Karoünn in nnivsrritetnn knjirnics 109664 c H E L a y b a ch, gedruckt dey Johann Friedrich Eger landschaM. Buchdrucker. 1776. . H von den Abläßen Und ins besondere von dem Ablasse des I Jubeljahres M aus Befehl Seiner snrstl. Gnaden U U des Herrn Oräimrü herausgegeben. M c§S (O> » ,4s 10966^k s? X X 7> Tx--I r F8°K, 8^- '.Z H,DF^ F^°A. M . Lypktan, der er k ek einige Führe hernach die Kirche mit ei» > n r neuen Verfolgung unter den Kaisern ' Gallus und Voluftanus bedrohet sah, ver» > sammelte einen Kirchenrath von etlichen > Bi Höfen m Larthags, allwo nach einer ' reifen Ukderlegung einhellig beschlossen wurs > de, daß die Bischöfe die langen Bußwcr- ke, die sieselbsten anordneten, Nachsehen, und die Büßenden versöhnen sollen, UN sie durch diese Nachlassung selbst anzufris scheu, für den Glauben desto beherzter M streiten. DerKirchenrakb gab dem HH)ab» fte Cornelius von Licser Anordnung Nach» ncht, und erinnerte ihm die Bewegursschs derselben. Die Noth sagten die Bischöfe, hat uns zll der Entschließung gebracht de¬ nen den Frieden mitzutheilen ( das ist: die Wtderherstellung in die heilige Gemeinschaft der Kirche) welche von dem Lage ihres Falls an nicht unterließen Buße zu thun, Zähren zu vergießen, und zu dem Herrn zu beten. Sie erklären zugleich, daß wemk die Kirche dey Frieden stäts gehabt hätte, ks ihnen nicht eingefallen wäre, die Zeit ihrer Bußen abzükürzem Billig zöge man die Buße eine längere Zeit hinaus, so lang man den Frieden und die Ruhe genoss Obschon aber damals die Nvthweudigkcit wegen dringenden Umständen eine Nach» sicht erzwungen hat, so hak doch kein Bi« schor (*) Lx. Z4, Z2 schof, weder der H. Lyvrian selbst als er¬ ster Bischof in Afrika etwas allein, und durch eignes Ansehen getyan. Man rief einen zahlreichen Kirchenrath zusammen, in welchem der Gegenstand erforschet wur¬ de : man gab dem Pabste von dem, waS geschloffen ist worden, umständliche Nach¬ richt : man sagte wir haben uns in der Noch befunden nicht nur allein die Ster¬ benden, sondern auch die im Leben, und dey guter Gesundheit ffnd, wiederum zur H. Gemeinschaft anzunehmen , um jene nicht bloß, und ohne Waffen zu lassen, die wir zum Streite ermahnen, sondern sie mit dem Beystande und dem Schutze, welchen sie in der Theilnehmung an dem Fleische und Blute Jesu Lhristi finden können, zu versehen. Damit man aber um Lauigkeiten einzuführen dieses Bey- spiel nicht mißbrauche, erinnern sie sorg- föltig folgendes: daß sie den Frieden nicht denen mittheilen, welche in ihren Unord¬ nungen noch schlafen, und in Wohllüsten leben, sondern nur jenen, welche wachen, die Waffen wider sich selbst führen, und Ley Ueverkommung des Friedens sich nicht feig, sondern zum Streite immer fertig halten. Diese Beyspiele entdecken uns voll¬ kommen in AuSthetlung der Ablage den wah- ZZ wahren Geist der Kirche: einen Geist Lee Liede, der Sanftmuth, und der Will» fährlgkeir, aber einer Willfährigkeit/ die stärs weise, vorsichtig und standhaft ist; die zwar devacvt ist, die Büßende zu trösten, und ar,Dftischen, doch zugleich die Stärke der Buggeietze zu handhaöen; die sowohl