0963 102075 Nicodemus Frischlins Entwurf einer Laibacher Schulordnung aus dem Jatire 1582. n im 1 /ass die Laibacher Schulordnung des Jahres 1584, \velche an der evan- gelischen Landschaftschule \vahrend der verhaltnismassig kurzen Dauer ihres Be- standes eingeflihrt war, erst nach langen Berathungen und unter vielfachen Ver- handlungen zustande kam, haben alle heimischen Geschichtschreiber, welche in ihren Arbeiten diesen Gegenstand unmittelbar oder mittelbar beriihrten, anerkannt. Doch erscheint in den diesbeziiglichen Darstellungen, namentlich bei Dimit* und Elze* der Entvvicklungsgang, man konnte sagen, die Geschichte der ganzen Schulreform in den Jahren 1582 — 84, nicht vollkommen klar und den liber- lieferten Nachrichten getreu dargestellt; beiden hochverdienten Forschern standen eben bei der Abfassung der betreffenden Abschnitte nicht sammtliche Quellen in ihrem gegenseitigen Zusammenhange vor Augen, so dass die Gruppierung der beniitzten Nachrichten in dem einen wie dem anderen Falle ein theihveise ver- schiedenes Bild erzeugte. Da z. B. die Darstellung dieses Punktes in der riihmlichst bekannten Ge¬ schichte Krains zumeist nur aus den Notizen in den Landtags- und Verordneten- protokollen geschopft ist, so musste deren Unvollstandigkeit zu Vermuthungen und Deutungen fiihren, die sich bei naherer Betrachtung als unrichtig ervveisen. So vvurde p. 168 der Frischlin’sche Entwurf der Disciplinarordnung mit der definitiven Fassung der Schulordnung venvechselt und p. 156 u. 173 die Autorschaft der letz- teren irrigervveise dem standischen Kriegssecretar Gebhard zuerkannt. In ahnlicher Weise lasst die Fassung der betreffenden Stelle bei Elze (p. 46 — 48) erkennen, dass hier nur die Umarbeitung des Frischliti schen Ent\vurfes, so\vie das dariiber abgegebene Gutachten der Laibacher Pastoren beriicksichtigt und die weitere Ver- folgung der Angelegenheit — wie es ubrigens dem Zvvecke der Schrift entsprach — abseits gelassen wurde. * Geschichte Krains, III. Th., p. 163 u. ff.; Die Superintendenten der evang. Kirche in Krain, p. 46 — 48. Valvasor bietet in vorliegender Beziehung keinerlei Ausbeute. Frischlins Wirksamkeit beurtheilt er zwar mit gebiirender Anerkennung von dessen Verdiensten, doch augenscheinlich ohne genauere Kenntnis der Quellen. Nečasek, Geschichte des Laibacher Gym- nasiums, Progr. 1859; Wilde: Ilaupttabelle iiber den Zustand des Unterrichts\vesens in Krain, Mitth. des histor. Vereines f. Krain 1860, und Rechfeld: Die Gymnasien Krains in friiherer Zeit, ibidem 1848, bringen entweder, wie das letztgenannte, nur magere Ausziige aus der Schulordnung von 1584 oder ervvahnen nur der Thatsache von Frischlins Berufung und der durch die Stande durchgefuhrten Schulreform, ohne sich mit der Frage der Antheilnahme des neuen Schulrectors daran zu beschaftigen. Den besten, ja stellenweise selbst wortlichen Auszug der ervvahnten Schulordnung bietet Dimilz an der oben citierten Stelle. 2 Nachstehende Zeilen suchen nun an der Hand der im hiesigen standischen Archive befindlichen Quellen die Entstehungsgeschichte der Laibacher Schulord- nung moglichst kiar zu stellen und den Nachweis zu erbringen, dass selbe in ihrer endlichen definitiven Fassung vom Jahre 1584 aus einem Projecte des be- riihmten Rectors Nicodemus Frischlin hervorgegangen ist; dass dieser Entvvurf somit die Grundlage bildete, auf rvelcher die Stande nach den localen Bediirf- nissen und dem Gutachten der massgebendsten Personlichkeit ihre Schulordnung aufbauten. Bei der Wichtigkeit derselben fiir die Entwicklungsgeschichte des krainischen Schulvvesens und dem Interesse, das diese padagogisch-didaktische Arbeit des be- kannten Dichters, Philologen und Schulmannes beanspruchen darf, erscheint wohl auch der hier zum erstenmale gebotene Abdruck derselben gerechtfertigt. Die krainische I.andschaftsschule (1563 errichtet) stand seit 1566 unter dem Rector Adam Bohoritsch, einem gelehrten, zu VVittenberg in den classischen Studien ausgebildeten Manne, und wurde bereits im Jahre 1575 neu reorganisiert. Doch auch darnach schien es nothjvendig, durch nachtragliche Bestimmungen und Neueinftihrungen selbe auf der Hohe der Anforderungen jener Zeit zu erhalten, wie die mehrfachen diesbezuglichen Verhandlungen und Beschliisse aus den Jahren 1578 und 1579 bevveisen. Als mit den Jahren die Tauglichkeil Bohoritsch' zum Schulamte innner mehr in Frage gestellt wurde, schien es den leitenden Kreisen immer klarer, dass der bisherige Rector, unbeschadet seiner sonstigen hohen Verdienste und seiner nicht geringen Bedeutung als Gelehrter, nicht der richtige Mann sei, mit kraftvoller Energie die nothwendig scheinenden, aus der bisher gewonnenen Erfahrung resul- tierenden Reformen an der Landschaftschule durchzufuhren. In ehrenvoller Form wurde daher Bohoritsch verabschiedet, mit einem Ruhegehalt und dem Vertrauens- amte eines Inspector scholae entschadigt, der erledigte Posten aber dem wiirtem- bergischen Dichter und Philologen Nicodemus Frischlin tibertragen. Derselbe hatte bereits derartige Proben seines Talentes und seiner didak- tischen Tiichtigkeit geliefert, dass er als die passende Kraft angesehen \vurde, das landschaftliche Schuhvesen in Krain in Bliite zu bringen. Die Stande dachten freilich anfanglich dabei weniger an eine vollstandige, bis in die Grundfesten der bisherigen Schulordnung dringende Umgestaltung der¬ selben, sondern betrachteten als unmittelbare Aufgabe des neuen Rectors die Be- seitigung der bisher beobachteten Uebelstande und Einfuhrung zvreckmassiger Neuerungen auf Grund und unter moglichster Schonung der bestehenden Ver- haltnisse. Dadurch erklart sich die Haltung der Stande dem neuen Rector und seinen gleich anfangs geausserten durchgreifenden Reformplanen gegentiber. Unmittelbar nach seiner erfolgten Ankunft in Laibach, gelegentlich seiner Vorstellung vor den versammelten Standen am 27. Juli 1582, bemerkte namlich Nicodemus Frischlin, dass er allerlei < igravamina » beziiglich der Landschaftschule, seiner Amtsgenossen u. s. w. am Herzen habe, und uberreichte gleichzeitig die Grundziige einer neuen Schulordnung, wie er selbe einzufiihren gedachte.* Nachdem letztere von den Amvesenden zur Kenntnis genommen worden war, erklarten die Vertreter des Landes, dass selbe zwar im allgemeinen gut und loblich beschaffen sei und es sogar wiinschenswert erscheine, die Laibacher Schule nach den vorgelegten Planen einzurichten, doch stunden dermalen besondere * Dhnitz III. Th., p. 166. _ Umstande und hergebrachte Verhaltnisse im Wege, \velche die Landschaft zwangen, von einer sofortigen Durchfiihrung des Projectes Umgang zu nehmen, weshalb es nothig sei, vorlaufig noch mit dem Bestehenden zu rechnen. Die Anforderungen des neu aufgenommenen Rectors schienen eben inbetreff der Leistungen, des Lehrzieles und dergl. das bisher eingehaltene Mass derart zu itberschreiten, dass die Landschaft es fiir angezeigt hielt, das in Rede stehende Elaborat Frischlins unter gebtirender Anerkennung seines sonstigen Wertes hoflich aber unzweideutig zuriickzuweisen. Dieser ablehnende Bescheid mag ausserdem noch durch die richtige Erwa- gung beeinflusst \vorden sein, dass vor allem die Vorziige der Frišchlin-schen Lehrmethode in der Schule praktisch erprobt werden sollten, bevor an eine durchgreifende Umarbeituiig der bisher giltigen Schulverfassung zu denken sei; deshalb blieb fiir das Schuljahr 1582/3 letztere noch in Kraft, wiewohl mit Recht vermuthet werden darf, dass der neue Rector in der Handhabung derselben sich einer ziemlich grossen Freiheit erfreute; er solite ja Gelegenheit haben, seine Grundsatze beim Unterrichte thatsachlich zu verwerten, um bei giinstigeu Erfolgen, nach Massgabe der gewonnenen Erfahrungen und der bestehenden Bediirfnisse d en neuen Schulplan darnach einzurichten. Es entspricht vollkommen dem energischen Charakter des Mannes, der Leb- haftigkeit seines Wollens und der seltenen Arbeitskraft, die er besass, wenn wir horen, dass er wenige Wochen nach dem Antritte seines Schulamtes, Ende Sep¬ tember 1582, bereits eine vollstandig ausgearbeitete Schulordnung fertiggestellt hat. Wann Frischlin diesen Entwurf der Landschaft vorlegte, ist leider nicht mehr aus den Acten zu ersehen, doch trat derselbe spater, wie gezeigt werden soli, in den Vordergrund der um die Schulreform gefiihrten Verhandlungen und erscheint deshalb von besonderer Wichtigkeit. Das in Rede stehende Schriftstuck befindet sich im standischen Archiv des hiesigen Museums Rudolfinum unter der Rubrik: Evangelische Religionssachen, Fasc. 54 f.* Es ist, \venngleich mit keiner Unterschrift versehen, augenscheinlich von Frischlins eigener Hand geschrieben, und zwar ziemlich fliichtig, wie es einer- seits dem raschen, allen Umstandlichkeiten abholden Wesen des Autors, anderseits wohl auch der Bestimmung des Manuscriptes als «Entwurf» ganz gut entspricht. Dass wir Frischlin '’s eigene Handschrift darin zu erkennen haben, lasst ein genauer Vergleich zwischen diesem und anderen von desselben Hand herriihrenden Schriftstiicken im gleichen Archive unzweifelhaft erscheinen.** Wer iibrigens Frischlins Schriftziige kennt und die charakteristische Eigenart derselben, Fein- heit und Schreibfliichtigkeit der Zeichen, die langen, etwas schiefen Schafte beim f, ,1 u. s. w., die besondere Bildung einzelner Buchstaben auch nur einmal mit Aufmerksamkeit betrachtet hat, wird zugeben, dass dieselben sich ohne Schwierigkeit oder Zweifel von anderen zeitgenossischen auf den ersten Blick hin unterscheiden lassen. Aber auch abgesehen von diesen ausseren Merkmalen, wird der Sprach- kenner in dem weiter unten abgedruckten VVortlaute aus zahlreichen dialectischen Eigenthiimlichkeiten unschwer entnehmen konnen, dass der Verfasser dem schwa- bisch-allemannischen Stamme angehorte. * Da das oben erwahnte Archiv soeben einer Neuordnimg unterzogen wurde, erscheint die neue Orientienmgsnummer beigesetzt. ** Auch die eigenhandigen Schriftstiicke Frischlins , die der Schreiber dieser Zeilen im Iglauer Stadtarchiv einzusehen Gelegenheit hatte, bestatigen das Obige. I* 4 Da nun von den in Frage kommenden Personlichkeiten ausser Friše h/in nur noch der Laibacher Pastor Špindler aus Wiirtemberg stammte, letzterer aber, wie aus dem Nachfolgenden klar werden wird, nicht der Verfasser sein kann, so steht die Autorschaft Frischlins ausser allern Zweifel. Der Entwurf selbst besteht aus z\vei, von einander durch mehrere leere Z\vischenblatter getrennten Theilen, von denen der erste auf 22 halbbrtichig be- schriebenen Folioseiten die padagogisch-didaktischen Regeln der Schulordnung, die Vorschriften iiber Lehrplan, Methode, Lehrpersonale und Schulaufsicht enthalt, wahrend der zweite Theil aus 11, in gleicher Weise beschriebenen Seiten be- stehend, die Bestimmungen liber die Schulzucht und sittlich-religiose Haltung der Schiller bringt. Dieser letztere Theil ist ausdriicklich mit «Labach den 24. Sep¬ tember 1582» datiert.* Der Enttvurf ist stark mit Text- und Randcorrecturen durchsetzt, welche theils von des Autors eigener Hand stammen und meist nur stilistische Verbesse- rungen darstellen, theils von der zur Berathung der Schulreform eingesetzten Commission herriihren. Dieselbe nahm, wie gezeigt iverden wird, das vorliegende Elaborat zur Grundlage ihrer Beschlussfassung, anderte aber dabei den urspriing- lichen Text an verschiedenen Stellen, ja liess ganze Abschnitte weg und ersetzte sie in anderer Fassung. In dem nachfolgenden Abdrucke von Frischlins erstern Entvvurfe der Lai¬ bacher Schulordnung sind nur die Correcturen des Autors selbst berticksichtigt worden, damit die urspriingliche Stilisierung mit allen ihren Eigenthiimlichkeiten moglichst getreu iviedergegeben werde. * Die Zusammengehorigkeit beider Theile geht, abgeselien von der Verwandtschaft des Inlialtes, auch daraus hervor, dass die beiden getrennt vorliegenden Blatterlagen ausdriicklich als der «erste» und der «andere» Theil bezeichnet sind. Es ist freilich nicht ausgesclilossen, ja sogar sehr wahrscheinlich, dass der erste Theil einige Zeit vor dem zvveiten entstanden und urspriinglich als selbstandige, nur die eigentlichen Unterrichtsvorschriften umfassende Schulord¬ nung entworfen wurde. Frischlin beabsichtigte zunachst wohl nur dieses und mag vielleicht bei seinem Amtsantritte diesen ersten Theil in derselben oder ahnlichen Form den Standen vor- gelegt haben. Erst als er sah, dass auch in Bezug auf die Disciplin besondere Bestimmungen notliig seien, vervollstandigte er wohl seine im ersten Theile vollendete Schulordnung auch nach dieser Seite. Reformation* vnd niitzliche nottwendige anstellung einer neuwen Landtschafft schuel in der haubstatt des fiirstenthumbs Crain zu Labach fiirgenomen. Der erst theil betreffend den Rectorem vnd seine Collegas, auch die bera Inspectores vnd Visitatores. Vor red. Dierveil ohne der schuelen, sonderlich der Lateinischen, guette anordnung keine policey vnd regiment bestehen kann vnd mag, so ist es ein sehr notvvendig vnd rvolgefellig werkh, das man der aufrichtung vnd anstellung guetter schuelen sich mitt allem ernst vnd vleiss anneme; Dann weil gott sein heilig seligmachend wortt in hebraischer vnd griechischer sprach vns ftirgetragen vnd dann die hei- ligen lehrer vnd prediger in lateinischer vnd griechischer zungen die besten buecher geschriben haben, (wie dann auch die gemeinen kaiserlichen recht vnd satzungen, desgleichen was zu der heilsamen arzney dienlich, alles in obgemelten sprachen begriffen ist) vnd aber ohne kirchenlehrer vnd selsorger auch ohne rechtserfarne leutt vnd gueter leybarzeten kein Regiment sein oder bleyben kan, so ist leichtlich abzunemen, was fur ein nottwendig ding es sey, das man dise sprachen in den schuelen recht fasse, lerne vnd ergreiffe. Dann ie der heilig geyst kein sichtbarlichen augenscheinlichen pfingsten mehr halten will, darinn die sprachen vunderbarlich den leutten mittgetheilt sollen werden, sondern er ge- braucht darzu seine mittl vnd werkzeug, nemlich die schuelen, darinn die Jugend in linguis et artibus dicendi abgericht soli rverden. Demnach aber sich bei vilen schuelen ein vnordnung befindt, das man eimveders die Jugend mitt fahrlessigkeyt vbel versaumt vnd sie rveder bonas literas noch bonos moreš lehret oder auch etwa das hinder herfiir kheret vnd sie die hoheren disciplinas als Arithmeticam, Geometriam, Mušicam vnd dergleichen ehe lehret, dann Grammaticam vnd die sprachen, mitt welchen diese freyen ktinste beschrieben werden, so ist hoch von notten, das hierinn mass vnd ordnung gehalten werd, dann es vil ein ander ding bey den Graecis vnd Romanis gervesen, da Graeca et Latina lingua muetter sprachen waren vnd nitt erst muessten in den schuelen gelehrt vnd gelernet * Der Abdruck erfolgt in der Orthographie des Originales; nur die darin etwas fliichtig behandelte Interpunction wurde behufs leichteren Verstandnisses an mehieren Stellen erganzt. 