D ONAU- BULGARIEN UND DER BALKAN. Alle Rechte vorbehalten. DONAU-BULGARIEN UND DER BALKAN. HISTORISCH-GEOGRAPHISCH-ETHNOGRAPHISCHE REISESTUDIEN AUS DEN JAHREN 1860—1880. ZWEITE, NEU BEARBEITETE AUFLAGE. III. BAND. MIT 31 ILLUSTRATIONEN IM TEXTE, 10 TAFELN UND EINER ORIGINAL-KARTE, VON F. KANITZ. LEIPZIG. VERLAGSBUCHHANDLUNG VON HERMANN FRIES. 1880. VORWORT ZUM III. BANDE DER I. AUFLAGE. Seit ich im Vorworte zum IL Bande „die am politischen Horizonte in Sicht tretende Action Russlands" signalisirte, wurde sie eine geschichtliche Thatsache. Bulgarien bildete ihren Mittelpunkt und der stürmische Hochgang noch heute den Welttheil durchzitternder Ereignisse lieh diesem Werke ein eminent actuelles Interesse. Selbstverständlich war seine Aufnahme eine sehr verschiedene. Am Goldenen Hörne hielt man es für geboten, meine Publication mit dem Interdict zu belegen und auf der Stambuler Douane sogar dem Feuertode zu überliefern, weil sie die Sünden des Pfortenregiments ungeschminkt beleuchtete; zu Petersburg würdigte man sie wohl einer unautorisirten Uebersetzung, ihr redactionelles Vorwort betonte jedoch, dass ich Midhat's organisatorisches Talent zu sehr gerühmt und für russiche Strebungen nicht immer richtiges Verständniss zeigte. Anders lautete die Kritik vom Parteigeiste unberührter Kreise, und somit darf ich hoffen, dass man auch diesem Schlussbande, welcher das weite Gebiet zwischen Donau, Jantra und Pontus behandelt, ungeachtet meines warm bekundeten Interesses für das Bulgarenvolk, das Streben nach vollster Objectivität gegen dessen moslimsche Nachbarn, kaum versagen wird. VI VORWORT. Ganz besondere Genugthuung bereitete es mir, die erschienenen Bände von Seite der europäischen Publicistik aller Schattirungen ausdrücklich als „objective Quelle" während der heftige Controvcrsen hervorrufenden Wechselfalle des letzten Krieges reichlich benutzt zu sehen. Einen Augenblick schien es nämlich, als sollte das türkische Blutbanner noch länger an der unteren Donau wehen. Es war damals, als turko-philo Broschürenschreiber vom „Coloss mit thönernen Füssen" fabelten und Midhat Pasa zu Paris „die Regeneration des Osinancnreiches aus sich selbst heraus" laut verkündete. Am Schlüsse dieses Bandes findet der Leser Midhat's interessantes Schreiben und meine gleichzeitige, viel reproducirte Entgegnung, welche ich, unbeirrt durch die ersten türkischen Waffenerfolge, im Hinblicke auf den alle Keime des Zerfalls bergenden Despotismus am Bosporus, ebenfalls in dem „Journal des Debats" veröffentlichte. Die Ereignisse gaben mir Recht. Der anfänglich siegreich geführte Krieg endigte mit dem Vertrage von San Stefano. Kaum war dieser aber besiegelt, als die türkischen Kannnern aufgelöst, zu laut gewordene Deputirte verhaftet oder gewaltsam zur Abreise von Constantinopel o-ezwuno-en wurden. Midhat's Charte, welche vom Sultan feierlichst und mit gleichem Pompe, wie einst der nie lebenskräftig gewordene Hat i humajun zur Blendung der occidentalen Liberalen inscenirt worden war, hatte ausgeathmet! Was von dieser, vielleicht durch äusseren Hochdruck auferstehenden Schein-Constitution zu halten, habe ich in der vorerwähnten Entgegnung zu einer Zeit ausgesprochen, als der Halbmond heller denn jemals am turkophilen Firmamente strahlte, und leider finde ich bei den obwaltenden Verhältnissen am Sultanshofe auch heute keine Ursache, meine Ansichten vom August 1877 in irgend einem Punkte zu ändern. Auf San Stefano folgte der Berliner Congress, dessen Resultate das Erwachen aus den trügerischen Illusionen im Padischahpalaste traurig gestalteten. Die mit elementarer Gewalt hereingebrochene Katastrophe brachte das Khalifenreich in Europa nach fünfhundertjährigem Bestände dem Untergange nahe. In Asien erscheint der Einfluss des Sultans nur tieferschüttert; diesseits der Dardanellen gingen ihm aber die reichsten Provinzen verloren. Heute ist auch der vor Jahren für dieses Werk gewählte Titel kein idealer geographischer Begriff mehr. „DONAUBULGARIEN UND DER BALKAN" traten nach dem letzten folgenschweren Kriege in die Reihe der europäischen Staatenfamilie und die „Autonome Provinz Rumelien" dürfte bald zu ihr zählen! Gegenwärtig befinden sich das Bulgarenland und sein Volk in dem von mir vorhergesehenen (I. Band, Seite 32) unvermeidlichen Ueber-gangszustande. Missgünstige Freunde und offene Gegner haben dessen territoriale Grenzen möglichst einzuengen gesucht und seine politisch-administrative Wiedergeburt ist vorerst kaum in den Cardinalzügen zu erkennen. Die tüchtigen Eigenschaften des Bulgaren, welche bedauerliche, leicht erklärliche Ausschreitungen gegen ihre einstigen moslim-schen Peiniger nicht verdunkeln können, bürgen jedoch für die glückliche Besiegung aller Schwierigkeiten. Würde ihnen namentlich ein ebenso weiser als ritterlicher Herrscher, wie Fürst Carl von Rumänien, dann dürften sie zuversichtlich jene Sympathien rechtfertigen, welche meine langjährigen Strebungen ihnen im Occidente zu erwecken eifrigst bemüht waren. Leider bewegen sich die administrativ-kirchlich-statistischen Verhältnisse im neugeschaffenen „Fürstenthum Bulgarien" gegenwärtig und wohl noch auf Monate hinaus in derartigem Fluthcn, dass ich von ihrer beabsichtigten Fixirung vorläufig absehen müssend, es geratener hielt, meine bezüglichen Materialien mit den neu zu sammelnden vereint, der in Vorbereitung begriffenen II. Auflage dieses Werkes in einem Supplement-Bande anzufügen und ihn sodann den Besitzern der I. Ausgabe gesondert zu bieten. VIII VORWORT. Andrerseits bin ich sehr erfreut, diesem Bande nieine „Original-Karte von Donau-Bulgarien und dem Balkan" im bedeutenden Maasstabe 1 : 420,000 beigeben zu können. Die Frucht langjähriger mühevoller Reisen, auf einer zum grösseren Theile „terra incognita", wird sie die geographischen Schilderungen des Gesammtwerkes erheblich ergänzen. Für ihre Beurtheilung sei hier allein angeführt, dass noch vor dem Ausbruche des letzten Krieges ihr Druck 1 : 300,000 in russischer Sprache durch den k. Generalstab zu Petersburg veranlasst wurde. Gleichzeitig ging das von mir neu gewonnene geographische Material in jene von Kiepert u. A. viel benutzte Karte der Balkangebiete über, welche das AViener k. k. niilitär-geographische Institut im Sommer 1877 publicirte. Eine leider misslungene Wiener Photo-Zinko-typie meiner Karte im allzukleinen Maasstabe 1 : (525,000, auch Peter-niann's „Mittheilungeii" im September 1877 beigelegt, mochte wohl dem augenblicklichen Tages-Interesse genügt haben, erhält aber durch die beiliegende, in der k. k. Hof- und Staatsdruckerei zu Wien ausgeführte Reproduction ihre notwendige Correctur. Das namentlich von der englischen Kritik gewünschte „General-Register" erscheint diesem Bande angehängt und dürfte das Aufsuchen der verschiedenen Materien und Daten bedeutend erleichtern. Es erübrigt mir schliesslich, allen Gönnern und Freunden, welche das Fortschreiten meines Werkes mit ihren Sympathien begleiteten und förderten, hier meinen wärmsten Dank auszusprechen. WIEN, im September 1878. SCHLUSSWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE. Von Nizni Novgorod's interessanter Völkermesse über Moskau und Kiev im September 1879 nach Odessa gelangt, sagte mir dort General odleben: „Wahrend der zweiten Hälfte unseres Feldzuges jenseits des Balkans bedauerten wir oft lebhaft, dass Ihre Schilderung und Karte von Bulgarien nicht tiefer nach Süden reichten" u. s. w. Diese Worte von Seite des wissenschaftlich hochstehenden Militärs, welcher in der Lage war, nieine Arbeiten bei voller Würdigung ihrer Schwierigkeit für den Einzelnen auf ihren geographisch-ethnographischen Werth zu prüfen, Hessen mich freudiger zum Abschlüsse der vielfach veränderten II. Ausgabe meines „DONAU-BULGARIEN UND DER BALKAN" schreiten. In Wahrheit ist dieselbe durch zahlreiche Verbesserungen, durch die Einbeziehung der Hauptereignisse des letzten Krieges und der heute wesentlich verschiedenen social-politischen Verhältnisse zwischen Timok und Pontus, eine theilweise so ganz neue geworden, dass ich dringend wünschen muss, wo ernste Schriftsteller und Forscher meine Studien zu Rathe ziehen, diese ihre II. Auflage benützt zu sehen. Das nun vollendet vorliegende Werk wird in einein Supplement-Bande: „DAS FÜRSTENTHUM BULGARIEN" seine Ergänzung finden, welcher die Schilderung von Staat und Gesellschaft des aufstrebenden Landes in geschlossenen' Capiteln sich zur Aufgabe stellt, WIEN, im Juni 1880. F. KANITZ. INHALTSVERZEICHNIS^ I. VON RUSCUK UEBER DEN ELENA-BALKAN NACH SLIVEN. (XIII. BALKAN-PASSAGE.) Reise-Vorbereitungen. — Zu Wagen über Tirnovo nach Plakovski manastiT. — Erster Gegensatz zum Occklcnt. — Route und Geologisches an der Kovacica. — Russische Protection und Einflüsse. — Das Sv. Ilijaklostcr, sein Patron, die Mönche und das Volk. — Der danubisch-bulgarische Athos. — Seine Rolle im Mittelalter und heute. — Nach Sv. Nikola inannstir. •—- Griindungs-Legende. — Capitän Gjorgje's Aufstandsversuch und des Klosters Verwüstung. — Seine Restauration. — Hcguinenos Thcodozijc. — Sv. Cctiri dcset mucenici manastir. — Unerwarteter Pferdekauf — Strasse nach Elena. — Brückenbauten. — Elena. — Mudir Bali!. — Türkische Beamtenroutine — Industrieller Rückschritt der Stadt. — Seidenzucht. — Sociale Verhältnisse. — Kriegerische Vorgänge bei Elena im J. 1877. — Neue Balkanstrasse. — Balkand/.ileben. — Wald und Steinkohle. — Der Baiduci cokar und das Ilaidukcnthum. — Klcphtcntypcn. — Kammhöhe und Doksa-Pass. — Der Bainköi bogas. — General Gurko's Balkanübergnng 1877. — Römische Beerwege und moderne Schriftsteller. — Major Kardasevsky's Marsch über den Doksa-Pass. _ Landschafts-Charakter der Tvardicaschlucht. — Tabakschmugglcr. — Defilc'-Ausgang. — Einquartierung in Tvardica. — Route nach Slivcn. — Etymologische Zaptic-Excursc. — Das Bcla-Defile Binkos und die Tundza. — Der Karadza dagh. — Geologisches. — Isolirtc Porphyrberge. _ Mineralbad. — Slivcn's Lage und Wichtigkeit in allen Epochen. — Seine Strassen durch die Dc-tilecn von Satire und Maras. — Castell Markcllini. — Hadzi Chalfa und Jochmus über Slivcn's Lage. — Im Kricgsjahrc 1877. — Blick vom llamam bair auf die Stadt. — Byzantinisch-bulgarischer Besitzwechsel. — Unter Selim III. — Indze Voivoda und die Krdzalicn. — Russische Eroberung Slivcns 1829. — Mamarcov's Aufstands-Versuch. ■— Russen und Bulgaren. — Emigration nach dem Adrianopfer Frieden. — Verhältnisse im Jahre 1872. — Population, Moscheen, Kirchen, Schulen. — Bulgarische Bestrebungen. ■— Hausindustrie. — Wolldecken. — Staatliche Militär-Tuchfabrik. — Industrie und Korangesetz. — Arbeiterverhältnisse. — Tuchpreise. — Seide und Wein. — Aerztc. — Merkwürdiges Postamt. — Werth türkischer Functionäre. — Sccnc im Pasakonak vor der Abreise. — Slivcn's Einverleibung in Ost-Rumelien. 1_ II. UEBER DEN OLIVEN-BALKAN, BEBROVO UND RAHOVICA NACH OSMANPAZAR. (XIV. BALKAN-PASSAGE.) Ketenikschlucht. — Alte Strasse durch den Göngürmcs bogas. — Neue Strasscntracc über den Kara dagh. — Camdere-Gebict. — Djaur Bela. — Charakter der Landschaft. — Dervis jailesi. — Mordchronik am Räuberstein. — Zuvandzi mesari-Balkanpass. — Dcmir kapu derbend. — Türkischer Rückzug im Dccembcr 1877. — Nördlicher Abstieg nach Kccidcrc. — Ein ethnographisch wichtiger Punkt. — Stareka's Han und Leute. — Quellen der Kesarovska. — Physiognomie türkischer Weiler und Staffage. — Fernsicht von Ahmedli's Han. — Gcognostischcr Charakter. — Kriegerische Ereignisse 1877. — Gastlicher Empfang zu Bcbrovo. — Prachtstube im Han. — Klcidertracht bulgarischer Städterinnen. — Kirche und Schule. — Sociale Verhältnisse. — Mudir und Corbasi's. — Haidukenfrcchhcit. — Verstärkung meiner Escortc. — Auf der Strasse nach Tirnovo. — Ansicht eines türkischen Mustanz über den militärischen Werth der Bulgaren. — Kloster Sv. Petar. — Pietät der Moslims für Reisende. — Slalarica. — 1877. — Luge der Kloster Sv. Cetirici und Sv. l'etar. — Kirche und Kömcn este zu Lcskovica. — Sclbstbcwusslc Bauern. — 1877. — Schlaflose Nacht im Han zu Rahovica. — Unerwartete Begegnung mit Mudir Hadzi Mustafa von Travna. — Heitere Geschichte, wie Rahovica Bezirksstadt wurde. — Hadzi Mustafa als Richter. — Originelle Steuerzahlung. — Seidenfabrikation bei Tirnovo. — Karagiozoglu's Filatur und Schweizer Pächter. — Römische Funde zu Rahovica. — Corrcctur des Jantralaufes. — Kricgskartcn-Industrie, Artama-nofTs Karte und russische Rccognosccnten. — Auf dem Plateau bei Kcsarovo. — 1877. — Abenteuer zu Dzumali. — Türkisches Gehöft. — Ethnographisches. — Eine 1877 bewahrheitete Notiz aus meinem Tagebuche von 1872. — Typus türkischer Manncsscbönheit. — Auf der Strasse nach Doganlar. — In Wien gebildeter Musiker. — Eski Faki's Ruinen, strategische Position und Schanze. — Aufstieg nach Osmanpnzar. — Sage von seiner Gründung. — Dessen Lage und Physiognomie. — Ein Wink für Turkophilc. — Im Bona han. — Ein cchttürkischcr Kaimakam. — Osmanpazars Bewohner und Gerberzunft. — Origineller Apparat zur Lohe-Bereitung. — Bewunderung meiner Wiener Glace-Handschuhe. — Unterlassungssünden der Pforte zur Hebung der Gewerbe. — Verschleuderung der Steuern. — Ein Zug financiellcn Schlendrians. — Osmanpazar's Entwicklungsfähigkeit. — Im Kriege 1877—78. — Strnsscnzügc. S. 27. III. UEBER ESKI DZUMA, SUMLA UND PRESLAV ZUM KAZAN-BALKAN. (XV. BALKAN-PASSAGE.) Wald bei Osmanpazar. — Kiriccnhühen. — Dcrvcnd-Dcfile. — Sein landschaftlicher Charakter. — Tscherkesscn und Krdzalicn. — Befestigung. — Vor Eski Dzuma. — Physiognomie der alten Freitagsstadt. — Im Kaimakam konak. — Majorität und Minorität. — Midhat's Neuschöpfungen. -Vogclschaublick. — Im Crvcni Gjorgje han. — Peter- und Paulfest - Strassen nach Rasgrad und Sumla. — Ihre Bedeutung im J. 1877. — Sumla's Wahrzeichen. — Am Kirk gicid su. — Blick ins Kamcikthal. - Tschcrkcsscn-Häuptling zu Puhalar. — Fisck bair-Delilc. — Nacht zu Gradcc. — Kamcik- und Pravadi-Wasserscheide. — Durch Sumla's Rcdoutengürtel. — Fort Stradza. — Sumla's Lage. — Hotel Europa. — Dr. Busch. — Militärisches Forum. — Pasa scrai. — OciVcntlichc Uhr, ein Springbrunnen. — Charakter des Dolni und Gorni Mahle. — Panorama. — Der türkische Chronist Wessif über Sumla's Bulgaren. — Seine Bevölkerung einst und jetzt. — Unterbrochener Bahnbau und Kaspidzan. — Handel and Gewerbe. — Kirchen und Schulen. — Türkisch für Bulgarisch. - Administrations-Curiosum. — Im türkischen Stadtthcil. — Tumbu« dzami. - Militär-Hospital. — Sultan Mahmud's Besuch von Moltke geschildert. — 1837 und heute. — Strecker Pasa. — Historisches über Sumla. - General Macintosh' und Moltke's Urthcilc über Sumla's militärische Bedeutung. — Seine östlichen Verthcidigungswerke. — Sumla im J. 1877—78. — Ueber Ccngel nach Besevli. - Die altbulgarischc Chanenresidenz Prcslav. - Ihre frühere Verwechslung mit Marciano-polis. — Nikephorus* Rachezug und Tod. — Preslav's Schilderung durch Exarch Joannes. - Des Warjägcrfiirsten Svjatoslav's Residenz. — Unter byzantinischer Herrschaft. - Ackere Reisende über Preslav's Reste. — Römische Inschrift zu Eski Stambul. — Mein Besuch der Ruinen. — Monumentale Steinfundc. — Prcslav 1880 zum Bezirksort vorgeschlagen. — Strasscnzügc nach Jamboli und Karnabad. — Durch das Akili Kamcik-Dcfilc' nach Dcmirdzc. - Nachtbivouak. — Meteorologische Erscheinung. — Ein neues Stück bulgarischer Welt. — Treffliches Observatorium. - Der Mussafirlik-Be-sitzer zu Bcgirli und dessen Ansicht über die Jan.bolibahn. — Der Balkanübergang bei Vrbica und alte Vcregava-Pass. - Vrbica's Tatarcncolonic. — Des Tatarcnsultans Aufstand und die Pforte. -Preslav-Balkan. - Knmeik-Quellen. - Nach Catak. - Zigeunerlager ä la belle e'toilc. - Lage und Physiognomie des Kleckens. — Fanariotischcr Gräcisirungsversuch. — Strasse nach Kasan. Kalabak bair. — Der Kazan-Pass. — Historisches. — Mein fünfzehnter Balkan-Abstieg. - Geologisches. — Die Kazancr von der heiteren Seite. IV. VON KAZAN UEBER DEN KARNABAD-BALKAN ZUM SCHLACHTFELDE VON KULEVCA. (XVI. BALKAN-PASSAGE.) Rotels Lage und Gründung. - Die christlichen Kriegerdörfer. - Kotcl als Keactionspunkt gegen fanariotischc Bedrückung. - Mönch Paisijc. - Bischof Sofronijc. - Capitän Mamarcov. - Peter Beron. - Agitator Rakovski. - Gavril Krstjovic. - General Kisclski. - Kotcl 1829 und 1877. - 1847 und 1872. — Seine Physiognomie, Männer und Frauen. — Alt- und Jungbulgaren. — Der Jungfrauberg und seine Burg. — Strasse im Kazan-Dcfilc. —Wege naeh Karnabad und Sliven. — Zerovnu und der llaiduk Kara Tanas. — Gradcc. — Seine Türken auf dem Aussterbeetat. — Ein verarmter Edelmann. — Die Räuber vom kolchischen Gestade. — Vermehrung der Sicherhcitskaraulc. — Auf dem Iiisar tepc. — Seine Ruine. — Der Ilisarscc und seine versunkene Stadt. — Der Indzc-Balkan unserer Karten in Wirklichkeit. — Mahnung an Tumuliforschcr. — Ein herrenloser Wald. — Mädchcncaravane aus dem Balkan. — Kadiköi. — Gefährlicher Nachtritt durch Karnabad's Sümpfe. — Seine Vergangenheit, Carsi, Industrie und Leute. — Costüme. — Seine griechische Schule, heute bulgarisch. — Strategische Position. — In den Kriegsjahren 1829 und 1878. — Vernachlässigtes Strassenwesen. — Calikavak Balkan-Pass und Strasse. — Bulgarische Oasen und tatarische Ansicd-lungcn. — Fortwährendes Fluthcn der Bevölkerung im Sultansreichc. — Leiden der Strassendörfer. — Tracirung der Sumla-Janibolibahn. — Französische Ingenieure des Baron Hirsch. — Corbasiklagc über Bedrückung zu Komarcvo. — Dobral. — Der Reisende Bongarsius 1585. — Stationäre Verhältnisse seit Jahrhunderten. — Aufstieg zum Calikavak-Passc. — Sidcra und Demir kapu. — Kaiser Nikephorus' Rachezug und Untergang. — Der Pass im J. 1829 und 1877. — Seine Rcdoute und Umgehungsstrassen. — Mein Abstieg. — Calikavak, Bairamderc und ihre Tschcrkcsscn. — Forschende Reisende und reisende Bummler. — En gros-Eindrücke und zifi'ermüssige Daten. — Die Rajah, Russland und Europa. — Tagesanbruch im Corbasigehöft. — Costüme. — Das Bairamdere-Dcfilc und seine von prähistorischen Völkern benützte Strasse. — Küpriköi's Brücke mit Observatorium. — Approvisionirungspunkt für Sumla. — Türkisches Lieferungs- und Trainwesen im Kriege. — Trübselige Betrachtung. — Heiterer Gegensatz. — Costüme. — Am Jcdzikbach. — Seine Tumuli. — Verschwundene und entstandene Orte auf alten und neuen Karten. — Die Natur kennt keine Heiden, Christen und Türken. — Im Corbasigehöft zu Kulevca. — Dessen Einrichtung und Prachtstube. — Sinn für Behäbigkeit. — Ansichten der Honoratioren. — „Der Russe ist unser Feind." — Ausflug nach Madara. — Sein Hochplateau und römisches Fclsrelicf. — Ausblick auf Sumla nnd sein Glacis. — Marschall Diebitsch's Hauptquartier. — Siegcsschlacht von Kulevca 1829. — Moltkc's Schilderung und Kritik der türkisch-russischen Führung. — Mein Ritt nach den Höhen, auf welchen Grossvezicr Rcschid Mehemed unterlag. — Des Moskov's Zähigkeit. S. 86. V. VOM PRAVADI UND DEVNA-SEE UEBER DEN AIDOS-BALKAN ZUM PONTUS. (XVII. BALKAN-PASSAGE.) Pravadi-Hochplateau und Dctile. — Ihre Verwüstung 1829. — Abstieg nach Pravadi. — Kismet. — Geschichte der Stadt. — Ihre Hochburg. — Russische Zerstörung. — Schlacht bei Arnautlar. — Pra-vadi's Fall. — Seine Wälle. — Im Mcdjlis. — Statistisches. — Schulbau aus Antagonismus gegen das Griechenthum. — Gagauscn. — Neue und alte Kirchen. — Griechische Inschriften. — Sari Hussein-Moschee. — Italienische Kunsteinflüsse. — Ragusanische Colonien und katholische Missionen in alter und neuer Zeit. — Beispiel türkischer Verwaltungskunst. — Ausflug zum Pontus. — Rückzug der Türken von Pravadi 1878. — Die Ruscuk-Varna-Bahn. — Deutsche Culturträger. — Reste von Marcianopolis am Devna-Sce. — Triballerschlacht gegen Alexander d. Grossen. — Des Ungarnkönigs Vladislav Tod bei Varna. — Station Gebcdze 1878. — General Jochmus' Schilderung des Schlachtfeldes am Devnasee. — Von den Anwohnern zerstörte Steinbrücke. — Einfahrt in Varna. — Im Hotel d'Anglctcrre. — Wiederaufnahme meines Rontiers zu Pravadi. — Durch seine Schlucht nach Kadiköi. — Kalauswahl. — Kote. — Köpriköi's Rolle 1829. — Kamcikfurth. — Türkische Genrebilder und Architektur zu Sandukci. — Thal- und Hochstrassc zum Deli Kamcik. — Abenteuer österreichischer Officierc. — Wirkungen des bösen Blicks. — Nach Büjük Cengel. — Ein Beispiel von Zaptie-willkühr. — Gretchcn-Costüm. — Schlossruinc Hrastota. — Dcfile, Schanze und Kloster am Ostrog kamik. — Der „tolle" Kamcik bis zur Bogazdere-Schlucht. — Eiscnbahntrace. — Landschafts- und Räuber-Romantik. — Schlacht Alexanders d. Gr. gegen die Thraker. — Mohamed des IV. Route gegen die Polen. — Darius', Philipp's des II., Lysimachos' und Lucullus' Züge gegen die Skythen und Pontusstädte. — Verschiedene Ansichten über ihre Passagen des Balkan's. — Strategische Bedeutung des Nadir-Passes und Delidze dere. — Genaue Terrainkenntnisse, eine Bedingung für den Historiker. — Bivouak in einer Bulgarenoasc. — Wasserscheide, Landschaft und Abstieg gegen Aidos. — Seine „Adlerburg", Lage und Geschichte. — Türkische und russische Eroberung. — Bewohnerzuhl einst und heute. — Skyrmiaden, Nipsäer und Kelten von Tyle. — Charakter von Aidos' Umgebung. — Ein unausgeführter Vorschlag von Moltke und das J. 1878. — Rumköi und Bad Lidza. — Das aquae ealidae der Römer. — Seine Schicksale unter Avaren, Kaiser Heinrich und Suleiman II. — Strassenzüge nach Pravadi und Aidos. — Ansichten eines türkischen Grundbesitzers zu Cimali. — Die Blutsteuer, ihre Bedeutung und turkophile Urtheile. — Mr. Brophy. — Ahliköi, ein wichtiger Strassenpunkt. — Schlacht zwischen Cataloniern und Massageten. — Des Moskov's erstes Erscheinen im südlichen Balkan 1829 und im J. 1878. — Durch das Thal des Hadzi dere. — Erster Blick auf das Cap Emine und den Pontus. — Geburtstagsfeier und Einzug in Misivri. VI. VON MISIVRI UEBER DEN EMINE-BALKAN ZUM KAMCIK. (XVIII. BALKAN-PASSAGE.) isivri's Schicksale unter Griechen, Byzantinern, Bulgaren und Türken. — Russische Eroberung 1829. — Rückgabe an die Pforte. — Räumung und Einverleibung in Ost-Rumelien 1878. — Tradition von 80 Kirchen. — Seine Monumente. — Griechisches Thor. — Politische Unterhaltung im Konak. — Verfall des Holzhandels am Pontus. — Seine Ursachen. — Staatswülder, Forst-Inspectoren und Forst-Akademie zu Constantinopel. — Bevölkerung. — Fischfang. — Physiognomie der Felsstadt. — Ein schwarzer Geleitsreiter. — Am Hadii dere. — Darius' und Diebitsch's Züge über das Cap Emine beleuchtet von General Jochmus. — Römische Pontusstrasse und religiöse Stätten am Finis Haemi. — Das Kozjakgrad. — Die Häfen von Burgas, Misivri und Ahiolu. — Wilde Birnbaumwälder. — Fernsicht. — Meine achtzehnte Balkan-Passage. — Geographische Kenntniss des Haemusgebietes in Alterthum und Gegenwart. — Meine Dreitheilung der Kette. — Begründung derselben. — Der Steilhang des Balkans auf Grundlage meiner Aufnahmen. — Neue Benennungen für einige Zweige des Ost-Balkans. — Geologische Verhältnisse. — Die Profile der Kette von S. und N. — Höhe und landschaftliche Physiognomie des Ost-, Central- und West-Balkans. — Aufzählung von 30 Strassenzügen über die Kette. — Ihre Pässe und deren Höhen. — Das ethnographische Moment im Balkan. — Der Bana-Pass. — Ein Griechendorf und seine Bewohner. — Griechisch-bulgarisches Geistesleben unter dem Halbmond. — Erlebnisse zu Aivadzik. — Türkische Klagen über die Blutsteuer. — Ein Engländer als Localgott. — Mr. St. Clair und Consul Rosen's Ansichten über Türken und Bulgaren. — Meine Beleuchtung derselben in der „National-Zeitung". — Die Souffleure des Basibozuk-IIüuptlings St. Clair. — Preis eines ausgebotenen Landgutes am Pontus. — Europäische Colonisation. — Der Türke vom Pferde auf den Esel. — Strasse zum Kamcik. — Eine administrative Anomalie. — Zu Dervis Jovan. — Kriegerische Vorgänge dort im Juli 1829. — Der erste russische Balkan-Uebergang. — Die Friedensschlüsse von Adrianopel und San Stefano. — Marschall Diebitsch-BZabalkanski". S. 153. VII. AM PONTUS UEBER VARNA UND BALCIK NACH KAVARNA. Weg zur Kamcikfurth. — Podbasi-Fähre. — Kamcikmündung. — Auf der Pontus-Terrasse. — Cap Galata. — Verschwundene Orte. — Vor und in Varna. — Türken und Alterthumsforscher. — Clas-sische Reste im Serai. — Panstatue, Dionysos-Relief und Votivstein. — Varna, das alte Odessus. — Seine Vergangenheit. — Von Vitalian 514 erobert. — In wechselnd bulgarisch-byzantinischem Besitze. — Seine Verwüstung durch Car Joannes. — Unter Despot Dobrotic. — Von Ungarn, Türken und Russen belagert. — Seine Umwallung. — Russische Belagerung 1828. — Glänzende Vertheidigung, Capitulation und Kaiser Nikolaus'Einzug. — Sein denkwürdiges Schreiben an Voroncoff. - Wiedergeburt der Stadt — Project für einen neuen Hafen. — Dessen Schicksal unter und nach Sultan Abdul Medschid. — Aufschwung des Getreidehandels. — Consulate. — Bild von der See. — Bevölkerungs-Verhältnisse. — Geistige Fortschritte. — Kirchen, Schulen und Casino. — Griechisch-bulgarische Spaltung. — Aeusserung des Metropoliten Joachim. — Fremdgläubige Gemeinden. — Klagen gegen türkische Gouverneure. — Vernachlässigung des Stadtwohls. — Vergleich mit Odessa. — Leben, Klima und Approvisionirung. — Jagdgesetz von 1879. — Gärten und Landausflüge. — Sonntagsvergnügen am Cap Suganlik. — Klöster Sv. Konstuntin, Dimitri und Gjorgje. — Sociale Stellung der Varniotinnen. — Ausblick vom Cap. — Prähistorische und moderne Gräber. — Schatten und Licht- Seiten des Krimkrieges. — Russische Lothungsarbeiten im Hafen. — Seine Armirung mit Krupp'schen Geschützen. — Neue Vertheidigungswerkc. — Aegyptische Garnison 1877. — Russen vor der Stadt. — Verzögerte Uehergabe. — Abzug der Türken 1878. — Provisorische Administration. —Einzug des Fürsten Alexander. — Gouvcrncursweelisel und höhere Beamte. — Türkische Dankadresse für die erlassene Wehrpflicht. — Moslimschc Emigration und Sinken der Grundwcrthe. — Stadtviertel und Seelenzahl im April 1880. — Kirchen, Clerus und Schulwesen aller Confessionen. — Consuln, Banken und erste Firmen 18S0. — Geschäftslage, Zölle, Steuern und Stempel-Abgaben unter bulg. Regime. — Verbotener und wieder gestatteter Getreide-Export im April 1880. — Schiftahrts- und Ilandelsverhült-nisse 1878. — Zustand des Hafens 1880. — Eisenbahn- und Consular-Conflictc. — Eine ernste Mahnung. — Demolirung der Festungswerke 1880. — Thore und Strassenzüge. — Die Stadt von den nördlichen Höhen. — Auf der Balcikstrasse. — Position Dervend. — Im Balgarendorfe Kapakli. — Tscherkesson zu Azicich. — Aladza manastir, Batova, Ekrene und das altgriechische Kruni-Dionysopolis. — Natur-verständniss der Griechen. — Beginn der Dobruca. — Teke des Hafus Halil Baba. — Das Türbe und seine Reliquien. — Opfergaben. — Der Klosterclerus im Occident und Orient. — Pilgerndes Derwischthum. — Im Wohnhause des Schech's. — Religiöse Uebungen. — Auftrag an Midhat Pasa. — Moslimschc Asketen und Bacchuspriester. — Teke's Wald und die Vakufgüter-Frage im April 1880. — Route nach Balcik. — Geschichtliches bis 1878. — Aufschwung seit 1840.— Bevölkerungs-, Handels- und Productionsverhältnisse in Stadt und Kasa. — Fischfang. — Klima und Strassen. — Aussicht vom Hochplateau. — Am Pontusgestade. — Gefcchtsfeld von 1828 bei Kavarna. — Dessen Häuserzahl, Gemeinde und Regent. — Ausflug zur Rhede. — Ihr Getreide-Export. — Das altgriechische Karon und Byzon. — Cap Knlliakra und Gülgrad. — Das „gute Cap" für alte und neue Schiffer. — Sein Name im Juli 1878 gerechtfertigt. — Bericht über die dortigen tscherkessischen Gräuelthaten. — Russische Occupation im J. 1878. S. 18C. VIII. AUF D0BRUCAB0DEN UEBER PAZARDZIK, KOZLUDZA UND JENIPAZAR NACH SILISTRIA. Abschied vom Pontus. — Gestalt, Name, landschaftliche Physiognomie und Klima der Dobruca. _ Ovid's Tristia. — Natürliche Begrenzung der Dobruca. — Ihre trockenen Flussbettc. — Wassermangel, Brunnen und Viehzucht. — Siebonbürgische Schäfer. — Römische Bollwerke auf dem alten Skvthcn-boden. — Die Reste von Constantia und der Trajanswall von Moltke geschildert. — Tomi und Kallatis. — Die Dobruca von Hunnen, Slaven, Vlachen, Byzantinern und Bulgaren besetzt. — Asiatische Colonien. — Graeci und Tataren. — Unter türkischer Herrschaft. — Ethnographisches Gemenge. — Küstendze, ein modernes Seebad. — Der projectirte rumänische Ilaupthafcn Mangalia. — Canal-project Cernavoda-Küstcndze. — Fachmännische Urtheilc über seine Ausführbarkeit. — Alter Heer-weg durch die Dobruca. — Mein Aufbruch von Kavarna. — In Djaur Kujusu. — Essig- und Salzhändler aus Ahiolu. — Salinensalz. — Cc Orman's Tschcrkcssen. — Im Mussafirlik zu Karliköi. — Schafzüchter und Hirten aus dem Balkan. — Tumuli an der Strasse nach Pazardzik. — Dessen Lage, Physiognomie, Bauten, Brunnen und Strassenleben. — Eröffnung einer bulgarischen Staatsschule 1879. — Ein Ausspruch Fallmerayer's. — Pazard/.ik's Panajirplatz, Messe und Strassennetz. — Sein Spital. — Ereignisse im russisch-türkischen Kriege 1877—78. — Nach Kozludza. — Strassen und Unterkunft dort. — Mein Fcrman als Panacee. — Mudir und Medjlis. — Ein Zählungsfehler im Steuertefter zu Varna. — Kozludza 1829 und 1878. — Seine grösste Merkwürdigkeit. —Antike Fragmente. — Ins nördliche Gebiet des mittleren Pravadi. — Jawasch! — Jasitepe, der Babu bair, das Jailathal und sein monumentaler Brunnen. — Ein ethnographischer Markpunkt. — Zu „Shumla-road". — Des Eisenbahnverkehrs Trager im Orient. — Verbindungsbahn mit Sumla. — Eine gouvcrnementale Sünde. — Beispiel von Strassen-Unsicherheit. — Nach Jenipazar. — Stadt und Kasa. — Ein Rechtshandel wegen Sclaverei. — Der Sklavenhandel im Orient, dessen Gegner und Freunde. — Wirkung traditioneller Koransitte. — Keine Familie im Orient. — Ein Tschakmak im Mudirgarten. — Der Raki als Sorgenbrecher und Zungenlöser. — 1878. — Aboba's antike Inschriften und Ruinen. — Das aufgefundene Castrum Buvdizu. — Vorbeiziehende römische Heerstrassen. — Ueber Kaukin Mislim und den Deli Ormnn. — Seine Bevölkerung. — Raubvögel im „verrückten Walde". — Meine Begegnung mit einem „Herrn vom Walde". — Die Pistole auf der Brust. — Rccrutirungs-Gebiet für des Sultans Garde. — Gastfreundschaft zu Muraldalar und Bestepe. — Charakterköpfe und Leichenbegängniss zu Omurfaki. — Ueber Redzeb Mahle nach Sarnebe. — Brigantenthum und Regierungsmaassregeln zu seiner Bekämpfung 1880. — Friedensort Kücük Kainardii. — Felsthor am Galicasee. — Im Bulgarendorfe-Almali. — Unverschleiertes Familienleben. — Vorkehrungen für das Christi-Verklärungsfest. — Backofen. — Nach Silistria. - Dessen römisch-slavischer Name. - Seine tausendjährige Geschichte. Hie Russen dort in den J. 967 und 971. — Unter Bulgaren, Byzantinern, Walachen und Türken. — Seine Glanzepoche im XVII. Jahrhundert. — Der russisch-türkische Krieg 1768—74 und die Ereignisse bei Silistria. - Russische Eroberung 1810 und 1829. - Moltke's Schilderung der Stadt und Festung 1837. — Sein Project für detachirte Forts durch Oberst Krach ausgeführt. — Der neue Fortsgürtel. — General Zimmermanns Aufgabe 1877. — Die russische Flottille. — Ereignisse im September. — Ucbergabe an die Russen 1878. — Physiognomie der Stadt. - Meine Ankunft und Erkrankung. — Türkische „glückliche Tage". — Die Fieberfee und mein Versuch ihr zu entrinnen. -Stadtbild von Süden gesehen. - Ueber Kalipetra und Babuk nach Alfatar. — Erneuter Fieberausbruch. — lm Mussafirlik zu Akkadinlar. — Nächtliche Rückfahrt nach Silistria. — Merkwürdige Aerzte zu Ruscuk. — Rückkehr nach Wien. — Silistria im Sept. 1S79. — Viertel, Häuser- und Familienzahl. — Moscheen, Kirchen und Schulen. — Russen und bulg. Beamte. — Zölle, Steuern, Handel und erste Firmen. — Europäische Bestimmung der rumänisch-bulgarischen Grenze. — Streit um Arab tabia. - Von den Russen besetzt. - Rasirt oder besetzt? - Verschiedene Wünsche der Bevölkerung zu Silistria. IX. VON RUSCUK UEBER ESKI DZUMA IN DAS 1ANTRA- UND LOM-QUELLGEBIET. Ein durch Fieber verlorenes Jahr in Wien und im baierischen Hochlande. - Wiederaufnahme der Reise im April 1874. - Geburtsfeier des Propheten zu Vidin. - Valiwechsel. - 8 rcifhcl , a die österreichisch-ungarische Politik im Orient - Abdur Rahman's Abgang und Mehemed A»nn Pasa'a Einzug in Ruscuk. - Abreise. - Frachtenandrang zur Dzumaer Messe. - Daten über den Verkehr auf der Ruscuk-Varnabahn. - Ihr buntes Personal. - Merkwürdige Tracnung. -_ R«s-euker Bahnhofsprojcct. - Station Cernavoda. - Landschafts-Physiognom.e an der B:ll'»linie. Lage der Stationsgebäude. - Auf einem Birzarwagen. - Razgrad's Silhouette. - Arnauthus rumänische Colonie. - Wasserscheide zwischen Donau und Pontus. - Sodzak hame.k der Beklemeh-Milizen als Kafieewirthe. - Die Taliga. - In Eski Dzuma. - Sein Messplatz und dessen Einrichtungen. - Die Budenviertel. - Bedeutendste Firmen. - Waaren - Bezugsquellen Aus- und inländische Fabrikate. - Etiquettirung, Maass und Gewicht. - Geldwechsler und Notare. - Im Messgetümmel. - Der Orient auf der Wiener Wclt-Auss.ellung. - Oesterreichs Producta **t dem türkischen Markte. - Nachtheile des rumelischen Bahnbaues für seine Industrie. Me« Bericht über die Dzumaer Messe führt zu einer Enquete. - Der Ausbau der türkischen Bahnen um Berliner Congresse. — Reactivirung der Messe im Mai 18S0. - Während des Krieges. Nach Kisana teke. - Sein Derwisch und das heilige Jungfraugrab. - Eine terra mcogmta von 2i>0 ÜMoilen. - Des Carevic' Kampfterrain von 1877. - Sakar tepe und Kirecen bair. „"er Kaukasus am Balkan." — Begegnung mit tseherkessisehen Milizen. - Sepeci, seine Wasserscheue nnd Schanzen 1877. - Kizilar's Tscherkessen im Sommer 1S77. - Nach Popköi. - Kample im J- 1877 am Kara Lom. - Seine Landschaft - Ein neues Jantra-Thalgebiet.^- C0™8!'^10*?; zu Konakköi. — Empfangssccnc zu lliiseiner. — Abstieg nach Osmanpazar. — Das Clt'en fremden Pferden. - Am Sakar-Balkan. - Quellen des Büjük dere. - Des Zapundzi s liosslein. Medjlis von Kuzluk. - Feiertägliche Idylle. - Neues Jantra-Thalgebiet. - Entlang der Kesarovska. Alte Brücke bei Dereköi. — Türkische Bauernhochzeit. - Isolirung der Geschlechtei. er Heisende niemals in der Familie aufgenommen. - 42 neu eingetragene Orte im Ivesarovska-Ucbiete. - Verlogene Ortsvorsfändc. - Ueber Kcsarova nach Kadiköi. - Ethnographisch-interessante Punkte. — Flüchtige Urtheile über Völker. — 51 neu eingetragene Orte am Bujuk dere er neue Banicka-Lom. — Physiognomie seiner Landschaft — Reicher Feldertrag. — Winteiwci« e-PMht. - Gefecht bei Cairköi 1877. - Im Beygehöft zu Beg Vrbovka. - Ursache des Verfalles der türkischen Ciftliks. — Mängel der administrativen Grenzen. - Frühlingsbild Ihm Erendzik. Kacelevo, des Carevic' Hauptquartier. Kämpfe dort im Sept. 1877. - Vertheid.gung der Ba.m-ka-Lom-Linie. - Mehemed Ali's Rückzug, Glück und Ende. - Seine occidentalen Apologeten und türkische Urtheile. — Ein neuer vierter Lonuum. — Seine Quellen, Ausdehnung und Bewohner. — Sadina. — Abbrennen der Wälder. — See bei Esirdzc. — Gefecht 1877. — Landschaft bei Hüsendze. — Dorf „Battenberg". — Am Ak Lom nach Hasunlar. — Militär-Etablissement. — Ankunft in Razgrad. S. 281. X. VON RAZGRAD UEBER SAITANDZIK UND TUTROKAN ZUR LOMMÜNDUNG. Razgrad's grösstes Caravanserai. — Im Konak. — Quittung über glückliche Ankunft. — Zaptiecorps für die Donauprovinz. — Mit seinem Alai Beg im Innern der grossen Moschee. — Erbauer und Vakufgüter. — Razgrad's Name und v. Hammer. — Zur Geschichte der Stadt in den J. 1810, 1829, 1877 und 1878. — Ihre Bevölkerung, commercielle Lage und Eisenbahn-Station. — Bat-Mis und Midhat Pasa's agricole Reformversuche. — Artesischer Brunnen. — Erster geologischer Durchstich der Donauterrasse. — Nach Topcu. — Vortheil des Zeichnens auf Reisen. — Der erste im Löss versickernde Wasserlauf. - Schwarzer Muhtar und Zigeuner-Kalaus. - Lodzova. — Dukhan und Wasserfang bei Balbunar. — Reminiscenz an den Wasserreichthum der trockenen Bachbette. — Türkische Waldwirtschaft. — In Zaud's Mussarirlik. — Der Türken passive gute Eigenschaften im Kampfe mit den activen der Rajah. — Mittelalterlicher Wunderglaube. — Eine Uhland'sche Strophe. — Im Hassan Demir Boba teke. — Des Heiligen merkwürdige Thaten. — Der hervorgezauberte Fluss. — Decamerone Schech Ahmed und des Boba's Türbe. — 9° C. am 17. Mai. — Nach der Donau-Pontusscheide. — Geologisches. — Station Saitandzik, ihr polnischer Wirth und seine Amsel. — Im Jänner 1878. — Die Strassen-Redouten bei Görgenli 1854. — Ausgetrocknete Rinnsale. — Land und Leute auf der Route zur Donau. — Beabsichtigte Städtegründungen durch die bulgarische Regierung. — Nach mehreren Reisetagen im ersten christlichen Dorfe. — Von Vizköi nach Tutrokan. — Seine Redouten. — Moltke's Urtheil über den besten Donauübergang. — Tutrokan unter Römern, Byzantinern und Türken. — Russisch-türkische Donau-Uebergänge und Kämpfe 1810, 1829, 1854 und 1877. — G. L Ehrnroth, der bulg. Kriegs-Minister verwundet — Im Feber 1878 geräumt. — Einquartierung in einem verseuchten Hause. — Physiognomie und Einwohnerschaft der Stadt. — Ihr Fischfang und Handel. — Sonderbare Anwendung der Quarantäne-Gesetze. — Alles „sporco". — Hinderung des Holzexports durch den Kaimakam. — Schwer erlangte statistische Daten. — Geologe Peters über die Terrassenbildung an der unteren Donau. ___ Yicr Kalimoksee. — Peschel's Urtheil über die Donauseen. — Auf dem Jahrmärkte zu Türk Esmil. — Siebenbürger Mokanen. — Schwieriger Pferdewechsel zu Nasredin. — Zur Ethnographie des Ruscuker Kreises. — Nach Bisanca. — Pfingstsonntag. — Tod des Prinzen von Leuchtenberg. — Blutige Kämpfe am unteren Lom 1877. — Ueber Kadiköi nach Nisova. — Seine Gründung. — Solenik-Lommündung. — Cernevi's Schloss und das altbulgarische Cerven. — Pepelne. — Banicka-Lommündung bei Siroko. — Ueber Damogila zum Trstenik han. — Im Dec. 1877. — Ritt zum vereinigten Lom. — Interessantes Naturspiel. — Landschaftsidylle im unteren Lomthal. — Seine Steinbrüche und Kalkstein-Industrie. — Gründung einer Agricultur-Schule 1880. — Abschluss meiner geographischen Arbeiten. — Zu Ruscuk. — Sein Westvicrtel. — Copie eines Römersteines. — Nach Wien. — Eindrücke auf meiner Donaufahrt im September 1879. S. 318. XL HÖHEN-MESSUNGEN. S. 349. VERZEICHNIS DER, 31 ILLUSTRATIONEN IM TEXTE: Bulgariens Wappen. (Titel). ...... I 1. Rumänisch-Bulgarischer Donaucordon......... ....... 23 2. Kaiserliche Militärtuchfabrik zu Sliven................... 36 3. Sv. Nikolakirche zu Leskovica........... ...... 38 4. Steuerzahlung zu Rahovica............ ...... 43 5. Türkisches Gehöft zu Dzumali.......... ..... 55 6. Im Crveni Gjorgje han zu Eski Dzuma.......... ..... 76 7. Ruinenstätte von Prcslav............ ^4 8. Kalabak bair-Strasse über den Kazan-Balkan....... ...... 95 9. Der Hisar göl bei Kajabasi............ ..... 99 10. Windmühlen bei Karnabad ............ ...... 107 11. Bauerntracht zu Bairamdere und Köpriköi........ ...... \\\ 12. Hausaltar zu Kulevca........... ...... 113 13. Römisches Reiterrelief in der Felswand bei Madara . • • . ....... 121 14. Die Hochburg zu Pravadi.......... ....... 125 15. Sari Hussein-Moschee zu Pravadi ........ ....... 127 16. Zerstörung der Eisenbahnlinie zu Pravadi 1878 ......[■".'!....... 140 17. Costüme von Büjük Cengel.......* * " ...... 158 18. Griechische Stadtmauer und türkischer Konak zu M.s.vn . . . • ■• •...... l82 19. Am Brunnen zu Dervis Jovan........ ........ 190 20. Pan-Statue zu Varna ........... .......... 191 21. Dionysos- und Apollo-Relief zu Varna...... ' ........ 232 22. Auf Dobrucaboden.........*........ 235 23. Russen am Paternosterwerk-Brunnen bei Karlibei ........ 266 24. Bulgarischer Backofen zu Almali • •...... ......... 273 25. Geschützkampf zu Silistria im Jahre 1877 ......• ......... ;104 26. Türkisches Ortsmedjlis zu Kuzlukköi.........'......... 306 27. Altbulgarische Brücke bei Dereköi......... ........ 319 28. Han und Grosse Moschee zu Razgrad ................... 326 29. Im Bulgarendorfe Topcn.......... ....... 332 30. Im Hassan Demir Boba Peliwan teke ....... ...... 344 31. Schlossruine bei Cernevi.......... VERZEICHNIS^ DER 10 TAFELN: 18 I. SLIVEN UND DER CATALKAZE-PORPIIYRSTOCK............ 32 H. BULGARISCHE PRACHTSTUBE ZU BEBROVO..........• ' * &g III. FESTUNGSSTADT SUMLA.................. ' 64 IV. SUMLA'S TÜRKENVIERTEL.......v.............. u2 V. FELSWAND MIT RÖMEKRELIEF BEI KULEVCA............. 152 VI. PONTUS-FELSSTADT MESEMBRIA............... ,98 VII. STADT UND RHEDE ZU VARNA................... 260 VIII. TÜRKISCHES MEDJLIS IM DELI-ORMAN............... 2-fi IX. FIEBERKRANK NACH SILISTRIA.................. 330 X. HASSAN DEMIR BOBA PELIWAN TEKE................ ORIGINAL-KARTE VON DONAU-BULGARIEN UND DEM BALKAN, NACH SEINEN EIGENEN REISE-AUFNAHMEN IN DEN JAHREN 1870-74 AUSGEFÜHRT VON F. KANITZ. **• Die figuralischen Illustrationen dieses Werkes wurden grösstenteils von V. Katzler, die Landschaften von A. Rieger und L. E. Petrovits in Wien nach des Autors Originalskizzcn auf Holz gezeichnet, die Holzschnitte in J. J. "Weber's und Hugo Käseberg's xylographischen Anstalten, der Druck in C. Grumbach's Officin zu Leipzig, die Routenkarte von Dr. A. Petermann in Gotha und des Autor's Original-Karte in der k. k. Hof- und Staatsdruckerei zu Wien ausgeführt. Rcisc-Vorbcrcitungcu. — Zu Wagen über Tirnovo nach Plakovski manastir. — Erster Gegensatz zum Occident. - Route und Geologisches an der Kovacica. - Russische Protection und Einflüsse. - Das Sv. Ilijakloster, sein Patron, die Mönche und das Volk. - Der danubisch-bulgansche Athos. - Seine Rolle im Mittelalter und heute. - Nach Sv. Nikola manastir. — Grundungslegende. Capjtän Gjorgjc's Aufstandsversuch und des Klosters Verwüstung. - Seine Restauration. Hegu-menos Theodozijc. — Sv. Cetiri deset mucenici manastir. - Unerwarteter Pferdekauf. - nach Elena. - Brückenbauten. - Elena. - Mudir Halil. - Türkische Beamtenroutinc. - Industrieller Rückschritt der Stadt. - Seidenzucht. - Sociale Verhältnisse. - Kriegerische Vorgange bei Elena im J. 1877. - Neue Balkanstrasse. - Balkandzilebcn. - Wald und Steinkohle. - Der Haiduci cokar und das Haidukenthum. — Klephtentypen. — Kammhöhe und Doksa-Pass. Der Kanitz, Donau-Bulgarien und der Balkan. III. 73 Hainköi bogas. — General Gurko's Balkanübcrgang 1877. — Römische Heerwege und moderne Schriftsteller. — Major Kardascvsky's Marsch über den Doksa-Pass. — Landschafts-Charakter der Tvardicaschlucht. — Tabakschmuggler. — Defile-Ausgang. — Einquartierung in Tvardica. — Route nach Sliven. — Etymologische Zaptie-Excurse. — Das Bela-Dehle, Binkos und die Tundza. — Der Karadza dagh. — Geologisches. — Isolirte Porphyrberge. — Mineralbad. — Slivcn's Lage und Wichtigkeit in allen Epochen. — Seine Strassen durch die Defilcen von Sutire und Maras. — Castell Markellini. — Hadzi Chalfa und Jochmus über Slivcn's Lage. — Im Kriegsjahre 1877. — Blick vom Hamam bair auf die Stadt. — Byzantinisch-bulgarischer Bcsitzwechsel. — Unter Selim III. — Indze Voivoda und die Krdzalien. — Russische Eroberung Slivens 1829. — Mamarcov's Aufstandsversuch. — Russen und Bulgaren. — Emigration nach dem Adrianopler Frieden. — Verhältnisse im Jahre 1872. — Population, Moscheen, Kirchen, Schulen. — Bulgarische Bestrebungen. — Hausindustrie. — Wolldecken. — Staatliche Militär-Tuchfabrik. — Industrie und Korangesetz. — Arbeiterverhältnisse. — Tuchpreise. — Seide und Wein. — Acrzte. — Merkwürdiges Postamt. — Werth türkischer Functionäre. — Scene im Pasakonak vor der Abreise. — Slivcn's Einverleibung in Ost- Wieder betrat ich-im Sommer 1872 das Ruscuker Vali-Serai und erhielt nach unerlässlichem Austausche langweiliger Complimente das wichtige Bujurdu, welches, vom unmittelbaren Chef ausgestellt, meinem Constantinopler Ferman verstärkten Nachdruck in den Augen der Districts- und Kreis-Autoritäten geben sollte. Damit waren die nothwendigen Vorbereitungen für die neue Reise zur Erforschung des Gebietes von der Jantra bis zum Pontus geschlossen. Es erübrigte nur noch der Ankauf von Pferden, welcher besser im Balkan zu bewerkstelligen war. Am 29. Juni Vormittags verliess ich die Valistadt und erreichte auf der bereits im I. Bande geschilderten Route am Abend noch Bela. Am nächsten Frühmorgen ging es weiter über seine schöne steinerne Brücke, welche im letzten Kriege ein wichtiger strategischer Punkt wurde, Nachmittags fuhr ich ohne Aufenthalt durch Tirnovo's westliches Christenviertel, kreuzte bald darauf vor Prizova die Jantra und kam, bevor die Sonne an diesem letzten Juniabende zur Rüste ging, ins stille Plakovski manastir. Dieses berühmte Kloster liegt nur vier Stunden von der altbulgarischen Carenstadt, nur zwölf Meilen landeinwärts von der Donau, und doch trennte mich nicht allein die natürliche Völkerscheide, das von Serben und Rumänen gehütete Eiserne Donauthor, sondern eine ganze Fülle ethnographischer und social-politischer Gegensätze vom Occident. Wieder erklang dem Europäer stets fremdartige, Glocken ersetzende Symantronmusik, wieder umgab mich ein Kreis höchst ehrwürdig aussehender, aber schrecklich ignoranter geistlicher Väter, darunter mancher Kopf voll Ausdruck und Mannesschönheit, an Patriarchen altdeutscher Bilder mahnend, und wieder sass ich im Schatten mächtiger Nussbaumkronen, bei gleichgültigem Gespräche, würzig frische Balkanluft schlürfend. Die abendliche Siesta that übrigens dem arg durchrüttelten Körper wohl, denn der letzte Theil des Weges lief nichts weniger als auf glatter Bahn. Vom Rumelien. 249 Meter hoch gelegenen Bulgarendorfe Fedabei, in dessen Han ich während des kurzen Halts zufällig Fieoglu, den Erbauer der schönen Belaer Jantrabrücke (I. Band, S. 148) traf, mussten wir über Reben bepflanzte Höhen in abschüssigen Curven SO. zur Kovacica rjeka. Ihr linkes Ufer bilden graue, von einer dichten Vegetationsfülle bedeckte kalkige Thonmergel; auf dem rechtseitigen liegt aber das Kloster „Sveti Ilija Prorog Plakovski" in 239 Meter Seehöhe zwischen lauschigen Hainen so still verborgen, dass ohne seine im abendlichen Sonnengolde blinkende Metallkuppel nichts unser gastliches Nachtquartier verrathen hätte. Die in Bulgarien seltene zwiebeiförmige Bedachung mahnte allein schon an den Ein-fluss des fernen glaubensverwandten Nordstaates, selbst wenn die Mönche weniger des mächtigen Caren Unterstützung in Geld und Büchern bei der Wiederherstellung ihres Klosters gerühmt hätten. Die Grtindungslegende der frommen Stätte verliert sich in längst vergangene Zeiten und klingt unsicher. Nach oftmaligem Ruine erfolgte des Klosters letzte Wiedergeburt 1852, wo seine jetzige Kirche, ein Langschiff mit offener Vorhalle und Apsiden, durch die nahe Gemeinde Plakovo aufgebaut wurde. Diese nette Baute umstehen Mönchs- und Gastgebäude mit rundbogigen Arcaden von beinahe italienischem Charakter, starke Weinreben ranken sich um und durch ihre Galerien, oft zu schattigen Lauben verdichtet, Obstbäume sind in Fülle vorhanden und Pfauen mit anderen Thieren beleben den Hof. Das Ganze gab ein Bild an-muthigster Heiterkeit, dessen lieblichen Eindruck selbst die dunklen Talare der geschäftig ab- und zugehenden 8 Duhovniks und 3 Diakonen nicht zu beeinträchtigen vermochten. An Sonn- und Feiertagen verlieren sie sich in den bunten Lohmen der ländlichen Bevölkerung. Ihr weiblicher Theil trägt hier einen auf dem Kopfe durch Kinnbänder festgehaltenen Aufsatz, ähnlich den preussischen Lagerkappen, nur ist er weiss und ebenso sein von breitem Teller auf den Rücken fallendes Tuch. Namentlich am Tage des Kloster-Schutzpatrons, des h. Elias, strömt das Landvolk zum Sabor aus weiter Ferne herbei. Das Bild des über Wetter und Stürme gebietenden Heiligen erscheint im Pendentif des Kirchenportals auf einem von vier Pferden gezogenen Wagen über Wolken hinfahrend. Auch das etwa >/i Meilen S. vom Kloster, an seinem forellenreichen Bache liegende Dorf llievci trägt des Heiligen Namen, es zählt nur 15 Hauser; das etwas höhere Beikovci auf der Popa mogila mit 30 Höfen ist die letzte menschliche Ansiedlung bis zum Kamme des Balkans. Die hohe Verehrung des h. Elias ist auch in Bulgarien, wie in allen ehemals byzantinischen Ländern eine ausserordentlich grosse. .Irrig ist jedoch Texier's, von Anderen nachgebetete Meinung, dass die dem Heiligen geweihten Kirchen stets auf Bergspitzen errichtet wurden; auch des Plakovo - Klosters Lage spricht dagegen. Man könnte Tirnovo's nächste Umgebung den danubisch-bulgarischen Athos nennen, so dicht ist sie mit Klöstern besäet. Nur auf wenigen Quadratmeilen verzeichnete ich eilf im Umkreise der alten Carenstadt auf meiner Karte; trotz wiederholter Zerstörung erhob sich nämlich ihre grössere Zahl stets phönixartig aus den Ruinen. Auch hier, wie zu Byzanz und im Abendlandc wurden Mönche und Klöster stets als Hort traditioneller Echt- und Rechtgläubigkeit betrachtet. Während der religiösen Wirren, welche der türkischen Herrschaft vorausgingen, als Bogomilen, Hesychasten und Adamiten sich der bulgarischen Volksmasse bemächtigten, wurden die Klöster bei Tirnovo und insbesondere jene bei Kilifarevo, von welchen eines bis heute erhalten blieb, Mittelpunkte der rechtgläubigen Gegenbestrebungen. Von einer Einöde dort, welche sich nach dem Chronisten „eher für besi (Dämone) als für Menschen zum Aufenthalte eignete", wirkten der berühmte Mönch Teodozije mit dem späteren letzten Tirnovoer Patriarchen Euthimije und 50 Jüngern unter dem „überaus hohen und allgewaltigen Caren Alexander" gegen die Ketzer, und im Tirnovoer Concilc (1350), dessen Vorsitz der Car mit dem Patriarchen Teodozije IL führte, bethciligten sich Vorsteher und Mönche der Klöster von Kilifarevo ganz besonders eifrig am Streite für die Staatskirche gegen die Häretiker. Einige der letzteren schwuren ihre Irrthümer bezüglich Dualismus, Kreuz, Ehe u. s. w. ab, andere Hartnäckige, wie z. B. Ki-ril Bosota und Pop Stefan, wurden nach dem strengen Kirchengesetze mit glühenden Eisen im Gesichte gebrandmarkt und verbrannt. Fünf Jahre später, auf einem neuen allgemeinen Concil, erwirkten Teodozije und die Mönche von Kilifarevo den Bannfluch, welcher gegen Bogomilen und Hesychasten ausgesprochen wurde. Nunmehr ruht aller dogmatischer Streit, dieses slavische Erbe klügelnden Byzantinismus, in den Klöstern um Tirnovo, denn wo der Gedanke'seit langen Jahren eine Stätte fand, gipfelte er im eifrigen Streben für die Befreiung des Landes. In Wahrheit wurden einige Klöster Bulgariens in jüngster Zeit Ausgangspunkte politischer Bewegungen und hatten deshalb viel zu leiden. Heute beherrscht jedoch die meisten derartigen Heilstätten nur die Sucht nach materiellem Gewinn; sie sind leider Domänen speculativer Hegumens und Dörfer geworden. Wie Plakovo hat sich auch das nur 1 St, von Fedabei entfernte Dorf Kapi-novo den Restaurations-Luxus eines verfallenen Klosters erlaubt und es dem cinflussreichen Wasserpatrone Sv. Nikola geweiht. Als unmittelbarer Nachbar des Sv. Ilija manastir ist auch dieses Klosters Lage und der hinüberführende kurze Weg voll landschaftlicher Reize. Die Glocke rief eben zum Frühgebet, als ich am nächsten Morgen seinen Hof betrat. An Stelle des abwesenden Abtes empfing mich der junge Archidiakon Stefan aus Cerovo Kurije sehr freundlich; er schien in der Geschichte seines Landes wohl bewandert und schrieb des Klosters ursprüngliche Gründung „dem frommen" Caren Simeon zu. Vasiii, ein anderer Mönch, verlegte sie in das Jahr 1272; bezüglich der neueren Daten vereinigten sich aber beide, dass es in seiner heutigen Gestalt erst 1835 durch die Gemeinde Kapinovo erbaut und 1845 mit Malereien geschmückt worden sei. Sv. Nikola manastir durchlebte in den letzten Decennien schlimme Schicksale. Als die Russen, nach vollständigem Empfange der Sultan Mahmud auferlegten Kriegscontribution, Donau-Bulgarien im Jahre 1830 geräumt hatten, versuchte der bulgarische Parteigänger, Capitän Mamarcov, bekannter unter dem Namen „Kapetan Gjorgje", das Kloster Kapinovo zum Stützpunkte einer nationalen He-tärie zu machen, welche sich namentlich aus dem nahen Städtchen Elena recru-tirte. Hadzi Jordan, ein junger Mitverschworener, verrieth jedoch dem Tirnovoer Metropoliten Hilarion den Plan und dieser, ein den Bulgaren feindlicher griechischer Fanariote, benachrichtigte den dortigen Pasa von der drohenden Gefahr. Ein rasch abgesandtes Cavallerie-Detachement umzingelte das Kloster, verhaftete dessen Hegumenos Sergius, die Mönche und auch Capitän Mamaröov. Die übrigen, grossentheils wohlhabenden und angesehenen Verschworenen, darunter der greise Elenaer Patricier Hadzi Jordan, ein Verwandter des Verräthers, wurden in ihren Wohnorten aufgesucht und später, mit Ausnahme des Capitans, welchen seine russische Uniform schützte, nach kurzer Procedur zu Tirnovo dem Galgen Überliefert (I. Band, S. 161). Das ausgeplünderte und geschändete Kloster gelaugte durch dieses Ereigniss bei allen Patrioten zu grosser Beliebtheit und neuem Wohlstande, litt jedoch wieder viel durch die letzten Kriegsereignisse. Des Klosters Baulichkeiten waren zur Zeit meines Besuches ausgedehnt und ziemlich solid. Im ersten Stockwerke des Wohngebäudes sah ich eine vom Hegumenos Teodozije erbaute Capelle, deren Bilderschmuck recht hübsch im con-ventionell byzantinischen Charakter gemalt ist. Der Abt starb 1864, unmittelbar nachdem sein Bau vollendet war. Die dankbaren Mönche errichteten ihm au der Südseite der Kirche ein Cenotaphium in Form einer eisernen Laube, welche überwuchert von üppig treibenden Weinranken den reich ornamentirten Grabstein umschliesst. Natürlich fehlt nicht die übliche Laterne zum Anzünden von Kerzen an bestimmten Gedächtnisstagen für des Verstorbenen Seelenheil. Hadzi Kesarijc, ein anderer frommer Duhovnik des Klosters, erbaute 1867 beim nahen Dorfe Merdan aus eigenen Mitteln den h. 40 Märtyrern zu Ehren das Kloster Sv. Letal deset mucenici und bezog es als erster Abt mit drei Mönchen. Auch diese JSeu-stiftung gedieh gut, erreichte aber lange nicht ihr Mutterkloster, das 12 Duhov-niks (Mönche) und einige Djaci (Schüler) im Jahre 1872 zählte. Mein Cicerone Stefan, dem ich vorstehende Daten verdanke, verstand sich nicht nur trefflich auf Geschichte und heilige Dinge, sondern war als echtes Balkankind auch in praktisch-weltlichen Geschäften erfahren. Rasch begriff er seinen Vortheil, als ich ihm einen ganz anständigen Preis in blanken Napoleons für sein hübsches Reitpferd bot, bald darauf hatte ich aus dem Klosterstalle ein zweites für meinen Dragoman erworben, und es blieb mir nur die Sorge für ein Lastthier, das ich in Elena oder auf dem Wege dahin zu finden hoffte. Ich Hess beide Pferde rückwärts am Wagen festmachen und vcrliess in fröhlicher Stimmung Uber den raschen und billigen Kauf, von Segenswünschen der Mönche begleitet, das Sv. Nikola Kapinovski manastir, in dem das launische Kismet (Schicksal) mir gleich zu Beginn der Reise freundlich gelächelt hatte. Die Klosterleute klagten, dass die Gegend seit einiger Zeit unsicher sei. Ich wollte nieinen glücklichen Zufallskauf nicht durch wegelagernde Strolche corrigiren lassen, nahm einige berittene Klosterdiener als Escorte mit und schloss die Teskereh (Kaufscheine) sorgfältig in mein Portefeuille; denn in des Sultans Landen muss für jedes Pferd ein amtlicher Schein gelöset werden, in dem sein rechtlicher Erwerb vom letzten Eigener nachgewiesen erscheint, Dass trotz dieser Geld kostenden Vexation der Pferdediebstahl, namentlich seit der räuberischen Tscherkessen An-siedlung, nirgends so sehr als in der Türkei blühte, glaube ich in den ersten Bänden genügend constatirt zu haben. Die Strasse nach Elena zieht hart am Hange der Vasilija planina 0. W. durch die stellenweise hochromantische Enge der Drenska, welche, wie wir S. 10 sehen werden, im letzten russisch-türkischen Kriege eine wichtige Rolle spielte. Während ich im Plakovski manastir schon um 5'/a Uhr Morgens 23° C. verzeichnete, herrschte im schattigen Defile noch um 10 Uhr wohlig kühlende Frische. Unsere Partie war reich an zerstreuendem Wechsel. Tief zwischen 200 Meter hohen Kalksteinfelsen gebettet, rauscht die klare, Cascaden bildende Fluth der grünen Drenska hin, aus dem schönen Laubwald zur Rechten stürzt über aufgerichtete Blöcke ein kleiner Wasserfall zu ihr herab; als weitere malerische Motive folgten ein^ primitives Brettersägewerk und eine zerstörte mittelalterliche Steinbrücke, über welche noch vor 25 Jahren die nun verlassene einstige Römerstrasse führte. Die neue Trace geht erst später, nahe einer Karaula, auf der von Nikola Jovanov erbauten schmucken zweibogigen Steinbrücke, welche in türkischer Weise steil nach der Mitte ansteigt, auf das linke Ufer über. Eine weniger solide Brücke mit zwei gemauerten Pfeilern folgte bei Rasvalaci, wo ich den Bezirk Elena betrat. Nach kurzer Rast im trefflichen Han des Weilers Jokovci mit neuer Kirche, ging es auf türkischem Spitzkieselpflaster nach Jakovci, von dem wir auf sanft abwärts ziehender Strasse bald in Elena's weit geöffnetes Thal gelangten. Es ist schwer zu schildern, wie einladend das Städtchen mit seinen 340 meist einstöckigen Wohnhäusern am Hange reizender Höhen des Balkans lagert. Zunächst führte mich die Sorge ein kräftiges Trainpferd zu finden, in die Öarsi zu Herrn Uija, welcher seinen früheren Lehrberuf mit dem Kaufmannsstande vertauscht hatte. Empfehlungsschreiben sicherten mir seine und Mudir Halil Effendi's Unterstützung. Das Letzterem allgemein gespendete Lob gereichte ihm zu um so grösserer Ehre, als es eben nicht leicht war, gerade den Elenaer Bezirk zu regieren, in dem ausser wenigen Zapties (Gensdarmen) kein einziger Moslim wohnte. Selbst des Mudirs Amtsgehülfe war ein Bulgare, denn der Elenaer Bezirk genoss seit lauge eine ausgedehnte Autonomie, weil seine energische Bevölkerung sich wiederholt bei den Moslims in Kespect zu setzen verstand. Bereits an anderer Stelle sagte ich, der Türke fürchtet den Balkan und meidet ihn so weit er kann! Die grossen Schwierigkeiten, mit welchen der Beamte in dessen Bereich zu kämpfen hatte, schienen jedoch den „Säulen der hohen Pforte", den Constantinopler Ministern, welche für ihre werthen Personen und nichtigen Leistungen unglaublich hohe Gehalte beanspruchten, vollkommen fremd zu sein. Wenige Monate vor meinem Besuche war der Monatssold des wackeren Elenaer Mudirs von 2400 auf 000 Piaster reducirt worden. „Grossvezir Mahmud will den Padischah wahrscheinlich noch reicher machen", meinte Halil in bitterem Tone und illustrirte seine Klage über die Wirthschaft türkischer Grossen mit Histörchen aus der Amtsübung seines Tirnovoer Mutessarifs Haidar Pasa. „Er stahl so unermesslich viel, dass ich lange Tage davon erzählen könnte; sein bulgarischer Gehülfe Muavin Karagiozoglu und die Weiber haben ihm jedoch ein gut Stück der Beute wieder abgenommen!" Da der türkische Staat von seinen Angehörigen stets nur Opfer heischt, ohne das Geringste für Hebung von Ackerbau, Handel oder Industrie entgegen zu leisten, ist es begreiflich, dass die meisten Städte im Wohlstande rückwärts-schreiten. Auch% Elena war einst bedeutender und kannte bessere Tage. Durch seltenen Wasserreichthum begünstigt, erhielt sich wohl ein Theil seiner berühmten Leinen- und Abatuch-Fabrikation, auch viele der schönen Weingärten bei Merdau gehören ihm und einige seiner auf 10,000 Lira (200,000 Mark) geschätzten Pa-tricier besuchen im Sommer das ferne Bad Mehadia oder lassen ihre Söhne in der Schweiz u. s. w. studiren; allein im Ganzen steht die Erwerbsthätigkeit der Stadt nicht im Verhältnisse mit ihren relativ ansehnlichen Häusern, zur kostspieligen Kirche mit oblonger Kuppel, welche ein Travnaer Meister auf domi-nirender Stelle erbaute und zu der sich überflüssiger Weise 1869 noch eine zweite mit russischer Zwiebeldachung im unteren Stadttheile gesellte. Ganz besonders schädigte die Krankheit der Seidenraupe seit einem De-cennium sowohl die Stadt wie den Bezirk Elena. Die Seidenfabrikation ist dort in dauernder Abnahme, obgleich für die Oka (1*/* Kilo) ordinärer Seide durchschnittlich nur 15 Piaster - l'/2 Gulden Spinnlohu bezahlt wird, wobei ein Arbeiter höchstens 10 Piaster täglich erwirbt. Es fehlt an Käufern und dies übt seinen natürlichen Rückschlag auf sämmtliche Gewerbe t namentlich aber auf die Cultur des Maulbeerbaumes, welcher früher zu Tausenden das Thal von Elena schmückte. Einen unbeschreiblich prächtigen Ausblick auf dasselbe gewinnt man von der Schanze des einstigen Kaleh, dessen Steine allmälig zur Stadt hinabwanderten. Da liegt sie, mit blinkenden Metall-Kuppeln und frischrothen Ziegeldächern, im weiten Kreise von massig hohen Bergen eingeschlossen, auf welchen zwischen Wald und Feldern Colonen der nächsten Weiler zerstreut sich angesiedelt haben. Gegen NO. trennen hohe Rücken, darunter der dominirende Oakir bair, die Schwesterthäler Elena und Bebrovo. Am nächsten Tage, auf meiner Passage über den Elenski-Balkan, trat ich Landschaft und Leuten seiner nördlichen Vorberge näher. Erstere erinnert an die mittlere Steiermark, letztere gleichen aber in ihren socialen Verhältnissen auffallend den Bauern des oberösterreichischen Mittelgebirges, wo Viehzucht, Feldbau, Waldwirtschaft und Hausindustrie sich gleichmässig die Wage halten. Schon in den ersten Augusttagen 1877, als General Gurko über den Elena-Balkan zurückgedrängt wurde, hatte dessen Vorgebiet viel zu leiden. Damals „recognoscirten" Suleyman Pasa's Tscherkessen vom jenseitigen Tvardica-Defile den Doksa-Pass und man weiss, was dies bedeuten will. Anstatt jedoch die von den Russen verlassene Passage sofort zum raschen Uebergange zu benützen, um mit kräftigem Offensivstosse Radetzky's schwachen linken Flügel vor Tirnovo zu durchbrechen, dessen Centrum auf dem Sipka zu isoliren und hierauf vereint mit Osman und Mehemed die Russen über die Donau zu werfen, vergeudete Suleyman viel kostbare Zeit mit der Pacification der Gebiete von Kazanlik, Kalofer u. s. w. (I. Bd. S. 245) und seine tapferen Soldaten am nutzlosen Oeffnungs-versuche des Sipka-Passes von Süden her. Suleyman's Handlungsweise wurde von Vielen mit dem unwürdigen Motive erklärt, dass er den Moment, wo er als Alttürke seine Selbständigkeit aufgeben und unter dem Befehle des Renegaten Mehemed kämpfen sollte, möglichst lang hinausschieben wollte. Andere entschuldigten Suleyman damit, er habe nur stricte Weisungen des Constantinopler Kriegsrathes befolgt. Eines steht fest, dass Suleyman erst nach zwei verlorenen Monaten, auf Mehemed's fortgesetztes Drängen, und auch da nur scheinbar, sich anschickte, an einer gemeinsamen Operation theilzunehmen, welche den russischen rechten Flügel über die Jantra werfen sollte. Suleyman's Cooperation beschränkte sich darauf, dass er Seadet Kerai Pasa mit etwa 1500 Redifs über Tvardica und den Haiduci cokar-Pass zu einer Recognoscirung gegen Elena sandte. 