wider eme Schärfe, weiche die Sünder in Kieilimültzigkelt, und Bcrzweistung setzen könnte, als wider eine Leichtigkeit die zn nichts rangt, als sie zu verölenden, und den Rückfall in die Laster desto freyer M machen gleichviel aufmerksam ist. Mit dies ser Bescheidenheit, und Behutsamkeit hat derKlrchenrarh zuLrient verlangt, daß man Abläße mittheile, auf das sie dem christli¬ chen Volke wahrhaft heilsam seyn, und dis Nirchenzucht mittels einer Mr zu Mosten Leichtigkeit nicht entkräftet werde. Lever Schritt der von diesenGrundsätzen, auf wel¬ che die Alten gehalten, und welche dre letz¬ ten allgemeine Klrchenräthe erneuert haben, a-weichen würde,wäre ein Mißbrauch; und dieser Mißbrauch muß nicht der Kirche, son¬ dern den Dienern der Kirche, welche ihrem Gerste zu folgen und ihre Gesetze zu beobach¬ ten vernachläßigen zur Lastgeleget werden» Dieß muß man voraussetzen, um sich an dem, was itzt folgt, nicht zn stoffen. L 84 4. Die Bischöfe von i2telr und izten Jahrhunderte haben für alle Gattungen frommer Werke Abläße mitgetheilt (*), als für einen Kirchenbau, für eine Unterhal¬ tung eines Spitals oder sonst für gemein- nützliche Errichtungen als Brücken, Heer¬ strassen , Pflafterwege und dergleichen; diese Ablaße galten freylich wohl nur zum Lheile statt einiger Bußwerke, wenn man aber mehrere zusammen nahm konnte man sich von allen auslösen. Lehrer und auch Bischöfe von selbigen Zeiten vertheidtgten diese Abläße mit einem eitlen Wortgeprän¬ ge und bemüheten sich zu erweisen , daß solche erstbeschriebene Werke, den regel¬ mäßigen Bußwerken vorzuziehen wären. Diese Menge der Abläße und die Leichtig¬ keit sie zu gewinnen, rissen die alte kirch¬ liche Bußzucht zu Boden. Der vierte Kir¬ chenrath im Lateran Anno rriz. hat sich sehr bemühet dieser Abweichung zu steuern. Er nennet diese Abläße unbescheiden und verschwenderisch, und sagt: daß sie die Schlüße! der Kirche verächtlich machen, und der qenugthuenden Buße abbrüchig seyen. Um diesen Mißbräuchen Einhalt zu thun, hat der Kirchenrath befohlen, daß anstatt, daß die Bischöfe bis dahin ohne Ausnahme alle Abläße austheilen konn¬ ten, sie in das künftige nicht mehr als ein Jahr zur Kirchenwephezeit, und an an- Zf andern Festtagen, oder Gelegenheiten nue 40 Lage Adlcm ausspenden sollen. Hie- mit ist es rtzt dem Pabste allein vorbehal« ten vollkommene Ablätze zu ertheilen. Da aber nach bet Kirchenversammlung im La¬ teran die Pabste selbst die Gewalt diese Ablaße auszutheilen nicht allezeit mit Mäßigkeit gebraucht, und einige unter ih¬ nen Mcsehen haben, daß ihre GewaltS- träger eluen schändlichen Handel damit trieben, der im i6ten Jahrhunderte dm Aufstand des Luthers wider die Kirche veranlasset hatte, hat der Kirchenrath von Lrient nicht nur allein ein großes Verlan¬ gen gezelget, daß man sich in diesem Stü¬ cke bey dem weisen und gemäßigten Ge» brauche des Altrrthums halten möchte, sondern er har auch befohlen, daß man aller Orten sich bemühen solle, die Unord¬ nungen, und Mißbräuche, die in Austhei- lung der Abläße eingeschilchen sind, abzu* stellen. III. Wer kann den Ablaß gewinnen- und