6 werden, wie bey vns von notten ist. Dann in vnser Nation kein knab in zehen Jaren seine Griechische oder Lateinische sprach so \vol ergreiffen mag, als zu den Zeiten Platonis, Aristotelis, Ciceronis ein knab von sechs oder siben Jar dieselbig schon zuuor von seiner muetter gelernt vnd mitt sich in die schuel ge- bracht hatt. Denvegen dann fiir das Abc dazumal die Arithmetica vnd Geome- tria den jungen kindern wurde fiirgelesen, welches zu vnsern Zeitten nitt ge- schehen kan, auch nitt furgenommen vverden soli, dann allein mit denen, welche zu keinem weitteren studio (als nemlich Theologia, Jurisprudentia et Medicina) angehalten, vnd allein zuer Raittungskunst vnd mittler Zeitt zuer kaufmannschaft vnd mercanterey gezogen werden. Hierauff vnd vmb gemelter vrsachen wegen, so haben die edlen vnd gestrengen als einer ersamen Landschafft in Grain hern verordnete neben vnd mitt den fursichtigen vnd weisen Burgermeister vnd Rhat diser stat Labach ein ntitzliche vnd vvolberathschlagte Reformation ihrer gemainen Landtschuel zu befiirderung der ehr Gottes, zu wolfartt gemainen vatterlands vnd zu gliick vnd heil aller meniglich auf volgende weis vnd anordnung furgenommen. Das erst Capitel: Von treuw vnd ayd eines Rectoris vnd seiner collegarum. So offt ein neuwer Rector oder sonst ein Paedagogus angenommen wirdt, soli er einer Ersamen Landtschaft dises Fiirstenthums Crain Herrn verordneten oder praesidenten an Aydesstatt angeloben wolgemelter Landschafft treuw vnd hold zu sein, ali ihren schaden wenden vnd ali ihren nutzen vnd frommen zum besten befiirdern, vnd insonderheytt in seinem befolnem ampt vleissig sein vnd demselbigen mit aller gottsforcht, zucht vnd erbarkeytt vorstehen, tremvlich vnd ongefahrlich. Die paedagogi vnd praeceptores classici sollen auch in specie dem Rectori angeloben, Ihme allen gebiirenden gehorsam zu leysten, sich nitt wider ihn freuent- lich oder muettwillig ohne wolbefuegte vrsachen zu setzen oder aufleinen sondern ihn als ihro fiirgesetzes haubt in der schuel vor augen haben, seinen tremven warnungen mitt allem ernst nachsetzen vnd sich allerdings den nachvolgenden statuten gemess verhalten als gottseligen, ehrliebenden, niichternen vnd beschai- denen gsellen wol anstehe, Alles tremvlich vnd ongefahrlich. Das ander Capitel: Von dem Ampt eines Rectoris vnd seines Collegae. Es soli Rector diser Landtschuel zu Labach erstlich nitt allein fiir seine person die kirchen vnd Gottes wortt vleissig besuechen vnd ein ziichtig, nlichtern, erbar leben vnd wandel fueren, sondern auch seine collegas vnd discipulos mitt allem ernst dahin halten vnd insonderhaytt nach vollendter predig die knaben durch ihre paedagogos in den classibus examinieren lassen, was ein yeder aus der predig Gottes wortt behalten hab. Am andern seine ordinarias lectiones fiir sich selber vollziehen vnd ohne ehehafte erhebliche vrsachen vnd erlaubnus der verordneten Inspectorum scholae sein ampt keinem andern beuelhen, in docendo soli er sich fiirnemlich dahin be- fleissen, dass alles ad captum iuventutis dirigiert werd. Zum dritten soli Rector auch auf die andern classes. vnd ihre paedagogos sein vleissige aufmerkung geben, damitt in denselbigen recht gelertt vnd gelernet 7 werd, auch bisweylen die knaben selber verhoren, auf dass er ihren profectum desto bas merken vnd spiiren moge, insonderheytt aber vleissigs aufsehen thun, damitt die preces matutinae et vespertinae, das ist morgen vnd abendt gebett, mitt aller andacht in der schuel verricht werden. Gleicher gestalt soli Collega Rectoris nitt allein auf dise zwen ersten puncten allerdings, wie er Rector, verbunden sein, sondern auch fiirs dritt zu denen stun- den, da Rector in der schuel den knaben fiirlist, er die classes vndenveilen visi- tieren vnd was da fiir feel vnd mueget flirfallen, solche Rectori anzeigen, damitt den selbigen, mitt aller guetter beschaidenheyt, muege bey Zeytten begegnet werden. Das dritt Capitel. Von dem ampt der andern paedagogorum in gemain. Die praeceptores classici sollen sich, wie gemelt, nit allein fiir ihr person aller Gottsforcht, Zucht vnd erbarkeitt befleissen vnd Gottes Wortt emsig vnd mitt andacht, wie auch die Sacramenta, besuechen, sondern auch ihre discipulos in singulis classibus dahin anhalten vnd nach vollendeter predig ein yeder die seinen examinieren. Am andern fein nichtern vnd beschaiden vnd darzu in ihren manteln zuer schuel kommen, vnd sich in ihren kleidern, ihn reden, ihn essen vnd trinken aller yppigkeytt vnd insonderheitt der gesclnviir gantzlich enthalten, damitt die Jugend ein guett exempel ahn ihnen haben miig vnd nitt leichtlich offendiertt werd. Fiirs dritt bey Zeitten in die schuel kommen vnd ein yeder sein Catalogum haben, denselbigen ablesen vnd die absentes notieren. Zum vierdten ohne Rectoris scholae erlaubnis oder ehehafte erhobliche vr- sachen kein schuel versaumen oder' sich sonsten absentieren. Zum fiinften die knaben mitt aller beschaidenheitt, als ihre schuelkind vnder- richten vnd nitt gleich drein schlagen, es erfordere denn die notturft. Zum sechsten auch in disciplinando alles vngeburenden zorns, neid vnd hass, sich aller dings enthalten vnd insonderheitt die kopf verschonen vnd die knaben, wie schuel recht vnd brauch ist, castigieren. Zum lezten soli kein paedagogus einigen knaben, er sey gleich anheimisch oder auslandisch, ohne vorwissen vnd \villen Rectoris annemen oder aus einer classe in die andere setzen, vil weniger ihm mitt einem testimonio von hinnen abfertigen. Das IIII. Capitel. Von den stunden zu vvelchen man in der schuel lehren soli. Dieweil nit rvenig daran gelegen, dass die Jugendt daheim auch repetieren vnd was ihnen in der schuel fiirgelesen tvorden, sie in der stili ausswendig lernen kiinden vnd damit die paedagogi per intervalla auch respirieren, so sollen fiirohin taglich nur fiinf stund nemlich dreu vor vud zvven nach mittag in der schuel fur- genommen vverden. Die erst vnd ander stund von sechs vhr bis acht vhr vnd die dritt von neun vhr bis zehn vhr. Die vierdt nachmittag von zwelff bis ein vnd die fiinft von zwey bis dreu. In der sechsten stund soli Cantor (der paedagogus secundae classis) mit den taugenlichen knaben aus yeden vnd allen classibus. mušicam cho- ralem et figuralem exercieren vnd nur die allernott\vendigsten praecepta ihnen furhalten in bedenkung, dass dise kunst meyst vsu et exercitatione prae regulis gelehrtt vnd gelernet wurd; er soli aber das gsang alternis viribus anstellen, das ist ein halb stund ongeferlich die breuchlichsten psalmen mit den knaben singen vnd hernach die ander halb stund figuralem mušicam fiir die hand nemen vnd allein mitt denen knaben, welche fahige ingenia vnd guette stimmen haben, sollich exercitium anstellen. Das fiinft Capitel. Von dem Catechismo vnd gebett in der schuel. Ein sehr nottwendig ding ist es dass die kinder in den schuelen ihren Catechismum vnd christliche gebett vnd psalmen ausswendig lernen, damitt sie gott den herrn ihn ali ihren notten mitt rechtem waaren glauben wissen anzu- ruefFen. Dann weil das reich Gottes der kinder ist, wie Christus lehret, soli man sie in den schuelen fiirnemlich zuer forcht Gottes anhalten. Derohalben soli hinfiiro, nachdem das Veni Sancte in der ersten stund ge- sungen worden in allen classibus der Catechismus von zwayen knaben, deren einer fragt, der ander antwurttet (yeder ein halbtheil) durchaus bis zum end alle tag nur einmal gesprochen werden vnd das nach der ordnung. Es soli aber hie ein vnterschid in den classibus gehalten werden, die weil die jiingsten knaben den altesten gar ongleich seind. Derowegen soli paedagogus infimae classis seinen knaben, so erst lernen buchstabieren, nur ettlich stuk fiirgeben als das vater vnser, die zwolff Articel vnsers christenlich glaubens vnd die zehen gepott; den andern aber, so schon zimlich lesen, die vberigen fragstuk; doch gleicher gestalt, eines nach dem andern, bis sie den gantzen Catechismum ergriffen; vnd \vas er yedem knaben den vorigen tag fiirgegeben, es sey gleich wenig oder vil, das alvveg an dem nachgeenden tag recitieren lassen. In der andern classe soli Latinus Catechismus Brentii gleicher gstalt auss wendig gelernet vnd hernach recitierett werden. In der dritten Germanicus Lutheri Catechismus gleicher gstalt fiir die hand genommen vnd taglich gelernet vnd gesprochen werden. In der vierdten aber soli Latinus Catechismus Lutheri auf bestimpte Zeit vnd weiss memoriert vnd recitiert werden. Die Gebett, welche die kinder morgendts vnd abendts, \venn sie aufstehn vnd nidergehn, von vnd zum tisch gehn, sollend zu gleicher weis aus dem Cate¬ chismo Brentii ihnen Teutsch vnd Lateinisch per captum (unleserlich) fiirgehalten vnd erklartt vnd sie dahingehalten werden, das sie solliche gebett nit allein auss- wendig kiinden, sondern auch daheim sprechen. Vnd ob es wol ein feine Zierd ist, dass die kinder vil psalmen Dauids auss- wendig kiinden, yedoch sollend die paedagogi publici et privati auch hierinn ein mass halten, dass die knaben nitt obruiertt werden, vnd insonderheytt cum iudicio die psalmen inen fiirgeben, nemlich die fiirnembsten, als da seind die siben buess- psalmen vnd die schonsten gebett Dauids, welche sich auf vnsere Zeit zum besten fiiegen vnd den kindern zum leichtesten sein miigen. Das gemain gebett, welches Morgends vmb neun vhr vnd abends vm dreu vhr angestelt ist, eh von dannen die schueler dimittiertt \verden, soli von pri- manis et secundanis Teutsch vnd windisch alternatim, aber von den tertianis et quartanis Lateinisch vno praeeunte et ceteris sequentibus ad formam praescriptam klaar vnd hell gesprochen vverden. 9 Das sechst Capitel. Von der ersten classe, wie darinn soli gelertt vnd gelernet vverden. Der paedagogus in der vndersten classe soli seine knaben in dreu Decurias abgetheilt haben, in deren ersten Decuria die Abecedarii sitzen, in der andern die combinantes, in der dritten Legentes. Dise dritt Decuria soli an einem besonderen Tisch sitzen 'vnd alle tag zweu schriften aufweysen, eine vormittag hora nona, die andere nachraittag hora secunda. Welche ndch gar jung vnd kindisch sein, sollend ein stund spater in die schuel kommen, dann die andern knaben, dann mitt ihnen dispensit soli \verden. Demnach es auch ein feine Zierd ist, dass die Jugendt sich einer gueten handtschrift gebraucht vnd aber sollichs vil ehe durch einerley dann durch mancherley hand ftirgeschrift kan zuweg gebracht werden, so soli paedagogus infimae classis, von dem die knaben das initium pingendi literas empfangen, auch dise mtieh hinfiiro haben, vnd alweg in z\veyen Mittwochen nernve furschriften hora duodecima ausstheilen, den ersten Mittvvoch den Secundanis, den andern Mittwoch den Tertianis. Die nachschrifften sollend die knaben alle tag zvvaymal, nemlich hora nona vormittag ein Latinum scriptum vnd hora secunda nachmittag eine Teutsche schrift, ihren praeceptoribus aufweysen. Das VII. Cap. Von der andern Classe, wie dieselbig anzustellen. Der Paedagogus secundae classis soli vor Mittag von sechs vhr an, so bald catechismus recitiertt worden, biss auf siben vhr die knaben die paradigmata vnd Etymologiam auss dem Donato oder Gramatica lassen recitieren vnd dann von siben biss achte die Moralia Disticha Catonis ihnen explicieren vnd hernach re- petieren, besonders Etymologiam daraus exercieren; Von neun vhr bis zehen Re- gulas generales et speciaies, das ist priorem partem Grammatices Argentinensis ihnen proponieren, erklaren vnd am volgenden tag repetieren vnd widerum ein nemve lection fiirlesen, auch zum end ihre handschriftten besehn vnd wie sie sich darin gebessert. Von zwolff vhr Nachmittag bis zu ein vhr soli Paedagogus etliche wortter den knaben ausvvendig zulernen ftirgeben, vnd bissweylen emes oder zwey decli- nieren vnd coniugieren lassen vnd also Etymologiam ex priore parte Grammatices mit den Jungen Repetieren; Von zwey bis dreu vhr Formulas Sebaldi Heiden vnd Sententias Leonhardi Culmanni (?) recitieren lassen, die zuuor interpretieren vnd