. 2 3 Denselben Standpunkt zu dieser Frage hat im wesentlichen schon M. Ihm eingenommen {pp. cit., S. 87): »Acre stichis inscripta erat apsidi basilicae, quam in honorem s. Agnetis Romae con­ diderat Constantina, quae Constantini Augusti filia putatur primum Hanniba- liano Regi nupta deinde Gallo Caesari (a. 351, cf. Amm. Marc. XIV 1,2; 7,4).« 2 4 Ammianus Marcellinus, Römische Geschichte I, S. 34 f. 2 5 Ebenda, S. 35, Anm. 1. 2 6 Vgl. ebenda, S. 49. 2 7 J. Češka, Ad Ammiani Marcellini libros XIV—XXI a W. Seyfarth novissi­ me editos adnotationes criticae: Eirene X (1972), S. 9—20; Ad Ammiani Marcelli­ ni libros XXII—XXXI a W. Seyfarth novissime editos adnotationes criticae: Eirene XII (1974), S. 87—110; De lacuna in Ammiano Marcellino XVII 12,7 nequi­ quam indicata: Graecolatina et Orien­ talia V (Bratislava 1973), S. 55—60. 2 8 Vgl. Ammiani Marcellini, Rerum gestarum libri qui supersunt. Recensuit rhythmiceque distinxit Carolus U. Clark. Vol. I, Berolini 1910. 2 9 Die Klausel enthält den passenden Kursus, auch falls er als planus (èst Constantina) betrachtet würde. Den Schluß des Satzes als tardus zu lesen {sepülta’ st Constantia) kommt im Gegen­ teil nicht in Betracht, da bei der rhyth­ mischen Gliederung der ammianischen Kunstprosa »vocales desinentes num- quam eliduntur« (Ch. U. Clark in der Vorrede zu seiner Edition, S. VII). 3 0 R. P. Robinson, The Hersfeldensis and the Fuldensis of Ammianus Marcel­ linus: The University of Missouri Stu­ dies, a Quarterly of Research, Vol. XI, 1936, S. 118—140. Vgl. auch W. Sey­ farth, Der Codex Fuldensis und der Co­ dex E des Ammianus Marcellinus: Ab­ handlungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Klasse für Sprachen, Literatur und Kunst, Jg. 1962, Nr. 2, S. 7 f. 3 1 Vgl. F. W. Deichmann, op. cit., S. 25. 3 2 Die Identifikation der inschriftlich bezeugten Kirchenstifterin Constantina mit einer anderen aus der Geschichte be­ kannten Frau kommt nicht in Betracht. Im Mausoleum an der Nomentana-Stras­ se wurde zwar auch die Gattin Julians, Helena, beerdigt, es ist jedoch ein Irr­ tum des Kirchenhistorikers Sozomenos (V, 2,22), wenn sie in den Quellen auch Constantia heisst; infolgedessen hat der byzantinische Historiker Theophanes, Chronogr. a. m. 5849, die Gattin Julians 'E X s v y jV T7)V x a l K w v a T a v T Ó a v (p. 38 A = p. 69, ed. Classen) sogar mit derjenigen Schwester Constantius’ vermischt, die den Heerführer Vetranio ( B p s r a v t c o v a ) zum Kaiser ausgerufen hat und die nach der Meinung des Theophanes K c o v a x a v -rfv a y ] xai 'EAs v y ) geheissen haben soll (p. 37 B = p. 67, ed. Classen; in der oben erwähn­ ten Edition der Kirchengeschichte des Philostorgios, wo einige Abschnitte aus Theophanes [ed. de Boor] abgedruckt sind, liest man aber auch hier [S. 219] K w v a x a v x ia ) . — Ausser acht lässt man ebenfalls die Halbschwester Constantins und in den Jahren 313—324 Gattin sei­ nes Mitkaisers Licinius, obwohl sie in den Quellen nebst dem echten Namen Constantia auch einen anderen, Constan­ tina, trägt (Philostorg. I 9). Vom metho­ dologischen Gesichtspunkt aus kann viel­ leicht bemerkenswert sein, dass O. Seeck s. v. Constantia 13 (RE IV, Sp. 958) von dieser Variante keine Notiz genommen hat und daß er sich mit dem Fragment der Inschrift CIL VI 1153 = Dessau ILS 711 begnügte, ohne der Tatsache eine grössere Bedeutung beizulegen, dass hier der Name unvollendet in der Form D.N.FL.IVL.CONSTANTI erhalten blieb. 