worinnen besteht die Nutzbar¬ keit der Ablaße? i. Derjenige betrügt sich in dem Ge¬ schaffte seines Heils sehr gefährlich, wel¬ cher z6 cher glaubt, -aß man Abläße ohne wahr¬ haft bekehrt zu seyn, gewinnen könne, und daß hiezu das Beichten, und die Verrich¬ tung der in dem Ablaßbriefe vorqefchrie» denen Werke schon genug sey. Die Päb- ste selbst erklären in ihren Bewilligungen, daß ste selbe nur den wahrhaft reumüchi- Yen und Süßenden mitthetlen. Die Ab¬ läße gehören also nur für die, welche den Geist der Buße haben, und dieß sagt al¬ les , wie wir es bewiesen haben. Denn der diesen Geist nicht hat, kann solche Wohltbat der Kirche nicht genießen. Sie Liechet diese zwar allen an: der Geist der Buße aber ist eine Bedingniß, ohne wel¬ cher ste niemand erhalten kann. 2. Der Ablaß ist also sehr nützlich, Ersten«: denen, welche nach einer wah¬ ren Bereuung ihrer Sünden einen aufrich¬ tigen Willen haben, Gott durch eine ge- meßne Buße für ihre Sünden genug zu thun, nnd wenn ste auch die Zeit oder Leibskräfte ihre Buße, nach aller Länge nnd Schwere zu erfüllen nicht Haden, doch ernstlich und ohne Heucheley ftlbe adzu» buffen, und durch Anwendung hinreichen¬ der Mittel stch ferners vor Sünden m hü¬ ten bestissen stnd. Zweitens : schaffet er Len Frieden, und die Ruhe des Gewissens demjenigen, der, da er nach der Maße Z7 feiner Sünden alle mögliche Bußwerks verrichtet hat, annoch fürchtet, daß alles, was er gethan, noch viel zn wenig seye, gegen dem, was er der göttlichen Gerecht ngkeit schuldig ist. Drittens.- ersetzt der Ablaß alle Unvollkommenheiten und Feh¬ ler, die in der Ausübung der Bußwerke unterloffen sind: ich verstehe Unvollkom¬ menheiten, die nicht der Lauigkeit, öder Unbußfertigkeit, sondern nur der mensch¬ liche» Schwachheit Folgen sind. Denn, wenn wir dasjenige, was heutiges Tages die eifrigsten Büßer thun, mtt dem, waS die Kirche vormals von den Sündern, die sich der Buße unterzogen, gefodert hat, tn Vergleich ziehen, werden wir über die Lauigkeit unsres Jahrhunderts erstaunen. Und gleichwie wir die alte Kirche einer übertriebenen und grausamen Strenge m Stilllegung der Bußwerke ohne Gotteslä¬ sterung nicht beschuldigen können, also sind wir gezwungen zu bekennen , daß alles, was man dermalen unternimmt, viel ge¬ ringer sey, als was die Sünden verdie¬ nen; und daß den Büßenden, wenn sie auch alles, was der Beichtvater ihnen aufs legt, und was sie selbften von Abtödtun- gen, und Bußen freywillig über sich genom¬ men, erfüllet haben, noch vieles zu bezahlen übrig bleibe. Durch dieß begreifen wir, was Nutzen die Abläße bringen, um der L r Schwach- Z8 Schwachheit der Büßenden zu steuer«, die Unvollkommenheiten ihrer Bußwerke zu ersetzen, und ihnen die Bemühungen zu erleichtern, die sie der göttlichen Gerech¬ tigkeit genug zu thun unternehmen, vier¬ tens: der Ablaß ist auch den Gerechten sehr nützlich, um ihre tägliche Fehler aus¬ zulöschen, und die Mangel in ihren Buß> werken zu ersetzen. Ein Jubeljahr erwe- ket ihre Aufmerksamkeit, giebt ihnen Muth, und stößt ihnen einen Trieb der Liebe, und des Eifers ein, und da sie sich