4 Kilometer östlich von diesem Städtchen, bei Maren, stiess diese schwache Abtheilung am 24. Sept. auf Fürst Mirsky's Detachement. Das Regiment Sievsk, 2 Batterien und 2 Schwadronen schlugen ohne besonderen Verlust den versuchten Angriff zurück, worauf die Türken, nachdem sie einige nahe Kolibi verbrannt, sich zurückzogen. Die Geringfügigkeit dieser Affaire hinderte Suleyman nicht, nach Constantinopel zu telegraphiren: er habe dem Ober-Commandanten den verlangten kräftigen Beistand geleistet! Mehemed aber, welcher nach dieser Probe an seines Generals aufrichtiger Mitwirkung verzweifelte, räumte die Lomlinie; worauf die Pforte ihn abberief und durch Suleyman ersetzte. Aber auch nun, wo dieser ehrgeizige Alttürke unbehindert an erster Stelle disponirte, machte sich keine grössere Energie gegenüber den die Strasse auf Tirnovo deckenden russischen Abtheilungen bemerkbar. Vom October bis Mitte November hatten die Vortruppen des XL Armeecorps nur leichte Scharmützel bei Novoselo und Kozlubeg an der Kesarovska mit einzelnen Basibozukbauden zu bestehen. Auf dem äussersten türkischen linken Flügel von Slatarica bis Osmanpazar herrschte vollste Stille. Erst Ende November, als durch die gemeinsame Cooperation Suleyman's mit Mehemed Ali ein ernster Versuch zum Entsätze des bereits fest umklammerten Osman Pasa gemacht werden sollte, concentrirte Suleyman in Osmanpazar zur Offensive gegen Tirnovo die Divisionen Fuad und Kerim Pasa. Erstere bestand aus den Brigaden Raschid und Abdur Rachman, zusammen: 18 Bataillone, 0 Schwadronen, 4 Batterien, letztere aus: 14 Bataillonen, G Schwadronen, 3 Batterien. Auch Hussein^Hadzi Pasa's Division bei Sliven erhielt Befehl, am Haiduci cokar- und Zelenskirad-Pass nur die notwendigsten Besatzungen zurückzulassen, mit dem Gros aber nach Bebrovo abzurücken. Im Ganzen wurden zu dem beabsichtigten Offensivstosse unter Fuad's Ober-Commando etwa 22,000 Mann Infanterie und Cavallerie mit 42 Geschützen vereinigt. Demonstrationen an ver-. sehiedenen Punkten des Lom's sollten den Carevic über das geplante Unternehmen täuschen und an der rechtzeitigen Verstärkung des liuken Flügels der russischen Balkan-Armee verhindern. Von diesem standen unter Fürst Sviatopolk-Mirsky II. vor Elena nur die Regimenter Orel und Sievsk, das 13. Dragoner-Regiment mit 3 Batterien. Der Rest der 9. Infanterie-Division war rechts zwischen Drenovo und Travna bis zum Tipuriska poljana-Pass echelonnirt. Nördlich von Elena befehligte General Dellingshausen die 11. Infanterie-Division, welche um und bei Kesarovo die von Osmanpazar direct auf Tirnovo führende grosse Strasse besetzt hielt, ferner das früher Sahovskoi'sche XI. Armeecorps, welches die Verbindung mit der Lom-Armee herstellte. Am l.December traf Suleyman persönlich in Osmanpazar ein, um die letzten Dispositionen für seine Offensive zu treffen. Am 2. trat Fuad seinen Vormarsch Über Elesler und Ahmedli an, gleichzeitig setzte sich Kerim's Division, als rechtsseitige Colonne gegen Slatarica und Kesarovo in Bewegung, während Hussein von Sliven, als linker Flügel, über den Zuvandzi mesari-Pass und Kurtlar nach Bebrovo ging, wo er sich am 3. Abends mit Fuad vereinigte. Am nächsten Morgen griffen Beide Fürst Mirsky's vollkommen überraschte Vortruppen 0 Kilo- meter südöstlich von Elena, bei Maren, mit solcher Heftigkeit an, dass dieselben auf die Verschanzungen bei diesem Städtchen zurückgehen mussten. Raschid'« Brigade suchte nun auf dem linken Ufer des Marenbaches die Elenaer Hauptposition zu umgehen, welche Hussein Pasa, der sich ihr von N. genähert, bereits seit 11 Uhr heftig beschoss. Elena's erschreckte Bewohner flüchteten in westlicher Richtung gegen Tirnovo. Die Russen suchten sich aber mit grosser Zähigkeit in ihren um die Stadt angelegten Verschanzungen zu halten. Als jedoch um 2 Uhr Nachmittags auch die auf der Bcbrovocr Strasse energisch vordringende Brigade Abdur Rachman allmälig Terrain gewann, wurden sie aus ihren Werken in das 5 Kilometer westlichere Drenska-Dcfile" (S. 6) und nach Slatarica zurückgeworfen. Von der dort stehenden Brigade war gegen Mittag das 42. Regiment nach Elena aufgebrochen, konnte jedoch auf den tief verschneiten Gebirgswegen nur langsam vorwärts kommen und erst um 4 Uhr Nachmittags vor Elena eintreffen, als es bereits verloren war. Die Russen büssten 50 Offieiere und 1100 Mann als getödtet, verwundet oder gefangen, ferner 11 Geschütze ein, von denen 4demolirt, die anderen ihre Bespannungen verloren hatten. Auch die Türken bezifferten ihren Verlust mit 1300 Mann, wofür sie der unbestrittene Sieg frosten mochte; jedoch gelang es Dellingshausen, ihnen die Früchte desselben zu entreissen, indem er rechtzeitig alle verfügbaren Kräfte über Kapinova und Jokovci dirigirte, um Fürst Mirsky's durch zehnstündigen Kampf mit der türkischen Uebermacht erschöpften Truppen die Vertheidigung des hochwichtigen Drenska-Defile's zu ermöglichen; der ersehnte Succurs langte am 5. an. Obschon aber Suleyman am frühesten Morgen desselben Tages mit seinem Gros eine drohende Stellung Jokovci gegenüber eingenommen hatte und Raschids Brigade über Slatarica nach Dragicevo vorgedrungen war, gerieth das so erfolgreich begonnene Unternehmen in gänzliches Stocken. Es trat der gewöhnliche Fehler türkischer Generale ein: statt die errungenen Vortheile kräftig auszunützen, gönnte man sich Ruhe, begnügte sich am 5. mit einer wirkungslosen Kanonade vor dem Drenska-Defile und gestattete so Dellingshausen genügende Zeit, um die Vertheidigung der nach Tirnovo führenden Strassen zu organisiren. Fürst Mirsky erhielt von dort die 4. Schützen-Brigade zugesandt und am 6. war die von Merdan bis Jokovci stehende russische Truppenmacht so ansehnlich, dass von einem Durchbruch gegen Tirnovo keine Rede mehr sein konnte. Da Suleyman überdiess von Constantinopel telegraphisch verständigt wurde, dass Mehemed Ali keineswegs, wie geplant, über den Trojan-Pass vordringen werde, befahl er seinen Unter-Commandanten sich auf die Behauptung der eroberten Stellungen von Elena, Slatarica und Kesarovo zu beschränken. Er selbst reiste nach Ruscuk um dort einen anderen Offensivstoss gegen den Carevic zu versuchen, der, wie wir sehen werden, eben so wenig, wie jener bei Elena glückte. Er führte mit dem gleichzeitigen Falle Plevna's zum Rückzug der türkischen Lom-Armee hinter den Balkan, dem sich in der Mitte December auch Fuad's Corps bei Elena an-schloss. Die Räumung dieser hochwichtigen Stellung gestattete dem linken Flügel der russischen Balkan-Armee nach Sliven und Kazanlik hinabzusteigen und dort mit Radetzky's rechtem Flügel die Umklammerung des Reuf'schen Sipka-Corps zu bewirken. Den Verlauf dieser vollkommen geglückten Operation schilderte ich im I. Bande, S. 249. Zur leichteren Verbindung mit dem transbalkanischen Maricagebiet erbaute der Elenaer Bezirk auf eigene Kosten eine neue Strasse, welche 1872 ziemlich bis zur Vilajets-Grenze auf der Passhöhe vollendet war. Ihre erste Strecke läuft beinahe geradlinig, theilweise Uber Quarzitbänke SO. bis zum Kolibi Nevjevci und später am Osthange des Golemo Strazen mit geringen Krümmungen streng Süd. Alle Wasserdurchlässe sind ausreichend breit und solid hergestellt und der ganze Bau kann bis auf einige allzusteile Curven im Hinblick auf das schwierige Terrain und die primitiven Hilfsmittel des Landes, musterhaft genannt werden. Bei dem nur W2 St. von Elena entfernten Weiler Kusevci hat die Trace bereits 300 M. erklommen. Man passirt hierauf viele Kolibi, welche in Gruppen von 4-70 Häusern zerstreut auf den Höhen siedeln. Die Häuser sehen recht gut aus; trotzdem ist das Loos ihrer Eigner ein hartes. Kusevci, in dem wir rasteten, fand ich von den Männern ganz verlassen, sie waren auswärts auf Gelderwerb als Gärtner, Maurer u. s. w. beschäftigt; nur Greise und halberwachsene Knaben blieben bei den Frauen. Ein Haus, das 3 Dulum Feld und 20-30 Schafe besitzt, gilt hier bereits als wohlhabend, manchmal kommen noch 2 Dulum Weingarten beim fernen Fedabei hinzu, deren Ertrag aber grossentheils zum voraus an Elenaer Geldspeculanten verpfändet ist, welche dem armen Balkandzi das notwendige Geld für die Baarsteuern vorstrecken. Pferde- und Rindviehzucht beginnt erst im östlicheren Gebiete, wo auch die Schafzucht in bedeutenderem Maasstabe getrieben wird. Ein grosser Wohltäter des fortwährend im Kampfe ums Dasein ringenden Balkandzi ist der Elena's südliche Höhen beinahe ausschliesslich bewaldende Eichbaum, denn er giebt nicht nur Bau- und Brennholz, sondern auch Futter für die Herden im Winter, der hier ungemein frühzeitig eintritt. Wenn in den Thälern noch das Obst an vielen Bäumen hängt, deckt bereits Schnee^ des Balkans Spitzen und pittoreske Contraste erfreuen dann das Auge. Beim Weiler Bairuci geht es in einigen Curven abwärts zur kleinen Tanaorka, wir kreuzten sie und kletterten jenseits fortwährend hinauf zwischen Eichen, die hier, weil ihres belaubten Gezweiges zur Viehfütterung beraubt, den Eindruck von Coniferen machten. Man sieht oft am Wege sehr mächtige Stämme, schöner noch sind jene vereinzelter Buchen, und weiter ab, wo die verwüstende Menschenhand nicht eingriff, gicbt es noch prächtigen Wald. Für kommende Geschlechter, welche die barbarische Waldzerstörung in der Türkei ernstlich bedroht, hinterlegte die gütige Natur einen reichen Feuerungsschatz. Ich stiess auf denselben, ebenso unerwartet als erfreut, an einer Stelle, wo der constituirende gelbe Quarzsandstein zu Tage liegt. Die in seiner horizontal gelagerten Schichtung auftretende Schwarzkohle bildet zweifellos den östlichen Ausbiss des mehrere Meilen W. streichenden grossen Kohlenbeckens, von dem ich bereits (I. Bd. S. 254) ausführlicher sprach. Einmal aufmerksam geworden, erblickte ich auf dem Weitermarsche noch an verschiedenen Punkten das heute hier vollkommen unbenutzte werthvolle Material. Obschon die ansehnliche Kammhöhe scheinbar bereits gewonnen war, senkten wir uns nochmals hinab in einen gewaltigen Cirkus, welchen gegen S. der „Haiduci cokar" schliesst. Selten trug ein Berg mit grösserem Rechte als dieser seinen Namen, er war und ist das Lieblings-Stelldichein der Haiduken. Bei einer schwach rieselnden Quelle, wo wir einen Augenblick rasteten, rauchte noch das Lagerfeuer einer Bande, Avelche eben den Elena-Balkan unsicher machte. Vor wenigen Tagen hatten sie den Popen des hart an der Strasse gelegenen Kolibi Kusevci bei Nacht „ausgeräuchert", das heisst einen Theil seines Gehöftes in Asche gelegt, weil er nicht gutwillig öffnen wollte. Ein Jahr früher fine-dieselbe Bande eine Caravane von Kaufleuten, welche von Tirnovo zum Markte nach Sliven zog, in einem von beiden Seiten wie eine Mausefalle abgeschlossenen Hohlwege ab, worauf Mann für Mann bis auf eine schmale Wegzehrung an Geld und Waaren erleichtert wurde. Die Frechheit dieser kühnen Wegelagerer übersteigt jede Grenze. Der Hai-duk hat seine Rechnung mit der Gesellschaft fürs Leben abgeschlossen. Nur auf Schleichwegen verkehrt er mit den Seinen und oft stirbt er einsam wie ein verendendes Wild in versteckten Schluchten oder auf entlegenen Höhen; „Adler gruben ihm sein Grab" sagt das Volkslied. Mancher sündigte aber so viel, dass die Erde ihn nicht in ihrem Schoosse duldet, beispielsweise der berühmte Bandenhauptmann Indze, den sie dreimal ausspie, bis man einen todten Hund mit ihm zusammen begrub, worauf er Ruhe fand! Die türkische Regierung war leider niemals befähigt, des Haidukenthums, dieser Geisel ihrer gebirgigen Provinzen Herr zu werden. Temporär machte es allen Verkehr über einzelne Balkanpässe unmöglich und lähmte den Handel zwischen den beiderseitigen Gebieten. In politisch erregten Zeiten nahm auch das Bandenthum gewöhnlich eine religiöse Färbung an. Der moslimsche Räuber befehdete dann nur den Christen und umgekehrt; die kleinen Öeta's vereinigten sich, wählten einen bewährten Führer zum Vojvoda, einen gemeinsamen Barjaktar (Fahnenträger) und organisirten sich ganz militärisch. Zur Zeit der russisch-türkischen Kriege 1810 und 1829 waren in Liedern gefeierte Typen solcher, den Balkan unsicher machender Klephtenchefs, die aus Elena's und Sliven's Umgebung stammenden Vojvoden: Altyn Stojau (der goldene Stojan) geboren zu Kotel, Kara Tanas aus Zeravna, Zlatjo Kokaröu Oglu, der, nachdem er über dreissig Türken mit eigener Hand erlegt hatte, bei Sliven fiel, ferner Djedo Conjo aus dem Bulgarendorfe Dragudanovo südöstlich von dieser Stadt, der „bärtige Vojvoda" genannt; noch heute glaubt man, wie meines Zaptie's Erzählung bewies, an dessen Unverwundbarkeit. Zu den im Volksge-dächtniss fortlebenden Räuberhelden zählt auch Boico Vojvoda aus Ceperani, der nach zwanzigjährigem Klephtenheldenthum und merkwürdigen Schicksalen im Kampfe gegen Zciuel Pasa blieb. Von dem bereits erwähnten bedeutendsten Parteigänger bulgarischer Nationalität in russischen Diensten, von Capitän Ma-marcov (f 1816) werde ich im II. Cap. erzählen. Typen politisch-nationaler Bandenführer sind namentlich Panajot .Hitov und Filip Totjov, welche 1867 und 1868 den Balkan vergeblich zu insurgiren suchten. Ihre Legionen zählten nach Hunderten, recrutirten sich theilweise aus den intelligenten Jünglingskreisen und hatten das Aussehen regulärer Truppen. Mit Hitov, dem interessanten \erfassei eines das bulgarische Haidukcnthum schildernden Buches, dem ich die vorstehenden Daten entlehnte, werden wir uns noch eingehender beschäftigen. Auch der uns begleitende Zaptie verstand die Schauerthaten einiger „berühmter Helden" so plastisch zu schildern, dass ich, Angesichts des verrufenen „Haiduci fcokar« froh war, als wir die Passhöhe (1235 M.) ohne Abenteuer überschritten hatten. Jenseits, auf dem etwa 150 M. tieferen Doksa-Berg athmeten wir leichter auf, vor uns öffnete sich eine romantische Schlucht, über derselben traten die sanften Linien des südlichen Balkan-Parallelzuges Karadza dagh in Sicht, gegen W. dominirten aber den Einschnitt bewaldete hohe Rücken, zwischen welchen von Kilifar und Travna wenig begangene Saumpfade über den Balkan führen; unter ihnen der durch General Gurko's erste kühne Passage im Juni 18// berühmt gewordene „Hainköi bogas", nach dem gleichnamigen Dorfe so genannt. Bei den Bulgaren heisst er „Zelenskirad prohod". Sie bewohnen alle seine nördlichen und auch die höchstliegenden südlichen Orte: Sliva, Ralevci, Djurma, Zergovica, Dimovci, Zelenskirad Mahle und Konare. Dies erklärt, wesshalb die Türken erst General Gurko's Ueberschreitung des Balkans erfuhren, als er das weit südlichere moslimsche Dorf Hainköi durch Ueberrumpelung nahm. Wenig cultivirte Pfade zur Passage des Balkans giebt es übrigens in seinem östlichen niedrigen Theile sehr viele. Es erscheint daher müssig, wenn mit dem Terrain unvertraute Schriftsteller den Zug dieses oder jenes römischen Feldherrn an den einen oder anderen der wenigen auf unseren Karten verzeichneten Hauptpässe autoritativ knüpfen wollen. Wie General Gurko, dürfte auch i römisch-byzantinische Heerführer aus strategischen Rücksichten den Haemus auf derartigem, wenig gekannten Nebenwege überschritten haben. Hier möchte ich auch den neuestens von Jireöek ausgesprochenen Irrthum berichtigen, dass die ßalkanpartie zwischen Kazanlik und Sliven „die wildeste der ganzen Kette" sei. Sie ist allerdings reich an romantischen Schluchtenbildungen, doch erreicht sie entfernt nicht die landschaftliche Grossartigkeit und Schwierigkeit einzelner Passagen im Central- und West-Balkan, wie ihre häufige Benutzung im letzten Kriege durch Türken und Russen bezeugt. (S. 8). Nachdem die Türken aus Elena vertrieben waren, reinigte Oberst Sulgin's Detachement das Tvardica-Defile von Schnee und sonstigen Verkehrs-Hindernissen. Zuletzt führte Major Kardasevski 2 Schwa-dronen des 13. Dragoner-Regiments Mitte Jänner über den Haiduci cokar-Pass, um zur Besetzung von Sliven mitzuwirken. Jenseits der Doksa-Kammhöhe war Alles nacktes graues Kalkgestein, unten aber brauste der Tvardiska-Wildbach durch prächtigen Wald hin; wir hatten den Kreis Eski Sagra im Adrianopler Vilajet betreten. Unser Weg glich anfänglich Montenegro's berüchtigten Saumpfaden. Die neue Strasse von Jeni Sagra nach Elena war von S. her nur bis Tvardica vollendet und der Abstieg dahin abscheulich. Anfänglich ging es SO., eine Wegcurve nahm aber bald SW. und brachte uns über eine verfallene Holzbrücke in den tieferen Theil des Defile's, dessen bizarr geformte granitische Gneiss- Felsen und Nadeln mit grotesken Vorsprängen das Auge fortwährend angenehm beschäftigten. Wenige entschlossene Leute mit einigen gut postirten Berggeschützen vermöchten hier ein starkes Corps aufzuhalten. Diesem Hauptschlüssel der Passage folgt eine Partie von sanfterem Charakter mit einzelnen kleinen Haferfeldern und Tabakculturen zwischen hübschen Laubgehölzen. Bisher war uns keine Menschenseelc begegnet. Die erste Staffage trafen wir bei der pfeilschnell fliessenden Tvardiska an schattiger Stelle malerisch gelagert. Es war ein älterer Bulgare mit seinem Sohne, von der Sonne gebräunte derbknochige Gestalten, welche auf zwei Pferden je 2 Bogöa zu 45 Oka, zusammen also 4'/a Zoll-Centner thrakischen Tabaks aufgeladen hatten. Der Händler oder richtiger Schwärzer aus Bebrovo erzählte, dass er seinen Tabak im nahen Öanakci an der Tundza gekauft, ihn, um dem unvernünftigen djumruk (Zoll) zu entgehen, vorläufig nach einem Vororte Tirnovo's führe, in welcher Stadt man ihn gut bezahle. Ich suchte mich über den Handel zu orientiren und hörte, dass der Pasa von Tirnovo durch die willkührliche Erhöhung der Vergieh-Steuer auf 6 Piaster pro Oka ordinären Tabaks den Schmuggel hervorgerufen hatte. „Seht Effendim, zu Canakci musste ich den Tabak mit 5 Piastern pro Oka kaufen, wenn das Kismet will, erhalte ich in Tirnovo 10 Piaster für dieselbe; bedenkt den weiten Weg, die Mühe ihn über den Balkan zu schaffen,' da ist es wohl unmöglich dem Pasa höhere Vergieh zu bezahlen!" Mir leuchtete der Calctil vollkommen ein, ebenso dem mit den Verhältnissen vertrauten Zaptie, der ihn bestätigte; allein türkische Finanzkttnstler kümmerten sich wenig um die Realität der Dinge und ob des Sultans Unterthanen mit seinem Regiment zufrieden; sie dachten stets nur an den raschen Wechsel der Beamten und sorgten, dass eine unvorhergesehene Dienstentsetzung sie nicht mit leerer Tasche treffe. Im Kleinen huldigte mein Zaptie demselben System. Er entnahm jedem Bogca einige der schönsten Tabakbüschel, steckte sie schmunzelnd in seinen Bissak und Hess nach dieser bescheidenen Brandschatzung die beiden Schwärzer ruhig weiterziehen. Wir waren nahezu 800 M. herabgestiegen, als sich bei einer Mühle plötzlich das Defile erweiterte und der neben dem Ferdisbache laufende schmale Reitpfad auf eine von Bergen umschlossene Hochebene hinausführte. Sie liegt halbinselartig zwischen dem Balkan und Karadza dagh, von letzterem durch die im grossen Bogen gegen S. fliessende Tundza, von ersterem durch die nach 0. und W. laufenden Bäche Tvardiska und Bela rjeka getrennt. Der erste volle Tag im Sattel wirkt immer angreifend, auch war mein Dragoman so ungeschickt, meine grosse Cutura mit Slivenwein gleich am ersten Halteplatze zu vergessen; so fühlte ich mich durstig und müde zugleich und wai zufrieden am breiten Ausgange des Ferdis-Defile in 386 M. Seehöhe auf das Dorf Tvardica zu Stessen. Der Empfang im Öorbasihause war kein besondeis freundlicher. Der trotzig blickende Eigner klagte über den allgemeinen Zaptie-brauch, durchziehende Fremde stets nur im bulgarischen Mahle einzuquartieren. „Geht einmal auch zum Muhtar, seh't ob er seinen Hausfrieden leichthin stören lässt, ob er Euch aufnimmt!" Der Wortwechsel drohte in Thätlichkeiten auszuarten, mein sich beleidigt fühlender Zaptie schwor bei weiterem Widerstande von seiner Waffe Gebrauch zu machen; ich endete die peinliche Scene, verhess das ungastliche Gehöft und zwang so den erbitterten Zaptie mit mir den etwas entlegenen Ortshan aufzusuchen. Er war mehr als bescheiden, doch fand ich ein reinliches Zimmerchen und durch Vermittlung des herbeigeholten Subasi gelang es auch Gerste in dem armseligen Dorfe für unsere müden Pferde aufzutreiben. Der früher stille Hof belebte sich bald, des Handzi's Familie kehrte ach Seelen stark vom Felde heim und etwas später bezog auch der kleine Viehstand seine nächtlichen Hürden. Die Sonne schied von der schönen Hochebene; jenseits lagen die Vorberge des Karadza dagh, dessen türkischer Name seinen dunklen Localton treffend charakterisirt, bereits tief im Schatten. Lange sass ich vor dem Häuschen, das friedliche Landschaftsbild betrachtend, über dem das orientirende Siebengestirn mit hellem Glänze vom Sternenmecre sich löste. Die Gedanken wanderten, mich in liebe Erinnerungen versenkend, zur Heimatb. Meine XIII. Passage der Balkankette und erste dieser Heise fand ihren schönsten Abschluss. Das nächste Tagesziel war Sliven, die grosse und schicksalsreiche Mutes-sarif-Stadt. Die ersten Frühstunden sind die günstigsten zum Reisen in den wenig bewaldeten Gebieten am Balkan-Südrandc; ich brach deshalb zeitlich auf und noch in vollster Morgenfrische ritten wir über den schmalen Sporn, welcher den Ferdisbach von der Bela rjeka trennt. Mit letzterer parallel zogen wir hierauf W. 0. hart am felsigen Balkanhange nach Dzumali, das Tttrkcndorf Oresari (üirk. Öeltekdzi) am Fusse der grünen Medzelik planina rechts lassend. Mehrere Balkanbäche durchschnitten hier rechtwinkelig die an einzelnen Stellen bebaute Hochebene, selten unterbrach ein Tumulus oder isolirter Granitfels die Fläche, und grössere Bäume waren nur wenige im weiten Umkreise zu erblicken. Im Schatten eines kleinen Hains, beim moslimschen Dorfe Terzioba nahmen wir unser frugales Frühstück. Mein Zaptie aus Elena war das Gegentheil seiner oft schweigsamen Collegen. Während der türkische Geleitreiter gewöhnlich nur auf specielle Fragen antwortet, benützte Jussuf jeden Anlass, eine passende oder überflüssige Bemerkung anzubringen. Diesmal würzte er unsere kurze Rast mit etymologischen Excurscn und allerlei Scherzen über die komischen Ortsnamen: Esekli (Eselsdorf), Köpekli (Hundsdorf), Svinare (Schweinsdorf) u. s. w. Er frug, ob auch im Lande der „Nemci" (Deutschen) ähnliche Bezeichnungen vorkämen, und als ich dies bejahte, endete er etwas verblüfft seinen philologischen Vortrag mit der Namens-Erklärung jenes Dorfes, auf dessen Wiesen wir lagerten. Terzioba (Schneiderdorf), erzählte er, wurde nach einem Meister von der Scheere genannt, welcher zuerst sich dort angesiedelt hatte. Gleichen die heutigen Gehöfte ihrem Originalmodell, so muss das Schneidcrhaus höchst armselig gewesen sein. Primitive Lehmmauern tragen modernde Strohdächer, welche durch aufgelegte Holzstangcn vor der Entführung durch gefährdende Balkanstürme geschützt werden. Weiter näherte sich unser Weg der einem tiefen Balkaneinschnitte entströmenden Bela, wir traten in ein ungemein pittoreskes Engdefilö, an dessen zerklüfteten grauen Kalkfelsen ihr smaragdgrün leuchtendes Wasser in unzähligen Cascaden sich brach. Im Frühjahre steigt es oft bis auf 3 M. Höhe; eine vollkommen zerstörte Mühle erzählte von seiner dann furchtbaren Gewalt. Der Reitpfad durch das Defile wurde mühsam den Felsen abgerungen, deren drohend Uber uns hängendes Gestein Lust zu haben schien, den colossalen Trümmern im engen Bachbette nachzustürzen. Trotz der »nach oben sich wölbenden Bläue herrschte bedrückende Oede in dem nur spärliche Vegetation zeigenden Steinchaos, das erst bei Binkos sein Ende erreicht. Dort, unmittelbar am Ausgange des Defile's, mündet die Bela' in der breiten Tundza, welche an keinem anderen Punkte ihres langen Laufes so nahe wie hier den Fuss des Balkans berührt. Eine kurze Strecke fliesst sie hart an seinem Hange hin, als wollte sie dem classischen Haemus, dem Lieblingssitze des Sängers Orpheus (II. Bd. S. 121) noch ihre Huldigung darbringen, bevor sie den bisherigen Lauf W. 0. verlässt und mit gähem Knicke SO. in weitgespanntem Bogen der Marica zufliesst. Zaptie Jussuf ritt durch die seichte Bela und holte aus dem nahen Binkos einige Insassen herbei, welche mit grösster Bereitwilligkeit meine topographisch-statistischen Fragen beantworteten. Dein kleinen Türkendorfe mit 35 Häusern gegenüber liegt das moslimsche Jürükler, hart am Fusse des Karadza dagh, der uns nun fortan treu zur rechten Seite blieb. Hier ist wohl der passende Ort, über diesen, für die Urographie des südlichen Balkangebietes wichtigen Höhenzug einige Erklärungen zu geben. Der südlich von Sliven ansteigende Karadza dagh (Schwarzes Gebirge) wird durch eine breite 0. W. verlaufende Dislocationsspalte vom Balkan getrennt, dessen charakteristisches Begleitgebirge er auf volle 15 geogr. Meilen Länge bildet Entlang dieser weiten Ausdehnung bespült die Tundza seinen Nordhang; bei Kazanlik ist ihr Thal über eine Meile breit, stellenweise aber, z. B. bei Binkos und Jesekci, ist es sehr enge und des Balkans und Karadza dagh's Sporne sind dort kaum V2 Stunde von einander entfernt. Der höchste Punkt der guten Strasse, welche aus dem Tundzathal nach Eski Sagra über den Karadza dagh führt, misst über 500 M.; durchschnittlich erreicht aber seine Kammhöhe 7—800 M. und sein höchster Punkt Gerküv Kamen, SW. von Kazanlik, über 1100 M. Weiter gegen NW. verbindet ein 700 M. hoher Granitsattel bei Kalofer den Karadza dagh mit dem Balkan. Seine natürliche westliche Fortsetzung findet der Karadza dagh in der „Sredna gora", die bei Kalofer vom Balkan durch die Giopsu-Spalte getrennt wird (II. Bd. S. 132). Der Karadza dagh ist bisher wenig geologisch erforscht. Nach Boue und Lennox constituirt er sich theilweise aus primären Gesteinen, Hochstetter vermuthet aber, dass seine höchste westliche Partie aus triassischcn Gesteinen besteht. Auf dem Uebergange von Eski Sagra nach Kazanlik stiess er wenigstens auf krystallinischcn Crinoidcnkalk und am Nordrande lagern dort mächtige Löss- und Kalktuffschichtcn auf älterem Gestein, das in tieferen Wasserrissen als Gneiss und Granit zu Tage tritt. Noch weit intensiver tritt letzterer am Westfusse des Karadza dagh auf. Gegen S. folgen auf Kalke, ro%efärbte Sandsteine und Quarzitzüge. Der gesammte östliche Südhang des Gebirges zwischen Öirpan und Dzinovo gehört aber der Kreidelorma-.tion an, in der Mergel, Tuffsandstein u. s. w. vertreten sind. In grellem Contraste zu den von hohen Porphyrkuppen überragten nackten Balkan-Gneisshängen, an welchen ich hinzog, erschien das Alluvium-Anland der Tundzaebene grossentheils cultivirt. Gleich jenseits des breiten Tundza-Geröll- Kunitz, Üonuu-Iiiilganuii und der Balkan. III. bettes bei Binkos wird Tabak gebaut, der mit 5—8 Piastern pro Oka bezahlt wird, an Güte bleibt er jedoch hinter dem von Alebos, Ekisdzc und Lidza zurück, welche im Kufe stehen, das beste Blatt in diesen Gegenden zu produciren. Bei Strupec (t. Serbia) gehen die Culturen am Hange des Karadza dagh hoch hinauf, weiter bei Karasarli (241 M.) zeigt das linke Flussufer schöne Obstwäldchen und auch Wein gedeiht vortrefflich. Jedenfalls ist der Wohlstand der hier grösstenteils moslimsclien Ansiedlungen höher, als ihre ärmliche Aussenseite und die aschfarbigen Strohdächer es vermuten lassen. Kurz vor Karasarli unterbricht ein vollkommen isolirter Porphyrberg zwischen zwei rechtwinkelig der Tundza zueilenden Balkanwässern die Ebene; kleinere rothbraune Andesitkuppen tauchten jenseits bei Mickarevo empor. Der ganze Boden trägt deutliche Spuren eruptiver Bildung und nahe dem letztgenannten bulgarisch-türkischen Dorfe liegt das wirksame Mineralbad „Halis Bei lidza", welches von den Slivenern im Sommer stark besucht wird. Das schon unter den Byzantinern berühmte Stlifanos und gegenwärtige Sliven ist Hauptstadt des gleichnamigen, früher zu Adrianopel gehörenden Dis-trictes; zeitweise war er vom Donau-Gouvernement abhängig, das zu Silistria, in den letzten Jahren aber zu Ruscuk residirte. Die oft rätselhafte, allen historischen und geographischen Momenten widersprechende Zusammenwerfung verschiedener Gebiete zu grösseren oder kleineren Administrationstheilen war und ist in der Türkei von vorübergehenden Verhältnissen, vom wechselnden Einflüsse der Vali, Mutessarife, Kaimakams u. s. w. bei der Pforte bedingt. Hadzi Chalfa nannte Sliven: Islemje, das nun modern-türkisch: Islemnije heisst. Es liegt auf der grossen, von häufigen Erdbeben heimgesuchten Eruptivzone hart am Süd-fusse des Balkans. Es gibt Orte, welche zu allen Zeiten und trotz der durch moderne Erfindungen total veränderten Kriegsführung hohen strategischen Werth behaupten; zu diesen zählt Sliven. Vom XII. bis XV. Jahrhunderte trugen Bulgarenherrscher aus dieser südlichen Balkanfeste ihre Waffen in das thräkisch-pontische Gebiet der byzantinischen Gegner, und von hier unternahm auch Diebitsch seinen berühmten kühnen Zug nach Adrianopel. Es kann also nicht überraschen, dass von Sliven gegen Ost und West seit Alters her verschiedene Wege über den Balkan führen. Zu den wichtigsten, auch historisch interessanten Strassenzügen zählen die von Osmanpazar und Sumla im südlichen Kazan (Kotel) zusammentreffenden und gleich wieder sich trennenden Routen, welche über Vecera und Gradcc durch die Defile"en von Sutire und Maras nach Sliven führen. In ersterem dürfte höchst wahrscheinlich an dem von der Kaiinka planina abströmenden Flüsschen das von den alten Schriftstellern oft genannte Castell Markellini gestanden haben, um welches Byzantiner und Bulgaren wiederholt stritten. Nach SLIVEN UND DER CATALKAZE-PORPHYRSTOCK. 43^278 8982441941231^7148 Sliven führt übrigens ein dritter wichtiger Weg von Kaza SW. über Nei-kovo, entlang der Selidza, und nicht minder zahlreich sind seine Verbindungen mit dem nordwestlichen Balkangebiete in der Richtung auf Tirnovo. Aus dem Süden führen verschiedene Wege zur Stadt. Zu Wagen allerdings nur von OSO. her, durch das Korudza-Defile, auf der neuen Karnabader Strasse. Kommt man aber von WSW. und ist beritten, so spart mau den weiten Umweg, indem man einen der beiden Caravaneupiade über den Sliven vorlagernden Hamann bair einschlägt. Sie sind wohl mühsamer, doch lohnend; denn des Berges schattige, von Wasser belebten Haine bilden einen prächtigen Rahmen zu der an seinem Fusse malerisch sich ausbreitenden Stadt. Schon Hadzi Chalfa bemerkte: „Durch Sliven's grossen Wasserreichthum gedeihen die Bäume dergestalt, dass der Ort unter ihrem Schatten versteckt, kaum gesehen wird"; aber auch occidentale Reisende entzückte sein Anblick und General Jochmus verglich dasselbe mit dem „paradiesischen Damascus". Sicher ist es, dass die reizende Thalidylle des Selidze-und Korudza dere, in welcher Sliven's buntes Häusergewirre, seine Moscheen, Minarete, Kirchen und Fabriken auf leicht undulirtem Grunde sich einnisteten, keine wirksamer contrastirende Folie finden könnte, als in den phantastisch gezackten, zerklüftet nackten Felsgebilden des grossartigen Catalkazc-Quarzporphyr-stockes, der aus des Thaies Baumgrün unmittelbar aufstrebend, sie nordöstlich überragt. Ich bewunderte während des Abstieges das prächtig majestätische Bild, von dem das kleinliche Menschengetriebe im Bazarviertel grell abstach. In der Vorstadt lenkte mein Zaptie nach dem neuen „Kara Dimitri han" ab; er bot, was seine sckmucke Facade versprach, treffliche Unterkunft. Sliven geniesst in bulgarischen Kreisen eine gewisse Berühmtheit. Abgesehen von seiner pittoresken Lage, seinem schwarzen feurigen Wein, der als edelster zwischen Pontus und Donau gepriesen wird, spielte es in der altbulgarischen Epoche eine hervorragende Rolle und gab auch als Geburtsstätte intelligenter, energischer Männer in den letzten Decennien wiederholt den Impuls zu oft versuchter, aber stets vergeblicher Abschüttelung der türkischen Fremdherrschaft. In alter Zeit theilte Sliven gewöhnlich die politischen Schicksale von Aidos und Mesembria. Das Gebiet des Sliven-Balkans, welcher die zum Ister und Pontus fliessenden Wasser scheidet, bildete das Object stetigen Streites zwischen den Herrschern von Bulgarien und Byzanz, da sein jeweiliger Besitzer einen der wichtigsten Schlüssel zu den nach Constantinopel führenden Strassen in Händen hielt. Nach dem Untergange der Dynastie Asen, als Georg Terterij (1288-92) ein neues Carengeschlecht im Bulgarenreiche begründete, stand das Gebiet von Sliven durch geraume Zeit unter seiner Herrschaft. Nach der Schlacht bei Adriauopel, in welcher der letzte Terteridensprosse Georg IL vom jüngeren 2* Andronikus gänzlich geschlagen winde, fiel aber das subbalkanische Gebiet vom Pontus bis Sliven, zufolge der in Bulgarien eingetretenen Anarchie, wieder an Byzanz und blieb ihm bis zur türkischen Eroberung. Diese erfolgte wahrscheinlich 1388, als Murad's Grossvezier Ali den Aidospass forcirte. Anfänglich zählte Sliven unter dem moslimschen Regiment zu den „Voinikorten", welche sich grosser Privilegien erfreuten. Sic wurden von sclbstgcwählten Voivoden verwaltet, bezahlten keine Steuern, hatten aber dafür die Verpflichtung im Kriege einige hundert Mann dem Sultan zu verschiedenen Militärdiensten zu stellen. Bei Kazan werde ich ausführlicher von dieser merkwürdigen Institution Murad I. sprechen, sie war ein letzter Rest staatsbürgerlicher Rechte der unterworfenen christlichen Bevölkerung; auch er wurde aber, als die Jenisserie-Herrschaft hereinbrach, im XVII. Jahrhunderte gründlich ausgetilgt und Sliven thcilte das traurige Los sämmtlicher Rajahstädte. Ein Jahrhundert später, als unter Selim III. das Osmanenreich durch den Janitscharenaufstand eine furchtbare Krise durchmachte, und das Krdzalicnthum mit dem rebellischen Pasvan Oglu Pasa in schwerster Weise auf Bulgarien lastete, schloss sich diesen aus allen Nationen zusammengewürfelten Banden auch Indze Voivoda, ein Slivener Bulgare, mit einigen hundert Reitern an, dessen romantische Thaten heute noch in Liedern besungen werden. Sein Weib, eines Popen Tochter, begleitete ihn zu Pferde, sein barjaktar (Fahnenträger) war Kara-koljo aus Omarcevo bei Jeni Sagra. Indze war etwas menschlicher als der berüchtigte Tokakcija, als Deli Kadir (der verrückte Kadir) und andere türkische Führer. Selbst Constantinopel bedrohten diese Schaaren; in Städten und Dörfern gemachte Beute schleppten sie in ihre Standlager am Balkan und Rhodope, in welchen die prachtvoll gekleideten Räuber mit entführten Frauen, Mädchen und Knaben in rauschenden Orgien sich vergnügten. Pasvan Oglu's Cavallerie recru-tirte sich gleichfalls theilweise aus Bulgaren. Unter ihren Führern that sich namentlich Kondo hervor. Ranke nannte ihn einen Albanescn, Källay einen Cincaren; er stammte aber gleich Indze aus Sliven, machte sich in dessen Umgebung als kühner Haiduke gefürchtet, schloss sich sodann türkischen Krdzalien an und kam mit ihnen bis nach Serbien. Dort schlug er sich jedoch zur nationalen Sache und Kondo war es, der am 12. Dec. 1806 am frühesten Morgen mit dem Serben Uzun Mirko und 5 Momken in Belgrad's befestigte „varos" sich einschlich, die türkische Thorwache überrumpelte, so dem serbischen Führer Miloje Belgrad's Einnahme ermöglichend. Um 10 Uhr war sie vollendet und des kühnen Bulgaren verwegene That warf die Türken auf die Citadelle zurück. Während die Bulgaren vom XV. bis zu Anfang unseres Jahrhunderts ihren kriegerischen Thatendurst nur im Dienste der Türken oder Serben stillten, erwachte seit der griechischen Revolution auch bei ihnen in tatkräftigen Männern der Gedanke an die nationale Befreiung; er reifte 1828 mit dem Erscheinen der Russen in den Balkangegenden zu vereinzelten Erhebungen gegen den gemeinsamen moslimschen Feind. Am 14. August 1829 forcirte General Montresor die das thrakische Sudland öffnenden Thore bei Sliven durch ein kühnes Wagniss, indem er mit nur 5000 Mann und 4 Kanonen, den auf Sumla sich stützenden Soliman Pasa aus dem leicht zu vertheidigenden Sutire-Defile delogirte und die Stadt besetzte. Die Türken flohen von Kosaken verfolgt; die christlichen Stadtbewohner kamen aber den Siegern in feierlicher Procession mit Kreuz, Weihwasser, Brod und Salz entgegen. Das 30. Jägerregiment blieb in Sliven, das nun ein wichtiger Stützpunkt der russischen Unternehmung gegen Adrianopel wurde. Dies war der Moment, in dem der eingeborene bulgarische Capitän Gjorgje Stoikov Mamarcov die Rajah zu allgemeiner Schilderhebung aufforderte. 500 Freiwillige zogen mit ihm nach dem türkischerseits gleichfalls geräumten Kotel (Kazan), um dessen streitbare Bevölkerung zu insurgiren und sodann vereinigt, in der von den Russen unbesetzt gelassenen Carenstadt Tirnovo das bulgarische Unabhängigkeitsbanner aufzupflanzen. Der mit dem Friedensabschlusse bereits beschäftigte Marschall Diebitsch trat jedoch Mamarcovs Beginnen energisch entgegen. Bulgarische Deputationen vertröstete er auf kommende Zeiten und mit dem § 13. des ratificirten Adrianopler Vertrages, welcher ihnen durch 18 Monate den freien Verkauf ihres Besitzes und die Auswanderung nach Russland gestattete. Ein wahres Exodusfieber bemächtigte sich der enttäuschten, für bewiesene russische Sympathien und Unabhängigkeitsgelüste die türkische Rache fürchtenden Bulgaren. Die Generale Roth und Montresor hatten viel zu thun, den riesig anschwellenden Exodus einzudämmen; «ein Mittelpunkt wurde Sliven und der dortige unbeliebte russische Consul Vas-cenko sein Leiter. Die Zurückgebliebenen stachelte aber der Drang nach Befreiung stets von Neuem zu vereinzelten Thaten und in jedem Aufstandsversuche standen Slivener Söhne an der Spitze. Auch der vielgenannte Vojvode Panajot Hitov, von dem ich wiederholt erzählte, dann Hadzi Dimitar Asenov wurden 1830 und 1840 hier geboren. Durch die bedeutende Emigration im J. 1829 verlor Sliven gleich den meisten ostbulgarischen Städten nahezu die Hälfte seiner Bevölkerung. Der Primate Jo-vancov, ein von den Russen und Grossvezier Mehemed Selim Pasa gleich «eingeschätzter Bulgare, versicherte dem, Sliven im J. 1847 besuchenden General Jochmus, dass bald nach dem Friedensschlüsse die Einwohnerzahl durch Emigration von zwanzig auf zehn Tausend schmolz; es lag der Grosshandel vollkommen darnieder und das russische Consulat wurde, als überflüssig, 1838 aufgehoben. Im Laufe der letzten dreissig Jahre erreichte Sliveii allmälig seine frühere Prosperität und 1872 fand ich dort gegen 4000 Familien, also nahezu 22,000 Seelen, zu gleichen Theilen Türken und Bulgaren; Armenier, Griechen, Juden und Zigeuner wurden zusammen auf kaum 3000 Köpfe geschätzt. Die Garnison bestand aus einem schwachen Infanterieregiment, einigen Escadroncn Cavallcrie und einer Batterie. Man erhöhte dieselbe während des letzten Krieges auf eine Division, deren energische Mitwirkung bei Elena's Eroberung im Deccmber 1877 ich auf S. 9 erzählte. Als nach Plevna's Fall die türkische Lom-Armee nach Thrakien abzog, passirten Fuad Pasa's beide Divisionen, nachdem sie Slatarica und Elena geräumt, am 22. Dec. Sliven; dort stiess die neugebildete Division Rassim Pasa zu ihnen, worauf erstere nach Filipopel marschirten, letztere zur Verstärkung der Sipka-Armee nach Kazanlik dirigirt wurde. Bald darauf kam Oberst Baklanoff mit dem 23. Don-Kosaken-Regiment über den Zuvandzi mesari-Pass herab; Major Kardasevsky aber mit 2 Schwadronen von Elena auf demselben Wege, den ich in diesem Capitel schilderte, um Sliven zu besetzen. Am 16. Jänner vereinigten sie sich dort, und säuberten nun die Strasse bis Karnabad von feindlichen Banden. Das anfänglich von den Küssen verwaltete Sliven machte seinem Türkenhasse dadurch Luft, dass es sofort die Mehrzahl der moslimschen Bethäuser zerstörte. Vom Haniam bair zählte ich 1872: 10 Minarete, obschon viele durch Bäume gedeckt waren; architektonisch fand ich aber Moscheen und Medresse werthlos wie seine Bäder, wie die Synagoge und 4 Kirchen, von welchen eine den Armeniern gehört. Für den Unterricht sorgten eine Rudschidieh, mehrere Mek-tebs, dann einige Knaben- und Mädchenschulen der verschiedenen Confessionen; früher war die bulgarische Jugend auf jene der griechischen Gemeinde angewiesen vor 15 Jahren gründete man aber bulgarische Lehranstalten, und höhere Bildung anstrebende Jünglinge wanderten seit dem nationalen Kampfe mit dem Fanar, nicht mehr nach Athen, sondern ins Ausland, besonders nach Russland und Oesterreich. Im Casino traf ich junge Kaufleute und Lehrer, welche Paris, Wien und London genau kannten, andere hatten Odessa, Kiev, Petersburg besucht. Ueberhaupt charakterisirt den Slivener Bulgaren eine grosse Elasticität, die sich vielleicht durch enges Zusammenleben mit dem rastlos thätigen Griechenthum erklärt; es ist ein schöner Menschenschlag, die Mädchen sind schlank, ihre Augen schwarz und die Zähne prächtig. Sliven besitzt eine sehr ausgebildete Hausindustrie. In der Carsi wurde ich auf langhaarige Wolldecken aufmerksam gemacht, welche sich eines begründeten Rufes und grossen Absatzes in der östlichen Türkei erfreuen. Schon Hadzi Chalfa erzählte, dass Slivens Einwohner grösstentheils „Kotzenmacher" seien; doch sträubte sich sein asiatischer Stolz dagegen, die Vorzüge ihres Fabrikates vor dem von Angora und Begpazar der Geschicklichkeit des Arbeiters zuzuschreiben; er fand sie lieber in „Slivens Wasser und Luft". Auch die Woll- fabrikation wird in der Stadt und den ihr nahen Dörfern schwunghaft betrieben, an allen Bächen wird Wolle gewaschen und auf sonnigen Lehnen zum Trocknen ausgebreitet. Hauptkäufer war die staatliche Militärtuchfabrik, welche hier n 1834 zur Uniformirung der neuen Ni-zamtruppe gegründet wurde. Weithin sichtbar mit Thurm, Flaggenbaum und Minaret, liegt sie, die Stadt dominirend, an ihrem nordöstlichen Ende, hart am Ausgange des wasserreichen Selidze-Defile. Als Sliven's grösster Sehenswürdigkeit und weil Fabriken im Sultansreiche überhaupt äusserst selten, widmete ich ihr eine genaue Besichtigung, wobei ich nur bedauerte, dass ich zu sehr Laie bin, um Manipulation und Fabrikate einer vergleichenden Kritik mit unseren heimischen unterziehen zu können. Constatiren darf ich jedoch, dass in allen Theilen und Räumen des weitläufigen Gebäudes musterhafteste Reinlichkeit, Ordnung und — mindestens während meiner Anwesenheit — auch Arbeitsamkeit herrschten. Andererseits schien sich ein Uebelstand fühlbar zu machen, welcher im Korangesetze wurzelt und höchst wahrscheinlich der Ausbreitung europäischen Fabrikwesens im moslim-schen Orient überhaupt eine Schranke ziehen dürfte: ich meine das schwer zu beseitigende Hinderniss, gewisse Arbeiten von beiden Geschlechtern mit und nebeneinander besorgen zu lassen. Nur wenige türkische Wittwen der ärmsten Klasse entschlossen sich zu Sliven ihren Lebensenverb in der Fabrik zu suchen. D.e Arbe.termnen, welehe ieh sah, waren meist Zigeunerinnen; trotzdem griffen auch sie, als wir grossen Sortirraum eintraten, naeh ihren Jasehmak's, um sieh zu verhüllen. Hart nebenan befand sich ein Local, wo arme Waisen-Knaben und Mädchen im Kreise hockend, die Spulen zubereiteten. An den 14 Maschinen von Houget et Teston aus Vervicrs für schwere Tücher, an 88 Webesttthlen, welche das leichtere landesübliche bräunliche Seigtuch herstellten, und auch in den Färbe-, Walk-und Packsälen traf ich nur Männer beschäftigt. Besondere Erwähnung verdient, dass im grossen Hofe der Fabrik sich eine Moschee befindet, welche den Arbeitern die Uebung ihrer religiösen Pflichten ermöglichte. In sämmtlichen Abtheilungen der Fabrik arbeiteten im Juli 1872 gegen 330 Personen von 4 Uhr Morgens bis 11 !/a Uhr, man machte hierauf >/a Stunde Mittag und endete um 8 Uhr Abend. Trotz solch langer Arbeitszeit verdienten die Weber doch nur 6 Piaster = 1*/* Mark, die Frauen 3—4, Knaben und Mädchen 2—2*/a Piaster. Die fertige Waare, blaue, rothe und graue Tücher, dann das sogenannte lichtgelbe „Aba" für Cavalleriemäntel, wurde in Stücken magazinirt Nach meinen Aufzeichnungen betrug das jährliche durchschnittliche Fabrikat 1100 Ballen (1=5 Stück zu 35 Arsin) also 192,500 türkische Ellen verschiedener Tuche, welche man auf Pferden und Kameelen nach den entfernten Militärcentren, insbesondere nach Adrianopcl verlud. Stellte sich auch das hier fabricirte Tuch für den Staat theurer als die importirte Waare, so gereichte andererseits die geopferte Mehrausgabe dem Slivcner Kreise und der Dobruca zum grossen Vortheil, da die jährlich verarbeiteten 120,000 Oka Wolle zu 10_12 Piastern per Oka ausschliesslich in diesen Landschaften angekauft wurden. Höchst anmuthigen Reiz verleihen Sliven's südlicher Umgebung ausgedehnte Maulbeerpflanzungen, welche in guten Jahren 5000 Oka Seide produciren sollen, dann ihre prächtigen Obst- und Weingärten. Was dem Ungar sein edler Tokajer, dem Serben sein Negotiner, das ist dem Bewohner der östlichen Pontusküste der schwarze, süsse und feurige Sliven wein. In den Liedern besingt man seine Kraft, in Wirklichkeit wird er eifrig getrunken und manchen Moslim hat er zum Frevel gegen Allah's Gebot verführt. Soll der Fremde in Bulgarien besonders geehrt werden, so trinkt man ihm mit einem Glase „Slivensko vino" zu; selten fehlt er im Keller eines wohlhabenden Hauses, auf grössere Entfernungen transportirt man ihn in Bocksschläuchcn, doch hält er sich leider höchstens zwei Jahre. Der Slivener Wein ist erstaunlich billig, denn seine ausgezeichnetste Qualität kostete 1872 in loco pro Oka 4 Piaster = */s Mark, geringere Sorten wurden aber in grösseren Partien nur mit 60—130 Piastern pro hundert Oka verkauft. Aelteren Wein pflegen Sliven's Aerzte gemengt mit pulverisirter Chinarinde als wirksames Mittel gegen die pernieiösen Fieber zu verordnen, welche dort zeitweilig auftreten. Vor 1870 wirkte hier Herr Dr. Gebhard aus Sachsen, die eingeborenen griechischen Collegen verleideten ihm jedoch seine Stellung; er wich ihrer Concurrenz. Obschon Slivens Handelsverkehr bedeutend genannt werden darf, fand ich das dortige Post- und Telegraphenamt in einem Locale, das aller Beschreibung spottete. Anfänglich glaubte ich mein Führer, der Hanbursche, habe falsch verstanden. Durch einen übelriechenden Hof und noch schlimmer duftenden Pferdestall kamen wir an eine niedere Thüre, die sich erst nach wiederholtem Pochen öffnete. Gähnend frug der schlaftrunkene Postadzi, dessen Kef ich zu sichtbarem Missvergnügen gestört hatte, um mein Verlangen; der Telegraphist schnarchte aber weiter im ungenirtesten Neglige auf den schmutzigen Divanpolstern, aus welchen das Stroh überall hervorguckte, und doch war es 11 Uhr Vormittags, wo oft Depeschen einzulaufen pflegten. In dem dunklen kleinen Räume herrschte grenzenlose Unordnung. Briefe, Packete, Pferdegeschirre, Laternen u. s. w. lagen am Boden, wie in einer Gerümpelkammer, bunt durch einander. Ich hatte die lebendigste Illustration vor Augen, weshalb der türkische Post- und Tcle-graphendienst an so grosser, nicht geringsten Verlass bietender Unsicherheit leidet, und wunderte mich gar nicht, dass meine nach Sliven adressirten Briefe trotz alles Suchens sich nicht vorfinden wollten. Und bei solch abschreckender Verwaltung eines Motors, dessen exaete Operation die wichtigsten Processe des Weltverkehrs vermittelt, verlangt die Pforte von den Mächten unausgesetzt die Aufhebung der internationalen, allein sicheren Postlinien. Entrüstet verliess ich das saubere „Postamt" und nahm meine zur Absendung bestimmten Briefe wieder mit, um sie auf dem langsameren, jedenfalls aber mehr Sicherheit versprechenden Privatwege über Sumla nach der Donau zu senden. Eine andere köstliche Erfahrung über den Werth türkischer Functionäre machte ich im Konak des Mutessarif Pasa, dessen „Serai" sich seiner architektonischen Aussenseite nach in nichts von älteren Provinzbauten unterschied. Im Innern fiel mir aber das selbstbewusste Gebaren der christlichen Corbasi auf. Wiederholt corrigirten sie im versammelten Medjlisrathe, während meiner Anwesenheit, den des abwesenden Pasa's Sitz einnehmenden, höchst ignoranten Muavin, welcher das im Gespräch erwähnte nahe Bezirksstädtchen Bebrovo gar nicht kannte, auch nichts davon wusste, dass es Haiduken im Balkan gebe. „Hapsi hair", Alles ist wohl dort! wiederholte er einige Male. Der herbeigerufene Zaptie-Mulasim war jedoch anderer Meinung; mit einem „buirum Effendim" bemerkte er nachdrücklich, dass 70 Haiduken verschiedener Sorten in seinem Gefängnisse dingfest gemacht seien, noch mehr aber frei umherstreiften und einlebt die Verantwortung übernehme, mich ohne starke Escortc über den Balkan ziehen zu lassen. Ich dankte dem besorgten Effendi, nahm auch diesmal nur zwei Zaptie's und vertraute im übrigen dem schützenden „Kismet", dem allwaltenden Geschick! Im Jänner 1877 löste ein russischer Gouverneur den türkischen Pasa in der Verwaltung des Mutessariflik's Sliven ab und seit dem Berliner Congresse gehört es zu dem politischen Zwitterlande Ost-Rumelien, das seinen Schöpfern später so viel Sorge bereiten sollte. Namentlich fand die Kenitenz der Bulgaren gegen ihre durch die Grossmächte decretirte Trennung heftigen Ausdruck in den schlimmen Auftritten, welche der Besuch des ost-rumelischen Finanz-Directors Schmidt im patriotischen Sliven, heraufbeschwor! II. UEBER DEN SLIVEN-BALKAN, BEBROVO UND RAHOVICA NACH OSMANPAZAR. (XIV. Balkan-Passage.) Ketcnikschlucht. — Alte Strasse durch den Göngürmes bogas. — Neue Strassentrace über den Kara dagh. _ Camdere-Gebiet. — Djaur Bela. — Charakter der Landschaft. — Dervis jailesi. — Mordchronik am Käuberstein. — Zuvandzi mesari-Balkanpass. — Demir kapu derbend. — Türkischer Rückzug im December 1877. — Nördlicher Abstieg nach Kccidere. — Ein ethnographisch wichtiger Punkt. —Stureka's Han und Leute. — Quellen der Kcsarovska. — Physiognomie türkischer Weiler und Staffage. - Fernsicht von Ahmedli's Han. - Geognostischer Charakter. — Kriegerische Ereignisse 1877. _ Gastlicher Empfang zu Bebrovo. - Prachtstube im Han. - Kleidertracht bulgarischer Städterinnen. — Kirche und Schule. — Sociale Verhältnisse. — Mudir und Corbasi's. — Haiduken frechheit. - Verstärkung meiner Escorte. - Auf der Strasse nach Tirnovo. — Ansicht eines türkischen Mustanz über den militärischen Werth der Bulgaren. — Kloster Sv. Petar. — Pietät der Moshms für Reisende. — Slatarica. — 1877. - Lage der Klöster Sv. Cetirici und Sv. Petar. — Kirche und Römerreste zu Leskovica. — Selbstbewusste Bauern. - 1877. — Schlaflose Nacht im Han zu Rahovica. — Unerwartete Begegnung mit Mudir Hadzi Mustafa von Travna. — Heitere Geschichte wie Rahovica Bezirksstadt wurde. — Hadzi Mustafa als Richter. — Originelle Steuerzahlung. — Seidenfabrikation bei Tirnovo. — Karagiozoglu's Filatur und Schweizer Pächter. — Römische Funde zu Rahovica. -Correctur des Jantralaufes. — Kriegskarten-Industrie, Artamanoffs Karte und russische Kecognoscenten. — Auf dem Plateau bei Kesarovo. — 1877. — Abenteuer zu Dzumali. — Türkisches Gehöft. -Ethnographisches. — Eine 1877 bewahrheitete Notiz aus meinem Tagebuche von 1872. — Typus türkischer Mannosschönheit. — Auf der Strasse nach Doganlar. — In Wien gebildeter Musiker. Eski Faki's Ruinen , strategische Position und Schanze. - Aufstieg nach Osmanpazar. — Sage von seiner Gründung. — Dessen Lage und Physiognomie. — Ein Wink für Turkophile. — Im Bona han. — Ein echttürkischcr Kaimakam. — Osmanpazar's Bewohner und Gerbeizunft. — Origineller Apparat zur Lohe-Bereitung. - Bewunderung meiner Wiener Glace-Handschuhe. - Unterlassungssünden der Pforte zur Hebung der Gewerbe. - Verschleuderung der Steuern. - Ein Zug flnanciellen Schlendrians. — Osmanpazar's Entwicklungsfähigkeit. — Im Kriege 1877—78. — Strassenzuge. Nach Sliven führen, abgesehen von den bereits erwähnten Strassen und Saumpfaden, ein älterer Weg abwärts am Ketenik dere und eine neuere Fahrstrasse über Bebrovo. Letztere gehört zu den wichtigsten Balkanrouten und schon um sie in Karte zu bringen, wählte ich sie für meine XIV. Passage der Kette nach dem damals kartographisch uuerschlossenen Jantraquell-Gebiete zwi- sehen Tirnovo und Osmanpazar. Ich begann diese neue anziehende Aufgabe am prachtvollen Morgen des 5. Juli. Die Sonne meinte es gut; zu Sliven verzeichnete ich in frühester Stunde bereits 20° im Schatten, wohlthuend-erfrischte daher die Kühle in der engen Ketenikschlucht. Nach neunmaliger Kreuzung ihres von dünngesohichteten Kalkbänken durchsetzten Bachbettes, erreichten wir in einer Stunde den Punkt, wo die neugebaute Strasse sich von der durch den Göngürmes bogas (Finsterpass) ziehenden älteren abzweigt. Letztere war verödet; denn ihre Trace am Hange des Ablanovogebirges bis zum hochliegcndcn mos-limschen Komerdzi Öifflik steigt steil an und wird noch schlimmer vor dem allerdings nur eine halbe Stunde höheren Passsattcl, von dem es aber dann im rapiden Falle gegen N. abwärts nach Starcka geht. Die neue, verbesserte Fahrstrasse, aufweiche man jenseits des Ketenik abbiegt, überschreitet zuerst in NW. den niederen Kara dagli und in der folgenden Depression einige Adern des Sutlu dere (Milchbach). Stets NW. führen sodann mehrere Curven hinab in das schöne, in der südlichen Balkanvorregion tief eingebettete und viel verästelte Thalgebiet des Öam dere, an dessen direet zur Tundza fliessenden Rinnsalen 7 reintürkische Orte liegen. Nur das wohlhabende Bela (175 M.), an dem die Strasse dicht vorbeizieht, zählt einige bulgarische Häuser, weshalb es bei den Moslims „Djaur Bela" heisst. Im Schatten einer Kieseneiche machten wir dort Halt und wurden alsbald von Muhtar und Aeltesten aufs Freundlichste begrüsst, Milch, Käse und auch Eier wurden herbeigeschafft; ich dankte den Leuten für ihren gastlichen Sinn umso herzlicher, da Bela die letzte Ansiedlung bis zum transbalkanischen 5 Stunden fernen Starcka blieb. Der anmuthige landschaftliche Charakter, welchen Culturen und Obstpflanzungen bei Bela, Jeniköi und Oerendzik den südlichen Vorbergen des Balkans verleihen, wechselt sofort, wie man gegen N. das Defile" zwischen dem Gjörde dagh und Dokat Vratnik hinansteigt, der Wald verdichtet sich und dauert nahezu durch lVs St. bis zur rechts am Wege liegenden „dervis jailesi", einer sumpfigen Wiese, an deren Brunnen von türkischen Hirten gehütete riesige Büffel- und Schafherden in malerischer Gruppirung lagerten. Hier hatten wir bereits 1009 Meter erklommen und mein Gefolge stärkte sich mit einem freundlich angebotenen Milchtrunk für den letzten Theil des Aufstiegs. Ich zog einen Schluck feurigen Slivener Wein aus der Feldflasche vor, denn ein südwestlich aufsteigendes Gewitter kühlte die Luft rasch ab und heftige Windstösse, welche tiefdunkles Gewölke drohend über die Balkanhöhen jagten, verkündeten seine baldige Entladung. Die Landschaft erhielt eine düstere Färbung und warf auch ihre melancholische Stimmung ins Gemüth, das den Druck an und für sich unheimlicher Oede, nur bei ausgleichendem Sonnenschein leichter erträgt; namentlich, wenn, wie dies allgemeiner Zaptiebrauch, die an solchen Punkten haftende Mord- Chronik mit packender Realität erzählt wird, vermag selbst der Muthigste sich ihrer herabstimmenden Wirkung nicht ganz zu entziehen. Wie prächtig man, ohne das eigene Leben zu gefährden, hinter dem „Haidu-tine tas" (Räuberstein) versteckt, aus sicherem Hinterhalte ahnungslos Vorüberziehende in Christi oder Mahomed's Schooss befördern kann! Einer unserer Zap-tie's sass vom Pferde ab, legte sich hinter den deckenden Fels und steckte seinen Carabiner durch eine kaum bemerkbare Spalte. — „Seht Effendi, so streckten die Kerle hier manch braven Kameraden nieder und wegen einiger lumpiger Piaster zuletzt einen armen Zwiebelhändler; der kleine Erdhiigel mit dem Holzkreuze deckt sein Grab!" Aehnliche erheiternde Gespräche würzten die kurze Kastpause, während welcher ich den „Zuvandzi mesari-Pass" mit 1098 Meter bestimmte. Seine Einsattlung befindet sich an jenem Punkte des Sliven-Balkans, wo unsere Karten, aufs Ungewisse hin, ihren „Demir kapu derbend" hinsetzten. So heisst aber ein östlicherer Saumpfad, welcher in 6 St. von Sliven die Kamm-höhe ersteigt und jenseits, mit steilem Falle durch dichten Wald, in Va St. Stareka erreicht. Bei der Ungenauigkeit der türkischen Kriegsrelationen und Karten ist es schwer zu sagen, welchen dieser beiden Pässe Fuad Pasa auf seinem Rückzüge von Elena benützte (S. II). Von Kasan, wo er am 17. Decem-ber eintraf, begann er seinen durch heftigen Schneefall ungemein erschwerten Marsch Uber den „Demir kapu" (Eiserne Thor-Pass) nach Sliven, wobei er drei Geschütze, viele Munitionswagen, einen Theil seines Trains, sowie die Hälfte seiner Artillerie- und Cavallerie-Pferde im tiefen Schnee verlor. Unser Abstieg vom Passe ging durch prächtigen Hochwald, seine Trace ist unvergleichlich sanfter als jene des „Demir kapu"; es dauerte nahezu 2 St., bis wir unterhalb des hochliegenden Kecidere auf die stark gewellte Hochebene hinaustraten. Hier gabelte sich die Strasse in zwei Arme, W. auf Bebrovo, 0. auf Osmanpazar. Kecidere ist schon wichtig, weil durch seine Schlucht ein allerdings schwieriger Saumpfad über die Gjödc planina und Camdere am gleichnamigen Bache ins Tundzathal führt; es ist aber auch ethnographisch interessant, denn von diesem Orte gegen 0. bewohnen den nördlichen Balkan bis zur Kamm-höhe nahezu nur Türken, während man gegen W. kein einziges muslimsches Dorf findet. Auf unserem Wege nach Stareka kamen wir am Türkenweiler Kurtolar vorüber, dessen ärmliche Erscheinung den melancholischen Eindruck der Landschaft ebensowenig milderte, als das grössere Stareka. Sein alter Han nahm uns für die Nacht auf. Er gehörte zu den elendesten, und selbst für unsere Pferde verursachte es dem Handzi schwere Mühe die notwendige Gerste aufzutreiben. Kin enger Kessel, in dem aus tief eingeschnittenen Balkanschluchtcn zahlreiche Wasser zusaminenfliessen, im zerrissenen Grunde einige geräuschvolle primitive Mühlen, wie sie Professor Zverina so trefflich zu zeichnen versteht, dazu zwei armselige Mahle, in welchen wie immer Bulgaren und Türken getrennt von einander leben, das ist das leibhaftige Conterfei von Stareka, in dem ich des strömenden Regens und unserer müden Pferde wegen, zeitlicher Konak machte. Die Bulgaren, welche trotz des schlechten Wetters neugierig zum Han kamen, um etwas über des Fremden Reisezwecke zu erspähen, spiegelten im ganzen Wesen das Unerquickliche ihrer Vorpostenstellung in der gegen Osten dominirenden compacten Türkenmasse ab. Am nächsten Morgen zeigte das Firmament wieder eine geradezu wunderbare Bläue, mit Erfolg hatte auch der Handzi das Frühfutter im Dorfe erfeilscht und wir konnten aufbrechen. Hinter Stareka kreuzte unsere Bebrovoer Route den im Sliven-Balkan entspringenden Kcsarovskabach, von dessen früher ganz falsch dargestellten Lauf ich im IX. Capitel sprechen werde; sodann überstiegen wir bei Kasköi eine niedere Wasserscheide und gelangten in's Bebrovskathal, das anmuthigsten Gegensatz zur wilden Romantik der zuletzt durchzogenen Scenerie gewährte. Bewaldete Bergzüge gaben links einer wohlbebauten Hochebene Raum, auf welcher sich die Gehöfte des grossen Türkendorfes Korukköi ausbreiten. Wahrscheinlich zu grösserer Sicherung des Viehbesitzes umschlossen hohe Zäune mit starken Pfahlthoren seine isolirten 5—10 Häuser zählenden Mahle. Der fruchtbare Boden stand meist unter Anbau mit Hanf, Hafer, auch Mais; dazwischen Obstbäume, kleine Laubgehölze und ausgedehntes Wiesenland. Dieses begünstigt den starken Herdenstand; Büffel, Ochsen, Schafe, seltener Pferde, weiden in grossen Trupps auf saftigen Triften. Nicht leicht kann man sich ein lieblicheres Landschaftsidyll denken, dazu die hübsche Staffage der Bauern und Kinder, deren bunte Tracht wenig von jener der städtischen Moslims abweicht. Nur die Frauen wollten nicht in die lebensvoll farbige Scenerie hineinpassen; mit ihrer hässlichen Kopfverhüllung und den schwarzen Feredzi verunzierten sie, Vogelscheuchen ähnlich, das schöne Bild. Die trefflich gehaltene Strassenbahn war bei Ahmedli in türkischer Weise mit spitzen Kieseln gepflastert. Im bescheidenen Han des mit vielen Zigeunern gesegneten Türkendorfes Hess ich einige Hühner für uns schlachten; hier ein sehr billiger Luxus, da Geflügel in jedem Hofe massenhaft gezogen wird. Hingestreckt im Schatten der Han-Veranda blickte ich weit nach S. hinaus über die niedrige Hochebene des jenseitigen Korukköi. Trotz ungünstiger Beleuchtung wirkten die langgezogenen Profile der tiefdunklen Sliven-Balkanmasse doch ganz ausserordentlich. Wohl ist das Bild malerischer, wenn Mitte October hier Sommer und Winter miteinander kämpfen, wenn im breiten Thale unten das Grün noch frisch ist, auf seinen sanften Vorhöhen aber das Laub der vorherrschenden Eichenstände sich bereits herbstlich färbt und über diesen prächtigen vegetativen Mittelgrund die höchsten Theile des Balkanzuges mit glänzend leuchtendem Schneekleide in den tiefblauen Aether hineinragen. Während die von kurzen Adern der Türkenorte Kozderesi und Sarolar durch-rissenen Sandstein-Höhen hart an der Strasse stark abböschen, tritt das linksseitige Hochplateau bei Hendar Mahle weit zurück und nimmt den Charakter der Ebene an. Bei Uzun Alilar, kurz vor Bebrovo, schliessen die Thalgelände wieder enger zusammen. Im letzten Kriege wurde die Position SO. von Ahmedli in ein verschanztes Lager verwandelt, das als Aufnahmspunkt der zur Offensive gegen Tirnovo bestimmten türkischen Truppen diente (S. 9). Noch Anfang 1878 hielten 6 Tabors Nizam mit vielen Mustafiz diese Stellung stark besetzt. Am 6. Jänner griff sie Oberst Krasovski mit dem Jakuck-Regiment, nebst Kosaken und Artillerie heftig an, worauf ihre Vertheidiger über Stareka nach Kazan abzogen. Dies öffnete der russischen Cavallerie den bequemen Zuvandzi mesari-Balkanpass zu ihren Operationen im jenseitigen Tundzathale, in dem sie Mitte Jänner bei Kazanlik die Verbindung zwischen dem Dellinghausen'schen Jantra-Corps und Radetzki's siegreicher Sipka-Armee herstellte. Nur die östlichen Balkan-Pässe von Sliven bis Cap Emineh standen nunmehr noch den aus Nord-Bulgarien zu Constantinopels Deckung eilenden türkischen Truppen offen. Selbstverständlich litt das schöne Bebrovska-Thal durch die fortwährenden Truppenmärsche und Kämpfe ungemein. Schon Ende Juli 1877 führten Recog-noscirungen wiederholt streifende und fouragirende Kosaken-Detachements von Bebrovo über'Uzun Allar hinaus, wobei viele moslimsche Gehöfte, die früher das Thal verschönten, ausgeplündert oder eingeäschert wurden, die noch heute als hohläugige Ruinen von den Wunden des Krieges erzählen. Sie trafen auch das Städtchen Bebrovo, dessen sich die Russen, nachdem sie Tirnovo eingenommen, ohne nennenswerthen Kampf bemächtigten. Als sie jedoch am 19. August mit 500 Mann, etwas Cavallerie und 2 Geschützen versuchten, über Ahmedli hinaus vorzudringen, eilten ihnen von Stareka und Kecidere zwei dort postirte Nizam-Bataillone mit einer Escadron Salonik-Cavallerie und einigen Geschützen entgegen, welche sie über Bebrovo nach Elena zurückwarfen. Ein während des Kampfes zu Bebfbvo ausgebrochener Brand zerstörte viele Häuser; doch blieb es das Hauptquartier Fuad Pasa's, von dem aus er die Operationen gegen Elena leitete. Erst im December sah er sich durch Suleymans Misserfolge gezwungen, Bebrovo zu räumen, worauf es ein Hauptstützpunkt für die russischen Bewegungen gegen Osmanpazar und Sliven wurde. Nach dem hergestellten Frieden erholte sich das hübsche Städtchen wieder und heute, wie an jenem Tage, wo ich mich demselben von Uzun Allar näherte, bildeten die rothgedachten Häuser des 382 M. hoch liegenden Bebrovo, tiberragt von dem bescheidenen Campanile zwischen seiner Kirche und Schule, eine freund- liehe Erscheinung. Ein Empfehlungsbrief des patriotischen Buchhändlers Danov öffnete mir rasch alle Herzen; ja, die intelligenteren Bürger empfingen mich mit besonderer Auszeichnung, und gerne hätte ich die angebotene Gastfreundschaft in ÖorbaSi Hadzi Stancov's mit europäischem Anstrich eingerichteten Hause angenommen, falls mein Reiseprogramm ein längeres Verweilen gestattet hätte. Bebrovo's Häuser sind meist einstöckig und tragen zierliche Balcone. Die Illustration zeigt meines Hans Prachtstube, welche auch anderswo als im Balkanlande Effect gemacht hätte, denn ihre Decke und Fenster, der llciligcnbildschi ein, wie die an den Wänden hinlaufenden Schränke und Fensterläden, überraschten durch die grosse Schönheit ihrer verschiedenfarbigen linearen Holz-Intarsie. Meine Hanwirthin Stack, gleich den meisten Frauen bulgarischer Stadt-Primaten, in halb orientalischer, halb occidentaler, unkleidsamer Toilette, in welcher österreichische, ausser Curs gesetzte, grossgeblumte Stoffe die Hauptrolle spielen. Meine Ankunft hatte die Herren vom Medjlis rasch vereinigt. In ihrer Gesellschaft besichtigte ich die hochliegende Kirche, die bereits vor ungefähr vierzig Jahren in bescheidenen Verhältnissen erbaut wurde. Nebenan erhebt sich das ungleich hübschere, von 200 Knaben und 120 Mädchen besuchte Schulgebäude; die Bebrovoer halten darauf, dass ihr Nachwuchs sich tüchtig bilde. Das etwa 1800 Ew. zählende Städtchen glich in seinen socialen Verhältnissen dem benachbarten Elena. Auch hier wohnte ausser dem türkischen Functionär und wenigen Zaptie's kein Türke, und auch hier monopolisiren einige begüterte Personen allen Verkehr, indem sie die Industriearbeiter der nahen Weiler, welche Cocons, Seide, Holz- und Eisenfabrikate zur Stadt bringen, durch gegebene Vorschüsse ausbeuten. Diese wohlhabenden Patricier, hier Öorbasi genannt, nahmen auf alle Regierungsakte grossen Einfluss. Das Bezirksamt wurde eben von einem äusserst zuvorkommenden, aber schwachen jungen Stambuler Effendi nominell verwaltet; in Wahrheit regierten wie zu Elena, Travna und Gabrovo die einflussreichen Corbasi. Einer derselben meinte, als wir den Mudir verliessen: „Er thut Alles was wir wollen, viel hat sich bei uns im Gebirge seit zehn Jahren geändert; freilich unten im Tieflande ist es anders, da trägt der Türke noch stolz seinen Turban und drückt den Bulgaren!" Der Mudir unterhielt mich mit einer vorgefallenen Schatzgräbergeschichte, in der ein habsüchtiger Öorbasi sehr zu Schaden kam. Zu lernen war von dem Beamten nichts, er kannte seinen Bezirk weniger als ich, obschon er ihn bereits mehrere Monate lang verwaltete; freilich hatte er das Weichbild der Stadt nie verlassen, vielleicht kaum sein Haus. Seine ganze Administrations-Weisheit schöpfte er aus der sterilen türkischen Vilajets- Zeitung. Während meines Besuches litt Bebrovo, gleich Elena, durch die kühnen Raubzüge einer verwegenen Haidukeubande, welche deren Umgebung unsicher machte. BULGARISCHE PRACHTSTUBE ZU BEBROVO. Sie spottete der wenigen Gensdannen und trieb ihr Handwerk unter den Augen zweier Mudire. Kurz nachdem ich Elena verlassen, überfielen die verwegenen Strolche dessen Arzt und Todor Corbasi, einen Bruder des Erbischofs Hilarion, beim Fischen, ganz nahe bei der Stadt und plünderten sie bis auf die Leibwäsche aus. Seitdem wagte sich Niemand unbewaffnet vor die Stadt. Die beiden Mudire boten wohl die Landbevölkerung zu sogenannten „Räuberhetzen" auf, doch Panajot Hitov's Buch zeigt, wie die Haiduken solche, wenn nicht Nizamsoldaten dabei, erfolglos machten, indem sie bei nachsichtigen „Komsi" auf isolirten Weilern gastliche Aufnahme und zwischen nur ihnen bekannten Felsen immer sichere Verstecke fanden. Angesichts der steigenden Räuberfrechheit, staunte der Mudir, dass ich mit so kleiner Begleitung den verrufenen Balkan zu passiren wagte. Seine Zaptie's waren mit jenen von Elena auf eine combinirte Streifung ausgezogen, doch Hess er es sich nicht nehmen, meine Escorte durch zwei Mustafiz (Milizen) zu verstärken. Die Strasse, auf welcher ich am nächsten Morgen nach Slatarica zog, gehört zu den durch Midhat Pasa neugebauten Verkehrswegen des Jantragebiets und wurde im letzten Kriege viel benutzt (S. 9). Anfänglich läuft sie auf den Vorhöhen des Alaigunzuges, nahe dem rechten Uferrande der Bebrovska, bald kreuzten wir aber das scharfe Knie, mit dem sie plötzlich gegen NO. ins waldreiche Defile zwischen dem Keresli- und Domuslar bair einbiegt. Jenseits der soliden Brücke bleibt die Trace dauernd'NW. auf der hohen Wasserscheide, welche die tiefliegenden Bette der Elenska- und Bebrovska rjeka trennt. Sie gestattet, namentlich gegen SW. oft entzückende Fernblicke; man sieht auch in das prächtige Nachbarthal von Elena hinüber, dessen .Zinkkuppeln ab und zu, gleich Thautropfen im Sonnenlichte, aufblitzen. Das Bild bleibt fortwährend ein ungemein heiteres, die Culturen, Wäldchen und Obstpflanzungen der an den Höhen klebenden Kolibi Ganadol und Raspopci sind leicht zu unterscheiden; schroffer geformte Spitzen einzelner Berge der Längenthäler und des fernen Balkanzuges hohe Linien wahren ihm aber bei aller Friedlichkeit den Charakter der Hochregion. Auf unserem Wege herrschte ein so lebhafter Verkehr von nach Tirnovo zu Markte ziehenden Caravanen, dass ich kaum begriff, weshalb mir der Mudir die neben uns zu Fusse einherkeuchenden Mustafiz aufgenöthigt hatte. Dachte er mit diesem Beweise unnöthiger Vorsorge mir ein für seine Person billiges Coin-pliment zu machen? Jedenfalls erfolgte es auf Kosten der armen Teufel, die einen Tag auf diese Weise nutzlos opfern sollten. Sie schienen gleich zu fühlen, wie folgendes, auch sonst charakteristisches Gespräch zeigt: „Effendim, Ihr seid wohl ein grosser Bei, dass der Mudir uns so weit weg aus Uzun Alilar heute Nachts holen Hess, um Euch zu begleiten!" — „Ich bedauere es umsomehr, als die Strasse Kanltz, Donau-Bulgarien und der Balkan. III. . ganz sicher scheint; weshalb hat der Mudir aber gerade Euch holen lassen? warum gab er mir nicht Leute aus der Stadt oder von einem näheren bulgarischen Dorfe?" — „Verzeiht, aber seht Herr, der Bulgare verlässt erstlich nicht gern seine Arbeit, und dann traut man ihm nicht; denn es heisst, dass er es oft mit den Haiduken hält!" — „Glaubst du, dass der Bulgare einen guten Soldaten gäbe?" — „Warum nicht, Effendim, er ist so stark, ja flinker als wir, aber der Padischah giebt ihm nicht gerne Gewehre in die Hand, warum, Allah weiss es!" — Wahrlich, ein trauriger Staat, welcher den Untergangskeim längst vor St. Stefano in sich schloss, da er der Majorität seiner eigenen Bürger misstrauen musste. Die Ortskenntniss der beiden Mustafiz nützte mir für meine topographischen Notizen; da sie jedoch vor dem bereits zum Elenaer Bezirke gehörenden Moisleci endete, entliess ich sie dort zu ihrer grossen Freude mit Dank und Baksis. Beim genannten Weiler verschwand die schöne Fernsicht nach W., denn eine im feinkörnig glimmerigen Sandstein eingetriebene Serpentine führte hinab zum Kloster Sv. Petar. Wir Hessen es rechts und kamen in stets rascherem Abstiege über mehrere Sporne der Kara Burun mogila zur Elenska, in deren klargrüne Fluth eine am linken Ufer nahezu senkrecht aufsteigende Felswand ihr grell rc-fleetirtes Bild warf. Nahe bei Begöi Mahle nahm die im Ganzen SO.