grammaticam daraus repetieren. Das VIII. Capitel. Von anstellung der dritten class. Tertiae classis paedagogus soli vormittag von sechs vhr post recitationem Catechismi bis auf siben vhr, alteram partem grammatices, das ist Etymologiam et Syntaxin den knaben fiirlesen vnd dann sequente die selbige Lection repetieren, von siben biss auf acht vhr Epistolas Ciceronis selectas mitt den Knaben exer- cieren und ahveg ein tag repetieren, was er den vorgeenden interpretiert vnd fiirgelesen hatt. Von neun Vhr soli er (post exhibitionem scripti seu autographi) 10 bis auf zehen vhr fabulas Aesopi interpretieren vnd hernach Grammaticam daraus repetieren, besonders Syntaxin. Nach Mittag von zivelff vhr biss ein vhr soli er prouerbia Salomonis oder Dialogos Castalionis fiir die hand nemen, dieselbigen interpretieren vnd hernach repetieren; Von zwey bis dreu vhr soli er den knaben primam partem Graecae Grammatices Argeritinensis fiirlesen. Am pfinstag vm zwolff vhr soli er paedagogusecin gar kurtz materiam scripti ex Ciceronis epistolis, Aesopi fabulis et prouerbiis Salomonis oder Dialogis Casta¬ lionis den knaben zu transferieren ftirgeben, vnd hernach am volgendt pfinstag daselbig emendieren vnd ahveg ein nemve materiam proponieren. Insonderheytt aber soli paedagogus die knaben aus den lectionibus, inter repetendum in Phrasi et Syntaxi yeben vnd sie fragen, wie sie diss oder ienes in Latein aussprechen wolten, vnd selbige Phrases lassen aufnotieren in sondere dazu verordnete biechlin. Das Neunde Capitel. Von anordnung der vierdten, vnd diser Zeitt obersten Classe. Collega Rectoris soli Morgends post recitationem Catechismi von sechs vhr an bis auf siben vhr Latinam Grammaticam besonders aber Syntaxin et Prosodiam den Jungen fiirlesen vnd volgends repetieren, von siben bis acht vhr Epistolas Ciceronis minores interpretieren vnd den andern tag repetieren vnd insonderheytt allerley phrases et formulas loquendi latine daraus anzeigen vnd die Jungen in ihre collectanea aufschreyben lassen; von neun vhr bis zehen soli Rector die Bucolica Virgilii cum Paraphrasi Frischliniana den knaben fiirhalten vnd vleissig interpretieren vnd volgendts die versus lassen interpretieren vnd hernach auss- wendig lernen, vnd den andern tag recitieren; er soli auch Latinam Grammaticam vnd insonderheytt Prosodiam et Syntaxin darauss fragen vnd dann auch Phrasin et Latinitatem mit den Jungen darauss treyben vnd yeben vnd ihnen auch solliche formulas loquendi vorlesen vnd dictieren. Nach Mittag soli \viderum Rectoris Collega ein Comediam Sacram Frisch- lini oder Terentii Andriam den knaben fiirlesen vnd die schone phrases in die federn dictieren, die scenas lassen aussivendig lernen, damit die ganz Comedia miig hernach von den knaben agieret \verden vnd sollen ahveg dreu vnd dreu oder zwen vnd z\ven (nach dem ein scena vil oder wenig personas hatt) sich mitt einand bereden vnd also die scenas memorieren vnd agieren. Von zway vhr biss dreu soli Rector Grammaticam Graecam Argentinensem majorem fiirlesen vnd das kiinftige Euangelinm dominicaie Graecum interpretieren oder Luciani Dialogos selectos oder auch Apophthegmata Plutarchi fiir die hand nemen vnd Etymologiam graecam daraus repetieren. Am pfinstag soli Rector alweg um zwey vhr ein materiam scripti ex ha- bitis lectionibus fiirgeben vnd am andern pfinstag in einer oder zwayen stunden emendieren vnd alweg zuuor ein neuvve materiam proponieren. Das zehend Capitel. Von den Sambstag vnd seinen aygens exercitiis. Dievveil sonderlich vil daran gelegen, inmassen auch zuuor gemeldet \vorden, dass die kinder ihren Catechismum vnd die Euangelia Dominicalia lernen vnd memorieren, so soli zu disem werkh insonderheytt der Sambstag, oder wann ein fest darauf gefiel, der vorgehnd werktag darzu gebraucht werden vnd das auf dise ordnung vnd anstellung, wie volgt. Erstlich soli Paedagogus infimae classis die knaben, so Abcedarii sein, alle vnd ieden Ihre zehen gebott, zwolff glaubensarticul vnd das vatter vnser Teutsch oder windisch oder auch in beiden sprachen recitieren lassen, darnach diejenigen, so schon zimlich lesen, den gantzen Teutschen Catechismum Brentii lassen sprechen, alweg zwen vnd zwen, deren einer den halben theil fragt, der andere antwurtt, biss die ordnung gar herumm kommen vnd dieweil sollichs in zweyen stunden nitt kan verricht werden, soli er auch die neundt stund biss auf zehen vhr damitt hinbringen; welche knaben der Teutschen sprach onerfahren, die sagen den windischen Catechismum Brentii. Darnach soli Paedagogus secundae classis Latinum Catechismum Brentii gleicher gstalt recitieren lassen vnd ahveg zwen vnd zwen aufstellen nach der ordnung, deren ihrer einer fragt, der ander antvvurtt gibtt. Vnd da er in zwayen stunden alle verhorett, soli er von Neun vhr ahn biss zehen das Euangelium Dominicale fur die hand nemen vnd ettlich periodos pro captu puerorum darauss interpretieren vnd repetieren. Zum dritten soli Paedagogus Tertiae classis ebenmessiger gstalt den Teut¬ schen Catechismum Lutheri die zwei ersten stund recitieren lassen vnd dann von neun vhr biss zehen das Euangelium Dominicale mitt den knaben furnemen vnd Etymologiam et Syntaxin daraus exercieren. In der vierdten Classe soli Rectoris collega die zweu erste stund Latinum Lutheri Catechismum, wie zuuor geschriben, lassen alweg binos et binos recitieren. Von neun vhr biss zehen vhr soli Rector das Euangelium Dominicale Grae- cum oder Epistolam Graecam fur die hand nemen vnd guette exercitia linguae Graecae daraus furnemen vnd anrichten. Nachmittag sollend alle knaben vnd Paedagogi von zrvblff vhr biss auf ein vhr zu dem kirchengsang kommen vnd mitt dem Cantor psallieren. Das ailfft Capitel. Von Feyertagen vnd Vacantzen. Alle Sontag vnd Feyertag, daran man ein Teutsche gredig thuett, sollend zu dem gehor Gottes wortt vnd zuer besuechung der kirchen, vnd zum gebrauch der heiligen Sacramenten furohin den paedagogis vnd discipulis destinirett vnd geordnet sein, damit sich ein yeder dazu schiken vnd praepariren kbnd. Dess- gleichen sollend alle ordenlichen Wochenpredigen am pfinstag von allen paeda¬ gogis vnd discipulis angehortt vnd besucht \verden vnd nicht destoweniger am selbigen tag die vier ordinariae lectiones verricht rverden. Sonsten soli allein der Mittwoch furohin, wie bissher, nach Mittag frey sein, da dann die knaben in tertia et quarta classe ihre Latina scripta zu uertieren desto besser zeitt vnd rveil haben miigen. Das XII. Capitel. Von publicis examinibus vnd progressionibus. Alle Tar sollend zway puhlica examina in beysein eines oder zwayen der hern verordneten, zwayer von dem rhat, vnd der hern Inspectorum gehalten vnd die progressiones e classibus angestelt werden. Das erst auf Georgi, das andre auf Michaelis. Welcher knab nun in der vndersten classe sein Teutschen oder windischen Catechismum Brentii ausswendig gelernt vnd fertig lesen, auch ein zimliche schrift machen kan, der soli ad secundam classem promouirett vnd ge- ftirdertt werden; vnd welcher knab in secunda classe Latinum Brentii Catechis¬ mum ausswendig gelernet vnd dann seinen Catonem wol interpretieren, die no- mina declinieren vnd die verba coniugieren, dazu seine Regulas Etymologiae recitieren kan, der soli ex secunda classe in tertiam transferieret werden. Vnd \velcher knab sein Syntaxin vnd dazu primam partem Graecae Grammatices er- griffen hatt vnd dann auch ein zimlich scriptum vertieren kan, der soli ex tertia in quartam classem kommen. Das XIII. Capitel. Von annemung der knaben. In annemung der knaben sollend die alter ihre kinder selber oder durch iemand von ihret \vegen dem Rectori in beysein eines Inspectoris praesentieren vnd allda das schuelgelt nach eines yeden vermiigen, sampt dem holzgelt zu \vinterzeit Cottembarlich zu erlegen bestimmen, welches gelt dann hernach die paedagogi, als denen der halbthail gefelt, einbringen sollen vnd werden, vnd soli das erst Cottember von Michaelis biss auf weinacht, das ander von \veinacht biss Ostern, das dritt auf Johannis Baptistae, vnd das letst auf Michaelis fallen. Welcher knab dreu \vochen oder 14 tag nach dem Cottember kompt, soli dis ganz Cot¬ tember zaln vnd ihme fiir dise zeitt nichts abgezogen werden, welcher aber 14 tag oder dreu \vochen vor dem aussgang eines Cottembers kommen wird soli nichts darfiir zu erlegen schuldig sein, aber ftinf, sechs vnd siben wochen sollend fiir ein h alb Cottember passiret \verden. Dann sonsten det onkost, mueh vnd arbeyt sampt der Zeitt, so auf feine, iunge, fehige ingenia mit nuz kan angevvendt werden, denselbigen entzogen vnd mitt grossem nachtheil der gantzen schuel auf solliche faule, verlegne, onniitze schlingel vergebenlich angelegt wirdt. Das XIIII. Capitel. Von aufnemung vnd vhrlaubung der paedagogorum. Keinem Rectori soli freygelassen sein die paedagogos seines gefallens an- nemen oder vhrlauben, šondern so oft ein paedagogus ordenlicher weis abkompt, so soli ein anderer taugelicher an sein statt mitt vonvissen vnd willen der hern Verordneten vnd Inspectorum in beysein Rectoris angenommen, vnd wen es von- notten auch examiniertt vnd dann hernach vergeltibdet werden. Wenn dan ein paedagogus seinen dienst aufsagen wolt, soli er dasselbig ein vierttheil Jar zuuor dem Rectori anzaigen, damitt man sich bey Zeitten vm ein andern taugelichen bewerben kond. Die klagen, so ettwa der Rector wider die paedagogos oder sie wider ihn haben mochten, sollend zum ersten den Inspectoribus scholae fiirgebracht vnd da solche irrungen von ihnen nitt konden dirigiert vnd abgestelt vverden, alsdan erst den hern verordneten fiirgehalten vnd ihrer discertion vndervvorffen auch ihrer resolution dariiber gewartet vnd derselbigen hernacher mit allem ernst nachgesetzt werden. Dann vveil sonsten die hern verordneten mit vielen ernstlichen vnd wich- tigen sachen beschwertt sein, soli man ihrer hierinn, so vil als miiglich, verscho- n.en vnd nitt ettwan vm liederlicher handel \vegen sie molestieren vnd anlauffen. !3 Insonderheytt aber soli sich Rector befleissen, dass er dasjenig, so an den paedagogis straflich sein mocht, ihnen nitt publice vor den knaben oder andern leutten, sondern priuatim, mitt aller beschaidenheytt ansag vnd hingegen sollend die paedagogi dasselbig in aller gebiir aufnemen vnd Rectori schuldigen gehorsam hierinnen laysten, damitt alles zue guettem frid vnd einigkeytt, vnd zu erbawung vnd aufnemung der schuel dienen vnd gedeyhen miig. Das XV. Capitel. Von Inspectoribus vnd Visitatoribus scholae. Dieweil kein ordnung guett ist, es werd dann derselbig nachgelebt, vnd aber oft geschicht, dass in schulen grosse fahrlessigkeit furfelt, so erfordertt die not, dass man guette Inspectores habe, welche ihr vleissig aufsehen haben vnd allewegen oder zum wenigsten in vierzehn tagen die scholam visitieren vnd da waarnemen, ob den statutis vnd ordnungen mitt allem ernst nachgesetzt werd. Dise Inspectores sollend neben andern darzu erkiessten personen, furnemlich der Teutsch vnd Windisch prediger, welche mitt vnd neben dem Rectore, alle guette fursehung thon sollen, damitt guette disciplin erhalten werd, vnd beyds, die pae¬ dagogi vnd discipuli ihr officium vnnd ampt thon. Wen sie dann auch an Rec¬ tori ettwas mangelhafftigs vnd saumseeligs befinden wurden, sollend sie ihme das priuatim mitt guetter beschaidenheytt zuuermelden schuldig sein, damitt in allen dingen guette anordnung vnnd verbesserung angestellt werden miig, alles treuw- lich vnd ongefehrlich. Das andere tlieil diser Reformation, vnd anstellung guetter disciplin, zucht vnd erbarkeytt. Vorred. Jesus Sirach, der weis man, schreybt in seinem hausbuech am dreissigsten Capitel also: «Wer sein kind lieb hatt, der helt es stehts vnder der ruotten, das er hernach fremvd an ihm erlebe; \ver sein kind in der Zucht helt, der wird sich sein erfrewen, vnd darff sich sein bey den bekandten nitt schemen; wenn einer sein kind zeucht, so verdreusst es seine feind, vnd erfremvet seine freund; Dann wen sein vatter stirbt, so ists als vver er nitt gestorben, denn er hat seines gleichen hinder sich gelassen, da er aber lebet sah er seine lust vnd hat fremvd an ihm; da er starb, dorfft er nit sorgen, denn er hatt hinder sich gelassen ein schutz wider seine feind vnd der den freunden wider dienen kann. Wer aber seines kind zu \veich ist, der klagt seine striemen vnd erschrikt so offt es waint. Ein verwendt kind wird muettwillig, wie ein wild ross; zartle mitt dein kind, so muestu dich hernach fiir im fiirchten; spile mitt ihm, so wirdt es dich hernach betrueben. Schertz nicht mitt ihm, auf das du nicht hernach mit ihm trauren muessest vnd deine zeen zulest kiirren muessen. Lass im sein willen nitt in der iugendt vndt entschuldige sein torheitt nicht; beug ihm den hals, weil er noch jung ist, bleuvv ihm den ruken, \veil er noch klein ist, auf das er nit halstarrig vnd dir vngehorsam wirdt. Zeuch dein kind vnd lass es nicht muessig gehn, dass du nit iiber ihm zu schanden werdest.»