Mit der ganzen Kirche vereinigen sich zu Lemüthigen, zu betten, zu fasten, und Lie Werke der Barmherzigkeit auszuüben, erneuern sie sich in der Liebe zur Buße zur Wachsamkeit, und zum Gebete. Sie schö¬ pfen aus der unendlichen Quelle der Er- Larmniffe Gottes, und der Verdienste un- fers Heilands eine Menge Gnaden, wo¬ durch sie noch genauer mit ihm vereiniget werden. z. Der Ablaß gehöret aber nicht für Sünder, welche nicht Herz haben sich der Bußwerke zu unterziehen, und welche zu dem Ablaße ihre Zustucht nehmen, nicht Laß selber daß ersitze, was sie aus Schwach¬ heit nicht erfüllen können, sondern, daß er sie von dem gänzlich entbürde was ihre Lauigkeit und Weichlichkeit nicht unter- mh- 39 nehmen will. Mit einem Worte: da die Kirche Abläße austbeilet, hat sie im Sin¬ ne die Sünder zur Buße aufzumuntern, und ihnen zu helfen; nicht aber sie gänz¬ lich davon zu entledigen. Diese Wahrheit ist schon dargethan. Denn ich bin versi¬ chert, daß der Leser nach allen dem was hier von der Genuqthuung und den Ab¬ läßen ist gesagt worden, keinen Zweifel mehr daran haben wird. Nichts desto weniger fodert eAdie Wichtigkeit des Ge¬ genstandes , welchen ich abhandle, und die Menge deren, die aus Mangel der Un¬ terweisung noch im Irrtdume sind, daß ich noch einige besondere Beweise beybringe. Ich begnüge mich mit zweyen, oder dreyen. 4. Die Buße für die Werke der Ge- imgthuung genommen, ist wenigstens der Bereitwilligkeit des Herzens nach, unent¬ behrlich notwendig, und sie muß ein ge¬ wisses Gleichmaß mit den begangenen Sün¬ den haben. Wir haben dieset mit etlichen Stellen des Kirchenraths zu Trient bewie¬ sen. Folglich kann der Sünder die Ver¬ zeihung nicht erlangen, wenn er nicht ei¬ nen aufrichtigen Willen hat, auf diese Weise Gott genug zu thun; und er hat nicht diesen Willen, wenn er ihm nicht wirklich durch alle Wege, die in seiner Macht sind, ohne sich zu verschonen, ge- L 4 »»g 40 rmg thut. Wenn man durch den Ablaß von dieser Art der Buße entledigt ist, und Lurch Vollziehung einiger in den Ablaß« Vriefen vorgeschriebenen Werke, Gebeter, Kirchenbesuchungen, und öffentlichen An» Lachten sich von allem freyfpricht, so wird niemals eine Person auf besagte Weise Buße zu thun schuldig seyn; so sehr sind Lie Abläße schon vervielfältiget. Wo bleibt also jene mühesame Taufe, in welcher sich nach Meinung aller H.Väter, alle Sün¬ der baden müssen, um gereinigt zu wer» Len? wo sind jene bittere Tbränen, und beschwerliche Arbeiten, welche die göttli¬ che Gerechtigkeit nach der Lehre des tri» Lentinischen Kirchenratbs von dem Sun» der fodert, um ihn in Unschuld wiederum zu versetzen? wo bleiben jene Werke, die nach eben diesem Ktrchenrathe die Sünden auslöschen und zugleich den Sünder wider Len Rückfall in die vorige Sünden verwah¬ ren müssen? denn die Werke der Genug» thuung werden zu diesem Ziele und Ende auferleget, sie müssen zugleich abbüßen, und heilen. Wenn also der Ablaß die Sünder von diesen Werken als Strafen der begangenen Sünden entlediget, so könnte er doch gewißlich diese Büßer von der Ausübung derselben nicht bcfreyen, wenn may sie