—NW. einhaltende Strasse nördlichere Richtung und nachdem wir bei Djuktluk Mahle mehrere kleine Queradern gekreuzt, erreichten wir Slatarica. Bereits wiederholt sprach ich von der humanen Einrichtung des Musafirlik, das in moslimschen Gemeinden allen Fremden, ohne religiösen Unterschied, durch 3 Tage unentgeltliche materielle Versorgung bietet. Auch die zahlreichen Brunnen erwähnte ich rühmend, welche als Allah wohlgefällige Stiftungen Mensch und Thier auf türkischen Wegen ersehnte Labung bringen. Nun stiess ich zwischen Begei und Djuktluk Mahle auf einen neuen, ich möchte sagen rührenden Beweis, mit welcher Pietät der Moslim für das Wohlbefinden der „Hadzi", und jeder Reisende hat ja im weiteren Sinne das Anrecht auf diesen Titel, zu sorgen strebt. Hart am Wege erblickte ich unter einem schattigen, zur Rast einladenden Baume ein mit der Hand leicht erreichbares primitives Gerüst, auf dem mehrere mit Wasser und Milch gefüllte Krüge, zur Verrichtung der religiösen Waschungen und Erquickung für Vorüberziehende hingestellt waren. Der Wassercomfort, welcher erst neuestens in occidentalen Grosstädten sich einzubürgern beginnt, drang längst schon vom asiatischen Orient in dessen fernste Vorländer. Das bulgarische Slatarica zählt zu den reichsten Jantraflecken; 1872 besass es: 330 Häuser, 2 Kirchen und erbaute eine treffliche Schule. Meine Rast auf der nach dem Flüsschen gehenden schattigen Veranda benutzte ich zu einer Höhen-Messung, welche aber durch unrichtige Ablesung auf der Basisstation missglüekte. Immerhin dürfte Slatarica bedeutend niedriger als Elena liegen, darauf deutet schon die veränderte Vegetation hin; denn sobald man die sich dort vereinigenden Bäche Kovacica und Elenska überschritten hat, findet man die jenseitige, gegen Tirnovo streichende Terrasse mit Mais- und Kornfeldern, grossen Obst- und Gemüsegärten, vorzüglichen Tabak- und Weinculturen bedeckt. Trotz alledem erscheint dieser gesegnete Landstrich dem vom pittoresken Balkan herankommenden Reisenden nahezu reizlos und der letzte Krieg, in dem im Dec. 1877 um Slatarica's Besitz wiederholt gekämpft wurde (S. 10), trug wohl auch nicht dazu bei, die Physiognomie dieses Landstrichs freundlicher zu gestalten. Bei Merdan kreuzten wir die kleine Öertovica, in deren tiefem Einschnitte das Klösterchen Sv. Öetiri deset raucenici (S. 5) sich verbirgt. Stolz, ja herausfordernd blickte vom allmälig näher tretenden Tirnovoer Hochplateau hingegen, als kühne Ausnahme unter spätbulgarisch-mönchischen Heilstätten, das bereits im I. Bande, S. 178 geschilderte Kloster Sv. Petar leuchtthurmartig ins türkische Land hinein. Ich begrüsste es als trauten Bekannten und erreichte bald darauf das zu seinen Füssen liegende stadtähnliche Bulgarendorf Leskovica. Dort Hess ich mich sofort von seinem Öorbasi zur neuen Kirche Sv. Nikola führen, welche durch Grösse und Schönheit geradezu überrascht. Sie wurde 1856, von einem zu Bucukovci im Gabrovoer Kreise geborenen Bulgaren erbaut. Meine Zeichnung giebt eine Idee von Meister Dosi's Werk, aber lange nicht von seinem in construc-tiven und decorativen Details bethätigten architektonischen Witze. An der Westseite der Kirche wurde ich auf einen römischen Votivstein aufmerksam, welchen eine Frau mit zwei Söhnen „dem Gatten und Vater Severus" gesetzt. Er misst 2 M. Höhe, 1 M. Breite und zeigt zwischen 2 Säulen den Gefeierten hoch zu Hosse, in primitivem Relief; besser ist das die Inschrift umrahmende Laubgewinde sculptirt. Der Stein wurde vor etwa 25 Jahren im Fundamente der alten Kirche beim Abbruche gefunden und dürfte sich von irgend einer nahen antiken Niederlassung nach Leskovica verirrt haben, ähnlich wie mehrere römische Säulen auf dem angrenzenden Kirchhofe, welche, wie man mir erzählte, von der Ribarska planina herrühren. In Miene und Haltung der Dorfinsassen und Öorbasi äusserte sich ein gewisser Stolz, ein an Protzenthum streifendes Selbstbewusstsein, wie ich es nie zuvor bei bulgarischen Bauern sah. Viele trugen die städtische dunkelblaue, schwarz verschnürte Tuchtracht, und thaten sich viel auf ihre Bekanntschaft mit fernen Landen zu Gute. In manchen Gewerben geschickt, namentlich berühmt als ausgezeichnete Gemüsebauer, ziehen sie mit Sommeranbruch meist in die Fremde, von wo sie, bei ihrer sparsamen Lebensweise, mit reichem Gelderwerb im Winter zu den daheim gebliebenen Familien zurückkehren. Im December 1877, als die Türken bei ihrem versuchten Offensivstosse auf Tirnovo bis Merdan vor- drangen, flüchteten Leskovica's Bewohner meist dahin. Nur wenige blieben zurück und betteten die für ihre Befreiung gefallenen Russen auf dem poetischen Dorfkirchhofe. In Görna Rahovica traf ich spät am Abend ein, als bereits Stille in seiner langen Carsi herrschte. Man zieht sich in bulgarischen Städtchen zeitlich in den engsten Kreis der Familie zurück und ich verzichtete deshalb das gastliche Haus meines vorjährigen Wirthes aufzusuchen. Diese allzu grosse Rücksicht sollte mir eine schlaflose Nacht kosten; denn im Han, welchen unser Zaptie als Sv. Nikolakirche zu Leskovica. besten empfohlen, sangen oder richtiger brüllten im unteren Schenkraume einige junge Bacchusbrüder in unmelodischster Weise sich heiser; oben im mir zugewiesenen möbellosen Schlafgemache fühlten sich aber Ratten, Mäuse und anderes Gethier so heimisch, dass sobald ich das Licht auslöschte, die kleinen und grossen Nager aus Winkeln, Fugen und Löchern hervorkrochen und auf ihrer Jagd nach essbaren Resten ganz ungenirt herumkribbelten. Als einige sogar ihre Promenade über meine Decke ausdehnten, räumte ich nothgedrungen das Feld und suchte mich auf dem luftigen Cardak so gut als möglich zu betten. Nun war ich aber vom Regen in die Traufe gelangt, das Schnarchduett meines Dragomans und Zaptie's, welche sich bereits früher dort angesiedelt hatten, spot- tcte meiner Anstrengung in das Reich der Träume hinüber zu wandern, und nachdem ich, weil furchtbar ermüdet, doch ein wenig zu schlummern begann, weckte der erste Hahnruf jenes fatale Wettconcert aus hundert Hühnerkehlen, das man in einem Bulgarendorfe selbst gehört haben muss, um dessen Schlaf verscheuchende Wirkung zu begreifen. Es kam mir geradezu ironisch vor, als der zeitlich Morgens erschienene Handzi sich erkundigte, wie ich geschlafen; erst einige Tassen echttürkischen Kaffee's stellten meinen gewohnten Gleichmuth wieder her. Im Gespräche mit dem Wirthe war ich nicht wenig erstaunt zu hören, dass ich die Nacht nicht in einem Dorfe, sondern in einer Stadt so erquicklich verbracht hatte. Durch Kismets Gunst war Rahovica nämlich seit meinem vorjährigen Besuche Verwaltungscentrum eines neugeschaffenen Bezirkes geworden und bald wusste ich auch, dass an seiner Spitze Hadzi Mustafa, der lustige Mudir von Travna stand, dessen tollen Wesens sich der Leser vielleicht noch aus dem I. Bande erinnert. So früh als es sich nur immer mit orientalischer Convenienz vertrug, ritt ich nach dem Mudirkonak. Da sass der stets heitere Effendi leibhaftig vor mir in Mitte vieler Papierstreifeu, neben ihm sein Windspiel und Kätzchen; nur Ali, der alte Zigeuner fehlte, um das Bild von Travna vollständig zu machen. Durch den schwarzen runden Kopf gingen viele Dinge bunt durcheinander, und erst nachdem ich unzählige müssige Fragen beantwortet, vermochte ich meine Neugierde zu befriedigen, wie Rahovica über Nacht vom Dorfe zur Stadt avancirt war. Die Geschichte klingt lustig genug und wirft ein zu köstliches Licht auf türkische Administration-Verhältnisse, als dass ich sie hier unterdrücken darf. Schon im I. Bande, S. 257 erzählte ich, wie Hadzi Mustafa sich als einstiger Öibukdzi beim Mutessarif Haidar Bei durch seine lustigen Einfälle so beliebt zu machen verstand, dass er ihn mit der Travnacr Bezirkshauptmannsstelle belohnte. Nun liegt aber Travna mehrere Stunden von Tirnovo entfernt und Haidar Bei empfand schwer den Abgang seines stets heiteren, mit tollen Einfällen gesegneten Mustafa; er sehnte sich nach ihm und da einem Mutessarif viel erlaubt ist, so wusste er es durchzusetzen, dass vor Tirnovo's Thoren, aus den 5 Orten: Arbanas, Kaltinica, Leskovec, Dolna und Görna Rahovica ein Mudirlik errichtet und sein ihm unentbehrlicher Lustigmacher Mustafa zu dessen Verweser ernannt wurde! Wohl gehörte der Tirnovoer Kreis zu den ausgedehntesten Bulgariens, während aber die Orte an der Osma, vor wie nach, in allen Händeln ihr Recht mit grossem Zeitverluste im weit entfernten Tirnovo suchen mussten, schuf eines Pasa's Laune dicht neben seiner Stadt und ihren Centraibehörden einen Bezirk im Kreise, dessen Absurdität sofort auf der Karte ins Auge fällt Wofür wäre ein Pasa aber Pasa, wenn er im Machtbesitze sich nicht souverän fühlen dürfte! Der Moralist Midhat war fern in Bagdad, so konnte es sich Haidar erlauben, seinem die Langeweile scheuchenden Liebling Mustafa ein Tkrönehen dicht neben dem eigenen Throne zu bauen — und wahrhaftig, ich begriff es; denn Freund Hadzi Mustafa erfreute sich toller Einfälle, wie nicht leicht ein zweites Menschenkind! „Und was soll ich im nächsten Jahre aus meinem Bezirke auf Euere Ausstellung nach Wien senden? etwa bulgarische Schweine? Hei, hei, ich habe es schon, was meint Ihr, ich schicke ein Kudcl Zigeuner dahin, welche den Steuerzahlung zu Rahovica. Leuten, ohne dass es bemerkt wird, die Knöpfe vom Kleide herabstehlen, dies macht sicher Aufsehen!" — Dabei brüllte der türkische Functionär sein stereotypes Ha, ha! so herzlich heraus, dass man unwillkürlich mitlachen musste. Trotz der frühen Stunde sammelten sich während unseres Gesprächs viele dienten auf der dem Amtsgemache vorliegenden Veranda, denn eigentliche Kanzleistunden kennt man im Oriente nicht. „Seht, so geht's vom Morgen bis zum Abend, die Leute sind wie toll mit dem Processiren und namentlich der verdammte Pferdemarkt giebt mir viel zu schaffen. Oft sind da 300 Pferde zum Verkaufe, so ein geriebener Zigeuner setzt sich auf das schönste, als wollt' er es probiren, ist aber auf einmal verschwunden. Wo soll ich nun den persevenk (unübersetzbar) aufsuchen! — Da ist ein Anderer welcher klagt, der Schuhmacher habe ihm die Schuhe um die Hälfte zu klein gemacht und verlange doch Bezahlung, was kann ich dafür, ha, ha!" — Die Art, wie Mudir Mustafa die mit sehr viel Redseligkeit wegen Bagatellen klagenden Parteien verhörte und scheinbar verworrenste Händel, ohne eine Feder zu rühren, rasch entschied, unterhielt mich im hohen Grade; die Parteien, welche es anging, mochten aber finden, dass der Richter vor dem Spassmacher zurücktrete und oft närrischen Witzen zuliebe Urtheile fälle, deren Kosten der eine oder andere Theil ungerechtfertigt tragen musste. Bei alledem war Mustafa ein gutmüthiger Bursche, der allerdings bei uns, vermöge seiner Kenntnisse, höchstens einen Amtsdienerposten anvertraut erhielte, welcher aber, so lange er nüchtern, doch mit sich reden Hess und eine Widerrede selbst aus Bulgarenmund nicht leicht übel nahm. Auf den Corridor hinaustretend, stiess ich auf die originelle Scene einer Steuerzahlung in freier Luft. Da hockte des Mudirs Kasnadar (Rechnungsführer) und überzählte mit Muhtar und Öorbasi des nahen türkisch-bulgarischen Arbanas die in mehreren Beuteln überbrachten Besliks und Parastücke. Die Procedur trug einen heiteren Anstrich und ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, sie mit einigen Strichen meinem Notizbuche einzufügen. Mudir Mustafa hatte sich's doch besser überlegt und sandte zur Wiener Weltausstellung 1873 statt diebischer Zigeuner eine ausgewählte Collection schöner Seidengespinnste aus seinem Bezirke, an welcher sich auch mein Gastfreund vom vorigen Jahre betheiligte. Ich fand diesen beschäftigt, mehrere Tausend Oka Cocons von verschiedenen bäuerlichen Producenten zu übernehmen. Rahovica und seine nächste Umgebung betreiben die Seidenzucht sehr schwunghaft. In guten Jahren erzeugt der Bezirk 12 — 15,000 Oka Cocons, welche 1871, wo die Ernte nur gegen 10,000 Oka betrug, mit 20 Piastern pro Oka bezahlt wurden. Im Laufe der letzten Jahre sind die Cocons grossen Formates beinahe verschwunden. Der gesammte Ertrag von Galetten, Cocons und roher Seide wandert nach Tirnovo, das in Nord-Bulgarien allein die Seidenfabrikation im grösseren Style betreibt. Um die Hebung dieses wichtigen Industriezweiges machten sich dort namentlich die Pächter der Karagiozoglu'schen Filatur Bianchi und Notari verdient. Diesen Herren verdanke ich einige interessante Mittheilungen über bulgarische Seidenzucht, welche hier um so passender ihre Stelle finden, als über dieselbe nur wenig ausserhalb des Balkangebietes bisher verlautete. Bekanntlich verbreitete sich in alter Zeit von Byzanz aus die Züchtung der Seidenraupe gegen W. und wurde aus fiscalischen Gründen von dessen Herrschern begünstigt. In Bulgarien wird seit Menschengedenken, namentlich zwischen dem Isker- und Jantragebiete, die Seidenzucht schwungvoll betrieben; doch bedroht sie die Krankheit der Raupe sehr empfindlich. Um das Versiegen dieser wichtigen Productionsquelle zu hindern, versuchten die Pächter der Karagiozog-lu'schen Filatur, echten japanesischen Samen einzuführen und wie man sehen wird, nicht zu ihrem Nachtheile. Der Samen wurde unter die Seidenzüchter in den Vorbergen und Niederungen des Tirnovoer Pasaliks zur Verbesserung der einheimischen Zucht unentgeltlich vertheilt; dafür verpflichteten sich aber die Producenten ihre Cocons ausschliesslich an die Tirnovoer Filatur abzuliefern. Im Jahre 1871 wurden 500 Cartons japanesischer Samen im Bereiche der Tirnovoer Filatur zu 1 — 3 Cartons an die bäuerlichen Seidenzücbter abgegeben. Der 22 Francs kostende einzelne Carton (8/j Loth Samen) lieferte durchschnittlich 36 Kilo Cocons = 2 Kilo Seide. Die gewonnenen Cocons wurden mit 21-50 Piastern per Kilo abgelöset, ein massiger Preis, wenn man den von 36—60 Piastern in Betracht zieht, welchen italienische Agenten in Serbien oft bezahlten.*) Die gesponnene bulgarische Seide schlechter Qualität bewerthet sich pro Kilo mit 40—50, mittelgute Sorten mit 50—60 und in bester Qualität mit 90—100 Francs. Im Ganzen verarbeitete die Tirnovoer Filatur 1871 etwa 20,000 Kilo Cocons, hiervon beinahe 700 Kilo eigener Zucht. Für die Ernährung der Würmer wurden im Umkreise der Filatur Maulbeerbäume mit 10 Piastern = 2 Mark pro Jahr gepachtet. Fünf Mädchen waren ununterbrochen mit dem Zutragen der Blätter aus den Pflanzungen beschäftigt, vier andere besorgten die Würmer und zwar zum geringen Lohne von 4 Piastern per Tag. Alle Spinnvorrichtungen sind nach neuestem Systeme eingerichtet. Die, bei 20 im Gange befindlichen Maschinen angestellten bulgarischen Mädchen zeigen beim Abspinnen der Seide ganz besonderes Geschick, auch wird ihr Fleiss sehr gerühmt. 20 dieser Mädchen erhielten den für jenes Land hohen Lohn von 10 Piastern, 40 Hilfsarbeiterinnen nur 4 P. täglich. Für jedes in der Filatur versponnene Kilo Cocons empfing der Filatur-Eigenthümer Karagiozoglu als Pacht für die Localitäten und Maschinen l1/*, und der die gesammte Fabrikation beaufsichtigende Director 3000 Francs jährlichen Gehalt. Die Herren Bianchi und Notari waren 1871 mit den Erfolgen ihres Unternehmens sehr zufrieden und prognosticirten der bulgarischen Seidenzucht, als deren Centrum Adrianopel gilt, obwohl von Seite der Regierung für die Hebung derselben gleich wenig wie für andere Productionszweige geschah, einen erheblichen Aufschwung in naher Zukunft. Rahovica's buntes Pferdemarkt- und Carsileben schilderte ich bereits im I. Bande; hier sei noch erwähnt, dass es auch einige Objecte von archäologischem Interesse besitzt, die ich der weiteren Erforschung empfehle. 1867 fand Consul Scheu dort in der Sv. Apostoli-Kirche eine griechische Inschrift und mehrere antike Capitäle; ferner auf dem Kirchhofe einen römischen Votivstein mit einem Lorbeerkranz, Blumen und achtzeiliger, einem Veteranen der Leg. I. Ital. gewid- *) Ueber serbische Seidenzucht: Kanitz „Serbien" S. 599. meter Inschrift. Ich selbst sah diese römischen Reste nicht; denn mein zweiter Besuch galt ausschliesslich der Feststellung des wenig gekannten Jantralaufes vom Engdefile bei Samovoda bis Draganovo. Der lustige Mudir gab mir einen mit Tirnovo's Umgebung bis Osmanpazar vertrauten Zaptie suarieh; als er im Han erschien, sagte ich dieser Insectenbrutstätte schleunigst Adieu und folgte dem kleinen, vom Städtchen S.N. abfliessenden Wasserfaden. Bald hatte ich den breiten Jantraspiegel vor mir, welcher so weit ich blickte, seine braunen Fluthen ostwärts wälzte. Jenseits lagen Dolna Rahovica und andere Dörfer, welche ich nun dem Flusslaufe folgend, von dem hohen Terrassenrande neu in Karte brachte. Im ganzen verzeichnete ich 10 Orte östlich der Rus6uk-Tirnovoer Strasse, auf der bedeutenden Landzunge, welche die Jantra durch ihren plötzlichen 2*/s M. langen Abbug bei Sergovica nach 0. und dann von Lefedzi gegen W. bildet. Ueber das rein bulgarische Kosarevec nach Dzü-ltinica (200 bulg., 30 türk. H.) und Kesarova reitend, gewann ich werthvolle Daten für die Mündungspunkte der zur Jantra fliessenden Slatarska, Kesarovska und des beide an Grösse übertreffenden Kadiköi Büjük dere, von dem selbst auf den besten Karten vor meiner Aufnahme keine Spur zu finden war. Als der letzte russisch-türkische Krieg ausbrach, stürzten sich namentlich viele deutsche Verleger auf die Herausgabe sogenannter „Kriegskarten"; man konnte da neuerdings die Erfahrung machen, wie lange alte Irrthümer fortwuchern und wie schwer neue Wahrheiten ihren Weg in die Masse finden. Auf den meisten „Karten des Kriegsschauplatzes" erschienen jene nicht existirenden Städte im nordwestlichen Bulgarien, welche ich bereits vor Jahren für immer rasirt zu haben glaubte; der falsche Smorden nahm weiter ungehindert seinen Weg zur Donau, auf dem er über ein hohes Gebirg fliessen mtisste u. s. w. Durch den rein speculativen Standpunkt der Verleger solcher, für das augenblickliche Bedttrfniss berechneter Fabrikate, erklärt sich ihr geringer wissenschaftlicher Werth. Anders verhält es sich aber mit der zu Petersburg edirten grossen Artamanoffschen Karte, in welcher man hoffen durfte, officielle wie geheime Recognoscirungen russischer Officiere und Agenten aus den letzten Jahren verwerthet zu finden; und doch waren auf derselben einzelne Gebiete in einer Weise eingetragen, als lägen dieselben nicht in erreichbaren Grenzen, sondern im Monde. Zu den am irrigsten dargestellten Terrainabschnitten der mit grossen Kosten lithographirten Karte zählt jener der Jantra bei Tirnovo. Ihr 1829 falsch recog-noscirter Lauf vom Samovoda-Defile weiter gegen N. erschien unverändert beibehalten und deren östliche Zuflüsse, Gebirge, Strassenzüge und Orte so bunt durcheinander geworfen, wie die Glassteine eines Kaleidoskops. Angesichts der wenigen neuen Daten dieser Karte ist wohl die Frage erlaubt: sind die entsendeten, viel kostenden Recognoscenten wirklich in Bulgarien gewesen? und wenn ja, was mögen sie dort gcthan haben? Allerdings wäre es denkbar, dass die gewonnenen Resultate aus militärischen Gründen nicht publicirt wurden. Dieser Annahme widerspricht aber die sprüchwörtliche Liberalität des russischen topographischen Bureau, dann die Veröffentlichung werthvoller Croquis über das Iskergebiet in derselben ArtamanofT'schen Karte, die wohl unterblieben wäre, falls die Geheimhaltung neuer Materialien befohlen war. Von Kesarovo, wo ich auf schattiger Hanveranda meine hydrographischen Notizen geordnet, ritt ich W. auf der Osmanpazarer Strasse fort, welche ich bereits bei Dzülünica trefflich fand. Jenseits der Kesarovska kletterten wir von der 84 M. hohen Thalsohle in Serpentinen rasch zum 216 M. höheren Plateau hinan und erhielten prächtige Fernblicke über Kozlubeg und Minde gegen S. bis zum Elena-Balkan und gegen N. in die Gefilde des Kadiköi Büjük dere mit den zerstreuten Gehöften seiner reintürkischen Orte: Revis, Jusufhanlar, Demirköi und Kavaklar. Man kann sich nicht leicht eine mit allen Bedingungen menschlichen Wohlseins reichlicher ausgestattete Landschaft denken als jene, deren kartographische Aufnahme mir hier zugefallen war; sie wetteifert mit den fruchtbarsten und schönsten Gegenden des südlichen Deutschlands und es ist doppelt beklagenswert!], dass sie so viel unter den Drangsalen des letzten Krieges litt, als der unter Fuad kämpfende Kerim Pasa Kesarovo zum Stützpunkte seiner Angriffe gegen die Russen bei Merdan machte (S. 10). Der Abend war hereingebrochen und auf der Höhe des stellenweise dicht bewaldeten, langgestreckten Rückens, auf dem die Strasse beinahe geradlinig W. 0. läuft, verliess uns der letzte Sonnenstrahl. Die Contouren des Balkans von Elena wurden immer undeutlicher und mit Beschleunigung suchten wir unseren Konak zu erreichen. Das Hinabsteigen von der steilen Böschung zu dem im tiefen Einschnitte liegenden Türkendorfe Dzumali durch jungen Laubwald war im Abenddunkel nicht leicht. Natürlich sassen wir von den Pferden ab und sie am Zügel nachschleifend, erreichten wir spät das erste Gehöft. Nach Sonnenuntergang in einem moslimschen Dorfe anlangen, heisst eine Anweisung auf ein Lager unter freiem Himmelszelte mitbringen. Da giebt es weder Logir-, Kaffee-, noch Wirthshäuser. Nach ermüdendem Ritte fühlten wir tüchtigen Hunger; Ibrahim Öaus, der Führer meiner Escorte, welcher kein Freund der Romantik war, schrie und polterte vor verschiedenen Zaunwällen, hinter welchen, fremden Blicken entzogen, der Dorftürke Haus und Frauen versteckt. Lange blieben alle Bemühungen erfolglos, nur die aufgeschreckten Hunde begleiteten des Zaptie's Flüche mit schauerlichem Heulconcert, das bis ans Dorfende sein Echo fand. Endlich regte es sich in einem Hause, dessen Pfahlthor mein Quartiermacher einzusprengen drohte. Ibrahim frug nach dem Muhtar (Dorfvorsteher): „der ist mit den Steuern nach der Stadt gegangen", hiess es; „nun gut, so bleiben wir hier!" schrie der Öaus, und drang mit den Gensdarnien in den Hof. Alle Einwendungen des Besitzers halfen nichts, mit grösstem Phlegma rüstete mein Geleit die Pferde ab, dabei wurde viel von meinem sultanlichen Ferman gesprochen. Die aufgeregte Stimmung, welche auch die kreischenden Frauen ergriff, beruhigte sich erst, als ich wiederholt betheuerte, alles und jedes bezahlen, ja gut bezahlen zu wollen. Der Friede war geschlossen und das Selamlik (Männergemach) geräumt; seine Insassen wanderten in das Haremlik (Frauengemach), das von ersterem durch den Stall getrennt war, in dem man, soweit seine Kleinheit es zuliess, unsere Pferde unterbrachte. Für meine Escorte fand sich kein Obdach; sie campirte unter dem vorspringenden Hausdache bei Türkisches Gehöft zu D2umali. lustigem Feuer. Bald erschien mein Dragoman mit einer Tasse Kaffee, dem ein von den Frauen bereitetes, trefflich mundendes Mahl folgte.. Kurz darauf schlief ich auf dem mit einer Kautschukdecke überzogenen Heulager, trotz seines aromatischen Duftes, den Schlaf des Reisenden; er ist gewöhnlich vortrefflich. Oft, aber nicht immer, wiederholte sich die hier etwas ausführlich geschilderte unerquickliche Einquartierungsscene in moslimschen Ortschaften, welche ich nun häufiger als früher zum Konak wählen musste. Erreicht man sie aber bei vollem Tage, so geschieht meist Alles, um dem durch einen Ferman ausgezeichneten Fremden den möglichsten Comfort — niemals versteigt er sich aber zum europäischen Bett — zu bieten. Hatte ich auf den bisherigen Reisen durch West- und Central-Bulgarien grösstentheils nur christlich-moslimsche oder reinbulgarische Districte durchzogen, so betrat ich nunmehr ein weites Gebiet, auf dem ich als wichtigste ethnographische Thatsache das von Hyper-Slavophilen oft geläugnete Vorhandensein einer dichten Türkenmasse constatirte. Sie existirt wohl nicht so ungebrochen als auf Lejean's Karte, immerhin begegnete auch ich tagelang im Tozluk und Deli Oman keiner Christcnscele. In den tief eingeschnittenen Buchten des hügeligen Terrains, welches dem Elena-, Sliven- und Aidos-Balkan gegen Silistria vorlagert, lebt der Moslim, von occidentalen Einflüssen unberührt, ganz bei sich zu Hause. Aus Physiognomie, Haltung und Gang erkennen wir sofort den Abkömmling der stolzen Eroberer aus Asien, welche vor 500 Jahren nach Europa übersetzten und es lange genug durch ihr fanatisches Ungestüm schreckten. — „Wie ändern sich die Zeiten, wie friedliebend sind die Nachkommen der Murad, Bajazid und Soli-man geworden! Ist es noch derselbe Stamm? Gewiss! Vielleicht deckt nur die abgesetzte Aschenkruste vieljährigen talentlosen Regiments die schlummernde Glut!" — Diese Worte, welche ich am 9. Julimorgen 1871 zu Dzumali, angesichts der auf dem Hofe sich umhertummelnden prachtvollen Männer in mein Tagebuch schrieb und 1873 in der „Leipziger Illustrirten Zeitung" abdruckte, erhielten durch die überraschenden Leistungen der türkischen Race im Kriegsjahre 1877 ihre vollste Bekräftigung. Auch mein im besten Mannesalter stehender Hauswirth war ein Typus von Mannesschönheit. Als ich ihm seine Auslagen mit einem die Berechnung des Öaus's übersteigenden Baksis vergütete, dankte er mit Würde und schritt uns wegweisend voraus. So konnte ich seinen merkwürdig elastischen Schritt noch einige Zeit bewundern. Auf der Strasse angelangt, wünschte er uns ein kräftiges „Jol hair ol sun" (Glückliche Reise) und entschuldigte es mit der späten Nacht und den unsicheren Zeiten, dass er sein Haus nicht sofort gastlich geöffnet habe. Der 9. Juli wurde für mich zum heissen Tage. Einmal der hohen Temperatur wegen und dann weil ungemein zahlreiche topographische Details einander ablösten, welche alle erkannt, in Zusammenhang gebracht und in Karte eingetragen werden mussten. Von der W. 0. laufenden Strasse, auf dem Rücken der breiten Wasserscheide, blickte ich durchschnittlich aus 500 M. Sechöhe gegen N. hinab in das sich verbreiternde, sonnig beleuchtete Thal des Büjük dere. Mitten zwischen prächtigen Korn- und Maisfeldern, Weingärten, Obst- und Eichenwäldchen blickten überall die rothen Dächer unzähliger Dörfer und Weiler herauf; Büffel-, Rindvieh-, Pferde-, Schaf-, Ziegenherden tummelten sich auf saftigen Wiesenplänen umher, man konnte sich leicht in Oberitalien glauben. Gegen S. erschien der Eichwald dichter, die Ortschaften lagen im Schatten tief eingerissener Querrisse versteckt und im Hintergründe schlössen die Profile des Balkans von Sliven das ernste, an Kärnthen mahnende Landschaftsbild. In geringer Entfernung von der Strasse liegen sudlich von Diamali die türkischen Dörfer und Weiler: Uzund/.alar, Celikköi, Hamzaköi, Kazlarköi, Jaila, Orlanlar, nördlich: Mastanköi, Dobrueular, Kurudzeien, Balabanlar, Semeier und Doganlar. In letzterein Orte, welchen die Strasse nahezu berührt, macht«' ich gegen 11 Uhr im kleinen Musafirlik Halt und wurde freundlich mit Käse und Brot bewirthet. Zu meinem nicht geringen Staunen stellte sich hier ein Mann in mittleren Jahren mir vor, der mit einigen deutschen Worten paradirte. Haiila, der Nizam-Jusbasi, und Musiker gewesen, war nicht wenig stolz darauf, seiue Kunst in Wien erlernt zu haben, wohin sein Gönner, der „grosse Muschir" Omer Pasa ihn gesandt. Er phantasirte viel von der Schönheit der Kaiserstadt; die umstehenden Weiss- und Sebwarzbftrte hörten andächtig zu und wollten, als ich schied, durchaus kein Baksis annehmen, weil Haiila in Betsch (Wien) so viel Gastfreundschaft genossen hätte. Eine Stunde hinter Doganlar, zwischen Karasilar und Keckcsiler, fiel das Kreidemergel-Terrain sanft ab, wir blickten kurz hinein in den bewaldeten Thaleinschnitt von Eliaslar (Elcsler) und kreuzten hierauf die südliche Hauptader des Hüjük dere; bald stiegen wir aber wieder aufwärts und betraten das schöne Ringbecken von Hasan Faki, auch Fati genannt. Dieses grosse Dorf zählte 220 Häuser und im Ortshan hörte ich, dass es auf der Stelle einer zerstörten Stadt stehe, welche Alakilisa oder Alakvisa hiess. Das „Eski" (alt) vor dem heutigen Namen Faki „ml Fati entspricht dieser Tradition, und obschon ich nur Häuser-ruinen aus jüngerer Zeit sah, glaube ich, dass man bei genauer Nachforschung auf Hoste alter Befestigungen in der Niederung oder wahrscheinlicher auf der nördlichen Höhe stossen dürfte; letztere eignet sich ganz besonders zur Vertheidigung dieses Terralnabschnittes gegen einen von W. erfolgenden Angriff und 1829 wurde hier eine Redoute angelegt, deren das Thal bestreichende Wälle ich noch sah. Hasan Faki gilt in der Umgebung als ein kleines Eden, seine Herden, Weingärten, Krebse und Fische sind berühmt, dabei ist es ungemein wasserreich. Die Strasse kreuzt seinen bei Dospatlar in den Büjük dere niessenden Bach und erklimmt hierauf mehrere, in dichten Lehm eingeschnittene Serpentinen. An ausgewaschenen Stellen trat horizontal gelagerter Sandstein zu Tage. Es regnete hier lange nicht und dicker weisser Staub bedeckte alles Busch- und Blattwerk, das in üppigster Fülle das lose Gemäuer der terrassenförmig ansteigenden Weingärten überwuchert. Vögel, Bienen, Schmetterlinge sangen, summten und schwirrten durch's Gezwcige; es war ein prächtiger südlicher Sommerabeud. Tief beseeligt von dem schönen Naturbilde ritt ich in heiterer Stimmung die letzten Höhen hinan, welche uns noch von Osmanpazar's Hochebene trennten. Osmanpazar ist eine echte und rechte Türkens.höpfung. Noch vor ungefähr vierzig Jahren gab es daselbst nur wenige christliche Familien. Seinen Namen erhielt es von Osman, einem Talegamacher (Wagner), welcher das erste Haus auf dem früher unbewohnten Hochplateau erbaute. So erzählt die traditionelle Sage; leicht möglich, dass sie richtig. Osmanpazar's Aufblühen erfolgte aber jedenfalls erst gegen Ende des XVII. Jahrhunderts; denn Hadzi Chalfa, der türkische Geograph, erwähnt es nicht, hingegen spricht er von einer zwischen Sumla, Razgrad und Eski Dzuma gelegenen Bezirksstadt Alakenisse, die zweifellos mit dem erwähnten Ali kilise (Eski Faki) identisch ist. Sie verfiel wahrscheinlich, als das günstiger gelegene Osmanpazar emporkam, und theilte so das Schicksal mancher altbulgarischen Stadt, beispielsweise Öerven's am Lom (X. Cap.), das gleichfalls niederging, als Ruscuk aufblühte. Nach Eski Faki's Verfall ging die Administration des östlichen Jantragebietes auf Osmanpazar über. Die junge Kreisstadt liegt in 405 M. Seehöhe am Nordrande eines kleinen Hochplateau's, welches gegen S. durch ein schmales trockenes Glacis von den es einschliessenden Bergen getrennt wird. Man darf sagen, Osmanpazar schielt zur Donau und gleichzeitig zum Pontus hinüber; denn es lagert am Fusse des SW.—NO. streichenden Sakar-Balkans, welcher die Bassins der zur Donau fliessenden Jantra und des im Schwarzen Meere mündenden Kamcik von einander scheidet. Prächtig heben sich Osmanpazar's Häuser und Minarete gegen S. von des Sakar's bewaldeten Höhen ab, im Innern ist es aber hässlich, trägt Alles den Stempel liederlichster Mache, des Provisoriums, als wäre der Rückzug nach Asien seit lange vorgesehenes, unabwendbares Geschick. Wie immer in türkischen Städten mildert die Natur auch zu Osmanpazar mit ihrer erquicklichen Grünf/ülle den schlimmen Eindruck, welchen der erste Schritt in das regellose Stadtinventar bewirkt. Man tritt in ein abenteuerliches Gewirre von Gassen mit Häusern, die vergrösserten Lehmzelten ungemein ähnlich sehen, dazwischen erscheinen gründlicher Ausbesserung bedürftige Moscheen, zierlose Brunnen und wackelige, von Unkraut um wucherte Pfahlzäune. Ich wünschte, dass die schwatzenden und schreibenden Turkophilen nicht etwa aus Städten gleich Wien, Cöln oder Augsburg, sondern aus dem erstbesten deutschen Flecken weg, nur auf Tage in die^Architekturarmuth, Verfallenheit, Unflätherei und Trostlosigkeit der „Kreisstadt" Osmanpazar verbannt würden, und bin gewiss, dass ihre Schwärmerei für die Culturfähigkeit des turanisch-nomadischen Türkenthums sicher auf Null sinken dürfte. Das materielle Leben im kleinen Bona han gestaltete sich übrigens besser, als sein bescheidenes Aeussere erwarten Hess, und machte seinem Namen Ehre. Unser Mittagsmahl war mit bulgarischem Maasstab gemessen, ein wahrhaft lucullisches, es gab Fische und Krebse von Eski Faki, gebratenes Huhn, Käse, vortrefflichen Slivener Wein, Kaffee und Raki. Dass Krebse auch in Deutschland nicht zu den exotischen Thicren zählen, machte, nebenbei bemerkt, den jungen Handzi ungemein staunen. Nachdem die Physis befriedigt, stieg ich die wackelige Holztreppe des unansehnlichen Konaks hinan und traf dort als ersten Functionär Hadzi Ahmet Effendi, einen ehemaligen Mulasim (Officier). Dem ganzen Aeussern nach ein unverfälschtes Stück Alttürkenthum, schlicht und schwerfällig, ohne alles Coquet-tiren mit dem bei Stambuler Effendi's beliebten ä la franca, passte der Kaimakam trefflich hinein in die nur mit einigen Teppichen, Sitzkissen und Aktenbeuteln ausgestattete niedere Stube. Nach den üblichen Höflichkeitsphrasen erzählte Ahmet treuherzig, dass ihn die Geschäfte nicht sehr plagten, da es in seinem ausgedehnten Kreise nur vier Rajahdörfer und deshalb wenig Streit gäbe; Pro-cesse häuften sich nur in jenen Kreisen, wo Moslims und Christen zusammenleben. Ein ähnlich gutes Zeugniss, wie der Regent seinen Unterthanen, durften die Regierten des Osmanpazarer Kasa ihrem Kaimakam ausstellen. Der Türke fordert nämlich von seinen höheren Beamten nicht in erster Linie tüchtige Kenntnisse und Impulse zu Verbesserungen, sondern Würde, nicht allzuharten Druck und Erfüllung der religiösen Satzungen. Letzteren entsprach aber der biedere Mulasim auf das ängstlichste. Unbekümmert um mich und um die Anwesenden, streifte der Kaimakam die Schuhe ab, sein Gesicht nahm den Ausdruck inniger Gottverehrung an, und nach der vorgeschriebenen Waschung, verrichtete er auf dem selbst hingebreiteten Gebetteppiche sein Mittag-Namazi. In solchen Momenten fühlt der Reisende die grosse Kluft zwischen orientalischem und occidentalem Brauche; er empfindet, dass die Brücke zur Verbindung Asiens mit Europa nicht so leicht zu bauen sei, als dies sanguinische Gemüther gerne annehmen! Osmanpazar zählte 1872 etwa: 700 türkische und 180 bulgarische Häuser, was eine Bevölkerung von beiläufig 4800 Seelen ergiebt. Moslims und Christen thaten in letzterer Zeit Manches zur Verbesserung ihres Schulwesens, in der Rudschidieh sah ich Tafeln und Apparate für den Anschauungsunterricht; die Bulgaren gründeten ein schönes Schulhaus neben der 1860 vom Travnaer Meister Geneu erbauten langschifügen Basilika. Auf einen Thurm mit Glockengeläute musste die christliche Minorität aber zur Schonung des Stolzes und der Ohren der moslimschen Majorität verzichten. So weit ich die letztere während meines kurzen Aufenthaltes kennen lernte, vermag ich ihr sonst nur Gutes nachzusagen. Ein Besuch im hochliegenden westlichen Gerber-Mahle verschaffte mir die nähere Bekanntschaft mit mehreren ehrsamen Meistern dieser wohlhabenden Esnaf (Zunft). Ueberau wurde ich freundlich bewillkommt und nirgends verweigerte man mir Auskünfte oder Daten, allerdings war ich von einem städtischen Zaptie begleitet, dessen Erscheinung allein schon das Misstrauen der guten Leute bannte; immerhin freute mich ihr zutraulich treuherziges Wesen. Nach meinen Aufzeichnungen besteht Osmanpazar's Gerber-Esnaf aus 15 Meistern, welche durchschnittlich mit 4—,6 Gesellen arbeiten. Die Lohe zum Gerben der Felle kommt von einem „Tetre" genannten Strauche, der in grosser Menge im Deli Onnau wächst. Das Verkleinern der Kinde erfolgt in höchst origineller Weise. Auf einem etwa 1 Meter hohen Pfahle ruht ein 4 M. langer, frei beweglicher Querbalken mit hölzernen Hämmern an beiden Enden, welche auf die in zwei Mörsern zum Zerstampfen bestimmte Kinde fallen. Die Construction des Apparates ist auf die denkbar einfachste llebelwirkung berechnet; doch wo blieb die bewegende Kraft? Auf meine diesbezügliche Frage bestieg ein Arbeiter den Querbalken, stemmte die Arme auf die Hüften, tanzte nun wie besessen unter kräftig ausgestossenem Wuh! wuh! auf der Mitte der Hebelstange, dabei in gleichmässigem Tempo die Füsse bewegend und beide Hämmer in Bewegung setzend. Ich meinte, ob nicht die kräftigste Lunge bei solcher Anstrengung frühzeitig zu Grunde gehe; der junge herkulische Türke versicherte aber, dass ihm dies wenig Kummer mache! Auch das Walken der Häute geschieht durch Pro-cesse, wie sie der prähistorische Mensch wohl schon anwendete. Im Ganzen erzeugt die Zunft durchschnittlich im Jahre 500 Tura = 5000 Tane (Stücke) gegerbte Felle und Häute, welche nach dem Gewichte bis zu 38 Piaster pro Oka nach Tirnovo verkauft werden. Die besseren Ziegenfelle geben das bekannte türkische Saffianleder. Beim Abschiede zeigte ich den Leuten meine Wiener Glacehandschuhe, viel bewundert gingen sie mit unzähligen Masch Allah! durch die Runde; „wie lange Eflfendim werden wir armen Leute brauchen, bis wir solch Leder ä la franca werden erzeugen können?" — ich tröstete: „Allah bilir, Allah kerim!" (Gott weiss es, er ist gross!) und suchte den wackeren Meistern begreiflich zumachen dass auch bei uns ein Volk der Lehrmeister des anderen gewesen sei — dabei dachte ich, wie dringlich es wäre, einige junge lernbegierige Handwerker nach dem Occident zu senden, um unsere rationellen Betriebsweisen, Werkvorrich-tungen u. s. w. kennen zu lernen und sie dann in ihre Heimath zu verpflanzen. Zur Verwirklichung dieses frommen Wunsches gehörte allerdings ein patriotisch selbstloseres Regiment als jenes der Pforte, dem für solche Zwecke es stets am Gelde fehlte. Auch im moslimschen Osmanpazar klagte man, dass alle Steuern nach Stambul wanderten, um nie mehr zurückzukehren. Die Ebbe in den Pfortencassen ist aber immer gross, ja manchmal äusserst empfindlich. Im Mai 1871 mussten beispielsweise während meines Aufenthaltes zu Vidin, auf dringendes Verlangen des Finanzministers, 120,000 Gulden Cassenbestände in Besliks und alten Kupfermünzen mittelst „Eilpost" nach Constantinopel gesendet werden, was bei dem bedeutenden Gewichte eine Portoauslage von 8000 Gulden verursachte! Kurz zuvor verliess ein Nizamregiment Vidin, ohne seine Schulden für Reis, Mehl, Fleisch, Milch, Fourage u. s. w. bezahlen zu können; vergebens forderten die stets vertrösteten Lieferanten von Hadzi Asiz Pasa ihr Geld. Unter solch derouten Verhältnissen konnte selbstverständlich für Gewerbe, Künste, Schulen u. s. w. nichts geschehen. Wiederholt hörte ich: „Unsere Steuern wandern nutzlos in den Jemen oder werden von hohen Pasen verzehrt, an unsere Provinz wird seit Midhat Pasa's Abgang aber gar nicht mehr gedacht." Und doch wie leicht würde es für einen längere Zeit in Midhat's Geiste wirkenden Gouverneur gewesen sein, die an grossen Handelsstrassen gelegenen Städte Bulgariens einer höheren Entwicklung zuzuführen! Der letzte Krieg endete das faule Türkenregiment auch zu Osmanpazar, das ohne Kampf fiel. Nachdem Tirnovo sich den Russen ergeben, flüchtete sein Mutessarif Said Pasa und organisirte mit Fuad Pasa, der dort sein Hauptquartier aufschlug, die moslimsche streitbare Balkan-Mustafiz. Osmanpazar gestaltete sich zum Sammelpunkte aller aus dem Südosten des türkischen Reiches zur Donau-Armee rückenden Verstärkungen und namentlich jener Streitkräfte, welche wiederholt, doch immer vergeblich, die Eroberung der russischen Stellungen um Elena versuchten (S. 9). Die Russen näherten sich einigemal Osmanpazar bis auf geringe Entfernung, besetzten es aber erst am 27. Jänner 1878, nachdem die Türken freiwillig abgezogen waren. Mit dem Besitze dieser Stadt gewannen die Russen eine sehr wichtige strategische Position, denn Osmanpazar bildet den Knotenpunkt eines ausgedehnten Strassennetzes. Ausser der geschilderten Route nach Tirnovo läuft eine zweite NW. über Popköi in 16 Stunden nach Ruscuk, eine dritte führt SO. in 7 St. über CJatak und den Balkan nach Kazan, sodann getheilt nach Sliven und Karnabad; eine vierte Route für Wagen geht 0. in 8 St. über Öuhaköi und ein kürzerer Karrenweg in 6V2 St über Hujoven und Eski-Stambul nach Sumla; ferner eine fünfte Fahrstrasse NO. in 5 St Uber Dervend und Razboina nach dem berühmten Messplatze Eski Dzuma. Kaiiit/, Donau-Bulgarien und der Balkan. III. III. UEBER ESKI DZUMA, SUMLA UND PRESLAV ZUM KAZAN-BALKAN. (XV. Balkan-Passage.) Wald bei Osmanpazar. — Kiricenhöhen. — Dervend-Defilc. — Sein landschaftlicher Charakter. ■_ Tscherkessen und Krdzalicn. — Befestigung. — Vor Eski Dzuma. — Physiognomie der alten Freitagsstadt. — Im Kaimakam konak. — Majorität und Minorität. — Midhat's Neuschöpfungen. ■_ Vogelschaublick. — Im Crveni Gjorgjc han. — Peter- und Paulfest. — Strassen nach Razgrad und Sumla. — Ihre Bedeutung im J. 1877. — Sumla's Wahrzeichen. — Am Kirk gicid su. — Blick ins Kamcikthal. — Tscherkessen-Häuptling zu Puhalar. — FiÖek bair-Deine. — Nacht zu Gradec. _ Kamcik- und Pravadi-Wasserscheide. — Durch Sumla's Redoutengürtel. — Fort Stradza. — Sumla's Lage. — Hotel Europa. — Dr. Busch. — Militärisches Forum. — Pasa serai. — Oeffentliche Uhr und Springbrunnen. — Charakter des Dolni und Gorni Mahle. — Panorama. — Der türkische Chronist Wessif über Sumla's Bulgaren. — Seine Bevölkerung einst und jetzt. — Unterbrochener Bahnbau und Kaspidzan. — Handel und Gewerbe. — Kirchen und Schulen. — Türkisch für Bulgarisch. — Administrations-Curiosum. — Im türkischen Stadttheil. — Tumbuli dzami. — Militär-Hospital. — Sultan Mahmud's Besuch von Moltke geschildert. — 1837 und heute. — Strecker Pasa. _ Historisches über Sumla. — General Macintosh' und Moltke's Urtheile über Sumla's militärische Bedeutung. — Seine östlichen Vertheidigungswerke. — Sumla im J. 1877—78. — Ueber Cengel nach Besevli. — Die altbulgarische Chanenresidenz Preslav. — Ihre frühere Verwechslung mit Marciano-polis. — Nikephorus' Rachezug und Tod. — Preslav's Schilderung durch Exarch Joannes. — Des Warjägerfürsten Svjatoslav's Residenz. — Unter byzantinischer Herrschaft. — Aeltero Reisende über Preslav's Reste. — Römische Inschrift zu Eski Stambul. — Mein Besuch der Ruinen. — Monumentale Steinfunde. — Preslav 1880 zum Bezirksort vorgeschlagen. — Strassenzüge nach Jamboli und Karnabad. — Durch das Akili Kamcik-Defile" nach Demirdze. — Nachtbivouak. — Meteorologische Erscheinung. — Ein neues Stück bulgarische Welt. — Treffliches Observatorium. — Der Mussafirlik- Besitzer zu Begirli und dessen Ansicht über die Jambolibahn. — Der Balkanübergang bei Vrbica und alte Veregava-Pass. — Vrbica's Tatarencolonie. — Des Tatarensultans Aufstand und die Pforte. — Preslav-Balkan. — Kamcik-Quellen. — Nach Catak. — Zigeunerlager ä la belle c'toilc. — Lage und Physiognomie des Fleckens. — Fanariotischer Gräcisirungsversuch. — Strasse nach Kazan. — Kalabak bair. — Der Kazan-Pass. — Historisches. — Mein fünfzehnter Balkan-Abstieg. — Geologisches. — Die Kazaner von der heiteren Seite. D ie Chaussee von Osmanpazar nach Eski Dzuma gehört zu den besttracir-ten im östlichen Donau-Bulgarien und das Terrain Uber welches sie führt zu seinen pittoreskesten Mittelgebirgslandschaften. Sobald man von Osmanpazar herab- steigt, gelangt man über die sanft gewellte Vorstufe seines Hocbplateau's in einen der Stadt gehörenden überraschend prächtigen Eichwald, welcher von allem Niederholz gereinigt und durch gleichmässige Höhe seiner Stämme den Eindruck einer künstlichen Anlage machen könnte, falls der Gedanke an Schöpfungen, ähnlich dem Berliner Thiergarten, in einem Lande möglich wäre, das durch seine forstwirtschaftliche Indolenz berüchtigt ist. Des Waldes mächtige Baumkronen gestatteten nur vereinzelten Lichtstrahlen freien Eintritt, im streng S. N. ziehenden alleeartigen Durchhau herrschte erquickende Kühle, und herzerfreuender Vogelgesang begleitete uns am 10. Julimorgen bis in das liebliche, gut bebaute Thal des mehrfach überbrückten Bazirgan, welcher vom gleichnamigen Dorfe bei Osmanpazar herabkommt und den östlichsten Jantra-Quell faden bildet. Den ersten Halt machte ich beim Karaul Meckesiler; denn hier galt es die auf den Karten ganz unklare Wasserscheide zwischen Jantra und Kamcik genauer festzustellen. Ich zog die notwendigen Erkundigungen ein und constatirte weiterreitend bei Kara Dzuhalar ein letztes, der Jantra zueilendes Wässerchen; unmittelbar darauf leitete uns ein bewaldeter Rücken zur Klisurska hinüber, welche bereits dem vielverzweigten Kamciksystem angehört. Die zahme Scenerie wechselte hier plötzlich, wir traten in-ein von den Abstürzen des Preslav-Balkan und Kara Lom-Gebirges gebildetes Eng-Defile, das nur zwei Meilen entfernt ist von den im August 1877 berühmt gewordenen Kiricenhöhen, deren vergebliche Erstürmung Tausenden von Russen das Leben kostete. Als hätten die ins Lomthal hinüberblickenden Berghäupter das grause Schauspiel vorgeahnt, dessen Zeugen sie bald werden sollten, so melancholisch sahen sie herab ins vielzerklüftete Felsgewirre, das unsere Defilestrasse in zahlreichen Biegungen hart am Dervendbache durchschnitt. Auf seinem linken Ufer thtirmen sich wellenförmig gewundene und steil aufgerichtete Kalke zu pittoresken Kuppen und Spitzen auf, Eichenwald deckt sie an mancher Stelle; doch meist kahl, liegen ihre vor undenklicher Zeit durch plutonische Störung gewellten Schichtungen deutlich erkennbar am Tage. Unten springt und schiesst der sie benagende muntre Bach durch eine ungemein üppige Farnen- und Schlingpflanzenwelt, fortwährend an den abgestürzten Felsstücken in unzähligen tollen Cascaden sich brechend, dabei mit weissschäumigem Gischt breitblättrige lichte Wasserpflanzen netzend und mit leicht beweglichen dunklen Epheuranken sein Spiel treibend. Dje oft bart ans Bachbett tretenden Felswände zwangen die Traue zum fortwährenden Wechsel der Ufer auf sechs ziemlich solid gebauten Brücken. In der Mitte des Defile's, wo es breiter, fand eine tscherkessische Niederlassung Raum, welche sich durch bettelnde Kinder ankündete, lange bevor wir sie erreichten. Selten sah ich solch potenzirte Armseligkeit, derartiges Verkommensein wie in diesem Dervendköi (Engpassdorf). An den Thüren der mit faulendem Stroh gedeckten, gegen Wind und Wetter schutzlosen Hütten, hockten die in Lumpen gehüllten weiblichen Insassen, flehenden Blickes ein Almosen heischend. Der Kaukasustöchter gepriesene Schönheit war bis auf die letzte Spur getilgt; die stahlsehnigen Männergestalten blickten jedoch, obschon abgemagert, wild und trotzig drein, ihr kurzstirniges, stumpfnasiges Profil verrieth den echtabchasischen Flibustier, der nimmer zu geregelter Arbeit sich bequemt. Vor vielen Jahren, unmittelbar nach der von der Pforte in's Werk gesetzten Tscherkessen-Colonisa-tion und als man in Europa kaum etwas von ihr wusste, sagte ich das Unheil voraus, welches sie über Bulgarien bringen müsse; leider erwahrten ihre aller Schilderung spottenden Schandthaten allzusehr, dass ich nicht Pessimist gewesen*). Die mit der Ansiedlung verbundenen harten Lasten und fortgesetzte Ausschreitungen des culturlosen arbeitsscheuen kaukasischen Raubvolkes verursachten weit mehr als administrative Uebelstände der Bulgaren Unzufriedenheit und ihre vereinzelten Aufstände. Das türkische Regiment erreichte aber seine Absicht, es gewann, allerdings auf Kosten seiner schönsten Provinz, eine treffliche leichte Reiterei, welche — man erinnert sich schaudernd wie — die bulgarische Rajah niederhielt und auch gute Kriegsdienste leistete. Nach Dervendköi folgte am linken Bachufer in 300 M. Seehöhe ein zweites Beklemeh, dessen Buljukbasa nicht genug von der Raubsucht der tscherkessischen Helden erzählen konnte. - Seit Menschengedenken spotteten übrigens in diesem schwer zugänglichen Defilö Haidukenbanden der türkischen Autorität; namentlich zur Zeit des Rebellen Pasvan Oglu brandschatzten Janitscharen hier die durchziehenden Caravanen, bis endlich Ali Pasa von Tirnovo die Räuber ausrottete. Ihre Vernichtung soll unterhalb der konischen Felskuppe des „Dikilitas" erfolgt sein, welcher alle nahen Berge dominirend, einst zweifellos befestigt war. Die Zapties vermochten wohl nicht bestimmt zu sagen, ob Ruinen auf seiner Spitze vorhanden; ich vermuthe es aber, denn dieser Dervend zählt seit Alters her zu den stärksten natürlichen Positionen Nord-Bulgariens und lässt sich auch heute mit geringer fortificatorischer Nachhülfe gegen eine von Osmanpazar über Eski Dzuma nach Sumla vorbrechende Colonne lange halten. Wahrscheinlich deshalb zog es der russische Generalstab vor, sich Sumla stets vom Lom her zu nähern. Eine Stunde hinter dem Beklemeh ermässigen sich die Steilhänge auf beiden Ufern und bewaldete zahmere Sporne leiten über eine letzte Brücke hinaus ins offene Thal, durch welches der Dervend mit dem Öobandere vereinigt, dem Kirk giöid su (Vierzig Furthenwasser) zufliesst. Obschon nahe, sahen wir wenig von der berühmten Mess-Stadt; denn sie lagert am Hange eines langgestreckten Zuges in stark undulirter Fläche, gedeckt durch reiche Baumpflanzungen, welche nur von wenigen Minaretspitzen Uberragt werden. Ersteigt man jedoch die östliche Höhe, *) Oesterreichische Revue 1864. so erhält man einen prächtigen Vogelschaublick auf die wohlhabende Stadt, welche bisher in Donau-Bulgariens Handelsverkehr durch ihre grosse Messe die wichtigste Rolle behauptete. Eski Dzuma, die „alte Freitagsstadt", ist vorherrschend moslimisch. Ihre 8 türkischen Mahle zählten 1872 gegen 1400 Häuser, ihre 3 bulgarischen nur etwa 400; letztere sind jedoch meist solider als die moslimschen gebaut, und selbst in grösseren Städten sah ich wenige Privathäuser, welche an Schönheit und Behäbigkeit sich mit jenen der Dzumaer Öorbasi messen konnten. Es sind meistens ein- oder zweistöckige, bunt getünchte Bauten, welchen ein originell construirter, weit vorspringender, verglaster Balcon mit allerlei ornamentalem Schnörkelwerk reizvollen Schmuck leiht. Das schönste Haus gehört einem mit seinen Söhnen nach Dzuma übergesiedelten Bauernhofbesitzer aus dem Tirnovoer Kreise. Neben der Dervend-Brücke, welche in den südöstlichen bulgarischen Stadttheil führt, spricht das neue Schulhaus für den Bildungssinn seiner Bewohner; im europäischen Style erbaut, ist es Eski Dzuma's ansehnlichstes Gebäude. Die kleine Bulgarengemeinde besitzt noch zwei andere Schulen; ihre Wohlhabenheit verräth auch die Kirche, ein auf Säulen ruhender dreischiffiger Basilikabau mit Emporen, zahlreichen Glaslustern, und prächtig geschnitzter Ausstattung von den besten Travnaer Meistern; das Bauwerk reiht sich den schönsten des Landes an. Die langweiligen Mauerfronten lassen Dzuma's türkische Gassen endlos erscheinen, aber noch befreundet sich das Auge lieber mit ihnen, wo der Lehm seine natürliche Farbe behielt; wo hingegen ein fortschrittlicher Moslim ihn mit grell reflectirendem Kalkanstrich überzog, thut dem Auge das Grün der an einigen Stellen neugepflanzten Ahornalleen doppelt wohl, welche auf einen kleinen, unregelmässigen Platz, zum Forum der Stadt führen. Hier steht der Konak des Kaimakams, ein nettes einstöckiges Gebäude, vor dessen auf Säulen ruhendem Porticus die im seitlichen Tracte untergebrachten Häftlinge ihre Rohrmatten in ungenirtester Weise vom Ungeziefersegen befreiten. Husnu Bei, der amtirende erste Beamte, erwies sich als ein Mann von besonderer Freundlichkeit und leidlicher Bildung; über die Verhältnisse seines Sprengeis war er jedoch so wenig im Klaren, wie die Mehrzahl seiner Collegen in den ihrigen. Meine Fragen schienen ihm unbequem; er half sich, indem er dem herbeigeklingelten Kasnadar befahl, die gewünschten Aufklärungen zu geben. Ich befand mich nun an der Quelle und notirte aus den Steuerregistern, dass von den 45 türkischen Orten des Kreises nur 8 von Bulgaren, 5 von Tscher-kessen und 3 von Tataren mitbewohnt werden. Die Majorität des städtischen und bäuerlichen Elements war also auch im Dzumaer wie im Osmanpazarer Kreise zweifellos auf Seite der Moslims. Minorität bedeutet jedoch nicht Inferiorität. Auch hier constatirte ich im Bazar, dass sich nahezu der gesammte locale Handel in bulgarischen Händen concentrirt, und dasselbe Verhältniss herrschte auch im Gewerbe. So zählte 1874 beispielsweise das für den Export schwungvoll betriebene Töpferhandwerk allein vierzig christliche Meister, welche ihre bunt glasirten keramischen Erzeugnisse von höchst originellen Formen, mit aufgelegtem Gold und Silber reich zu verzieren verstehen. Noch überzeugender tritt aber die intellectuelle und namentlich kaufmännische Ucberlegcnheit des Bulgaren gegenüber dem Türken auf der alljährlichen grossen Maimesse zu Eski Dzuma hervor. Merkwürdiger Weise ahnte man seihst in österreichischen Handelskreisen kaum ihr Dasein, obschon sie in guten Jahren wenig der berühmten thrakischen Schwestermesse zu Uzundsova an Bedeutung nachsteht. Die sehr interessanten Details, welche mir einzelne Kaufleute während meines Bazarbesuches über die Messe erzählten, reiften in mir den Entschluss, den gepriesenen „panajir" im nächsten Jahre persönlich mitzumachen; schon diesmal wollte ich aber des Terrains ansichtig werden, auf dem er sich abspielt. Da es ziemlich ferne von der Stadt, stieg ich in abendlicher Kühle die östliche, mit zahllosen moslimschen Leichensteinen bedeckte Höhe hinan; mein Führer wies auf ein riesiges, von Mauern umfangenes Viereck „burda panajir!" Es war der neuerbaute Mittelpunkt der grössten danubo-bulgarischen Messe, deren Schilderung ich gelegentlich ihres Besuches, im IX. Capitel folgen lasse. Wenn von Neuschöpfungen in Donau-Bulgarien die Sprache ist, so ahnt der Leser bereits, dass sie aus Midhat's Vali-zeit datiren. Wie der neugestaltete Panajirplatz dankten ihm auch andere geradlinig aus der Tiefe vom älteren Barakenwerk sich abhebende Bauten ihr Dasein; so hart neben dem Kreiskonak die neue Zaptie-Caserne, der Uhrthurm u. a. Dort steht auch der imposanteste Bau des moslimschen Stadttheils, dessen einzige, durch eine grössere Kuppel ausgezeichnete Moschee. Die Abendsonne röthete noch ihre leuchtende Metalldeckung und Minaretspitze, während die kleineren Dzamien bereits im Schatten lagen. Eine türkische Stadt, mit ihrem vielgestalteten wirren Bauinventar zwischen dunklen Taxushecken, Obst- und Ahorn bäumen ist in sommerlicher Abendbeleuchtung immer schön. Bereichert mit einem freundlichen Eindrucke stieg ich spät von der Höhe zum Crveni Gjorgje han hinab. Mein Dragoman überraschte mich mit einem trefflichen Abendbrod, der Raum, in dem ich tibernachtete, war rein gehalten; so erinnere ich mich noch heute gern dieser bulgarischen Herberge, von deren anheimelnder Veranda und malerischem Hofe der Leser hier eine flüchtige Skizze findet. Anders als zur nachmittäglichen Kefzeit präsentirt sich allerdings der hölzerne Vorbau am Frühmorgen, wenn die Insassen der verschiedenen Gemächer im leichtesten Neglige einander ablösen, um am einzigen Waschtische des Hotels ihren Reinigungsprocess in un-genirtester Weise vorzunehmen; er wiederholt sich mehrmals im Tage, denn nach türkischer, von den Bulgaren angenommener Sitte werden nach jeder Mahlzeit Hände und Mund gereinigt, wobei das Sacktuch häufig unser Handtuch vertritt. Am nächsten 11. Julimorgen (29. Juni a. St.) trug unser Viertel einen auffallend festlichen Anstrich. Lustig tummelten sich bunt herausgeputzte Kinder in den Strassen umher, während die Eltern mit Kerzen und Blumen beladen, nach der Kirche eilten. Auch unsere junge Hauswirthin war bereits zeitlich im grössten Staate, mit Geschmeide und Goldmünzen behängt, dahin gepilgert, um sich noch Im Crveni Gjorgje han zu Eski Dzuma. ein gutes Plätzchen zu erobern; denn am h. Peter und Paultage versäumt kein gut orthodoxer Christ den beiden hochverehrten Aposteln seine Weihgabe darzubringen. Ich sah ganze Berge von Wachskerzen am Portale aufgeschichtet, welche zum Besten des Kirchenfonds von Gläubigen gekauft und den Heiligen zu Ehren angezündet wurden. Nach beendetem Gottesdienste stattet man noch Besuche ab, wobei die Frauen gegenseitig ihre Toiletten sorgfältig mustern. Die Dzumaer Schönen kleiden sich nahezu vollkommen türkisch. Sie tragen weite, unter den Knöcheln geschlossene Hosen, goldgestickte, vorn offene Jäckchen, stets Blumen im Haare, ein über den Kopf geworfenes Foulard, ferner grosse Ohrgehänge und Münzen am Halse. Gegen Mittag eilt alles mit grosser Hast zum Festtische, denn nach langer Enthaltung ist an diesem Tage der Genuss von seit vielen Wochen ersehntem Rindfleisch wieder gestattet. Eine treffliche Strasse führt von Eski Dzuma über Dautlar, Kubadin, Sekera, Sodzak und Arnautköi in 6. St. nach Razgrad, ich benutzte dieselbe im Mai 1874 zur Fahrt auf Dzuma's Messe (IX. Cap.); eine andere gut gehaltene Strasse verbindet Sumla mit Dzuma und gestaltet deshalb das letztere zu einer strategisch hochwichtigen Position, um welche im letzten russisch-türkischen Kriege mit grosser Hartnäckigkeit gestritten wurde. Ich werde von diesen Kämpfen im IX. Capitel ausführlicher sprechen. Noch auf Kiepert's Karte vom J. 1871 fehlte die Dzuma-Sumlaer Strasse mit allen an ihrer Trace liegenden Orten. Die Eintragung dieser Route bildete meine nächste Aufgabe und die Mittagsstunde des Feiertages traf mich auf dem Wege nach Donau-Bulgariens berühmter Festung, deren Jungfräulichkeit auch im letzten Kriege nicht bezwungen wurde. Als Sumla's Wahrzeichen darf der charakteristisch geformte Fisek bair gelten. Allseits, nur von Osten nicht, erblickt man sein Spitzprofil, es trat auch sofort in Sicht, als wir Dzuma's natürlichen Wall erstiegen. Von diesem nahm ich zunächst einige Peilungen gegen Kisana Teke und andere Punkte, welche mir später, bei der Aufnahme des kartographisch vernachlässigt gebliebenen Kamcikgebietes im J. 1874 sehr zu Statten kamen. Der Blick schweifte dabei hinaus in verschiedene Einschnitte mit vielen Dörfern, deren Festlegung nicht geringe Mühe verursachte. Erst als diese Vorstudien beendet und auch die nächst gelegenen Tumuli eingetragen waren, schied ich vom schönen Thalbecken der „Altfreitagsstadt" und zog am vielgekrümmten Kirk giöid su auf der mit ihm parallel laufenden Chaussee weiter gegen Sumla. Zur Sicherung der verhältnissmässig kurzen Strecke dahin baute man seit der Tscherkessenansiedlung nicht weniger als vier Beklemeh. Das erste hart vor dem Türkendorfe Karakasli bot namentlich gegen N. einen neuen vorzüglichen Orientirungspunkt. Der vor mir sich erschliessende Gegensatz zur Oede unserer Karten zwang mich trotzdem zu einer Recognoscirung in südlicher Richtung. Im scharfen Ritte erreichte ich eine Lichtung in jungem, dicht wuchernden Eichengestrüpp, dort sah ich hinab in das vielverästelte, prächtig cultivirte mittlere Thalgebiet des Akili Kamcik bis Kotes; blaue Rauchsäulen, Minarete und in greller Beleuchtung auftauchende rothe Dachungen kennzeichneten die Lage wohlhabender Orte, deren riesige Büffel- und Schafherden allenthalben auf saftig grünen Rasenspornen als lustige Staffage das Bild belebten. Viel hatte dieses schöne Thal im letzten Kriege durch Einquartierung und Requisitionen, schon früher aber durch abchasische Raubsucht zu leiden. Ein Trupp tscherkessischen Gesindels, der unseren Bewegungen folgte, war plötzlich im dichten Eichenunter- holze verschwunden, durch das wir zurückreiten mussten. Ich Hess meinen Zaptie einen anderen Weg zur Karaula nehmen, wo Dragoman und Packpferd zurückgeblieben waren. Die Gensdarmen beglückwünschten uns zur heilen Rückkehr. Sie erzählten, die rauhen „Abas"-Gesellen, welchen wir begegnet, machten seit Wochen die Umgegend unsicher, und ihr Raubnest solle demnächst durch eine militärische Streifung gesäubert werden. Beim Beklemeh vereinigt sich das Kirk gicid su mit dem Vrana; nachdem wir ihn gekreuzt, folgte das von Obstculturen umgebene bulgarisch-türkische Alvanköi (165 M.) und sodann Puhalar, der Stammsitz der gefürchteten Buschritter. Schmutz und Elend, Zerlumptheit und Reste aus besseren Zeiten herrschten auch hier, wie in allen Ansiedlungen der Kaukasussöhne. Ich stieg vor dem Muhtargehöfte nahe der Dzami ab, deren aus Weidenruthen geflochtenes Minaret unseren Taubenkogeln auffallend glich. Der Konak des „Bei" unterschied sich in nichts von den übrigen, mit faulendem Stroh gedeckten Hütten. Sein Chef empfing mich, nachdem er rasch seinen besten fest anliegenden weissen Tuchrock angezogen. Er trug eine Pistole im Gürtel, Patronen in zierlichen Silber-hülsen auf der Brust, das kurze Kampfmesser an der Seite, auf dem silberhaarigen Haupte die Fellmütze. Im Gesichtsausdrucke, ja im ganzen Wesen des Weissbarts lag eine merkwürdige Vornehmheit; freundlich lud er mich in sein Privatgemach, das mit aufgelegten Teppichen und Polstern auf den Wandbänken ungemein wohnlich schien. Die gereichten Cigarretten waren halb abgebrannt, als die Frauen des Hauses Milch in silbernen Schalen credenzten; die mir durch ein bleiches, nicht sonderlich hübsches Mädchen angebotene mahnte an die schönen Funde in sttdrussischen Tumuli, deren griechische Provenienz erwiesen ist. Der Bei erklärte, das Gefäss sei ein altes Erbstück in seiner Familie, vertiefte sich in vergangenen Tagen und bat mich schliesslich bei ihm zu übernachten. So sicher ich mich auch unter seinem Dache gefühlt hätte, denn die Gastfreundschaft ist bekanntlich selbst dem wildesten Abchasen heilig, dachte ich doch den Tagesrest noch weiter zu nützen und schied. Der Patriarch versicherte, dass uns auf dem Wege durch sein Dorfgebiet nichts Unangenehmes begegnen werde, und da er grosses Ansehen in seiner Juneh genoss, erschien auch mein Zaptie beruhigt, der nur ungern durch diese verrufene Gegend bei anbrechendem Abende weiter zog. 'Gleich hinter Puhalar rücken die Berge näher zusammen, wir kreuzten auf solider Brücke einen aus NW. kommenden Bach, welcher zwischen der imposanten Masse des Fisek bair und einem isolirten Vorberge mit starkem Falle hinbraust, und gelangten sodann in ein romantisches, von Steilstürzen gebildetes Engdefile, dessen zahmeren Theil wir nach «/« St. erreichten. Unmittelbar hinter einer scharf gegen N. vorspringenden Nase, führt hier ein kürzerer Waldpfad durch eine Einsattlung über Ortaköi ins Kamcikthal. Auf der sich allmälig verbreiternden Thalsohlc verriethen Gemüseculturen und Felder die Nähe des Türkendorfes Gradec, auch Gradistc genannt. Im Abenddunkel ritten wir rechts von der Strasse zu diesem hinan; als wir nach vielem Suchen in einem leeren, Wind und Wetter zugänglichen Häuschen Unterkunft fanden, war die Nacht längst angebrochen. Die Qualen der zu Gradec schlaflos verlebten Stunden mögen hier verschwiegen bleiben, traf mich der Morgen doch wieder frisch am Werke, mit der Vervollständigung des Croquis von Sumla's Umgebung beschäftigt, das Niemand geringerer als Moltke, Europa's berühmtester Generalstäbler, im Mai 1837, also genau 35 Jahre früher begonnen hatte. Das ungastliche Gradec gewährte an jenem prächtigen Frühmorgen ein hübsches Bild. Von dem 292 Meter hoch gelegenen Dorfe zogen auf allen Wegen reiche Herden zur Hauptstrassc hin, ein scharfer Knick entzog uns rasch den aufgewirbelten Staubwolken und führte zum Tumulus auf eine Höhe, in welcher ich die Wasserscheide zwischen dem Kamcik und Pravadi feststellte. Sanftgeböschte Serpentinen brachten uns hinab zum jenseitigen Beklemeh und Han des nahen Kaukli, dessen tscherkessische Insassen an der Strasse umherlungerten. Strenge W.O. haltend, kreuzten wir die von Kaukli und Dormus abfliessenden dünnen Quelladern des Bulanik dere und gleich darauf Sumla's äussersten Vertheidigungsgürtel zwischen den bereits 1829 errichteten Vorwerken Hussein- und Halil-Tabia. . Ein Beklemeh bewacht diese natürliche Festungspforte; als wir sie überschritten, erschien rechts das kleine Tscherkessendorf Stradza und darüber, auf vorspringender dominirender Kuppe, die schmale weisse Mauerfronte des gleichnamigen Forts, von dem gegen 0. andere, durch grünen Wald dem Auge entzogene Werke auf den ringförmigen Höhen bis zum Cengelfort hinziehen. Im friedlichen Intervall zwischen 1829—54 suchte man die offene Sehne dieses hufeisenförmigen, gegen 0. abdachenden Amphitheaters durch einen Schanzcngürtel zu schliessen. Erst 1854 und 1877 wurde er jedoch, Angesichts der heranziehenden Russen, rationell vervollständigt. Es erhoben sich rings um die Stadt acht weit vorgeschobene, terrassenförmig ansteigende Redouten von riesigen Profilen, armirt mit 8—10 Gussstahlgeschützen schwersten Calibers. An das von S. schwer zugängliche Sumlaer Felsplateau und seine hohen, sturmfrei liegenden Schlüsselforts „Stradza" und„Öengel" gelehnt, umschliesst nun gegen 0. ein doppelter Kranz offener und geschlossener Redouten einen gegen des Angreifers Feuer geschützten Raum, auf dem 120,000 Mann bequem lagern können. 30 Werke, obgleich meist nur von Erde, doch mit starken Profilen nach dem Gesetze moderner Fortificationskunst auf sorgfältig gewähltem Terrain ausgeführt, verleihen Sumla den Charakter eines grossen verschanzten Lagers, das 1877 als Constantinopels FESTUNGSSTADT SUMLA. 