* Mit disen wortten will der heilig geist alle menschen, insonderheyt aber die altern in heusern vnd die Zuchtmeister in schuelen gar ernstlich vermanet haben, das sie ihre haussgenossen vnd leybserben vnd die schulkinder vnd ihre discipulos in der schuel, mit sondern ernst, weil sie noch jung zuer Gottsforcht, Zucht und Erbarkeyt verhalten, damit man an der erzogenen Jugendt kein schandt vnd hin- gegen an den wolgezogenen kindern ein ehr erleben mog. Dieweil nun so hoch daran gelegen, das man guete disciplin in der schuel bei der Jugend erhalt, vnd meniglich gebuert, disem gottlichen beuelch mit allem vleiss nachzusetzen, so habend die herrn Verordneten einer ersamen Landschaft in Krain als oberste schuelherren vnd die herrn Inspectores neben vnd mit dem herrn Rector scholae nachstehende statuta vnd leges geordnet vnd gestelt, ordnen vnd stellen die auch hiemitt in bester Form, so nuer geschehen mag, wie volgt. * Das Vorstehende nach der Lutherischen Uebersetzung Vers 3 - !S Von der forcht Gottes Cap. I. Die\veil die forcht des herren, ein anfang der weissheytt ist, wie Salomon spricht, so sollen alle knaben vnser schuel vor allen dingen den herren ftirchten vnd alle morgen vnd abend, wann sie aufstehn vnd nidergehn, ihne bitten vnd anrueffen vm verzeihung der siind, vmb die gnad vnd kraft seines heiligen geist, auch vor dem essen das Gratias, auf form vnd weiss in Catechismo Brendi be- griffen, sampt dem ein vnd fiinfzigsten oder dergleichen psalmen mitt andacht vnd heller stimm sprechen, es gescheh gleich auf Teutsch, VVindisch oder La- teinisch. Am andern sollen alle knaben, besonders der dreyen obersten classium alle predigen gottes wortts mitt ihren paedagogis besuechen, vnd sich in der schuel, ein yeder in seiner classe vnd decuria, versamlen vnd von dannen in die kirchen gehn, alda mitt den Teutschen schuelern verstendlich die psalmen singen vnd betten, auch insonderheytt auf die predig merkhen, damitt sie ihrem paedagogo ettvvas daraus sagen konden. Welcher knab ein predig, ohne erhebliche vrsachen versaume oder in der kirchen schvvetzen vnd klappern, oder sich sonst ongebiirlich halten wirdt, der soli von seinem paedagogo onuerzogenlich hernach in der schuel discipliniertt werden. Es sollen auch verbotten sein zum dritten alle gottschwiiehr vnd fliiech, alle onziichtige vppige reden; dann wer sollichs von einem knaben gehordt oder durch ein Corycaeum ftirgebracht \virdt, soli der vbertretter z\vaymal darum dis¬ cipliniertt werden.* Von vleissiger besuechung der schuel vnd wie sich die knaben darin halten sollen. Cap. II. Kein knab soli ohne erlaubnus seines paedagogi oder ohne ehehaften vrsachen einige- lection versaumen. Dann \vo sollichs geschehen solt, \viirdt der vbertretter erstlich von seinem paedagogo durch den Decurionem oder Corycaeum gefordertt vnd da er sich zu kommen ohne vrsach weigerte, alsbald hernach zu seiner zeitt in der schuel castigiertt werden. Es sollend auch die knaben fein sauber vnd gebutzt in die schuel vnd nitt \vie die schvvein in ein stali kommen, auch nichts naschigs vnd brott, obst oder nussen mitt sich bringen; ier negel vnd haar abschneiden oder kemmen, ihre angesicht, mund vnd hand vvaschen; \velcher sich hierinn vbersehen wird, der soli nach gelegenheytt discipliniert werden. Es soli auch meniglich dahin sich befleissen, insonderheyt die vermtigliche altern haben, dass sie fein bekleidt vnd ihn mantel oder leybrocken in die schuel kommen vnd dann ihre kleider fein sauber halten; denn, wo sich bey einem iviirde ein seuwische artt befinden, der soli hierum sein straf empfangen. Wenn der paedagogus in die classem geht, sollend die knaben ihme Reue- rentz beweysen vnd gegen ihm aufstehn, biss er in sein Cathedram sich nider- setzt; die hiettlin in der schuel neben sich legen vnd ihre mantel anbehalten. * An dieser Stelle bat bereits Frischlin selbst den urspriinglichen VVortlaut: «mitt zwayen ruetten gestrichen werden» in obige Fassung geandert. i6 Keiner soli mit dem andern schwatzen, sondern sich ein yeder stili halten vnd sein lectionem mitt sich selber repetieren. Wenn der praeceptor fiirlisst, sollend die knaben sunimo cum silentio et attentione aufmerken. Es soli ein yeder knab zu einem yeden buech, darinn mann ihm fiirlisst, sein lautter buechlin mitt schreybpapyr eingebunden haben vnd mitt ihm in die schuel bringen vnd was ihm der paedagogus dictiertt, dasselbig darein aufnotieren vnd nichts in die getrukten buecher einklittern, sub poena ferulae. Wann ein paedagogus ein knaben fragt, sollend die andern stili schweigen, denn wo einer dem andern einblasen wurdt, soli derselbjg von dem paedagogo allsbald discipliniertt werden. Ihrer handschriften sollend sie fein sauber, ohne hellhaken vnd groben klittern, den paedagogis aufweysen. Welcher kein schrift, oder ein fahrlessige, verdunkelte vnd vmklitterte schrift aufweyst, der soli nach gelegenheytt gestraft werden. Endlich soli keiner in der schuel geduldet sondern heimgeschickt rverden, welcher aus fahrlessigkeytt der altern die nottwendige buecher nitt mitt sich bringt, so in yeder classe ftirgelesen werden, es seyend denn vatterlose vnd aller- dings hilflose \vaysen, denen mitt den almusen geholfen mag rverden. Dann kein vater, sonderlich was handtvverkher, sogar verdorben, dass er seinem son nitt vermog fiir ettlich batzen buecher zukauffen, so will den praeceptoribus on diss schiver fallen die knaben, wann sie gleich buecher nach aller nottdurfft haben, sie lehren vnd darinnen berichten; wie vil schwerer nun es sey ohne buecher lehren vnd lernen, das kan allermeniglich verstehn; dann es eben ein ding ist, als wenn einer das dischlerhandwerkh ohne hobel vnd schrotteysen lernen \vollt* Von yebung der Lateinischen sprach. Cap. III. Dievveil auss dem Lateinischen reden eben souil nutz, als aus dem schreyben herfleusst vnd die sprach exercitatione et vsu aller baldesten begriffen wtirdt, so wollen wir, dass die knaben quartae classis sich fiirhin der Lateinischen sprach gebrauchen vnd keiner mitt dem andern vil vveniger mitt seinem paedagogo windisch oder Teutsch rede, wie dann auch die paedagogi in diser classe sich allein der Lateinischen sprach gegen den discipulis gebrauchen sollen. Vnd damitt sollichs nitt allein in der schuel vnd kirchen, sondern auch auf den gassen vnd ihn den heusern gehalten werd, so sollend in den zway obersten classibus zwen holze Esel sein, da einer dem andern den Esel anhenkt, den er in quarta Teutsch oder in tertia Windisch horen reden.** Welcher dann den Esel vber nacht behalten vnd ihn rnorgen zuer schuel bringen vviirde, der soli straks von seinem paedagogo, post recitationem Catechismi sein verdienten lohn empfangen, damitt die andern desto mehr ad vsurn Latinae linguae angereitzt werden. * Dieser letzte Absatz erscheint von Frischlins Hand nach Schluss des obigen Capitels a m Rande des Manuseriptes hinzugefugt. ** Im Manuscript war anfanglich der lateinische Sprachzvvang auch auf die dritte Classe ausgedehnt, doch erscheint im ersten Absatze dieses Capitels obige Fassung durch Frischlin selbst festgestellt, wahrend der Wortlaut des zweiten Absatzes, der iibrigens gleichfalls mehr- fach corrigiert erscheint, elier dem urspriinglichen Inhalte entspricht. i7 Von zucht vnd erbarem Wandel auf der gassen. Cap. IIII. Wann die schuel oder lection zu end gebracht vnd die vhr verloffen, sol- lend alle schueler sich haimfiiegen vnd daheim repetieren vnd sich zur kiinftigen Lection praeparieren vnd zwischen den lectionibus keiner in der schuel oder auf der gassen geduldet werden, dami welcher nitt in der statt anheimbsch oder sonst iveitt zugehen hat, der kan alhveg, in der naehe bey einem bekannten souil platz vnd raum finden; im fal aber den frembden solichs beschiverlich fallen wolt vnd sie zivischen den lectionibus kein heerberg ausserhalb der schuel haben kiindten, so soli alhveg einer aus den paedagogis selbige zeit in der schuel blei- ben vnd sein achtung auf dise frembdling geben, damitt sie vnteriveilen stili seyn vnd ziichtig sitzen vnd ihre lectiones repetieren.* Es ist auch obgemelter hern verordneten will vnd meinung, dass alle knaben vnser schuel auf der gassen ziichtig seyen, nitt schreyen, nitt umlauffen oder hin vnd wider gaffen, auch nitt essen oder naschen, vili weniger werfFen vnd geissen oder zillen vnd was dergleichen ist. So oft ein knab fiir ein Adtls- person, es sey mann oder framv vnd jungfrauw, oder auch sonst fiir ein ersamen, fiirnemen man, besonders was Rhaatspersonen vnd gelerte oder sonst ansehliche leut seind vnd insonderheytt fiir die kirchendiener vnd ihre praeceptores fiirvber gehn wiirdt, soli er knab einer sollichen person nitt allein aus dem iveg iveichen, sondern auch sein huett abziehen vnd nach dem die person ist, auch gegen ihne sich bucken, ja auch gegen alten vnd betagten mannern vnd frauiven, wie Salo¬ mon gebeutt, ehrerbiettig sein. Welcher aber sich hierinn onerbar erzaigen ivtird, der soli, so offt er von seinem corycaeo ergriffen vnd anzaigt wirdt, vm diser grobheytt willen ein harte predigt** zu lohn empfangen. Vnd dieweil die Labach ein sorglich, gefahrlich Wasser ist, so ist verboten bey hartter straff, dass kein knab zu sommer zeitt darinn baden soli. Von Corycaeis vnd haimlichen aufmerker. Cap. IIIII. Demnach den praeceptoribus vnd paedagogis onmiiglich ist, den knaben allenthalben auf den soken nachzugehn, so soli ein yeder paedagogus in seiner classe ein oder ziven corycaeos vnd heimliche aufmerker bestellen, ivelche auf die andern ihre condiscipulos in der schuel, in der kirchen vnd auf der gassen ihr vleissig aufsehen haben vnd was sie streflich an ihn befinden, dasselbig aufzeichnen vnd dem paedagogo ahveg am Sontag vor der predig anzeigen, damitt das vbel gestraft vnd die Jugendt zu guetten sitten gehalten werd. VVann nun der Cory- caeus fahrlessig erfunden wurd, oder sonsten den knaben zuuerschonen begert vnd desshalben kein delinquenten haben ivtird, vnd also sein Register lehr brecht, soli er corycaeus onnachlessig gestrafft werden, damitt der nachkommend desto vleis- siger aufmerkh. Dann alhveg zuuor ein neuiver Corycaeus heimlich bestellt soli iverden, eh vnd dann der alte verhortt iverd. * Auch dieser Satz wurde von Frischlins Hand spater in den Text eingefiigt. ** Corrigiert. Friilier stand «schilling». 2 i8 Von Zank vnd hader. Cap. VI. Es seind verbotten alle scheltwortt, schmachreden, zank, hader, balgen vnd schlagen oder rupfen; dann wo ein oder mehr knaben hierinn ergriffen vnd von dem corycaeo anzeigt wurden, sollend die thatter gestraft vnd dem anfanger vil bass, dann dem verursachten, hinan gehept tverden vnnd sollend hiefiir nemlich die corycaei achtung geben, dass sie solliche hadermotzen dem paedagogis anzeigen. Dann in den schuelen frid vnd einigkeit vnder den discipulis soli gehalten werden, damitt sie von Jugendt auf einandern lieb gewinnen vnd als schuel ge- sellen ihr lebenlang zusamen halten. Von Merhten vnd spilen. Cap. VII. Kein schueler soli ett\vas von dem andern kauffen, abfeilschen, vil vveniger ettwas ihme heimlich entvvenden, es seyen buecher, schreybzeug, feder vnd der- gleichen; es were ihm denn sollichs von seinem paedagogo erlaubtt, dass er ett\vas verkauffen mocht, dem andern zu nutz vnd ihme on schaden; wiird aber einer hieriiber strafbar ergriffen, soli er darum discipliniertt werden. Es sollend auch verbotten sein alle spil vm gelt oder geltswertt, als klun- kern, trapellieren vnd dergleichen; aber zu seiner zeitt mitt ballen oder topfen ausserhalb der statt spilen vnd kurtzweylen ist ihnen frey vnd zuegelassen. Von klappern vnd liegen. Cap. VIII. Keiner soli aus der schuel schwetzen noch sein condiscipulum oder auch sein paedagogum vor seinen altern verliegen. Dann welcher sollichs begehn tvurde, dem soli ein harter schilling zuer besoldung widerfahren. Es versehen sich auch die paedagogi gegen den altern, sie tverden hierinn der lehr Syrach nachvolgen, vnd den kindern nitt zu weich sein, ihnen nitt liebkosen, vnd zu ihrer bossheytt nitt helffen oder sie entschuldigen. Wie dann hinwiderum die praeceptores nitt ohne ehafte wolgefuegte vrsach daruff schmieren sollen. Von dem Calefactore vnd Famulo scholae. Cap.IX. Auss den starken mendicantibus soli einer vnd der andere die schlissel zu der schuel vnd zu den Classibus haben, dieselbig alle morgen bey zeitten bffnen vnd zu abend tviderum beschliessen vnd alle tag die schuel vnd Classes einmal ausskeren vnd dann zu vvinters zeiten ein stund zuuor, eh vnd dann man in die schuel kompt, die bfen einheitzen. Item die Classes mitt wachholderrauch beson- ders zu Herbstzeitten aussreuchern. Dessgleichen alle tag morgen eine oder zweu frische ruetten in alle vnd yede Classes dem paedagogo in sein stuel legen, damitt er seinen scepter hab. Wo aber einer auss disen famulis sein officium nitt thette, soli er hierum von dem Cantore oder Locato gestraft werden.* * Die friihere Fassung: «gar dapfer hierum gestrichen werden» ist von Frischlins Hand in obige geiindert. i9 Vnnd damit sich meniglich wiss dissen statuten vnd ordnungen gemess zu- halten vnd sich niemand der onwissenheytt zu entschuldigen hab, sollend dise leges vnd statuta hinfiir alle Monat einmal in beysein der hern Inspectorum scholae frey ofifenlich in der schuel durch den Cantoren oder Locatum verlesen werden, doch mit vorbehaltung, dise statuta nach fiirfallender gelegenheit zu min- dern, zu mehren, zu endern vnd in alvveg zu bessern vnd diss alles auf das treuvvlichst vnd ongefehrlichest. Actum Labach den 24. Septemb. Anno 82. Der Schulordnung erscheinen ohne weitere Bemerkung die in der vierten dritten und ziveiten Classe benothigten Bticher beigefiigt; fiir die erste Classe, in welcher nach dem Voranstehenden nur die Anfangsgrtinde, das Lesen und Schreiben, praktisch geiibt werden sollten, schienen keine besonderen Lehrbiicher nothvvendig. Die von Frischlin zum Gebrauche vorgeschlagenen Lehrbiicher sind: 1. Latinus Lutheri Cateschismus, 2. Grammatica Philippi Melanchthonis, 3. Epistolae Ciceronis ad familiares, 4. Bucolica Virgilii, 5. Comoedia Susanna,* 6. Altera pars grammatices Argentinensis, 7. Aurea carminum Pythagorae, 8. Musicae compendium. 