als Vcrwahrrrngsmittelge* M die Mderfünde betrachtet; welche 4r fähig sind mit ihrer heilsamen Anziehungs¬ kraft den Menschen in Schranken zu hal¬ ten/ und itrn wachbarer, und behutsamer zu seyn nöthigen. Ließ sind die eignen Worte des Kirchenraths. Wenn man sich so die Freyheit giedt die Vorzüge der M- Elaste auf die Heilungsrntttel wie auf die Mittel der Versöhnung zu erstrecken, io wird aus der Buße, die der Grund aller christlichen Zucht ist, und die von der H. Schrift so sehr angerühmt wird, ein Lee» reö Nichts werden. S. Niemand aus dem ganzen Atter» thume kann uns besser lehren, was dies¬ falls die wahren Grundsätze sind, als der H. Cyprian. Er hat selbsten Abläße aus» getheilt, wie wir gesehen haben; und er hatte öfters die Gelegenheit sich darüber zu erklären, und die rechten Gränzen zwi« schen einer übertriebenen Schärfe, und einer allzugroffen Willfährigkeit zu bestim¬ men. Man kann darüber die Kirchenger schichte des Herrn lom. 2.1.. b.kl. 4r- und folglich einsehen, und man wird allda finden, mit was Standhaftigkeit dieser große Bischof sich jener weichen Leh¬ re entgegen setze, welche eine unbesonnene Leichtigkeit einiger Märtyrer und Priester damals einjuführm sich bemühete. Nichts 42 Nichts aber ist lehrreicher und nach¬ drücklicher, als was er in dem Buche das ist: was er in Ansehen de¬ ren , die in der Verfolgung abgefallen wa¬ ren , sagt: er bestättiget überhaupt die Nothwendigkeit, eine der Größe des La¬ sters angemeßne Buße zu wirken. Ss grosse Laster wir begangen haben, spricht er, so sehr sollen wir sie auch beweinen. Einer tiefen Wunde soll ein fleißiges, und langes Heilmittel nicht ermangeln. Die Buß muß nicht kleiner, als das Laster feyn. Glaubt ihr, sagt er weiters, daß es so leicht seye den Herrn zu besänftigen/ - - - nachdem man seinen Tempel beste¬ cket hat? Er kömmt hernach auf die Be¬ schreibung einiger Bußwerke. Man muß ohne Unterlaß beten, die Tage in Trau¬ rigkeit, und die Nächte im Wachen und Weinen znbringen, die Erde zum Ruhe¬ bette machen, ein härenes Bnßkleid an¬ ziehen, sich mit guten Werken beschaffet- gen, um die Sünden abzuwaschen: viel Almoßen geben, um seine Seele von dem Lode zu erretten. Mit diesen Vedkngm'ssen giebt er den Büßern Hoffnung, daß Gott den Ablaß, den die H. Märtyrer für sie erbeten, und die Bischöfe ihnen ertheilt haben, guthei- " sen werde. Gott, sagt er, kann euch ver- zei- 4Z zeihen, ek kann das wider euch ergangene Strafurtheil widerruffen; er kann Güte gebrauchen, und denen vergeben, die über ihre Sünden Buße tbun, und sich in gu¬ ten Werken und im Gebete üben: er kann alles genehmhalten, was die H. Marty- rer für dergleichen Büßer begehret, und was die Bischöfe ihnen auf ihre Fürbitte rnitgetheilt haben. Er erhebt sich aber mit einem eines Btschofts und Blutzeugen Jesu Lhristi würdigen Eifer gegen solche Abläße, durchweiche man die Sünder von der Buße gänzlich lossprechen wollte. Ein nenes Unheil, sagt er, meine Brüder, entstehet unter uns, und als wenn das Wetter der Verfolgung nicht genug gewü- thet hätte, hat sich zur Bölle des Unglü¬ ckes eine tödtltche, aber