43 wichtigstes Bollwerk angesehen wurde, da seine Einschliessung riesige Streitkräfte bedingte. Der auf der Dzumaer Strasse in die grosse danubo-bulgarische Festung gelangende Reisende sieht ausser dem Stradzafort nur zwei ihm vorliegende Schanzen und tritt dann, höchst überrascht, in' eine friedliche Thalidylle, deren landschaftliche Schönheit durch prächtige Felder, Wein- und Obstculturen gehoben wird. Erst nachdem einige wasserreiche Terrainfalten durchschnitten, erblickt man allmälig kleine weisse und grüne Zeltlager, das hochliegende neue Hospital, die alte Cavallerie-Caserne, eine lange Linie neugebauter militärischer Etablissements und zuletzt erst schlanke Minarete, hellglänzende Metallkuppeln von Dzamien und Bädern, zwischen dunklen Pappeln, und rothdachigen, zusammengedrängten Häusern der eigentlichen Civilstadt, in einer nach SW. ausgangslosen Schlucht, deren steilgeböschte bewaldete Hänge die zahlreichen Adern des Bokludzabachcs zur Tiefe senden. Durch des Sumlaer Ringbeckens offene Kehle fliesst er 0. in die Ebene hinaus zum Akili Kamcik. Nicht ohne Mühe fanden wir durch ein Labyrinth enger Gassen den Weg zum „Hotel Europa". Die Herberge mit diesem stolzen Schilde war von Ingenieuren des Baron Hirsch gegründet worden, welche die Linien über den Balkan traciren sollten. Das Unternehmen stockte, die Ingenieure zogen ab und da sich keine inländischen Gäste fanden, welche die „europäisch" hohen Preise des Hotels bezahlen wollten, wurde es geschlossen. Dies und einige erbauliche Histörchen mehr erzählte mir ein, dem Hotel gegenüber etablirter Krämer, bis mein auf Unterkunftsuche ausgezogener Zaptie zurückkehrte. Mit ihm erschien Herr Dr. Busch, Arzt im 4. Regiment des II. Armeecorps, ein österreichischer Landsmann, an den ich ein Empfehlungsschreiben vom Ruscuker Consulats-Kanzler Kutschera gesendet hatte. Seiner Güte dankte ich es, nicht in einem der abscheulichen Hane absteigen zu müssen; ich bezog das Häuschen einer bulgarischen Wittwe, welche mit ihrem Sohne, gegen billige Entschädigung, die Sorge für mich, meine Leute und Pferde übernahm. Trefflich untergebracht, eilte ich nach meinen Briefen zu sehen. Das türkische Postamt befindet sich heute in Sumla's Öarsi, damals lag es, wahrscheinlich zu grösserer Bequemlichkeit seiner Kaufleute, am östlichen Stadtende, weit über die militärischen Etablissements hinaus; so erhielt ich Gelegenheit letztere sofort in grösserer Nähe zu sehen, ohne dass sie dadurch gewonnen hätten. Die von ferne stattlichen Kasernenfronten entpuppten sich als decorationsloses Mauerwerk, von dem der Mörtel stellenweise losgebrockt war und mit dessen Fensterscheiben Sturm und Wetter gleichfalls ihr böses Spiel getrieben hatten. Noch mehr trat der Widerspruch zwischen prätentiösen Dimensionen und nachlässiger Erhaltung bei dem in gleicher Fronte liegenden Serai auf, in dem eben Abdul Kerim Nadir, Muschir des Sumlaer Armeecorps residirte. Das Gebäude mit drei vorspringenden Flügeln zeigte schlimmsten Verfall; seine in allen Fugen geborstene Freitreppe bedeckten vom Gesimse abgefallene Mörtelstücke und die Schilderhäuser hatten so bedenkliche Risse, das nur fatalistische türkische Soldaten sie betreten mochten. In der Türkei ist man an derlei Dinge gewöhnt, und der Pasapalast erhielt überdies nicht geringen Nimbus in den Augen der Menge durch die angebrachte öffentliche Uhr, eine Merkwürdigkeit, deren sich ausser Constantinopel kaum eine Provinzstadt rühmen konnte. Nun erbaute noch ein Officier im J. 1876 vor dem Palaste einen originellen Springbrunnen, ein betonirtes Bassin, dessen Centrum zwei aufeinander gestellte, durchbohrte antike Capitäle bilden, auf ihnen sitzt wieder ein umgestürzter glasirter Blumentopf und aus seinem Bodenloch quillt das Wasser heraus! Wahrlich man muss nach der Türkei wandern, um zu lernen, wie man mit geringen Mitteln höchste Effecte erzielen kann; die grosse Menge staunt natürlich das Kunstwerk an und denkt, dass der „Kusir", auf dem am Freitag Markt gehalten wird, kaum von den Pariser Boulevards übertroffen wird. Auf diesem Platze strömte die dienstfreie Soldateska mit mttssigem „Civil" zusammen, wenn Vormittags oder Abends Militärmusik lustige Weisen aufspielte. Da die Capellmeister meist Böhmen, war das Ensemble oft trefflich, nur wogen nach türkischem Geschmacke die Blechinstrumente vor und das Piano in Offen-bach's „Schöne Helena" oder Strauss' „Blaue Donauwalzer" litt manchmal darunter. Vor dem für türkische Verhältnisse immerhin grossartigen Militärforum liegt durch eine breite Strasse getrennt, das von der weniger bemittelten Bulgarenclasse bewohnte Dolna Mahle, in dem Sumla's starke Garnison viel verkehrte. Seinen Mittelpunkt bildet eine kleine Moschee mit Kuppel und Minaret, welches seltsamerweise eine Art Laterne statt der üblichen Spitze trägt. Hier ist jedes Haus Schenke, Kaffee oder Laden. Der oft ein Jahr oder sechs Monate noch darüber vergebens auf seinen Sold wartende Officier fand hier gegen hohe Procente einen nachhelfenden Banquier und in den vergitterten Stockwerken ein heimliches Plätzchen, wo er Kaffee und Tschibuk, Käse- und Gurkenwürfel mit dem verpönten Öarap (Wein) würzen konnte. Auch der Soldat versorgte sich lieber hier mit seinen kleinen Bedürfnissen als in der vornehmeren Bazarstrasse, im Vorübergehen leerte er für wenige Para ein Gläschen mastika (Branntwein) und suchte auf offener Strasse ein Liebchen. Das Militär drückte diesem Stadttheile seine Physiognomie auf. Der wohlhabendere Bulgare des Gorni Mahle mied es aber; er wusste, wie leicht ein Conflict mit den oft übermüthigen Soldaten namentlich dem weiblichen Familientheile gefährlich werden konnte. Am wohlsten fühlte er sich im eigenen, von aussen unansehnlichen, im Innern aber wohnlichen Hause, wo im gutgepflegten Garten gewöhnlich zwischen Blumenbeeten, Obstbäumen, Olean- dem und exotischen Hecken ein Springquell lustig plätschert. Nur an Sonn-und Festtagen wanderte er hinaus in seinen Weingarten am Manastirhügel oder an der Ostseite der Stadt, welche von diesen Punkten gesehen, im prächtigen Panorama daliegt. Reizend ist dasselbe auch von einer früher verlassenen, zuletzt restaurirten Redoute, oberhalb der alten Cavallerie-Caserne, auf deren isolirtem Thurme ein hölzernes Gerüst zur Illumination mit Halbmonden, Fahnen und Lanzen in die Luft ragt. Von diesem Werke zeichnete ich das hier beigefügte Bild der Stadt. Bereits Wessif Effendi, ein türkischer Chronist des XVII. Jahrhunderts, gedenkt der grossen Vorliebe des Sumlaers für freien Naturgenuss; er gab auch einen interessanten Wink, den ich nach Hammer*) hier wörtlich wiedergebe: „Nahe der Stadt unter dem Schlosse ist ein sehr angenehmer Erlustigungsort, Tagbinar (der Bergquell) genannt. Hieher begeben sich die Einwohner im Sommer, um frische Luft und der lieblichen Kühlung des Wassers zu gemessen. Da dieses Wasser auch die Mühlen der Stadt treibt, erspart es den Einwohnern die Mühe von Hand- oder Pferdemühlen. Die Gegend herum ist mit Gärten aller Art besäet, und selbst in den Häusern befinden sich Gärten mit den mannigfaltigsten Blumen geschmückt. Die Luft ist mild, und die Schönen der Stadt nisten sich tief in die Herzen der Fremden ein; obwohl die Einwohner anfangs, als das Lager hier stand, scheu waren wie Rehe, so gewannen sie doch bald die Herzen der Krieger, so dass die meisten innige Verbindungen eingingen, und nach Abzug des Lagers diesen Ort so sehr bedauerten, dass sie ihrem eigenen Vaterlande gram wurden." Wessif's blumenreiche Anspielungen werfen ein merkwürdiges Schlaglicht auf das Verhältniss zwischen der moslimschen Kriegerkaste und christlichen Rajah in vergangenen Tagen. Manche bulgarische Schöne nahm das Herz tapferer Bei's und Aga's gefangen und die Nachwirkungen dieser länger oder kürzer dauernden Beziehungen machen sich noch heute in der Sumlaer Bevölkerung bemerkbar. Die Kinder sind meist von auffälliger Schönheit und die Türken mögen vielleicht nicht Unrecht haben, wenn sie dieselbe auf Rechnung ihrer permanenten Lager setzen. Nach Wessif zählte Sumla zur Zeit der türkischen Eroberung nur 800, später im XVII. Jahrhundert „mit zunehmendem Flor 4-5000 Häuser". 1847 berichtete General Jochmus von 5000 türkischen und 1000 christlichen Häusern. Diese Zahlen sind wohl ungenau; sonst müsste Sumla gerade während der friedlichen Decennien furchtbar gelitten haben. Nach den von mir erhobenen offiziellen Daten zählte die Stadt nämlich 1865: 1637 türkische, 1470 bulgarisch-armenische und 22 jüdische, also zusammen nur 3129 Häuser; jedenfalls überflügelte das bulgarische Element auch hier das moslimsche bedeutend. Das durchschnitt- *) Rumeli und Bosna, S. 38. liehe Schmelzen, welches ich in den meisten bulgarischen Städten constatirte, wirft ein schlechtes Licht auf das modern-türkische, so wenig für die Hebung städtischer Wohlfahrt besorgt gewesene Regiment! Der Bahnbau, welcher Sumla mit Jamboli verbinden sollte und für welchen die Vorstudien seit Jahren in den Stambuler Bureau's discutirt wurden, figurirte stets nur auf dem Papiere. Das sprechendste Zeugniss staatlicher Verkommenheit bildete aber ein die Stadt in weiter Curve durchziehender, halbverfallener Damm, auf dem der Schienenstrang zu Sumla's Verbindung mit der nur 2 Meilen entfernten Station Kaspidzan der Ruscuk-Varnabahn laufen sollte. Bereits 1870 zwang man die Dorfbevölkerung den vom deutschen Ingenieur Arndt geleiteten Unterbau mittelst Frohnarbeit herzustellen, heute liegt er aber noch von Unkraut überwuchert da; denn so sehr das militärische und commercielle Interesse die Vollendung dringend heischte, fehlte es stets am Gelde für diese bescheidene Linie. Sie bildet das sprechendste Gegenstück zu dem im II. Bande erwähnten Nikopoli-Plevnaer Bahnbau; in welche Taschen mögen hier wie dort die ausgeworfenen Summen geflossen sein? Nachdem der Staat das volkswirthschaftliche Gebiet so wenig berücksichtigte, fand man kaum einige wohlassortirte Läden in der Sumlaer Carsi. Tief ge wurzelte Vorurtheile, Capitalsmangel und geringe Consumtionskraft hinderten auch den Aufschwung des heimischen Gewerbes. Alle Fabrikation beruhte auf alten Traditionen und Neuerungen griffen, da jede Anregung von oben fehlte, nur schwer Platz. Trotzdem blieb Sumla wegen seiner ausgezeichneten Herstellung trefflich verzinnter Kupfergeräthe, rother und gelber Pantoffeln, farbiger Kleider und Frauenleibchen mit reichem Schnürwerk im Lande berühmt. Jedes der beiden Viertel, in welchen die arbeitsame bulgarische Bevölkerung wohnt, hat seine eigene Kirche. Im wohlhabenderen Gorni Mahle steht die ältere Vosnesenji Crkva (Auferstehungskirche), in welcher zwei russische Generale des 1829 er Feldzuges begraben liegen; im Dolni Mahle erhebt sich, der neuere Kirchenbau zu Ehren von Kiril und Method als schöne Basilika, mit von Säulen getragener Vorhalle. Beide Kirchen hatten bis 1878 auf Glockentürme verzichten müssen nur das Symantron rief zum Gebet. Die Armenier besitzen hier gleichfalls eine kleine Kirche. Für die Erziehung der Jugend verwendet die bulgarische Gemeinde verhält-nissmässig bedeutende Summen. Sie errichtete aus eigenen Mitteln zwei vorzügliche Knaben- ujjd zwei Mädchenschulen, welche sowohl was Lehrkräfte als Unterrichtsplan betrifft, wie ich mich selbst überzeugte, die aus Staatsmitteln erhaltene Rudschidieh weit tibertrafen. Immerhin ist der von Midhat inscenirte Versuch, den Staat am Unterrichte seiner Bürger ohne Unterschied des Bekenntnisses zu betheiligen und zwischen den einzelnen Secten grössere Toleranz anzu- nahnen, im hohen Grade bemerkenswert; dabei soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass, wenn auch diese Rudscbidieh's über den Koran hinaus gehende nützliche Kenntnisse in die moslimsche Jugend verpflanzen, sie andrerseits auch die bulgarische nöthigen sollten, für ihre Nationalsprache allmälig die türkische einzutauschen! Auch Sumla's hübsches Kreisamt ist ein Denkmal aus Midhat's Vali-Epoche. Bei meinem Besuche rüstete sich der Kaimakam eben, einem Günstling des neuen Gouverneurs das Feld zur Ausbeute zu überlassen. Er fand für mich also wenig Zeit. Von seinem gefälligen Defterdar erfuhr ich, dass der Sumlaer Kasa Theile dreier historischer Landschaften einschliesse: die Nahie Alöak mit der Hauptstadt Sumla und 43 Dörfern, die Nahie Gerlovo mit 13 und den Deli Orman mit 48 Orten. Ein Blick auf meine Karte zeigt übrigens, wie wenig die Umgrenzung des Kreises dem realen Bedürfnisse seiner Angehörigen entsprach; um hier nur eines Details zu gedenken, wird es sofort auffällig, dass die südlich vom Balkan liegenden vier Orte: Krdzalar, Kamcik Mahle, Rupca und Murad deresi vom entfernten jenseitigen Sumla regiert wurden! Derartige Anomalien in der administrativen Eintheilung der Donauprovinz erklären sich, weil die Pforte alle in europäischen Staaten als unumgänglich erachteten administrativen Hilfsmittel gründlich missachtete, auch keine Karte besass, welche derartige, auf den Regierten schwer lastende Uebelstände klar stellte. Nur weil dieses prächtige Reich von solch bildungslosen Männern verwaltet wurde, blieb mir die Aufgabe, mindestens für einen Theil desselben eine Administrationskarte herzustellen, welche für das grosse Ganze längst hätte existiren müssen! Vom Konak wanderte ich in Gesellschaft des unermüdet gefälligen Militärarztes Busch hinan zum höher gelegenen Stadttheile. Hier ruht der um die Ausbreitung des Osmanenreiches verdiente Tschesairli Hassan Pasa, welcher 1768 Sumla's Festungsrayon bedeutend ausdehnte, in einem prächtigen Mausoleum; hier erhebt sich auch über zahlreiche Moscheen und einen kleinen Wald von Minareten, nahe dem bescheidenen quadratischen Uhrthurme, die vom Vezier Kihaja Scherif Effendi 1648 erbaute, mit reichen Stiftungen ausgestattete Tum-buli Dzami, welche der Chronist Wessif erwähnt. Sie ist die schönste aller Sumlaer Moscheen; die Bulgaren behaupten, dass sie früher ihre Hauptkirche war und dass alter Freskenschmuck hinter der Tünche sich verberge. Leider war die Moschee geschlossen; dem Aeussern nach zu_urtheilen, ist sie ein octogonaler, architektonisch höchst interessanter Kuppelbau, mit ungemein schlankem Minaret und einem von vielen kleinen Kuppeln und Spitzsäulchen überhöhten pittoresken Nebengebäude. Mit ihren reizvollen Details gab die im Ganzen massive Baute dem farbig unruhigen Wesen dieses moslimschen Stadttheils einen wohltuenden festen Mittelpunkt. Weit in den Hintergrund hinaus gerückt, liegt isolirt auf einer Anhöhe das Militär-Hospital, umgeben von einem prächtigen Naturparke. Pflanzungen aller Art ziehen die Höhen des redoutengekrönten Berggurteis hinan, welcher bis in die weite Ferne das Bild malerisch abschliesst. Am 5. Mai 1837 besuchte der Reformsultan Mahmud auch Sumla. Moltke, der ihm vorausgeeilt, war Zeuge seines Empfanges und verewigte denselben durch folgende charakteristische Stelle in seinen Briefen: „Die Empfangsfeierlichkeiten scheinen überall dieselben zu sein. Se. Kaiserl. Majestät steigen eine Viertelstunde vor der Stadt in ein Zelt ab, um den blauen Ueberrock mit der rothen Uniform zu vertauschen. Für wen er eigentlich diese Toilette macht, weiss ich nicht; bei uns ist man gewöhnt die Pracht des Monarchen durch den Glanz der Grossen und Mächtigen, die ihn umgeben, gehoben zu sehen. Hier ist nur ein Herr, die Uebrigen sind Knechte, und ich sehe nicht ein, warum der Eine sich die Mühe giebt, etwas Anderes als einen Schlafrock anzuziehen. Sobald Se. Hoheit vom Pferde stiegen, Hess man eine Menge Minen in den Steinbrüchen auf den Bergen rings umher auffliegen. Zu beiden Seiten des Wagens paradirten die Notabilitäten der Stadt, rechts die Muselmänner, links die Rajahs. Obenan stehen die Moliah oder Geistlichen, welche noch immer den schönen weissen Turban behaupten, dann folgen die weltlichen Sommitäten. Links paradierten erst die Griechen mit Lorbeerzweigen, dann die Armenier mit Wachskerzen und endlich die armen, verhöhnten und gemisshandelten Juden, die hier etwas vor dem Hunde, aber hinter dem Pferde rangiren. Die Moslem standen aufrecht mit über den Leib verschränkten Armen, die Rajahs aber, und selbst Bischöfe und Priester mit den geweihten Kirchengeräthen, warfen sich nieder und blieben mit der Stirn an der Erde, bis der Sultan vorüber war; sie durften das Antlitz des Padischah nicht schauen. So etwas muss freilich das Selbstgefühl der Türken nähren, und doch kann und wird dies nicht lange mehr fortbestehen. An mehreren Stellen wurde beim Vorüberreiten des Grossherrn der Kurban oder das Opfer an sieben Hammeln vollzogen, welchen man die Hälse abschnitt. Heute am Freitag (dem türkischen Sonntag), ging der Grossherr mit zahlreichem Gefolge in die Moschee, ich habe dagegen mit meiner Aufnahme zu thun." Nur vier Decennien liegen zwischen 1837 und heute, doch welche Contraste! Zurückgekehrt nach dem bulgarischen Stadttheile, dessen Seehöhe ich mit 238 M. bestimmte, eilte ich den neuestens oft genannten Strecker Pasa zu besuchen. Unter den vielen Officieren, Beamten, Lehrern, Ingenieuren und Oorbasi, welche ich zu Sumla kennen lernte, war Strecker jedenfalls die fesselndste Persönlichkeit. Mit anderen preussischen Unterofficieren kam er in den fünfziger Jahren als „Instructor" nach Constantinopel und trug seinerseits viel dazu bei, die türkische Artillerie auf den hohen Standpunkt zu bringen, welcher sie zur besten Waffe im sultanlichen Heere macht. Gleich Blum avancirte er allmälig unter moslimschem Namen zum Pasa; als „Wilhelm Strecker" wurde er in geographischen Kreisen ehrenvoll bekannt durch seine „Beiträge zur Geographie von Hoch-Armenien". Der Pasa war so liebenswürdig mir diese Arbeit persönlich zu verehren und im anziehendsten Gespräche verlebte ich mehrere Stunden in seinem gastlichen Hause. So leicht es mir vielleicht geworden wäre, unter des angesehenen Pasa's Aegide, Sumla's Werke zu besichtigen, wollte ich doch keine bezügliche Bitte stellen. Die türkischen Autoritäten sollten nicht glauben, als verfolgte ich auf meinen Reisen andere als rein wissenschaftliche Zwecke; so vermied ich es auch hier, wie später zu Varna und Silistria, Befestigungen und militärische Etablissements zu besuchen. Solche, durch schlimme Erfahrungen zu Zvornik und Nis gebotene Enthaltsamkeit brachte mich allerdings an diesen Punkten um die Gelegenheit, den baulichen Resten aus classischer und mittelalterlicher Zeit nachzuforschen. Ich vermag deshalb auch nicht bestimmt zu sagen, ob zu Sumla Spuren einer römischen Anlage vorhanden, obwohl ich im Hause des Öolak Zeko, wo ich eine Truhe von prachtvoller italienischer Arbeit aus der besten Renaissancezeit sah, auch antike Fragmente, mit Schlangen verzierte Capitäle, eine Stele mit dem Bilde der Diana u. s. w. traf. Diese Reste allein geben aber kein untrügliches Zeugniss für eine römische Ansiedlung zu Sumla; denn sie könnten von einer anderen herrühren, welche ich unferne der Stadt entdeckte und noch schildern werde. Meine Nachfolger werden auch die Stelle zu bestimmen haben, auf welcher das alte Sumlaer Schloss stand, von dem Wessik Effendi spricht. Sumla, das die Bulgaren seit Alters her Sumen und die Türken später Sumna nannten, war zweifellos vor der türkischen Eroberung befestigt gewesen. Auch Hadzi Chalfa erzählt gleich Wessik, dass Sultan Murad Sumla's Schloss im J. 1388 durch Capitulation dauernd gewann, nachdem sein Grossvezier Ali Pasa, von Adrianopel über Aidos und Pravadi ziehend, Donau - Bulgarien^ im Siegesmarsche bis Nikopoli unterworfen und Car Sisman gebeugt hatte. Sumla verfiel bald und erst in den beiden letzten Jahrhunderten, seit es Fortificationen im modernen Style erhielt, wird es wieder genannt. Dreimal näherten sich russische Heere diesem nördlichen Bollwerke der europäischen Türkei — Rumjaneoff 1774, Kaminski 1810, Wittgenstein 1828 — ohne es nehmen zu können. 1829, nachdem Diebitsch bei Kulevca die türkische Operationsarmee geschlagen und in das befestigte Lager von Sumla zurückgeworfen hatte, Hess er dieses einschliessen, während er mit dem Hauptcorps seinen kühnen Marsch über den Balkan ausführte. 1854 wurden Sumla's vernachlässigte Werke durch französische und englische Ingenieure restaurirt und mit dem bereits erwähnten Gürtel von Redouten ergänzt, der 1876 durch weitere Erdwerke verstärkt wurde. Die That-sache, dass Sumla während der berührten russischen Feldzüge nie erobert wurde, Kunitz, Donau-Bulgarien und der Balkan. III. erfüllte die Türken mit der Idee seiner Uneinnehmbarkeit. In Wahrheit erwies es sich auch im J. 1878, als die russische Heeresmacht gegen Sumla vordrang, um die es trotz des Vertrages von St. Stefano behauptenden Türken aus demselben zu delogiren, als eine schwer zu bewältigende Position. Es dürfte interessant sein, die Ansichten einiger Militärs über Sumla's wirkliche Bedeutung zu reproduciren. G. M. Macintosh, welcher Ost-Bulgarien 1854 besuchte, urtheilte über die nordbulgarische Festung: „Sumla, auf der directen Marschlinie nach Constantinopel gelegen, ist bis jetzt der gewöhnliche Sammelplatz der türkischen Truppen gewesen, wenn ein Krieg mit Russland bevorstand. Es ist nach Nordwesten und Süden durch einen weiten Halbmond von schroffen Höhen umgeben und nach Osten zu von einer sumpfigen Schlucht, die ihre Wasser in den Kamcik ergiesst. Es enthält ungefähr 6000 Häuser und zwar so, dass der niedrige Theil der Stadt von den Christen, der obere von den Türken bewohnt ist. Es hatte lange Mauern von grosser Ausdehnung besessen, die die Höhen im Rücken hinaufstiegen, es mit einem alten Fort oder einer Citadelle verbanden oder mit kleinen runden Thürmen besetzt waren, die 5—6 Verteidiger fassen konnten; aber zur Zeit meines Besuches waren diese Werke sammt den späteren Befestigungen, in Folge des Friedens von Adrianopel, fast ganz verschwunden und die Werke waren im Allgemeinen in sehr verfallenem Zustande. Die Citadelle existirte allerdings noch und konnte als das Herz oder der Kern des grossen, so gebildeten verschanzten Lagers betrachtet werden. Im letzten Kriege waren diese Befestigungen durch eine ausgedehnte Enceinte, hauptsächlich von Erde und Palissaden, vermehrt worden. Sie war auf den Höhen errichtet und erforderte viele Truppen zu ihrer Vertheidigung. Die bei türkischen Befestigungen gewöhnlichen flachen Projectionen statt der Bastionen, um ein Flankenfeuer zu geben, waren bei diesem Werke zahlreich, und an den höchsten Punkten vor den fortlaufenden Verteidigungslinien war eine doppelte Reihe von Redouten erbaut, so wie andere detachirte Werke an der westlichen und südlichen Seite, um die Stadt nach dem Balkan hin zu decken. Diese Befestigungen waren aber einige Jahre nach dem letzten Friedensschlüsse fast ganz beseitigt oder doch so nivellirt, dass sie nutzlos waren, und erst seit der jüngsten Erneuerung der Feindseligkeiten wurden Schritte getan, um sie wieder in Ordnung zu bringen. Seitdem sind auf der wellenförmigen Ebene nach Osten zu neue Redouten erbaut worden und man hat grosse Sorgfalt auf die Deckung dieser Seite verwandt. Zu diesem Ende verbindet man die hier aufgeführten Werke mit denen auf dem höheren Terrain, auf den Flanken und im Rücken, wo auch schwere Batterien errichtet worden sind. Die meisten Werke sind mit Kanonen en barbette ausgerüstet und beherrschen die Punkte, die der Feind zum Beginn seiner Laufgräben benutzen könnte. Dennoch laborirt Sumla an dem Nachtheil, dass es an sich eine offene Stadt ist, umgeben von einer Kette von Redouten und anderen Werken; es ist eher eine befestigte Position, die eine grosse Truppenmacht zu ihrer Vertheidigung fordert, als eine Festung, die mit einer massigen Garnison einer stark überlegenen Macht widerstehen könnte. Es ist oft bemerkt worden, dass dieser berühmte befestigte Platz sowohl im Westen auf dem Wege von Eski Dzuma und Osmanpazar, als auch im Osten auf der Route von Pravadi nach Karnabad umgangen werden kann, dass ferner zur selben Zeit, wo die Vertheidigungstruppen von einem Corps von Silistria her blockirt würden, eine feindliche Division, die von Razgrad über Eski Dzuma, und eine andere, die von der untern Donau über Pazardzik käme, sich in sehr günstigen Stellungen im Thal des Kamcik bei den Dörfern Eski Stambul und Maras zwischen Sumla und dem Calikavak - Pass vereinigen und alle Communi-cationen mit Adrianopel und anderen Plätzen im Rücken abschneiden könnten. Ausgemacht ist, dass die Russen 1829 nicht nur die Verbindung Sumla's mit Adrianopel abschnitten, sondern die Berge überstiegen und selbst dahin marschir-ten. Wenn die Pässe jedoch gehörig befestigt und nur massig vertheidigt gewesen wären, so hätte dies verhindert werden können. Früher waren die Russen immer durch die Festung Sumla auf ihrem Marsche aufgehalten worden, da sie den Versuch machten, sich derselben zu bemächtigen, ehe sie die Pässe in ihrem Rücken betraten. Die östliche Seite ist die von Natur zugänglichste, aber die Russen stürmten und besetzten die Höhen, obwohl sie, nicht im Stande, ihre Artillerie hinaufzubringen, bald genöthigt waren, diese Position wieder aufzugeben. Für einen Angriff ist allerdings sogar die östliche Seite schwer zugänglich wegen ihres sumpfigen und zerrissenen Bodens, und eine Blockirung ist ebenfalls sehr schwierig bei der grossen Zahl und Ausdehnung der Berge auf den anderen Seiten; auch mussten die damals gemachten Versuche, den Platz zu blockiren, nach beträchtlichem Verluste wieder aufgegeben werden, und während des letzten Krieges geschah ganz Aehnliches. Diese Resultate haben bei den Türken eine sehr übertriebene Vorstellung von Sumla's Stärke zu Wege gebracht, die sich dann auch in Europa verbreitet bat. Aber Leute von militärischer Erfahrung, die den Ort besucht haben, sind zu allen Zeiten durch die eigene Anschauung seiner Lage sehr enttäuscht worden. Selbst ein gewöhnlicher Beobachter wundert sich zu sehen, dass die Stadt am Fusse der Höhen liegt, statt eine erhabene Position innerhalb des stärksten Theiles derselben einzunehmen. Daraus entsteht die Nothwendigkeit eines durchdachten und ausgedehnten Systems künstlicher Deckungen unten, um den Feind zu hindern, sich seinen Weg in die Stadt zu bahnen oder die Häuser durch ein Bombardement zu zerstören. Und das verschanzte Lager mit seiner kleinen Citadelle auf dem Berge scheint so entfernt — über eine Meile - und wegen der Steilheit so unzugänglich, dass daraus für die Garnison, die oft zwischen ihr und der Stadt hin und her rauss, grosse Unbequemlichkeit und grosser Zeitverlust entstehen. Die kleine Citadelle oder das Fort heisst Stradza tabia und bildet das nordöstliche Ende des schmalen Plateau's, aus welchem die Spitze der Höhen besteht. Dieses Werk, das von solidem Mauerwerk ist, hat zwei, ziemlich wie eine Bastion geformte Einfassungen mit einem Cavalier, die so eine doppelte Enceinte auf diesem Punkte bilden. Ich habe dieselbe Anordnung sowohl in dreifachem als doppeltem Linien-Mauerwerk in den ausgedehnteren Citadellen von Corinth und Napoli di Romagna gesehen und glaube, dass dies bei den Türken und Vene-tianern zu der Zeit, als diese Festungen gebaut wurden, eine sehr gewöhnliche Befestigungsart war. Die anderen türkischen Werke oberhalb erstreckten sich ehemals längs des Randes des erwähnten Plateau's, hingen mit diesem Fort, das in seiner Art gut gebaut ist, zusammen und hatten nach vorn eine Böschung en glacis, die mit niedrigem Buschholz bewachsen war. Das Lager selbst macht, trotz seiner abschüssigen Lage, nicht den Eindruck, als wäre es je sehr stark gewesen; es ist ein Mangel an Verbindung zu bemerken, besonders zwischen seinem höchsten Theile und den Werken unten, was sich bei einer Vertheidigung als sehr nachtheilig erweisen muss. Es scheint, als ob der Verlust des Plateau's den der ganzen Festung nach sich ziehen mtisste, da die Stadt und mehrere der detachirten Werke von verschiedenen Theilen desselben beherrscht werden. Ich bemerkte, dass die Position von Kulevca von diesen Höhen aus sichtbar ist, und es scheint unbegreiflich, dass das Anrücken der Macht Diebitsch's von der Donau her nicht bemerkt und Reschid Pasa, als er von seinem schlecht überlegten Zuge gegen Pravadi zurückkehrte, gemeldet worden ist. Die Schriftsteller, die diese Frage behandelt haben, haben den Plan, Sumla zu blockiren und mit der Hauptmacht weiter zu marschiren, als den besten bezeichnet, den man befolgen könnte, obgleich der Nutzen desselben sehr zweifelhaft ist, falls die Vertheidiger im Besitze Varna's und der Herrschaft des Schwarzen Meeres sind. Selbst wenn es nicht uneinnehmbar und einer Blockirung unterworfen ist, bleibt Sumla doch durch seine Lage immer ein sehr wichtiger Punkt für streitende Armeen. Die Thäler, an deren Spitze es liegt, laufen mit beständiger Absteigung dem Meerbusen von Varna zu und ziehen sich mit ihren beiden Flüssen an der nördlichen Seite des Balkans hin." General Macintosh^ Bemerkungen sind gewiss werthvoll; wenn er jedoch zu den nur oben ganz allgemein erwähnten Schriftstellern, wie es scheint, auch den von ihm stark benutzten Moltke zählt, möchte ich constatiren, dass der deutsche Feldherr in seinem Werke eine von anderen Kritikern des russischtürkischen Krieges 1828—29 sehr abweichende Ansicht äusserte. Ich lasse hier aus der bezüglichen classischen Schilderung einige Stellen folgen, welche, selbst heute noch voll Realität sind und ein hohes Interesse beanspruchen. Moltke schrieb: „Die grosse Strasse von Ruscuk und Silistria nach Constantinopel überschreitet das Gebirge nicht, sondern zieht dicht östlich an Stradza, Sumla und Öengel vorüber. Dagegen steigen ausser dem nur für Reiter zugänglichen Pfade von Öengel, die fahrbaren Strassen von Trudza, Kotes, Novoselo, Puhalar, Gradesti und Dorums auf das Plateau hinauf. Auf allen diesen Strassen konnte dem türkischen Heere Ersatz und Zufuhr aus Gegenden zugehen, welche von den Küssen nicht besetzt waren. Einen Angriff von diesen Seiten her hatte es dagegen gar nicht zu fürchten, denn die obere Fläche des Plateau's ist mit Jungholz von solcher Dichtigkeit bestanden, dass es einem einzelnen Reiter geradezu unmöglich wird, ausserhalb der schmalen, einspurigen Wege fortzukommen, und dass selbst Tirailleurs grosse Mühe haben würden, durchzudringen. Die wenigen Wege bilden also meilenlange Defile's, auf welchen weder eine Wechselwirkung der verschiedenen Waffen, noch überhaupt irgend eine Entfaltung von Massen möglich ist. Der verwundbarste Fleck dieses an sich so starken Platzes war und ist noch heute da, wo er am imposantesten aussieht, nämlich auf dem nach Süden schroff abstürzenden, von Norden aber leicht ersteigbaren Höhenrücken des Stradza. Das dortliegende Fort ist zwar revetirt, aber von sehr schwachem Profil und gegen eine Ersteigung keineswegs gesichert. Die Höhe ist von Gradesti und Dorums aus durch das nicht wohl unter Feuer zu haltende Thal Kurtbogas (Wolfsschlucht) von Norden her zu gewinnen. General Kaminski hatte im J. 1810 die spitzen Waldkuppen nördlich von Stradza bereits besetzt, und es ist allerdings überraschend, dass dieser Vortheil hier so leicht aufgegeben wurde, da man sich von der eroberten Höhe längs des Abhanges hinter Sumla hinziehen konnte. Sobald man aber im Besitz dieser, die Stadt ganz beherrschenden Crete ist, kann der Ort durchaus nicht mehr behauptet werden. Jetzt hingegen war Stradza mit in die Verteidigungslinie gezogen. Das Vorgehen eines Detachements durch den Kurtbogas würde in dem, der Fechtart der Türken so günstigen Berg- und Waldterrain starken Widerstand gefunden haben, ein allgemeiner Angriff von Norden her aber, und um so mehr als Silistria und Ruscuk noch nicht genommen waren, alle Communicationen des Heeres aufs Spiel gesetzt haben." Durch die offene Kehle, welche NO. in das von Bergen umwallte Sumla führt, gelangte ich am 15. Julimorgen hinaus in das weite befestigte Lager, das jeden Sommer Truppen aller Waffen zu grösseren Uebungen vereinigte. Endlos dehnten sich die grünen und weissen Zeltreihen bis zum Bulanikbach, die Truppen führten alle Marschbewegungen mit Präcision aus, es wurde im Feuer exercirt und ich hatte das lebendigste Kampfbild vor mir. Auch einige armirte Redouten griffen in das Scheingefecht ein; die auf der Hochebene vorgeschobenen lagen vorlassen da. Ich kam an der „Hussein-" und „Öali tabia" vorüber, welche Sumla gegen NO. decken, weiter an der „Sultan-", „Cengel-" und „Macin tabia", welche seine Strassen nach Köpriköi und Eski Stambul gegen S. offen halten. Trefflich erfüllten sie diese Aufgabe im Feldzuge 1828—29; im J. 1878 blieb ihnen eine neue Probe erspart. Als die Russen bei Simnica ihren Donau-Uebergang nach Bulgarien glücklich vollbracht hatten, sandte der aufgerüttelte Constantinopler Kriegsrath den alten Senator Namik Pasa mit dem Kriegsminister Redif Pasa in das Hauptquartier nach Sumla, um Abdul Kerim zu energischerem Handeln zu bewegen. Sie constatirten bei diesem Anlasse, dass die militärischen Verhältnisse im Festungsvierecke Sumla, Varna, Silistria, Ruscuk durchaus nicht glänzend waren und die Nothwendigkeit rasch seine Besatzungen zu verstärken. Im Commando von Sumla erfolgte ein häufiger Wechsel. Nach Rauf Pasa kam Takir, welcher Anfang November eine Besatzung von 10,000 Mann mit 24 Feldgeschützen befehligte. Im December, als die Lage der türkischen Lom-Armee sich bedenklich verschlechterte, wurden die in Sumla's südlicher Umgebung ausgehobenen 7000 Mustafiz in seinem Lager nothdürftig exerciert und sodann Suleyman's Centrum zugesendet, ohne dessen Niederlage und Rückzug aufhalten zu können. Nach dem Friedensschlüsse von St. Stefano verweigerten die Türken unter verschiedenen Vorwänden Sumla's Uebergabe an die Russen; und trotz Todleben's aufgewendeter Energie, um die Räumung des hochwichtigen Platzes zu erlangen, erfolgte diese erst im Juli 1878. Bis zum Berliner Vertrage galt es als zweifellos, dass die Pforte eher den Kampf auf's Aeusserste fortführen werde, als den Balkanschlüssel Sumla den Russen auszuliefern. Bis zum letzten Augenblicke glaubte man nämlich in Con-stantinopel an einen günstigen Umschwung in den Ansichten der entscheidenden Westmächte und instruirte Fazli Pasa, den commandirenden General im Sumlaer Festungsrayon, dessen Besetzung, wenn nothwendig, mit Gewalt zu verhindern. Fazli, ein geborener Tscherkesse, blieb taub für alle russischen Drohungen, wie gegen versuchte Bestechungen mit Gold, man sprach von 30,000 Lira, sowie mit Ehrenstellen in Russland. Er antwortete damit, dass er den sich wiederholt an ihn drängenden Unterhändler, einen in der Festung wohnhaften persischen Kaufmann ausweisen Hess. Selbst als Mahmud Damat Pasa, der russenfreundliche Präsident der Dari Schura, den formellen Befehl zur Räumung ertheilte, erklärte Fazli, er werde nur auf des Sultans handschriftliche Ordre Sumla den Russen übergeben, bis dahin aber jede Ueberschreitung der im Kazanliker Vertrage bestimmten Demarcationslinie mit den Waffen zu verhindern wissen. Dabei fuhr er fort die Festungswerke zu verstärken und zu ihrer Vertheidigung die Moha-medaner der Stadt und Umgebung, gleich den aus Ost-Bulgarien zuströmenden moslimschen Flüchtlingen militärisch zu organisiren. Am Tage nach der Unterzeichnung des Berliner Friedens •sendete General Vanovsky, Commandant des XII. Armeecorps durch den Flügel-Adjutanten Öere-metieff eine telegraphisch übermittelte Abschrift des Vertrages an Fazli mit der Aufforderung nunmehr die zweifellos stipulirte Räumung Sumla's zu bewerkstelligen. Der Pasa beharrte jedoch auf seiner Weigerung und Hess sich in dieser auch nicht durch einen Befehl Reuf Pasa's, des Grossmeisters der Artillerie und General-Inspectors der Festungen beirren, der ihm vorschrieb, Sumla den Russen zu übergeben. Im Gegentheil nahm Fazli mit einem Theile seiner Truppen Stellung auf der Strasse Jenipazar-Varna, besetzte und befestigte die Bahnstationen Isiklar, Seitandzik Shumla-road und traf Anstalten sich aufs Aeusserste zu vertheidigen. Inzwischen war die Pforte zu der Einsicht gelangt, dass der Moment zur Aufgabe ihrer dilatorischen Politik gekommen sei. Izzed Bei, des Sultans Flügeladjutant und persönlicher Freund, erschien in Sumla mit einem Handschreiben des Padischah, worin dieser Fazli Pasa für sein loyales und energisches Benehmen in warmen Worten dankte, ihm aber gleichzeitig befahl, Sumla den Russen zu tibergeben und dessen Besatzung nach Varna zu führen. Der hartnäckige General holte auch nun zuvor noch den Rath des englischen Botschafters Layard, sowie dessen in Sumla weilenden Militär-Attache's Sir Gordon Lennox ein und entschloss sich unter Thränen, erst auf deren dringende Zuspräche, des Sultans Befehl zu vollziehen. Die mit General Vanovsky abgeschlossene Convention vereinbarte für Sumla's Räumung folgende Bedingungen: Zur Aufrechthaltung der Ordnung und Bewachung des türkischen Kriegsmaterials bleiben die Zapties, 1 Bataillon Infanterie, die Kaleh topci (Stadt-Artilleristen) zurück; die türkischen Behörden werden bis zum Ersätze durch russische weiter functioniren; die Geschütze und alles Kriegsmaterial verbleibt dem Sultan; eine gemischte Commission wird für deren Fortschaffung sorgen; die Russen werden die während des Krieges compromittirten Bürger nicht verfolgen und die mohamedanische Bevölkerung in ihren Rechten schützen; die türkischen Truppen marschiren mit Geschützen, Waffen und Gepäck auf der Strasse und längs der Bahn nach Varna; die an diesen Wegen von den Russen besetzten Orte werden zeitweilig geräumt. Am 22. Juli vollzog sich Sumla's Räumung in grösster Ordnung. Die von Razgrad, Pravadi und Eski Stambul in drei Colonnen vorgerückten Russen besetzten zuerst das Schlüsselfort Stradza unter Abfeuerung mehrerer General-De-chargen, zum Ausdrucke der Freude, dass Sumla, dieses von keinem Feindesfuss betretene Bollwerk, sich nunmehr in russischer Gewalt befand. Hierauf nahm das russische Gros auf der Linie Madara bis Bulanik, die Reserve auf dem Plateau vor Eski Stambul Stellung. Sumla's durch Leiden und Krankheiten aller Art stark herabgeschmolzene Besatzung zählte nur noch 6 Bataillone Nizams, 1 Bat. Jäger, 18* Bat. Redifs, 4 Tabor Mustafiz, mehrere Abtheilungen Basibozuks, darunter 1 Bat. Zeibeks, 10 Escadronen und 4 Feldbatterien, zusammen mit einem kaum 8000 Mann erreichenden Stande. Beim Ausmarsche erwiesen die entlang der Varnaer Strasse echelonnirten Russeu den vorüberziehenden türkischen Truppen unter Intonirung der Sultanshymne die militärischen Ehrenbezeigungen. Am selben Tage versammelten sich auf dem Serai-Platze, vor dem Palais des Muschirs, am Flaggenstocke, bei dem während des Krieges die Hinrichtung vieler der Spionerie verdächtiger Bulgaren stattfand, in einem von 3 russischen Compagnien gebildeten Vierecke: General Vanovsky und Fazli Pasa mit ihren glänzenden Stäben, die geistlichen und weltlichen Autoritäten, sowie Sumla's moslimsche und christliche Notabein. Die Halbmondfahne wurde salutirt, dreimal auf- und niedergelassen. Während hierauf vom Balcon des Serai ein Ferman des Sultans verlesen wurde, in welchem derselbe den Bewohnern für ihre loyale Haltung in schwerer Zeit dankt, sie gleichzeitig zur Ruhe mahnt und ihnen Gehorsam gegen die neuen Behörden empfiehlt, stieg, von den Russen und der christlichen Bevölkerung mit Jubel begrtisst, unter dem Donner der Geschütze aus den besetzten Forts die Carenflagge mit dem Andreaskreuz am Mäste langsam empor! — Im Berliner Vertrage wurde auch die Demolirung sämmtlicher Werke von Sumla stipulirt; sie ist jedoch bis nun unausgeführt geblieben und innerhalb der niemals bezwungenen Forts garnisonirt heute eine Druzina der jungen bulgarischen Armee. Nach einstündigem Ritt hart am südöstlichen Sumlaer Plateaurande lagen seine Werke hinter uns. Wir betraten das schöne bulgarisch-türkische Dorf Cengel (bulg. Divdjadovo) und eine weitere Stunde brachte uns bei Catalar vollends hinab in die Ebene, wo der von S. kommende Büjük- oder Akili Kamcik die Vrana aufnimmt. Nahe beim Vereinigungspunkte kreuzten wir der letzteren seichte Furth und stiegen sodann Besevli's Höhen hinan, welche einen höchst instruetiven Blick auf das südliche Sumlaer Plateau bis zum Fisek bair gewähren. Ich unterschied hier deutlich seine tief eingeschnittenen kurzen Schluchten, an deren Ausgängen: Turudza, Osmarköi, Kotes, Novoselo, Ortaköi und Öerance liegen, und erblickte hier in voller Breite das weite Glacis, welches die berühmte Bergfestung vom jenseitigen hohen Terrassenkranze scheidet und ihr grösste natürliche Stärke verleiht. Nachdem ich das Südprofil des Sumlaer Bergstockes aufgenommen, ging es über Besevli hinab nach Eski-Stambul, dem ehemaligen Preslav, jener altbulgarischen Residenz, von welcher die ersten heidnischen Chane und später ihre christlichen Nachfolger Krieg und Plünderung über den Balkan ins Reich der byzantinischen Kaiser trugen. Niemand hatte Preslav in neuerer Zeit besucht, und was nach älteren Quellen darüber verlautete, klang so unbestimmt, dass man sich gleich sehr versucht fühlte, an dessen Existenz zu zweifeln oder an den fabelhaften Umfang und einstigen Glanz des altbulgarischen Herrschersitzes zu glauben. Wiederholt erwähnte ich, dass die culturlosen Völkerschaften, welche um die Mitte des vorigen Jahrtausends an der Donau siedelten, wie allerorts wenig zur Anlage stark befestigter Plätze befähigt, ihre grösseren Gemeinwesen daher meist auf den Ruinen zerstörter griechisch-römischer Städte gründeten. Auch zu Eski Stambul stiess ich auf Reste grossartiger Römer werke. Gestützt auf eine Stelle bei Anna Komnena hielten der Historiker Mannert und mehrere neuere Schriftsteller dieselben für identisch mit dem von Trajan begründeten Marcianopolis, ungeachtet die Peut. Tafel und das Itin. Ant. es nur 18 Mill. von Odessus (Varna) und 130 Mill. von Nicopolis ad Haemum ansetzten. Im Kriegsjahre 1829 stiess man bei Devne auf Ruinen, welche Blaramberg als jene von Marcianopolis erkannte. Wir wissen also, dass nicht diese grösste mösische Stadt des IV. Jahrhunderts, sondern eine andere mächtige römische Colonie bei Eski Stambul stand, auf welcher die finno-bulgarischen Häuptlinge ihre feste Residenz Pristhlava aufschlugen, deren Name allmälig in Preslav umgewandelt wurde. Die Byzantiner maassen diesem Chanensitze ihrer heidnischen Feinde, wegen seiner Lage an der von Constantinopel zur Donau führenden Strasse, hohen strategischen Werth bei. Als Kaiser Nikephorus im J. 811 seinen Zug nach Bulgarien unternahm, um der Bulgaren Einfall in Thrakien zu rächen, zog er direct über den Balkan nach Preslav, das Krum mit seiner reichen Beute an griechischen Kunstwerken und Schätzen geschmückt hatte. Nikephorus brannte die Stadt nieder, verliess jedoch den Schauplatz des blutigen Strafgerichts nicht lebend. Der Bulgarenfttrst sperrte die Haemuspässe durch Verhaue und umzingelte den Kaiser derartig, dass er seine kritische Lage erkennend, seine Krieger zu höchster Tapferkeit mit den Worten anspornte: „Niemand hoffe der Gefahr zu entrinnen, wir würden denn zu Vögeln!" Am 26. Juliabende 811 war das byzantinische Heer vernichtet. Gefangene wurden nicht gemacht. Kaiser, Führer und .Vornehme theilten gleiches Loos mit ihren Kriegern; Nikephorus' Kopf Hess Krum aber zur Schau auf eine Lanze spiessen, sodann in Silber als Pocal fassen, aus dem er bei Festgelagen seinen Boljaren zutrank. Preslav entstand aufs Neue aus der Asche und blieb bis 971 die Hauptstadt Bulgariens. Es war auch die Residenz des mächtigen bulgarischen Herrschers Car Simeon (893—927). Ihrer grossen Pracht wegen von den Zeitgenossen viel bewundert und gerühmt, schilderte der Exarch Joannes im Vorworte zum „Ses-todnev" den Eindruck, welchen Preslav in seiner Glanzepoche auf den fremden Besucher übte: „Wenn er aus der Ferne kommend, den Vorhof des fürstlichen Hofes betritt, wird er staunen und zu den Thoren herantretend, wird er ver- wundert nachfragen. Und wenn er in das Innere eintritt, so erblickt er zu beiden Seiten Gebäude, die mit Steinen geziert und mit Holz bunt verkleidet sind. Und wenn er weiter in den Hof hineingeht, sieht er hohe Paläste und Kirchen, mit zahllosen Steinen, Hölzern und Malereien, im Innern mit Marmor und Kupfer, Silber und Gold derartig ausgeschmückt, dass er nicht weiss, womit sie zu vergleichen; denn in seinem Lande hat er nie so etwas, sondern nur ärmliche Stroh-hütten gesehen. Ganz ausser sich wird er in Verwunderung versinken. Aber wenn er zufällig auch den Fürsten erblickt, wie er da sitzet in seinem mit Perlen belegten Gewände, mit einer Münzenkette am Halse und mit Armbändern an den Händen, umgürtet mit einem goldenen Schwerte an der Seite, und wie zu seinen beiden Seiten seine Boljaren sitzen mit goldenen Ketten, Gürteln und Armbändern: da, wenn ihn Jemand nach seiner Rückkehr in die Heimath fragen wird: „Was hast du dort gesehen?" so wird er antworten: „Ich weiss nicht wie ich euch das alles erzählen soll. Nur eure eigenen Augen würden im Stande sein, diese Pracht zu erfassen." Gleichzeitig als Simeon nach Empfang der Kaiserkrone aus Rom, den Fürsten-titel mit jeuem eines „Car" (Caesar) vertauscht hatte, verwandelte sich das bulgarische Erzbisthum in ein Patriarchat und Preslav wurde der Sitz von vier geistlichen Oberhäuptern, deren Namen auf uns kamen. Auch als der Varjäger-fürst Svjatoslav, Bundesgenosse Kaisers Nikephorus gegen die Bulgaren (967), seine Residenz weg vom nordischen Kiev nach dem gesegneten Donau-Bulgarien zu verlegen gedachte, bemächtigte er sich Preslav's und Car Boris IL, welche bis zum Frühjahre 971 unter der Huth seines Häuptlings Svenald blieben*). Da aus Byzanz's Alliirten allmälig ein drohender Rivale geworden war, raffte sich Tzimisches auf und zog über die unbesetzt gebliebenen Balkanstrassen vor Preslav. „Wir sind nicht gekommen, die Bulgaren zu unterwerfen, sondern zu befreien, sie sind unsere Freunde und nur mit den Russen führen wir Krieg", äusserte der Kaiser wiederholt. Das Glück begünstigte ihn. Nach verlorener Feldschlacht vertheidigten die Russen mit seltener Tapferkeit Preslav's mächtige Vorwerke und zuletzt die befestigte Carenburg; doch Tzimisches' Schleuderer und das griechische Feuer besiegten sie. Car Boris wurde frei; lange noch blieb aber sein Reich in des byzantinischen Protectors Händen. Mit Preslav's Herrlichkeit war es nunmehr vorbei. Die folgenden bulgarischen Dynastengeschlechter schlugen ihre Throne abwechselnd zu Tirnovo und in anderen Städten auf. Preslav behielt nur durch seine festen Mauern Werth, und ging häufig aus bulgarischen in griechischen Besitz über, bis es zuletzt türkisch wurde und allmälig verfiel. In der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts war es noch Sitz des römisch-katholischen Erzbischofs, dem auch die Do- *) A. Hilferding, Geschichte der Serben und Bulgaren. I. 139. bruca (la provincia de Tomis) und Moldau unterstand. Hadzi Chalfa beschrieb zu jener Zeit eine Ruine im Districte Sumna (Sumla) als: alte, verwüstete Mauer aus den Zeiten der Ungläubigen, die einen grösseren Raum einschloss, als der Flächeninhalt Constantinopels beträgt, so dass viele Felder und Berge darin eingeschlossen waren. Es war eine feste und breite Mauer, deren Ueberreste noch angetroffen werden. Es sind grosse gevierte Steine, welche die Einwohner jetzt zu ihren Gebäuden verwenden"*). Diese Schilderung des türkischen Geographen entspricht einer älteren Mittheilung des französischen Gelehrten Bongarsius, welcher 1585 mit einer Gesandtschaft über Bukarest nach Constantlnopel reisend, eine Nacht zu Eski Stambul schlief. Bongarsius erzählte: „Eski Stambul, id est vieux Constantinople, bourg, pres lequel y a encores un cerne de murailles de Pierre quarree blanche presque entier de grande estendue, sur le bord d'une petite riviere en une valee"**). Auch Graf Marsigli hatte auf seiner archäologischen Donaureise von bedeutenden Ruinen und Inschriften bei Eski Stambul gehört***); Hammer, Boue, sowie andere Historiker wussten aber keine neuen Aufschlüsse über dasselbe zu geben. Man wird es begreiflich finden, dass ich bei so unbestimmten Nachrichten über eine Localität von eminent geschichtlicher Bedeutung voll gespannter Erwartung mich Eski Stambul näherte, dessen 144 bulgarische und 70 türkische zerstreute Gehöfte, durch einen reizenden Laubpark verbunden, sich gar freundlich von den in blaue Tinten gehüllten Bergen abhoben. Meine Aufmerksamkeit fesselten sogleich einige langgedehnte weisse Mauerfronten, nahe dem deutlich markirten Defilethore, durch welches der Akili Kamcik in die schöne Ebene tritt. Die bulgarische Capitale Preslav hatte jedenfalls in einer ungemein prächtigen Landschaft gelegen, was war von ihrer gepriesenen einstigen Herrlichkeit erhalten geblieben? Diese einzige Frage hielt mich gefangen, als ich das stille Dorf betrat und Vlko den Hanwirth aufsuchte, an den ich von einem Sumlaer Corbasi eine Empfehlung mitbrachte, die bald sein wahrscheinlich sonst miss-trauisch gebliebenes Herz öffnete. „Herr, Ihr werdet bei uns wohl Mauern sehen, wie sie auf der ganzen Erde wahrscheinlich so stark nicht wieder vorkommen; allein geschriebene Steine findet man selten, viele sind zum Bau unserer Kirche und nach anderen Dörfern geschleppt worden, auf dem Kirchhofe dürften aber vielleicht unverwendet gebliebene liegen, auch in meinem Hofe lehnt einer an der Mauer; Gott weiss es, vielleicht stammt er noch von den Latinski her. Der redselige Handzi traf zufällig das richtige; es war ein römischer Votivstein, dessen lateinische Inschrift schon interessant erschien, weil im östlichen Mosien *) Hammer, Rumeli tind Bosna. Wien 1812. S. 35. **) H. Hagen, Jacob Bongarsius. Bern 1874. S. 72. ***) Marsigli, Danubius H. stets das Griechische dorainirte. Sie war jedoch so sehr verstümmelt, dass selbst Momnisen sie aus dem Abklatsche nicht zu entziffern vermochte. Mehr wusste der Handzi über Eski Stambul's Alterthümer nicht zu sagen; „Herr, es ist nicht weit zum grad (Schloss), es ist wohl am besten, Ihr seht selbst, was noch von ihm vorhanden ist." Während unseres Gespräches waren die Dorfältesten herbeigekommen, aber auch bei ihnen war jede Tradition von Preslav's einstiger Caren-pracht erloschen. „Kim bilir" und „Bog zna je!" (Wer weiss es, Gott weiss es) lauteten die tröstlichen Antworten auf meine in verschiedenster Fassung gestellten Fragen. Kaum gönnte ich mir, einen frugalen Imbiss zu nehmen, dann -zog ich mit dem Zaptie hinaus auf das Ruinenfeld. Dort traf ich Zigeuner in tiefen Gruben, mit der Ausgrabung antiker Ziegel beschäftigt und zahlreiche Höhlen neben Ruinenstätte von Prcslav. künstlichen Hügeln zeigten, dass man dieses Geschäft hier seit langer Zeit betrieb. Ueberall stiess ich auf Thonscherben von terra sigillata, auf quadratische und polygone farbige Mosaiksteinchen, doch nirgends auf gestempelte Ziegel. Ueber hochgethürmte Schutthalden in ziemlich regelmässigen Abständen näherten wir uns endlich den weissen Linien, welche ich bereits aus weiter Entfernung beim Abstiege von Besevli erblickt hatte und die nun als colossale Mauern sich erwiesen, deren treffliches Gefüge zweifellose antike Arbeit verrieth. Grösstenteils fehlte die von Bongarsius und Hadzi Chalfa erwähnte quadratische Steinbekleidung; wo sie vorhanden, sprach sie für die bewundernswerthe Tüchtigkeit der römischen Baumeister. Ich war also unerwartet auf classische Ruinen ge-stossen; vergebens suchte ich aber auf dem der Zerstörung schutzlos anheim gefallenen weiten Plane ornamentirte oder selbst nur einfach profilirte architektonische Werkstücke, wie ich solche auf dem Ruinenfelde von Nikopolis zahlreich traf. Ich versuchte den Grundriss der riesigen Trtimmerstätte klar zu ] stellen, fand jedoch bald, dass es hierzu namentlich gegen W. einer Blosslegung der vom » Erdreiche bedeckten Mauern bedurfte, für welche mir Zeit und Leute fehlten. Ausgrabungen im grösseren Style würden gewiss Sculpturen und Inschriften ans Licht fördern, welche über diese Römercolonie am Kamcik Aufschlüsse geben könnten; denn dass hier nicht Trajans Marcianopolis stand, wie man bisher allgemein annahm, erwähnte ich bereits früher. So sehr auch die colossalen, nach dem Kamcik gerichteten Mauern mein Interesse erregten, war ich begreiflicherweise doch im Ganzen enttäuscht, da ich nirgends eine Spur von der vielgerühmten Residenzpracht der Bulgarencare entdecken konnte. Allerdings erzählte der Chronist Joannes, dass Preslav's Paläste „mit Holz bunt bekleidet" gewesen, was ihre geringe Widerstandskraft gegen Zeit und Elemente erklärt; allein er sprach auch von Bauten aus dauernderem Ma-teriale, von Stein und Marmor, mit Kupfer-, Gold- und Silberzier, dann von Malereien, also wahrscheinlich von Fresken. Wo waren alle Reste dieser nachrömischen Herrlichkeit hingekommen? Noch eine Hoffnung blieb mir. Ich wusste aus alter Erfahrung, dass die bulgarischen Kirchhöfe in der Nähe classischer Stätten gewissermassen als Reliquiarien ihrer monumentalen Fragmente dienen. Erwartungsvoll stieg ich also zum Dorf kirchlein hinan, doch auch hier war die Ausbeute äusserst dürftig. Ich fand einige Säulenstämme von durchschnittlich 0,5 M. Durchmesser, einen zwölfseitigen Stein von 2 M. Länge, 1,2 M. Breite, 0,6 M. Höhe, mit kreisförmiger Vertiefung und schematisch antikisirendem Profil, ferner ein grösseres Architekturstück mit gleichfalls byzantisirender Ornamentirung. Bei der nahen Berührung der spätrömischen mit der frühbyzantinischen Kunstepoche darf ich wohl die Vermuthung aussprechen, dass diese Reste vielleicht von Car Simeons Kirchen herrühren, und die Tradition von dessen reichgeschmückten Bauten wäre demnach gerechtfertigt. Ob zweifellose Ueberbleibsel vom bulgarischen Herrschersitze Preslav vorhanden sind, können nur tief in die Erde gehende Forschungen erweisen; denn wie ich Allen, welche sich für diese berühmte Stätte interessiren, leider versichern darf, ist das Zerstörungswerk auf derselben ein vollkommenes. Mit Ausnahme der primitiven Kräften unüberwind-baren Widerstand leistenden Römermauern wurde Alles dem Boden gleich gemacht; Byzantiner und Moslims haben jede monumentale Spur von den ihnen gleich verhassten Bulgarencaren in gründlichster Weise zu tilgen gesucht! Von Eski Stambul, dessen Seehöhe ich mit 153 M. bestimmte, und das, nach einem vom russischen Ingenieur Kopitkin 1880 ausgearbeiteten Entwürfe für die neue politisch-administrative Eintheilung des Fürstenthums, zum Bezirksortc erhoben werden soll, führen zwei Passagen über den Balkan zum jenseitigen Kazan. Die östliche wurde als „Calikavak-Pass" im russischen Feldzuge 1829 näher bekannt, die westliche aber neuestens für die Eisenbahntrace Sumla-Jam-boli von türkischen Militärs ins Auge gefasst und mir auch deshalb von General Strecker zu näherer Erforschung angelegentlichst empfohlen. Es bedurfte nicht erst dieses Momentes, ich hatte die Strasse bereits in mein Routier einbezogen, denn die genaue Aufnahme des wenig gekannten Akili Kamcik-Quellgebietes war einzig auf derselben zu bewerkstelligen. „Kamcik" ist der türkische Name des von den Bulgaren „Kamcija" (Peitsche) genannten Flusses, er wird im Lande am häufigsten gebraucht und ich gebe ihm auch deshalb in meinen Schilderungen den Vorzug. Die Fahrstrasse nach Jamboli zieht von Preslav zunächst eine kurze Strecke W. und dann in einigen Curven über den südlichen Dervis bair hinab zum Akili Kamöik. Für meine kartographischen Zwecke wollte ich das Defile kennen lernen, durch welches der Fluss in die Sumlaer Niederung tritt. Ich zog über den durch Eski Stambul fliessenden kleinen Bach SO. zur Kamcikenge; das Bulgarendorf Dragojevo (150 Häuser), sowie dessen höher gelegenes Tscherkessen-Mahle blieben links und nun ging es durch volle zwei Stunden am vielgekrümmten, S. N. haltenden Kaincikrinnsal zwischen ansehnlichen Bergen hin, welche meist prächtiger Laubwald bedeckt. Ihre steil geböschten und tief eingerissenen Hänge senden zuweilen Sturzbäche mit kurzem Laufe herab, selten erscheint eine Lichtung, ein grasiger Plan mit weidenden Herden; hingegen treten blossgelegte thonige Grünsandsteinfelsen mit eingesprengten Feuersteinadern oft an den schmalen Reitpfad und zwingen ihn bis zum Defileende achtmal die Flussufer zu wechseln. Im Hochsommer sind alle Fürthen leicht passirbar. Lautlose Stille herrschte in der ernst stimmenden Scenerie, erst nachdem wir über zwei Drittheile der Enge zurückgelegt, verriethen einige unter • Anbau gesetzte Flecke die Nähe Kara Demirdze köi's, des „Schwarzeisendorfes", in dem ich zu übernachten gedachte. Einige am Brunnen verspätete Frauen wiesen uns den Weg zum Ortsmuhtar und wie immer in türkischen Orten erheischte es vielen Parlamentirens, bis wir im Mussafirlik, unsere Pferde aber in einem improvisirten Stalle untergebracht waren. Unser Gratishötel lag in 166 M. Seehöhe auf einem Hügel, vollkommen isolirt und enthielt zwei, durch eine dritte Bretterwand getrennte winzige Räume von etwa 4 Meter im Gevierte. Obschon der Muhtar versicherte, es hätten oft zehn Personen im Mussafirlik genächtigt, zeigte ein flüchtiger Blick, dass wir unmöglich hier alle Platz finden konnten. Meine Leute beantworteten des Primaten Bemerkung mit einigen Witzen, grämten sich sonst aber wenig ihr Lager im Freien aufschlagen zu müssen; denn die Nacht war unbeschreiblich mild und da schläft der Orientale, auch ohne äussere Nöthigung, ungern zwischen Mauern. An Schlaf war übrigens weder in, noch ausser dem Häuschen zu denken, weil eine nach uns eingetroffene Saumthiercaravane den Plan vor demselben in ein lärmendes Lager verwandelte. Meine Begleiter unterhielten sich mit den vielgewanderten Sttrüdzi's bei Kaffee und Tschibuk bis zum Tagesan- bruch. Auch ich gab das von zahllosen kleinen Insassen mitbewohnte dumpfe Gemach auf und wurde so, am lodernden Feuer den Morgen erwartend, einer überraschend schönen meteorologischen Erscheinung ansichtig. Gegen 41/2 Uhr jagte nämlich eine vereinzelte schwarze Wolke mit Blitzesschnelle, durch den tiefblauen Aether, dicht über unseren Köpfen den südwestlichen Bergen zu, an deren höchstem sie geraume Zeit hängen blieb. Mit dem ersten Sonnenstrahl zogen wir über die schöne Hochebene zwischen Öuhujusuflar und Jünlüjer weiter gegen Westen. Hohe Berge schoben sich zwischen uns und den an ihrem östlichen Hange, in weit ausgreifender Curve fliessenden Kamcik. Bald hatten wir die Sehne N.S. durchschnitten und stiegen nun wieder abwärts zu seiner Rinne in einem prächtigen Thale, dessen ungeahnte grosse Ausdehnung mich überraschte. Vor Begirli ritt ich auf eine tumulusartige Höhe und blickte im Schatten ihres einzigen Baumes lange hinaus in die entzückende Landschaft, welcher der belebende Wechsel von Wasser, Weide, Feldern und Obstbäumen, von bewaldeten Bergen mit leicht gewelltem Terrain wunderbaren Reiz lieh. Trotz des guten Bodens producirt aber das starkbevölkerte Thal selbst in guten Jahren nur den nothwendigen Brodbedarf, in mittleren werden Weizen und Mais auswärts gekauft; hingegen ist es ungemein reich an schonen Herden und sein Rohhäuteverkauf nach Osmanpazar allein sichert ihm eine bedeutende Einnahmsquelle. Mein Staunen über das unerwartet vor mich getretene Stück bulgarischer Welt erscheint wohl gerechtfertigt, wenn man bedenkt, dass ich in diesem oberen Kameikthale und seinen zahlreichen wasserreichen Querschnitten 54 Orte feststellte, wo Kiepert's Karte nur 8 kannte. So wie die erste Ueberraschung vorüber, begann ich mit dem Studium des Terrains; denn seine frühere Darstellung war eine total der Wirklichkeit widersprechende. Vergleicht man mein Croquis des 7,5 geographische Meilen langen Thalgebietes selbst mit Artamanoffs neuester Karte vom J. 1876, so erhält man eine Idee von der Arbeit, welche ich an jenem beissen Julitage zu vollbringen hatte. Die erwähnte, mit rohen Grabsteinen bedeckte Höhe (301 M.) gewährte für die erste Orientirung gegen S. ein Observatorium, wie man es trefflicher nicht leicht wünschen konnte. Der hohe Balkan rollte sich mit seinen Vorbergen weithin deutlich auf, der tiefe Einschnitt von Vrbica lag klar da, gegen SW. hob sich das kantige Gebirgsprofil zwischen Osmanpazar und Kazan scharf vom Horizont ab und die Positionen vieler Orte wurden gleichfalls leicht bestimmbar. Die anstrengendste Arbeit wirkt erfrischend, wenn ihr Resultat unmittelbar zu Tage tritt; so ritt ich, nachdem ein zweiter Höhenpunkt aufgesucht und ihr schwierigster Theil vollbracht war, fröhlich gestimmt, zum nahen Dorfe hinab uud hielt in seinem Mussafirlik kurze Rast. Der Herr des Hauses, welcher die fromme Stiftung im Geiste seines zu Mohamed heimgegangenen Vaters verwaltete, war vom Felde rasch herbeigeeilt und suchte, durch einen mit vielen Marafets aufgeputzten Imbiss, türkischer Gastlichkeit Ehre zu machen. Leider hatte er aber von meinem Zaptie herausgebracht, dass ich ein „Inschenir" sei, welcher den besten Weg für die Sumla-Jambolibahn suche! und dies wurde meiner Kefruhe gefährlich. Fortwährend neue Gerichte aus der Haremküche herbeischleppend, rückte er in bedrohlicher Weise mir immer näher, endlich fasste er nach einigen allgemeinen Phrasen sich ein Herz und genau wie einige Tage zuvor der Sumlaer Defterdar bat er mich im naiven Tone, ob ich den j,Demirjol" (Eisenweg) nach Jamboli nicht Uber seine Grundstücke führen könnte, dies wäre ausserordentlich vortheilhaft für ihn und er würde sich zum ansehnlichen Baksis von 10,000 Piastern (2000 Mark) verstehen. Man sieht, unsere Luft des höheren materiellen Aufschwungs war auch in das von europäischen Börsen abseits gelegene Kamcikthal gedrungen! Ein Bauer, insbesondere aber ein türkischer, lässt eine vorgefasste Idee schwer los. Wie ich aus Erfahrung wusste, wäre es ganz unnützer Zeitverlust gewesen, meinem Gastfreunde die rein theoretischen Zwecke meiner Terrainaufnahmen zu erklären, nachdem Zaptie Ismail, eine Autorität, die es natürlich wissen musste, mich nun einmal als Eisenbahnmann denuncirt hatte. Um das müssige Gespräch zu enden, suchte ich ihm also begreiflich zu machen, dass die Balmtrace sein geliebtes Thal wahrscheinlich gar nicht berühren würde, weil die französische Unternehmung sich bereits für die bedeutend östlichere Trace über Köpriköi bei Karnabad so gut wie entschieden habe. Auf diese Eröffnung wurde der ruhig discutirende Mann aber mit einem Rucke nervös. Heftig erregt, begann der biedere Osmanli die grossen Vortheile einer directen Linie von Sumla über Eski Stambul, Vrbica nach dem jenseitigen Kadirfakli bis Jamboli zu entwickeln und hierauf den grossen Umweg der von Baron Hirsch's Ingenieuren geplanten Trace über Köpriköi u. s. w. klar zu stellen. Es war mit breiteren Worten nahezu dieselbe Aufhellung des Sachverhalts, wie ich sie zwei Tage zuvor aus Strecker Pasa's Munde gehört und um so einleuchtender fand, als mein explicirender Hausherr mich vor das Mussaflrlikthor schleppte, wo der fragliche Balkanübergang dicht vor mir lag. Weiter hier diese wichtige Bahnfrage zu erörtern, scheint heute am wenigsten zeitgemäss, wo türkische Bahnbauten durch die letzte Kriegsmisere für einige Zeit aufgeschoben erscheinen. Wahrscheinlich komme ich jedoch an anderem Orte im zweckdienlichen Momente auf dieselbe zu sprechen. Hier werde ich nur mit einigen Worten die vom türkischen Generalstabe für diese Bahnlinie projec-tirte Balkanpassage berühren. Von Begirli (Rossdorf) gelangten wir nahe dem gleichfalls einen Thiernamen tragenden Köpekli oder Kelpköi (Hundsdorf) zum Kamcik, welchen die grosse Sumla-Jambolistrasse dort kreuzt, um dann über Vrbica und den Balkan ins jenseitige Deli Kamöikthal hinabzusteigen. Zwischen dem bereits hochliegenden Vrbica und dem transbalkanischen Sofular befindet sich nahe dem „Azap tepe" die Einsattlung, über oder durch welche (mittelst eines Tunnels) die Sumla-Jamboli-bahn nach den Ansichten maassgebender türkischer Militärs zu führen wäre. Diese projectirte Trace verdient um so grössere Beachtung, als sie gewisser-massen von der Natur vorgezeichnet, bereits von der heutigen grossen Strasse eingeschlagen wird und weil die zu bewältigenden technischen Schwierigkeiten, im Verhältnisse zum Gewinne an Zeit und gegenüber den grossen strategischen Vortheilen, nicht schwer in die Wagschale fallen; wenn — das nördliche Bulgarien und Ost-Rumelien ein ungetrenntes Ganze werden sollten! Der Balkanübergang bei Vrbica spielte übrigens schon von Alters her eine wichtige Rolle. Darauf weiset eine Nachricht hin, welche der tüchtige Forscher Jirecek nach Theophanes "erwähnt. Dieser byzantinische Chronist erzählt nämlich, dass die Chane der finno-bulgarischen Horden, nachdem sie Mosten erobert, den Slavenstamm der Severci, welcher nördlich vom Veregava-Passe wohnte, weiter gegen Osten übersiedelten und hierauf Preslav zur Residenz wählten. Die Landschaft Veregava, welche Jirecek früher an der pontischen Küste gesucht ), glaubt er neuestens in das Gebiet von Preslav (Eski Stambul) verlegen zu dürfen**); für diese neuere Annahme sprechen in Wahrheit triftigere Gründe. Das obere Akili Kamöikthal wäre demnach die Gegend, in welcher die finno-uralischen Eroberer Donau-Bulgariens im VII. Jahrhunderte, in unmittelbarster Nahe des Chanensitzes Preslav, das Hauptquartier ihrer Kriegszüge gegen das griechische Kaiserthum aufschlugen. Auch die byzantinischen Chronisten dieser Kämpfe, Theophanes, Nikephoros Patr., Kedrenos u. A., erwähnen wiederholt, dass im VII. und VIII. Jahrhunderte eine grosse Heerstrasse über den Veregava-Pass führte. Wenn Jirecek aber Pass und Strasse in der östlich von Preslav gelegenen Öalikavak-Einsattlung des Balkans vermuthete, möchte ich sie, gestützt auf mein Studium des in Frage stehenden Terrains, in der direct von Preslav nach dem südlichen Balkangebiete führenden Passage am Azap tepe bei Vrbica erkennen; wobei ich vom auffallenden Anklänge des alten Namens Veregava im heutigen Vrbica absehe. Unausgesetzte Kriege gestalteten das östliche Europa zur Area buntester Völkermengungen. Während der türkischen Eroberungszüge verödete aber das obere Kamcikthal und erst im vorigen Jahrhunderte erfolgte dessen Wiederbesiedlung durch türkische Colonisten aus Asien. Vrbica, das südöstlichste Dorf des Osmanpazarer Kreises, ist ringsum von türkischen Orten umschlossen und seine Bulgaren fristeten, ungeachtet sie 190 neben nur 90 moslimschen Gehöften *) Jirecek, Gesch. d. Bulgaren. S. 141. **) Jirecek, die Heerstr. v. Belgrad n. Constantinopel. S. 149. Kanitz, Donau-Bulgarien und der Balkan. III. bewohnten, ein unerquickliches Dasein. Zur Zeit der ersten grossen Krim er Tataren-Einwanderung in die Türkei, wurde dieses Vrbica der Wohnsitz einiger tatarischen Häuptlinge. Einer derselben verbündete sich während des Krdzalien-aufstandes mit dem Vidiner Rebellen Pasvan Oglu gegen die Autorität der Pforte und zog mit starker Macht vor Sumla. Diesem „tatarischen Sultan" war, nach der Tradition, von Pasvan Oglu, welcher nur das Gross-Vezierat für sich beanspruchte, der Chalifen-Thron als Köder zugesagt worden. Der Tatarensultan hatte jedoch entschiedenes Unglück; er wurde von den gegen ihn ausgesandten Pasa's von Silistria, Ismid, und Betal Pasa's Georgiern nach heftigen Kämpfen vollkommen geschlagen. Die Pforte siegte und auch für ihre hohen Säulen fiel bei diesem Anlasse ein artiges Profitchen ab. Man beschuldigte nämlich den Pasa von Ismid sich bei dem Strafakte, weil von den Rebellen durch Bestechung geködert, äusserst saumselig benommen zu haben, enthauptete ihn zu Constan-tinopel uncl confiscirte seine über hundert Kameellasten schweren Schätze für des Sultans Casse*). Gegenwärtig giebt es, nach den von mir eingezogenen Erkundigungen, weder Tataren im oberen Kamöikgebiete, noch vermochte ich im Typus seiner Bevölkerung etwas von den charakteristischen tatarischen Zügen zu bemerken. Die grösste Breite des Akili Kamcikthales, in dem der rebellische Tatarensultan oder wohl richtiger „Dere Bei" (Thalherr), geherrscht hatte, beträgt vom Kamme des Balkans bei Vrbica bis zum Scheitel seiner linksuferigen Höhen 4 geogr. Meilen in der Luftlinie. Den erwünschten übersichtlichen Blick auf die letzteren erhielt ich, nachdem wir den Kamcik gekreuzt, auf dem 360 M. hohen Plateau, bei Tekeler's ganz isolirter Dzami. Die nordöstlichen Hänge dieses Gebirges dachen zum Sumlaer Glacis ab. Obschon aber seine Kammausdehnung nahezu 4 Meilen beträgt, kannten die Anwohner nur die Namen seiner höchsten Punkte: Coban planina, deren gleichnamiges Wasser zum Dervent fliesst, dann Arab Alan-, Kalabak- und Dervis bair, welche sämmtlich S. und N. starke Bäche der Vrana und dem Kamcik zusenden. Um eine Gesammtbezeichnung für diesen ansehnlichen Zug hielt ich vergebens Umfrage. Da es jedoch zweifellos geboten erscheint, endlich grössere Bestimmtheit in die Nomenclatur des Balkans zu bringen, glaubte ich dieses in engster Beziehung zum Balkan-Hauptzuge stehende Gebirge, weil an seinem Nordfusse die berühmte Bulgaren-Hauptstadt Preslav lag, als „Preslav-Balkan" in die Karte einführen zu dürfen. Auf dem Weiterritte gegen Karagözli verengte sich das Thal, sein landschaftlicher Reiz gewann aber durch zahllose Cascaden, welche der Kamcik im raschen Falle bildet, und durch die näher rückenden wasserreichen Querrisse, darunter einzelne voll romantischen Reizes, wie jener von Daköi. Obschon wir *) Jirecek, Gesch. d. Bulgaren. S. 496. immer höher stiegen, erschienen noch zerstreute Ansiedlungen von prächtigen Obstculturen umrahmt, auch Haselnussgehölze besäumten allseits die Wege, doch zog der Wald stetig tiefer herab; bis hinter Hamdalar, zu dem uns eine stark nach S. ausgreifende Curve von Küöükli brachte, die Culturen verschwanden. Dichtes Laubholz herrschte nun souverän bis zum Flussrinnsal herab und zwang die Strasse hart an seine klaren hellgrünen Fluthen. An mancher Stelle benagen sie einzelne, weit ins Bett vorspringende feinkörnige Sandsteinfelsen, unter welche aufgeschreckte Forellensch wärme bei unserer Annäherung pfeilschnell flüchteten. Der Kamcik ist ungemein fischreich. Zweimal kreuzten wir hier sein unscheinbares, aber oft verrätherisch tiefes Bett, in wunderbar frischer, dicktwaldiger Enge, welche bei etwaigem Ueberfalle ein Entrinnen kaum gestattet hätte. Mein furchtsamer Dragoman, der im Gehölze eine verdächtige Bewegung zu bemerken glaubte, übersah der eingebildeten Gefahr wegen die näherliegende und nahm, vom Pferde gleitend, ein unfreiwilliges Sturzbad; glücklicherweise war unser Tagesziel nahe. Noch lange gab aber das ^ nasse Abenteuer meinen Leuten erwünschten Lachstoff. Auch ich fand am Abend eine unerwartete Zerstreuung. Das nett getäfelte Obergemach des Öorbasihauses, welches uns zu Öatak gastfreundlich aufnahm, gestattete die Einsicht in das anstossende, nur durch einen Pfahlzaun getrennte Zigeunergehöft. Des Muezzins Ruf zum Abendgebet war verklungen, der aufsteigende Mond warf sein träumerisch sanftes Licht auf das stille Dorf, und da der Moslim mit den Hühnern schlafen geht, trafen auch meine nachbarlichen Hausinsassen indischen Blutes ihre Vorbereitungen für die Nacht. So viel ich sehen konnte, breitete man einige Teppiche auf der offenen Veranda aus, dann streckten sich ein junges Ehepaar, Kinder und Verwandte, ererbter Gewohnheit gemäss, ohne besondere Nachttoilette zu machen, paarweise oder einzeln hm. Sie bedurften erstaunlich wenig Raum; zweifellos war das improvisirte Nachtlager ä la belle etoile gesünder, als die Pferche unserer Bauern- und Gesellenstuben in heisser Jahreszeit. Am nächsten Morgen ritt ich ein gut Stück gegen W. hinaus, um Cataks Lage und die südwestlichsten Quellen des Akili Kamcik kennen zu lernen. Ich constatirte, dass sie etwa 2 Meilen SW. vom Sakar- und Kazan-Balkan abfliessen, dann sich hart vor Catak im tiefen kleinen Kessel sammeln, welchen die Osman-l>azarer Strasse schräg durchschneidet. Öatak, bulg. Tidza (Vogel) ist ein netter Ort mit 70 christlichen und gleichviel moslimschen Häusern, dessen Bulgaren als höchst betriebsame, der nationalen Sache ergebene Leute galten. Vergebens suchten fanariotische Bischöfe sie zu gräcisiren, es half auch nichts, dass der Sumlaer griechische Vladika gelegentlich der Weihe des neuen Kirchbaues die altbulgarisch-liturgischen Bücher auf dem Friedhofe einscharren Hess. Catak's Physiognomie ist anmuthig, es besitzt eine Moschee mit hohem Minaret und seine hölzernen Häuser mit balconartig vorspringenden Stockwerken machen gute Figur. Der etwas Handel und Industrie treibende Flecken ist auch ein sehr wichtiger Verkehrspunkt des Ost-Balkans, seine bescheidene Öarsi füllen namentlich Schuhmacher und Schneider, welche der Bedarf der Umgegend lohnend beschäftigt. Von den südlichen Höhen gesehen, erscheint der aufstrebende Ort pittoresk eingezwängt zwischen lichten Kalk- und feinkörnigen Sandstein-Abstürzen des nördlichen Esak- und südlichen Kalabak bair, welche der aus W. kommende Kalabak bair-Strasse über den Kazan - Balkan. Akili Kamcik trennt; obschon das Klima etwas rauh, liefern die niedrigeren Sporne doch Weizen, Mais, Wein und Obst. Unmittelbar SO. hinter Catak, steigt die Strasse in Serpentinen rasch aufwärts zum Fusse des steil abfallenden Kalabak bair, dessen scharfprofilirte Con-touren das Auge angenehm beschäftigen. Während ringsum Culturen neben zerstreuten Bauergehöften und Wiesen mit ausgedehnten Schafställen das hüglige Sakar-Vorland bedecken, ziehen des Kalabak's nackte Wände, Schroffen und Schutthalden tief herab zur Strasse, mit welcher der Telegraph auf hohen, ihre Trace markirenden Stangen, in riesigen Curven zum Balkankamm aufwärts klettert. In 575 M. Seehöhe lehnt unferne dem Kalabak-Abstürze das Öatak beklemeh; ein zweites, allen Wettern preisgegebenes Blockhaus, thront auf tu-mulusartigem Hügel nahe der Passhöhe. Es bildet ein treffliches Observatorium, von dem sich jede Bewegung auf der tief unten ziehenden Strasse tibersehen lässt; diese Position würde sich zur Anlage der widerstandsfähigsten Sperre trefflich eignen. Dass dieser Kazan-Balkan-Pass in der älteren Geschichte eine Rolle spielte, darf mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden. In den russisch-türkischen Kriegen 1768—1774 gingen starke türkische Colonnen über denselben und 1839 wurde er von den Russen besetzt, nachdem Sliven erobert war. Hinter dem höchsten Beklemeh, das ich mit 724 M. maass, tiberschritt ich auf dem wenig höher gelegenen Kazan-Passe zum fünfzehnten Male die Balkankette und stiess jenseits sogleich auf die ihren Südhang charakterisirende rothe Conglomeratzone zwischen Hornsteinkalken von bedeutender Ausdehnung. Weiter folgten verwitterte Porphyre, Schieferthon und verschiedene Glieder der Kreideformation. Ringsum erschienen die Berge grösstentheils nackt, mit tiefen dunklen Rissen, nur ihre vorgeschobenen, vielzerklüfteten Sporne, welche Kazan's Kesselthal bilden, zeigten stellenweise Wald, Culturen und Weideboden; prächtige Schaf- und Rindviehherden grasten allerorts. Auf zwei Brücken kreuzten wir die ersten Wasseradern des „Deli" (türk. närrischer) oder „Mali" (bulg. kleiner) Kamcik. Hier begegnete uns eine Caravane lustiger Kazaner, die festlich gekleidet, einem vornehmen, auf längere Zeit verreisenden Mitbürger bis zur Kammhöhe das Geleite gab. Die Männer schienen bereits ihre Wein-gefüllten Cutura's erleichtert zu haben, man lachte viel und lärmte noch mehr; die Frauen, welche ganz ähnlich wie im Schwarzwald schwarze Kopftücher, als Masche geknüpft, am Scheitel trugen, sangen muntere Scherzlieder und die Mädchen marschirten Hand in Hand mit aufgeweckten jungen Burschen im Schnellschritte. So lernte ich die intelligenten Kazaner unverhofft von der heiteren Seite kennen, noch ehe ich ihr interessantes Städtchen betrat. VON KAZAN UEBER DEN KARNABAD-BALKAN Koiel's Lage und Gründung. — Die christlichen Kricgcrdürfcr. — Kotcl als Reactionspunkt gegen fanariotische Bedrückung. — Mönch Paisijc. - Bischof Sofronije. — Capitän Mamarcov. — Peter Bcron. — Agitator Kakovski. — Gavril Krstjovic. — General Kisclski. - Kotcl 1829 und 1877. — 1847 und 1872. — Seine Physiognomie, Männer und Frauen. — Alt- und Jungbulgaren. — Dor Jungfrauberg und seine Burg. — Strasse im Kazandefile'. — Wege nach Karnabad und Sliven. — Zerovna und der Haiduk Kara Tanas. — Gradec. — Seine Türken auf dem Aussterbeetat. — Ein verarmter Edelmann. — Die Räuber vom kolchischen Gestade. — Vermehrung der Sicherheitskaraule. — Auf dem Hisar tepe. — Seine Ruine. — Der Hisarsee und seine versunkene Stadt. — Der Indzc-Balkan unserer Karten in Wirklichkeit. — Mahnung an Tumuliforscher. — Ein herrenloser Wald. _ Mädchencaravane aus dem Balkan. — Kadiköi. — Gefährlicher Nachtritt durch Karnabad's Sümpfe._Seine Vergangenheit, Carsi, Industrie und Leute. — Costüme. — Seine griechische Schule, heute bulgarisch. — Strategische Position. —In den Kriegsjahren 1829 und 1878. — Vernachlässigtes Strassenwcscn. — Calikavak Balkan-Pass und Strasse. — Bulgarische Oasen und tatarische Ansicd-Iungen. — Fortwährendes Finthen der Bevölkerung im Sultansreiche. — Leiden der Strassendörfer. — Tracirung der Sumla-Jambolibahn. — Französische Ingenieure des Baron Hirsch. — Corbasiklage über Bedrückung zu Komarevo. — Dobral. — Der Reisende Bongarsius 1585. — Stationäre Verhältnisse seit Jahrhunderten. — Aufstieg zum Calikavak-Passe. — Sidcra und Demir kapu. — Kaiser Nikephorus' Rachezug und Untergang. — Der Pass im J. 1829 und 1877. — Seine Rcdoute und Umgehungsstrassen. — Mein Abstieg. — Calikavak, Bairamdere und ihre Tscherkcsscn. — Forschende Reisende und reisende Bummler. — En gros-Eindrücke und ziffermässige Daten. — DieRajah, Russland und Europa. — Tagesanbruch im Corbasigehöft. — Costüme. — Das Bairamdere-Dcfile und seine von prähistorischen Völkern benützte Strasse. — Köpriköi's Brücke mit Observatorium. — Approvisionirungspunkt für Sumla. — Türkisches Licfcrungs- und Trainwesen im Kriege. — Trübselige Betrachtung. — Heiterer Gegensatz. — Costüme. — Am Jedzikbach. — Seine Tumuli. — Verschwundene und entstandene Orte auf alten und neuen Karten. — Die Natur kennt keine Heiden, Christen und Türken. — Im Corbasigehöft zu Kulevca. — Dessen Einrichtung und Prachtstube. — Sinn für Behäbigkeit. — Ansichten der Honoratioren. — „Der Russe ist unser Feind." — Ausflug nach Madara. — Sein Hochplateau und römisches Felsrelief. — Ausblick auf Sumla und sein Glacis. — Marschall Diebitsch's Hauptquartier. — Siegesschlacht von Kulevca 1829. — Moltke's Schilderung und Kritik der türkisch-russischen Führung. — Mein Ritt nach den Höhen, auf welchen Gross vezicr Reschid Mehemed unterlag. — Des Moskov's Zähigkeit. lief unten im grünen Rahmen, durchströmt vom durchsichtigen Balkanbach, drängen sich Kazan's rothgedachte Häuser, von zwei bescheidenen Kuppeln überragt, auf engem Räume zusammen. Die Bulgaren nennen es Kotel. Dieser Name kennzeichnet, wie der häufiger gebrauchte türkische, des Städtchens Lage im von V ZUM SCHLACHTFELDE VON KULEVCA. (XVI. Balkan-Passage.) hohen Bergen umschlossenem „Kessel". Durch schwer zugängliche Pässe gesichert, gründeten nach traditioneller Sage um die Mitte des XVI. Jahrhunderts aus Filipopel's Umgebung vertriebene Bulgaren in dieser Bergöde, weit weg von den stark bewohnten Kamöikthälern, eine Niederlassung, welche mit den Privilegien der bereits im II. Bande erwähnten „Voinikdörfer" ausgestattet wurde. Hier einige interessante Daten über diese Institution. Timurtasck, der Beglerbeg von Rumelien, empfahl, wie Hammer erzählt, Sultan Murad (1362—89) diese merkwürdige Einrichtung, um die kriegerischen, der osmanischen Herrschaft widerstrebenden Bulgaren des Hochgebirges gefügig zu machen und ihre Kraft mittelbar für den heiligen Religionskampf auszunützen. In diesem Sinne erhielten die „vojniski sela" (Kriegerdörfer) manche Freiheiten; sie verwalteten sich unter selbst gewählten Voivoden, wurden vor Robot und türkischer Ansiedlung gesichert, durften bunte Kleider tragen und hatten als „freie Christen" andererseits die Pflicht, mit Streitkolben und Spiessen bewaffnet, jedoch ohne Anspruch auf Sold, den Heertrain zu begleiten, ferner in des Sultans Marstall und Gestüten Dienste zu leisten. Ein solches befand sich beispielsweise in Konare (Pferdeort) nahe bei Tatar-Pazardzik, es zählte gleichfalls zu den freien Voinikdörfern. Ihre grösste Zahl lag in den Hochthälern des Rhodope, der Sredna gora und des Balkan. Die bedeutendsten waren Kotel, Gradec, Zeravna, Sliven, Jamboli im Osten, dann Öepina, Beljovo, Panagjuriste und Koprivstica im Westen dieser Gebirge. In und nahe den Voinikorten erhielt sich der kriegerische Geist am längsten in der bulgarischen Bevölkerung, die Dörfer der einstigen Harbadziji, wie diese „freien Christen" von ihrer „Harba" (Spiesswaffe) genannt wurden, bildeten auch Hauptstützpunkte des Aufstandes im Sommer 1876 und hatten deshalb von den „pacificirenden" Türken- und Tcherkessenbanden viel zu leiden. Als die Macht der Beglerbegs und Pasa's genügend in Rumelien verstärkt war, verfielen allmälig die den „Kriegerdörfern" verliehenen sultanlichen Privilegien. Gegen der Krdzalien Plünderungszüge wussten sich Kotel's tapfere Bewohner wohl zu wehren, indem sie vereint mit den benachbarten „Voinici" diese Horden an der Kozja rjeka schlugen, nicht so gegen die türkische Einführung von Robot und Steuern, gegen Truppen-Einquartierung und Ansiedlung moslimscher Zigeuner. Trotzdem bewahrte Kotel, gleich Travna, Elena und Bebrovo, eine weit gehende Autonomie und obschon Sitz eines Mudirs, wurde es durch seine natürliche, türkischem Drucke entrückte Lage, schon vor Decennien ein Mittelpunkt bulgarischer Strebungen für intellectuellen Fortschritt. Kotel war unbestritten die Stadt, von welcher der erste Kampf gegen die Helle-nisirung des Bulgarenvolkes in Kirche und Schule ausging. Hier lebte um 1765 jener Mönch Paisije, welcher in einem Athoskloster seine wohl unkritische, aber für des Bulgarenthums Entwicklung bahnbrechende bulgarische Geschichte schrieb, ein Werk, das in vielen Abschriften verbreitet, die Grundlage für Pavlovic's späteren „Carstvenik" (bulgarisches Carenbuch) bildete und zuerst bei den Bulgaren Liebe und Interesse für ihre, unter dem Türkendrucke vergessene ruhmreichere Vergangenheit weckte. Zu Kotel wurde auch 1739 jener Bischof So-fronije geboren, dessen merkwürdige Geschichte ich im II. Bande berührte. In Kotel's Kirche predigte er in der, von den fanariotischen Geistlichen unterdrückten Volkssprache. Schon früher, bevor er Priester geworden, bildete er durch zwanzig Jahre in der Koteier Schule viele mit patriotischen Ideen erfüllte Lehrer und Männer, welche der nationalen Tendenz auf beiden Seiten des Balkans Eingang verscharrten. In seinen, ein grauenhaftes Bild türkischer Geschichte im XVIII. Jahrb. entrollenden Memoiren*) sagte Sofronije: „Ich arbeite Tag und Nacht, um einige Bücher in unserer bulgarischen Sprache zu schreiben, damit meine Landsleute, wenn ich ihnen selbst nichts mehr erzählen kann, doch aus meinen Büchern noch eine nützliche Belehrung schöpfen können." 1806 veröffentlichte dieser um sein Volk hochverdiente Mann das erste gedruckte Buch in neubulgarischer Sprache**), und bis zu seinem Tode (1815 oder 1816) wirkte er in Bukarest un-ermüdet für das geistige Wohl seines Volkes. Jirecek meint mit Recht, dass Bischof Sofronije eine detaillirte Biographie aus bulgarischer Feder verdiene; ich glaube, dass zunächst sein Enkel, Fürst Stefan Vogorides, eine solche zu schreiben oder zu veranlassen berufen wäre, nachdem er bereits das neben der bulgarischen Kirche zu Constantinopel stehende Exarchatsgebäude und Sofronije's Bildniss der Nation zum Geschenk gemacht. Die Koteier werden aber gewiss in günstigerer Zeit ihrem grossen Mitbürger ein bleibendes Denkmal setzen. Kotel ist auch die Geburtsstadt jenes Kapitäns Gjorgje Stoikov Mamarcov, dessen Versuche zur Abschüttlung des Türkenjoches von 1828 bis 1836 ich bereits erwähnte (S. 5, 21); ferner wurde zu Kotel 1797 der in bulgarischen Kreisen vielgenannte Peter Beron (Berovic) geboren, welcher in München studirte und nachdem er als Kreisarzt im walachischen Krajova ein bedeutendes Vermögen erworben, sich in Paris niederliess. Dieser 1871 verstorbene patriotische Arzt förderte das jugendliche bulgarische Schriftthum, indem er neben den Schulbüchern ausschliesslich kirchlichen Inhalts zuerst einen „Bukvar" mit naturwissenschaftlichen Lesestücken und Bildern einbürgerte. Das im siebenbürgischen Kronstadt 1824 gedruckte Büchlein machte für die Einführung der Bell-Lancaster'schen Methode in den bulgarischen Schulen erfolgreiche Propaganda. Zur Reihe der Koteier Söhne, welche zuletzt noch für das Nationalwohl ihr Leben eingesetzt, zählt in erster Linie Gjorgje Stoikov Rakovski, den ich 1860 zu Belgrad persönlich kennen lernte. Nachdem Rakovski zu Constantinopel, Athen und Paris, studirt, begann *) Brailaer „Periodicesko Spisanie". V. u. VI. 1872. **) Kyriakodromion sirec Nedelnik. Rimnik, 1806. er die politische Agitation für sein Vaterland. In Journalen, Brochüren und Büchern suchte er den Nationalsinn zur Revolution aufzustacheln, ja er soll selbst im Balkan als „Haiduk" mitgefochten haben. Literarisch machte er sich 1857 durch sein Haidukenepos „Gorski Putnik" (Pilger der Berge), wissenschaftlich durch die 1859 erschienenen Werke: „Beschreibung des bulgarischen Volkslebens" und „Asen 1. IL", ferner durch Aufsätze in den „Bulgarischen Alterthümern" verdient. Seine historischen Abhandlungen enthalten reiches Material; leider gebrach es dem phantasieyoll angelegten Forscher aber an Quellen-Kritik und objectivem Sinne, um die letzten Schlüsse richtig ziehen zu können. Rakovki's früher Tod (geb. 1818, f 1868) befreite das Türkenregiinent von einem seiner geschworensten Feinde. Auch der in Kotel geborene und in Paris gebildete Gavril Krstjovic, früherer Kaimakam unter Vogorides zu Samos, später Mitglied des Constantinopler obersten Gerichtshofes, wirkte aufklärend durch Schriften verschiedenen Inhalts. Ich schliesse die Reihe um das Bulgarenthum verdienter Männer aus Kotel mit dem russischen General Ivan Pop Kira Kiselski, obschon noch manche zu nennen wären, die für ihres Volkes Erziehung arbeiteten oder als Haiduken im heimlichen und offenen Kriege ihre Unterdrücker bekämpften; Diebitsch's Heer zählte viele Kazaner in seinen Reihen. Nachdem die Russen am 12. August 1829 Sliven mit leichter Mühe genommen, sandten sie aus dem dortigen Lager ein Kosaken-Regiment nach Kazan, woselbst 500 Türken stehen sollten. Die Russen fanden jedoch ihr Lager verlassen und von den Kazanern bereits geplündert, welche, um sich zu bewaffnen, den Kosaken jedes Gewehr mit einem Rubel bezahlten. Von Kazan aus leitete General Montresor 1829 die bulgarische Emigration nach der Krim; doch litt es wenig durch das am Pontus epidemisch gewordene Auswanderungsfieber. Seine unzugängliche Lage und der bekannte tapfere Sinn seiner Bewohner schützten es vor der türkischen Rache für dem Moskov bewiesene Sympathien. Im J. 1877 litt Kazan dagegen sehr viel durch fortwährende Durchmärsche türkischer Truppen. Am 17. December langte hier Fuad Pasa's auf Sliven retirirendes Corps bei heftigem Schneefalle in sehr deroutem Zustande an. Bald darauf wurde Kazan von den Russen besetzt. Nach Jochmus' Angabe gab es 1847 zu Kazan 912 Häuser, während meines Besuches (1872): 1004 christliche und 63 Zigeunerhäuser; seine Entwicklung blieb also durch ein volles Vierteljahrhundert sehr gering, auf den Fremden macht Kazan trotzdem den Eindruck eines aufstrebenden Gemeinwesens. Schon seine Hauptstrasse, obschon enge, wie alle übrigen Gassen und Gässchen, wirkt ungemein pittoresk durch die originelle Bauart der Häuser. Des Städtchens beschränkte Bauarea vertheuerte den Grundpreis so sehr, dass eine DElle 1872 mit 140 Piastern (28 Mark) bezahlt wurde. Die Kostspieligkeit des Bodens führte zu einer sehr gefälligen, an mittelalterlich holländische Städte mahnenden Holzconstruction, indem man die höheren Stockwerke mittelst zierlich geschnitzter Querträger balconartig, eines über dem andern vorkragend, erhaute. In den Untergeschossen werden Erzeugnisse des heimischen Gewerbes und über Sumla, Sliven oder auf der Dzumaer Messe bezogene occidcntale Artikel verkauft. Die Bazarstrassen der bulgarischen Balkanstädte gleichen sich so ziemlich alle und ich darf hier wohl auf Gabrovo, Travna u. a. 0. verweisen. Im Sommer befindet sich die Mehrzahl der Kazaner Männer auf Gelderwerb auswärts, während die Frauen daheim durch Leinen- und Teppichindustrie finden Bedarf der Familie zu sorgen suchen. Ihnen bleibt auch die Pflege der kleinen Hausgärten anvertraut. Wie prächtig diese kleinen Eden an heissen Sommertagen sind, mit ihrer anheimelnden Poesie; allerorts Kühle verbreitende hübsche Springbrunnen, durch Sandsteinrinnen kunstvoll geführte Wasserleitungen, über Stcinsäulchcn sich rankende Weinlauben, zwischen der heimischen Flora. Neben prosaischen Kürbissen und dem unentbehrlichen Lauch sieht man oft auch exotische Pflanzen: Oleander, Myrten und Feigen, welche die Männer aus weiter Ferne heimgebracht. Des Städtchens Weingärten an der Karnabader Strasse werden gleichfalls von den Frauen besorgt; überhaupt zeigen diese eine auffallende Selbständigkeit und ihre Männer bleiben, das Hauswesen wohl versorgt wissend, manchmal Jahre lang von diesem weg. Einzelne, welche in der Dobruca Herden mit 1000 Schafen besitzen, kehren dann oft mit einem Gewinne von 3000 Mark heim. Das erworbene Baargeld wird allmälig in grösseren Unternehmungen, meist aber auswärts angelegt. Nahe beim Städtchen sah ich ausser einigen Mühlen, auch eine mit zwei Hämmern arbeitende Tepavica, ganz so construirt, wie ich sie im I. Bande (S. 259) schilderte. Kazan besitzt etwa 10 wohlhabende Familien, darunter Hadzi Kristov, Beron u. A. Hadzi Petar mit fünf Söhnen, sein Krösus, wurde auf 400,000 Mark geschätzt; gleich der Mehrzahl bulgarischer Öorbasi's liebt er aber den Reichthum um seiner selbst willen und brachte kein nennenswerthes Opfer für sein Volk. Im Allgemeinen sorgt der Kazaner eifrig für die Ausbildung seiner Kinder, viele junge Leute studiren in Russland und Oesterreich, auch die Schulen des Städtchens erfreuen sich guten Rufes; vor zwanzig Jahren wurde noch in denselben griechisch und bulgarisch vorgetragen, heute ausschliesslich in der nationalen Sprache. Für die Intelligenz der Kazaner spricht auch, dass einige Aerzte dort bereits ihr gutes Auskommen finden. Kazan, in dessen bescheidenem alten Kirchlein zuerst Gottes Wort dem erfreuten Volke in bulgarischer Sprache gepredigt wurde, das bereits 1834 einen für jene Zeit prächtigen kirchlichen Neubau aufzuführen wagte, hielt auch in der Exarchatsfrage treu zur Volkssache, deren Führung den Comite's zu Bukarest, Svistov, Braila und Constantinopel übertragen war. Als ich die ungemein wohnlichen Häuser einiger Patricier besuchte, trat mir bei den reiferen Männern ein überraschend klares Verständniss für den Gang der nationalen Angelegenheiten entgegen. Nichts sollte durch Revolutionen oder Eingriffe von Aussen überstürzt werden, im Gegentheil wollte man die bessere Zukunft auf dem Wege der Selbst-erziehung, durch Eisenbahnen und beschleunigteren intellectuellen Fortschritt erringen. Anders dachten allerdings die jüngeren Lehrer, welche nach raschester, wenn auch gewaltsamer Lösung dürsteten. Ihre Gründe waren genau dieselben, welche das heissblütige Jungbulgarenthum auf seine Fahne schrieb. Ich fand dieselbe Ueberschätzung der eigenen, und Missachtung der gegnerischen Kraft; ein Rechenfehler, welcher sich während des Aufstandes im Sommer 1876 furchtbar rächte. Die Balkanländer waren und bleiben wahrscheinlich noch lange der Schauplatz heftiger Racenkämpfe! Sowie man Kazan's Ringbecken verlässt, tritt die Karnabader Strasse gegen S. in eine Engseklucht; welche an die fortwährenden Kriege zwischen Griechen und Bulgaren erinnert. Am linken Ufer des Kazanbaches steigt^ ein Berg auf, mit scharfgeschnittenem Gipfelprofil. Die Türken nennen ihn „Kis tepe" (Jungfrauberg), die Bulgaren „Vida" (Aussicht); deutet der erste Name auf seine Unzugänglichkeit hin, so erscheint auch der andere gut gewählt, denn die Bergspitze überragt hoch das Defile. Einst trug das Kis tepe eine stolze, heute verfallene Burg mit reichem Wasserquell, der ihren Widerstand erhöhte. Nur unsichere Fabeln sind über ihre Vergangenheit erhalten. Die Tradition schreibt sie, gleich den meisten Ruinen, den „latinski" zu. Dies beweiset nichts, doch ist es wahrscheinlich, dass die Feste ursprünglich von den Römern zum Schutze ihrer Balkanstrasse angelegt und später von Byzantinern und Bulgaren im mittelalterlichen Style umgebaut wurde. Von den Bulgaren tapfer vertheidigt, soll sie den Griechen lange den Zugang nach Preslav verwehrt haben. Nahezu durch Vi St. zieht der Weg, auf zwei Brücken des Kazanbaches Ufer wechselnd, hart an den Hängen dieser strategisch wichtigen und romantischen Steilschlucht hin. Die Strasse erscheint grossentheils den vorspringenden Felsriegeln mühsam abgerungen und läuft fortwährend dicht am Rinnsal des tief und rasch fliessenden Kazan hin. Man begreift, dass es nur eine Handvoll entschlossener Leute bedarf, um dieses von den Türken „Demir kapu" (Eisenthor) genannte Defile gegen eine feindliche Uebermacht zu halten. Die Sonnenstrahlen dringen nur während weniger Stunden zwischen die hohen Mauern und selbst an heissen Tagen herrscht hier wohlthuende Kühle. Der Laubwuchs an den Thonschieferhängen des Kis tepe ist ungemein üppig, die anfänglich kahlen Abstürze des Hun-kiar bair zeigen später schönen Wald. Erst in der Hälfte des Defile's treten am rechten Ufer die Steilhänge etwas zurück und geben in der grossartigen Scenerie einigen Weingärten Raum, deren Trauben vollkommen reifen; denn obschon Kazan 543 M. hoch liegt, ist sein Klima doch mild und ich selbst verzeichnete an jenem 17. Julitage 24° C. im Schatten. Am südlichen Schluchtausgange, wo das von NO. kommende Ak su im Kazan mündet, überwacht ein Beklemeh die Strasse, etwas weiter fliesst ein zweites stärkeres Wasser vom Prisevica herab. Nahe diesem Punkte gabeln zwei Karrenwege; der eine führt O. durch prächtige Eich Waldungen über Popasköi (bulg. Medeven), mit 300 christlichen und 15 moslimschen Häusern, nach Karnabad, der andere zieht W. Uber cultivirtes und waldiges Hügelland zum nahezu gleich stark bevölkerten Bulgarendorfe Zerovna (türk. Basköi), von dem man in 6—7 St. über Vecera (türk. Icera) durch eine wildromantische Landschaft nach Sliven gelangt. Zerovna ist der Geburtsort des berühmten, in den Volksliedern viel besungenen Haiduken Kara Tanas, der mit zehn Leuten lange Zeit den Sliven-Balkan unsicher machte; überhaupt sind die Bulgaren dieses Gebirgsdistrictes nicht nur aufgeweckt und intelligent, sondern auch kriegerischen Sinnes. Es scheint, dass hier die durch das Voinikthum vererbte Lust am Waffenhandwerk nicht ganz erloschen ist. Noch zu Ende des letzten Jahrhunderts vernichteten diese tapferen Bergsöhne beim nahen Rakovo eine Schaar türkischer Krdzalien, welche letzteres Dorf angezündet hatten. Bei Katunista senkte sich die Strasse über eine stellenweise hübsch bewaldete Hochebene dauernd abwärts, und nachdem wir, nahe am Vereinigungspunkte des Kazan mit dem Deli Kamöik, letzteren gekreuzt, lag unser Tagesziel dicht vor uns. Gradec, auch Grodeö genannt, lehnt an des Sakar bair's Vorhöhen und macht schon von ferne einen gewinnenden Eindruck. Seine in zierlichem Holzbau aufgeführten Häuser mahnen an Tirol und noch anmuthiger als ihre Aussen-seite ist ihre Einrichtung. Das Haus des Öorbasi, das mich gastlich aufnahm, besass einen hohen Grad von Wohnlichkeit, die Prachtstube war sogar getäfelt und Abends kamen köstliche Fische, Obst und echter Slivner Wein auf den Tisch. Zu Kazan hörte ich, dass Gradec ein reinbulgarischer Ort sei; dies war nicht buchstäblich zu nehmen. Obschon es einst gleichfalls zu den bevorzugten Voinik-orten gehörte, nisteten sich auch dort Türken ein, doch allmälig verringerte sich wieder ihre Zahl und 1872 traf ich neben 410 bulgarischen nur noch 4 moslimsche Familien, welche eine äusserst fragliche Existenz führten. Unter den Ortshonoratioren, welche sich mir vorstellten, befand sich auch der letzte Sprössring eines früher vornehmen Spahigeschlechts, ein junger „Bei", welcher trotz seines stark verblichenen, einst carmoisinrothen Anzuges, gute Figur machte. Eine gewisse Noblesse in der Haltung charakterisirt selbst den herabgekommensten Türken; der Typus des „verarmten Edelmanns" trat mir im Balkan in diesem „Bei" entgegen, welcher mit vielleicht erzwungenem Humor sich in seine Lage zu finden schien. „Seht Effendi," rief er, als ich an seinem wackeligen Konak vorüberschritt, „so weit ist's mit mir gekommen, dass ich kein Geld finde, um mein väterliches Erbhaus zu restauriren, freilich bedarf ich's kaum mehr lange; denn wohl bald werden auch wir letzten Moslim's Gradec verlassen!" Er sah richtig voraus. Schon die Indolenz allein zwingt aber den Türken auch ohne verlorene Kriege der betriebsameren Rajah das Feld zu überlassen. Den zu Gradec verlebten Abend kürzte das unerwartete Zusammentreffen mit einem Landsmanne, Herrn Dr. Johann Brenner, welcher bereits mehrere Jahre in dem wohlhabenden Orte seinen Beruf übte und an der Seite einer jungen bulgarischen Frau, hier am Fusse des Balkans, sich ein angenehmes Heim zu gründen verstand. Er rühmte die Wohlfeilheit und Güte des materiellen Lebens, kritisirte aber scharf die schlechten türkischen Postzustände, welche ihn so nahe der Stadt Sliven geistig isolirten und zweifach von der Heimath trennten. Ich kannte den türkischen Correspondenzdienst aus eigener Erfahrung und übernahm gerne des Doctors Aufträge für seine in Wien lebende Schwester, von welcher er 8eit Jahren ohne jede Nachricht war. • Zeitlieh am nächsten Morgen erschien der „verarmte Bei-Edelmann mit zwei bewaffneten Türken und empfahl mir, sie als „Kalause" bis Kajabasi mitzunehmen, weil die dahin führende Strasse im dichten Wald, seit der Gründung des nahen Tscherkessendorfes Jeniköi, „fenna" sei und es ihm leid wäre, falls mir etwas geschähe. Lächelnd setzte er hinzu: „die jungen Bursche haben viel Zeit, aber wenig Geld und könnten so auch etwas verdienen!" Ich merkte, worauf es abgesehen war, willfahrte der eindringlichen Zuspräche des humoristisch angelegten Bei's und setzte unter deutschen, bulgarischen und türkischen Segenswünschen vom 410 M. hoch liegenden Gradec meine Reise gegen Karna-bad fort. Ueber cultivirtes Hügelland SO. nehmend, verlor sich unsere Strasse bald im dichten Eichenwalde. Feuer und Tscherkessen-Aexte hatten ihm übel zugesetzt, hier und da erschien eine Rodung und Hess bedauern, dass die halbverkohlten Baumriesen solch zweifelhaften Culturen Platz gemacht. Die Tscherkessen sind nun einmal keine Ackerbauer, sondern waren und bleiben, wie der Gradecer Bei richtig bemerkte, stets „Räuber" oder bestenfalls, ihre von turkophilen Federn hochgerühmten militärischen Leistungen in Betracht gezogen, „geborene Soldaten . Ich kann nicht oft genug wiederholen, dass die Tscherkessen-Colonisation auf europäischem Boden, sich gleich sehr wirthschaftlich, wie politisch, als ein schlimmer Missgriff der Pforte herausstellt, dessen böse Folgen ich vor vielen Jahren vorhersagte, die auch von des Sultans Rathgebern leicht hätten vorausgesehen werden können. Angesichts der verkommenen Niederlassung zu Abas Jeniköi, an welcher ich vorüberzog, begriff ich den Abscheu von Türken und Bulgaren vor solch elendem Gesindel, das seinen Haupterwerb im Diebstahl und Töchterverkaufe sucht! Wenn die nationalen Besonderheiten des Tataren längst durch freundliche Vergesellschaftung mit den Eingeborenen verschwunden, wird das mürrisch schattige Gesicht, die tiefe gurgelnde Stimme noch immer jene Söhne des kolchischen Gestades kennzeichnen, vor welchen schon Prometheus die nach Europa flüchtende Io warnte, als „unholde, an Fremde sich nicht anschmiegende Menschen, vor denen man sich hüten müsse". Wahrlich, des Tragikers Aeschylus Jamben haben, wie bereits der Altmeister Fallmerayer versicherte, bis zur Gegenwart ihre Geltung behalten! Sowie die Tscherkessen sich in des Balkans Abhänge einnisteten, mussten seine Karaule bedeutend vermehrt werden. Gleich am Waldausgange steht ein erstes, auf dem nahen Hisar bair ein zweites Blockhaus, das eine treffliche Ueber-sicht des umliegenden Gebietes versprach. Ich Hess die Pferde beim ersten Beklemeh zurück und stieg von meinen Gradecer Kalausen geleitet, über frische Matten mit weidenden braunen Abaschafen, dann aber zwischen Gestrüpp und plattigen Sandsteinfelsen aufwärts zum Hisar. Auf der unter den sengend herabfallenden Sonnenstrahlen mühsam gewonnenen Höhe ebneten sich meine letzten Zweifel über den nahe bei Osmanpazar in mehrere Zweige sich spaltenden Ost-Balkan. Es wurde mir klar, was meine fortgesetzten Studien später noch mehr erhärteten, dass sein auf unseren Karten schwer erkennbarer Hauptzug kein anderer sein könne, als das zwischen beiden Kamcikarmen sich aufbauende Ge-birgsmassiv. Das von mir mit 567 M. bestimmte Hisar tepe eignete sich aber nicht nur zum günstigen Orientirungspunkt für diese wichtige Thatsache, welche ich noch im VI. Capitel weiter erörtern werde, sondern auch für die Aufnahme des oberen Deli Kamcik-Gebietes, das vom Kazan- bis zum Öalikavak Balkan-Passe seine Details in günstigster Beleuchtung entfaltete. Ich übersah und peilte die zwischen Culturen und Wald liegenden zahlreichen Orte des linken Ufers, die Einsattlung, durch welche die Sumla-Jambolistrasse den hohen Balkan überschreitet u. s. w. Als diese zeitraubende Arbeit gethan war, ruhte ich ein wenig im Schatten des von üppig wucherndem Grün übersponnenen Gemäuers, dessen Gefüge leider nur unsichere Schlüsse über die Erbauer des Schlosses zuliess, welches einst hier, die Landschaft beherrschend, stand und zur Reihe der vielen mittelalterlichen Befestigungen zählt, deren Vergangenheit im Detail aufzuhellen, selbst eifrigster Forschung nur hypothetisch gelingen wird! Eine Stunde später befand ich mich einem anderen Menschenwerke gegenüber, das buchstäblich versunken und verschollen war. Die russische Karte Ost-Bulgariens verzeichnete schon 1829 am Wege nach Karnabad einen See, der wirklich existirt und von den Anwohnern „Hisar göl" (Schloss-See) genannt wird. Als nach kurzem Ritte seine Wasserfläche nahe bei Kajabasi vor mir aufleuchtete, stand die Sonne im Zenithe und von leichtem Windhauche gekräuselt, glich er einem Spiegel flüssigen Goldes. Gegen N. zeigte sich der See vom Grün zahm profilirter Berge umschlossen, gegenüber welchen die scharf con-tourirten des Kazaner Eisenthores bizarr erschienen. Vom leicht gewellten südlichen Vordergrunde zogen aber wogende Aehrenfeider, einzelne dunkle Laubkronen und flüsterndes Schilfrohr bis zum Seerande. Das klare thra-kische Firmament spannte sich in prächtiger Türkisbläue über das wunderbar ruhige Landschaftsbild, man hörte das Aufschnellen der im Sonnenlichte tanzenden Fische, doch war es schwül, mein Thermometer zeigte 34° C. und ich suchte eine isolirte Rieseneiche auf, um in ihrem schützenden Schatten das Profil des nördlichen Seeufers zu entwerfen. Mit dem Trocknen ihrer Netze beschäftigte Fischer trieb die Neugierde nachzuforschen, was ich an ihrem Wasser so viel zu „schreiben" hatte. Unsere Bekanntschaft wurde rasch durch einige wechselseitige Fragen geschlossen und ich erfuhr, natürlich nicht ohne breites phantastisches Beiwerk, dass der friedlich vor uns liegende See der Schauplatz einer furchtbaren Katastrophe gewesen war. „Seht Effendi, dort wo gegen Norden die Berge heute steil in den Hisar göl fallen, war es früher so trocken wie unter dem Baume hier, gab es dort schöne Weizenfelder und Weingärten, die zu einem grossen Dorfe gehörten. In einer Nacht jedoch schwoll das früher kleine Wasser plötzlich an und verschlang den Ort sammt Feldern und Kirche; von letzterer könnt Ihr noch heute zu Kajabasi einen zum Vorschein gekommenen Stein mit dem Kreuzeszeichen sehen! Den Namen des unglücklichen Dorfes vermögen wir nicht zu nennen, dass es aber wirklich am See stand, hörten unsere Eltern von den ihrigen, auch wagt es Niemand an diesem tückischen Wasser, trotzdem es fischreich ist, ein Haus zu bauen!" Ueber eine Viertelstunde ritten wir am südlichen Langufer des See's hin, welcher durch die romantische Tradition plötzlich Interesse und Leben erhalten hatte. Der Hisar göl liegt genau an der Scheide zwischen Tundza und Kamcik; auf dieser Hochfläche erreicht auch die Strasse zwischen Gradcc und Karnabad ihren höchsten Punkt mit 521 M. Jenseits liegt das Thal des Indze dere, das gegen S. von einem zweiten Parallelzuge des hohen Balkans begrenzt erscheint, welcher sich hauptsächlich aus einem reich glimmerigen, graulichen Sandstein constituirt und genau, wie der N. ihm vorlagernde Zug, W. 0. streicht; er ist jedoch niedriger und zeigt auch gerundetere Formen als letzterer. Beide zweigen sich von der vielverästeten Balkanpartie zwischen Gradec und Sedlarevo ab, welche man vom hochliegenden Dorfe Kajabasi aus deutlich unterscheiden kann. Ihre Hauptkuppen sind der mehrmals genannte Sakar, der südlichere Matei bair, die Kaiinka planina und der Indze bair. Am Fusse des letzteren entspringt der gleichnamige Bach und liegt auch das Bulgarendorf Novo selo, dessen türkischer Name Indze Balkan (Indze am Berge) es von dem östlicheren Indze in der Ebene unterscheidet. Der Ortsname „Indze Balkan" wurde von den Russen 1829 irr-thümlich dem N. von diesem Dorfe zum Deli Kamöik streichenden ersten Parallelzuge des hohen Balkans beigelegt und bürgerte sich so in unsere Karten und Werke ein, obschon er auf dem Terrain selbst nicht gekannt ist. Das Indze dere erreicht gegenüber dem reinbulgarischen Kajabasi seine grösste Breite. Es zählt 19 meist moslimsche Orte, die ärmlich aussehen; ihre Häuser sind mit Stroh gedeckt, die Moscheen klein, deren Minarete oft aus Holzoder Zweiggeflecht abenteuerlich construirt. Wohlstand ist nirgends zu bemerken; Brunnen spenden jedoch an allen Wegen das kalte Nass in Fülle. Zwischen den Türkendörfern Öerkliste (Öerkesli) und Songular stiess ich auf eine Gruppe von 7 Tumuli, auf dem grössten steht ein bereits hochgewachsener Baum neben zahlreichen rohen Leichensteinen; er dient noch heute als Ortsfriedhof. Wie auf diesem Boden stets neue Völkerschichten die vorausgegangenen ablösen, mengen sich allezeit auch ihre Todten. Tumuliforschern darf man daher nicht dringend genug empfehlen, diese „Schichtungen" bei ihren Schlüssen in volle Rechnung zu ziehen. Wir stiegen vom Hisar göl-Plateau Uber 300 M. herab, erst hinter Songular erreichten wir aber die ebene Thalsohle, kreuzten hierauf den Indzebach und traten kurz vor Indzeköi (205 M.) in den prachtvollen „Kuru orman". Auf meine Frage, welchem Dorfe der Wald angehöre, antwortete man, er ist „herrenlos", was in diesem Lande sagen will, er sei Eigenthum des Fiscus, könne daher von Jedermann benützt oder richtiger, geplündert und verwüstet werden. Am Waldrande hatte eine nach Hunderten zählende Caravane bulgarischer Schnitterinnen unter dem Schutze einiger* älterer männlicher Begleiter ihr Lager aufgeschlagen. Sie kamen aus Karnabad's Umgebung und befanden sich auf dem Rückwege nach ihrer Heimath im Balkanbezirke Kilifar. Einige Lastpferde trugen Maismehl, Butter und grosse Kupferkessel. Es war eine ungemein malerische Scene, die Anzüge erschienen beinahe alle frischfarbig und rein. Viele trugen rothe Leibchen, bunte Kopftücher, Glasperlen und Münzen coquet an Hals und Armen, die jüngeren Mädchen scherzten und sangen lustig; die älteren schienen aber schlechter Stimmung. Sie klagten über den geringen Verdienst, das Arbeitsangebot war zu gross gewesen, man bezahlte durchschnittlich nur 5 Piaster (1 Mark) Taglohn, wobei wenig für den Winter erspart werden konnte. Es dunkelte bereits, als wir unser nächtliches Ziel Kadiköi erreichten. Das Haus in dem wir übernachten sollten, war über alle Begriffe unreinlich; da man zudem versicherte, im Dorfe wäre keine Oka Gerste oder Hafer aufzutreiben und Karnabad sei in */4 Stunden leicht zu erreichen, beschloss ich dahin aufzubrechen. Bald zeigte es sich aber, dass uns die perfiden Leute, um lästiger Ein-quartirung zu entgehen, sowohl bezüglich Zeitdauer als Wegzustand schmählich belogen hatten. Nach einer Stunde war noch keine Spur vou Karnabad zu erblicken; hingegen verwandelte sich die an und für sich abscheuliche Strasse in einen durch Sümpfe ziehenden schmalen Damm, der stellenweise mit Spitzkieseln in halsbrecherischer Weise gepflastert oder so zerstört war, dass es schwer wurde seine Richtung festzuhalten, ohne rechts oder links in tiefen Morast einzusinken. Dabei begegneten wir keinem lebenden Wesen und ich weiss nicht wie dieses nächtliche Abenteuer geendet hätte, falls uns der Mond nicht rechtzeitig zu Hilfe gekommen wäre. Selten begrüsste ich sein Erscheinen mit grösserer Freude. Sein fahles Licht erhellte eine baumlose, traurig moorige Fläche; glitzernde Lichtstreifen verriethen stehende Wässer und abscheuliches Krötenconcert wechselte mit dem Schwirren zahllos schwärmender Insecten. Ein verfallener vielbogiger Viaduct brachte uns heil über die schlimmste Wegstelle; nun folgten festerer Boden und Maisfelder. Einzelne Bäume, gespenstisch aussehende Windmühlen, dann Hundegebell zeigten endlich, dass wir Karnabad erreicht hatten. Hält es aber schon am Tage schwer, in einer Türkenstadt, wo eine Strasse zum Verwechseln der andern gleicht, sich zu orientiren, nun erst bei Nacht. Es war zehn Uhr, kein Leben, kein Licht war im endlosen Pazar-Mahle zu erblicken; so dauerte es geraume Zeit, bis wir einen Han auffanden, der ein leidliches Un- terkommen bot. " . Wahrscheinlichkeit nach Karnabad, auch Karnobad, türk. Kannobad, » ; ^ die Hauptstadt der altbulgarischen Küstenprovinz Krnska ce Kail Uz, Donau-Bulgarien und Uor Balkan. Hl Jirecek das Gebiet vom Pontus bis zur Tundza einschloss und im XIII. Jahrb. als kleiner Souzeränstaat von des Caren Terteri I. Bruder Eltimir verwaltet wurde. Karnabad zählt zu jenen Städten Ost-Thrakiens, welche Sultan Murad I., nachdem er 1365 seine Residenz in Adrianopel aufgeschlagen, im Sturmlaufe nahm; ja nach Hadzi Chalfa wäre es sogar bereits 1359 gefallen. Was haben nun die Türken hier in vollen fünf Jahrhunderten geschaffen? Karnabad gegenüber kann, und dies will viel sagen, selbst Osmanpazar als eine hübsche Stadt gelten! Allerdings soll Karnabad im Krdzalienaufstande durch den Angriff des berüchtigten Indze Voivoda und 1829 durch die Russen sehr gelitten haben. 1872 zählte das Städtchen 400 türkische, 200 bulgarische, 60 spanisch-jüdische und 40 Zigeuner-Familien, also 700 Häuser oder richtiger nur Hütten, denn einige bulgarische ausgenommen, gleichen alle, und selbst der Kaimakam konak, elenden Baraken. So mögen Eski Dzuma und andere Städte Donau-Bulgariens ausgesehen haben, bevor Midhat's reformirende Hand sie umwandelte. Auch Karnabad's jährlicher PXihjahrs-Panajir spielt sich in feuergefährlichen Holzhütten ab, deren lange, hart an die Stadt reichende Gassen den Fremden empfangen und zur permanenten Bazarstrasse geleiten, wo in armseligen Läden antiquirter Waarenkram feil gehalten wird. Hier stellten neben arbeitsfaulen Türken, die Kaukasen der nahen tscherkessisch-tatarischen Dörfer Maras und Iribujun das grösste Contingent zur pittoresken Staffage ambulanter Kavedzi, licitirender Telals und Verkäufer von geblümten Tüchern. Im Wege der Hausindustrie gewebt und bedruckt, werden letztere als „Marafet" gerne von den jungen Männern um den Fes gewickelt. Auch Abatuch wird hier producirt, denn der bulgarische Bauer dieses Gebietes trägt mit Vorliebe Oberjacken und türkisch geschnittene, unter dem Knie sich verengende Hosen von diesem braungelben Tuche; gelb ist meist auch seine Mütze von Schaffell, roth nur der breite Shawl, den er zur Warmhaltung des Magens sehr fest um den Leib wickelt. Weit mehr Farbensinn entwickelt die bulgarische Landschöne. Ihr Kopftuch ist gewöhnlich weiss, das Hemd bunt ausgenäht, ihr an der Brust geöffnetes Leibchen blau oder roth, der kurze dunkelblaue Rock unten mit einem breiten, abwechselnd gelb, blau, roth gefelderten und mit Goldborten eingefassten Streifen besetzt, welcher das Costüm ungemein ziert. In letzterer Zeit kümmerte sich der Türke wenig um die Farbe oder den Schnitt der Kleider seiner Rajah, er sah mit gleicher Verachtung auf sie herab, wie auf ihre Religion und Bräuche; er duldete sie, wie etwa der Europäer den herausfordernden bunten Flitter und mystischen Hocus-pocus nomadisirender Zigeuner. Das Wirken des oft erwähnten Bischofs Sofronije, welcher 1792 als Pope zu Karnabad lebte, scheint nicht ohne Einfluss auf den Bildungssinn seiner kleinen bulgarischen Gemeinde geblieben zu sein. Vor dreissig Jahren, gleich zu Beginn der türkischen Reformaera, erbaute sie ein anständiges Schulhaus, in dem, so lange der fanariotische Druck währte, allerdings nur griechisch gelehrt wurde, obschon in Karnabad's Umgebung, bis nach Misivri am Pontus, kein griechisches Dorf existirt. Sobald die bulgarische Kirche vom Constantinopler Fanar sich unabhängig erklärte, hielt die nationale Sprache ihren Einzug in Karnabad's Schule und in natürlicher Reaction verbannte man das Griechische aus derselben. Ausser dieser bescheidenen Bildungsanstalt gab es in Karnabad nichts zu sehen, Windmühlen bei Karnabad. was einen längeren Aufenthalt gerechtfertigt hätte., So traf mich der Nachmittag des 19. Juli auf den nördlichen Höhen der Stadt, bei den Windmühlen, welche mir am Vorabende im Mondlichte so gespenstisch, nun aber mit ihren regenschirmförmigen Segeltuchmotoren mehr drollig als phantastisch erschienen. In der Ebene angelangt, warf ich einen letzten Blick auf Karnabad, das nach meiner Messung 220 M. über dem Meere auf einem sanftgeböschten kahlen Plateau liegt, welches von den aus Kalkmergeln und Sandsteinen gebildeten rund-kuppigen Balkan-Vorhöhen gegen S. vorspringt. Durch diesen niederen Berggürtel Öffnete der Indzebach sich den Weg zur Tundza und schuf so eine treft- 7* 45096 liehe militärische Position, deren natürliche Stärke durch einige richtig angelegte Redouten leicht erhöht werden konnte. Eine solche krönte auch wirklich im J. 1829 den isolirten Tumulus, an dem wir vorüberzogen; die Türken verliessen sie aber gleich Karnabad, ohne Vertheidigungsversuch, vor den von Aidos heranziehenden Russen und am 9. August lagerte hier Diebitsch's Hauptquartier auf dem Vormarsche gegen Sliven. Auf halbem Wege dahin, beim Bulgarendorfe Dragoda-novo, ereilten den siegreichen Marschall türkische Waffenstillstands-Vorschläge, welche den russischen Zug auf Adrianopel aufhalten sollten. Diebitsch durchblickte des Grosveziers Absicht und besetzte drei Tage später das 9 Meilen entfernte Sliven (S. 21). Im letzten russisch-türkischen Kriege drangen russische Reiterabtheilungen, nachdem die türkische Sipka-Armee sich Radetzki ergeben hatte und Sliven am 16. Januar besetzt war, von dort aus nach Karnabad vor, das sie ohne Widerstand nahmen. Den seit zwei Jahrhunderten fortschreitenden Verfall türkischen Regiments charakterisirt nichts so sehr, als die Vernachlässigung des Strassenwesens, welches die grossen Sultane einst mit richtigstem Verständnisse pflegten. Auch die im vorigen Jahrhunderte von europäischen Gesandtschaftscourieren oft benützte Strasse zum Öalikavak Balkan-Passe wurde allmälig unwegbar, ihre Brücken verfielen und bei Hochwasser sah sich der Reisende genöthigt das Fallen des Kamcik und Bairam dere oft Tage lang abzuwarten, was den diplomatischen Verkehr und allen Handel nicht wenig erschwerte. Als Sultan Mahmud II. seine durch Moltke's Briefe näher bekannt gewordene Reise 1837 unternahm, soll die Strasse von Karnabad nach Sumla wieder in fahrbaren Stand gesetzt worden sein. Ungeachtet neuerer Correcturen lässt sie aber selbst heute, wie wir sehen werden, viel zu wünschen übrig und würde einem diese Route einschlagenden Armeetrain grosse Schwierigkeiten bereiten. Nahezu alle tiefen Fürthen des Kamcik und Bairam dere sind brückenlos, die Curven der Strasse sind ungemein enge und dabei halsbrecherisch tracirt, ihre Bahn liegt aber hinter Karnabad unbeschottert im fetten Erdreiche und müsste, wo sie beim erwähnten prähistorischen Grabhügel in die sumpfige, baumlose Ebene hinabsteigt, durch einen auch bei Regenwetter passirbaren regelrechten Dammbau ersetzt werden. Glücklicherweise herrscht während des Sommers mit ziemlicher Beständigkeit hier trockenes Wetter und ohne Zwischenfall erreichten wir das hochliegende nördliche Gergeli, welches mit einigen Nachbarorten eine geschlossene reinbulgarische Oase in der ringsum ausschliesslich moslimschen Bevölkerung bildet. Das östlichere, heute gleichfalls bulgarische Seklare soll im vorigen Jahrhunderte der Häuptlingssitz eingewanderter Krimtataren gewesen sein, welche wahrscheinlich aus Furcht vor den siegreich anrückenden einstigen russischen Herren, während des Krieges 1829, weiter südlich zogen. Die Völkerverschiebungen am Balkan nehmen kein Ende, sind wir doch selbst lebende Zeugen, wie bei Beginn des jüngsten Feldzugs die gesammte moslimsche Bevölkerung zwischen dem Vid und der Jantra zum Wanderstabe griff und nach Südosten zog, während die Bulgaren der Landschaften Jeni Sagra und Kazanlik nach General Gurko's Rückmarsch über den Balkan, aus Furcht vor türkischer Rache, ins Jantragebiet flüchteten. So lange die orientalische Frage im flüssigen Processe sich befindet, wird auch dieses Fluthen der Bevölkerung im Sultansreiche dauern. Wo immer ich mit den Anwohnern der Öalikavak-Passage verkehrte, hörte ich, wie unsäglich viel sie durch Truppenmärsche 1853 geb'tten und dass, in Folge fortdauernder Requisitionen und Plünderungen der Basibozuks, ganze Dörfer nach weniger zugänglichen Gegenden Ubersiedelten. Der Typus von Karnabad's nördlicher Umgebung verräth augenscheinlich, dass ihre Insassen des Daseins nicht froh geworden seien. Als ahnte man, dass den überstandenen neue Prüfungen folgen dürften, ist da kein Haus, keine Kirche für länger als zum nächsten Tage gebaut und wieder litten im letzten Feldzuge die Leute an der Calikavakstrasse in bedauerlichster Weise. Schon im Hinblicke auf diese mit einer gewissen Stabilität wiederkehrenden traurigen Verhältnisse wäre für das hart mitgenommene Kamcik-Gebiet die beabsichtigte Schienen Verbindung zwischen Jamboli und Sumla ein wahres Glück gewesen, da sie die mit Truppendurchmärschen verbundenen Lasten erheblich gemindert hätte. Leider verschleppte des Stambuler Divan's Kurzsicht diesen wichtigen Bau, obschon er seit lange projectirt und ich selbst am 19. Juli 1872 bei Komarevo auf französische Ingenieure stiess, welche für Baron Hirsch die Tracirung besorgten. Die Vorarbeiten für Schienenwege waren in Bulgarien lange nicht mit so vielen Gefahren für den Techniker verknüpft, als in Bosnien oder im Gebiete der raublustigen Albanesen; trotzdem fand ich die Herren bis an die Zähne bewaffnet, den Revolver schussbereit, unter dem Schutze einiger Zapties, mit verbesserten Tachymetern den geeignetsten Kreuzungspunkt über den Indze dere suchend. Wir debattirten viel, ob die von der Unternehmung in grossen Zügen vorgeschriebene Trace von Sumla entlang des gegen W. weit ausbiegenden Kamciklaufes zweckmässig sei, nachdem sie nicht nur bedeutend länger war als die auf S. 80 skizzirte über Eski Stambul und Vrbica, sondern auch kostspieligere Tunnel- und Brückenbauten bedingte. Bei einer Flasche Slivener Weines besprachen wir eingehend meine auf dem Terrain gewonnenen Erfahrungen über diese leider noch heute ungelöste Frage. Es war spät Abend, als ich, nach herzlichem Abschiede von den liebenswürdigen Herren, Komarevo zuritt und dort im gastlichen Öorbasihause das Nachtquartier bezog. Einem rechtschaffenen Türken gewährt es selbst im Juli Vergnügen, kaum im „Konak" angekommen, seinen Tschibuk und Kaffee im Hofraume bei lustig loderndem Feuer zu schlürfen; kaum hatte sich mein biederer Zaptie diesem wohlthuenden Kef hingegeben, zeigte sich mein Hausherr, öorbasi Todor viel redseliger. Er schenkte mir sein Vertrauen und erklärte auch, wie es kam, dass sein Sohn nicht verheirathet sei. „Herr, es fehlt uns überall am Gelde und ohne solches findet man, wie Ihr wohl wisset, nicht leicht eine Frau. Wenn ich nur ein Paar entbehrliche Ochsen besässe, Hesse sich's bald machen; wo soll ich sie aber hernehmen? Die Steuern sind hoch, ob Weizen, Kukuruz oder Heu 10 Kilo vom Hundert; für jedes Schaf, Schwein u. s. w. muss man besonders zahlen, dazu noch die Militärstcuer für meinen erwachsenen Sohn und ebenso für die kleineren. Seht, das verlangt der Sultan; der Bischof, Pope und Lehrer wollen aber auch erhalten sein; wie soll man da zu etwas Geld kommen? Wir armen Bulgaren sind nun einmal zur Arbeit da, sei dem so, wie Gott es will!" Ich tröstete den Alten, so gut es ging, und erklärte, dass man dem Staate auch bei uns Steuern bezahlen müsse. „Ja", meinte er, „unser Lehrer, der ein Stück Welt gesehen, erzählt aber, dass bei Euch in Deutschland die Strassen nicht mit Zwangsarbeit gebaut werden, dass Euere Zaptie's (Gensdarmen) nicht so wie bei uns die Herren spielen und dass Euer Kaiser viel Nützliches für seine Unterthanen aus den Steuern anordnet, was wir armen Leute hier gar nicht kennen. Nun ist es aber einmal so und Gott weiss was er thut!" Es war das gleiche traurige Lied, wie ich es über die schlechte Landesverwaltung von Christ und Türke am nächsten Morgen zu Dobral, am Abend zu Bairamdere und allerorts mit' geringen Varianten hörte! Des Indze-Balkan's Wasserscheide ist bei Komarevo bedeutend niedriger als am Hisar göl (S. 96), das Terrain steigt aber gegen N. hier stetig an und das mit östlichem Wegbuge erreichte Dobral liegt bereits 138 M. höher als Karnabad. Dobral, auch Prilep genannt, ist ein kleiner bulgarisch-türkischer Ort, welcher früher hundert, also doppelt so viel Gehöfte als heute zählte, und 1853 sehr viel litt. Ein greiser Deda (Grossvater) mit hoher Pelzmütze und sein schmucker dunkelhaariger Enkelsohn, welcher wie hier allgemein üblich, ein buntes Foulard, in drei Wülsten um den hohen Fes mit langer Quaste gewickelt, trug, führten uns auf eine westliche Höhe, welche mich einen nicht leicht von anderem Punkte landschaftlich lohnenderen und zugleich lehrreichen Blick in das mittlere Deli Kamcikthal gewinnen Hess. Die frischen Matten hielten mich lange fest. Ueberau leuchtete des Flusses hell schimmerndes Band zwischen nackten und waldigen Spornen auf, allerorts durchzogen ihre Buchten kleine Queradern, wogende Felder und reiche Obstculturen mit erfrischendem Wassersegen tränkend; rothe Dächer und weisse Minarete zwischen vielfarbigem Grün verriethen aber die eingenisteten Ortschaften. Alle sind ausschliesslich von Türken bewohnt, auch das am nächsten liegende Bosilkovo, wo 1585 der gelehrte Bongarsius auf dem Wege von Preslav nach Rosokastro Ubernachtete, nachdem er eine „menschenleere Wildniss" durchzogen hatte. Wie merkwürdig wenig hat sich seit Bongarsius in dieser Gegend geändert! Noch heute ist die Strasse über den Öalikavak-Balkan so verödet, als vor nahezu 300 Jahren; wie damals fliesst des Kamcik's reicher Lauf ungenützt hin; da hört man nicht, wie in Thälern fortschrittlicher Staaten, den Lärm treibender Räder und Wellen, das lustige Schlagen pochender Hämmer, auch der Qualm hoher Fabrikessen zieht nicht wirbelnd in die Luft. Tiefe, Schlaf ähnliche Ruhe umfängt die Landschaft, nur hier und da ertönt von hoher Matte der melancholisch näselnde Gesang eines türkischen Schaf- oder Ziegenhirten und nur selten unterbricht der kaum hörbare Gang einer kleinen Mühle mit prähistorischem Getriebe, der schrille Ton eines Raubvogels oder aufgestörter Thiere die träumerische Stimmung, welche sich in dieser romantischen Gebirgsöde des Wanderers bemächtigt. Nördlich von Dobral rücken des Indze- und Karnabad-Balkans waldige Hänge eng zusammen; dem Kamcik kostete es sicher Mühe sein Bett hier durchzunagen. Zwischen dem westlich in der Tiefe auftauchenden Murat deresi und dem hochliegenden östlichen Kamcik Mahle steigt die Strasse mittelst einiger im bröckeligen Kalke eingeschnittener Curven abwärts zur Kamcikfurth, die wir nahe einem verfallenen Beklemeh, begünstigt durch die anhaltende Trockenheit, leicht kreuzten. Jenseits ging es im breiten Einschnitte, dicht am Rinnsale eines kleinen Baches wieder sanft hinan. Durch ausgehöhlte Stämme laufende Quellen spendeten den zu Kamcik Mahle gehörenden kleinen Culturen reichliche Labung, weiter aufwärts verengte sich das Defile zum „dervend", wie der Türke jede Steilschlucht nennt, und mit geringer Anstrengung erreichten wir das Beklemeh im Centrum der Redoute, welche 1829 auf dem Calikavak-Passe, gleichzeitig mit den Werken am Sipka und auf anderen Balkanpassagen, von den Türken im primitivsten Style erbaut worden war. Zweifellos benützten schon Griechen und Römer den Calikavak-Balkanübergang, obschon die classischen Geschichtsquellen ihn nicht ausdrücklich erwähnen. Wie Jireöek nachweist, zogen byzantinische und bulgarische Heere diesen Weg, der wahrscheinlich den im Mittelalter häufig gebrauchten Namen „sidera" trug; er entspricht dem ebenso oft angewendeten türkischen „Demir kapu" (Eisenthor) für Engpässe. Auch Kaiser Nikephorus soll 811 diesen Pass eingeschlagen haben, als er den mit seinem Leben gebüssten Rachezug gegen den zu Preslav residi-i-enden Bulgarenchan Krum unternahm (S. 74), und ebenso sein glücklicherer Nachfolger Kaiser Tzimisches, als er gegen den Warjägerfürsten Svjatoslav zog. „In goldglänzender Rüstung, auf behendem „wundervollen Renner", mit langer Lanze auf der Schulter, rückte er an das Gebirge, nachdem er sein Regiment der „Unsterblichen" vorausgeschickt hatte. Ihm folgten 15,000 Mann auserlesenen Fussvolks und 13,000 Reiter, sodann die schweren Truppen mit Lebensmitteln, Belagerungsgeschützen und der Bagage."*) Wir wissen, des Kaisers Zug gelang; Preslav tiel (S. 74), die Russen mussten über die Donau zurückgehen und Bulgarien wurde für längere Zeit byzantinische Provinz. Ueber den Calikavak-Pass zog 1595 auch Sinan Pasa, der tüchtige Feldherr Mahomcd III., um den wala-chischen Fürsten Mihail zu züchtigen. Seitdem und selbst in den russischen Feldzügen des vorigen Jahrhunderts, blieb dem Ost-Balkan alles Kriegsgetümmel im grossen Style fern. Erst 1829 näherte es sich ihm und dem (1alikavak-Passe wieder, als eine russische Abtheilung von 2 Bataillonen mit dem Petersburg'schen Ulanenregiment und 2 Geschützen von Aidos auf der Strasse am Deli Kamcik nach Dobral abrückte, um ihn für jeden türkischen Offensivstoss von Sumla her, auf das gegen Sliven ope-rirende russische Hauptcorps, zu sperren. Im Sommer 1877 war der Pass wiederholt von den Russen bedroht, und es verlautete, dass die Türken den nördlichen Eingang seines leichter zu vertheidigenden, als zu nehmenden Defile's, durch Verschanzungen zu sperren suchten. Gelingt es, sich desselben zu bemächtigen, dann ist auch die auf der Passhöhe angelegte Redoute schwer zu halten, da sie auf dem östlichen Wege über Keremetli, welcher nach Karnabad und Aidos führt, und auch auf der westlichen Nebenstrasse, über Öalikavak nach Rupca, umgangen werden kann, wobei der vordringende Gegner allerdings mit dem hier dichten Walde und stark verwilderten Unterholze viel zu kämpfen hätte. Vorstehende Betrachtungen liegen mir auf Grundlage meiner Karte des Balkans heute näher, als im Momente, wo ich NO. von der Pass-Redoute, unter einer Riesenbuche zwischen Himbeer- und Erdbeersträuchern, die topographische Eintragung des Öalikavakthales vornahm. Das am Fusse des Bahir dagh lehnende Dorf Öalikavak ist, nachdem es 1829 gänzlich vernichtet wurde, aus den Ruinen neu erstanden und seine 42 bulgarischen und 56 türkischen Gehöfte verwandelten das Anland stellenweise in einen wahren Garten; wo möglich noch besser cultivirt, erscheint die Thalsohle bei seinem zweiten Dorfe Bairamdere. Ueber-haupt trat ich bei keinem Abstiege vom hohen Balkan gegen N. so rasch, so unvermittelt in eine gleich reizende Vegetations-Idylle, was allerdings theilweise, auf dem sehr geringen Niveauunterschied von 250 M. zwischen dem mit 446 M. von mir bestimmten Passe und . der Thalfläche beruhen mag. Reichfrüchtige Haselnussgehölze besäumen die Strasse bis tief hinab zu den Maisfeldern, Gemüse-und Weingärten, welche sich rechts und links vom Bairam dere malerisch ausbreiten. Im Bache tummeln sich zahlreiche Forellen und der Herden munteres Treiben belebt die blumigen Wiesen bis hinauf, wo sie im dichten Eichenwalde der höheren Bergregion sich verlieren. *) A. Hilferding, Gesch. d. Serb. und Bulg. I. S. 139. Seit man 160 tscherkessische Familien zu Öalikavak Mahle in einem westlichen Einschnitte des prächtigen Thaies ansiedelte, war sein Friede dahin. Neben den Klagen über diese aus dem Kaukasus importirte Geissei verschwanden alle anderen, welche Bairamdere's Bewohner vor mir ausschütteten. Es bedarf stets grösseren Unglücks, um früher erlittenes klein zu finden. Nur die Einquartierungslast hielten Bairamdere's Bulgaren für gleich schwer. „Glaubt es, Herr, wir lügen nicht, der moslimsche Muhtar wird es bekräftigen, wenn hier Militär durch-marschirt, und es geschieht leider sehr oft, legt man in jedes der 40 christlichen Häuser stets 20 Soldaten, während die 36 türkischen höchstens 2—3 aufnehmen; auch die durchreisenden Beamten und Zaptie's fallen ausschliesslich uns Bulgaren zur Last, ohne dass jemals ein Fara für das Empfangene oder mit Gewalt Genommene vergütet würde. So lange sie unsere Weiber nicht schänden, danken wir übrigens immer noch Gott für seine Gnade!" Was ich zu Bairamdere hörte, schien nahezu stereotypirt von der Corbasi-beichte zu Komarevo, von den Klagen des greisen Deda zu Dobral. Trotz ihrer vielleicht auch vom Leser empfundenen Monotonie glaubte ich, von der Wahrheit dieser, türkische Zustände charakterisireuden Aufzeichnungen meines Tagebuches vollkommen überzeugt, dieselben hier schon deshalb nicht unterdrücken zu dürfen, weil sie die Unzufriedenheit der Bulgaren mit dem Türkenregiment erklären, weil sie leichter begreifen lassen, weshalb die Russen als Befreier von unerträglichem Drucke freudig begrüsst wurden, und endlich, weil die bulgarischen Ausschreitungen lange unterdrückter Rachsucht gegen ihre tscherkessisch- türkischen Peiniger in milderem Lichte erscheinen. Im sorgfältigen Sammeln ziffer-mässiger, an bestimmte Orte geknüpfter, leicht controlirbärer Daten liegt andrerseits der grosse Unterschied zwischen forschenden Reisenden und reisenden Bummlern, welche sich rühmen Jeder Tagebuchführung entbehren zn können" und heimgekehrt, ihre in wenigen Tagen an der Heerstrasse oder Küste gesammelten en gros Eindrücke über ganze Völker und Länder, aufgeputzt mit dem entlehnten Inhalte ernster Werke, meist sogar ohne ihre Autoren zu erwähnen, unter klingendem Titel auf den Markt bringen! Die inneren Schäden einer schlechten Verwaltung bleiben oberflächlichen Beobachtern selbstverständlich verborgen. So mochte das Aeussere bulgarischer Gehöfte immerhin dem Kosaken der Steppe imponiren. Wenn aber turkophile Stimmen, aus den bewundernden Ausrufen der russischen Natursöhne Capital schlagend, von der Trefflichkeit türkischen Regiments und der Ungerechtigkeit bulgarischen Freiheitsstrebens sprachen, vergassen sie, dass beispielsweise auch die Juden vor ihrer Emancipation oft Bildung und Reichthum besassen, gerade deshalb aber den Stachel ungerechter Behandlung vor Gericht, sowie ihre poli-tisch-sociale Zurücksetzung in Staat und Gesellschaft, um so bitterer empfanden. Und ist es nicht natürlich, dass solche Gefühle sich in Hass umwandeln, wenn der Gekränkte, in diesem Falle also die bulgarische Majorität, sehr wohl weiss, dass nicht sie die Eindringlinge, sondern dass ihre Vorfahren seit historischen Zeiten rechtmässige Herren des Bodens waren, auf dem sie von der türkischen Minorität als „Rajah", das heisst als Paria, behandelt wurden! Ich will damit nicht etwa sagen, dass der grosse slavische Nordstaat es unterliess, diese kränkenden Empfindungen in der stammverwandten Rajah durch Sendlinge geschickt zu vertiefen und für seine politischen Zwecke zu verwerthen. Der Rubel allein aber, wie oft behauptet wurde, schuf den Türkcnhass sicher nicht. Er ist bei Bosniens und Albaniens Christen, um welche sich Russland nur wenig kümmerte, ebenso vorhanden und zwar ganz aus denselben Ursachen wie bei den Bulgaren. Die Worte, mit welchen mein Hausherr mir gute Nacht sagte: „Ach wenn ihr Deutschen uns nur erlösen wolltet!" — eine Aufforderung, welche ich nicht allein zu Bairamdere, sondern an hundert Orten zwischen Balkan, Adria und Pontus hörte — bezeugen, dass die dort unter faulendem Türkenregimente noch lebenden Christen ihre Befreiung jedem Volke und nicht allein den Russen aus vollster Seele danken würden! Der in einem Bulgarengehöfte übernachtende Reisende mag noch so früh aufstehen, er wird es doch nie seinen Hausinsassen zuvorthun. Man kommt beinahe auf die Idee, dass sie der Nachtruhe vollkommen entbehren; sicher ist, dass schon der erste Hahnenschrei das ganze Haus, mit Ausnahme der Wiegenkinder, auf den Beinen und an der Arbeit trifft. Als ich am Frühmorgen des 21. Juli, welcher sein leuchtendes Sonnengold über das O.W. streichende Thal des Bairam dere goss," auf die Veranda des Corbasihauses trat, um meine Notizen zu ordnen und die Aneroi'de abzulesen, kehrte bereits der jüngere weibliche Nachwuchs mit gefüllten Eimern und Kesseln vom Brunnen heim und gab mir Gelegenheit die Elasticität seiner Bewegungen zu bewundern, während der Männer praktischer Sinn sich auf dem Hofe, beim Ausbessern der aus gespaltenen Zweigen zierlich geflochtenen Umzäunung, bethätigte. Das blendend weisse Hemd, das wallende Kopftuch und die rückwärts hängenden gestickten Gürtelbänder Hessen den Mädchen gut. Die Männer tragen türkisch geschnittene Hosen von lichtem Abatuch, offene kurze, gestreifte Leibchen und um den Fes ein schwarzes Tuch, dessen befranste Enden auf den Rücken fallen. Die auch am Kamcik auftretenden zahllosen Varianten im Costüme bekunden des Bulgaren von mir oft betonten Sinn für Zeichnung und Farbe. Neunmal kreuzten wir den Bairam dere zwischen den stark bewaldeten kalkigen Sandsteinhängen des Asir tasi und der Petlavica, durch welche sein rasch fliessendes Wasser in unzähligen Cascaden dem Akili Kamcik zueilt. Die engste, nur wenige Meter breite Stelle des ll/a St. langen Defile's beginnt unmittelbar hinter dem Dorfe, am südlichen Eingänge. Selbst im Hochsommer sind hier einige Fürthen so tief, dass es nicht leicht wird sie zu kreuzen; es fehlt an künstlichen Uebergängen und Fusstruppenmärsche dürften ohne Brückenschläge im Frühjahre hier kaum möglich sein. Auf S. 104 erwähnte ich bereits die eminente Bedeutung dieses Defile's für die Vertheidigung des Öalikavak-Passes, der leicht zu halten, wenn den ihn flankirenden Strassenpositionen bei Cerkes Dragoi Bulgarische Trachten zu Bairamdere und Köpriköi. Mahle und Begci die nothwendige Beachtung geschenkt wird. Gegen N. führt das Defile, von der Passhöhe gerechnet, in 7 St. unmittelbar auf eine stark gewellte Hochebene, auf Sumla's bereits charakterisirtes natürliches Südglacis hinaus, welches hier auffallend zahlreiche Tumuli bedecken. Gleich beim nahen, 250 Häuser zählenden Bulgarendorfe Smedova standen fünf auf einer höheren Terrainwelle. Von der Spitze des höchsten erblickte ich 5 andere bei Zlatar, nahe bei Sirt Mahle tauchten 12 auf, und einzelne erschienen zerstreut an verschiedenen Punkten. Auch beim Abstiege vom Öalikavak-Passe sah ich, links hart an der Strasse, einen Grabhügel und auf viele war ich jenseits in Karnabad's Umgebung gestossen. Es unterliegt also keinem Zweifel, dass die prähistorischen Volker den Öalikavak-Pass bei ihren Wanderungen nach der thrakischen Ebene benützten. Meinen Kitt gegen N. fortsetzend, kreuzte ich den Smedovabach und bald darauf den Akili-Kamcik bei Köpriköi auf einer langen