3 3 Trotz der persönlichen Grausam­ keit (vgl. Ammian. XIV 1,1; 7,1—3; u. a.) und den machthaberischen Missgriffen, die Gallus mit dem Leben büsste, galt er in der Kirchenwelt als ein zwar leicht erregbarer, sonst aber recht frommer Christ (Greg. Naz. Orat. IV 24; weitere Quellenangaben siehe bei O. Seeck, Ge­ schichte des Untergangs der antiken Welt IV, S. 123 und 439 f.; vgl. auch R. C. Blockley, op. cit., S. 438). ALI SE JE ŽENA CARJEVIČA GALLA IMENOVALA CONSTANTINA ALI CONSTANTIA? Povzetek Zgodovinarji si niso na jasnem, kako se je imenovala hči Konstantina Velikega, ki je bila v letih 335—337 omožena s pontskim kraljem Hanibalianom, in v letih 351—354 s carjevičem Gallom. Literarni viri jo navajajo kot Konstantijo (Ammian XIV 7,4. Zosim. Il 45,1. Petr. Patrie, frg. 16. Zonar. XIII 8, p. 16 B. Philostorg. III 22, III 28 in IV 1. Chron. pasch, a. 350, § 2) in Konstantino (Ammian. XIV 11,22 in XXI 1,5. Epit de Caess. 42, 1. Joh. Mon. Passio S. Artemii 14) oziroma Konstantiano (Exc. Vales. 35). O. Seeck (RE IV 958) je dal prednost imenu Konstantia, kar so prevzeli številni mlajši raziskovalci (npr. J. S. Reid, E. Stein, H. Lietzmann, A. Pi- ganiol, W. Seyfarth). Naj bo omenjeno v tej zvezi še dejstvo, da nosi od srednjega veka dalje mavzolej ob Nomentanski cesti v Rimu, v katerem je bila Konstantinova hči pokopana, kot cerkev ime Santa Costanza. Vendar je imel ta mavzolej, ki je bil prvotno morda grajen kot baptisterij, ko je postal cerkev isto ustanoviteljico kot cerkev Sv. Agneze (Sant’ Agnese), s katero je bil arhitektonsko spojen; ime po­ bliže nedoločene ustanoviteljice, pa je bilo — kot vidimo iz napisa v verzih z akro­ stihom — Constantina (Damasi Epigrammata 84 ed. M. Ihm = Epigrammata Dama- siana 71 ed. A. Ferma). Med literarnimi viri je treba vsekakor dajati prednost Amijanu Marcelinu, ki je v času procesa (leta 354), ki se je končal z obsodbo carjeviča in njegove žene, živel v istem mestu kot onadva, v Antiohiji, in je nedvomno dobro vedel, kako se je po njegovi oznaki Megaera quidam mortalis (XIV 1,2) imenovala. Ker nastopata v rokopisu V (Codex Fuldensis, Vat. Lat. 1873) obe imeni — XIV 7,4 Constantia; XIV 11,22 in XXI 1,5 Constantina — mora eno od obeh biti napačno. Humanist Accursius piše v svoji ediciji iz leta 1533 na vseh citiranih mestih sicer Constantina, kar je nedvomno rezultat poenotenja; Gelenius pa, čigar edicija je le nekoliko me­ secev mlajša, se je pri svojem čitanju mesta XIV 7,4 (Constantina) oprl na Hers- feldski rokopis, od katerega so se nam ohranila zgolj t. i. fragmenta Marburgensia in od katerega je bil v 9. stoletju prepisan codex V. Katera oblika je v Ami j ano vem tekstu prvotna, lahko pokaže pregled ritmičnih klavzul. Iz njih izhaja, da je na vseh treh mestih ime Constantina v skladju z Ami- janovim ritmiziranim slogom (XIV 7,4 Constantina exültans [cursus planus], XIV 11,22 iuguldverit Constantina [c. velox], XXI 1,5 sepülta est Constantina [c. velox]), dočim se ime Constantia ne vključi v značilen ritem. Zato lahko ime Constantina smatramo za pravo obliko, ki jo potrjujejo tudi omenjeni verzi s cerkve Sv. Agne­ ze. Verzi so se sicer ohranili le v srednjeveškem prepisu, vendar je o obliki imena komaj mogoče dvomiti, ker je v njih akrostih Constantina deo in še ustanovite- ljičino ime v pravem heksametru: Constantina deum venerans Christoque dicata, kjer je bila druga oblika metrično nedopustna. Ni mogoče dvomiti niti o tem, ali je ustanoviteljica arhitektonskega kompleksa Sant’ Agnese—Santa Costanza identič­ na z ženo carjeviča Galla oziroma ali se je v njem dala pokopati, čeprav je umrla v Mali Aziji. Ta ugotovitev ne preseneča, kajti v 4. stoletju je živelo mnogo vodilnih oseb — med njimi je bil tudi carjevič Gallus — v katerih se je brezobzirna narava spajala s krščansko pobožnostjo.