1. Germanicus Lutheri Catechismus, 2. Grammatica Argentinensis, 3. Epistolae Ciceronis selectae, 4 . Fabulae Aesopi, 5. Dialogi Castalionis, 6. Grammatica Graeca Argentinensis, 7. Compendium Musicae. 1. Latinus Catechismus Brentii, 2. Donatus, 3. Cato, 4. Prima pars Grammatices Argentinensis, 5. Nomenclatura rerum, 6. Formulae Sebaldi Hayden, 7. Sententiae Leonhardi Culmanni. (?) Unterzieht man F>-iscJilins Entivurf einem Vergleiche mit der vorher giltigen Schulordnung aus dem Jalire 1575,** so ergibt sich, ausser der nothivendigen, durch die Natur der Sache bedingten theihveisen Uebereinstimmung in Bezug auf * Frischlins zvveite lateinische Dramendiclitung aus dem Jalne 1577. Vergleiche dariiber Strauss 1 . c. p. 112 u. ff. ** Abgedruckt (auszugsiveise) in den Mittheilungen des h. V. f. K. 1854 p. 17. IIII. III. II. 20 den classenweise vorgezeichneten Lehrstoff, die Thatsache, dass der Autor des neuen Entwurfes, namentlich in dem z\veiten Theil, den disciplinaren Vorschriften, seine Vorlage vor Augen gehabt und sich stellenweise darnach gerichtet, indem gleiche oder wenigstens ahnliche Regeln des Anstandes, der Artigkeit, der Ueber- wachung u. dgl. in beiden Fassungen erscheinen. Trotzdem kann Frischlins Arbeit als eine durchaus selbstandige bezeichnet werden, da er sich in der Anordnung und Gliederung des Ganzen, ferner in der Diction vollkommen von der in latei- nischer Sprache abgefassten altern Schulordnuag unabhangig machte und so zahl- reiche neue Gedanken und Vorschlage entwickelte, dass sein Werk als ein dem friiheren vollig verschiedenes betrachtet werden muss. Es bedeutet zunachst eine nicht geringe Steigerung in Beziehung auf Strammheit und strenge Ordnung; eigen- thiimlich beriihrt uns der darin waltende Geist steter Uebenvachung der Schiller selbst durch geheime Aufpasser aus ihrer Mitte, ferner die grosse Rolle, welche Zuchtmittel, wie «der holzerne Esel» und vor allem die Ruthe, «das Scepter des Padagogen», spielen. Beachtenswert und der Eigenart Frischlins so recht ent- sprechend sind die drastischen, manchmal selbst derben Wendungen, mit welchen der Autor ofters seinen aufgestellten Grundsatzen Bekraftigung zu verleihen sucht.* Dem Grundsatze strengster Schulzucht huldigt auch die dem zweiten Abschnitte vorausgeschickte Vorrede aus Jesus Sirach, welche iibrigens spater fallen gelassen wurde. Dagegen iiberdauerte die wirklich treffliche, den Wert und die Bedeutung des wissenschaftlichen Strebens ftir alle Zweige des ofifentlichen Lebens so recht eindringlich vor Augen fiihrende Einleitung zum ersten Theile alle spateren Um- arbeitungen und erscheint in unverandertem Texte auch der landschaftlichen Schul- ordnung vom Jahre 1584 vorangestellt. Dass FriscMin als fruchtbarer Schriftsteller auf dem Gebiete der gelehrten und schonen Literatur unter den vorgeschlagenen Buchern auch seine eigenen Leistungen herangezogen, ist billig nicht zu verwundern. Er wiinschte z. B., dass sein erst vor wenig Jahren unter allgemeinem Beifall erschienenes Drama «Susanna» als Schullectiire in der obersten Classe venvendet, ferner bei der Beschaftigung mit Virgils Bucolica sein Commentar dazu beniitzt werde. Beziiglich der Classenzahl steht der Autor in dem ersten Entwurfe noch auf dem Standpunkte, dass die bestehenden vier Classen, wie er selbe von seinem Vorganger iibernommen hatte, vorlaufig ausreichten; wir werden aber sehen, dass auch in dieser Beziehung spater eine Aenderung eintrat. Wann Nicodemus Frischlin nun vorliegenden Lehrplan dem Verordneten- Ausschusse, als den obersten Schulherren, iiberreichte, ist, wie gesagt, nicht mehr aus den Acten zu ersehen. Bei dem Reformdrange desselben, bei der Zahigkeit, mit der er einmal gefasste Plane zu venvirklichen trachtete, ist es wohl als sicher anzunehmen, dass der Entwurf nicht allzulange in dem Pulte seines Verfassers geruht habe, sondern unverziiglich seiner Bestimmung zugefiihrt wurde. Dies ist um so wahrscheinlicher, da mit dem 29. September, also fiinf Tage nach Schluss des Projectes, ein neues Schuljahr begann und somit bei sofortiger Annahme dasselbe moglichenveise gleichzeitig mit diesem in Kraft treten konnte. Eine solche Absicht lasst sich mit dem feuereifrigen Wesen Frischlins gar wohl verbinden. Diese Erwartung gieng freilich nicht in lirfiillung. Die Verordneten waren allerdings von der Nolhwendigkeit einer theihveisen Umgestaltung der bisher gil- tigen Schulverfassung nicht minder iiberzeugt, als der neue Rector, ja sogar fest * Vgl. in dieser Beziehung: 1. Theil, Cap. XIII. Schlussatz; 2. Theil, Cap. II. Absatz 2 und Schlussatz; Cap. VI., Cap. VIII. Schlussatz u. a. St. entschlossen, eine solche vornehmen zu lassen. Dies beiveist eine protokollarisch niedergelegte Aeusserung der Verordneten vorn 24. August 1582, worin dem An- suchen einer untergeordneten Schulperson die Erledigung «bis auf Reformationem scholae* in Aussicht gestellt wird.* Anders stand es aber mit der Art der Reform. In dieser Beziehung fanden Frischlins miindlich geausserte und jetzt schriftlich niedergelegte Vorschlage nicht den Beifall der massgebenden Kreise. Der eingereichte Entwurf wurde, wie wir aus dem Mangel jeglicher Notiz iiber dessen vorlaufige Behandlung ersehen, dermalen gar nicht zum Gegenstande weiterer Berathungen gemacht, sondern dem Verfasser wahrscheinlich eine ent- sprechendere Umarbeitung desselben aufgetragen. Die Zeit drangte ja nicht, da an eine sofortige Einfilhrung der neuen Ord- nung die Stande aus naheliegenden Griinden gar nicht dachten, sondern Frischlin gerne die Zeit Hessen, im Laufe des Schuljahres sein Project in der gevvtinschten Weise umzugestalten. Man ware vielleicht versucht zu glauben, dass der in Rede stehende Ent- wurf et\va gar nie in die Hande der Verordneten gelangt, sondern el>en nur als Goncept in Frischlins Besitz geblieben sei und aus bestinnnten Griinden von seinem Autor selbst fallen gelassen \vorden. Diese Annahme wird jedoch durch die Thatsache widerlegt, dass unser Schriftstuck sich im stitndischen Archive befindet, also sicher dahin eingereicht worden sein muss. Doch, selbst zugegeben, dass es nur durch einen Zufall, auf indirectem Wege, dahin kam, bevveisen die von der Hand des standischen Protokollftihrers im Manuscripte gemachten Correcturen, dass es einmal sicher in amtlicher Behandlung stand und einer Begutachtung unter- zogen wurde. Die Richtigkeit dessen, ja selbst der Zeitpunkt dieses letzteren Vor- ganges wird iiberdies durch ein hochst wichtiges Schriftstuck im gleichen Archive ausser allen Zweifel gestellt. Es ist das Protokoli der zur Berathung der Schulreform besonders ein- gesetzten Commission vom December 1583, in welchem ztvischen Frischlins erst eingereichtem und dem spater umgearbeiteten Entwurfe genau unterschieden und jener mit seinen charakteristischen Merkmalen, als der Zvveitheilung u. s. w., einer genauen Durchsicht unterzogen wurde. Aus dem friiher Gesagten lasst sich der Schluss ziehen, dass Frischlin angewiesen ivurde, im Laufe des Schuljahres ein verbessertes Schulproject aus- zuarbeiten, um hiebei gewisse, in der ersten Fassung als anstossig erkannte Punkte zu andern. Dahin gehorten vor allem die Scheidung in zivei gesonderte Theile, ferner der stellenweise mehr bezeichnende als massvolle Ausdruck, sowie bestimmte Forderungen in dem Ausmasse des Lehrstoffes der einzelnen Classen, die Ein- theilung in Decurien u. dgl. m. Frischlin verlor sein vertagtes Schulproject nicht aus dem Auge. Das Jahr 1583 beschaftigte ihn tiberdies auch in anderer Beziehung mit didaktischen Ar- beiten. Er vollendete liber den Sommer eine neue lateinische Grammatik, in ivelcher er gegen die eingewurzelten Irrthumer und Geivohnheitssiinden der frti- heren Stellung nahm, und war fest entschlossen, selbe an der Laibacher Schule, wo er mangels einer bessern selbst noch nach der sogenannten Strassburger Grammatik unterrichtete, einzufiihren; ausserdem bemiihte er sich auch noch, andere fiir die Schule bestimmte Biicher in derselben Zeit zum Druck zu bringen. Endlich vvurde auch die umgearbeitete Schulordnung in den Augusttagen 1583 * Landtagsprotokoll 1582 f. 319. 22 fertiggestellt und am 20. d. M. den Verordneten Krains mit einem Begleitschreiben zur Annahme vorgelegt. In demselben iibergibt er seine «anstellung vndt In- struction*, darnit die Stande «fiirs erste diese meine wolmeinend anstellung gna- diglich ablesen vnd da solche gefallig, alsbaldt den vndermaistern fiirhalten vndt mit allen ernst einbinden, dass sie sich furohin darnach verhalten*. Er ersucht um Bestellung von «visitores scholae* aus dem Kreise der Landschaft, der Pre¬ diger, des Stadrathes sowie der Doctoren oder Advocaten, welche alhvochentlich die Schulen zu besuchen und zu ubenvachen hatten. Auch die Schulbiicherfrage* legt er seiner vorgesetzten Behorde warm aus Herz. Er habe eine «Grammatica», einen «Catonem, das ist die schonen Spriich, so in der Grammatica angezogen werden, besonders gestellet,* ftir die Knaben der z\veiten Classe, dann ein Ele- mentale ftir die Abcedarios und eine «Nomenclaturam in sechs Sprachen» verfasst und gedachte wahrend seiner Herbstferien in Venedig mit dortigen Druckern wegen baldiger Herausgabe derselben zu unterhandeln. An einer guten Grammatik sei eben alles gelegen, und die Gelehrten (ftigt der selbstgefallige Mann hinzu) ervvarteten bereits begierig, sein Werk ehestens gedruckt zu sehen. Wenn etwa seine Schulpflicht darunter leiden solite, \verde er sich von einer tauglichen Person inzwischen vertreten lassen. Den Abschluss des Schriftsttickes bildet endlich eine hier belanglose Klage iiber den Verlust seiner Bibliothek wahrend der Uebersiedlung.** Die envahnte umgearbeitete Schulordnung ist leider weder im Originale noch in einer Abschrift erhalten, man kann ihre Existenz lediglich nur aus dem angefiihrten Inhalte des Begleitschreibens, dem iiber selben abgegebenen Gutachten der Pastoren und aus ihrer Envahnung im Verhandlungsprotokoll der Reform- commission erweisen. Doch lasst sich aus zerstreuten Notizen und Vergleichen iiber ihre Beschaffenheit und ihr Verhaltnis zum ersten Entwurfe einiges constatieren. Sie enthielt die Vorschriften iiber Lehre und Sitte in einer fortlaufenden Reihe von 22 Capiteln. Im ganzen war sie \veit ktirzer als die erste Redaction, indem einzelne Abschnitte, wie die entbehrlich gewordene Vorrede des zweiten Theiles, ganz weggelassen und die Fassung der iibrigen vielfach vereinfacht wurde. Dagegen erscheint ein neuer, selbstandiger Artikel iiber «Musica und Arithmetica* einge- fiigt. Die Stilisierung diirfte eine sorgfaltigere, von allen drastischen Wendungen gesiiuberte gewesen sein, da Commission und Pastoren der «verbesserten newen Schulordnung* oder «neu corrigierten Schulordnung*, wie die verlorengegangene Redaction genannt wird, in dieser Beziehung nichts auszustellen wussten. Die wichtigste Aenderung gegeniiber dem ersten Entwurfe bildet die Vermehrung der Glassen auf fiinf, \vobei die Schiiler der neugeschaffenen obersten Abtheilung aller- dings noch einige Gegenstande, wie die lateinische Interpretation, gemeinsam mit den Quartanern treiben sollten. Diese umgearbeitete Vorlage Frischlins wurde schon am nachsten Tage, dem 21. August 1583, den «verordneten Inspectoribus einer Ers. Landschaft christlichen Schuell*, d. i. den in der Stadt wirkenden evangelischen Pastoren, iibergeben, damit selbe ausfiihrlichen Bericht dariiber erstatteten. * Vgl. Strauss: N. Frischlin p. 425. Die drei letztgenannten erscheinen dort als erst zu Braunschweig entstanden aufgefiihrt. Aus dem Obigen ergibt sich aber, dass die letzteren vielleicht nur Umarbeitungen der schon 1583 fertiggestellten, urspriinglich fiir den Bedarf der Laibacher Schule berechneten waren. ** Nacli dem Orig. im stiind. Archive. 2 3 In iiberraschend kurzer Zeit, schon drei Tage spater, atu 24. August, \varen die evangelischen Kirchenpersonen Christof Špindler, Hanns Schweiger, Felician Truber und Joannes Tulschak mit ihrem Gutachten fertig. Es war keineswegs ein gtinstiges. Abgesehen von sachlichen Griinden, er- klart sich dies theihveise wohl auch aus personlichen. Špindler war nicht nur bei der Abfassung der Schulordnung vom Jahre 1575 hervorragend betheiligt gevvesen, sondern es bestand auch ausserdem seit einiger Zeit zwischen dem Rector und den Pastoren eine nicht unbedeutende Spannung aus anderen Ursachen. Wie aus dem Begleitschreiben Frischlins zu seinem ziveiten Entwurfe ersichtlich ist, iviinschte derselbe mit Recht, dass die Schulinspection nicht ausschliesslich von den evan¬ gelischen Predigern geiibt werde, sondern dass in dem Collegium der dazu beru- fenen Manner auch die Landschaft als oberste Schulbehorde, so\vie das gelehrte Laienelement gebiihrend Vertretung finde. Wir erfahren ferner, dass er sogar die Anerkennung der bestellten Inspectoren aus dem Grunde venveigerte, weil er von deren Ernennung niemals verstandigt worden sei.