Jochbrücke. Hart vor ihr liegt ein beträchtlicher, mit hohem Pfahlzaune eingefriedeter Viehsammelplatz und jenseits erhebt sich am flachen Uferrande ein Hügel, welcher 1829 befestigt, als Brückenkopf diente, heute aber eine Art Öardak trägt, von dem man das Umland trefflich übersieht. Diese starke natürliche Position zur Vertheidigung des Kamcik-Uebergauges dürfte jedoch durch unsere weittragenden Geschütze viel von ihrer einstigen Bedeutung eingebüsst haben, da sie von den nahen Bergen dominirt wird. An ihrem Rande lehnt Köpriköi (Bruckdorf) in 202 M. Seehöhe. Dieser türkisch-bulgarische Ort war stets ein wichtiger Approvisionirungspunkt für Sumla; er lieferte seit langer Zeit den Fleischbedarf für dessen Garnison und permanente Lager. Während der Sommermonate bedecken riesige Herden die grasreichen Weideplätze zwischen Dorf und Fluss; der türkische Soldat wird besser genährt, als bezahlt und das militärische Lieferungsgeschäft war zu Zeiten sehr lohnend. Auch der Eigenthümer des bulgarischen Han's, in dem ich Mittagsruhe hielt, vertraute mir, dass er seinen Wohlstand als Viehlieferant erwarb. Er meinte, durchschnittlich gebe ein Schaf 45 Oka reines Fleisch, welche mit 50 Piaster (10 Mark) bezahlt werden, und die Haut bringe, die Abfälle ungerechnet, weitere 5 Piaster (1 Mark); es sind dies Preise, über welche deutsche Viehzüchter nicht wenig staunen dürften, der bulgarische findet aber trotz ihrer scheinbaren Niedrigkeit seine Rechnung. „Wenn nur von türkischen Pasa's das Geld rascher und sicherer zu erhalten wäre", klagte mein aufgeweckter Handzi. Allerdings war dies selbst im tiefsten Frieden schwer; in Kriegszeiten sind die Herdenbesitzer aber noch bedauernswerther. Da giebt es keine Contracte, man nimmt das Vieh, Getreide und andere Heerbedürfnisse, so weit man sie nicht mit entwertheten Kaimes nominell bezahlt, wo man sie findet; Bestätigungen werden selten gegeben und noch seltener eingelöset. Dieser Vorgang erklärt wohl das Räthsel, wie die Pforte mit ihren immer leeren Cassen langdauernde Kriege führen kann. Die herrschende Race stellt den Soldaten; die Rajah muss ihn aber erhalten. Auf ihr lastet auch nahezu ausschliesslich das ganze Trainwesen im Felde, denn militärisch organisirte Fahrparke, Sanitätswagen u. s. w. fehlen gänzlich. Wohl übrigens dem bulgarischen Bauer der transbalkanischen Morava-, Tundza- oder Marica-Districte, welcher nach vielwöchentlicher Abwesenheit von Haus und Familie so glücklich ist, statt dem unter hundert Gefahren und ohne Entschädigung nach Sumla oder Plevna geschleppten Proviant, Pulver u. s. w., als Rückfracht türkische Blessirte für Filipopel oder Sofia zu erhalten; sonst mtisste der Arme, meist ohne sein zurückbehaltenes Zugvieh, zu Fusse den Marsch in die ferne Heimat antreten, und wie selten, dass er lie h'eil erreichte! Man kann sich unmöglich der Luft entziehe^, in welcher man athmet; es erklärt sich daher, wenn in manche Stelle dieser Studien düstere Schatten des letzten grausen Krieges fallen. An jenem Sonntage, als ich in Köpriköi's Han mittägliche Siesta hielt, ahnten seine Bewohner den Sturm nicht, welcher drei Jahre später über sie und ihr Land brausen sollte. Des Handzi's Kinder tanzten auf dem reinlich gehaltenen, anheimelnden Hofe in vollster Lust, aus dem Vorderhause, in dem die eigentliche Schenke lag, tönte fröhlicher Rundgesang herüber und der speculative Wirth, vielleicht heiter gestimmt durch den still überrechneten Sonntagsgewinn, führte mir seine greise Mutter und hübsche Frau vor; der kleine Sprössling auf ihrem Arme lachte hell auf und das junge Weib erröthete bei des Dragomans Complimenten, welclfe dem trefflich bereiteten Mahle, mehr noch aber ihr selbst und ihrem schmucken Feiertagsstaate galten. Verschämt neigte sie den reichgeputzten Kopf, welcher ziemlich schwer zu tragen hatte. Zu Köpriköi ist es nämlich Brauch, dass Jungverheiratete Frauen den häuslichen Wohlstand durch möglichst viele, über einen hohen Aufsatz geheftete bunte Kopftücher zeigen; ältere tragen nur ein langes weisses Tuch, wie auf der Abbildung ersichtlich, in welcher ich die Trachten von Köpriköi und Bairamdere vereinigte (S. 107). Mein Abendziel war das durch Diebitsch's entscheidenden Sieg berühmt gewordene Kulevöa. Der Weg dahin ging am rechten Ufer des Jedzikbaches, der von Sumla's Stradza bair abfliesst und bei Köpriköi in den Kamcik mündet. Die Ebene ist hier ungemein wasserreich, stellenweise deckt sie hohes Schilf, was den Ritt oft schwierig macht. Nach einer Stunde erschien rechts, in einem landschaftlich prächtigen Einschnitte, das hübsche Türkendorf Eskiköi, links begleiteten uns auf einer N. S. streichenden wallartigen Höhe die bereits erwähnten 12 Tumuli von Sirt Mahle. Die russische Karte vom J. 1835 erwies sich hier als trefflich, nur fehlte dieses Dorf, sowie auch dessen Nachbarorte Kurudere, Öobanköi undGolemo Jedzik, denn wahrscheinlich sind es neuere Ansiedlungen; obschon sie nahe bei dem wichtigen Sumla liegen, sucht man sie aber auch merkwürdigerweise auf ArtamanofT's Karte vom J. 1876 vergebens. Hingegen findet man auf derselben einige räthselhafte Orte. Ihr Karalic dürfte vielleicht mit dem türkischen Karamusa, ihr Kildzik, gegenüber dem Bulgarendorfe CTeremsm (richtiger Keremidin), mit dem türkisch-bulgarischen Mali Jedzik meiner Karte identisch sein. Diese neueste russische Karte zeigt auch immer noch das durch General Pahlen's Angriff (1829) genommene und zerstörte Öirkovna, nach dessen Lage ich in Jedzik's Strassenhan, dessen Seehöhe ich mit 121 M. bestimmte, vergebens fragte. Ein heftiger Gewitterregen hatte im Han viele Leute zusammengeführt, doch hielten sich Moslims und Christen möglich* getrennt. Rakidüfte und Tabakqualm gestalteten den Aufenthalt im dunstigen Schenkraume höchst unerquicklich; glücklicherweise blaute das Firmament bald wieder, das Unwetter war gegen den Balkan gezogen und ein prachtvoller Regenbogen spannte sich, keine Confession kennend, Über die Türken- und Russengräber des Schlachtfeldes von Kulevca, dessen Boden früher schon die Gebeine bulgarischer, römischer und prähistorischer Kämpfer unterschiedslos aufgenommen hatte. Gleich hinter Golemo Jedzik erschien ein riesiger Tumulus, bald darauf, als wir das Stradza su gekreuzt, ein anderer Hügel, in dem vielleicht ein Wanderfürst vom fernen Oxus ruht, und neben ihm ein von schönen Herden umlagerter monumentaler Brunnen, welchen ein pietätvoller Moslim vielleicht zur Erinnerung für seine im Glaubenskampfe gegen den Moskov gefallenen Brüder stiftete. Hart bei diesen Denkmalen von weit auseinander liegenden Epochen, stiegen wir mit östlichem Strassenbuge Über sanfte Vorhöhen zum Kalkplateau hinan, das Sumla's Glacis von 0. her begrenzt und an dessen steiler Böschung Kulevca lagert. Es bedurfte Geduld, bis die Präliminarien für unsere Aufnahme in einem der besseren bulgarischen Gehöfte abgeschlossen waren. Seine wolfsartigen Hunde wollten aber nicht capituliren und erst als man sie ausser Bissweite gebracht, könnten wir ungefährdet unseren Einzug in den Hof halten. Ich war nicht nur unter Dach, sondern trefflich untergebracht. Die mir zugewiesene Prachtstube enthielt einen Ueberfluss an gestickten Sitz- und Wandkissen, welche ein gar ruhsames Bett versprachen. Ich war sehr fröhlich gestimmt und auch des Hausherrn, wegen der unerwarteten Einquartierung, umdttsterte Miene hellte sich auf, als der Dragoman die unseren Pferden verabreichten Heu- und Gersterationen auf mein Geheiss nach dem üblichen Hanpreis gleich baar bezahlte. Nun rührte es sich auch in Küche und Keller, ein leckeres Abendbrod wurde bereitet, es gab eine Kisela corba (saure Suppe), Hühner, Wein, Obst und zum Schlüsse eine Pita, ein trefflich schmeckender Pfannkuchen, welchen die bulgarischen Frauen aus Mehl, Eiern und Topfenkäse auf Blechplatten am hellen Kohlenfeuer trefflich zu backen verstehen. Wie der Leser sieht, geht es mit dem materiellen Leben im Bulgarenlande zeitweise ganz leidlich und man schläft auch gut, wenn man, wie ich an jenem Tage, sechs Meilen im Sattel zurückgelegt, dabei unterschiedliche Htfhen erklettert, geistig nicht faul gewesen und endlich einmal das dunkle Quälgeister bannende Pulver aus des Schahinschah's Landen nicht hervorzuholen genöthigt ist! Am nächsten Morgen war das Firmament stark umdüstert, es regnete, das Barometer sank fortwährend, und da ich meinen Leuten und Pferden seit Sumla keinen Ruhetag gegönnt, beschloss ich den 22. Juli einigen grössere Sammlung erfordernden Arbeiten zu widmen. So wohnlich auch das Corbasihaus im Allgemeinen war, gab es doch keinen Tisch ä la franca; ich musste einen solchen improvisiren, was nicht schwer hielt, denn in meiner Stube war der ganze Hausreichthum an Mobiliar aufgespeichert. Ich schob die in Hohlschienen laufenden, die Fenster gegen Angriffe von aussen sichernden schweren Holzläden zurück und war nicht wenig erstaunt die Wände mit geblümten Kattun tapeziert zu finden. In einer Ecke stand ein Schrein mit Thon- und Glasgeschirr; in der nächsten lagerte ein grosse Quantität Teppiche, Decken und Leinenzeug; vier echte, mit Hausaltar zu Kulevca. grellen Blumen bemalte Kronstädter Truhen und einige nicht ungeschickt nachgeahmte enthielten den Sonntagsstaat, Kleider, Pelze und Wäsche; in der gegen Ost gerichteten Wandnische hing die nie verlöschende Oellampe vor dem Bilde eines Athosklosters in Kupferstich, unter diesem ein zierliches Weihgeflecht aus prächtigen neuen Weizenähren, alles zusammen einen reizenden kleinen Hausaltar bildend; in der vierten Ecke stand aber ein tief eingeschnittener Kamin, dessen breite Heerdfläche ganze Stämme aufnehmen konnte. Wenn die Arbeit in Feld und Wald gethan, hoher Schnee den Hof bedeckt und die heilige Weihnachtszeit im Anzüge, musste bei lustig loderndem Feuer dieser Raum wohl einen feiertäglichen Charakter gewinnen, obschon ihm noch viel zur anheimelnden Be- häbigkeit unserer altdeutschen Bauernstuben mangelte. Die »Lust am Comfort scheint beim Bulgaren, so weit ich beobachten konnte, mehr unterdrückt, als zu fehlen; ich glaube, dass sie nun bald auch hervortreten dürfte, wo veränderte politische Verhältnisse ihm gestatten, die Früchte seines geradezu merkwürdigen Arbeitstriebes offen zu zeigen und zu geniessen! Unter den Dorfhonoratioren, welche mich zu begrüssen kamen, befanden sich zwei starke Politiker, ein vielgewanderter Krämer mit dem Beinamen Hadzi und der aus dem nahen Dragoi stammende Schullehrer. Beide machten kein Hehl, dass sie der jungbulgarischcn Patriotenpartei angehörten, und ebensowenig, dass eher feindliche, als sympathische Gefühle gegen den „Moskov" sie erfüllten. „Herr, Ihr müsset wissen," docirte der Lehrer, „dass wir viel früher als der Kusse bereits Christen gewesen, dass er sein Evangelium, seine Schrift uns verdankt; käme er uns zu befreien, müssten wir dies sicher mit unserer Nationalität und Sprache bezahlen, er würde uns bald zu Russen machen und wie könnten wir dies verhindern! Wie aufrichtig es der Russe mit uns meint, sahen wir, als es sich um unser Exarchat handelte, zehn Jahre früher hätten wir es erhalten, wenn er nicht heimlich Griechen und Türken gegen uns gehetzt hätte!" — „Gewiss," meinte der Andere, „der Russe ist'unser Feind (nase dusman), lieber noch dreissig Jahre unter dem Sultan, als von Moskovs oder gar von Serben uns befreien lassen. Wir zählen im Lande allein an 7 Millionen (!), andere 5 (!!) leben an der Wolga und in der Walachei; kommt unsere Zeit, werden wir allein mit dem Türken unsere Rechnung machen, glaubt es, Herr!" —- Solche Ansichten, welchen allerdings oft andere gegen übertraten, waren meist nicht erheuchelt, ich hörte sie häufig und reproducire sie, um zu zeigen, dass vor den berüchtigten Massacren des Jahres 1876, mindestens bei einem grossen Theile der bulgarischen intelligenteren Kreise die Sympathien für Russland nicht so häufig verbreitet waren, als dies angenommen wird. Das 288 M. hoch liegende Kulevca zählte 1872 rund 60 türkische und 140 bulgarische Gehöfte, eine Moschee, eine Kirche und seit 1870 eine Schule, die ich von etwa 30 Kindern besucht fand. Da es im Dorfe sonst nichts Interessantes zu sehen gab, verband ich am nächsten heiteren Frühmorgen einen Ausflug nach Kulevca's Schlachtfeld von 1829 mit der Besichtigung eines „heidnischen" Steinbildes, von dem Lehrer und Öorbasi viel fabelten. Einer gegen NW. ansteigenden Curve über cultivirte Lehnen folgend, stand ich nach einer Stunde auf dem Hochplateau von Madara, dessen Schlucht nackte, hohe Kalkwände gegen 0. pittoresk und apsidenartig umschliessen. Ein kleiner, mehrere Mühlen treibender Giessbach stürzt hier mit raschem Gefälle zum Dorfe hinab; ringsum weideten Ziegen und Schafe auf spärlichen Grasflecken zwischen abgestürzten Felsblöcken. Die panartig costümirten Hirten bemühten sich, ihre vierbeinigen, wilden Gehilfen FELSWAND MIT RÖMER-RELIEF BEI KULEVCA. 2 abzuwehren, so vermochten wir uns der vielzerklüfteten nördlichen Felswand mit dem fabulosen Sculpturwerk gefahrlos zu nähern. Etwa 10 Meter hoch, erblickte ich, an einer beiläufig 0,3 M. künstlich vertieften und geschützten Stelle der senkrecht abstürzenden Kalkmauer, ein Relief, in dem ich sofort römische Arbeit erkannte. Es zeigt einen, von einem laufenden Jagdhunde begleiteten Reiter, über einen verendenden Löwen siegreich wegschreitend und zu beiden Seiten des Rosses etwa 8—10 stark verwischte kurze Schriftzeilen eingemeisselt, aus welchen ich, da kein Annäherungsmittel in der Nähe war, nur den Namen „SEVER" und einige Ziffern mit Hülfe des Fernglases Römisches Reiter-Relief in der Felswand bei Madara. lesen konnte. Seiner ruhigen Composition nach zu urtheilen, halte ich dieses Denkmal für ein Werk der besseren römischen Kunstepoche, das vielleicht zu Ehren eines die Jagd liebenden Imperators oder Grossen errichtet wurde; ich glaube ferner, dass dem Künstler eine Allegorie fern lag und der dargestellte Reiter einst wirklich in der Umgebung lebte, obschon der unterliegende Löwe an sym-bolisirende heidnische und christliche Mythen des Hercules- und St. Georgscultus erinnert. Vielleicht bringt eine Photographie oder ein Abklatsch der Inschriftreste bald Klarheit über die Person und Tendenz des in seiner Art einzigen classischen Monumentes im nördlichen Haemusgebiete. Zahllose Nachkommen gleichzeitiger Adler- und Geiergeschlechter umkreisen es heute wie einst; des Reliefs natürlicher Rahmen ist aber jedenfalls zu colossal, es verschwindet auf einige Schritte Ent- Kanitz, Donau-Bulgarien und der Balkan, in. 8 fcrnung neben den zahllosen Rissen und Höhlen der riesigen Felsmauer, in welche der römische Künstler es gehauen. Das von gleichmässig hohen Wänden umschlossene Hochplateau gestattet gegen W. einen Vogelschaublick auf Sumla's Position von solcher Ausdehnung, wie ihn, so prächtig und instruetiv zugleich, ein zweiter Punkt kaum bietet. Dicht vor uns liegt im Vorgrunde Madara, dessen einstige Burg gleichzeitig mit Pravadi von den Türken genommen worden sein soll, als sie 1388 Donau-Bulgariens Unterwerfung begannen. Im Mittelgrunde wächst aus breiter Fläche das jungfräuliche Bollwerk heraus, als isolirter, von Gradiste bis Catalar streichender massiger Gebirgsstock, furchenreich und gekrönt mit geradlinigen weissen Ver-theidigungen, welche von Stradza bis Cengel den tiefen Einschnitt decken, in dem Sumla sich verbirgt. Dicht vor den Pylonen dieses natürlichen Festungs-thores bauten sich die lichten Zeltreihen des Militär-Sommerlagers auf. Den südöstlichen Hintergrund bildet in duftiger Bläue des Preslav-Balkans scharf contou-rirtes Profil. Im Mittelgründe breitet sich aber das blutgetränkte Glacis des nie genommenen Horts der Halbmondherrschaft in Bulgarien aus. Von hier gesehen, verschwindet des Glacis' starke Undulation, nur die Rinnsale der grösseren Wasseradern schatten sich ab, auch tauchen in der grellen Beleuchtung, durch Obstgärten und weisse Minaretsäulen gekennzeichnet, eine Unzahl oasenartiger Orte auf, von welchen man beim südlichen Smedova beginnend: Dragoi, Veli-begköi, Eski Stambul, Btijtik Jedzik, Öatalar, Maras, Öengel, Kasapli, Stradza, Kadiköi, Gradiste, Bulanik, Jenidze, Tekirköi, Kabia Sogütli und selbst noch das stark nördliche Aboba unterscheiden kann. Um jeden dieser 17 Orte ist im Jahre 1829 zwischen Russen und Türken blutig gestritten worden, mancher bildete eine bedeutende strategische Position, doch keiner wurde damals mehr genannt, als das zu unseren Füssen erscheinende Madara. Dort schlug Marschall Diebitsch sein Hauptquartier an jenem denkwürdigen 11. Juni auf, an dem er den von Pravadi heranziehenden Grossvezier Reschid Mehemed in offener Feldsehlacht bei Kulevca bis zur Vernichtung schlug und so seinen vielbewunderten späteren Zug über den Balkan vorbereitete. Anfänglich schien das rasch wechselnde Glück der Schlachten den Türken zu lächeln, „allein der Grossvezier hätte kein Türke sein, nicht über Türken befehlen müssen, wenn er nicht auf den folgenden Tag verschoben hätte, was sich nur irgend verschieben liess, und selbst was nie hätte verschoben werden sollen", äusserte Moltke. Der Vorgang war in Kürze folgender. Vezier Reschid Mehemed Pasa zog von Pravadi dem über Jenipazar nach Sumla vorrückenden russischen Heere mit seiner ganzen Macht entgegen. Er wählte die kürzeste Strasse auf dem Hochplateau von Cerkovna, welche ihm gestattete, vollkommen gedeckt, bis auf 2 Meilen Sumla sich zu nähern. Seine Position konnte kaum günstiger gedacht werden; rechts schützten unzugängliche Steilhänge seine Flanke gegen jede Ueberraschung, links vermochte er, durch Wald gedeckt, den Angriff abzuwarten oder auch über das sanft abdachende Terrain mit raschem Offensivstosse der Russen langgedehnte, in Formirung begriffene Schlachtlinie zu durchbrechen und nach gelungener Diversion, der Sumlaer Besatzung die Hand zu reichen. Statt alledem „verschob Reschid, was nie hätte verschoben werden sollen". Zuletzt Hess er sich durch ein von der russischen Avantgarde bei dem heute verschwundenen Dorfe ('irkovna geschickt eingeleitetes Kecognoscirungsgefecht verleiten, von seiner günstigen Stellung südöstlich bei Kulevca herabzusteigen, und dies änderte die Lage. Das schnelle Anrücken des rechten russischen Flügels unter General Pahlen brachte bald das anfänglich den Türken günstige Gefecht, welches der Vezier nicht rasch auszunützen verstand, ins Gleichgewicht. Als aber die Türken siegessicher in grösserer Stärke zu debou-chiren versuchten, gerieften sie in das concentrische Kartätschenfeuer von 35, durch General Pahlen in Batterie gebrachten Geschützen und anderen 12 Kanonen der Bug'schen Ulanendivision, die rasch von Madara unter General Arnoldi herbeigeeilt war. Indessen hatte Diebitsch mit scharfem Blicke erkannt, dass er des Gross-veziers Hauptmacht vor sich habe, und ging kühn zur Offensive über. Um 4 Uhr Nachmittags beschloss er, die in ihre ursprüngliche Höhenstellung zurückgedrängten Türken, mit den von Kalugerca über Madara eingetroffenen Corps der Generale Rüdiger und Roth anzugreifen. 4 Bataillone der V. Division und die reitende Zwölfpfünder-Batterie des tapferen Arnoldi, von einer Husarenbrigade, 2 Bataillonen der XVI. Division und einer zweiten Zwölfpfünder-Batterie unterstützt, erstiegen im Sturmlaufe die Hänge. Je höher, desto mehr verengte sich das Angriffterrain, desto mehr musste die Artillerie ins feindliche Schtitzenfeuer gerathen, wenn die Waldsäume wirksam vertheidigt wurden. Die Türken warteten aber den letzten entscheidenden Angriff gar nicht ab, Hessen ihre Batterie an der Strasse nach Pravadi im Stiche, und als wohlgezielte Granatschüsse in einige Munitionskarren einschlugen, verwandelte sich der eingetretene Rückzug in zügelloseste Flucht. Des Grossveziers Armee zerstob in einzelne Haufen, welche im Walde verschwanden; die Russen Hessen von der nutzlosen Verfolgung ab, 56 Geschütze, der ganze Munitions- und Heertrain, sowie unzählige grüne Zelte bildeten die Trophäen der Schlacht von Kulevca. „Der Gedanke unmittelbar nach einem entschieden nachtheiligen Gefecht einen fast doppelt so starken Gegner auf seinen Felshöhen anzugreifen", sagt Moltke, „zeugt eben so sehr von der Entschlossenheit des Führers, als von dem^ Vertrauen, welches er in die Tapferkeit seiner Truppen setzen durfte; denn dass dieses Unternehmen so wenig Widerstand finden würde, wie wirklich geschah, 8* war keineswegs mit Wahrscheinlichkeit vorher zu sehen. Der Angriff, sofern der Gegner ihn überhaupt nur abwartete, konnte weder von Artillerie noch von Cavallerie unterstützt werden, und die Infanterie gerieth dabei in ein Waldterrain, welches der Fechtart des russischen Fussvolks durchaus ungünstig ist. Allein die Türken, um es kurz zu sagen, liefen davon. Wir sehen sie auch hier von der tollkühnsten Vewegenheit zur gänzlichen Verzagtheit übergehen, und der erste ungestüme Andrang verwandelt sich unmittelbar darauf in regellose Flucht. Der Vezier soll nach Aussage eines gefangenen Bimbasi (oder Bataillons-Commandeurs) wirklich von dem Marsche des General Diebitsch gar keine Kenntniss gehabt haben. Er glaubte, dass nur General Roth ihm die Verbindung mit Sumla abzuschneiden versuche, und beschloss daher, sich auf diesen zu werfen, um dann vor Pravadi zurückzukehren. Nachdem er sich durch das Gefecht überzeugt, dass er ein stärkeres Heer vor sich habe, scheint es, dass er durch einen Linksabmarsch die Strasse von Kamarna (?) auf Maras hat gewinnen wollen, zu welchem Zweck eine Arricregarde bestimmt wurde. Aber ein solches Heer, wie das seinige, ist immer noch eher eines dreisten Vorgehens, als eines Rückzugs im Angesicht des Feindes fähig*). Das Auffliegen einiger Munitionswagen (was Übrigens den Türken in jedem Gefecht zu begegnen scheint) gab das Signal zur allgemeinen Auflösung. Dabei mag übler Wille allerdings mit im Spiel gewesen sein. Besonders missvergnügt war die regulaire Infanterie, welche sich an den Zwang der Disciplin nicht gewöhnen konnte. „Ueberau, wo Gefahr und Schwierigkeit, müssten sie voran," sagten die Ueberläufer dieser Truppe, „überhaupt liesse man sie zu viel marschiren." Mancher mochte in dieser Niederlage einen Triumph der vom Islam geheiligten alten Sitte über die ruchlosen Neuerungen erblicken, und ein grosser Theil der regulairen Soldaten warf die Bajpnettflinte, welche ja ohnehin sein Eigenthum nicht war, von sich. Andere fochten auf eigene Hand, schössen auf ihre Offiziere und plünderten die nächsten Ortschaften. Es hatte unter den regulairen Truppen das Gerücht Eingang gefunden, der Grossherr beabsichtige jedem dazu gehörigen Mann ein Zeichen auf die Stirn einbrennen zu lassen, an welchem er kenntlich wäre, wenn er entwiche. Uebrigens scheint grosser Mangel an Lebensmitteln im türkischen Heere geherrscht zu haben. Die Gefangenen waren ganz entkräftet und verlangten vor allen Dingen zu essen, weil sie seit mehreren Tagen gehungert hätten. Viele des Weges unkundige Asiaten kamen in den Wäldern aus Mangel um. Der Vezier selbst erreichte mit nur 600 Pferden Sumla über Maras." Moltke's, des späteren gewaltigen Schlachtenlenkers Skizze und Kritik der *) In diesem Gefühl wollte auch Hafiz Pasa 1839 lieber den Angriff der Aegypter in einer schlechten und umgangenen Stellung bei Nisib abwarten, als einen Rückzug von nur 2 Meilen in ein fast annehmbares Lager bei Biradsik wagen. Vorgänge vor und nach der Schlacht von Kulevca, sind, obschon theilweise auf Grundlage zeitgenössischer verwirrender Berichte abgefasst, geradezu bewunde-ningswerth. Man lernt solch lichtvolle, streng logische, das Richtige sicher treffende Schilderung noch mehr würdigen, gegenüber der unklaren Darstellung desselben wichtigen Ereignisses durch andere militärische Autoren, beispielsweise durch General Macintosh. Wohl unterstützte Moltke die genaueste Kenntniss des von ihm persönlich aufgenommenen Schlachtterrains, bei Schilderung und Urtheil über die Vorgänge auf beiden Seiten. Von meinem hohen Aussichtspunkte neben dem Römerdenkmale warf ich einen letzten Blick auf das tief unten sich friedlich ausbreitende Madara, dem zwei der genialsten Heerführer des Jahrhunderts durch ihre Anwesenheit ein historisches Relief geliehen, und kehrte hierauf mit den gewonnenen Croquis zurück nach Kulevca. Dort wartete bereits, wie ich es angeordnet, meine kleine Caravane vollkommen reisefertig. Der Corbasi brachte ohne zimperliches Sträuben die verlangte Rechnung, ich bezahlte sie mit einem Aufgelde als Baksis und stieg gleich darauf dieselbe Terrasse hinan, auf der des Grossveziers Reschid Mehemed's Heer, durch die Unfähigkeit seiner Führung, im Juni 1829 dem „Mos-kov" unterlegen war, der einmal gefasste Pläne mit Zähigkeit verfolgend, kaum fünfzig Jahre später, im Jahre 1877, das schöne Donau-Bulgarien dem Sultan gänzlich entriss. V. VOM PRAVADI UND DEVNA-SEE UEBER DEN AIDOS-BALKAN ZUM PONTUS. (XVII. Balkan-Passage.) Pravadi-Hochplateau und Defile". — Ihre Verwüstung 1829. — Abstieg nach Pravadi. — Kismel. _ Geschichte der Stadt. — Ihre Hochburg. — Russische Zerstörung. — Schlacht bei Arnautlar. _ pra. vadi's Fall. — Seine Wälle. — Im Medjlis. — Statistisches. — Schulbau aus Antagonismus gegen das Griechenthum. — Gagausen. — Neue und alte Kirchen. — Griechische Inschriften. — Sari Hussein-Moschee. — Italienische Kunsteinflüsse. — Ragusanische Colonien und katholische Missionen in alter und neuer Zeit. — Beispiel türkischer Verwaltungskunst. — Ausflug zum Pontus. — Rückzug der Türken von Pravadi 1878. — Die Ruscuk-Varna-Bahn. — Deutsche Culturträger. — Reste von Marcianopolis am Devna-See. — Triballerschlacht gegen Alexander d. Grossen. — Des Ungarnkönigs Vladislav Tod bei Varna. — Station Gebedze 1878. — General Jochmus' Schilderung des Schlachtfeldes am Devnasee. — Von den Anwohnern zerstörte Steinbrücke. — Einfahrt in Varna. _ Im Hotel d'Angleterre. — Wiederaufnahme meines Routiers zu Pravadi. — Durch seine Schlucht nach Kadiköi. — Kaiauswahl. — Kote. — Köpriköi's Rolle 1829. — Kamcikfurth. — Türkische Genrebilder und Architektur zu Sandukci. — Thal- und Hochstrasse zum Deli Kamcik. — Abenteuer österreichischer Officiere. — Wirkungen des bösen Blicks. — Nach Büjük Cengel. — Ein Beispiel von Zaptie-willkühr. — Gretchen-Costüm. — Schlossruine Hrastota. — Defile, Schanze und Kloster am Ostro<* kamik. — Der „tolle" Kamcik bis zur Bogasdere-Schlucht. — Eisenbahntrace. — Landschafts- und Räuber-Romantik. — Schlacht Alexanders d. Gr. gegen die Thraker. — Mohamed des IV. Route gegen die Polen. — Darius', Philipp des IL, Lysimachos' und Lucullus' Züge gegen die Skythen und Pontusstädte. — Verschiedene Ansichten über ihre Passagen des Balkan's. — Strategische Bedeutung des Nadir-Passes und Delidze dere. — Genaue Terrainkenntnisse, eine Bedingung für den Historiker. — Bivouak in einer Bulgarenoasc. — Wasserscheide, Landschaft und Abstieg gegen Aidos. — Seine „Adlerburg", Lage und Geschichte. — Türkische und russische Eroberung. — Bewohnerzahl einst und heute. — Skyrmiaden, Nipsäer und Kelten von Tyle. — Charakter von Aidos' Umgebung. — Ein unausgeführter Vorschlag von Moltke und das J. 1878. — Rumköi und Bad Lidza. — Das aquae calidae der Römer. — Seine Schicksale unter Avaren, Kaiser Heinrich und Suleiman II. — Strassenzüge nach Pravadi und Aidos. — Ansichten eines türkischen Grundbesitzers zu Cimali. — Die Blutsteuer, ihre Bedeutung und turkophile Urtheile. — Mr. Brophy. — Ahliköi, ein wichtiger Strassenpunkt. — Schlacht zwischen Cataloniern und Massageten. — Des Moskov's erstes Erscheinen im südlichen Balkan 1829 und im J. 1878. — Durch das Thal des Hadzi dere. — Erster Blick auf das Cap Emine und den Pontus. — Geburtstagsfeier und Einzug in Misivri. Ein baumreicher, lauschiger Einschnitt brachte uns von Kulevca auf das langgedehnte nördliche Hochplateau des Pravadi-Balkan. Ich ritt bis zu seinem äussersten Rande vor und blickte über 150 Meter hohe senkrechte Kalkmauern hinab in das romantische, nahezu 4 Meilen lange Pravadi-Defile". Nördlich begrenzen es breitgewölbte Höhen mit sanften Böschungen; der südseitigen Steilhänge nackte Felsbrüstungen werden von festen Crinoiden-Kalkbänken, mit unterlagernden weicheren und thonigen Schichten gebildet. Tief unten läuft die Ruscuk -Varnabahn hart am Flussrinnsal. Von der Station Sumla-road bis Pravadi erinnert die Gegend mit Fels-bekrönten Plateaubergen und blendend hellen, von Wasserrissen durchfurchten Rutschen unter senkrechten Felsstürzen, an Schwabens malerische Thäler des weissen Jura. Von dem die ganze Umgebung einsehenden Hochplateau zwischen Pravadi und Kaspidzan hätte dem Grossvezier Reschid Pasa keine Bewegung des russischen Gegners auf den jenseitigen Höhen, vor der verhängnissvollen Schlacht bei Kulevca, verborgen bleiben können; der Recognoscirungsdienst war jedoch stets der Türken schwache Seite, auch marschirten die Russen, um sie zu täuschen, meist nur bei Nacht und bivouakirten ohne Lagerfeuer. So gelang es den Generalen Roth uud Rüdiger von Silistria und Kozludza, an Jenipazar vorüber, knapp vor der blutigen Entscheidung in Madara einzutreffen und die Katastrophe für des Veziers Armee herbeizuführen (S. 114). Sie war für das ganze Pravadi-gebiet verhängnissvoll. Noch im Mai 1837 traf Moltke „die äusserst fruchtbaren Thäler unbebaut, da sämmtliche Ortschaften verbrannt und in Schutthaufen verwandelt waren. Oft erkannte man die Lage der Dörfer nur an den mannshohen Disteln, welche die Trümmer der Häuser überwucherten." Nach dieser zweifellos treuen Schilderung kann man sich nicht genug über die verhältnissmässig rasche Erholung der 1829 hart mitgenommenen Pravadi-Landschaft wundern. Die meisten Ortschaften erstanden wieder aus den Ruinen, andere wurden neu gegründet, darunter im vergangenen Decennium auch einige seit 1878 wieder verlassene Tscherkessen-Niederlassungen, wie beispielsweise Kemikcidere im waldigen Quellthale des tief im Hochplateau eingeschnittenen, stark bevölkerten Kadiköi-Baches. Unser Hochweg Hess uns fortwährend rechts in seine sanften schönen Einschnitte, links bei Ravna aber in das prächtige Pra-vadithal, gegen Vencan hinabblicken, dessen Burg als eine der ersten, während der über Bulgarien hereinbrechenden moslimschen Sturmfluth, in türkische Hände fiel. Zwischen Vencan und Beji sieht man über zwei Tumuli weg das Schlachtfeld von Türk Arnautlar, auf dem der Grossvezier den Russen am 17. Mai 1829 jenes unglückliche Treffen lieferte, welches der Eutscheidungsschlacht von Kulevöa vorherging, und das so zu sagen die Einleitung des für den Sultan unheilvollen Feldzugs bildete. Auf S. 122 werde ich diese wichtige militärische Action de-taillirter schildern. Das Hochplateau erreicht bei Cerkovna bereits 260 M., hinter Ravna krönen 5 Tumuli seine höchste Stelle und ebenso viele erschienen kurz vor Kriveni, von dem man in 1 St. Pravadi leicht erreicht. Ein absichtlicher Umweg von der W.O. laufenden Strasse gegen S. brachte uns in 21/» St. durch leicht bewaldete Einschnitte an den östlichen Plateaurand und treppenartige Serpentinen führten gänzlich hinab auf die Sohle des Engdefile's von Pravadi, welches eben der nach Varna eilende Personentrain pfeifend durchbrauste. Nach langem Suchen fand ich spät Abends im ärmlichen Kristo Han ein mehr als bescheidenes Unterkommen. Der enge Raum erwies sich fast zu knapp für eine Lagerstelle, ich schlief und träumte elend; am nächsten Morgen überraschte mich mein Dragoman überdies mit der unangenehmen Nachricht, dass mein Lastpferd auf dem Rücken wund gerieben sei. Es war eine schlimme Kismetfügung. Der herbeigeholte „Doctor" versprach allerdings, die eiternde Wunde in zwei Tagen zu heilen; ich bezweifelte dies, war aber trotzdem glücklich, dass mich der Unfall nicht in einer Balkan-wildniss, sondern in einer Stadt ereilte, deren Vergangenheit eine lohnende archäologische Ausbeute bei längerem Aufenthalte versprach. „Paravadi liegt zwischen zwei felsigen Bergen, die sich wie steile Mauern erheben; durch die Mitte des Ortes geht ein kleines Flüsschen, worüber eine Brücke geschlagen ist" So schilderte der türkische Geograph Hadzi Chalfa in der Mitte des vorigen Jahrhunderts Pravadi; sagen wir statt Bergen richtiger Hochplateau's, und die Lage der Stadt kann selbst heute mit wenigen Worten nicht anschaulicher charakterisirt werden. Lange vor Türken und Bulgaren hatten Byzantiner, Römer und Griechen die strategische Bedeutung des Pravadi-Defile's erkannt. Schon in grauer Vorzeit wurde die durch dieses natürliche Sperrthor von Odessus (Varna) hart am Lyginos nach der Donau ziehende Strasse befestigt, und ebenso von ihren späteren Besitzern. Sieher hat das alte „Provaton" des Dareios Perser, dann Philipp IL, Lysimachos und Lucullus mit gegen die aufständischen Küstenstädte ziehenden Makedoniern, Griechen und Römern, nicht minder oft auch byzantinische und bulgarische Heere vor seinen Mauern gesehen. Zu Ende des XII. Jahrhunderts gehörte Pravadi, damals Ovec (von ovea Schaf) genannt, zum Theilfürstenthum Peter's, des Mitbegründers der Asen'schen Caren-dynastie und frühzeitig wurde es Sitz einer Metropolie. Nach Hadzi Chalfa 1378, nach anderer Quelle aber erst zehn Jahre später, nahm Jakschi Beg, ein Sohn des Veziers Timurtasch, unter dem grossen Sultan Murad I. nächtlicherweile das Schloss von Pravadi. Zweifellos befand es sich auch unter den festen Städten, welche 1405, von Prinzen des entthronten Hauses Sisman aufgestachelt, die osma-nische Herrschaft abzuschütteln versuchten; doch Suleiman, Bajasid's ältester Sohn, bezwang es und fortan wehte der Halbmond von den Zinnen der Hochburg auf Pravadi's östlichem Hochplateau. Der Weg aus der Stadt zum 167 M. hohen Kaleh bair (Schlossberg), den ich in kühler Morgenstunde hinanstieg, ist, obsehon der Mveau-Untersch.ed nur 110 M. beträgt, beschwerlieh. Zwischen Felsen und wild wucherndem Strauchwerk geht es steil aufwärts; stellenweise wurde der Weg durch emgesprengte Stu cn kunstlich verbessert. Wenn die Verteidiger oben nicht müss,g waren, mochte es bedenklich gewesen sein, sie in ihrem Horste aufsuchen. Wahrend des Aui-wärtskletterns unterhielt mich mein zu Pravadi heimischer Zapfe von emem ne- Die Hochburg zu Pravadi. »igen See, der hier vor langer Zeit fluthete, und von metallenen Ringspuren in den höchsten Felszinnen, an welchen dort die ankernden Schiffe befestigt gewesen. Es ist dies eine von den Anwohnern allen Ernstes geglaubte traditionelle Fabel, welche schon Hadzi Chalfa erzählte und die wohl seit Jahrhunderten an der alten Akropolis haftet. Auf der Höhe angelangt, stiess ich auf ansehnliche Reste des mittelalterlichen Provaton. Mit grossem fortificatorischen Verständnisse angelegt, stand es auf der schmalen Kante des natürlichen Felsgrates, das gegen W. steil zum Pravadiflusse 5$+/$BY1 abstürzt und östlich durch eine tiefe wasserreiche Schlucht vom Hochplateau getrennt ist, auf dem gegenwärtig Disdarköi liegt. Noch ist das südliche Hauptthor der Burg und sein westlicher Vertheidigungsthurm in etwa 12 M. Höhe erhalten. Beider Verkleidung bestand aus Stein, der Kern aus äusserst festem Gusswerk, am Thorbogen kann man noch heute die treffliche Bautechnik bewundern und eingemauerte Balkenreste lassen schliessen, dass der Hochthurm einige Stockwerke besass. Durch dieses Vorwerk gelangte man auf einen isolirten Felskopf, von diesem, wahrscheinlich mittelst einer Aufzugsbrücke über den tiefen Abgrund weg, zu den Hauptbauten der Feste; zwei Cisternen schützten sie gegen Wassermangel, wenn gut verproviantirt, war ihre Widerstandskraft im Mittelalter zweifellos sehr bedeutend. Ob auch die gegen S. vorliegende Höhe befestigt gewesen? Es ist anzunehmen, doch fehlen dafür deutliche Beweise. Allerorts sah ich Ziegel und dazwischen römische keramische Fragmente, nirgends aber Mauerspuren auf dem von dichter Vegetation überwucherten Plane. Mein Zaptie holte einen hier Schafe hütenden jungen Bulgaren herbei, um ihn wegen der gesuchten alten Mauern auszuforschen. „Da müsst Ihr auf die jenseitigen Höhen hinüber; dort, sagt man, hatte der Moskov vor vielen Jahren seine Festung." Ein finsterer Blick des einstigen wackeren Nizamsoldaten war der Lohn für diese Auskunft. „Wer fragt um die Schanzen des Moskov's, der Herr will wissen, ob auch hier ein Kaleh der Lateiner stand!" Der Zaptie wollte augenscheinlich nicht daran erinnert sein, dass der Russe bei Pravadi im J. 1829 mit wenigen tausend Leuten die Armee des Grossveziers festhielt; nun aber einmal vom „Moskov" gesprochen worden war, schimpfte er weidlich auf den moslimschen Erbfeind. „Seht Effendi, von der Stelle, auf der wir stehen, haben sie unsere Dzamien und besten Gebäude in Brand geschossen; auch mein Elternhaus, dort nahe beim neuen Konak, vernichteten sie!" Die Tradition, Pravadi sei im J. 1828 von den Russen zerstört worden, halte ich trotz ihrer grossen Verbreitung für unbegründet, zum mindesten geht aus Moltke's Werk nicht hervor, dass die Stadt gestürmt werden musste; im Gegen-theil wird berichtet, die Russen hätten nach Varna's Fall Pravadi gleich Kozludza und Pazardzik ohne Kampf besetzt. Pravadi's Zerstörung dürfte also wahrscheinlicher durch das türkische Bombardement herbeigeführt worden sein, als der Grossvezier im Feldzuge 1829 es wieder zu nehmen versuchte. Es war am 17. Mai, als seine Armee von Sumla gegen den bei Pravadi stehenden General Roth in zwei Colonnen vorrückte. Die eine, welche als linker Flügel unter des Veziers persönlicher Führung, 10,000 Mann stark, über Jenipazar und Nevea heranzog, griff die russische Stellung bei Eski Arnautlar mit zahlreicher Artillerie und Cavallerie an, wurde aber von General Roth, vereint mit dem von Devna herbeigeeilten General Wachten, bis in die Schlucht von Dereköi zurückgetrieben. Dort stiessen die Verfolger auf eine unerwartet starke türkische Reservetruppe; das Regiment Ohock wurde beinahe aufgerieben, General Rynden fiel, die gesammte Co-lonne wäre verloren gewesen, hätte nicht das rechtzeitige Vorbrechen des Generals Kuprianoff aus Pravadi die türkische Uebermacht zum Rückzug aufRavno genöthigt. Vergebens hatte nämlich an diesem Tage die rechte Flügel-Colonne des Grossveziers unter Halil Pasa Pravadi bestürmt, das von den Russen, wie Moltke erzählt, rasch dadurch befestigt wurde, indem sie N. und S. der Stadt das Thal mittelst Erdwällen quer bis zu den steilen Hängen vollkommen absperrten, was zugleich oberhalb eine starke Stauung und Ueberschwemmung des Pravadibaches bewirkte. Im Osten bildete die geschilderte, schwer zugängliche Fels-Akropolis eine natürliche Citadelle, das flache jenseitige Hochplateau vertheidigte aber eine Art Kronwerk, das allerdings, weil die sehr dünne Erdschichte einen tiefen Einschnitt nicht gestattete, nur einen palissadirten Erdwall ohne Graben besass; Balken von niedergerissenen Häusern lieferten das Material für die bedeckten Batterien uud 6 Moscheen gewährten bombensichere Munitions-Magazine. Alles hing von der Behauptung des schwachen Krön Werkes ab, da nach seinem Verlust wohl die Citadelle, nicht aber die Stadt zu halten gewesen wäre. Es widerstand merkwürdigerweise allen Anläufen der Türken, obschon der Grossvezier Ende Mai persönlich bei Krivena (Kirivna) erschien und es durch seine starke Artillerie lebhaft beschiessen Hess. Um die Wirkung der Kanonade zu erfahren, sandte er einen Deli (Tollkopf) ab. Dieser sprengte auf 50 Schritte an den Wall heran, kam trotz unzähliger auf ihn abgefeuerter Schüsse glücklich zurück und meldete „bir schei jok", Alles sei beim Alten! Der Pasa, welcher erwartete, dass in der Verschanzung kein Stein auf dem andern geblieben, noch weniger, dass ihre Besatzung aushalte, warf dem Deli vor, er wäre nicht genug nahe gekommen, worauf dieser einzig auf seinen von Kugeln durchlöcherten Mantel zeigte. Die fortgesetzte Belagerung blieb erfolglos und nach der verlornen Schlacht bei Kulevca (S. 114), musste sie gänzlich aufgegeben werden. Von Pravadi's Hochburg führen in die Felswand gehauene Stufen ein gutes Stück abwärts zur Stadt, bei der noch heute die von den Russen erbauten vier Schanzen, sowie beide sie hermetisch abschliessenden Wälle vorhanden sind. Auf dem Rückwege passirten wir den gegen Varna gerichteten Wall und die Öarsi-strasse, worauf ich den Regierungskonak aufsuchte. Er ist ein unter Midhat's Valithum erbautes, durch einen vorspringenden Mittelrysalitk ausgezeichnetes Gebäude, in dessen erstem Stockwerk der höchste Kasabeainte thronte. Trotz der frühen Stunde fand ich Halil Effendi, den etwas corpulenten, gemüthlichen Func-tionär einem Medjlis präsidirend, das sich eben mit Pravadi's auffallend verschlechterten Gesundheitsverhältnisseu beschäftigte. In der lebhaften Discussion machte sich die Ansicht geltend, dass seit dem Bahnbau im stellenweise kaum 500 Schritte breiten Thalc, der Pravadi weit öfter als früher austretend, es allmälig- versumpfe und dadurch pernieiöse Fieber hervornufc. Wie die periodischen Ueberfluthungen zu hindern seien, darüber zerbrachen sich die beturbanten und befesten Stadtweisen bei Tschibuk und Kaffee die Köpfe, natürlich mit besserem Willen als Erfolge, da sie insgesammt vom Wasserbau nichts verstanden. Das Ende der Berathung war nicht abzusehen. Ich begab mich zum Kasnadar, notirte die 88 Ortnamen des Kreises, seine Tataren- und Tscherkessencolonicn und erfuhr, dass Pravadi eine vorherrschend moslimsche Stadt sei; denn es zählte neben 400 türkischen und 60 tatarischen Häusern, nur 160 bulgarische. So klein aber die christliche Gemeinde, opferte sie doch 50,000 Piaster (10,000 Mark) für ein neues Schulgebäude, dessen luftiges Rüstwerk eben makedo-vlachische Hände, meinem Han gegenüber, aufrichteten. Es war bis zum Dache gediehen und die Ausmauerung des Fachwerks mit Ziegeln hatte begonnen. Ich bewunderte hier neuerdings das Geschick des Meisters, seiner Gesellen und Lehrlinge, welche auf Schlitten das Material herbeischleppten und es furchtlos auf dünnem Gebälke zur schwindelnden Höhe trugen. Der Stachel, welchen das fanariotisch-geistliche Regiment bei den Bulgaren zurückliess, tritt immer auffälliger hervor, je mehr man sich der Pontusküste nähert. Auch Pravadi's ziemlich unterrichteter Pope entpuppte sich als erbitterter Griechenfeind: „sie wollten uns isoliren, von Europa absperren"; von den Ga-gausen, den nur türkisch sprechenden griechischen Bauern in Varna's Umgebung aber meinte er: „sie benehmen sich feindlicher gegen uns, als die Türken, — Gott verzeihe es ihnen!" Der Pope begleitete mich zur bulgarischen Kirche. Der kleine Bau von behauenen Steinen, mit Apsiden, deren Fresken längst verschwunden sind, steckt zum grösseren Theil tief in der Erde; so verlangte es einst die herrschende Race, welche auch zu Pravadi in bequemster Weise die grösseren christlichen Kirchen allmälig zum eigenen Gebrauche umwandelte. Eine derartige aus Quadern erbaute, nunmehr stark verfallene Moschee steht im nördlichen türkischen Stadttheile, zwischen den wahrscheinlichen Resten jener glänzenden Kaufhallen, welche die ragusanischen Kaufleute hier besassen; die heutige Moschee bildete vielleicht den Mittelpunkt derFactorei und war ihre „alte gewölbte Kirche".*) Für meine Vermuthung spricht die an der Moscheemauer sichtbare Inschrift: „Masch. Allah 1191", welche Zahl dem J. 1780 entspricht, um das die ragusanischen Colonien in der Türkei verfielen. Die Osmanli fügten der von einer Kuppel im Octogon überragten ehemaligen Kirche ein Minaret an und benutzten ihren Vorplatz als Friedhof. Zwischen seinen unglaublich verwahrlosten Gräbern und umgestürzten Leichensteinen, stiess ich auf zwei, 1,3 M. Über das Erdreich emporragende Säulenstämme von weissem Marmor, mit griechischen Inschriften, deren Copien ich in der I. Auflage, (III. Bd. S. 354 f.) mittheilte. *) Jirecek, Gesch. d. Bulgaren. S. 461. Auch eine zweite verwüstete Moschee dieses Stadttheils, die hier abgebildete „Sari Hussein dzamesi", dürfte ein Ragusaner Architekt erbaut haben. Einzelne constructive Elemente dieses im Spitzbogenstyle ungemein zierlich ausgeführten Werkes erinnerten mich lebhaft an den „Palazzo del Circolo" und andere Monumente der altserbischen Adriastadt. Der grosse Einfluss italienischer Kunst auf der Halbinsel wurde von mir wiederholt nachgewiesen; er tritt in Dalmatiens Städten, in Albanien, Serbien auf und kann auch in Bulgarien nicht überraschen, Sari Hussein-Moschee zu Pravadi. denn die grossen Sultane, welche die Bedingungen für die materielle Entwicklung eines Staatswesens weit besser, als ihre schwächlichen Nachfolger verstan den, begünstigten die Ansiedlung ausländischer, namentlich ragusanischer Kaufleute, welche ihre bedeutenden Factoreien und prächtigen Kirchen, wahrscheinlich durch landsmännische Künstler erbauen Hessen. Pravadi's ragusanische Colonie zählte zu den ältesten Bulgariens. Die Anwesenheit zahlreicher Ragusaner dort, zu Tirnovo und in anderen benachbarten Städten im XVI. Jahrhundert, beweist der Aufstaudsversuch, welchen Gjorgic mit Hilfe seiner Landsleute, von Tirnovo aus, im J. 1595 organisirte. Vergeblich war jedoch sein Plan, mit Fürst Sigmund Bäthory von Siebenbürgen, welcher dem Sultan den Krieg erklärt hatte, die Befreiung der Christen ins Werk zu setzen. Die bedeutendsten ragusanischen Factoreien zu Pazardzik, Pravadi, Sumla und Varna brachten nicht nur Tücher, Seidenstoffe, Glas und andere Luxuswaaren des Occidcnts in ihren festen, mit Blei gedeckten Bescstens und Hanen zu Markte, sondern traten auch als Käufer der reichen Production Bulgariens, von Teppichen, Pelzen, Korduanleder, Kupfer, Zinn, Reis u. s. w. auf. Ihre Filial-Niederlassungen erstreckten sich bis zu den Donaumündungen. In der Dobruca bildete Babadagh einen Centraipunkt mit Pfarre, deren Priester Izakca, Ismail, Tulca, Bender, Kilia besuchten, um den dortigen Kaufleuten auf einem tragbaren Altar die Messe zu lesen; ganz so wie heute, wo italienische Geistliche der Nikopolitanischcn Mission im Svistover Kreise ab und zu nach Vidin kommen, um dort im österreichischen Consulate für dessen katholische Schutzbefohlene Gottesdienst zu halten. Matthäus Gundulic (ital. Gondola), der als ragusanischer Gesandter sich vom Jahre 1672—74 in der Türkei aufhielt, bemerkte in seiner 1675 zu Rom verfassten „Relazione", dass die Colonistcn an der Donau sehr strenge über ihre Priester wachten, damit dieselben sich nicht in „pratiche disoneste con le donne de' Turchi" einliessen und ihren Landsleuten nicht Verlegenheiten bereiteten. Auch in diesem Punkte scheinen vor zwei hundert Jahren die Verhältnisse im römischen Passionistensprengel ziemlich genau den heutigen geglichen zu haben, welche ich im II. Bande schilderte. Hier möchte.ich jedoch Jireöek's weitere Mittheilung*) berichtigen, dass die vier katholischen Dörfer bei Svistov im J. 1874 „wegen der Zügellosigkeit ihrer italienischen Geistlichen den lateinischen Ritus aufgaben und den bulgarischen Uniaten sich anschlössen". Denn so vielfach begründete schwere Klagen diese von ihren Priestern arg misshandelten Gemeinden führen, haben sie bisher mit dem Abfall nur gedroht; er dürfte jedoch sicher eintreten, wenn es Bischof Paoli, dem zu Bukarest residirenden Oberhaupte der Mission, nicht gelingt, seine Patres auf bessere Wege zu bringen. Mit dem Verfalle des türkischen Reiches durch die es zerrüttenden Krdzalien-Aufstände endete des ragusanischen Freistaates einträglicher Verkehr mit dem bulgarischen Binnenlande und damit auch Pravadi's Glanzepoche als Handelsstadt. Heute enthält sein Bazar in kleinen, schlecht assortirten Läden nur den nothwendigsten Bedarf für die ländliche Bevölkerung, in welcher der speculative Sinn allmälig so erstickt wurde, dass viele Bauern selbst ihr Getreide nach Varna fahren, wozu sie auf den elenden Strassen oft 8 Tage gebrauchen, bevor sie sich entschliessen, 10—14 Piaster Eisenbahnfracht zu bezahlen. Solche Vorkommnisse waren aber leicht in einem Staate zu erklären, wo die Regierung, als *) Jirecek, Gesch. d. Bulgaren. S. 465. Verkäufer der „dimnc", des Natural-zehents vom Getreide, in absurdester Weise speculirte. 1871 wurde ihr beispielsweise für die bedeutende Zehentquantität des gesammten Kreises, der anständige Preis von 85 Piastern pro Kile geboten, sie zögerte jedoch so lange mit dem Verkaufe, bis das in den schlechtgebauten Speichern schwarz gewordene Getreide endlich mit 45 Piastern verschleudert werden musste. Mit dem Besuche der historischen Stätten und Sammeln statistischer Daten füllte ich den Tag zu Pravadi nutzbringend aus; der Abend brach an und im Han erschien der sehnsüchtig erwartete Heilkünstler, welcher mein krankes Pferd herstellen sollte. Als er den Pflasterverband abgenommen, zeigte sich, dass die Wunde gleich bedenklich eiterte und der neue Orakelspruch lautete, die volle Heilung sei kaum vor zwei bis drei Tagen zu hoffen. Diese lange Wartezeit zu Pravadi im dolce far niente zu verbringen, war nicht nach meinem Geschmacke; ich entschloss mich, Pferde und Gepäck der Aufsicht meines Dragomans zu überlassen und mittelst Bahn einen kurzen Ausflug nach Varna zu unternehmen. Leider ging täglich nur ein Personentrain von Ruscuk dahin. Am nächsten Tage erwartete ich ungeduldig das Herandampfen der kleinen Locomotive und nahm als einziger Passagier das einzige Coupe I. Classe des Miniaturzuges in Besitz, den einzigen Wagen II. Classe hatte der Harem eines höheren türkischen Würdenträgers besetzt; umsomehr drängte es sich aber in den Vehikeln III. Classe bunt durcheinander. Es war ein ethnographisches Gewirr, verschieden in Nationalität und Glauben, in Tracht und Sitte, wie man es so mannigfaltig nur zwischen Donau und Pontus sehen kann. Ein pittoreskes, doch minder friedliches Bild bot Pravadi's Bahnhof in den letzten Jännertagen 1878, als sich dort die moslimsche Stadtbevölkerung mit vielen türkischen Flüchtlingen der nahen Dörfer drängte, um vor dem heranziehenden gefürchteten Moskov Varna's sichernde Mauern zu gewinnen. Bereits war es hohe Zeit, denn schon streiften Kosaken von Kozludza bis Devna. Am 3. Feber erschien General Mansci's Avantgarde vor Pravadi, um das von Raschid Pasa zur Deckung der Eisenbahnlinie dort zurückgelassene kleine Detachement zu verjagen. Nach unbedeutendem Gefechte zerstörten die Russen den Telegraph, die Brücken bei Vencan und auch vor Pravadi, an dessen Fruchtmagazine die gegen Varna abziehenden Türken Feuer legten. Der eingetretene Waffenstillstand hinderte das bis Kutlubei vorgedrungene Gros des Generals Mansei an der Verfolgung der durch seine Vorhut rasch errungenen Vortheile; doch war die Verbindung zwischen Sumla und Varna, auf welche die Türken ihre letzte Hoffnung setzten, ganz unterbrochen. Zu Pravadi wurde bald darauf die neue Herrschaft nach russischem Administrationszuschnitt inaugurirt und nachdem sein Kreisvorstand mehrmals gewechselt, im Jänner 1880 Kosta Stanöev zum Nacalnik daselbst ernannt. Man pflegt der Ruscuk-Varnabahn bei uns wenig Gutes nachzusagen und malt die Mängel von Fahrpark und Beförderung, die Unsicherheit, ja sogar Raubanfälle auf dieser Bahnlinie so schwarz, dass ich angenehm überrascht war, eher das Gegentheil von alledem zu finden. In den grösstenteils der polnischen Nationalität angehörenden Stationsbeamten lernte ich beinahe ausnahmslos gefällige und gebildete Männer kennen, welche trotz langjähriger Isolirung die socialen Tugenden ihres Volkes nicht eingebüsst hatten und mit liebenswürdiger Gastlichkeit den Fremden bei sich empfingen; ihre Höflichkeit wie jene der Schaffner erstreckte sich übrigens auf alle Reisenden. Die Wagen sind bequem und ausreichend vorhanden, die Sicherheit des Verkehrs lässt nichts zu wünschen übrig; wenigstens hörte ich nichts von Banditenstückchen ä la Rosza Sändor oder Unglücksfällen, wie sie auf amerikanischen Bahnlinien vorkommen, auch für massige Restaurationsansprüche ist gesorgt, ja zu Saitandzik erwartet den Passagier sogar ein Diner ä la franca, das ihn für die Mängel der nur höchst bescheidene Genüsse bietenden anderen Stationen schadlos hält. Mit weit mehr Recht fordert die ursprüngliche Bauführung der Varna-Rusöuk-bahn eine scharfe Kritik heraus. Der Contract zwischen Regierung und Unter- nehmern beruhte nämlich auf einer bestimmten Subvention pro Meile, und selbst der Laie findet, dass man vermehrten Gewinnes wegen allen Terrainschwierigkeiten, auf Kosten der kürzesten Trace, aus dem Wege gegangen war. Es muss aber anerkannt werden, dass nur britannischer Unternehmungsgeist und englisches Capital die oft riesigen Hemmnisse bei diesem ersten Bahnbau in des Sultans Landen, gegenüber einer barbarischen Regierung und allen Neuerungen abholden Bevölkerung, erfolgreich zu überwinden vermochten. Hier sei auch .jener deutschen Männer, meist Hannoveraner, gedacht, welche, als einstige Schleswig-Holsteinkämpfer von der Heimath im Stiche gelassen, am Bosporus eine zweite fanden, dort Befestigungen bauten, Nizams drillten, und später mit Gefährdung von Leben und Gesundheit, im Kampfe mit den Eingebornen und dem Sumpffieber, die Vorarbeiten für die Ruscuk-Varnalvnie grossentheils ausführten; ich nenne nur Einen der Vielen, R. Wagemann, welcher sich zuletzt als türkischer Oberst a. D. nach Frei bürg im Breisgau zurückzog. Bei dem vollständigen Mangel zuverlässiger Karten und Katastralarbeiten, mag es für die tracirenden Ingenieure keine leichte Aufgabe gewesen sein, am Hange der Felsplateau's des Pravadi, in seinem mit vielgekrümmten Wasserläufen und Brackwassersümpfen erfüllten Thale zwischen Dzeztidze und Karaac, den richtigen Weg zu finden, welchen nunmehr die Locomotive auf tief nach S. einschneidender Curve ohne jegliche Gefahr sicher durchschneidet Die Trace kreuzt zum dritten Male den Pravadi nahe seinem Einflüsse in die breite Wasserfläche des Devnasee's. Jenseits liegt das gleichnamige Dorf und dicht neben ihm, an der einstigen Römerstrasse, die Trümmerstätte des fünf Jahrhunderte glanzvollen, von Kaiser Trajan seiner Schwester Marcia zu Ehren begründeten Marcianopolis. Historiker und Alterthumsforscher suchten diese Römerstadt bis in die neueste Zeit herab in Preslav bei Sumla, obschon sie auf Grundlage der alten Itinerarien bereits vor Jahren mit Devna zweifellos identificirt wurde (S. 129). Wir befinden uns hier überhaupt auf eminent historischem Boden. Zwischen Büjtik Aladin's nördlichen Höhen und dem Seerande schlug Alexander <]. Gr. im Jahre 336 v. Chr. die Triballer, auf dem schmalen ebenen Plane, bis zur Vernichtung. Das heute so stille unscheinbare Terrain birgt aber für uns ein näher liegendes Interesse, es ist die vielbesungene verhängnissvolle Wahlstatt, auf welcher König Vladislav von Ungarn 1444 in der Schlacht bei Varna traurig endete. Am Fusse der nackten Kalkhänge des Balkans, am südlichen Seeufer, liegt die Station Gebedze, welche am 30. Jänner 1878 von Kosaken des Zimmermann'schen Corps vorübergehend und wenige Tage später, dauernd besetzt wurde. Von dem grossen Bulgarendorfe begeben wir uns zum jenseitigen hochliegenden B. Aladin und folgen, das Terrain überblickend, den „Notes on a journey into the Balkan", in Kau llz, Donau Uni;.:irii'ii und der Bnlkan. in. 9 welchen General Jochmus, der gelehrte deutsche Reichs-Kricgsminister vom Jahre 1848, in geistvoller Ausführung, 2340 Jahre auseinanderliegende Ereignisse, den Darius'schen Perserzug an die Donau, die Triballerschlacht, des Vladislav'schen Heeres Vernichtung und Diebitsch's Balkan marsch, geographisch und militärisch eingehend beleuchtete. „Den 24. October 1847 widmete ich", erzählt Jochmus*), „der Recognoscirung von Varna's Umgebung bis B. Aladin. Man rechnet von Varna über Kadi- und Jenidze köi dahin 3 Stunden. Von Büjük Aladin führt die Strasse in einer Stunde nach Jenibekce (die Bahnstation Gebedze) am südlichen Seeufer, bei zwei Mühlen den Hauptarm des Pravadi kreuzend, welcher die östlichen und westlichen Devnaseen verbindet und den moorigen Grund zwischen beiden in grösserer oder geringerer Ausdehnung, je nach der Jahreszeit überschwemmt. Das Hauptrinnsal des Pravadi und dessen Seitenarm, welche in den östlichen Devnasee hart unterhalb Büjük Aladin fallen, bilden eine Insel, welche in der Action zwischen Alexander d. Gr. und den Triballern, auf seinem Marsche gegen die Donau, erwähnt wird. Der Pravadi-Fluss entspringt in dem Gebirge nördlich von Sumla, fällt in den schmäleren oder westlicheren See von Devna beim Dorfe Jenibekce am Süd-ufer des See's, durchströmt den südöstlichen Winkel desselben, fliesst in der trockenen Jahreszeit in zwei und während der Regenmonate in mehreren Armen durch die niedere und sumpfige Landenge, welche die beiden Seen trennt, in den östlicheren See, den grösseren von beiden, und mündet in einem breiten Strome, längs der südlichen Wälle der Festung Varna, in das Schwarze Meer. Die Entfernung zwischen dem östlichen See-Ende und dem Schwarzen Meere beträgt etwa J/2 englische Meile; die Breite der Landenge zwischen den zwei Seen wechselt je nach dem Wasserstande während der trockenen und nassen Jahreszeit, zwischen 1 und iJ2 englischen Meile. Der Lauf des Pravadi zieht parallel mit dem Haemus und der Donau. Berücksichtigt man, dass die Distanz sowohl von Varna, als vom Pravadi nach Silistria auf 24 Wegstunden oder 3 Tagemärsche geschätzt wird, so steht es ausser allem Zweifel, dass der Pravadifluss der Lyginos ist, den Arrian folgendermaassen beschreibt: „distat id ab Istro, si quis Aemum versus proficiscatur, itinere tridui." Aus dieser Andeutung des Historikers geht deutlich hervor, dass er von einem Flusse spricht, der parallel zur Donau in einer Entfernung von 3 Tagereisen von diesem Strome fliesst, jedoch nicht in den Ister oder die Donau selbst mündet, wie dies der Lyginos nach einigen Autoritäten, sowie nach der grossen österreichischen (Weiss'schen) Karte, thun soll. Die letztere lässt ihn nämlich bei Dzibra Palanka, zwischen Nikopoli und Vidin, gegenüber von einigen kleinen *) Notes etc. S. 45. Inseln in die Donau fallen. Vermuthlich wurde dieser Irrthum durch das Vorhandensein von Inseln an der Mündung des Flusses bei Dzibra Palanka hervorgerufen, denn Aman spricht von einer Insel des Lyginos (siehe die französische Uebersetzung dieses Autors), während in dieser Gegend des Landes nur in der Donau Flussinseln vorhanden sind. Um dieser offenbaren Schwierigkeit aus dem Wege zu gehen, haben die deutschen Uebersetzer den von der Insel sprechenden Satz weggelassen; sie sagen, dass nach dem Treffen mit den Thrakern, welches nach meiner Darstellung in den Defileen von Bogas- oder Haramdere stattgefunden hat: „Alexander erstieg die Höhen, zog gegen die Triballer über den Haemus und traf am Lyginos ein, der gegen den Haemus drei Tagereisen von der Donau entfernt ist. Der Tribal-lerkönig Syrmus, der lange von der Expedition Alexander's Kunde besass, hatte die Weiber und Kinder der Triballer an die Donau gesendet und deren Ueber-führung auf eine Flussinsel angeordnet, die Peuke genannt wird. Auf derselben Insel hatten die Thraker, welche Nachbarn der Triballer waren, bei Alexanders Heranrücken Zuflucht gesucht. Auch Syrmus mit seinem Stamme hatte sich dorthin geflüchtet." Auf Grund meiner persönlichen Besichtigung des Terrains ziehe ich vor, den französischen Uebersetzern zu folgen, welche sich in folgender Weise äussern: „Ein grosser Theil der Triballer jedoch floh nach rückwärts und begab sich auf eine andere Flussinsel, welche Alexander am Tage vorher verlassen hatte. Als dieser davon benachrichtigt wurde, kehrte er um und Überfiel ihr Lager; die in Unordnung gerathenen Barbaren sammelten sich in einem Gehölze nahe beim Flusse*)." Arrian schildert dann, auf welche Weise es Alexander glückte, die Triballer aus dem Gehölze zu locken und auf offenem Felde zu schlagen. Er meldet: „Sie flohen durch den Wald gegen den Fluss. Dreitausend kamen auf der Flucht um; es wurden wenig Gefangene gemacht, weil nicht blos der dichte Baumwuchs in dem vor dem Flusse liegenden Walde, sondern auch das Hereinbrechen der Dunkelheit, die Verfolgung den Makedoniern unmöglich machte." Meine sorgfältige Durchforschung der Gegend hat mich davon Uberzeugt, dass der Isthmus zwischen den zwei Devna-Seen der Schauplatz des von Alexander gelieferten Treffens ist. Derselbe wird durch die zwei Hauptarme des Pravadi oder Lyginos zu einer Insel gestaltet. Das Südufer des Lyginos ist noch gegenwärtig von einem'dich-ten Urwald bedeckt, und obgleich das nördliche Ufer, wo die Schlacht stattfand, heute offenes Feld ist, so sprechen doch deutliche Merkmale dafür, dass es einst bewaldet war. Arrian kann nunmehr ohne Auslassungen und Satzverschiebungen gelesen werden, und ich glaube in der anhängenden Kartenskizze**) ersichtlich *) Die „Notes" geben die bezüglichen Stellen in den Originalsprachen. **) Diese und andere erwähnte Karten in General Jochmus' Abhandlung. gemacht zu haben, dass Alexander von Amphipolis aufbrach, Philippi (die Ruinen von Filibe), den „Orbelus-Berg", links zur Seite Hess, den „Nestus" (Kara su) Überschritt, und auf dem Heerwege Uber das heutige Feredzik, Demotika, Kirk-Kilissc und Aidos, bis an den Fuss des Haemus vorrückte, den er „am zehnten Tage" erreichte. Hier kämpfte er mit den „Thrakern" bei Bogasdere oder Haramdere, forcirte diese Defilöen und überschritt den Haemus auf der Strasse nach Pravadi „am Lyginos". Von Pravadi aus trat Alexander auf der heutigen Chaussee den Marsch gegen Silistria an. Als er jedoch erfuhr, dass die Hauptmacht der Triballer sich nach der „Flussinsel" (des Lyginos) gewendet habe, von wo er am Tage zuvor aus-marschirt war, so unternahm er ebenfalls einen Contremarsch, um den Feind zu verfolgen. Auf dem Terrain zwischen den zwei Devna-Seen erreichte und schlug er ihn. Von dort gelangte er in 3 Tagen an die Donau (bei Silistria), überschritt den mächtigen Strom, schlug die Geten, kehrte über die Donau auf das rechte Ufer zurück und rückte gegen die Agrianes und Paeones vor. Aus der Skizze im Anhange ergiebt sich, dass Alexander auf seinem Marsche nach Silistria den Kamcik in Köpriköi ^und den Lyginos bei Pravadi an denselben Punkten überschritt, welche Marschall Diebitsch, nach der Schlacht von Kulevca und dem Falle Silistria's, für seine Operation in entgegengesetzter Richtung, von Silistria gegen die Balkan-Defileen, gewählt hat. In Köpriköi angelangt, wendete sich die russische Armee gegen 0. und forcirte die Haemus-Pässe, wie es Darius gethan hatte, denn die Russen verfolgten, gerade wie ihrer Zeit die Perser, den Plan, sich der Seestädte zu bemächtigen, ehe sie ihre Operationen weiter fortsetzten, und zwar Darius von S. nach N., Marschall Diebitsch von N. nach S. Die Natur hat die zugänglichsten unter den vielen schwierigen Hacmus-Pässen so scharf gekennzeichnet, dass die drei grossen Feldherren, die im Zwischenräume von Tausenden von Jahren nacheinander lebten, genau auf denselben Linien operirten. Es muss noch bemerkt werden, dass die Geten, welche zur Zeit der Expedition des Darius gegen die Skythen (Herodot lib. IV.) südlich von der Donau sesshaft waren, von Alexander bereits am linken oder nördlichen Stromufer (in den fruchtbaren walachischen Ebenen) angetroffen wurden, während dagegen die Triballer das einstmalige Gebiet der Geten bis SO. von Varna inne hatten. Westlich vom türkischen Dorfe Büjük Aladin und wenig davon entfernt wurde die Schlacht zwischen Alexander und den Triballern geschlagen. Auf meinem Rückwege von Büjük Aladin nach Varna bezeichnete mir mein Führer das Feld N. von Jenidzeköi als die Wahlstätte der grossen modernen Schlacht am 10. November 1444. Zwei Tepe's (auf meiner Skizze mit Y bezeichnet) nannte man mir Sandzak tepe und Murad tepe. Dieselben befinden sich beiläufig in der Mitte der Linie, welche das 40,000 Mann starke Heer des Sultans Murad auf der leicht gewellten VorLöhe eines der letzten Ausläufer jenes Bergrückens besetzt gehalten haben muss, welcher, parallel mit den Devna-Seen, fast genau O.W. streicht. Gegenüber von der türkischen Schlachtlinie hatten König Vladislav und der grosse Hunyäd ihre etwa 15,000 Mann zählende Armee auf einer anderen sanften Höhe aufgestellt, an deren südlichstem Punkte gegenwärtig Kadiköi liegt. Die Türken standen in der bei ihren Kriegen in Europa als Regel geltenden Schlachtordnung; die rumelischen Truppen auf dein rechten, die anatolischen auf dem linken Flügel, die Janitscharen im Centruin. Der rechte Flügel war durch den See von Devna, das Centrum durch einen Palissaden wall gedeckt, dessen Trace au einzelnen Stellen beim Sandzak- und Murad tepe sich noch heute verfolgen lässt; der linke Flügel stand auf den Bergen. Die Ausdehnung der türkischen Stellung vom See bis zum Fusse des Gebirges betrug beiläufig 2 englische Meilen oder 3400 Yards. Auf der anderen Seite war der linke Flügel der Ungarischen Armee sicher geschützt durch das sumpfige Vorterrain des Devna-See's; im Centrum standen die Kerntruppen, unter dem unmittelbaren Befehle des Königs Vladislav; der rechte Flügel gegen das Gebirge zu — offenbar der schwächste Theil der Schlachtordnung — war ein wenig gegen Varna zurückgebogen. Die Position von Kadiköi hat eine Länge von 2200 Yards. Der mit X bezeichnete Tumulus oder die Anhöhe im Rücken des rechten Flügels ist höchst wahrscheinlich der Punkt, auf welchem die Ungarn ihre „Wagenburg" aufgefahren hatten. Die zwei Heere waren durch eine leichte Einsenkung des Terrains getrennt, das trocken und sandig ist und sich gut zum Kämpfen und Manövriren eignet. Hammer ist offenbar im lrrthum, wenn er dieses grosse Gefecht die „Schlacht in den Sümpfen" nennt, denn die einzigen Sümpfe in der Nähe der Wahlstätte sind die Marsch-Ufer des See's von Devna, an welche sich der rechte Flügel der Türken und der linke der Ungarn anlehnten. Trotz oder vielleicht wegen der Minderzahl des christlichen Heeres beschloss Hunyäd, augriffsweise vorzugehen. Seine beiden Flügel waren im Anfange siegreich, aber der Hauptangriff scheiterte an dem ruhigen und tapferen Widerstände der Janitscharen. König Vladislav wurde bei seinem ungestümen Sturme auf dieses Corps getödtet Der alte Janitschar Khoja-Hisr schnitt ihm den Kopf ab und steckte ihn auf eine Lanze, neben einer Pike, au welche der gebrochene Friedensvertrag geheftet war. Ich glaube, dass das Murad tepe die Stelle ist, wo Sultan Murad die Lanze mit dem Friedensvertrag seiner entrüsteten Armee zur Schau stellte und wo auch nebenan des Königs Vladislav Haupt aufgepflanzt wurde. Der Sandzak tepe ist der austossende Hügel, auf welchem, nach türkischem Kriegsgebrauche, die grosse kaiserliche Fahne entfaltet wurde. Hierauf beruht die traditionelle Benennung der beiden Tumuli. Hellert's französische Uebersetzung der berühmten „Geschichte des türkischen Reiches" von Hammer ist mit einem Plane der Schlacht von Varna bereichert. Die Zeichnung des Terrains ist jedoch durchaus fictiv; in der Nähe von Varna giebt