angenehme, und betrügliche Seuche unter dem scheinbaren Namen des Mitleideos und der Barm¬ herzigkeit unter uns eingeschlichen. Man findet Leute, die so verwegen sind, daß sie wider den Geist des Evangeliums, wi¬ der das Gesetz Gottes, und Fesu Lhristi den Frieden, und die H. Gemeinschaft Sündern mittheilen, welche für ihre Sün¬ den Buß zu thun, nicht bedacht sind; ei¬ nen eitlen Frieden, der denen, die ihn ge¬ geben, schädlich, und denen, die ihn erhal¬ ten haben, unnütz iS. Sie lassen dm Kranken nicht die Zeit/ durch das heilsa¬ me 44 me Mittel dec Gegugthuung gesund zu werden. Die Buße rst aus dem Herzen der Lhristen verbannet, und die schwere sten Laster kommen in Vergessenheit. Man vergnügt sich die Wunden der Sterbenden zu bedeckeu; man schließet eine Wunde zu, und läßt mitten in dem Eingeweinde das tödrliche Eisen, welches selbes verletzet hat, stecken - - - bevor sie ihre Sünden ausgelöschet haben - - - bevor sie einen er» zürnten Gott, der ihnen drohet, besänf¬ tiget haben, glauben sie schon den Frieden zu genießen, weil gewisse von ihnen be» trogne Leute, sich rühmen, selben ihnen gegeben zu haben »- - diese Leichtigkeit giebt den Frieden nicht, sondern raubt ihn: sie stellt nicht die H. Gemeinschaft mit der Kirche her, sondern schließt die Pforten des Heils zu. Es ist eine neue Verfol¬ gung, es ist eine neue Versuchung, die der arglistige Feind anzettelt, uin die, welche gefallen sind, gänzlich zu Grunde zu rich¬ ten, um ihre Gewissensbiße zu stillen, ih, ren Schmerzen zu heucheln, ihre Verbre¬ chen in ihrem Gedächtniße auszulöschen, ihre Seufzer zu hemmen, ihre Lhräuen abzutrocknen, und zu verhindern, daß, nachdem sie Gott beleidiget haben, sie ihn durch eine lange und gänzliche Genugtu¬ ung nicht besänftigen. 6. 45 6. Die römische Geistlichkeit , an wel¬ che dec H. Lyprian zur Zeit des erledig¬ ten päbstlichen Stuhls von diesem w-ch« Ligen Geschaffte geschrieben hatte , ant¬ wortete ihm, daß sie auch seiner Meinung feye, und derley neue Unternehmungen, die zum Untergänge der Buße abzielewn, verwerfe. Behüte Gott, sagt sie, (*) daß Die römische Kirche durch eine so eitle Leich« tigkeit ihren Eifer verlasse, und mit Un¬ terdrückung des wesentlichen von der Kir> chenzucht die Majestät des Glaubens üver den Haufen werfe - - behüte Gott, daß sie das Mittel der Versöhnung solchen Sündern voreilig mittheile, die davon kei« mn Nutzen schöpfeten, und daß sie durch eine falsche Barmherzigkeit ihnen neue Wunden zu den alten hinzusetze, so zwar-, daß die so heilsame Buße den Sündern, welche das Unglück hatten Gott zu belei¬ digen, gecauber und ihr Fall ihnen hiemit noch schädlicher, und tödtlichec werden würde. Dieß heißt gewißlich nicht sie ge¬ sund machen, sondern, wenn wir die Wahr¬ heit sagen wollen ist es so viel als ihnen Gift darreichen. 