* Unter solchen Umstanden ist es wohl erklarlich, dass sich die Pastoren dem Friše hi in' schen Projecte gegentiber ziemlich unfreundlich ausserten und ihr in vielen Punkten ablehnendes Urtheil in Worte kleideten, die deutlich zeigen, dass es zu- meist die Person des Autors war, welche in dessen Werke getadelt und angegriffen werden solite. Wenn sie auch mit dem Grundgedanken der neuen Ordnung, durch Strammheit und strenge Einhaltung derselben Tiichtiges zu erzielen, ein- verstanden seien, ja sogar fiir hochst wiinschenswert erklarten, dass des Rectors Absichten venvirklicht wiirden, so hegten sie doch an der Durchfuhrbarkeit der¬ selben ernstliche Zweifel. Frischlin habe bei seiner Antrittsrede auch behauptet, dass nach seiner Lehr- methode die Schiller binnen Jahresfrist in die hohere Classe versetzt iverden konnten, doch hiitte dieses Versprechen «wider sein eigen vnd auch vnser verhoffen biss daher sich verzogen* ; deshalb sei zu fiirchten, dass auch vorliegende «Anstellung schiverlich ins Werk zu richten* sei.** Wollte man ferner die Knaben nach ihren jetzt envorbenen Kenntnissen dem aufgestellten Lehrplan gemasst versetzen, so miissten fast alle in die erste oder ziveite Classe, vvahrend die oberen fast leer blieben. Obwohl sie dem «guten Fiirnehmen* des Rectors nicht ividersprachen, so hielten sie doch einzelne An- ordnungen desselben, wie die vorgeschriebene Thiitigkeit des Untermeisters in der ersten Classe, ivahrend einer Lehrstunde fiir unausfiihrbar; nicht minder iibertrieben seien auch die Forderungen beztiglich der librigen Classen, «durch welche vber- hauffung die praeceptores vnd khnaben mehr venvirret vnd gehindert iverden vnd wann mans den praeceptoribus auferlegen wolte, so \vird es doch nit fort- gehn, sondern stekhen bleiben vnd also auss einer verhofften Ordnung \vider ein vnordnung werden». Das Schlussurtheil der Pastoren iiber die Schulsatzung lauft endlich in den Antrag hinaus, vorliegenden Entwurf dem Rector zur neuerlichen Umarbeitung zuriickzustellen, damit die Anforderungen bis zur erreichbaren Grenze ermassigt jviirden. Dabei soli der Rector iiberdies nicht bloss nach seinem eigenen Gut- diinken vorgehen, sondern auch den Rath der Collaboratoren beriicksichtigen, da * Vgl. Elze p. 47. ** Dabei die schon von Elze p. 47 citierte, scharf polemische Aeusserung gegen Frischlins Reformbestrebungen: «Es lasst sich nit ain gesatz so leicht ins werkh bringen, als leicht es gedacht, gemacht, geredt vnd geschriben wird.» 24 ja manchmal «auch ein Geringer der Sache niitzen konne»,* namentlich aber (hier sprachen sie pro domo) die Inspectores scholae nicht iibersehen, sondern sich mit ihnen gehorig ins Einvernehmen setzen.** Das bisherige Verhalten Frischlins gegen die letzteren bildet den Inhalt einer weiteren, ausfiihrlichen Beschrverde. «Obwohl die Pastores iiber miindlichen Befehl der Verordneten ihres Amtes hatten vvalten wollen, seien sie von dem Rector nicht beachtet rvorden. Als diesem von einem aus ihrer Mitte Ausstellungen tiber dessen eigenmachtige Gestattung von Ferialtagen gemacht worden seien, habe er ausdriicklich erklart, er wisse von keinen Inspectoren, da ihm niemand in dieser Eigenschaft prasentiert worden sei. Sie finden, angesichts dieser Thatsache, es rathsam, die Inspectoren mit einer genauen, ihre Rechte und Pflichten gegen- iiber allen Lehrpersonen feststellenden Instruction zu versehen, in der namentlich die Bestimmung nicht fehlen diirfe, dass sie bei Neugestaltungen des Lehrplanes und der Schulordnung ihren Einfluss geltend zu machen hatten. Beztiglich der von Frischlin vorgeschlagenen Biicher anerkannten sie zwar den \Vert und die unbestreitbaren Vorziige derselben gegentiber den in Gebrauch stehenden, sprachen sich aber entschieden gegen die Einfuhrung der Grammatik aus mehreren, besonders ausgefiihrten Griinden aus.*** Endlich sei bemerkt, dass in den Augen der strengen Beurtheiler der Aus- fall oder die Ktirzung einzelner Artikel gegentiber dem ersten Entwurfe, «die da- selbt vleissig ausgefiihrt sem worden,» wie z. B. «Von der Gottesfurcht,» «Vom Lateinreden,» u. a. m., gleichfalls tadelnswert erschien. Es ist begreiflich, dass angesichts der ablehnenden Haltung der evan- gelischen Geistlichkeit als fungierender Schulaufsicht Frischlins zweiter Entrvurf wieder nicht ins Leben treten konnte; man kann sich vorstellen, wie tief dies den ehrgeizigen Mann kranken musste, zumal er zur selben Zeit auch von anderer Seite her in Misshelligkeiten mit der Landschaft gerieth.f Unter solchen wenig erquicklichen Verhaltnissen war das erste vollstandige Schuljahr unter Frischlins Leitung zu Ende gegangen. Solite er auf endliche Einfuhrung seiner Reformplane hoffen konnen, so musste er wohl durch die Er- folge beweisen, dass die von ihm verfochtenen Grundsatze auch praktisch ver- rvertbar und nutzbringend seien. Er wusste, dass eine nur zu machtige Partei der Umgestaltung des Laibacher Schuhvesens nach seinem Sinne Widerstand leiste, und ihm war der Inhalt des abgegebenen Gutachtens der Pastoren sicher nicht unbekannt geblieben. Die tibliche Herbstschlussprtifung war iiberdies durch seine, gegen den Willen seiner Vorgesetzten ausgedehnte Reise nach Venedig gestort rvorden, deshalb suchte er das Versaumte nachzuholen und veranstaltete am 29. November 1583 ein «abermaliges publicum examen» in der Landschaftschule aus «allerhand vrsachen vnd notturfft, darurn etrvan sonsten meldung geschicht», wie er sich in * »Nam saepe etiam olitor est opportune locutus» heisst es im Orig. ** Dass die von Frischlin beanspruchte Selbstandigkeit in der Schulvenvaltung den Pastoren nicht gefiel, beweist, abgesehen von der obigen, auch die im betreffenden SchriftsUicl^e rveiter unten vorkommende Bemerkung, «dass der Rector bis nun die Sache dahin verstanden, dass ihm die Schule seines Gefallens zu administrieren vertraut sei». *** Siehe Elze p. 47. Ilier \vurden nur jene Siitze des Gutachtens ausfiihrlicher mit- getheilt, welche dort iibergangen sind. j" Ueber seine im Herbste 1583 unternommene Reise nach Venedig, den dort betrie- benen Biicherdruck, seine Anstande wegen der dadurch erfolgten Vernachlassigung seiner Amts- pflichten etc. siehe Strauss p. 275 u. ff. dem diesbeziiglichen, im standischen Archive befindlichen Einladungsschreiben aus- drtickt. Er hatte wohl die Absicht, seinen Gegnern und Beschuldigern den Zu- stand der Schule als einen giinstigen vorzufuhren, damit einerseits seine Lehr- methode in ihren Vorziigen gewiirdigt, anderseits er von dem Vorvvurfe der Nach- lassigkeit in der Berufserfullung entlastet werde. Der Anerkennungsstreit beziiglich der Schulinspectoren, deren Anwesenheit hiebei dem Rector von grosster AVichtig- keit war, spukt auch noch in diesem Schriftstiicke, doch weiss Frischlin die Saehe diplomatisch zu umgehen, indem er die Landschaft ersucht: «sie rnoge durch ihren Diener die verordneten Inspectoren von der Priifung verstandigen lassen, weil solche «ihm vnbekannt*, damit sich niemand, wie vorhin, ausreden konne». Das Resultat des Examens war, wie bei der unbestreitbaren Tiichtigkeit Frischlins als Lehrer nicht anders vorauszusehen, ein im allgemeinen recht giin- stiges. Derselbe Špindler, welcher an der Spitze der Laibacher Pastoren soeben sein Gutachten iiber dessen Reformproject abgegeben, referierte auch diesmal '.vieder liber das Ergebnis in der Verordnetensitzung vom 4. December 1583,* doch scheint es beinahe, dass derselbe seit dieser Zeit sich eine giinstigere Meinung liber die Erfolge des neuen Rectors und dessen Reformplane gebildet habe. Die Fortschritte, \velche namentlich in dem nach der neuen Methode betriebenen Latein erzielt \vorden waren, scheinen ivirklich nicht gering geivesen zu sein, denn selbst so strenge Richter, wie es der Genannte mit seinen Amtsgenossen war, anerkannten die Leistungen der Schiiler als zufriedenstellende, und die haupt- siichliche Ausstellung, die sie zu machen nicht unterlassen konnten, bezog sich nicht etwa auf einen Mangel, sondern ein Uebermass in der Behandlung der griechi- schen Sprache, in der «zu friih ausgesprengt» worden sei und ivelche beinahe tiber das Lateinische gesetzt \verde. Die abgehaltene Priifung hatte fiir Frischlin den ivichtigen und bedeutsamen Erfolg, dass die Reform der Schule darnach endlich aus dem Stadium der Er- \vagung und Vorberathung in jenes der Durchftihrung vormckte. Die Verordneten der Landschaft, denen es mit der zeitgemassen Verbesse- rung der Landschaftschule schon langst Ernst war, sahen nun ein, dass ein Erfolg in dieser Richtung nur dann erzielt vverden komite, wenn sie selbst das schvvierige Werk in die Hand nahmen. Es war klar gevvorden, dass des Rectors Feuereifer und dessen Reformlust sich kaum jemals mit der conservativen An- schauung und personlichen Abneigung der geistlichen Schulinspectoren zu einem gedeihlichen Resultate vereinigen konnte. Von dieser Ueberzeugung beseelt, setzten sie noch in derselben Sitzung vom 4. December 1583 eine Corporation zusammen, die im Sinne (ler FrischlinSchcn Forderung aus Vertretern aller betheiligten Kreise soivie des gelehrten Tjaien- standes gebildet war. Da dieselbe aus nicht \veniger als 19 Mitgliedern bestand,** darunter solchen, die berufsmassig haufig ausivarts \varen, machte sich das Be- durfnis geltend, zur rascheren Erledigung der Geschafte daraus einen kleineren standigen Ausschuss zu ivahlen. Diese Korperschaft solite ktinftig als Inspectoren- collegium fungieren und ivurde ausdriicklich mit der Berathschlagung und Be- schlussfassung iiber die neue Schulordnung betraut.*** * Dimitz III. p. 172. ** Da Dimitz III. p. 172 die Zahi derselben nicht vollstandig angibt, so sei errvahnt, dass ausser den dort Genannten laut Landtagsprotokoll noch dazu die vier Verordneten der Landschaft soivie die fiinf Pastoren von Laibach gehorten. *** Landtagsprotokoll 1583. 26 Von da an be\vegt sich die so lange verzogertc Schulreform in rascherem Flusse. Uas aus trefflichen und erfahrenen Mannern bestehende Collegium nahm seine Aufgabe ernsthaft und begann noch im selben Monate sein Werk. Ueber die Thatigkeit desselben ist uns gllicklichenveise ein ziemlich genaues Protokoli erhalten, das uns als wichtigste Quelle in der weiteren Verfolgung dieser Ange- legenheit dient und das Verhaltnis der neu entstandenen Schulordnung zu den friiheren Entwiirfen im wesentlichen klarstellt.* Aus demselben erfahren wir zunachst, dass an den Berathungen, welche im 1 ,aufe des December und Janner in vier Sitzungen, darunter einer Doppelsitzung, stattfanden, nicht nur die Mitglieder des engeren Ausschusses, sondern auch aus dem weiteren Kreise der Inspectoren theilnahmen, und dass die Zahl der Ver- sammelten gewohnlich zwischen 6 und ro Personen betrug. In der ersten Sitzung, am 13. December, wurde vorerst die Frage erortert, ob der Rector, eventuell auch die Collaboratoren, zur Berathung der neuen Schul¬ ordnung heranzuziehen seien. Davon wurde begreiflichenveise bald abgesehen, denn bei dem Umstande, dass Frischlin gewiss sich bemiiht hatte, bei jedem Diffe- renzpunkte seine Gegner in nachdriicklicher Weise zu vviderlegen und sie zu seiner Anschauung zu bekehren, ware in diesem Falle manche lang\vierige, hitzige und wohl meist unfruchtbare Debatte entstanden. Man beschloss daher, die beiden Entwiirfe des Rectors einer genauen Lesung zu unterziehen, selbe zu berathen und die Resultate durch den landschaftlichen Kriegssecretar Hanns Gebhard, der gleich- falls dem Inspectorencollegium angehorte, verzeichnen zu lassen. Die daraus ent- standene neue Fassung der Schulordnung solle sodann den Schulpersonen zur Begutachtung vorgelegt werden. Noch am selben Tage kam in der angedeuteten Weise zunachst der erste, oben abgedruckte Entwurf, spater die Umarbeitung desselben an die Reihe. Schon bei der Erorterung der Frage, ob liber die Vorlagen im allgemeinen oder artikehveise gehandelt iverden solite, kam es zu Meinungsverschiedenheiten. Der Landessecretar Gottscheer ivtinschte zunachst eine Art Generaldebatte, bei ivelcher auch constatiert werden solite, wieweit die gegenseitigen Verpflichtungen zivischen dem Rector und den Standen giengen und in ivelchem Ausmasse die einzelnen Gegenstande bisher in der Schule gelehrt worden seien. Der ofter er- \vahnte Špindler verlangte dagegen sofortiges Eingehen in die einzelnen Capitel. Zuletzt wurde dem Begehren beider entsprochen, der Dienstvertrag Frišehlins ver- lesen, die Classenlectiones von den einzelnen Praceptoren abgefordert, die Be¬ rathung aber abschnittweise behandelt, und z\var nach der zweiten, umgearbeiteten V orlage. Pline der ersten Fragen war die Eintheilung der untersten Classe in Decurien. Frischlin hatte im ersten Entwurfe deren drei angesetzt, war aber, wohl dem praktischen Bediirfnis nachgebend, spater auf deren vier ubergegangen. Der Aus- schuss erkannte mit Recht, dass der gleichzeitige Unterricht mit vier Kenntnis- * Im stand. Archiv, Evang. Rel. F. 54. f. 3. Der Titel lautet: «Protokoll. \velcher Gestalt d. E. Er. Ldsch. d. Furstenthumbs Crain geordneten Scliuell Rectoris D, Nicodemi Frischlini ein- gelegte, neu corrigierte, andere Scliuelordnung durch die dazue geordneten llerrn Inspectoren der Schuel ftirgenommen, verlesen vnd examiniert, auch was in derselben zu rectificieren oder zu andern, zu mindern oder zu merern beratschlagt vnd geschlossen worden.» Es bildet ein Heft von 10 beiderseitig beschriebenen und- 8 leeren Folioblattern. 27 stufen durch eine Lehrkraft unmoglich sei, zumal die unterste Classe starker be- sucht war, als die librigen zusammengenommen.