es keine solchen Seen, Flüsse und Berge, wie sie in jener Skizze vorkommen. Früher führte eine Steinbrücke über den Lyginos, nahe der Furth, dicht bei den gegenwärtigen Mühlen, zwischen B. Aladin und Jcnibekdze; des letzteren Bewohner zerstörten aber diese Brücke absichtlich, damit Truppen, Regierungsbeamte und officiell Reisende nicht leicht ihr Dorf berühren möchten, über welches der nähere Weg nach Pravadi fuhrt. Die absichtliche Zerstörung einer steinernen Brücke durch die anwohnenden Bauern, um die in anderen Ländern einträgliche Verbindung wichtiger Plätze, wie Varna und Sumla, über ihr Gebiet zu hindern, ist das sprechendste Zeugniss trauriger Unordnung unter der gegenwärtig diese Länder beherrschenden Regierung." An demselben Brückenpunkte, welcher unserem gelehrten Cicerone Jochmus, gleich allen das Türkenregiment durch ungefärbte Brillen beurtheilenden Reisenden, Stossseufzer abgepresst, kreuzt die heutige Bahntrace den Pravadi. Die Sonne war bereits hinter Aladin's säulenförmigen Nummuliten-Kalkbergen untergegangen, als ich am Hange der mit Wald und Wein umsäumten, sanft gewellten Höhen des türkischen Indzeköi, in lichter Sommernacht, vollends den schilfreichen, langgedehnten Devnasee umkreiste und in träumerischer Stimmung zum weiten Meeresbusen und Haupthafen des Pontus Euxinus gelangte, dessen verrufenes unruhiges Temperament oft schon auf der Varnaer Rhede scharf wehende Lüfte und das^Lännen seiner tosenden Brandung verrathen. Das Hotel d'Angleterre machte der Empfehlung, welche mich dahin geführt, volle Ehre und an seiner trefflichen Table d'höte wartete meiner überdies die unerwartete Ueberraschung, mit jenen zwei österreichischen Officieren zusammen zu treffen, von deren astronomischen Ortsbestimmungen in Ost-Bulgarien ich bereits sprach. In ihrer Gesellschaft besuchte ich am nächsten Morgen den Mutessarif-Pasa, welcher mit grösster Freundlichkeit unsere verschiedenen Studien zu fördern versprach. Nachdem ich dieser dringendsten Höflichkeitspflicht genügt, durchstreifte ich, mit einem mir beigegebenen Zaptie, die Stadt nach allen Richtungen. Mit Ausflügen und Besuchen waren die Stunden zu Varna rasch verstrichen, ich sah und hörte viel, und nur wTenig blieb mir nachzuholen übrig, als mich mein Routier im nächsten Monate wieder dahin führte. Trotzdem spare ich meine Schilderung der nunmehr grössten bulgarischen Pontusstadt für das nächste, auch ihre Küste behandelnde Capitel und nehme, durch das historisch interessante Devnaseegebiet nach Pravadi zurückkehrend, mein unterbrochenes Routier dort wieder auf. Bei meiner Ankunft im Kristov han traten mir vergnügte Gesichter entgegen. Mein Dragoman behauptete, durch sorgfältigste Pflege das kranke Trainpferd ge- heilt zu haben, der Doctor aber nahm selbstverständlich das Verdienst der gelungenen Cur für sich in Anspruch und gleichzeitig ein, wie mir schien, über dasselbe hinausgehendes Honorar. Ungeachtet oder zufolge seiner hippologischen Kenntnisse stand meine Seksana wirklich dienstfähig vor mir; erfreut darüber, feilschte ich nicht lange, bezahlte an Doctor undHandzi, was sie forderten, und begann am 30. Julimorgen die Aidos-Passage, welche, in classischer Epoche, als einer der wichtigsten Balkan-Heerwege galt. Auch die von Arrian beschriebene Schlacht Alexanders d. Gr. gegen die Thraker, verlegte Jochmus in die Nähe dieses Haemuspasses, was mein Interesse für diese Route noch mehr steigerte. Unmittelbar hinter dem östlich das Pravadi-Defile" sperrenden Stadtwalle kreuzen Schienenstrang und Fahrstrasse sein nun links bleibendes Wasser, nahe einem alten Friedhofe, welcher mich lebhaft an Kraljevo's „Riesengräber" bei Aleksinac in Serbien erinnerte. Auch hier umranden natürliche oder behauene grosse Felsstücke jedes einzelne Grab, bezeichnen senkrecht aufgerichtete Steine die Kopflage der Bestatteten, und fehlt jede Aufschlüsse gebende Inschrift. Bald öffnete sich die Pravadischlucht, die blendend weissen Kalkfelsen, welche menschlichen Wohnungen täuschend ähnlich, grüne Waldplateau's krönen, gehen hier in zahme Kuppen über. Am Fusse ihrer sanftgeböschten Hänge gelangten wir nahe dem Punkte, wo der Pravadi den Kadiköibach aufnimmt, zum gleichnamigen Dorfe. Seine 100 Türkenhäuser gruppiren sich um eine Moschee mit ansehnlichem Minaret, während die bulgarische Minorität von 30 Gehöften weder eine Kirche noch Schule besass. Oestlich von Kadiköi zieht die Strasse, neben zwei ziemlich hohen Tumuli, über jenen merkwürdig configurirten, hohen und bewaldeten Isthmus, der, an seiner schmälsten Stelle, bei Sultanlar, die Rinnsale des Pravadi und Kamcik auf kaum Vi Meile auseinander hält. Beide fliessen hier durch breite, sumpfige Alluvialflächen, in welche die eocänen Tertiärgesteine der begrenzenden Höhen oft scharfwinkelig einschneiden. Der Birnbaum wächst hier in auffallender Häufigkeit wild. Die schönen Laubwaldungen verdichten sich hinter Kadiköi derartig und werden von einem solch bunten Wegelabyrinth durchkreuzt, dass mein Zaptie es für gerathen hielt, schon im Dorfe einen Kaiaus (Führer) zu verlangen. Wie gewöhnlich musste ihn die bulgarische Minorität stellen, das versprochene Baksis versöhnte den jungen Mann, auf welchen, nach unerquicklichen Debatten, die Wahl gefallen war, mit seiner unfreiwilligen,Promenade; er schritt kräftig aus und trällerte bald guter Dinge halblaut ein bulgarisches Lied. Rechts und links, näher und weiter, erschallten Axtschläge im Walddickicht und wo es ruhiger, hörte man Vogelgesang, doch begegneten wir keinem Menschen, was uns übrigens wenig grämte, da wir nicht gerade nach der Bekanntschaft mit den berüchtigten Tscherkessen der nahen Colonien Azicieh und Rahmanieh Lust trugen. Beide wurden an der Stelle von Kesar und Öeremet gegründet, deren Bulgaren 1861 nach der Krim auswanderten. Nach l^a St. stiegen wir abwärts zum hart am Waldsaume gelegenen Türkendörflein Kote. Es zählt nur 40 Häuser und der kleine gedeckte Vorraum seiner bescheidenen Moschee dient zugleich als Mussafirlik, in dem der gastfreundliche Muhtar einen gutgemeinten frugalen Imbiss uns aufnötbigtc. Kote sieht bereits zum vereinigten Kamöik hinab; denn etwas oberhalb strömen seine von W. kommenden Akili- und Deli-Kanicikarme zusammen. Im Frühjahre ist es nahezu unmöglich, den Fluss in dieser wasserreichen, buschigsumpfigen Ebene zu durchfurthen; man muss dann über eine Meile abwärts nach Köpriköi, zum „Bruckdorf", wandern, welches dadurch ein hochwichtiger strategischer Punkt wird. Dort und östlicher überschritten die Bussen auf ihrem Zuge nach dem Balkan, am 18. Juli 1829, den Kamcik. Man hatte von türkischer Seite die Bedeutung dieser Position erkannt und General Rüdiger traf hier Jus-suf Pasa mit 3000 Mann, in trefflich verschanzter Stellung. Wie Moltke erzählt, suchte Rüdiger ihn in der Front durch 2 Bataillone und 1 Kosaken-Regiment unter Siroff zu beschäftigen, während er selbst, an einem, Cali Mahle genannten Orte, der wahrscheinlich Va Meile unterhalb lag, auf Pontons über den Fluss ging. Dort stiess er bei Tagesanbruch auf 1000 Türken, welche mit Zurücklassung von 2 Fahnen sofort auseinander stoben. General Rüdiger Hess 2 Bataillone in Cali Mahle zurück und marschirte mit 10 anderen nach Köpriköi, wo Jussuf Pasa sich auf der Höhe neben dem Dorfe aufgestellt hatte. Seine Schanzen wurden durch die Jägerbrigade der 19. Division angegriffen. Die Vertheidiger thaten nur 6 Kartätschschüsse und wichen dann zurück, das 27. Jäger-Regiment warf Tornister und Mäntel ab und verfolgte sie. Die Türken stritten auf dem Rückzüge für ihr Geschütz mit dem Bajonnet, verloren aber trotzdem 4 Kanonen und 5 Fahnen. An Gefangenen brachte man nur 16 Mann ein, denn viele Gegner wurden bei der Verfolgung niedergestossen. Das ganze feindliche Lager mit sehr grosser Bagage fiel in die Hände der Russen, welche an Todten und Verwundeten 65 Mann und 2 Officiere beklagten. Um den wichtigen Uebergangspunkt von Köpriköi zu sichern, blieb eine Brigade dort zurück; auch die Kamöik-Brücke wurde hergestellt und befestigt, denn dieser Posten bildete die kürzeste Verbindung zwischen dem über den Balkan vordringenden Heere und dem Beobachtungscorps vor Sumla, welches, um den Rücken des ersteren zu sichern, nunmehr den Befehl erhielt, nach Maras vorzurücken. Für uns war der Kamcik, Dank der lange andauernden Trockenheit, unschwer zu durchfurthen und trotz seiner sumpfigen Ufer gelangten wir ohne Unfall zum jenseitigen Sanduköi hinüber. Dort hätte es beim Landen eine Fülle von dankbaren Genre - Motiven für Pinsel und Palette gegeben; der Stift allein reicht da nicht aus. Einen reizenden Vorwurf bildete, an dem dieses reinmos-linische Dorf umfriedenden Zaune, eine Gruppe umgemein lieblicher Türkenmädchen, welche mit ihren kleinen Armen das Pfahlthor zustemmteu und für seine Oeffnung schelmisch ein Baksis verlangten. Als ich dem zürnenden Zaptie wehrte und einige Münzen in den Haufen warf, gab es ein Haschen und Lachen, eine fröhliche Scene, wie ich ähnliche allerdings in den steierischen Bergen, doch sicher niemals so farbig, gesehen hatte. Ein anderes, weit ruhigeres Bild gestaltete sich, als wir, ohne abzusitzen, unsere Pferde am Dorfbrunnen trinken Hessen; kaum hätte ein Künstler ersten Ranges die uns betrachtenden grossen und kleinen Zuschauer in schöneren Linien gruppiren können. Der Orient ist und bleibt das gelobte Land für Maler und wenn irgendwo erscheint dort die Ausseuseite alles Lebens, wo man immer hinblickt, stets sonnig, frisch und interessant, obgleich es durchaus nicht immer die Prüfung mit der Lupe verträgt. Doch wer des Sultans Lande kennt, lässt alle Reflexionen zu Hause. Huldigt man diesem Grundsatze, dann wirkt auch das Minaret der kleinen Moschee zu Sanduköi überraschend. Auf die aus Brettern aller Formate zusammengenagelte, von der Lothlinie bedenklich abweichende Säule, stülpte der Ortsarchitekt eine Art Htthnerkorb aus Flechtwerk, welcher als Galleric dient. Der das Gebet ausschreiende Muezzin erklettert sie täglick>ehrmals auf einer Leiter, deren ungeschlachte Quer- und Langhölzer gewiss nie ein ächzender Hobel berührte. Wie überall, wo türkische Hände sich an architektonische Aufgaben wagen, äusserte sich auch hier der Abgang jeglichen Empfindens für Symmetrie und ein gänzlicher Talentmangel für technische Künste; doch Maler und Turkophilen fragen nicht um derlei gleichgültige Dinge! Geniessen auch wir, ihrem Beispiele folgend, ohne den Eindruck schädigende Vergleiche zwischen maurischen uud turanischen Kunstleistungen, das stark wacklige, ebenso originelle als pittoreske Landschaftsmotiv uud ziehen dann'weiter, begleitet von vieleu: „Jol bair ol sun!" Wohlgemeinte Segenswünsche für einen „glücklichen Weg" erscheinen gerade hier passend angebracht, wo der Reisende zur Gewinnung des Aidos-Balkaus nur zwischen der sumpfigen Strasse am Deli Kamcik und den äusserst primitiven Waldwegen über Berge zu wählen hat. Ich entschied, mich für die Hochstrasse, nicht etwa weil sie bequemer als die westlichere, am Flusse laufende; im Gegenteile, ich begriff sehr bald, dass General Roth, auf seinem Balkanzuge nach Aidos (Juli 1829), das Gebiet des Delidze dere mied. So herrlich seine Wälder, so schwierig^dürfte es nämlich fallen, seine abschüssigen und wilden Rinnsale mit grösserem Train zu passiren. Bekam ich doch ohne solchen bald das Klettern satt. Trotzdem hatte ich, wie man sehen wird, Ursache mir zu meiner Wegwahl Glück zu wünschen. Nachdem wir über Potresani und Kara Ahmedli zum Deli Kamcik hinab gestiegen und ihn an einer guten Furthstelle gekreuzt, gelangten wir zum jenseitigen Deli Hussein Mahle. Dort auf dem bescheidenen Dorfplatze, traf ich die beiden zu Varna erwähnten, österreichischen (Meiere, umstanden von vielen Neugierigen, welche ihre fremden Uniformen und das Hantieren mit den seltsamen Messapparaten nicht wenig anstaunten. In das freudige Wiedersehen mengte sich aber ein bitterer Wermuthstropfen. Ich fand die Herren, welche die Thalstrasse am Kamcik eingeschlagen hatten, Über einen bösen Keisczufall sehr verstimmt; wenige Stunden zuvor brach nämlich an einer sumpfigen Stelle das Pferd ihres türkischen Begleiters den Fuss. Etwas abseits stand, neben dem verunglückten Thiere, der Eigner, ein schmucker Zaptie suarieh, feuchten Auges, mit stiller Resignation über sein Unglück brütend. Das Kismet hatte dem armen Teufel übel mitgespielt. Das Pferd war sein reichster Besitz und obwohl er es im Dienste des Sultans verloren, durfte er auf Ersatz nicht hoffen; es blieb ihm nur die Aussicht, als Zaptie piadeh (Fussgendarm), mit kleinerem Solde weiter zu dienen. Büjük Öengel wurde als Rendezvous für den Abend bestimmt; ich hatte noch vieles am Wege zu thun und setzte meine kleine Caravane in Marsch. Doch dauerte es nur wenige Minuten, wir hatten kaum die letzten Häuser des Dorfes im Rücken, da stürzte plötzlich mein Trainpferd; rasch griff Alles zu um es von seiner Gepäcklast zu befreien und bald stand es beladen wieder heil auf seinen Vieren. Ich hatte bei dem Unfälle glücklicherweise nichts als eine halbe Stunde Zeitverlust zu beklagen; während aber Stirüdzi und Dragoman das Aufpacken besorgten, trat mein Zaptie an mich heran und vertraute mir ganz ernsthaft, dass er an einem der beiden Officiere den „bösen Blick" bemerkt hätte. Er empfahl mir dringend jedes neue Zusammentreffen mit den Herren zu vermeiden, denn sonst würde uns unfehlbar weiteres Unglück treffen. Vergeblich suchte ich den Vorfall durch eine bei der Aufsattlung des Pferdes begangene Nachlässigkeit zu erklären, mein Opponent blieb unerschttttert und polemisirte: „weshalb hielten Gepäck und Riemen bis zum Nachmittage gut?" Ich gab es auf ihn zu bekehren und fragte, ob er kein Mittel kenne, sich gegen das böse Auge zu schützen. „Ja wohl giebt es solche Effendi, allein nur die Baba (Ortsfee) vermag sie wirksam zu machen." Türke und Bulgare, Albanese, Grieche und Serbe, ob Christ oder Moslim, Alle glauben in der Türkei an die Macht des „bösen Blickes" und wehe dem Armen, der im Verdachte steht, ein „verzauberndes Auge" zu besitzen. Von Büjük Öengel bis Ahmedli fliesst der Deli Kamcik in einem prächtigen Engthale, die Strasse umgeht es aber und zieht am Nordrande der Kazedapka planina hin. Wir ritten über stark zerrissenes Land, dann wieder durch dichte Buchen- und Eichenwälder, bis zu dem vom konisch geformten Pilav tepe überragten Kessel, auf dessen Sohle Cengel sich ausbreitet. Dieses reiche Dorf be- wohnen ausschliesslich Bulgaren und bald hatten wir in einem seiner besten Gehöfte Platz gefunden. Ich überliess, wie gewöhnlich, unsere Installation dem Dragoman und eilte die bereits angelangten Officiere aufzusuchen. Das „böse Auge" schien aber seine Wirkung an diesem Tage weit über seine Sehgrenze hinaus zu üben! Unsere Unterhaltung berührte gerade das traurige Tageserleb-niss, als mein Dragoman herbeistürzend, die Kunde von einem zweiten brachte, das nach seiner Ansicht meine rascheste Intervention erforderte. Der Handel war wirklich schlimm genug, denn ich hörte, dass unser „verrückt" gewordener Zaptie Osman dem Staresina (Aeltesten) des Gehöfts, weil er nicht rasch genug Gerste für die Pferde herbeigeschafft, mit dem Säbel einen blutigen Verweis gegeben habe. Als ich auf dem Hofe anlangte, herrschte wüster Lärm, einige Nachbarn waren herbeigeeilt, und der von heulenden Frauen und Kindern umdrängte Alte zeigte mir seinen Oberarm, dessen Fleisch ein scharfer Hieb blutig gespaltet. Osman empfing mich mit der Rechtfertigung, in meinem Interesse gehandelt zu haben und „dass man den störrigen Bulgaren zeigen müsse, wer der Herr, wer der Diener sei!" Ich erklärte aber dem sauberen Advocaten, dass er im entschiedensten Unrechte sei, dass er kein Recht besass, den wehrlosen Greis, der uns in sein Haus aufgenommen, wegen einer kleinen Säumniss zu verwunden, und dass ich auf seine Bestrafung beim Kaimakam im nahen Aidos dringen werde. Die Lection äusserte ihre Wirkung und die braven Hofbewohner suchten mir durch überschwängliche Worte und denkbarste Aufmerksamkeit ihr Dankgefühl zu bezeigen. Ich erzähle hier diesen Akt von Zaptiewillkühr, als Beispiel der unglaublichen Ausschreitungen, welche sich türkische Wächter des Gesetzes gegen die Rajah erlaubten. Stumm musste der Christ sie dulden, denn der Zaptie war nah, das Gericht weit. Aus Furcht vor nachträglicher Rache wurde selten eine Klage gewagt, dem Vertreter der moslimschen Autorität wäre auch schwerlich Unrecht gegeben worden und noch weniger hätte man ihn gestraft. Addirt man aber die einzelnen Unrechtsacte, welche jeder einzelne Rajah bis zum reifen Mannesalter an sich selbst, an Eltern, Brüdern, Schwestern, an Frau und Kindern von Beamten, Zaptie's und moslimschen Nachbarn erfahren, dann erklären sich jene Racheaete einzelner Bulgaren gegen ihre türkisch-tscherkessiseben Peiniger, als die russischen Befreier siegreich heranzogen. Die fünfhundertjährige blutige Saat musste naturgemäss blutig aufgehen. Leider vermag der trauernde Menschenfreund das Ende dieser sich selbst zeugenden Racenkämpfe nicht abzusehen und deshalb wünscht er für die illyrische Halbinsel endlich ein erleuchtetes festes Regiment herbei, welches keine „Blutfahne" kennt, sondern unter dem Banner der Civilisation, mit Ausschluss jedes, an das religiöse Bekenntniss geknüpften Privilegiums, gegenseitige Duldsamkeit und wahrhaftige Gleichberechtigung durch- zuführen versteht! Mit diesem Wuusche nahm ich von den beiden Officiercn Abschied, nachdem bei einem iniprovisirten ä la frauca Abcndbrod, einige Stunden im unterhaltenden Gespräche rasch verflossen waren. Als ich am nächsten Morgen das Gehöft verliess, suchte ich durch Geschenke bei Frauen und Kindern den schlimmen Eindruck der ihnen durch Costüm zu Büjük Cengel, meinen Zaptie verursachten bösen Stunde zu verwischen. Der ältesten Tochter steckte ich eine zierliche Silbernadel in die nach rückwärts hängenden, mit Münzen und Bändern, geschmückten blonden Haarflechten und als Zeichen des geschlossenen Friedens gestattete man mir das ungemein kleidsame Costüm des hübschen Mädchens zu zeichnen. Sein blaues, durch einen Gürtel aufgerafftes Oberkleid, der weisse Rock und Haarputz erinnerten an unsere traditionelle Gretchen-tracht; das Mannscostüm zu schildern, erspart mir die Illustration, welche Mara und ihren Vetter Todor darstellt. Mit verbissenem Grimme wandte Zaptie Osman der Abschiedsscene den Kücken, er sprengte voraus und äusserte später gegen den Dragoman: „er wundere sich, dass ein Effendi mit dem Bauernvolke wegen ein bischen Blut so viele Umstände mache." — „Wegen ein bischen Blut" — er hatte Recht; gehört doch dieser kostbare Stoff zu den billigsten Dingen im Orient und hat sich ja das Gefühl für seinen hohen Werth durch fortwährende Kriege, Bürgerkärapfe und Blutrachen auf Null reducirt! So war es seit Jahrhunderten, ist es heute und wird es leider noch lange bleiben! Gleich westlich von Büjük Cengel zog ich wieder an den Ruinen eines mit blutigen Traditionen umwobenen Schlosses vorUber, das auf der Anhöhe Hrastota steht, und bald darauf, nachdem wir eine stark gegen W. ausgreifende Kamcik-eurve zweimal gekreuzt, an einer Schanze, welche 1829 den Russen das Eindringen ins Kamcikdefile" wehren sollte. Diebitsch öffnete es aber von S. durch die im Juli von Aidos mit 4 Bergkanonen detachirte Colonne Savadski. Die Schanze ist noch ziemlich wohl erhalten und liegt an der schmälsten Stelle der Schlucht, hart dem „Ostrog kamik" (Spitzstein) gegenüber, welchen die Türken auch „Sivai tas" nennen. Er lag eben im tiefsten Schatten, kein Lichtstrahl streifte ihn, dennoch hoben sich aber seine senkrechten nackten Kalkzinnen tropfsteinartig, grellweiss, vom waldigen Hintergrunde ab und warfen ihre lichten Reflexe in den Kamöik, welcher das Piedestal der pittoresken Nadeln fortwährend benagt. . Die natürliche Romantik dieses Punktes mag schon frühzeitig Anachoreten angezogen und später auch zur Gründung des Sv. Atanasklosters durch Car Constantin Asen, einen Bulgarenfürsten aus serbischem Geschlecht, geführt haben. Falls die Legende richtig, so ist das Kloster zwischen 1258—77 erbaut worden; heute Hegt es, durch türkische Unduldsamkeit zerstört, gleich vielen anderen frommen Bauten, in Ruinen; kaum sind seine Grundmauern zu erkennen. Dem Ostrog kamik gegenüber kreuzt die Strasse den Kamcik und bleibt sodann auf seinem rechten Ufer bis Küeük Kisik, wo er den gleichnamigen Bach aufnimmt, in dessen viel verästelten) und stark bewaldetem Gebiete sechs Ortschaften liegen. Bei Ciftlik Mahle (109 M.) fliesst der Kamcik in so enger Spalte, dass die Strasse hoch oben im Walde zieht und erst unferne Tikenlik wieder ins breite Thal herabsteigt. Bald darauf tritt das hohe Steilufer sehr nahe an den Fluss, dass wir ihn abermals durchfurthen mussten; zuletzt gefällt er sich aber in so abenteuerlichen Sprüngen zwischen riesigen Schutthalden und tollen Cas-caden, begleitet von tückischen Zerreissungen der Uferlehnen; bald zwängt er sich hüben, bald drüben, so dicht an die Felswände, dass wir im fortwährenden Hinüber .und Herüber, auf der kurzen Strecke von Ocngel bis Daskotna, eilünal seine Ufer wechseln mussten. Bei letzterem Orte gewann ich ein instructives Bild des hohen Balkanzuges von Kazan bis Öengel. Hinter Daskotna kreuzte die von Aidos über den Nadir-Balkanpass ziehende Strasse unsere Route. Sie führt über Karalar, Keremetli und Kamcik Mahle, auf dem bereits geschilderten Wege, durch das Öalikavak-Defilö hinaus, auf das Glacis von Sumla (S. 106). Vom Kreuzungspunkte beider Strassen verfolgten wir nun die directe Aidosroute bis zur Mündung des Wildbaches Bogas dere im Kamcik. Dort warf ich einen letzten Blick in das obere, weithin offene, W. 0. streichende Kamßikthal, dessen landschaftliche Natur ich bereits zu skizziren versuchte (S. 103). Nun hatte ich den „Deli Kamöik" im grössten Theile seines vielgekrümmten Laufes kennen gelernt und schon durch das zuletzt geschilderte Segment wird sein Beiname („der närrische"), welchen die oft geschädigten Anwohner ihm beilegten, gerechtfertigt. Jedenfalls dürften Maler und Ingenieure verschiedene Ur-theile über ihn fällen; wenn Landschafter seine romantischen Ufer als dankbare Motive preisen, wird der Eisenbahnmann weniger sein Lob singen; denn der Fluss setzt dem projectirten Schienenstrange allerorts Hindernisse entgegen, welche kostspielige Bauten bedingen und die Trace durch zahllose Curven verlängern. Man darf daher mit Recht darauf gespannt sein, welchen Weg die künftige Verbindungslinie zwischen Sumla und Jamboli einschlagen wird, ob die von militärischer Seite geplante kürzere Linie über Eski Stambul und den Azap tepe-Balkanpass, welche ich wiederholt besprach (S. 80, 101), oder die von Baron Hirsch's Ingenieuren projectirte, bedeutend längere Route, durch das Cengel-Defile deren Lauf der Leser soeben mit mir verfolgte und zu beurtheilen in der Lage war. Von einer Caravane, welche uns am Eingange des Bogas dere-Defilö's begegnete, hörten wir, dass eine Haidukenbande dieselbe mit grosser Frechheit unsicher gemacht, vor wenigen Tagen aber nach dem Öalikavak-Balkan gezogen und dass die Schlucht nun wieder sicher sei. Zaptie Osman hielt trotzdem seine Flinte und wir unsere Revolver schussfertig; denn die hochromantische Engschlucht, mit dem zwischen Felsen und Dickicht hineilenden Wildbache, bot „Helden der Waldgebirge" einladende Hinterhalte in Fülle. Unser Geleitsmann ritt rechts und links ausspähend, stille hin, zuletzt vergass ich aber Haiduken und Gefahren in Mitte der prächtigen Landschaft, deren natürlicher Reiz durch einige verfallene pittoreske Mühlenruinen erhöht wird. Endlich, nachdem wir die Ufer des Bogas dere während einer Stunde fünfmal gewechselt, traten wir unferne des gleichnamigen westlichen Dorfes hinaus, auf jene von Bergen allseits umschlossene weite Hochebene, auf die General Jochmus den Schauplatz der Haemusschlacht verlegt, in welcher Alexander d. Gr. die Thraker besiegte. Ich lasse hier die Stelle aus den wiederholt angeführten „Notes", von S. 21 folgen, welche die bezügliche Hypothese zu rechtfertigen sucht. Das „Bogas dere" äussert Jocbuius, „liegt am Fusse einer der wildesten Bergschluchten des Balkans und entweder hier oder am Eingange des nahliegenden Haram dere (Räuberthal) muss Alexander d. Gr. die Schlacht mit den Thrakern geliefert haben, ehe er auf seinem Marsche von Amphipolis zur Donau (Ister) den Haemus überschritt (Arrian lib. I, c. 1.). Das Aussehen der beiden Defileeu von Bogas dere und Haram dere, die abschüssige Steilheit der Berge an mehreren Stellen des Aufstieges, welche die von Arrian beschriebene offensive und defensive Verwendung der thrakischen Kriegswagen begünstigt, und vor allem die Entfernung von Amphipolis sind Gründe, welche mich zu der Annahme bestimmen, dass Alexander den Uebergang über den Haemus eher über die Strasse des Bogas dere oder des Haram dere, als durch irgend ein anderes der östlicheren und deshalb von seinem Ausgangspunkte entfernteren Defile"en, erzwungen hat. Nachdem Alexander bereits am 10. Tage nach seinem Abmärsche von Amphipolis am Fusse des Haemus eintraf, muss er, da die Entfernung wohl 300 englische Meilen beträgt, sehr starke Tagemärsche gemacht haben, um auf dem kürzesten Wege Uber Aidos selbst nur das Bogas- oder Haram dere zu erreichen." Das Bogas dere-Defile", dessen Bachbett ich unferne Bilek Mahle mit 158 M. bestimmte, besitzt, wie man sieht, ein eminent historisches Interesse. Es bildet, so weit ich zu urtheilen vermag, einen wichtigen strategischen Punkt im System der Balkankette. Wer es richtig zu verteidigen versteht, zwingt seinen von N. auf Aidos ziehenden Gegner, den weiter 0. liegenden, schwierigen Hochweg von Pravadi durch das Delidze dere über den Nadir-Pass, oder einen noch östlicheren einzuschlagen, und ebenso einen Angreifer, welcher von S. her, über Pravadi, gegen Silistria oder Rusöuk operiren will. Auf der grossen Heerstrasse über Rosakastron und Aidos drangen 1388 auch die Türken in Bulgarien ein; ich glaube, dass sie schon damals dieselbe Route einschlugen, welche Mohamed IV. verfolgte, als er 1672 von Adrianopel, gegen die Polen, an die untere Donau zog*). Er nahm den Weg Uber Jamboli, Karnabad, Aidos, Koparani, Sudziler, Köpriköi, Pazardzik und Babadagh nach Izakca, das er nach vollen drei Wochen erreichte. Von Aidos bis Köpriköi am Kamcik (S. 136) benöthigte er allein vier Marschtage. Auch des Sultans Wegweiser Hessen dabei, wie ein Blick auf die Karte zeigt, den Nadir-Pass links liegen, denn sie kannten wohl die grossen Schwierigkeiten des Abstiegs vom Nadir, entlang dem Delidze dere, welcher türkisch „Kirk gicid su", das „Vierzig Furthenwasser" genannt wird. Die Hindernisse, welche der zuletzt erwähnte Balkan-Pass dem Vormärsche eines grösseren Heeres entgegenstellt, dürften naturgemäss im Alterthum, vor der dichteren Besiedlung dieser Gebiete noch bedeutender gewesen sein. Wenn Jirecek trotzdem vermuthet, dass sowohl Darius, als Philipp II. auf ihren Zügen in das *) Had'Zi Chalfu, Rumeli und Bosna. S. 185. Skythenland, dann Lysimachos, gleich Lucullus, zur Niederwerfung der aufständischen griechischen Küstenstädte Odessus, Kallatis und Istria, ihren Weg nach N. über den Nadir-Pass genommen haben, so ist dies durch die bisherige geringe Kenntniss des fragliehen Terrains leicht erklärbar. Seiner Vermuthung steht , jedoch die Ansicht des Militärs und trefflichen Alterthumskenners Jochmus gegenüber, welcher Darius' Hauptheer den Weg zur Donau über Misivri und den Emine-Balkan ziehen lässt. Die grössere Wahrscheinlichkeit scheint auch mir aber dafür zu sprechen, dass Philipp, Lysimachos und Lucullus ihre Züge zur Pontusküste gleichfalls über den direct zu ihr führenden Emine-Pass und nicht Über den Nadir-Pass unternommen haben; nicht etwa wegen seiner Höhe, sondern weil seine tief eingeschnittenen, leicht zu vertheidigenden Engdefileen am Delidze dere und Kamcik, ferner seine brückenlosen Wildwässer und dichten Waldungen den Marsch eines grösseren Corps schon sehr erschweren. Aus diesen Gründen vollzog, wie Moltke klar ausführt, auch Marschall Diebitsch's Hauptcolonne ihren Marsch von Köpriköi nach Aidos über den Emine - Pass, und nur ein Detachement des Generals Ragovsky nahm seinen Weg über den Nadir-Pass. Fassen wir die berührten Betrachtungen und Thatsachen zusammen, so erschiene Jirecek's Vermuthung nur dann gerechtfertigt, falls sich nachweisen Hesse, dass die östlich von Nadir gelegenen, leichter gangbaren Balkanpässe für Lysimachos und Lucullus gesperrt waren. Damit soll aber nicht gesagt sein, dass im Alterthum nicht einzelne Abtheilungen die Passage von Aidos über den Nadir-Pass benutzt hätten. Es erscheint nämlich kaum denkbar, dass ein grosses Heer mit complicirtem Train nur auf einer Gebirgsstrasse sich bewegt; schon die Rücksicht auf die durch geringe örtliche Hilfsquellen erschwerte Verpflegung zwingt den Feldherrn, rechts und links gangbare Wege in seinen Marschplan zu ziehen. Nun verzeichnete ich aber vom Cap Emine bis Kazanlik, abgesehen von zahlreichen Saumpfaden, 14 fahrbare Strassen; eine bisher wenig gekannte, im VII. Capitel näher erörterte Thatsache, welche selbstverständlich, bei der Feststellung uns ferne liegender historischer Vorgänge, künftig wird in Betracht gezogen werden müssen. Meine Terrainstudien hielten mich bei dem interessanten Bogas dere länger zurück, als ich geplant hatte, und da Aidos vor dem Einbrüche der Nacht unmöglich zu erreichen war, zogen wir parallel mit dem Bache SO. nach Resova, dem einzigen Bulgarendorfe auf dem 20 OMeilen umfassenden, rein türkischen Gebiete N. von Aidos. Der Empfang von Seite des Dorfregenten konnte unmöglich ein besserer sein, für Zaptie Osman entfiel diesmal jeder Anlage zu Streit mit unseren gastfreundlichen Wirthen; ja, als wir am nächsten Morgen weiterzogen, schien es mir, dass der Tollkopf unserer Hausfrau, welche allerdings für ihn eifrigst gesorgt hatte, mit einer türkischen Phrase dankte; das Bulgarische wurde von den Zaptie's, Beamten und Türken überhaupt selten verstanden und gesprochen. Der erste August traf uns in frühester Stunde auf dem höchsten Strassen-punkte zwischen Reseler und Aidos. Ueber brachliegendes Land, das viele fleissige Hände nähren könnte, und auf zerrissenem Waldboden waren wir immerfort angestiegen. Die Nadir-Einsattlung lag kaum Vft Meile entfernt, sehr deutlich vor uns. Ich schätze die Passhöhe auf 600 M. Der höchste Strassenpunkt auf der Wasserscheide, von welcher der Bogas dere N. und der Dermen dere S. abfliessen, ist bedeutend niedriger, ich maass sie mit 419 M. Vor fünfzehn Jahren wurden in der Nähe, auf dem schönen westlichen Waldterrain, Tataren angesiedelt. Ihre Colonie erhielt den Namen Jeni Mahle; er fehlt gleich dem vielleicht ebenfalls neueren Orte Madzerete auf der russischen Karte (1853), auf Artamanoffs (1876) und auch auf Kiepert's (1877). Wenige hundert Schritte auf der Wasserscheide gegen S. blickten wir zwischen grösstentheils nackten Hängen in die grosse thrakische Hochebene hinaus, deren eruptiven Charakter isolirte und schärfer profilirte Spitzberge verriethen. Nur ungern verliessen wir die Schatten und Kühle spendenden Eichenstände. 300 M. weiter abwärts erschien S. über der im grellsten Sonnenbrande liegenden Hochebene Aidos' Silhouette, als von Berg zu Berg ziehender dunkler Streif, durch Minaretsäulen gekennzeichnet. Die Aussicht, % Meilen durch eine, wahre Glühhitze reflectirende Scenerie zurückzulegen, war nicht sehr erfreulich. Schutzlos den Feuerballstrahlen ausgesetzt, und überschüttet von ganzen Wolken das Athmen erschwerender Spreu-theilchen, welche rechts und links von den Tennen an der Strasse uns entgegenflogen, wo gerade der junge Weizen in landesüblicher Weise ausgedroschen wurde, ging es nicht gar lustig vorwärts. Die riesigen Getreidehaufen wollten nicht enden; die halbe Bevölkerung der Stadt tummelte sich geschäftig auf den leicht umzäunten Tretplätzen. Zwischen zwei Tumuli rückten wir dem durch Aidos fliessenden Dermenbache näher und mit ihm betraten wir schliesslich das nördliche bulgarische Stadtviertel. Von Staub und Hitze ermattet, wurde mir der abscheuliche finstere Raum im „Jeni han", mit dem ich vorlieb nehmen musste, ein wahres Eldorado irdischer Genüsse. Aidos' Klima ist während des früh hier beginnenden Sommers nahezu tropisch. Die Stadt liegt am Nordrande der ausgedehnten Eruptivzone, welche vom Südfusse des sedimentären Ost-Balkans zum Pontus streicht. Die beiden Berge im N. der Stadt, der östliche Hisar- und westliche Sersem bair, bestehen aus vulkanischen, sandsteinartigen grünlichen Tuffen, welche treffliche Werksteine liefern. Der Hisar bair trägt die Ruinen der „Adlerburg", deren Namen auf die griechische Stadt überging und in ihrem heutigen fortlebt. Schon Hadzi Chalfa schloss aus im XVII. Jahrhunderte besser erhaltenen Ruinen, dass der Umfang Kunitz, Donau-Bulgarien und der Balkan. HI. 10 von Aidos einst grösser gewesen sei, auch rühmte er dessen ansehnliche Herbstmesse, die heute nur mehr locale Bedeutung besitzt. Aidos' günstige Lage, in dem zwischen Byzantinern und Bulgaren stets streitigen Territorium von Anchialos (türk. Ahiolu), gestaltete seine Vergangenheit so wechselreich, wie jene aller bulgarischen Pontusstädtc. Auch Aidos hatte oft genug sich andrängender Feinde zu erwehren und häufig lösten auf der „Adlerburg" verschiedener Herren Banner einander ab. Betrachten wir Aidos' letzte Geschicke. Im J. 1331, als Kaiser Andronikos die südbalkanischen Städte von Jamboli bis Ahiolu besetzte, fiel Aidos gleichfalls in seine Gewalt. Zum letzten Mal und kurz nur blieb es dem rasch seinem Verfalle zueilenden Byzanz unterworfen; schon um 1344 brachte es Car Joannes Alexander (1331—65) mit anderen Städten wieder unter bulgarische Hoheit, als Preis für den Beistand, welchen er der Kaiserin Anna gegen Kantakuzenos versprach, in Wahrheit aber nicht leistete. Die traurige, durch fortwährende Dynastiehändel zu Byzanz heraufbeschworene Verwirrung sollte bald auch Bulgarien empfindlich berühren. Vergeblich suchte sich Car Sisman allein gegen die ihm aufgezwungene türkische Oberhoheit zu wehren. Bereits 1365 schlug Murad I. seine Residenz zu Adrianopel auf und als der nur noch geduldete Bulgarenfürst sich mit den Serben gemeinsam gegen den Sultan verbündete, zog Murad's Herr 1388 durch das nach türkischen Quellen schon 1358 türkisch gewordene Aidos Über den Balkan und bezwang Tirnovo nach kurzem Widerstande. Damit war Bulgarien niedergeworfen, wenn auch nicht gänzlich unterjocht. Neben dem herrschenden Moslim war es nicht gut wohnen, namentlich in der schönen thrakischen Hochebene, wo die türkischen Eroberer am Südfusse des Balkans mit Vorliebe ihre Sitze aufschlugen. Bald mieden die gequälten Bulgaren die Städte und auch zu Aidos gewann das türkische Element allmälig die Majorität; dies kam der Stadt übrigens 1793, während der Krdzalienstürme sehr zu Statten. Aidos litt jedenfalls viel weniger als reinbulgarische Orte, von den Plünderungszügen dieser Räuberhorden. Auch während des russisch-türkischen Feldzuges 1829 war Aidos vom Glücke begünstigt. Beunruhigt durch das rasche Vorrücken der Russen gegen den Balkan sandte der Grossvezier 11—12,000 Mann von Sumla nach Aidos. General Diebitsch handelte aber unstreitig, sagt Moltke, mit ebensoviel Kraft als Schnelligkeit und Glück. Was ihm besonders zu Statten kam, war die türkische Ueber-schätzung der russischen Streitmacht. „Man könne eher die Blätter im Walde, als die Köpfe im feindlichen Heere zählen", rapportirte ein recognoscirender Officier dem Osman Pasa. Aidos' örtliche Lage ist, nach Moltke's Ansicht, wenig zur Befestigung geeignet. Oestlich tritt wohl der dominirende Thalrand des Der-men dere dicht an die Stadt und könnte mit in die Fortification gezogen werden, westlich aber, wo die beherrschenden Höhen 1000—1800 Schritte entfernt sind, würde die Befestigung eine allzugrosse Ausdehnung gewinnen. Als General Rüdiger mit dem VII. Corps am 25. Juli sich Aidos näherte, trat ihm die türkische Streitmacht auf den östlichen Höhen entgegen, wo einige Verschanzungen begonnen waren. Das russische Geschütz eröffnete den Angriff, hierauf rückte eine Brigade Ulanen vor und die Türken, deren Flankeure geworfen wurden, zogen sich sogleich in die Stadt zurück. Ohne einen Schuss abzugeben, ging nun das 37. Jägerregiment gegen dieselbe vor. Die Türken ergriffen die Flucht, viele wurden bei der Verfolgung getödtet, 125 gefangen und 3 Geschütze erbeutet, in der Stadt fand man 600 Zelte, 500 Tonnen Pulver, 4000 Militärmäntel, eine Menge Waffen und Geschosse. In dem verlassenen türkischen Lager herrschte furchtbarste Unreinlichkeit und ebenso in der Stadt. Leichname und Cadayer von Menschen, Pferden und Kameelen lagen zu Hunderten in den Strassen und Höfen umher und brachten durch Verpestung der Luft jene bösartigen Fieber, welche von da ab im russischen Heere wütheten. Am 26. Juli bezog Diebitsch sein Hauptquartier in Jussuf Pasa's Serai zu Aidos. „Der Grossvezier", erzählt Moltke, „stand noch unbeweglich in Sumla, er konnte dort aber, ausser den nicht marschfähigen Einwohnern, kaum viel mehr als 15,000 Mann beisammen haben. General Krassowski war ungefähr eben so stark, und wenn er, anstatt wieder nach Jenipazar zurückzugehen, bei Eski-Stambul Posto fasste, so war von Detachirungen in der rechten Flanke der Russen wenig zu fürchten. Alles, was General Diebitsch zur Offensive bestimmen konnte, war bei Aidos versammelt, nämlich 41 Bataillons, 52 Escadrons und eine zahlreiche Artillerie, Uberhaupt ungefähr 25,000 Mann mit 96 Geschützen. Durch die Besitznahme der Hafenplätze hatte das Corps für seine Verpflegung eine neue und sehr gesicherte Basis gewonnen. Aus Adrianopel gingen Nachrichten ein, dass dort nur wenige tausend Mann versammelt seien und dass die christliche Einwohnerschaft die Russen sehnlichst herbeiwünschte. Durch das Gefecht bei Aidos war abermals ein feindliches Corps mit leichter Mühe zersprengt worden, und täglich fanden sich bei den Vorposten geflüchtete türkische Landbewohner ein, welche ihre Waffen ablieferten. Sie erhielten dafür eine weisse Fahne, welche ihre Dorfschaft gegen alle Feindseligkeiten der Russen schützen sollte. Es war in der Proclamation des Generals Diebitsch ausdrücklich gesagt, dass in türkische Häuser keine Einquartierung gelegt werden solle, was bei der Harems - Wirtschaft den Türken durchaus unerträglich sein würde. Der Commandirende verhiess den Frauen Schutz gegen jede Unbill, die Moscheen sollten dem Gottesdienst der Moslem verbleiben, der Name des Grossherrn im Freitagsgebet nach wie vor genannt, und die Türken auch in den von den Russen besetzten Landstrichen nicht als Unterthanen des Kaisers, sondern des Padischah betrachtet werden. Die türkischen Aynes oder Ortsbehörden blieben in ihrer Amtstätigkeit, obwohl den 10* russischen Militärbehörden untergeordnet. Für alle Lieferungen wurde baare Bezahlung versprochen. Durch diese zweckmässigen Administrations-Massregeln verlor der Krieg jenseits des Balkans den schrecklichen Charakter eines Volksund Glaubenskampfes. Dabei schien der Muth der Moslem gänzlich gebrochen, und von der Tapferkeit, von welcher sie bisher noch so manche Probe gegeben, war seit Kulevca keine Spur mehr zu finden. Irgend erhebliche Verstärkungen waren nicht mehr zu erwarten, und wenn man die Offensive gegen Adrianopel mit einem allerdings schwachen Heere überhaupt wollte, so war der Augenblick dazu jetzt gekommen." Man weiss, dass Diebitsch ihn nicht ungenützt vorüberstreichen Hess, am 28. Juli schon auf Adrianopel marschirte, am 19. August, also genau 4 Wochen später, nachdem er den Balkan überschritten, vor diesem Hauptbollwerke des türkischen Rumelien eintraf, und dass es bereits am 20. August durch Capitulation in russische Hände fiel. Obschon Aidos einen Hauptstützpunkt von Marschall Diebitsch' Operationen am südlichen Balkan bildete, fand ich doch nirgends Daten, wie viel Häuser es 1829 besass. Moltke nennt es eine bedeutende offene Stadt mit 25,000 Einwohnern, was 4—5000 Häusern gleich käme. Diese Zahl lässt schliessen, dass auch Aidos, in Folge der Pest und Emigration nach Russland, furchtbar gelitten haben muss; denn General Jochmus will 1847 daselbst nur 200 türkische und 100 bulgarische Häuser getroffen haben. Hochstetter hörte 1870 wohl von 300 türkischen und 150 bulgarischen Häusern; mir wurden aber merkwürdigerweise nur zwei Jahre später, von diesen Angaben weit abliegende Zahlen mitgetheilt und ich finde keinen Grund, im Hinblicke auf die Ausdehnung und den politischadministrativen Rang der Stadt, ihre Wahrheit zu bezweifeln. Im J. 1872 besass Aidos: 1040 türkische, 240 bulgarische, 20 tatarische und 10 spanisch - israelitische Häuser, was einer Zahl von etwa 6—7000 Seelen gleich kommt, ferner 4 Moscheen, 1 Kirche, mehrere türkische Schulen und eine bulgarische mit zwei Lehrern. Ich empfing die vorstehenden Daten, welche sich wohl nach Aidos' Wegnahme durch die Russen im Jänner 1878 und die Emigration vieler Türken und Tataren gegenwärtig etwas verändert haben dürften, vom Kaimakam Haschim Effendi, einem liebenswürdigen Beamten, den ich in seinem am Ostende der Stadt gelegenen, einer ausgiebigen Reparatur dringend bedürftigen Konak besuchte, um über das abscheuliche Betragen meines Pravadier Zaptie Osman in Cengel (S. 139) Klage zu führen und mir einen Geleitsreiter zu erbitten. Der Kaimakam wollte den schlimmen Fall seinem Collegen zu Pravadi zur Ahndung empfehlen und mir einen tüchtigen, ortskundigen Zaptie-Begleiter in den Han senden. Ich weiss nicht, ob er das erste Versprechen gelöst; der Zaptie erschien aber zur bestimmten Stunde und sobald Nachmittags die Hitze sich etwas milderte, setzte ich, da es weder in Aidos' kleiner £arsi, noch sonst dort etwas Interessantes zu sehen gab, meinen Ritt gegen Misivri, trotz 31° C. im Schatten, fort. Südlich von Aidos dehnt sich das stark undulirte, vielkuppige, grösstentheils aus vulkanischem Gestein bestehende Hügelland mit quaternären Abdachungen zum Pontus aus, in dem, wie im westlicheren Berglande bei Karnabad, einst Skyrmiaden und Nipsäer, später aber die Kelten von Tyle gesiedelt haben sollen (Bd. I. S. 254). Zwischen erloschenen Vulkanen mit angelagerten Tuffen nehmen hier zahlreiche, das fruchtbare Anland berieselnde Wasseradern ihren Weg zu den Lagunen von Ahiolu und Burgas. Die gleichartige Bodensenkung setzt sich zwischen dem Balkan und Strandza dagh bis Karnabad, als waldreiches, ungemein fruchtbares Hügelland fort „Der fette Lehmboden," meint Moltke, „die mit Bttffelherden bedeckten Triften und Wiesen, der üppige Holzwuchs, die Menge der Quellen und Bäche, eine grosse Zahl wohlhabender Dörfer und die Nähe der Hafenplätze machen diese Gegend zu einer der blühendsten in der europäischen Türkei. Es würde, beiläufig gesagt, diese Oertlichkeit sich vortrefflich zur Anlegung einer Militär-Colonie eignen, wenn die türkische Regierung Kraft hätte, eine solche Maassregel nach dem Vorbilde der österreichischen Grenze durchzuführen. Die Colonie müsste bei guter Verwaltung schnell gedeihen, und würde, geschützt durch die vorliegenden Gebirge, und auf der wichtigsten und bedrohtesten Richtung gelegen, mehr als irgend eine Festung zur Vertheidigung der Zugänge zur Hauptstadt beitragen." Hätte die Pforte Moltke's Rath verwirklicht, dann wäre im Jahre 1878 den Russen ihr Vordringen gegen Constantinopel schwerlich so leicht geworden. Zu den markirtesten Punkten des trachytisch-doleritischen Hügellandes in Aidos' Umgebung zählt eine dreikuppige Höhe, die, als wir W.O. am Hange des Sersem bair hinzogen, rechts blieb. An ihrem südlichen Fusse liegt Rumköi, in dem der berüchtigte, vielbesungene Haiduken- Vojvode Indze durch einen Knaben seinen Tod fand. 1829 bildete es den Sammelpunkt der russischen Operationskräfte gegen Adrianopel und heute zieht die neuestens vollendete Chaussee nach Burgas durch dieses Dorf. Eine Stunde östlicher entquillt dem Boden eine altberühmte Quelle von 32° R., deren klares, geschmack- und geruchloses Wasser nicht blos zum Baden, sondern auch als Heilgetränk benutzt wird. Schon die Römer kannten sie als „aquae calidae" und die Peutinger'sche Tafel setzt sie ziemlich genau 12 Millien von Anchialos (Ahiolu) an. Unter Justinian wurde der vielbesuchte Badeort mit Mauern befestigt; 583, als der Avarenchan die ge-sammte Umgebung des nahen Anchialos verwüstete, schonte er allein das Bad, wo seine Frauen während der Belagerung sich unterhielten. Des Badestädtchens Pracht und seine unvergleichliche Quelle wurden von byzantinischen Chronisten und auch von Villehardouin, während des kurzen lateinischen Kaiserthums, ge- rühmt. Kaiser Heinrich zerstörte aber im J. 1206 dieses griechische Baden-Baden gleichzeitig mit Anchialos*) und obschon Suleiman I.;, wie Hadzi Chalfa erzählt**), ein grosses Kuppelgebäude über der Quelle erbaute, verfiel auch dieses. Heute besitzt das etwa 2% St. von Aidos entfernte Bad nur ein höchst primitives Häuschen, mit zwei gesonderten Bassins für Frauen und Männer; die Mehrzahl der Gäste campirt während der Cur in elenden Baraken oder sucht im nahen Öiftlik ein Unterkommen zu finden. Unweit von zwei Tumuli und einem im Dermen dere mündenden Wässerchen theilt sich der von Aidos über Sudzuluk nach Pravadi und über Ahliköi nach Misivri führende Strassenzug. Sein zum Meere ziehender Zweig nimmt W.O., wir bogen jedoch NO. von der Hauptstrasse ab und schlugen den Weg zum Hadzi dere ein, weil ich die Höhenverhältnisse des Aidos- und Emine-Balkans genauer studiren wollte. Wir ritten über zerrissenes, stellenweise mit Niederholz bedecktes Terrain und errreichten lange vor dem Abende das kleine Türkendorf Cimali, wo ich in einem ungemein gastlichen Gehöfte übernachtete. Der mos-limsche Hausherr liess es sich nicht nehmen, seine Gäste persönlich zu bedienen, und da er mich, des Harems wegen, nicht im eigentlichen Wohnhause aufnehmen konnte, suchte er das durch einen Zaun geschiedene Gartenhäuschen mittelst Tcppichen und Kissen möglichst comfortabel für die Nacht einzurichten. Dragoman und Zaptie campirten vor meiner Thtire um ein lustiges Feuer und priesen das treffliche Mahl, welches die Frauen herübergesendet hatten. Am nächsten Frühmorgen erleichterte mein biederer Wirth vor dem Abschiede sein Herz. Er klagte, mir so wenig bieten zu können. „Seht Effendi, wir verarmen hier alle; an Steuern müssen wir jetzt gleich viel wie unsere Rajah bezahlen, während diese aber ihre Söhne im Hause behält und mit eigenen Leuten die Felder bestellt, sind meine Bursche weit entfernt von hier, der eine dient als Nizam, der andere steht als Redif im Lager von Sumla und der dritte schwache Knabe hier vermag wenig zu helfen; fremde Arbeiter kann ich aber nicht miethen, dazu fehlt es am Gelde! Ihr entschuldiget also, wenn ich Euch nicht empfing, wie es sich ziemte!" Der Alte eiferte noch viel über die Unzukömmlichkeiten der Aidoser Kreis Verwaltung, über die Frohnen beim Strassenbau nach Burgas, und ich erfuhr hier, wie oft zuvor, dass des Sultans türkische Unterthanen, ungeachtet mancher Bevorzugung, gleich sehr unzufrieden mit dem Pfortenregiment waren wie seine wohl nicht durch die furchtbare Blutsteuer, sondern durch die ungerechte Behandlung vor Gerichten und andere Uebelstände verbitterte Rajah. Wenn mein Hausherr Abdullah aber mit Neid betonte, dass Bulgaren und Rumler (Griechen), weil von der Heerespflicht befreit, nicht an der Vertheidigung des Landes Theil *) Jirecek, Heerstrasse v. Belgrad n. Constantinopel. S. 148. **) Bumeli und Bosna. S. 26. zu nehmen brauchten, so empfand wenigstens der gebildete Rajah durch diesen entehrenden Ausschluss es schwer, dass er trotz aller Hate kein „Vaterland" im occidentalen Sinne besass, und war er auch zufrieden, nicht im türkischen Heere dienen zu müssen, so geschah es nur im Bewusstsein, dass ein christlicher Soldat in des Sultans Armee so lange eine schlechte Rolle spielen müsste und selten oder nie einen höheren Grad erreichen würde, als die Blutfahne des Propheten, ihr Banner und officielle Edicte des Scheik ul Islam jeden Krieg mit christlichen Staaten, als Religionskampf der „Gläubigen" gegen „Ungläubige" stempelten, wie es noch im Jahre 1877 geschah! Sollte man auf den hohen Rang hinweisen, welchen Strecker und Blum Pasa im türkischen Heere einnehmen, so darf nicht vergessen werden, dass sie Ausländer sind, die im Frieden als Instructeure, im Kriege aber nur in solchen Stellungen fungirten, welche sie sehr wenig mit dem activen Heere in Berührung brachten. Die Zeit, wo türkische Nizams einem christlichen eingeborenen Lieutenant oder Hauptmann unbedingten freudigen Gehorsam leisten werden, ist jedenfalls, so weit ich moslimsche Anschauungen kenne, noch ferne. Freilich Slavo-phoben, welche türkische Verhältnisse von Constantinopel oder aus einem Winkel am Pontus beurtheilen, dürften anderer Meinung sein,^und wahrscheinlich auch Mr. Brophy, jener englische Consul a. D., welchen der Wildreichthum der stark bewaldeten Höhen SO. von Öimali, zur Ansiedlung im nahen Kizildzik (türk. Esek Ozurdan, Eselsschwanz), bewog. Sein Sporteifer liess ihm noch Müsse, mit Mr. St. Clair, einem zweiten, im unfernen Dereköi siedelnden Engländer, ein, alles Bulgarenthum verhöhnendes und alles Türkenthum preisendes Buch vor zehn Jahren herauszugeben, auf das zurückzukommen ich noch im folgenden Capitel Veranlassung finden werde. Von dem 306 M. hoch liegenden Cimale ritten wir über Karatepe, durch die schönen Eichenwaldungen der dem Balkan vorlagernden Parallelhöhen, nach Demirköi und nach kurzer Rast weiter hinab zum 4 St. von Aidos entfernten Ahliköi. Obschon dieses hübsche Dorf nur 22 bulgarische, 17 türkische und 20 Zigeunerhäuser zählte, erhielt es, als Knotenpunkt zweier, nördlich über den Balkan zum Kamcik und östlich nach Misivri führender Wege, grössere Bedeutung, welche schon der rege Verkehr in seinem an der Strasse liegenden Dughan, wie die Wirthshäuser mit Verkaufsladen in Ost - Bulgarien genannt werden, bekundete. Ahliköi ist aber auch eine strategisch wichtige Position und General Jochmus glaubt, dass hier oder in unmittelbarer Nähe, zu Beginn des XIV. Jahrhunderts, die Schlacht zwischen den Cataloniern und Massageten geschlagen wurde. 1829 besetzten die Russen das Dorf, und einige im Dughan Einkäufe machende alte Türken wollten sich der „Moskovs" noch erinnern. Wie mögen die Söhne aus hohem Norden gestaunt haben, als sie aus der Dobruca Steppen über den Balkan kommend, das prächtige Thal von Aldi erblickten, und andrerseits dessen heutige Generation, als der traditionell gefürchtete Russe im Jänner 1878 wieder leibhaftig dort erschien! Durch die gemischt bulgarisch-türkischen Orte Tatarköi und Koperan, deren reichen Herdenstand ausgedehnte Grasflächen zwischen Eichenwäldern begünstigen, zogen wir am Hadzi dere zum reinbulgarischen Indzeköi, das an einer stark zerrissenen Terrainwelle vulkanischen Ursprungs lehnt. Das Plateau, welches wir gleich darauf hinabstiegen, trug einen traurigen, steppenartigen Charakter. Wir entfernten uns allmälig von dem etwas nördlicher in einem alten Seebecken versumpfenden Bache und gelangten mittelst einer Curve gegen S. auf eine aus jungem Sandstein sich constituirende Höhe, auf welcher die Fahrstrassen von Aidos und Burgas gabeln. Als wir sie erreicht, trat des Balkans Ende, das „Cap Emine" in Sicht, dicht unter uns aber stieg aus dem Meere Misivri auf und über beiden dehnte sich gegen 0. der in Abendgold getauchte Spiegel des Pontus in unermesslicher Weite aus. Wahrlich, obschon weit weg von den Lieben und der Heimath, hatte ich doch nie einen Geburtstag so voll erhebenden Naturgenusses gefeiert, als an diesem 2. August 1872. Trotz des rasch vorrückenden Abends sass ich da und schwelgte im Anblicke des schwer zu malenden und noch schwerer zu schildernden Bildes, des herrlichen, schon von den Alten vielgepriesenen Golfes von Burgas. Nichts störte mich, keine Seele rührte sich nahe oder auf dem schmalen Damme unten, welcher das Festland mit der im feuchten Element liegenden Felsstadt verbindet. Auch dort schien alles Leben erstorben. Endlich musste ich an den Aufbruch denken; die rothe Blutflagge am Stadtthore fiel vom Mäste und der Zaptie erinnerte, dass sein Oeffnen nach Sonnenuntergang mit aufhaltenden Förmlichkeiten verbunden sei. So zogen wir hinab zum Pontus, dessen Wogen in der Abendstille mit melodischem Rhythmus an den schmalen, weissen Dünensaum schlugen. Unten angelangt, spornte ich mein Pferd einige Schritte vorwärts in die tiefblaue Fluth; das ungewohnte Wogengetöse erschreckte es aber und ich wandte zum Damme nach dem „Kaleh kapussi". Sein schwerer Riegel fiel, die am Thore postirte Zaptiewache schulterte das Gewehr und gleich darauf begriisste uns in Misivri's Centrum der griechische Wirth des trefflichen Jeni Sava han's, als willkommene Gäste! PONTUS - FELSSTADT MESEMBRIA.. 9 91 VI. VON MISIVRI UEBER DEN EMINE-BALKAN ZUM KAMCIK. (XVIII. Balkan-Passage.) Misivri's Schicksale unter Griechen, Byzantinern, Bulgaren und Türken. — Russische Eroberung 1829. — Rückgabe an die Pforte. — Räumung und Einverleibung in Ost-Rumelien 1878. — Tradition von 80 Kirchen. — Seine Monumente. — Griechisches Thor. — Politische Unterhaltung im Konak. — Verfall des Holzhandels am Pontus. — Seine Ursachen. — Staatswälder, Forst-Inspectoren und Forst-Akademie zu Constantinopel. — Bevölkerung. — Fischfang. — Physiognomie der Felsstadt. — Ein schwarzer Geleitereiter. — Am Hadäi dere. — Darius' und Diebitsch's Züge über das Cap Emine, beleuchtet von General Jochmus. — Römische Pontusstrasse und religiöse Stätten am Finis Haemi. — Das Kozjakgrad. — Die Häfen von Burgas, Misivri und Ahiolu. — Wilde Birnbaumwälder. — Fernsicht. — Meine achtzehnte Balkan-Passage. — Geographische Kenntniss des Haemusgebietes in Alterthum und Gegenwart. — Meine Dreitheilung der Kette. — Begründung derselben. — Der Steilhang des Balkans auf Grundlage meiner Aufnahmen. — Neue Benennungen für einige Zweige des Ost-Balkans. — Geologische Verhältnisse. — Die Profile der Kette von S. und N. — Höhe und landschaftliche Physiognomie des Ost-, Central- und West-Balkans. — Aufzählung von 30 Strassenzügen über die Kette. — Ihre Pässe und deren Höhen. — Das ethnographische Moment im Balkan. — Der Bana-Pass. — Ein Griechendorf und seine Bewohner. — Griechisch - bulgarisches Geistesleben unter dem Halbmond. — Erlebnisse zu Aivadzik. — Türkische Klagen über die Blutsteuer. — Ein Englander als Localgott. — Mr. St CJair und Consul Rosen's Ansichten über Türken und Bulgaren. Meine Beleuchtung derselben in der „National-Zeitung". — Die Souffleure des Basibozuk-Häuptlings St. Clair. — Preis eines ausgebotenen Landgutes am Pontus. — Europäische Colonisation. Der Türke vom Pferde auf den Esel. — Strasse zum Kamcik. — Eine administrative Anomalie. — Zu Dervis Jovan. — Kriegerische Vorgänge dort im Juli 1829. — Der erste russische Balkan-Uebergang. — Die Friedensschlüsse von Adrianopel und St. Stefano. — Marschall Diebitsch -„Zabalkanski". Trotz niemals ruhender Fehden während der byzantinisch-bulgarischen Herrschaft am Pontus, wie blühten damals seine Städte, wie! viel gab es dort für Kaufleute, Schiffbauer und Architekten zu thun! Unter fünfhundertjährigem türkischen Regiment aber, wo nahezu kein Feind seine Küste betrat, wie sind am „Kara denis" (Schwarzes Meer) Handel, Schiffahrt und Künste, ja selbst der Fischfang beinahe erloschen. „In Misivri waren (1829) zwei Drittel der Einwohner mit den Russen gezogen und der Rest von der Pest deeimirt. Diese Stadt hat eine malerische und feste Lage auf einem weit ins Meer hineinragenden Felsen, die Ruinen von fünf byzantinischen Kirchen mit zierlichen Kuppeln zeigten, was der Ort einst gewesen, und die Moschee am Eingang der Stadt sprach davon, durch wen sie geworden, was sie ist." Vermag man mit wenigen Worten den grellen Gegensatz zwischen dem einst byzantinischen, vornehm prächtigen und nunmehr türkischen, verödet armseligen Misivri besser zu charak-terisiren, als es Moltke vor vierzig Jahren in seinen „Briefen" that? Es dürfte vielleicht den Leser interessiren, Misivri's Schicksale, bis und nachdem es unter den Halbmond fiel, kennen zu lernen. Sein heutiger Name ist die neugriechisch-türkische Verstümmlung des classischen „Mesembria", welcher von den alten Bulgaren in „Nesebr" umgewandelt wurde. Nach den ältesten Quellen und auch Herodot zufolge, wurde Mesembria vom kleinasiatischen Kal-chedon als Zweigcolonie zur Zeit des Darius'schen Zuges gegen die Skythen angelegt. An einer Stelle erzählt aber Herodot: „Nachdem Darius den Aufstand der asiatischen Griechen gedämpft hatte, erwarteten die Byzantiner nebst den jenseitigen Kalchedoniern die Ankunft der persischen Flotte nicht, sondern wanderten in den Pontus aus und gründeten daselbst die Stadt Mesembria." Schon Mannert*) erklärt diesen Widerspruch so, dass der Ort bereits früher bestanden habe und nur durch die neuen Ankömmlinge vergrössert worden sei. Strabo erwähnt, dass er früher Menebria hiess, nach seinem Gründer Mene, und dass der Ausgang des Namens mit „bria" im Thrakischen „Stadt" bedeute. Mesembria, der einstige Sitz der Kelten von „Tyle" (S. 149), spielte nicht allein im griechisch-pontischen Städtebunde, sondern auch im Mittelalter eine hochwichtige Rolle; ja man darf sagen, in seinen wechselnden Geschicken spiegeln sich jene von Byzanz und auch die Geschichte des bulgarischen Reiches. Schon während des ersten Ringens der aufstrebenden bulgarischen Macht am Pontus, erscheint Mesembria's Name mit blutiger Schrift in den byzantinischen Annalen, und bereits 766 erfolgte, nach Jirecek's Angabe, die sechste griechische Expedition gegen das unruhige slavische Nachbarvolk. Eine grosse Flotte wurde gegen dasselbe ausgesandt; allein bei Mesembria zerstörte sie der stürmende Pontus und nach der verlorenen Schlacht bei Preslav, in welcher Kaiser Nikephorus Phokas den Tod und sein glänzendes Heer den Untergang fanden (S. 71), brach der Bulgarenherrscher Krum in Thrakien und Makedonien ein und nahm 812 Mesembria mit Hilfe eines getauften Arabers, eines aus griechischen Diensten entflohenen Baumeisters von Belagerungsmaschinen. Im Beginne der Regierung des unmündigen Konstantin VII. Porphyrogennetos, war des Bulgarencaren Simeon *) Geogr. d. Griechen und Römer. VII. 135. eifrigstes Streben auf die Eroberung des weltbeberrschenden Constantinopel's gerichtet; fünfmal belagerte er es, zuletzt im August 912. Den vereinbarten Waffenstillstand benutzten des Kaisers Vormünder zur Werbung Verbündeter unter Arabern, Petschenegen, Magyaren und Serben. Gefolgt von einer Flotte zogen die byzantinischen Heere, entlang der Pontuskünste, zur bulgarischen Grenze, und nahe bei Mesembria kam es am 20. Aug. 917 zur Entscheidungsschlacht; sie ging in ein wahres Gemetzel über und endete mit der Vernichtung der Byzantiner. Ausser Constantinopel und einigen Küstenstrichen fiel beinahe alles thrakische Gebiet in Car Simeon's Gewalt. Dies geschah während des Bulgarenreiches kurz dauernder Glanzepoche. Hundert Jahre später hatte es von Griechen, Petschenegen und Kumanen zu leiden. Glückliche Thaten einzelner Führer, wie des bogumilschen Slaven Dobromir zu Mesembria (1078), änderten wenig an der Zerrüttung seiner staatlichen Verhältnisse, welche sich erst unter der Aseniden-Dynastie wieder festigten. Die Kriege mit Byzanz nahmen auch da kein Ende. Während des kurzen lateinischen Kaiserthums überfielen die Venetianer (1256) das wieder bulgarisch gewordene Mesembria und erbeuteten dort das Haupt des h. Theodoros, welcher ihr Schutzpatron vor dem h. Marcus war. Im J. 1265 soll Mytzes, ein Schwiegersohn Asen's IL, nach unglücklichen Kämpfen, Mesembria den Griechen ausgeliefert haben, wofür er Güter am Skamander erhielt. Als jedoch Andronikos durch die Türken in Kleinasien arg bedrängt wurde, bemächtigte sich der Bulgarencar Theodor Svetslav (1295—1322) aller südbalkanischen Städte von der Tundza bis zum Meere und auch Mesembria's. Schon 1331 fiel es, unter der schwachen serbo-bulgarischen Carin Anna, mit dem ganzen südwestlichen Gebiete dem Kaiser Andronikos wieder in die Hände. Als von da ab namentlich religiöse Wirren das in harten inneren Kämpfen liegende Bulgarenland noch mehr zerrütteten, wurde das St. Antonios-Coenobium zu Mesembria der Mittelpunkt, von dem aus der zu Tirnovo geborene Mönch Teodozije den sich rasch ausbreitenden Irrlehren entgegen zu wirken suchte (S. 4). Schon rückte der Türkensturm näher und doch entbrannte um Mesembria's Gebiet der Kampf zwischen Griechen und Bulgaren. Anchialos war gefallen, Mesembria hielt sich aber, trotz des mangelnden Trinkwassers, tapfer gegen den Paläologen Joannes V., und nachdem Car Alexander die Kriegskosten bezahlt, hob der Kaiser 1364 die Belagerung auf. Die unrühmliche That des letzten Cars von Tirnovo, Joannes Sisman, welcher den byzantinischen Kaiser Joannes Paläo-logos listig gefangen nahm, als er mit ihm ein gemeinsames Handeln gegen die Osmanen berieth, führte des Kaisers Vetter, den ritterlichen Grafen Amadeo VI. von Savoyen, als Rächer an die bulgarische Küste (1366). Eine starke genuesisch-venezianische Flotte landete das glänzende Heer italienischer und französi- scher Ritter: Sozopolis, Skafida, Anchialos fielen, auch Mesembria wurde nach verzweifelter Gegenwehr erstürmt und dessen Besatzung niedergemetzelt. Erst nachdem der Bulgarencar auf vielseitige Vermittlung seinen kaiserlichen Gefangenen frei gelassen, segelte Amadeo im nächsten Jahre nach der Heimath zurück. Noch vor dem Ende des XIV. Jahrhunderts war Bulgarien aus der Reihe der europäischen Staaten verschwunden. Die letzten Prinzen aus fürstlichem Geblüte suchten in der Fremde ein Exil, denn das türkische Regiment herrschte bereits von der Donau bis zum Pontus und 1403 konnte Bajazid's ältester Sohn Sulei-man in seinem Bündnisse mit Kaiser Manuel die Küste an der Propontis, von Panion bis Mesembria, an Byzanz abtreten. Unter dem kriegerischen Murad II. war das letztere auf das 1422 schwer bedrängte Constantinopel, den Peloponne-sos, Anchialos und Mesembria beschränkt und schon drei Monate vor dem Falle der Hauptstadt (29. Mai 1453) wehte das Türkenbanner auf Mesembria's stolzen Mauern, von welchen es nur kurze Zeit, während der russischen Occupation 1829, dem Kreuze weichen musste. Am 18. Juli 1829 sahen wir die Russen von Köpriköi am Kamcik gegen den Emine-Balkan vorrücken (S. 136). Am 22. Juli brach auch das Hauptquartier von Erkec auf und General Siroff trieb die hier aufgestellte türkische Abtheilung ebenso leicht vor sich her, als General Roth jene andere des Corps-Befehlshabers Abdur Rachman Pasa, welcher die Kamcik- und Pontuslinie vertheidigen sollte. Roth schlug ihn und die flüchtenden Türken suchten Misivri zu gewinnen; doch nahmen die nachdrängenden Russen sofort die vor seiner schmalen Landzunge gelegene Redoute. „Ein allgemeiner Jubel brach aus," erzählt Moltke, „als die Russen vom Gebirge herabsteigend, auf dem weiten glänzenden Becken des Meerbusens von Burgas die Wimpel ihrer Flotte flattern sahen." Die Türken waren aber nun in dem wasserlosen Misivri vollkommen eingeschlossen. Seine beiden Brunnen lagen 10 Minuten von der Stadt entfernt, unter den Kanonen des belagernden Feindes; trotz alledem wäre eine längere Vertheidigung der Feste möglich gewesen; von der Redoute und der See aus konnte man sie wohl be-schiessen, allein das Resultat eines letzten Sturmes blieb noch immer fraglich, da der nahezu tausend Schritt lange, schmale und schwer zugängliche Felsdamm, auf dem allein man in die Stadt gelangen konnte, überdies durch einen starken Rundthurm vertheidigt wurde. Die Türken handelten aber unter dem Eindrucke der ersten Ueberraschung und leiteten sofort Schritte zur Capitulation gegen freien Abzug ein. Die Russen verweigerten ihn; da geschah das Unerwartete. Osman Pasa ergab sich ohne einen Schuss zu thun mit 2000 Soldaten, 12 Kanonen, 10 Fahnen und einer auf der Werfte vollendet stehenden Corvette von 22 Geschützen. Der Adrianopler Friede brachte Misivri wieder unter des Sultans Hoheit und von hohem Mäste grtisste die Halbmondsflagge den Ankömmling am einzigen Stadtthore. Halb zerstört steht neben demselben sein gleichfalls in Trümmer geborstener, einst starker Wehrthurm, von dem Moltke erwähnt, er sei gleich dem Thore und einer schönen byzantinischen Kirche vom Kaiser Theophilos (829— 842) erbaut worden. Die lange alte Mauerlinie, welche die durchschnittlich 30 M. über dem Meere liegende Felsstadt tausend Jahre gegen die tosende Seebrandung und äussere Feinde schirmte, liegt grossentheils, gleich der prächtigen Quaderbrüstung des Dammes, im Wasser. Nur einzelne, über dem Seespiegel emporragende colossale Stücke erzählen von der traurigen Katastrophe, welche die alt-kalchedonische Pontusstadt 1829 ereilte. Es scheint, dass die Russen damals Misivri's sämmtliche Vertheidigungswerke vor ihrem Abzüge gesprengt haben. Der Tradition nach war übrigens sein Umfang einst bedeutend grösser und hätte ein furchtbares Erdbeben die halbe Stadt zerstört Ist dem wirklich so, dann war es jedenfalls ihr östlicher Theil, welchen der Pontus verschlang; denn am westlichen Stadtzugange ist noch ejn Stück ihres zweifellos alten Mauerpanzers von Steinquadern erhalten. Im letzten Kriege blieb Misivri eine neue Probe seiner Wehrfähigkeit erspart. Von den Türken freiwillig vor dem im Jänner 1878 von Aidos heranziehenden Russen geräumt, wurde es später dem im Berliner Frieden neugeschaffenen Ost-Rumelien einverleibt Auf Misivri's einstige grössere Ausdehnung deutet auch eine vielverbreitete Tradition, nach der in alter Zeit achtzig Kirchen es schmückten. Ist sie begründet, dann müsste die Stadt mindestens zweimal so gross, als gegenwärtig gewesen sein; ich denke jedoch, dass sich unter den „achtzig Kirchen" sehr viele Capellen befanden. Es war nämlich ein eigenthümlicher byzantinischer Brauch, dass zum vollen Glänze eines vornehmen Hauses stets ein Kirchlein gehörte; eine Sitte, welche von griechischen Emigranten aus dem Fanar nach der Walachei verpflanzt wurde, und der auch Bukarest seine zahllosen Hauscapellen dankt; nahezu jedes Bojarenpalais dort besitzt eine solche. Die Gottheit sich durch Tempelbauten geneigt zu machen, ist jedenfalls ein Erbtheil aus hellenisch-clas-sischer Zeit; um sein Gelübde für einen erstrebten oder erreichten Erfolg zu vollziehen, hält sich der Neugrieche verpflichtet, der Panagia oder dem bezüglichen Heiligen zu Ehren, eine Kirche oder Capelle aufzuführen. Diese durch religiöse Momente beeinflusste Bauthätigkeit ruht selbst heute in dem an Kirchen überreichen herabgekommenen Misivri nicht Obschon ich dort mindestens ein volles Dutzend