7« Obwohl von derselben Zeit her viele Mißbräuche emgeschllchen sind, rst es doch gewiß , daß Die römische Kir- (') LxiN. zi. sxuä. L^xltso^ 46 Kirche ihre Lehre im Grunde nicht verändert hat; denn die Ablaßbriefe und die Bullen des Jubeljahrs sagen alle» mal- Daß die Beichtvater den Sündern heilsame Bußen auflegen sollen: das ist, Werke der Genugthuung, die denen, wel¬ chen sie aufgelegt werden, heilsam seyn sollen. Diese Werke müssen nach dem Kir- chenrathe zu Trient eine Bestrafung, und zugleich eine Arzney seyn. Nun was ist eine heilsame Bestrafung anders als eine Züchtigung, welche, weil sie sich mit der Art und Größe des Verbrechens verhalten muß, dasselbe dem Schuldigen aufs schick- ' lichste zu empfinden giebt, und ihn vom Falle aufs kräftigste zurückhält. Was ist aber eine Arzney? etwann ein Mittel, das keine Bitterkeit, keine Widerwärtigkeit in sich hält, und keinen Schmerzen verursacht. Nein; sondern was der Krankheit abhilst. So ist das bitterste Getränke, ein weites und tiefer Schnitt, die Abnehmung eines Gliedes, oft ein heilsames Mittel, da es dem Kranken Genesung bringet. Die Beichtväter werden schon durch denJnhalt dec Ablaßbriefe verbunden, sich dergestalt Men die Sünder aufzuführen, daß die Bußen, die sie ihnen auflegen, gerade und von sich selbsten zu diesem zweyfachen En¬ de abzwecken: sie zu bestrafen und gesund zu machen. Mo- AkSW 47 Woraus man sieht, daß die Lehre der römischen Kirche, wenn sie wohl verstan¬ den wird, die nämliche ist, die vor Zeiten war, und daß sie nicht behaupte, daß die von den Päbsten verliehene Abläße von der Buße, die die göttliche Gerechtigkeit von allen Sünden sodert, erledigen können. Bellacmin, der von allzu großer Schärfe nicht verdächtig ist, erkläret sich diesfalls so : bescheidene und aufgeklärte Christen verstehen die von dem höchsten Oberhaupte gegebene Ablaße dergestalt, daß sie bey Erlangung derselben sich befleißen würdige Früchte der Buße hervorzubringen, und dem Herrn für ihre Sünden genug zu thun. 8° Hier sey mir erlaubt eine Veobach» Lang hinzuzusetzen, welche noch für eine neue Probe gelten kann, und schwer wird zu widerlegen seyn. Die Genugthuung ist ein Ersatz einer Gott oder dem Nächsten zugefügten Unbild. Man muß also von der Wirkung der Ablaße in der Absicht auf die Gott gebührende Genugthuung so ur- theilen, wie in Anbetracht auf die dem Nächsten noch schuldige Ersetzung. Nun alle Abläße von der Welt werden den Sünder niemals von der Zurückstellung des Guts, oder dec Ehre, die er seinem Bru¬ der genommen hat, entledigen. Sie kön¬ nen ihn also auch nrcht gänzlich von der Schul- O- Schuldigkeit befreyen durch die Verdemü« thrgung der Buße Gott die Ehre zurückzu¬ stellen, dre er ihm durch die Sünde gerau- bet hat. Und gleichwie, wenn es auf den Ersatz des Schadens bey dem Nächsten ankömmt, dw Aufhebung dreser Schuldig¬ keit nur dazumal statt findet, wenn der Büßende aufrichtig, und voll des guten ' Willens genug zu thun in eine Unmöglich- i keit verfällt, also können auch die in der j Ablaßbulle des Jubeljahrs vorgeschriebe- uen Werke, die in der Thar nur eme Ver- s Wechslung der Sündenstraffen sind, bey ? dem Sünder nichts mehrers ersetzen, als was er nicht vollbringen kann; und sie lassen seine Schuldigkeit in Ansehung aller andrer ihm heilsamen und mit semen Kräf¬ ten , und persöhnlichen Bedürfnissen sich verhaltenden Bußwerke unberührt.