* Deshalb erklarten sie die Anstellung eines zweiten Lehrers fur die I. Classe mit einer Besoldung von etvva 50 fl. jahrlich flir dringend geboten, wenn anders die Landschaft darauf eingehen wolle. Solite dies nicht der Fali sein, so bliebe kein anderer Ausweg, als die oberste Decurie in die zvveite Classe zu versetzen. Die Berathung auf Grund des zweiten, umgearbeiteten Entvvurfes, mit dem man begonnen hatte, wurde indessen bald aufgegeben. Schon in der nachsten Sitzung am 14. December erschien es schvvierig, nach dieser stark gektirzten, stellenweise liickenhaften und unvollstandigen Fassung vorzugehen. Deshalb er- hob sich Špindler zu dem \vichtigen Antrage, trotz des gestrigen Beschlusses lieber zum ersten Entwurfe der Frischlin’schen Schulordnung zu- rtickzukehren, weil «darin ein mehreres als in dieser andern begriffen* sei, iiberhaupt selbe bequemer und schneller zu «iustificieren» ware; die Amvesenden waren sammtlich damit einverstanden. So kam denn nach langen Umwegen Frischlins Erstlingsproject doch wieder zu Ehren; es wurde als die geeignetste Grundlage weiterer Berathung erklart und sein Wortlaut auch im wesentlichen beibehalten. Die Eintheilung des Gan- zen, die Capitelzahl, Reihenfolge u. dgl. Aeusserlichkeiten wurden freilich noch vielfach geandert, die Zweitheilung des Ganzen fallen gelassen, wie es ja der Autor selbst schon friiher gethan hatte. Es lasst sich somit sagen, dass die for- melle Gestaltung der im Jahre 1584 herausgegebenen Schulordnung zwar mehr der Umarbeitung von 1583 entspricht, dass dagegen Inhalt, Geist und Diction zumeist auf Frischlins urspriinglicher Vorlage beruhen. Die weitern Verhandlungen boten, nachdem eine sichere Basis geschaffen war, geringere Schwierigkeiten und bewegten sich durchwegs in streng sachlichem Geleise. * Ueber die Frequenz der Laibacher Landscliaftsschule geben uns einzelne, im stand. Arcliiv verwahrte Zettel mit Schiilerverzeichnissen aus derselben Zeit wenigstens theilvveisen Aufschluss. Darnach befanden sich in der 5., 4. und 3. Classe sechs, neun, bezvv. einundzwanzig Schiller. Der Vollstandigkeit halber und weil darunter auch hervorragendere Namen verzeichnet sind, seien diese Ausvveise mitgetheilt: Catalogus V. Classis: Pueri tertiae classis: Stephanus Vrsinus Comes a Blagay, Joh. Adarnus Khlombner, Matthaeus Lossius, Johannes Stettner, Gabriel Kumperger, Wolfgangus Gartner. Georgius ab Aursperg, Wilhelmus a Neuhaus, Christophorus Gebhard, Jacobus Tulschak, Leonhardus Faschang, Casparus Sigismundus a Scheir, Bartholomaeus Gumprecht, Adarnus Wolf, Johannes Oberhuber, Johannes Felsar, Johannes Kunstel, Samuel Hasevver, Johannes Burgar, Stephanus Kriuetz, Johannes Gebhard, Johannes Tuckan, Johannes Prosser, Georgius Refingar, Christophorus Schweiger, Melchior Bohoritsch, Ludovicus Studenitz. Quartae: Jacobus VVabeccius, Valentinus Meschkar, Christophorus Špindler, Christophorus Verbez, Johannes Turinger, Johannes Portner, Andreas Textor, Johannes \Volffinger, Christophorus Pelzhofer. I)ie treffliche Vorrede zum ersten Theil, nun fiir das Ganze bestimmt, wurde oh ne vveitere Correctur, nurmit geringer stilistischer Aenderung angenommen.* Das I. Capitel fand dagegen einen fiir die damaligen krainischen Verhaltnisse wichtigen Zusatz. Frischlin, aus einem Lande stammend, in dem die evangelische Lehre bereits unbestrittene Geltung gevvonnen hatte, hielt es nicht fiir nothwendig, den confessionellen Charakter der Schule besonders zu betonen; deshalb fand sich der Ausschuss veranlasst, ausdriicklich beizusetzen, jeder anzustellende Rector oder Lehrer habe eidlich zu bekraftigen, dass er der evangelischen Lehre A. C. und der Concordienformel als «norma veritatis* ohne Falsch zugethan sei. Diese Clausel vvurde demnach der angenommenen Fassung beigefugt. Das II. Capitel sowie das III. fanden so ziemlich unveranderte Aufnahme, nur bei letzterem sah sich die Commission zu einigen stilistischen Verbesserungen veranlasst. Beim IV. Capitel venvarf jedoch dieselbe die von Frischlin festgesetzten Schulstunden, sondern normierte als Unterrichtszeit Vormittag 7 —10 Uhr, Nach- mittag 12 — 3 Uhr. Die Gesangsiibung wurde fiir 12 — i CJhr angesetzt, der diesbeztigliche Vorschlag des Entvvurfes somit geandert. Nachdem noch der Land- schaftssecretar Gottscheer den Wunsch geaussert, es mochten miter sonst gleichen Eigenschaften musikkundige Lehrpersonen bei der Anstellung bevorzugt iverden, wurde iiberdies beschlossen, den ganzen auf die Musik beziiglichen Absatz aus- zuscheiden und in den von der Arithmetica handelnden besonderen Artikel ein- zuschalten. Das V. Capitel erlitt durchgreifende Umgestaltung. Schon im ziveiten Ent- vvurfe scheint sich Frischlin, vvohl liber Aufforderung der massgebenden Person- lichkeiten, zu einer Umarbeitung veranlasst gesehen zu haben, indem die Com¬ mission bei der Berathung dieses Absatzes auf die «bereits geschehene Veranderung» beziiglich der Behandlung des Katechismus hin\veist. Nebenbei bestimmte dieselbe, dass in der untersten Classe das Cebet deutsch, in den obern lateinisch gesprochen \verde. Der «windische Katechismus» moge in der 1. und 2. Decurie gelibt iverden, spater aber nur der deutsche, weil ja anzunehmen sei, dass der erstere bereits vollkommen im Gedachtnis hafte. Ueberhaupt sei er nicht, wie der Autor ver- langt, «sttickweise aufzulegen», sondern nur durch emsiges Zuhoren zu erlernen. Fiir die iibrigen Classen vvurde folgender Lehrplan festgesetzt: II. Classe: Der deutsche und lateinische Catechismus Brentii, III . Classe: Luthers Katechismus deutsch, IV. Classe: Luthers Katechismus lateinisch, V. Classe: Catechismus graecus Brentii. Das Exercitium Catechismi soli vornehmlich an Sonn- und Feiertagen vor der Predigt geiibt und dabei auch nach Massgabe der Zeit ein Psalm vor- genommen vverden. Vom vvalschen Katechismus soli dagegen ganzlich abgesehen vverden. Eine Meinungsverschiedenheit entspann sich hiebei noch iiber die Stellung des lutherischen Katechismus gegeniiber den iibrigen, vvelche nach der festgesetzten * Der mit dem Landesbrauch noch wenig vertraute Frischlin hatte unter den Aufstellern dieser Ordnung nach dem Muster der deutschen Stadtschulen auch Biirgermeister und Ra tli der Stadt Laibach aufgezahlt, was bekanntlich ganz unzutreffend war; ausserdem vvux-de der damals besonders \vichtige, bei Frischlin fehlende Zusatz: «der Augsburgischen Confession vervvandt» neu eingefiigt. Obvvohi zu einem genauen Vergleich der Abdruck der definitiven Schulordnung vom Jahre 1584 sehr zustatten lcame, glaubt der Schreiber dieser Zeilen docli von einem solchen absehen zu lconnen, da der Inhalt derselben aus mehrfachen Ausziigen, namentlich bei Dimilz, wie schon oben envahnt, bekannt ist. 29 Ordnung vorangestellt erscheinen, doch einigte sich der Ausschuss unter ausdriick- licher Erklarung, dass dem Werke Luther s eigentlich der Vorrang gebtire, aus praktischen Griinden dahin, die bisherige Uebung auch fiirderhin beizubehalten. Auch das VI. Capitel wurde gegeniiber seiner ursprlinglichen Fassung fast ganzlich umgearbeitet. So wurde bestimmt, dass die unterste Decurie, die Buch- stabierenden, ihre Lectionen gemeinsam nach dem Buche aufzusagen hatten, wahrend die anderen Schliler ihre Schreibiibungen hielten. Zur Einiibung der Orthographie solite ofters ein gedrucktes Evangelium vorgelegt werden, um daraus die «distinctiones» zu lernen; iiberhaupt sei die Rechtschreibung «in usum» zu bringen. Auch auf die richtige Aussprache der Laute sei volle Aufmerksamkeit zu venvenden und die windische Sprache nicht zum Sprechgebrauche der Schiller zuzulassen. Die Frage der Anstellung einer zweiten Lehrkraft wurde bei diesem Artikel neuerlich erortert und ein der friiher dariiber geausserten Ansicht conformer Beschluss gefasst.* Beziiglich der in der ersten Classe nothwendigen Schulbiicher hatte be- kanntlich Frischlin in seinem ersten Entwurfe von solchen ganz abgesehen. Die Commission fand sich aber veranlasst, liber diese Frage erst die Meinung der Collaboratoren einzuholen, ob nicht etwa das Elementale des Bohoritsch, nament- lich der windischen Sprache willen, gebraucht werden solle. Auch der Rector soli angevviesen werden, behufs Uebung dieser Sprache das «Elementale Labacense cum Nomenclatura trium linguarum, latinae, germanicae et slavonicae* zum Unter- richte zuzulassen. Das VII. Capitel, den Lehrgang der II. Classe enthaltend, kam glimpflicher weg. In derselben seien zwei Decurien zu bilden, unter denen die niedere die erst kiirzlich Aufgestiegenen enthalten soli. Der Katechismus soli hier, wie in allen Abtheilungen, nicht bloss durch zwei Schiiler, wie Frischlin vorschlug, sondern von allen fragemveise nacheinander recitiert werden. Bei der Correctur der schriftlichen Uebungen ware die Etymologia einzuiiben. Das Schreiben ware in der Schule ganzlich zu unterlassen, dafiir aber zu Hause fleissig vorzunehmen. Die lateinische Lectiire sowie die angegebenen Lehrbiicher \vurden ohne Aenderung gebilligt. Der Lectionsplan der III. Classe, im VIII. Capitel enthalten, erfuhr dagegen wesentliche Aenderung. Nicht nur, dass auch hier die Errichtung zweier Decurien verfligt und der katechetische Unterricht den oben envahnten Grundsatzen gemass gestaltet wurde, auch die Lectiire und deren Behandlung zeigt von dem ersten Entvvurfe \vesentlich abiveichende Bestimmungen. Ausserdem enthalt das Verhand- lungsprotokoll eine besondere Beschlussfassung beziiglich des griechischen Unter- richtes. Wahrend Frischlin die Durcharbeitung des ersten Theiles der Strassburger Grammatik auf dieser Stufe veriangt, steht die Commision auf dem Standpunkte der Pastoren, vvelche bereits nach der im November 1583 abgehaltenen Priifung erklart hatten, dass der Rector mit dem Griechischen «zu frtih ausgesprengt» habe. Es geniige fiir diese Classe, die Buchstaben, Accente, mithin das Lesen zu erlernen, allenfalls auch ex nomenclatura rerum einige Vocabeln zu memorieren; sollten Schiller der oberen Decurie etwa schon einzelne «paradigmata in declinationibus et conjugationibus» ivissen, so mogen sie angehalten iverden, selbe nicht wieder zu vergessen, doch die «praecepta» der Sprache seien noch nicht zu behandeln. * I11 der Sitzung vora 25. Februar 1584 vvurde laut LandtagsprotokoH d. J. fol. 86 that- siichlicli diese Stelle geschaffen. 30 Das urspriinglich IX. Capitel Frischlins wird wohl schon in dessen zweitem Entwurfe in ein IX. und X., letzteres die Vorschriften fiir die dort neu ange- nommene fiinfte Classe enthaltend, getheilt gewesen sei. Aus diesem Grunde stimmt die Capitelzahl in beiden Bearbeitungen nicht mehr geriau, deshalb vverden von nun an beide Zahlungen beigesetzt. Es ist selbstverstandlich, dass diese Aen- derung auch sonstige durchgreifende Umgestaltungen dieses Artikels bedingte. Beziiglich der lateinischen Lectiire warf der Schulausschuss die Frage auf, ob nicht an Stelle der vorgeschlagenen Briefe Cicero’s lieber dessen Laelius oder Cato major zu lesen sei. Virgils Bucolica sollen in dieser Classe bleiben, doch die Behandlung der poetischen Phrasen vermieden und dafiir lieber die Wiedergabe in Prosa verlangt werden. Ueberhaupt sollen die Schiiler vorzugsvveise in der Grammatik eingeiibt und darnit der grosste Theil der VVoche zugebracht werden. An Stelle des Frischlin 'schen Stiickes Susanna wurde Terenz als Stoff zu den dramatischen und Actionsiibungen geivahlt. Im Griechischen wurde fiir diese Classe die Absolvierung des ersten Theiles der Grammatik neben Vornahme des griechischen Katechismus angeordnet. Der Lehrplan der neuerrichteten V. Classe erscheint im X. Capitel behandelt. Er bestand aus jenen Disciplinen, die Frischlin urspriinglich fiir die Quarta be- stimmt hatte, die aber dort ausgeschieden worden waren. Virgils Bucolica mit besonderer Hervorhebung des poetischen 'Pheiles, endlich der Rest der griechischen Grammatik so\vie die Lectiire in dieser Sprache bildeten die Hauptbestandtheile; daneben sollten auch das Exercitium styli und Arithmetica Gegenstande besonderer Uebung sein; liber die beiden letzteren wurden in die Schulordnung selbstandige Capitel aufgenommen. Das XI. (X.)* Capitel, ivelches in seiner urspriinglichen Fassung fiir den Samstag ausschliesslich die eingehendste Beschaftigung mit dem Evangelium und Katechismus vorgezeichnet enthielt, \vurde durch die Zusatzbestimmung enveitert, dass an dem genannten Tage ausserdem noch eine «repetitio generalis» alles im Laufe der VVoche Gelernten stattzufinden hatte. Fiir den Nachmitag wurde statt der friiher dahin angesetzten Psallierung arithmetischer Unterricht angeordnet. Das von den freien Tagen handelnde XII. (XI.) Capitel vvurde mit Riick- sicht auf die bedeutende Enveiterung der arithmetischen Uebungen gleichfalls dahin geandert, dass zwar die friiheren Ferialnachmittage am Mittwoch und Samstag verbleiben, aber erst nach absolvierter Rechenstunde beginnen sollten. Dagegen soli ein in die VVoche fallender Feiertag die Verlegung der freien Halbtage auf die vorhergehenden Tage bevvirken, so dass dann eventuell Mittvvoch oder Samstag regelmassiger Unterricht sei. Zur Zeit der grossten Flitze soli der Unterricht durch vierzehn Tage in der VVeise gekiirzt werden, dass die Schiiler nur vormittags durch zwei Stunden be- schaftigt wiirden. Capitel XIII. (XII.), die Examina betreffend, blieb, was Zeit und Zahl der- selben anbelangt, ungeandert, doch wurde durch einen Zusatz die Thatigkeit der Inspectoren hiebei genauer festgestellt. Die Priifungen sollten den Verordneten, Inspectoren und Schiilern vierzehn Tage friiher angesagt werden, damit letztere sich gentigend darauf vorzubereiten imstande vvaren. * Die in der Klammer stehende Zahl bedeutet die Zahlung in Frischlins erstem Entwurf, die ausserhalb derselben befindliche die vom Schulausschuss nacli der Eintheilung des zweiten Entivurfes angeivendete. 3i Die Inspectoren hatten sich personlich an dem Examen zu betheiligen, der Knaben Schriften und Argumenta zu besichtigen und sollen selbst ein solches «fiirgeben» und iibersetzen lassen. Nach beendeter Priifung sollten die Knaben sofort nach ihren bevviesenen Kenntnissen lociert und in die hoheren Classen mit Einverstandnis des Rectors durch die Inspectoren versetzt werden. Den Fleissigsten seien auch Pramien zu verabreichen.* Capitel XIV. (XIII.) wurde zvvar in seiner vorliegenden Fassung acceptiert, doch, wie wir sehen vverden, bei der Schlussredaction an anderer Stelle eingefiigt. Die Bestinnnung der Hohe des Schulgeldes wurde nach wie vor der «Be- scheidenheit» der Inspectoren und des Rectors anheimgestellt, jedoch der Grund- satz ausgesprochen, dass in den unteren Classen weniger als in oberen gezahlt werden soli.** Capitel XV. (XIV.), die Aufnahme und Entlassung der Lehrpersonen ent- haltend, wurde zvvar dem Inhalte nach vvenig geandert, jedoch als selbstandiger Absatz aufgelassen und in den Abschnitt von der Bestallung des Rectors auf- genommen, der somit von allen Lehrpersonen handeln solite. Das die Pflichten der Inspectores behandelnde XVI. (XV.) Capitel erfuhr dagegen eine durchgreifende Umgestaltung. Wie bekannt, gebot das bisherige Ver- haltnis des Rectors zur Schulaufsicht gerade in diesem Punkte besondere Vorsicht und Ueberlegung. Wahrend nun Frischlins VVortlaut in diesem Abschnitte nicht viel anderes enthielt, als die Betonung der Nothvvendigkeit stetiger Uebervvachung, und sich dabei in ganz allgemeinen VVendungen ergieng, ja eigentlich nur den Rector vor unglimpflichem 'Padel zu schiitzen suchte, pracisierte der Schulausschuss die Thittigkeit der Inspectoren dahin, dass selbe nicht nur zu visitieren, examinieren und vorkommende Zvvistigkeiten nach Kraften zu schlichten, sondern auch die Verpflichtung hatten, die durch den Rector verfassten Schulbiicher zu tiberpriifen. TJeberhaupt diirfe der letztere ohne ihr Vorvvissen und ihre Billigung keinerlei Neuerungen einfiihren. Die sonstigen Rechte und Befugnisse der Schulinspectoren vvurden tibrigens nicht in die Schulordnung aufgenommen, sondern in einer besonderen, vom Land- secretar Gottscheer abgefassten Instruction zusammengestellt, vvelche gleichzeitig mit der neuen Schulverfassung in Leben treten solite. Das in Frischlins zvveitem Entvvurfe als forlaufende Nr. XVII (I des zvveiten Theiles im ersten Entvvurfe) bezeichnete Capitel von der «Gottesfurcht» blieb mit seinen Bestimmungen iiber Schulgebet, Predigtanhorung, Unterlassung aller laster- lichen Reden u. s. vv. im Wortlaute unverandert, vvurde aber bei der Schlussredaction an eine andere Stelle versetzt. Wesentliche Umgestaltung erfuhren jedoch die nachsten Abschnitte des ersten Entvvurfes. Frischlin scheint bereits in seiner zvveiten Fassung die Capitel IV, VI, VII, VIII, vvelche sich alle auf denselben Gegenstand, Zucht und Sitte der Knaben, aber unter verschiedenen Schlagvvortern bezogen, in einen einzigen Paragraph * Jellouschek beschreibt in den Mittheilungen des List. V. f. Kr. IS6 r p. 47 eine an der Laibacher Lateinschule iiblich gewesene Preismedaiile nach Angabe Lessers in: Beschreibung ver- schiedener Denkmiinzen etc. 1 739- ** In der definitiven Fassung der Schulordnung erscheint zvvar die diesbeztigliche discre- tionare Gevvalt des Rectors gevvahrt, doch vvird als Norm festgesetzt, dass die Schiller nach ihren Vermdgensverhaltnissen jahrlich 1 his 4 Ih, ferner 16 kr. Ilolzgeld und r «Petaken» an den Ofenheizer zu entrichten hatten. 32 XVIII: «von der Knaben zucht vnd disciplin in Kirchen, schuell vnd Gassen*, vereinigt zu haben. Das Protokoli enthalt dariiber keine weitere Bemerkung, als dass darunter auch jene Artikel der ersten Bearbeitung, welche «von zank vnd hader», «vom merhten vnd spilen», «von kleppern vnd liegen» handeln, zu be- greifen seien. Ein Vergleich des Textes des diesbeziiglichen Abschnittes in der definitiven Schulordnung zeigt auch ivirklich, dass in denselben die dort unter besonderen Titeln aufgefiihrten Vorschriften fast ivortlich Aufnahme gefunden. Der XIX. Abschnitt, der etwa dem III. Capitel des zweiten Theiles im ersten Entwurfe entsprache, ist dagegen vollig verandert \vorden. Darin erscheint alles zusammengefasst, was sonst an verschiedenen Stellen liber die Behandlung des lateinischen Scriptums, das Ausmass der schriftlichen Arbeiten, die Art der Cor- recturen, sowie iiber das Verbot des Gebrauches der Muttersprache im miindlichen Verkehre gesagt ist. Zwischen der ursprtinglichen, oben mitgetheilten, von Frischlin selbst herrtihrenden Fassung und jener der definitiven Schulordnung herrscht kei- nerlei nahere Verivandtschaft, letztere dlirfte vvohl der Feder des Schlussredactors ihr Dasein verdanken. In das XX. Gapitel (V, 2. Th.), das von den heimlichen Aufpassern handelt und in seinem ivesentlichen Inhalte unverandert blieb, \vurden auch die von Frischlin urspriinglich im Cap. III, 2.Th. eingetheilten Bestimmungen iiber das Tragen des holzernen Esels und die mit demselben verbundenen Strafen heriibergenommen. Capitel XXI: «von Musiča et Arithmetica», wurde bekanntlich neu eingefugt und ist deshalb in der ersten Vorlage nicht zu finden. Die Vorschriften flir diese beiden Gegenstande ivurden theils neu verfasst, theils aus einzelnen Notizen und Bemerkungen dariiber an verschiedenen Stellen der Ehtiviirfe gesammelt. Das Schlusscapitel XXII (IX, 2. Th.) endlich bot dem Ausschusse keinerlei Anlass zu besondern Bemerkungen und wurde deshalb in unveranderter Fassung der neuen Schulordnung einverleibt. Damit war die Arbeit des Schulausschusses beziiglich der Reform des Lehr- planes vorlaufig beendet. Die Schlussredaction der neuen Schulordnung wurde dem Schriftfiihrer der Commission, Kriegssecretarius Gebhard, iibertragen, der sich der gestellten Aufgabe auch mit Eifer und Geschick unterzog. Er hatte die von dem Schulausschusse angenommenen Aenderungen und Zusatze mit dem ursprung- lichen Frischlin 'schen Text, soweit derselbe beibehalten wurde, zu einem einheitlichen Ganzen zu ver\veben. Es ist selbstverstandlich, dass derselbe sich bemiissigt sah, dabei mancherlei neuerliche Umstellungen vorzunehmen, wie sie bei der Grup- pierung des aus verschiedener Quelle fliessenden Materiales nothwendig erscheinen mochten. Abgesehen von zahlreichen stilistischen Verschiedenheiten, die der so ge- wonnene Text, unbeschadet der sonstigen Uebereinstimmung des Inhaltes, gegen- iiber der Diction Frischlin s aufvveist, fand Gebhard sich veranlasst, eine andere Reihenfolge der Capitel einzufuhren. Er strebte dabei eine geivisse logische Auf- einanderfolge der Schlagivorter an und war bemiiht, ivomoglich Zusammengehoriges an einem Platze zu vereinigen, sowie zu vermeiden, dass dieselbe Materie an verschiedenen Stellen behandelt werde, ein Vortheil, welchen Frischlins Erstlings- entvvurf gerade nicht immer beriicksichtigte. So fand der Redactor, dass z. B. die Amtspflichten der Lehrer in nicht weniger als drei Capiteln (II, III, XV) erortert ivurden. Deshalb form te er dieselben derart um, dass zwei davon in anderen, inhaltlich verwandten untergebracht ivurden, ivodurch unter seinen Handen die Capitelzahl somit von ziveiundzivanzig nach dem ziveiten Entivurfe auf zivanzig in der Schlussredaction zurlickgieng. 33 Deren Reihenfolge und Verhaltnis zu den beiden friiheren Fassutigen der Schulordnung ist aus nachstehender Tabelle ersichtlich: 3 Die nun giiicklich vollendete, in ihrer nunmehrigen Gestalt sotvohl den Reformbestrebungen Frischlins als auch den Anschauungen der Inspectoren Rech- nung tragende Schulordnung ivurde in ihrer von Gebhard besorgten Fassung* ** ara 24. Janner 1584 vor die Versammlung der Verordneten gebracht, dort verlesen, der VVortlaut neuerdings an einzelnen Stellen geandert, hierauf gemass Beschlusses der Commission dem Rector und den Collegen zur Begutachtung tibergeben, jedoch die Bemerkung hinzugefiigt, dass dies so rasch als moglich geschehen moge, damit das Elaborat noch \vahrend des versammelten Landtages eingebracht und so die ohnehin langwierig verzogene Schulreform zum endlichen Abschlusse gebracht werden kbnne. A m selben Tage legte auch der landschaftliche Secretar Gottschcer die von ihm verfasste Instruction ftir die Inspectoren vor, welche im Wortlaute des Conceptes sofortige Annahme fand. Frischlin bekam somit sein urspriingliches Werk, freilich in vielfach veran- derter, an Inhalt und im Ausdrucke meist abgeschtvachter Form, wieder in die Hand und solite nun seine Uebereinstimmung damit, sein fachmannisches Gut- achten ertheilen. Er zogerte damit keinesvvegs, \vie wir aus einer im standischen Archive befindlichen Abschrift der Schulordnung von Gebhards Hand ersehen konnen, welche der Rector an der Spitze der ubrigen Lehrpersonen mit fester Schrift und unter Beifiigung seines vollen Titels als Zeichen seiner Genehmigung unterfertigte. Wenn es bei dem sonst beobachteten Charakter des Rectors vielleicht auf- fallend erscheinen mochte, dass derselbe so rasch und ohne Umstande sich in die Annahme der vorgelegten Metamorphose seiner eigenen Schopfung ftigte, so ist vor allem zu beachten, dass Frischlin zu dieser Zeit bereits den Entschluss gefasst hatte, die Statte seines Wirkens zu verlassen, und deshalb der Laibacher Schulreform gleichgiltiger als bisher gegentiberstand. Zudem ist zu beachten, dass ja trotz des anfanglichen Widerstandes, den die Stande, spater die Pastoren seinem P10- jecte entgegengebracht, selbes doch im wesentlichen durchgedrungen war und die Grundlage der neuen Schulverfassung bildete, sein Ehrgeiz also gerade angesichts der anfanglichen Opposition und Ablehnung sich umsomehr befriedigt ftihlen konnte. Die Schulreform-Commission beschaftigte sich noch einmal, und zwar am 30. Janner 1584, mit der Ueberprufung des Elaborates. Bei dieser wurden, laut Protokoli, noch einige kleinere Stilunebenheiten beseitigt, die Feile also noch in letzter Stunde angelegt.*'* Kurze Zeit darauf, am 15. Februar 1584, Nachmittag, fand das so lange vorbereitete Werk der Schulreform endlich semen formellen Abschluss. Die Schul¬ ordnung und die Instruction fur die Inspectoren wurde in offentlicher Landtags- sitzung verlesen, abgehort und darnach einstimmig zum Beschluss erhoben. Damit trat sie thatsachlich in Kraft, freilich nur auf die kurze Dauer des Bestandes der landschaftlichen Schule. * Der im Landtagsprotokolle 1584 fol. 6 gebrauchte Ausdruck: «die durch den ICriegs- secretari Gebhard gestelte Schuelordnung* mag wohl Dimite veranlasst haben, III, p. 173 u. 156 den Genannten als Verfasser zu bezeichnen. Aus der durchgefiihrten Untersuchung ergibt sich aber mit Sicherheit, dass Gebhard nur als Redactor der letzten Fassung anzusehen ist, was wolil auch unter dem Worte «gestelt» gedacht \vorden sein mag. Dass dem Ausdrucke nicht die Bedeutung der Autorschaft inneivohnen kann, ergibt sich zudem klar aus der Thatsache, dass im selben Protokoli ivenige Zeilen unterhalb fiir Gottscheers Verhaltnis zu der von ihm stani- menden Inspectoren-Instruction die richtige Bezeichnung «verfasst» gebraucht wird, der Proto- kollist also zivischen den beiden Bezeichnungen genau unterschieden hat. ** Das oben erivahnte, von Frischlin unterzeichnete Exemplar weist thatsachlich mehrere Randcorrecturen auf, die also aus der Schlussitzung der Commission stammen. 3 $ Fassen wir nun schliesslich die beziiglich der Laibacher Schuiordnung und ihres Verhaltnisses zu dem Entwurfe Frischlins vom Jahre 1582 gewonnenen Re- sultate in Kiirze zusammen, so ergibt sich folgender Sachverhalt. Des Rectors erstes Elaborat, das hier abgedruckt erscheint, bildet nicht nur die Grundlage, sondern stellemveise den wortgetreuen Text der Ordnung vom Jahre 1584. Letztere entstand durch eine commissionelle Priifung und Begutachtung der beiden Entwiirfe Frischlins, von denen aber der zweite uns verloren ist, was jedoch insoferne geringer ins Gewicht fallt, weil er nach dem Urtheile der Zeit- genossen in seinem Werte und an Ausfiihrlichkeit hinter dem ersten zurtickstand und thatsachlich die Berathung der neuen Ordnung auf Grund der ersten Bearbeitung stattfand. Die Beschltisse der Commission mit den angenommenen Satzen und Vorschlagen der Vorlage zu einer definitiven Textfassung zu gestalten, \var die Aufgabe des Redactors Gebhard, der sich diesem Auftrage unter moglichstem Anschlusse an den Wortlaut Frischlins unterzog. Wenn etwa die Erage aufgeworfen wiirde, welcher der beiden uns erhal- tenen Fassungen, der grossereWert zuzuerkennen ware, so wiirde die Beantwortung den Stoli' einer besonderen, padagogisch-didaktischen Studie bieten, die an dieser Stelle nicht beabsichtigt ist. Dass die definitive Schuiordnung vom Jahre 1584 in ihrer Darstellung ausgefeilter, massvoller, umfassender und consequenter durch- gearbeitet erscheint, ist nach ihrer Entstehungsgeschichte, bei welcher so viele und tiichtige Kopfe mitvvirkten, nicht zu verwundern; den Vorzug einer gevvissen na- tiirlichen Frische dagegen, der Kunst, in wenig Worten Treffendes zu sagen, mit einem Worte, den Vorzug der Originalitat wird jedoch niemand Frischlins Erstlings- ent\vurfe absprechen konnen. Julius Wallner. n* J A O