Ruinen zählte, welche gleich den wieder aufgebauten, leicht restaurirt werden könnten, scheint das Verdienst einfacher Herstellung manchem Frommen nicht schwer genug zu wiegen; ich lernte zu Misivri einen wohlhabenden Mann kennen, der einen Neubau der h. Jungfrau zu Ehren aufführte, welcher im Fundament vollendet war und für dessen Oberbau er noch Material aller Art, darunter sehr viele antike Säulen, Capitäle, Grab- uud Werksteine anhäufte. Ein kritischer Gang durch Misivri's zahllose, halb in Ruinen liegende Monumente ist im hohen Grade kunstgeschichtlich lohnend. Ich habe im III. Bande der I. Auflage, in dem der bulgarischen Architektur gewidmeten Capitel einige näher geschildert, welche auch dann imposant erscheinen würden, falls sie der wirkungslosen Folie türkischer Schmutznester entbehrten,wel-che sich an dieselben gleich den erbärmlichen Fellahhütten an die stolzen Pharaonentempel nisteten. Einzelne dieser byzantinischen Bauten besitzen auch historischen Reiz, beispielsweise die verfallene Kathedrale mit dem Grabe der Fürstin Mathilde Kantaku-zeno-Palaeologos (geb. 1335 f 1390), welche der kaiserlich russische General Johann von Blaramberg im December 1829 zeichnete. In byzantinischer Epoche war gewiss auch Misivri's einziges Stadtthor monumentaler gestaltet, nun wird es durch das elende Pfahlthor „Kaleh kapussi" ersetzt. Auf dem vorspringenden seitlichen Cavalier von vorzüglich erhaltenem griechischen Quader-Mauerwerk horstet ein barakenartiges hölzernes Stockwerk, in dessen über die Mauer vorspringendem Theile der Kaimakam des Kreises von Misivri resi-dirte. Es ist jedenfalls ein luftiger Amtssitz, welcher sich weit besser zu einem Maleratelier eignete; wie Hessen sich da flüchtiges Wolken- und Wogenspiel, wie prächtig die stetig wechselnden Lichteffecte auf der unendlichen Pontusfläche geniessen, beobachten und festhalten! Im Augenblicke als ich den Konak betrat, war das ihn netzende Meer ruhig; in seiner romantischen Amtsstube gingen aber die Wogen ungewöhnlich hoeh. Volle acht Tage später erst war durch ein Constantinopler Telegramm die frohe Kunde von Midhat's vollzogener Ernennung zum Grossvezier der vergessenen Kreisstadt verkündet worden; eine Neuigkeit, die ich bereits vor einigen Tagen in Varna gehört und von dort nach Pravadi gebracht hatte. Allerdings kümmert sich der türkische Provinzbeamte wenig um Politik, und Journale existiren nur in den Gouvernementsstädten. Für ganz Donau-Bulgarien, Sofia mit eingeschlossen, erschien beispielsweise nur am Vilajetssitze Ruscuk ein dürftiges Amtsblatt, und so konnte sich im zuletzt vielgenannten Griechenstädtchen Stanimak der ergötzliehe Fall ereignen, dass ein Lehrer gelegentlich der feierlichen Bahneröffnung den bereits durch zwei Monate das Veziersiegel führenden Mehemed Ruschdi Pasa mit einem von Lob überfliessenden Hymnus auf dessen Vorgänger Essad Pasa zu allgemeiner Heiterkeit begrüsste. Das interessante Telegramm hatte sämmtliche Würdenträger des Konaks beim Kaimakam Eumer Messud vereinigt. Ich traf da, als selbstbewussten Senior, den Mautner Hassan Djazedzi, den griechischen Telegraphisten, femer Karnik und Dihran Effendi, zwei junge Armenier des Stambuler Forst-Departements. So verschiedener Nationalität, zeigten sich doch alle gleich erfreut über Mahmud Pasa's Sturz; hatte ja der unbeliebte Exvezier alle Beamtengehalte bedeutend re-ducirt (S. 7), und überdies den volkswirthschaftlich hochwitzigen Einfall gehabt, zu weiterer Ersparung, den Soldmonat, aller Kalenderrechnung entgegen, auf vierzig Tage auszudehnen! Wie man in Mahmud's Verurtheilung einig war, zollte man Midhat einstimmiges Lob. Nur der greise Hassan Djazedzi schüttelte den Kopf, dass sein riesiger Turban beinahe das Gleichgewicht verlor, und murmelte etwas in seinen Weissbart wie „Djaur Pasa", ein Epitheton, das Midhat noch heute von sämmtlichen Alttürken freigebig ertheilt wird. Allmälig fiel das Gespräch von hochgehender politischer Färbung auf das gewöhnliche Alltagsniveau herab, in dem sich die durchschnittliche Majorität nach altem Erfahrungssatze stets wohler fühlt, und nahm bald eine realere Wendung. Hassan, der Midhat wenig geneigte pessimistische Mautner, meinte: „Der Sultan mache wen immer zum Vezier, besser wird es doch kaum werden. Geht man durch unsere Öarsi von Misivri's einem Ende bis zum andern, findet man Alles beim hellen Tage schlafend; ich weiss wirklich nicht, weshalb meine Leute eigentlich am Kaleh kapussi sitzen, weder Schiffe noch Wagen kommen zur Stadt; da war's in meinen jungen Tagen besser, und dies rührt Alles davon her, weil wir fränkische Einrichtungen nachahmen, obschon sie gar nicht für uns passen. Lebe doch jeder, wie seine Eltern lebten!" — Der ä la franca sich geberdende Kaimakam suchte den Alten zu corrigiren; doch auch der griechische Telegraphist klagte über die Trostlosigkeit der täglich sich verschlechternden Verhältnisse: „wenn es hoch geht, langen in zwei Tagen drei Depeschen an, ich langweile mich schrecklich und habe bereits alle in der Stadt vorhandenen Bücher gelesen." — „Der Nachtdienst strengt Sie also wenig an", scherzte ich. — „Was fällt Euch ein EfTendi, wer auf Gottes Erde hätte nach Sonnenuntergang etwas nach Misivri zu telegraphiren!" — Herr Glant, der intelligente Besitzer des zwischen zwei Kirchen gelegenen schönsten Hauses der Stadt, der mittlerweile eingetreten war, erzählte, weshalb Misivri's früher bedeutender Holzhandel so tief gesunken sei. Da seine Erklärung so ziemlich mit der vom General Jochmus gegebenen übereinstimmte, will ich die letztere hier mittheilen. Unter den verschiedenen Ursachen, welche den Verfall der früher mächtigen Balkanwälder herbeiführten, sind zunächst zu nennen: „die allgemeine Vernachlässigung der Wälder und der vollständige Mangel jeder Art technischer Beaufsichtigung und Fürsorge seitens der Regierung; ferner die Gewohnheit der Landleute, das schöne dicke Eichenholz nicht allein zu Särgen, sondern auch statt Steinmaterial, zu Grabdenkmalen zu verwenden; vor allem aber das schädliche, von den Behörden in Constantinopel angenommene System der Beschaffung der für das Arsenal und andere öffentliche Anstalten erforderlichen Holzvorräthe. Wir begegneten in der That „en route" mehreren Zügen Ochsen wagen, welche Eichenhölzer und Stämme von vorzüglicher Qualität transportirten. Dies Material sollte an die Regierungs-Agenten in Misivri und Ahiolu abgeliefert werden. Auf meine Nachfragen erfuhr ich, dass die Bauern weder für das Fällen der Stämme noch für deren Transport zur Seeküste hinab Bezahlung erhalten. Die Führer der Caravanen erklärten, sie wüssten recht wohl, dass der Sultan für das Holz zahle, dass jedoch ein Theil des Geldes im Kasneh (Finanz-Ministerium) bleibe, ein weiterer Theil vom Pasa der Provinz und der Rest von dem Mutessarif oder Districts-Gouverneur zurückbehalten werde. Dieses organisirte Raubsystem hat zur Folge, dass der beste Eichenwald in der Nähe der Ortschaften niedergeschlagen und von den Bauern für ihren Hausbedarf vergeudet wird. Jede Gemeinde trachtet auf diese Weise ihren Nachbarn die lästige Verpflichtung des zwangsweisen und unentgeltlichen Fällens und Transportes des Holzes (angaria) zuzuschieben." Herrn Glant's interessanten Ausführungen folgte das ziemlich offenherzige Be-kenntniss des eben auf einer Amtsreise begriffenen Armeniers Karnik Effendi, „Inspecteur des forets de la province d'Islimneh", zu dessen Sprengel auch Misivri's Waldungen am Emine-Balkan gehörten. Die erst kurz bestehende Direction der türkischen Staatsforste zu Constantinopel wurde nach französischem Vorbilde or-ganisirt und anfänglich ein Franzose zu ihrer Leitung berufen. Die neue staatliche Einrichtung gab den erwünschten Anlass mehrere Inspectoren mit 20—30,000 Piastern Gehalt anzustellen und diesen Protectionskindern überdies 120 Reisetage mit hohen Reisediäten zu gewähren. Die europäischen Journale konnten, worauf es von Beginn abgesehen, wieder einen neuen Fortschritt der Pforte auf nationalökonomischem Gebiete der staunenden Welt verkünden; man sah ja die „Inspecteurs" leibhaftig zu Stambul in glänzenden Uniformen — nur leider eines, aber das Wichtigste fehlte grossentheils, der Staatswald, über welchen sie ihre Autorität üben, und wo er vorhanden, die eigentlichen Organe, die Wächter, welche ihn schützen sollten. Alle Forste in der Türkei waren nämlich Eigenthum der Gemeinden, der Vakufs (Religionsguter) oder Tschiftlikbesitzer (Gutsherren), welche sämmtlich wenig geneigt sich zeigten, ihren früher unbestrittenen Besitz, auch nur theilweise, dem auf die Ausscheidung grosser Staatsforst-Complexe gerichteten Streben der „Inspecteurs des forets" gutwillig zu opfern. Die an stummes Gehorchen gewöhnten bulgarisch-griechischen Rajahgemeinden fügten sich wohl, nicht aber die türkischen und der moslimsche Grundadel Bosniens. In Albanien trat man der verhassten Einrichtung mit so offener Feindschaft entgegen, dass die dorthin abgesendeten Inspectoren sich kaum als solche vorzustellen wagten. Mr. Karnik Effendi, welcher für Albanien ernannt worden war, erhielt, wie er mir erzählte, vom Mutessarif-Pasa selbst den freundschaftlichen Rath, seine goldgestickte Uniform auszuziehen und unter dem Titel eines reisenden Holzhändlers des Arnaut-luk's Wälder sich anzusehen, um wenigstens über deren beiläufige Ausdehnung und Zustand nach Constantinopel berichten zu können. Diese Vorsicht war auch sehr gerathen; denn hätten die keinen Spass verstehenden Bewohner am Drin und Devol die Zwecke der Forst - Enquete errathen, so wären die dem abgesandten Forstinspector ertheilten Auskünfte wahrscheinlich in einer Form erfolgt, welche ihm wohl das Berichten für alle Zeit unmöglich gemacht hätte. Um den voraussichtlichen bösen Händeln zu entgehen, verweigerte die Pforte auch einem Contracte ihre Sanction, welchen der speculative Armenier Karnik mit österreichischen Holzhändlern zur Ausbeutung der Wälder bei Skutari nahezu schon rechtskräftig abgeschlossen hatte. Die ganze Forst-Organisation blieb ein Kopf, dem der Leib fehlte. Die unter den „Inspecteurs des forets" arbeitenden Organe sollte die mit vielem Lärm zu Stambul gegründete Forst-Akademie liefern; sie entsprach jedoch nur im bescheidensten Maasse den an ihre Errichtung geknüpften Hoffnungen. Wie am „College imperial de Galata" entwickelte sich unter ihren Zöglingen eine höchst unzufriedene Stimmung, da nach üblichem Brauche die aus Frankreich berufenen Professoren bald entfernt und durch heimische Türken oder Griechen ersetzt wurden, welche selbst noch vor Kurzem, mit sehr fraglichem Nutzen, auf der Schulbank gesessen hatten; die Staats - Stipendiaten erhielten überdies schmale Canitz, Donau-Bulgarien und Ucr Balkan. III. »J und schlechte Verköstigung und viele Eltern zogen ihre jungen Leute zurück, um sie vor der Ansteckung mit revolutionärem Geiste zu bewahren, den die schlechte Oberleitung bekanntlich in sämmtlichen türkischen Staatsschulen wuchern lässt. Moslimschc Schüler gab es gleich von Beginn an nur wenige, da der Türke einen Dienst scheut, welcher stetige Bewegung erfordert; hingegen drängten sich viele Armenier anfänglich heran, um später die gut dotirten höheren Posten zu erhaschen. Das Inslebentreten der geplanten Forstorganisation, welche nicht so sehr dem Walde, als dem Staats- und Privatsäckel des Sultans aufhelfen sollte, scheiterte also auch dort, wo sich die Rajah - Gemeinden willfährig zeigten, an dem absoluten Mangel eines geschulten Forstschutz-Apparates; es blieb bei der Absendung einiger kostspieliger „Inspecteurs" in die verschiedenen Provinzen. Der Wald war aber vor wie nach allerorts jener schrecklichen Verwüstung preisgegeben, von der ich an vielen Stellen dieses Werkes erzählte und welche leider auch Misivri's ehemals blühenden Holzhandel nahezu vernichtete. Nach beim Kaimakam empfangenen Daten besass Misivri im Sommer 1872 genau: 35 türkische, neben 240 griechischen Häusern, und da in letzteren ausser dem Besitzer durchschnittlich zwei bis drei verheirathete Söhne wohnen, beiläufig 2500 Seelen. Die langgestreckte Hauptstrasse war trotzdem verödet, die Leute schienen selbst am Abend sich in den Mauern zu vergraben, und ebenso wenig störte ein Schifflein oder eine sonstige äussere Bewegung das Stillleben seiner Meeresfauna. Wahrscheinlich hielt der fanatisch die Ruhe liebende Misivrier auch das Fischen für anstrengend und wenig lohnend; mindestens wollte das leckere Fischessen, welches der Handzi uns in Aussicht gestellt, sich nicht verwirklichen. Trotz dieser materiellen Enttäuschung glänzt der zu Misivri verlebte Tag mit un-löschbarem Zauber in meiner Reise am Pontus. Diesem wird viel Schlimmes nachgesagt; mir zeigte sich aber der „Schreckliche" immer friedlich, wie der grüne Spiegel unserer steierischen Alpenseen und selbstverständlich suchte ich an dem überheissen Augusttage Erquickung in seinen klaren Flutben. Wie die kleine Halbinselstadt, vom Meere gesehen, farbenprächtig da lag im Sonnenlichte; Damm, Kalkfelsen, Mauern, Kirchen und Häuser eine compacte, grell weisse, dem grünen Elemente entsteigende Masse, Uber die das einzige Moscheeminaret leuchtend in den tiefblauen Aether schnitt! In unabsehbarer Ferne flössen aber seine lichteren Tinten mit den gleichfalls sanft verklingenden der rauchblauen, duftgebadeten Küstenlinien des Burgaser Golfes zusammen; westlich schlugen leicht gekräuselte Wellenbänder an des Indze bair's junge Sedimentärgebilde, auf ihre vorlagernden, blendend weissen Dünen ein Kaleidoskop mannigfaltigster Muschelarten werfend, und nördlich fiel des Balkans Ostende, das „Cap Emine", mit scharfgeböschtem Profil in der unermessbaren Wassermasse dunkle Fluth! Am 4. Augustmorgen trat ich meine achtzehnte und letzte Passage des Bai- kans an. Der Kaimakam hatte mir seinen einzigen etwas bulgarisch sprechenden Zaptie als Geleitsreiter mitgegeben, einen äusserst gutmüthigen, aber hässlichen Burschen mit ebenholzschwarzem Gesicht, dessen weisser türkischer Vater eine schwarze Sklavin geheirathet hatte und früher ein Tschiftlik beim benachbarten Griechendorfe Ravda besass; letzteres war, ich weiss nicht aus welchen Gründen, seinem weissen Bruder zugefallen, meinem Begleiter blieb also, wie er mir erzählte, nichts übrig, als Gensdarm zu werden. Ich fand volle Ursache mich seiner Berufswahl zu freuen; denn er zeigte sich mit allen Bergen, Wassern und Wegeu vertraut. So zogen wir, geführt von dem dunklen Wächter des Gesetzes zwischen riesigen weissen Stranddünen, durch welche der Hadzi dere sich zum Pontus durchzukämpfen sucht, dieselbe Strasse nordwärts, auf welcher Darius vor nahezu 2400 Jahren gegen die Skythen an die Donau rückte. Nach General Jochmus' Forschungen verfolgte der grosse Perserkönig von Byzanz aus die Route über das heutige Kirk Kilisse, Misivri u. s. w. Gewiss dürfte es den Leser interessireu, zu erfahren, wie der treffliche Alterthumsforscher und Militär, welcher das fragliche Terrain persönlich studirte, seine Ansicht über den berühmten Dariuszug motivirt. General Jochmus schreibt auf S. 12 der „Notes": „Bei seiner Ankunft am Artiscus, der durch das Land der Odryser fliesst, soll Darius an einem gewissen Punkte Halt gemacht und befohlen haben, dass jeder Soldat beim Vorbeimarsch einen Stein hier niederlegen solle. Dies wurde gethan und nachdem Darius auf diese Weise einen riesigen Steinpfeiler aufgerichtet hatte, setzte er seinen Marsch fort (Melp. 1. iv. § xcii). Dieser Pfeiler aus lockeren Steinen ist zwar bei Dolet nicht vorhanden; auf den Höhen am östlichen Flussufer, gegenüber dem Dorfe, sieht man jedoch noch heutzutage sechs Tepe oder Tumuli. Es ist wahrscheinlich, dass dieser Punkt, welcher die bedeutendste Erhöhung in der Umgegend bildet, von Darius deshalb zu seinem Hauptquartier und zur Errichtung des Pfeilerdenkmals gewählt wurde. Das gewundene Bachbett und die anstossenden Niederungen sind mit zahllosen lockeren, grösseren Steinen bedeckt, was wahrscheinlich Darius bestimmte, seinen Soldaten den erwähnten Befehl zu ertheilen. Der zwiefache Umstand, dass lose Steine sich im Bette und in der Nähe des einzigen, mit Recht den Namen eines Flusses verdienenden Wasserlaufes an der Marschlinie vorfanden, welche Darius von Bunarhisar zum Balkan verfolgte, bezeichnet diesen Punkt als die von Herodot erwähnte Station auf dein weiteren Vormarsche des Königs zur Donau, dem die Besieguug der Geten und die Unterwerfung der Bevölkerung, sowie der Städte am Schwarzen Meere, von Midia oder Salmydessus bis Mesembria (Misivri), vorausging. Bis hierher lässt sich die Marschrichtung des Darius mit Klarheit verfolgen. Nach Ueberschreitung des Bosporus auf einer Schiffbrücke (Gibbon und Herodot, Melp. iv. § Ixxxviii.) lagerte er nach Ii» und nach an den Quellen des Tearus (Bunarhisar) und an den Ufern des Teke oder Artiscus (bei Doletagac), dann schlug er die Richtung nach Burgas und Ahiolu ein, nahm die Unterwerfung dieser Städte entgegen und überschritt hierauf den Balkan auf den Pässen, welche mit der Meeresküste von Misivri bis Jovan Dervis parallel laufen. Er benutzte auf diese Weise in der Richtung von S. nach N. dieselben Strassen, welche im J. 1829 die Generale Roth und Rüdiger, gleich Marschall Diebitsch selbst von N. nach S. einschlugen.. Auch überschritten die Russen 1828, wie Darius etwa 2300 Jahre früher, die Donau dort, wo sie in Arme sich zu spalten beginnt, nämlich beim heutigen Izakca," Nicht nur Perser und Russen aber suchten den Uber das Balkancap Emine laufenden bequemen Heerweg entlang der Meeresküste auf; auch die römische Pontusstrasse nahm die gleiche Richtung, um Noviodunum am Donauisthmus zu gewinnen. Zu jener Epoche war Anchialos der bedeutendste Platz am westlichen Pontussaume. Nach Jirecek gingen von dort aus fünf wichtige Heerstrassen nach Byzanz, Diospolis (Jamboli), Kabyle an der Tundza, Marcianopolis (über Aidos) und nach Odessus (Varna). Letztere „Küstenstrasse" lief vom heutigen Ahiolu über Misivri aufwärts zum Cap Emine, welches die Römer „Finis Haemi" nannten, und das die „Mansio Templum Jovis" krönte. Diese stand höchst wahrscheinlich nahe dem heutigen griechischen Monastirköi, beim Kloster Sv. Nikola, auf einer seit Alters her von religiösen Schwärmern viel aufgesuchten Stätte, wo auch Car Alexander's Liebling, der streng orthodoxe Mönch Theodozije sich niederliess, und die Ruinen des b. Andreas-, Elias- und Georgklosters noch zu sehen sind. Von diesem, Lateinern und Griechen gleich geheiligten Punkte zog man durch dichte Wälder, hoch über der See aufwärts zur Station Erite und weiter, durch eine Sumpfwildniss mit uralten, von Epheu durchwachsenen Eichenhainen zum Pannysos (Kamcik), welchen man nahe bei seiner Mündung kreuzte, um dann über die linksuferigen Höhen und den Lyginos (Pravadi) nach Odessus (Varna) hinabzusteigen. Im X. Jahrhundert belebte der Hauptverkehr zwischen Russland und Byzanz diese Küstenstrasse und noch unter dem Despoten Do-brotiö (1357) schützten ihn auf dem „Cavo deli' Emano", das Schloss Emmona, beim gegenwärtigen Griechendorfe Emine, und das Kozjakgrad (Ziegenschloss), welches wahrscheinlich beim heutigen Türkendorfe Gözekedere stand. Auch bis zur neuesten Zeit behielt die „Küstenstrasse" hohen strategischen Werth; für den Handel wurde sie aber nahezu bedeutungslos, seit die österreichischen Lloyd-Dampfer und später auch jene anderer Gesellschaften die wichtigsten Stapelplätze am Schwarzen Meere mit einander verbinden. Seitdem lief auch das an der tiefsten Stelle seines Golfes günstig gelegene Burgas den älteren Rivalinnen Ahiolu (Anchialos) und Misivri (Mesembria) den Rang ab. Als Haupthafen von Ost-Rumelien suchten die Russen ihn durch unausgesetzte Ar- beiten im Sommer 1878 auch für tiefgehende Schiffe zugänglich zu machen. Jedenfalls eröffnet sich Burgas die begründetste Aussicht auf eine glänzende Zukunft, sobald sein projectirter Schienenweg nach Jamboli vollendet sein wird. Im Vergleiche zum frisch pulsirenden Leben auf Burgas' Verbindungswegen mit dem Innern, liegt nahezu vollständige unheimliche Verödung auf der Uber Cap Emine ziehenden alten Küstenstrasse. Sie quert den Hadzi dere bei Misivri's Strandhalden, hinter deren weissen Wällen ein trostlos wüster Plan sich ausdehnt, sodann folgen ebene, fette oder sumpfige Triften und erst nahe bei der kleinen griechischen Niederlassung Ajan skela erhebt sich das Terrain zu sanften Höhen, mit prächtigen Obst- und Weingärten zwischen schönen Laubwäldern. Wie die alten Dardaner scheint auch der Misivricr grosse Vorliebe für die Birne zu hegen; doch geschieht wenig für ihre Veredlung. In naturwüchsigen, malerischen, von feuchter Seeluft durchwehten Hainen gedeiht diese Frucht hier in üppiger Fülle. Wir lagerten am schattigen Rande eines solchen und genossen den herrlichen Ausblick auf die einem winzigen Steinkern gleichende byzantinische Felsstadt mit von Weinreben, Myrte und Epheu umsponnenen Bauten, welche meist der Bilderdienstherstellerin Theodora eifriger Sohn, zur grösseren Ehre der orthodoxen Heiligen errichtete. Ueber dem weissen Punkte mit vergänglichem Menschenwerk dehnte sich des Pontus blaue ewige Fläche in majestätischer Ausdehnung und am fernen Horizonte verrieth ein nur dem Fernrohr erreichbares Rauchwölkchen den Varna zueilenden Burgasdampfer! Kurze Zeit blieb uns die entzückende Fernsicht auf das Meer, dann verlor sich der Weg im dichten neidischen Laubwalde; nur vereinzelte Lichtungen gestatteten noch flüchtige Vogelschaublicke auf das farbenprächtige, in duftiger Ferne verklingende Bild. Wir stiegen nun gegen NO. stetig aufwärts, über des Balkans hügliges Vorland, zu seinen höheren Partien, bis wir gegen 9 Uhr die Einsattlung des Hauptzuges erreichten. Ich maass ihre Seehöhe mit 437 M. und Überschritt nun am 4. August 1872, auf dem Bana-Passe zum achtzehnten und letzten Male, nahe dem östlichsten „Eniine-Pass" die Balkankette, welche ich zuerst im Herbste 1864 auf ihrem westlichsten, damals ungekannten „Sv. Nikola-Passe" gekreuzt hatte. Bevor ich meinen Abstieg gegen Varna schildere, will ich der Balkankette im Allgemeinen und speciell ihrem östlichen Theile einige, durch meine Originalkarte illustrirte Betrachtungen widmen. Schon im II. Bande, S. 120 bemerkte ich, dass griechische Civilisation frühzeitig den Balkan streifte. Die Mythe erkor den Haemus auch zum Göttersitze; trotzdem stand es aber im Alterthum schlimm mit seiner Kenntniss. Die clas-sischen Schriftsteller gaben dem mächtigen Gebirgszuge bald eine viel zu geringe, noch öfter eine allzugrosse Ausdehnung, und wie einst Strabo, Hessen auch moderne Kartographen die Kette vom Pontus in ununterbrochener Linie bis zurAdria streichen, bis Ami Boue diesen groben Irrthum berichtigte. Als ich im Jahre 1861 zum ersten Male den Balkan querte, war, mit Ausnahme seines, durch russische Generalstäbler im Kriegsjahre 1829 besser erforschten und in Karte gebrachten Ostens, dessen Central- und Westpartie eine vollständige terra incognita. Unsere Karten waren damals über die Configuration, Höhenverhältnisse und Nomenclatur der Kette, ja selbst über die Bedeutung der viel gebrauchten Bezeichnungen: „Hodza Balkan" und „Stara planina" ganz im Unklaren; man legte sie einzelnen Partien der Kette als Spccialnamen bei, während sie, wie ich bereits 1868 ausführte*), im türkisch-bulgarischen Volksmunde nur für den Balkan in seiner Totalität gebraucht werden. Alles in Allem waren für eine, der örtlichen Uebung und dem geognostischen Bad der Kette entsprechende richtige Terrain-Darstellung und Nomenclatur bis zuletzt nur sehr bescheidene Anfänge vorhanden. War diös bereits früher vom wissenschaftlichen Standpunkte bedauerlich, so erschien es mir, im Hinblicke auf die gesteigerte politisch-militärische Bedeutung der Balkankette, dringend geboten, endlich ihre begründetere physicalisch-geographische Darstellung, sowie die nothwendige Klärung ihrer Nomenclatur, Strassenzüge, Pässe u. s. vv. in grossen Zügen zu versuchen. Der durch 6,3 Längengrade West gegen Ost parallel mit der Donau streichende Balkan bildet die hohe Wasserscheide und langgestreckte politische Grenze zwischen Donau-Bulgarien und dem grossen makedo-thrakischen Becken. Durch seine westlichen Ausläufer am Timok und die serbischen Gebirge tritt der Balkan mit dem siebenbürgischen Karpathensystem in geognostische Verbindung; die an seinem Südhange auftretende Depression schreibt eine jüngste Hypothese**) denselben Störungen zu, welche gegen Ende der jurassischen Epoche auch Armenien, dem Pontusbassin und der Türkei ihre stratigraphische Physiognomie gaben. Es ist dies übrigens durchaus keine neue Ansicht, denn bekanntlich hat der österreichische Geologe Dr. Peters bereits viel früher des Balkans submarinen Zusammenhang mit dem Dobruöagebirge, andererseits aber mit der Krim und Klein-Asien angedeutet. Gestützt auf meine, nach achtzehn Passagen, am Cap Emine abgeschlossenen Studien und auf meine kartographische Aufnahme früher unerforscht gebliebener Gebiete der Balkankette, gliedere ich sie in drei Partien: 1. Der Ost-Balkan, vom Cap Emine bis Sliven. Er umfasst den Emine-, Aidos-, Karnabad- und Kazan-Balkan, sowie dessen gegen S. und N. dieser Zone vorlagernden Zweigarme. 2. Der Centrai-Balkan, von Sliven bis zum Iskerdurchbruch. Er besteht *) F. Kanitz, Reise in Süd-Serbien und Nord-Bulgarien, ausgeführt im J. 1864. Denkschriften der philosophisch-historischen Classe der kais. Akademie der Wissenschaften. Wien, XVII. Bd. 1868. **) Etüde stratigraphique de la partie sud-ouest de la Crime'e par Ernest Favre. Gencve 1877. aus dem Sliven-, Elena-, Travna-, Sipka-, Kalofer-, Trojan-, Teteven-, Zlatica-, Etropol- und Büjük Sofia-Balkan. 3. Der West-Balkan, vom Isker bis zum Tiniok. Dieser umfasst den Kücük Sofia-, Vraca-, Berkovica-, Ciporovica- und Sv. Nikola-Balkan mit seinen zum Timok ziehenden Ausläufern. Die Berechtigung zu dieser Dreitheilung der Kette erhellt sofort, sobald wir ihren geognostischen Bau betrachten. Vor allem müssen wir uns von dem bisher gerne gebrauchten Bilde losmachen, der Balkan sei in seiner ganzen Ausdehnung ein Gebirge mit „einseitigem südlichem Steilabfall und allmäliger Abdachung zur Donau gegen Norden". Nach meinen, auf dem Terrain gewonnenen Erfahrungen hat diese Auffassung, wie ein Blick auf meine Karte zeigt, nur für die von mir „Central-Balkan" genannte Partie volle Berechtigung, nicht aber, im vollen Sinne dieses Ausdrucks, auch für den West- und Ost-Balkan. Wie ich bereits an anderer Stelle ausführte (II. Bd. S. 247), ist nämlich der Südhang des West-Balkans durchaus nicht so einfach gegliedert, als dies sein unrichtiges Conterfei auf früheren Karten annehmen Hess. Ein Blick auf meine Darstellung des westlichen Balkanzuges zeigt, dass er sich vom Iskerdurchbruch bis Pirot in Parallelzweige theilt, zwischen welchen der Iskrec und die Temska, in oft ziemlich breiten Längenthälern fliessen; auch misst der südliche Hang des West-Balkans vom Fusse bei Kostimbrod bis zum Kamme am Ginci- Passe genau 4 geogr. Meilen in der Luftlinie, während seine nördliche Abdachung, von der Passhöhe bis zum Fusse bei Klisura, kaum 2 Meilen beträgt. Der steilere Hang liegt also im West-Balkan auf seiner nördlichen Seite. Das oft gebrauchte Bild vom „südlichen Steilhange" kann aber auch für den vierfach gespaltenen „Ost-Balkan" nur als Conventionelles gelten, da er durch die seinem Hauptzuge gegen S. und N. vorlagernden niedrigen Nebenzweige zwischen Misivri und Varna, eine Ausdehnung von 8 geogr. Meilen Breite erhält, und weil dessen Südhang selbst bei Aidos, vom Fusse bis zum Nadirkammpunkte, noch 2 Meilen in der Luftlinie misst. Ich versuchte das complicirte, zwischen longitudinalen Thälern aufstrebende Gerüste des Ost-Balkans auf meiner Karte plastischer als bisher zu veranschaulichen; ferner die Namen seiner Zweige in besseren Einklang mit den auf dem Terrain gebräuchlichen zu bringen oder sie den örtlichen Verhältnissen entsprechend neu zu gestalten. So nannte ich den vom „Sakar-Balkan"-Querrücken am linken Akili Kamöikufer sich abzweigenden Arm, nach der an seinem Fusse gelegenen, einst berühmten altbulgarischen Hauptstadt: „Preslav-Balkan" und seine östliche Fortsetzung von Bairamdere bis Cap Galata, weil der Pravadi an seinem Nordhange fliesst: „Pravadi-Balkan". Dem zweiten Parallelrücken, welcher nahe dem Öalikavak-Passe, auf dem rechten Akili Kamöikufer gegen N. vom Haupt- t zuge abzweigt, glaubte ich aber, da er bisher auf unseren Karten namenlos blieb, aus leicht erklärlichem Grunde: „Kamcik-Balkan" nennen zu dürfen; ferner gab ich dem S. bei Sliven auf dem rechten Deli-Kanicikufer vom Öatalkaze-Porphyr-stocke abzweigenden Parallelzuge und seiner Fortsetzung am rechten Ufer des Hadzi dere bis zum Punkte, wo er 0. vom Dorfe Indze bei Misivri ins Meer fällt, den Namen: „Indze Balkan", endlich nannte ich die hervorragendsten Hauptpartien des Ost-Balkans, vom Cap Emine beginnend, nach den an seinem Südhange liegenden Städten: Aidos-, Karnabad- und Kazan-Balkan. Die von mir angenommene Dreitheilung des Balkans wird aber nicht allein durch seine geognostische Gliederung, sondern auch durch seinen geologischen Bau gerechtfertigt. Nur im krystallinisck-paläozoischen Central-Balkan, dort, wo die Hebung des Gebirges am stärksten gewesen, besteht auch dessen südlicher, höchst charakteristisch ausgesprochener Steilabfall, vom Kamme bis zu*n Fusse, aus krystallinischen Gebilden; im nahezu gleich hohen West-Balkan, dessen Kuppen gleichfalls von Porphyr,* Granit, Gneiss, Glimmerschiefer und anderen krystallinischen Gesteinen gebildet werden, bedecken aber secundäre uud tertiäre Formationen an vielen Stellen des Südhanges das Grundgebirge; beim niedrigen Ost-Balkan, dessen krystallinische Gesteine in der Tiefe geblieben und wo die sanften Höhen von horizontal gelagerten Kreideschichten gebildet werden, wechsellagern aber mit letzteren am Südhange ausgedehnte Tuffe, Trachyte und andere Eruptivgebilde. Als hauptsächlichste Formation der durch grosse Steinkohlengebietc ausgezeichneten nördlichen Balkanzone tritt gegen die Donau die mit einer hohen Lössschichte bedeckte Kreide auf, doch nicht so ausschliessend, wie dies früher angenommen wurde; denn nahezu in sämmtlichen Flussdefileen vom Osem W. zum Lom, wies ich auf meinen Passagen vom Balkanfusse bis zur Kammhöhe das Hervortreten krystallinischer Gesteine und eruptiver Bildungen: Granit, Porphyr, Diorit, Gneiss, Thon, Mergelschiefer u. s. w. nach. Dem Streichen der Balkankette in der Hauptrichtung O.W. entspricht übrigens an ihrem Südrande eine, durch Prof. v. Hochstetter trefflich charakterisirte, von Misivri bis Pirot leicht erkennbare Dislocationsspalte. Soweit nicht die gesunkenen Gebirgstheile in den ausgedehnten subbalkanischen Thälern der Tundza, des Giopsa, im grossen Isker-becken bei Sofia u. a. 0. begraben liegen, bilden sie gegenwärtig die mit dem Balkan parallel streichenden Züge des Karadza- und Orta-dagh, welche ihn als „Mittelgebirge" mit dem thrakischen Rhodope, mit dem Kilo und Vitos verbinden. Entsprechend der Hypothese, dass sich der „südliche Steilabfall" auf die ge-sammte Balkankette erstrecke, wurde auch angenommen, dass sie nur von Süd aus gesehen den Eindruck eines imponirenden Gebirgszuges mache. Dies ist unrichtig. Auch von Nord her, beispielsweise unmittelbar am Fusse des Berko- vica-Balkans, im Botunia- und Brziagebiete, dann auf des Kalofer-Balkans nördlicher Vorterrasse bei Selvi und auch aus weiterer Entfernung, auf der Donau zwischen Vidin und Lom, erscheinen einzelne Partien der Kette in voller Grossartigkeit; ja oft ansehnlicher, als wenn man sich ihr von Süden nähert. Allerdings fehlen auch hier Piks und Hörner, die pittoresken Wahrzeichen unserer Alpen und Dolomitberge; denn bedingt durch ihren geologischen Bau, den ich an vielen Stellen dieses Werkes detaillirter berührte, zeigt sie mehr gedehnte, flachgewölbte Kuppen, seltener aber scharfkantige Gipfelbildungcn. Vielleicht eben deshalb wurde die Höhe des Balkans bedeutend unterschätzt. Selbst Ami Boue gab noch seiner höchsten Partie nur etwa 1700 Meter; ich berichtigte diesen Irrthum im II. Bande S. 119. Genau im Centrum der gesammten Kette, an ihrem südlichsten Punkte, wo die Hebung des krystallinischen Gebirges am stärksten gewesen, erreicht es im „Mara Gedük" seine höchste, mit 2330 M. von mir berechnete Spitze; es wurde der Balkan also früher um beiläufig 600 M. zu niedrig angenommen. Wie die geologischen Verhältnisse, zeigen auch Klima und Vegetation in den verschiedenen Theilen der Balkankette charakteristische Unterschiede. Am Südhange des Ost- und Ccntral-Balkans mit berühmten Rosen-, Wein- und Wall-nussthälern, ist die Luft mild und bleibt es lange Sommer; auf deren Nordseite und im ganzen West-Balkan herrscht hingegen rauhes Wetter vor und der Winter tritt frühzeitig ein. Während andrerseits des West- und Ost-Balkans Südhänge meist bis zu den Spitzen dichter Laubwald deckt, erscheinen jene des nach Livius' Schilderung einst gleichfalls bewaldeten Centrai-Balkans heute gröss-tentheils kahl. Nur kurze, tief eingerissene Schluchten, vor deren Ausgängen gewöhnlich kleine Städtchen oder Dörfer liegen, bergen bescheidene Waldoasen; dort, wo sich jedoch die Einschnitte verlängern, z. B. im Maglis- oder Tvardica-Defile, verdichtet sich oft das Gehölz und romantische Felsgebilde mit rauschenden Cascadcn verleihen ihnen pittoresken Reiz. Nadelholz tritt entlang des ganzen südlichen Balkanhanges nur an dem nach Teteven führenden Ravanica-Passe und östlich vom Sv. Nikola-Passc auf. Anders auf des Balkans Nordseitc; dort zeigen alle Hänge prächtigen Hochwald und im Vid-Quellgebictc mengt sich in den Laubwald oft hochstämmiges Nadelholz, welches die in den Schluchten angesiedelten primitiven Brettersägewerke für Bauzwecke zerschneiden. Westlich von Teteven erweitern sich die Einschnitte stellenweise zu breiten fruchtbaren Thälern, durch welche, wie beispielsweise in jenen der Brzia, Bebreska, Kozerica, Sclska u. s. w. neben dem ansehnlichen Bachrinnsal gute Fahrstrassen über den Balkan führen. Oft aber und namentlich am Isker, dem einzigen Flusse, welcher die Kette S. N. durchbricht, verwandeln sich ihre nördlichen Schluchten in schwer zu passirende Defileen, wo der Saumpfad in schwindelnder Höhe an senkrechten Felswänden hinzieht und nicht ohne Gefahr zu verfolgen ist. Zu diesen Balkan-Passagen zählen grösstcntheils jene, welche von mir zum ersten Male in Karto gebracht wurden. Entfernung und Mythe hatten in classischen Zeiten die Majestät und die Schrecken des Balkans so sehr ins Unendliche vergrössert, dass Livius, wie ich im IL Bande, S. 122 erzählte, seine Besteigung durch den makedonischen König Philipp III. als kühnes Wagniss schilderte. Traditionen sind nicht leicht zerstörbar. Der französische Kitter Robert de Clary (um 1215), meinte, dass nur ein Pass in das durch ein Gebirge abgesperrte Bulgarien hinein- oder hinausführe, und noch zu Beginn des Jahrhunderts war vor Diebitsch's berühmtem Balkanzuge im Juli 1829, des Balkans östlicher Theilso wenig erforscht, dass v. Hammer, der ausgezeichnete Historiker des Osmanischen Reiches, nur vier Pässe über denselben und nur acht Strassenzüge über die gesammte Kette anzugeben vermochte! Nun führen aber, nach meinen auf dem Terrain gewonnenen Studien, schon über den Ost-Balkan 9, über den Centrai-Balkan 15, und über den West-Balkan 6, also über den gesammten Balkan-Hauptzug: 30 durchschnittlich fahrbare Passagen. Nachdem selbst neueste, mit dem Balkan sich beschäftigende Schriftsteller keine oder nur unbestimmte Kenntniss von dieser wichtigen That-sache besitzen, erachte ich es zur leichteren Orientirung zweckmässig, hier sämmt-liche Uber die Balkankette führenden Haupt-Strassenzüge in der Reihe vom Cap Emine bis zur serbischen Ivanova Livada zu verzeichnen, und zwar bei allen vom südlichen Ausgangspunkte gegen Nord, unter Beifügung der Namen und Seehöhen ihrer Pässe, soweit ich letztere mit dem Aneroid maass. Strassenzüge über den Ost-Balkan: Passhöho in Meter. 1. Von Misivri am Pontus über Gözekeköi, Danagoz und Dervis Jovan nach Varna...............Emine-Pass: — 2*. Von Misivri über Bana, Aivadzik und Dervis Jovan nach Varna. Bana-Pass: 437 3. Von Ahli über Sudzuluk und Sarihedere nach Pravadi. — 4. Von Aidos über Nadir und Köpriköi nach Pravadi. Nadir-Pass: — 5*. Von Aidos über Bogasdere und Büjük Öengel nach Pravadi. Bogas dere-Defile: 138 6. Von Aidos über Bogasdere, Kamöik Mahle und Bairamdere nach Sumla.............Kamcik Mahle-Pass: — 7*. Von Karnabad über Dobral und Öalikavak nach Sumla. Öalikavak-Pass: 446 Fasshöhe in Meter. ö. Von Karnabad über Kadirfakli, Vrbica und Eski Stambul nach Sumla...............Azap tepe-Pass: — 9*. Von Karnabad über Kajabasi, Gradcc und Kazan nach Osmanpazar.................Kazan-Pass: 724 . Strassenzüge über den Central-Balkan: 1. Von Sliven über Kömerdzi Öiftlik und Stareka nach Osmanpazar...............Demir kapu-Pass: — 2*. Von Sliven über Bela und Vizler nach Bebrovo. Zuvandzi mesari-Pass: 1098 3*. Von Tvardica Über Kusevci nach Elena. Haiduci cokar-Pass: 1085 4. Von Hainköi über Kilifar nach Tirnovo. Hainköi bogas-Pass: — 5* Von Maglis über Travna und Drcnovo nach Tirnovo. Tipuriska poljana-Pass: — 6*. Von Sipka über Gabrovo nach Selvi und Tirnovo. Sipka-Pass: 1207 7*. Von Kalofer Uber Novoselo nach Selvi und Lovec. Rosalita-Pass: 1930 8. Von Karlovo am Örni Osem nach Trojan. Ostra mogila-Pass: — 9. Von Sopot am Beli Osem nach Trojan. . . . Trojan-Pass: — 10*. Von Kahmanli am Beli Vid nach Teteven. . Rabanica-Pass: 1916 11*. Von Zlatica am Mali Isker nach Etropol. . Kacamarsko-Pass: 1496 12. Von Strigl an der Suha rjeka nach Etropol. Strigl-Pass: — 13*. Von Taskesen Über den Büjük Sofia-Balkan nach Orhanieh. Araba- oder Baba konak-Pass: 1050 14. Von Kremikovci an der Raskovska nach Orhanieh. Umurgas-Pass: — 15. Von Kremikovci und Lutibrod nach Vraca. Lakatnik-Pass: — Strassenzüge über den West-Balkan: 1*. Von Korila durch das Isker-Defile nach Vraca. Flussspiegel am Osikovsko brdo im Defile": 364 2*. Von Korila über den Kücük Sofia- und Vraca-Balkan nach Vraca. Izgorigrad-Pass: 1412 3*. Von Kostimbrod über Peöenobrdo und Klisura nach Berkovac. Ginci-Pass: 1508 Passhöhe in Meter. 4*. Von Pirot über Krivodol nach Berkovica. Kom-Pass: 1919 5*. Von Pirot über Görna Luka nach Ciporovica. Visa glava-Pass: 1897 6*. Von Bela Palanka über Öupren nach Belogradcik und Lom. Sveti Nikola-Pass: 1348 Neben und zwischen diesen 30 Routen, von welchen ich die mit * bezeichneten persönlich zurücklegte und in Karte brachte, führen aber noch zahlreiche Karrenwege und Saumpfade über verschiedene Höhen und Einsattlungen der Balkankette, beispielsweise die durch Darius' und Diebitsch' Heerzüge berühmt gewordene Strasse von Misivri über Ahli und Erkec nach Varna, welche ich theil-weisc auf meiner achtzehnten Balkanpassagc nach Varna benützte und auch ohne grosse Correcturen für fahrbar halte. Um hier noch das ethnographische Moment im Balkan zu berühren, will ich nach meinen en detail gepflogenen Erhebungen die interessante Thatsache con-statiren, dass der Nordhang des Ost-Balkans beinahe ausschliesslich von Türken, jener des Central- und West-Balkans aber nur von Bulgaren bewohnt wird. Am Südhange des Ost-Balkans herrscht wieder beinahe ungetheilt die türkische Majorität vor. In die südlichen Thäler am Fusse des Central-Balkans theilen sich Türken und Bulgaren; während den gesammten Südhang des West-Balkans, vom Kamme bis weit ins Nisavagebiet hinab, beinahe ausschliesslich Bulgaren in compacter Masse besiedeln. Tataren und Tscherkessen wurden nur in einzelnen Dörfern am Nord- und Südfussc des West-Balkans, dort wo die Bulgarenmasse am dichtesten ist, colonisirt und sind seit 1878 gänzlich verschwunden; Griechen leben nur in wenigen Orten des Ost-Balkans am Cap Emine. Die erste rein griechische Niederlassung fand ich N. vom Bana-Passe, welcher nach ihr benannt wird. Der Pass wird von den östlichen sanft zum Meere streichenden Rücken des Emine-Balkans nur wenig tiberragt; gegen W. steigen aber die Höhen bedeutend an und bilden eine treffliche militärische Position, welche die von Akdere und Dervis Jovan am Kamcik, ferner die von Jeniköi und Erekli nach Misivri führenden Routen beherrscht. Vom Bana-Passe zieht die Strasse durch dichte Eichenwälder abwärts zum Ereklibache, an vielen Punkten kreuzt sie Karrenwege, die zum Holztransporte nach den Ausfuhrscalen von Misivri, Ajan skela, Gözekedcrc und Erekli dienen. Nahe bei oder an einem dieser heutigen Küsten orte befand sich die altgriechische Schiffslände „Naulochus"; der Periplus erwähnt sie ohne nähere Angabe des Ortsnamens, Strabo aber als ein zu Mesembria gehörendes Städtchen. Ich denke, dass ihre Stelle östlich der heutigen Ajan skela, bei Manastirköi zu suchen sein dürfte. Von Misivri nach Bana rechnet man 4 St. Das Dorf liegt im ungemein fruchtbaren Einschnitte des Ereklibaches und sieht freundlich aus. Der Bau seiner' 70 griechischen Häuser unterscheidet sich allerdings wenig von der üblichen bulgarischen Construction; die Staffage bildet aber ein sehr aufgeweckter Menschenschlag und in der Tracht herrschen lichte, feurige Farben vor. Die Männer tragen nahezu durchgehends den Fes, weisse Leinenkleider, bunte Leibchen und Gürtel, ebenso die Frauen und Kinder. Unter letzteren sah ich meistens Blondköpfe mit oft überraschend fein geschnittenen Profilen. Die gräco-byzantinischen Reste schmolzen in Donau-Bulgarien auf wenige, durchaus hart oder nahe am Pontus liegende Oasen zusammen. Zwischen Misivri und Varna verzeichnete ich nur die 7 griechischen Niederlassungen: Ajan skela, Manastirköi, Emine, Akdereköi, Erekli, Bana und Kuruköi, welche beinahe monopolistisch den Holzhandel am Cap Emine treiben. Ich betrat zu Bana verschiedene Häuser und wurde überall gastlich empfangen. Das Benehmen der griechischen Frauen schien mir weniger conventio-nell als jenes der Bulgarinnen, es zeigte mehr Individualität und Lebhaftigkeit; doch könnte ich nicht sagen, dass mir sonstige Züge aufgefallen wären, welche die Nachkommen der gräco-byzantinischen Lehrmeister der Bulgaren höher ci-vilisirt als letztere erscheinen Hessen. Durch vielhundertjährige enge Berührung zwischen Slaven und Griechen, nahmen diese zweifellos erheblichen Einfluss auf das gesammte bulgarische Leben. In Sprache und Sitte, in Kirche und Literatur, in Handel und Industrie, sowie in Staats- und Hofämtern wirkten byzantinische Vorbilder bestimmend auf die in das illyrische Dreieck eingewanderten jugendlieh kräftigen, aber wenig cultivirten Slavenstämme. Der ertödtende Mehl-thau türkischen Regiments streifte leider aber auch die von Natur fein organi-sirte griechische Race, trotzdem sich ihre oberen Zehntausend im Fanar, gleich nach Constantinopels Fall etwas besser zu stellen wussten, wie die andern Rajah-völker, welche unter dem Halbmond seit Jahrhunderten geistig vegetiren. Griechen und Slaven haben nun gleich grosse Anstrengungen zu machen, um ihren durch die türkische Ueberfluthung unterbrochenen Culturprocess in raschere Schwingung zu setzen! Es war Sonntag und heiteres Volk belebte die von Bana ins fruchtbare Thal des Kozako dere hinüberfuhrende Strasse; nahe derselben erschien der schöne Eichwald an verschiedenen Punkten gelichtet und zwischen hübschen Culturen zogen wir NW. nach dem moslimiscU-christlichen Jeniköi, in dem ich die östlichste bulgarische Niederlassung am Pontusrande, von der Kamcikmtindung bis Misivri constatirte. Am Ausflusse des Kozako dere liegt am Meere der Türkenort Gözekedere, dessen Name von jenem des Baches abgeleitet scheint, aber auch an den des einstigen Bulgaren-Schlosses Kozjak in diesem Gebiete erinnert. Wohl 2 Stunden lang ritten wir auf der hohen Terrainwelle zwischen den beiden Armen des Kozako dere hin; am südlichen brachte ich das Türkendorf Alcak, unferne dem Tscherkessendorfe Kurukdere, neu in Karte. Bald darauf erreichten wir Aivadzik, den bedeutendsten Ort des Thalgebietes. Er überragt an Grösse die von Misivri bis zum Kamcik meist kleinen türkischen Niederlassungen; trotzdem gab es aber auch dort kein Haus, das uns ohne Störung der strengen Haremsgesetze für die Nacht hätte aufnehmen können. Der Muhtar entschuldigte dies mit blumenreicher Phrase und suchte mich im Mussafirlik durch einen möglichst reich besetzten Abendtisch zu entschädigen, zu dem er sich allerdings ohne viele Umstände einlud. Mehemed Muhtar brachte einige Honoratioren mit; die Vcrgrösscrung der Gesellschaft war mir insofern willkommen, als sie, wie oft früher Gelegenheit bot, nach Alltagsgesprächen auch social-wirtschaftliche Interessen zu berühren, und im Volke wurzelnde Anschauungen kennen zu lernen. In dieser Weise gelangt der Reisende durch die Summe des auf längeren Reisen Gehörten, Contro-lirten und Selbstbeobachteten zu Schlüssen, welche möglichst nahe der schwer ergründbaren Wahrheit liegen. Bald wurde mir beispielsweise an jenem traulichen Abend klar, dass Midhat Pasa auch weit weg von seinem einstigen Vila-jetsitze im türkischen Bauernstande grosse Sympathien besitze; seine Ernennung zum Grossvezier wurde namentlich von den jüngeren Mitgliedern des Ortsmedjlis freudig begrüsst, obschon auch sie begriffen, dass er die des Sultans moslimschen Unterthan am schwersten drückende „Blutsteuer" nicht werde erleichtern können. Die Einschreibung jedes männlichen Kindes als „Nufus" erfolgt sogleich, nachdem es geboren, und wenn das 34 Hausstellen zählende Aivadzik, wie mir betheuert wurde, allein 20 Nizams und 30 Redifs, also zusammen 50 Soldaten stellte, so begreift man leichter, wie die Pforte, zur grössten Ueberraschung ihres russischen Gegners und Europa's, riesige Armeen scheinbar hervorzaubern konnte. So sehr auch Midhat bei meinen Aivadziker Wirthen verehrt war, blieb seine Popularität aber zurück hinter jener eines Herrn „Sinkler", welcher den Mohamedanern des Kozako-Thalgebietes als eine Art Localgott galt. „Sinkler" ist der Name Mr. St Clair's, desselben englischen Capitains a. D., der gleich Mr. Brophy, den ich zu Kizildzik erwähnte (S. 151), seit Jahren dem edlen Jagdsport am Pontus obliegt. Capitän „Sinkler", ist wie gesagt, bei den Muselmanen am Kozako dere so verehrt und geliebt, dass sie ihn, obwohl er Christ blieb, gewissermassen zu den Ihren zählten. Mr. St. Clair thronte auf einem Tschiftlik, hart an der Küste zu Akdere, welches die Aussicht auf das Meer gestattete, und führte dort, ohne Luxus zu treiben, ein Herren- und Waidmannsleben, wie es die echten und rechten türkischen Derebei's vor ihrer Degradiruug einst führten. Mr. St Clair entsagte jeder Berührung mit europäischer Civilisation, occi-dentalem Comfort, überhaupt mit Allem, was dem Europäer seinen Welttheil theuer macht und ihn nach längerem Aufenthalte im Orient, stets wieder sehnsüchtig zur Heimath führt. Der Capitän ist in moslimisch-türkische Leute bis zum räuberischen Balkan-Öelebi ebenso verliebt, wie er christlich-bulgarische Menschen vom friedlichsten Bauer bis zum Haiduken hasst. Er findet auch deshalb für des Tscherkessen unbezwingbaren Hang nach Raub und Mord leichter eine Entschuldigung, als die bescheidenste erläuternde Erklärung für des Bulgaren kleinliche Habsucht und andere niedere Triebe, wie sie sklavische Beugung unter fünfhundertjähriges Zwingurithum, selbst beim bestangelegten Volke, notwendig erzeugen muss. Die Herren Brophy und St. Clair edirten gemeinsam ein Buch, welches in liebloser Beurteilung des Bulgarenvolkes das Unglaublichste leistet. Da es trotzdem Herr Consul Rosen neuestens viel citirte, mag hier meine Besprechung des Rosen'schen Buches umsomehr eine Stelle finden, als sie zugleich auch einiges Licht auf die Haltung des Bulgarenvolkes während der jüngsten stürmischen Kriegszeit wirft. In der Berliner „National-Zeitung" vom 22. December 1877 schrieb ich: „Seit den Schauertagen des Sommers 1876, in welchen unfern der Pasastadt Filipopel zahllose Männer, Greise, Frauen, Jungfrauen und Kinder gemordet, gepfählt, geschändet oder in die Kirchen getrieben und dann mit kaltem Blute von Türken und Tscherkessen verbrannt wurden, regte sich das europäische Interesse für das Bulgarenvolk. Namentlich in England beleuchtete eine förmliche Brochürenfluth die traurigen administrativen Verhältnisse der Türkei und speciell in den schwer heimgesuchten Districten an der Marica, Tundza und To-polnica. Die Zeugnisse englischer, deutscher und amerikanischer Experten lauteten damals beinahe durchgehends zu Gunsten der arbeitstüchtigen, ihrem charakteristischen Grundzuge nach friedfertigen Bulgaren. Anders jedoch, seit eine russische Armee die Donau mit dem in Car Alexander's Manifeste ausgesprochenen Zwecke überschritt, die an den Bulgaren seit Jahrhunderten und besonders im Jahre 1876 von den Osmanli's begangenen Sünden zu rächen. Die Antipathien eines grossen Theiles der europäischen Presse gegen den „Moskoviter" wurden fortan auch a.uf seinen slavischen Schützling übertragen, der Charakter des Bulgarenvolkes aber seitdem von berufenen, bezahlten und platonischen Tur-kophilen scharf unter die Lupe genommen und im ersten Taumel der Abschütt-lung des verhassten Drängers begangene Ausschreitungen, welche bei objectiver Erwägung der tatsächlichen Verhältnisse vielleicht in milderem Lichte erschienen wären, in einer Weise gebrandmarkt, die nur allzu deutlich die tiefe Erregung verrieth, in welche Europa durch den an der Donau entbrannten Krieg versetzt wurde. Man vergass, dass die von den Bulgaren in Svistov's Umgebung verübten Gräuel ihre Genesis in jenen schauerlichen Massacres fanden, welchen 12,000 bulgarische Männer, Frauen und Kinder zum Opfer fielen, und forderte von einem Volke, das von seiner Regierung moralisch gänzlich vernachlässigt, überdies gezwungen wurde, die Hand hündisch zu küssen, welche es unausgesetzt schlug, hehre Eigenschaften, wie sie kaum civilisirteste Völker besitzen. Der Bulgare, welcher zwischen Tscherkessen und Arnauten, also zwischen geborenen Banditen lebte, hätte auf das Vergeltungsrecht, auf jegliche Rache verzichten sollen, in dem Momente, wo mit dem Erscheinen der russischen Fahnen die Stunde für ihn gekommen war, die seit Jahrhunderten des Druckes uud erlittenen Unrechts aufgelaufene Rechnung mit seinen türkisch -tscherkessischen Peinigern quitt zu machen; er sollte auch die Morde vergeben, welche erst 1877 unter politischem Aushängeschilde an einer Unzahl bulgarischer Familienväter und Jünglinge zu Filipopel, Kazanlik, Eski- und Jeni-Sagra begangen wurden. Die über das Bulgarenvolk zu Gerichte Sitzenden vergassen, dass blutige Saat stets blutig in die Halme schiesst! Das unausbleibliche Wechselspiel von Ursache und Wirkung war leider in bedauerlicher Weise eingetreten; die Wirkung aber verdammen, ohne der ihr zu Grunde liegenden Ursache zu gedenken, wie es exagerirte Turkophilen gethan, ist wahrlich nicht objectiv. Bis zu einem gewissen Grade hätte man den hart verurtheilten Bulgaren gegenüber doch das „tout savoir c'est tout pardonner!" schon um des „fair play" willen, zur Geltung gelangen lassen sollen; nachdem dieselben turkophilen Federn wenige Monate zuvor (1876), Angesichts der verbrannten Städte: Panagjuriste, Koprivstica, Klisura, Batak u. s. w., dann der Tausende auf ihren Ruinen verwesender Frauen und Säuglinge, welche niemals ein Gewehr in Händen gehabt, das unmenschliche Treiben von Türken und Tscherkessen mit hundert sophistischen Gründen zu entschuldigen versucht hatten. Oder irren wir, wiegt das Türkenleben schwerer, als jenes des Bulgaren? Vielleicht, in den Augen des Bulgaren aber sicher nicht! Und hier haben wir auch die Erklärung für das bulgarische Klephtenthum, welches Herr Georg Rosen, zuletzt Consul des deutschen Reiches zu Belgrad, in seinem neuesten Werke „Die Balkan-Haiduken" so anschaulich geschildert hat. Ich betonte es oft, der Charakter des Bulgaren ist durchschnittlich ein sehr friedfertiger. Nicht in Allen pulsirt aber das Blut so ruhig, um durch türkische Gerichte erlittenes schweres Unrecht, um den Verlust von Hab und Gut zu Gunsten eines gegen ihn falsch zeugenden Türken oder Tscherkessen, um die Entführung oder Schändung einer geliebten Braut oder Schwester, um den Tod des Bruders oder Vaters, ohne Wiedervergeltung hinzunehmen. Nachdem türkische Kadi's dem Moslim immer Recht, dem Rajah stets Unrecht geben, greift der tiefgekränkte Bulgare manchmal zur Flinte; er geht in den Balkan und rächt dann leider oft an schuldlosen Moslims die Vergewaltigung, welche er oder seine Angehörigen erdulden mussten. Zunächst also auf den elenden Zustand türkischer Gerechtigkeitspflege und ihre selbst von englischen Consuln constatirte Parteilichkeit gegen- über der grossen christlichen Majorität lässt sich die Bildung von Räuberbanden im Balkan zurückführen. Die Gliederung dieser Gattung bulgarischen Haiduken-thums schildert Herr Rosen nach dem bezüglichen Capitel in St. Clair und Brophy's „A residence in Bulgaria" (London, 1869). Dieses englische Buch entstand am Cap Emine in einer Gegend, welche am wenigsten geeignet, Studien über die Bulgaren zu machen, weil sie dort nur sporadisch in einigen Dörfern wohnen, deren Bewohner überdies Sitten, Bräuche und Aberglauben von den sie ein-schliessenden Griechen und Türken angenommen haben. Obschon aber auch Herr Rosen die Herren St. Clair und Brophy „einer gewissen Voreingenommenheit für das türkische und gegen das bulgarische Bevölkerungselement des Landes" zeiht, druckte er deren Uebertreibungen beinahe uneingeschränkt ab. Der englischen Autoren Tendenz verräth aber allein schon, dass von im „rein griechischen Akdere" geborenen Leuten begangene Räuberthaten, nach „türkischen Mittheilungen", zur Charakteristik „bulgarischen Haidukenthums" erzählt werden. So beispielsweise die Unthaten der Griechen Kara Kostia, Sterion u. A. Seit die alle Leidenschaften aufregende Nationalitätsidee auch zu den Völkern des illyrischen Dreiecks ihren Weg fand, bildete sich im Balkan ein Hai-dukenthum nahezu rein politischen Charakters aus, dessen Bedeutung durch folgende Stelle in Rosen's Buch gekennzeichnet wird. Es heisst dort: „Wenn die Bulgaren in den Haiduken nationale Helden und gleichsam die Ueberbleibsel der alten Unabhängigkeit ihres Volkes sehen, so findet dieses eine Analogie erstens in dem Haidukenthum Serbiens im Anfange unseres Jahrhunderts und zweitens in den Klephten der Griechen während ihrer Freiheitskämpfe. Hier wie dort rächt sieh spät an der Pforte das historische Unrecht der Unterjochung anderer Nationen, sowie der politische Unverstand der herabwürdigenden Behandlung dieser als willenloser Herde bei ihrer Belassung im Besitz ihres'_ heimathlichen Bodens, ihrer Sprache, Sitten und Religion. Es ist die ^türkische Missregierung, welche ihren Freiheitsdrang gegen den moralischen Werth seiner Vorkämpfer so gleichgiltig gemacht hat; diese Gleichgiltigkeit selbst ist aber Thatsache. Ausserdem hat man aber auch die Bedeutung des Balkans für die von den Bulgaren bewohnten Länder in Anschlag zu bringen. Obwohl dieselben weit über das Balkangebiet hinaus durch Thracien und Macedonien ihre Sitze ausdehnen und ihnen von dem Gebirge selbst ein reichliches Sechstel durch türkische Colonisation und Uebergang zum Islam verloren gegangen ist, so betrachten sie doch den Balkan, den wichtigsten Höhenzug der nach ihm benannten grossen Halbinsel, sowohl nach dem gegenwärtigen vorwiegenden Besitzstande, wie auch nach historischen Erinnerungen als ihr angestammtes Gut und ihren nationalen Mittelpunkt; kein Bulgare zweifelt, dass die Türken einmal das Land räumen, dass die Bulgaren von neuem die einzigen Anwohner des Gebirges sein werden. Da Kanitz, Donau-Bulgarien und der Balkan. UI. 12 nun der Balkan gleichsam der Vater und Pfleger des Haidukenthums ist, so Überträgt sich auf letzteres die Idee eines Zubehörs des gefeierten Volksheiligthums. Dazu kommt, dass, wenn der Haiduk die zukünftige Freiheit vom türkischen Joch anticipirt, nur der Balkan diese Freiheit ermöglicht. „Der Hirt und der Haiduk, sagt Panajot, sind die einzigen freien Menschen in der Türkei, auf das Gebirge schickt der Kadi keine Vorladung, kein Steuersammler erscheint dort, keine Einquartierung wird angesagt, die Verfolgungen, die der Pascha hinter den Haiduken hersendet, sind rasch verfliegenden Gewittern vergleichbar, die Luft, die der freie Sohn der Berge athmet, wird dadurch nicht getrübt." — Panajot, dessen Worte Rosen im letzten Satze citirt, war lange Zeit das Haupt aller revolutionären bulgarischen Erhebungsversuche, welche die Insurgi-rung des Balkans ins Auge fassten. Weil mit allzuschwachen Kräften unternommen, musste dieses Streben, wie ich in meinem „Donau-Bulgarien und der Balkan" (I. Auflage I. Bd., S. 28) näher ausführte, wirkungslos scheitern. Nichts desto weniger bildet die „Lebensgeschichte des Haidukenführers Panajot Hitov, von ihm selbst beschrieben, nebst Nachrichten über jetzige und frühere Vojvoden", den interessantesten Theil des Rosen'schen Buches, weil er dem Leser intimste Einblicke in das Fühlen und Treiben des politische Zwecke anstrebenden bulgarischen Haidukenthums gestattet, das in den nationalen Strebungen zwischen Timok und Pontus eine noch wenig beleuchtete Rolle in den letzten Jahren spielte. Wohl aber dürfte die Leetüre dieses Abschnittes des Rosen'schen Buches manchmal zu anderen Anschauungen und Schlüssen führen, als sie der sehr geschickte Schriftsteller in seinen „Erläuternden und kritischen Bemerkungen" zu Pa-najot's Selbstbiographie niederlegte. Herr Rosen ist beispielsweise entschieden im Unrechte mit der Behauptung: „Unter den Gründen, welche die europäische Türkei verhinderten, sich dem allgemeinen Fortschritte der Culturlande unseres Welttheils anzuschliessen, muss aber sicher auch das Haidukenthum des Balkans aufgeführt werden, dessen natürliche Folge war, die Bodenproduction und Industrie jener Gegenden auf ein geringes Maass zu beschränken, den innern Handel zu lähmen, die Anwohner des Gebirges auf einer niedern Stufe der Entwicke-lung zu halten, die südlichen Bulgarenstämme den nördlichen zu entfremden." Herrn Rosen's Schlussfolgerungen lassen sich nur damit entschuldigen, dass er den Balkan wohl niemals berührte. Hätte er ihn, wie ich, auf achtzehn Passagen kennen gelernt, dann würde er wahrscheinlich, ja gewiss meine Anschauung theilen, dass gerade weil der Türke den Balkan, wegen der das Rächeramt dort übenden Haidukenbanden, nur selten zu betreten wagte, in dessen schwer nahbaren Thälern sich ein rein bulgarisches Städtethum mit weitgehender Autonomie entwickelte und erhielt, welches ein unvergleichbar reicheres Kunst-, Industrie-und Gewerbeleben zur Entfaltung reifte, als es im thrakisch-makedonischen oder danubischen Tieflande existirt, wo der Türke seit Jahrhunderten uneingeschränkt herrschte! Ich nenne hier nur die Namen der in meinem Werke ausführlich geschilderten Kreise: Travna, Gabrovo, Trojan, Teteven, Vraca und Ciprovec, sämmt-lich im nördlichen Balkan, deren fortgeschrittene Industrie in einer kleinen Ausstellung im Wiener Museum für Kunst und Industrie geradezu Aufsehen erregte, und erinnere daran, dass in diesen Städten das bulgarische Schulwesen trotz der Balkan-Haiduken am besten gedieh. Diese zweifellosen Thatsachen widersprechen vollkommen, wie ich denke, Herrn Rosen's Ansicht und zeugen ebenso für die Intelligenz und Bildungsfähigkeit der Bulgaren, welche ich mit Grund „das Industrievolk der Zukunft auf der Balkan-Halbinsel" nennen durfte, wie sie andrerseits Herrn Rosen's Vorwurf widerlegen, dass die „bulgarische Nation" die Räuber mit Vorliebe in's Gebirge sendete. Ein Volk, das so grosse Freude an der Arbeit findet, welches die besten Maler, Baumeister, Zimmerleute, Brückenconstructeure, Gärtner und Ackerbauer der europäischen Türkei liefert, kann von Natur kein räuberisches, wie beispielsweise der Tscherkesse oder Albanese sein. Es griff auch grossentheils nur deshalb zur beklagenswerthen Selbsthilfe und rächenden Haidukenflinte, weil ihm die türkische Justiz die Möglichkeit raubte, auf in civilisirten Staaten üblichem Wege sein gutes Recht für tausend erlittene Unbilden zu finden; ferner weil einzelne Patrioten, wie Panajot Hitov, Karadza, Totjev, Rakovski u. A, die allerdings thörichte Hoffnung hegten, durch Insurgirung des Balkans ihre Nation von deren fünfhundertjährigen Peinigern, von türkischen Pasa's, fanariotischen Bischöfen und bulgarischen Corbasi's befreien zu können. „Der Sultan mache den Hat i hu-majun zur Wahrheit, er verwirkliche die Punkte des Pariser Vertrags betreffend die Gleichstellung aller seiner Unterthanen vor Gericht, er proclamire nicht eine Charte zur Blendung Europa's, sondern verwandle sie in reales Leben, und man halte sich überzeugt, das bulgarische Klephtenthum wird bald ersterben. Herrn Georg Rosen's „Balkan-Haiduken" werden dann aber nur, wie dessen zweiter Titel sagt, einen „Beitrag zur inneren Geschichte des Slaventhums" bilden, der durch die im Versmaass der Originale übersetzten „Proben bulgarischer Haiduken-poesie" einen besonderen Reiz erhält." So schrieb ich 18771 Rosen' s Gewährsmann, Mr. St. Clair, nahm bis zuletzt in unzweideutigster Weise ausgesprochene Partei für seine moslimschen Landesgenossen. Er stellte sich an die Spitze eines tscherkessischen Reiterpulks, um türkischer als der Sultan auch nach dem Frieden von St. Stefano den Guerillakrieg gegen die Russen im Rhodope-Gebirge fortzusetzen, und als die albanesische Liga die Abtretung der Montenegro im Berliner Vertrage zugesprochenen Districte Plava und Gusinje mit Waffengewalt hinderte, übernahm es Mr. St. Clair, dem mittlerweile der Pasa-titel verliehen worden, den Aufstand der renitenten Basibozuks im Winter 1880 12* militärisch zu organisiren. Gerne hätte ich den originellen englischen Sportman, welcher seine theoretische Abneigung gegen alles Slaventhum mit merkwürdiger Zähigkeit praktisch verwirklichte, persönlich kennen gelernt. Der Capitän war aber zufällig von seinem Öiftlik abwesend und ich musste mir genügen lassen, in meinen Aivadziker Wirthen die unverhoffte Bekanntschaft der Souffleure zu machen, welche Mr. St. Clair's bulgarenfeindliche Mittheilungen nicht wenig be-einflusst hatten. Unter den Effendi's und Dorfhonoratioren, welche mir während des langen Abends die Ehre ihres Besuches schenkten, befand sich auch jener würdige „Öelebi", der den berüchtigten Räuberhauptmann Kara Kostia von Ak-dere mit eigener Hand erlegte. Dieser Hassan Effendi, welcher selbst „Edler vom Walde" gewesen war, hatte sich Mr. St. Clair wahrscheinlich in so romantisch günstigem Lichte gezeigt, dass man nach der Lecture seines das türkische Räuberthum glorificirenden Buches sehnlichst wünschen musste, selbst einmal solchem Öelebi-Ehrenmanne auf dem Balkan zu begegnen. Ich erhielt aber von glaubwürdigerer Seite, und zwar aus dem Munde türkischer Gensdarmen, Schilderungen, welche den von St. Clair in Walter Scott'scher Manier idealisirten Balkan-Öelebi in anderer Photographie zeigten, und bedauerte durchaus nicht, dass die früher stark von Räubern heimgesuchte Gegend zwischen Cap Emine und dem Kamcik, durch welche mein Routier führte, sicherer geworden war! Meine gastfreundlichen Aivadziker malten die Reize des Aufenthaltes im reizenden Thale ihres Kozako dere mit lebhaften Farben. Die Möglichkeit zur Ansiedlung war dort zufällig in verführerischer Weise geboten; es sollte eben der stark verschuldete Besitz eines Slivener Beamten verkauft werden, dessen Area sich von Aivadzik bis Akdere ausdehnte und prächtige Felder, Obstgärten, Weinberge und Eichenwaldungen einschloss. Sein ausgezeichneter Ackerboden lieferte, trotz der irrationellen Bewirthschaftung, ein Fruchterträgniss von 300 Kilo's (1 Kilo = 45 Kilogramm), welche zum Varnaer Marktpreis mit 50 Piastern gerechnet, allein eine Einnahme von 15,000 Piastern = 3000 Mark versprachen. Der Ankaufspreis des Öiftliks sollte 22,000 Piaster, die Anschaffung von sechs Paar Ochsen und sonstige Meliorationen gegen 48,000 Piaster betragen. Nach Mehemed Aga's Berechnung konnte die Kaufsumme leicht schon im ersten Jahre durch das Erträgniss vom Getreide, Wein, Obst und Walde hereingebracht werden. Ich führe diese Daten hier detailirt an, um deutschen Oeconomen zu zeigen, mit wie verhältnissmässig wenig Capital man in der Türkei zum wohlhabenden Gutsbesitzer werden könne — wenn einmal geänderte politische Verhältnisse in des Sultans Staaten Ausländern nicht nur eine materiell lohnende, sondern auch eine vor den Eingriffen einer unverständigen Verwaltung geschützte Existenz sichern werden. Nicht leicht erscheint ein Land für Colonisation geeigneter; seine Bodenbeschaffenheit gleicht in vielen Stücken dem gepriesenen Ktistensaume an der Krini'schen Jailakette, und wenn sich einst in Bulgarien occidentalen Gewohnheiten mehr entsprechende Gesetze einbürgern, dürfte wohl ein Theil der deutschen Auswanderung seinen Weg in das prächtige Gebiet am Balkan und nach dem Pontus nehmen. Der früher herrschende stolze Türke ist durch seine schrecklich zunehmende Verarmung auch im Gebiete von Aivadzik vom Pferde auf den Esel gekommen. In Ermanglung eines edlen Bosses setzte sich Mehemed Muhtar also am nächsten Morgen auf sein Grauthier, andere EfTendi's folgten seinem Beispiele und meine Caravane hätte durch diesen Zuwachs einem Maler sicher viel humoristischen Stoff geboten. Es wirkte höchst komisch, wenn die langgewachsenen Osmanli's, mit den Boden nahezu streifenden, stark im Winkel eingezogenen Beinen ihre störrigen Thiere zum hurtigen Ausgreifen zwangen und dabei fortwährend den Tschibuk m Brand zu erhalten suchten. Obschon etwas langsamer, als ohne unsere mehr pittoreske als Respect einflössende Ehrenescorte, gelangten wir doch in kaum einer Stunde nach dem Türkendorfe Karamandza, in dem damals einige Tataren siedelten. Der Ort liegt oberhalb der Gabelung des vom wichtigen Strassendorfe Sudzuluk abfliessenden NW. Armes des Kozako dere, mit dem von Erkeö SW. herabkommenden Zweige. Nach beiden strategisch wichtigen Orten führen Karrenwege durch Eichenwälder, entlang tief eingeschnittener Rinnsale. Nach herzlichem Abschiede von meinen Aivadziker Begleitern stieg ich zu dem 1 St. fernen Dzafer gegen N. hinan, überschritt gleich darauf die ziemlich beträchtliche Wasserscheide des Kamcik- Balkans und erreichte mit sanftem Abstiege das jenseitige 114 M. hoch liegende Gebes. Eine Stunde nördlicher, bei Kurt Ciftlik, stiess ich auf eine neue Anomalie türkischer Verwaltung; ich betrat hier plötzlich wieder den Boden des Tuna-Vilajets, dessen Abgrenzung gegen Thrakien deutlich verrieth, dass die Pforte keine gute Karte ihrer Länder besass. Unmöglich hätte sonst die Grenzlinie des Tuna-Vilajets am Pontus so ganz willktihrlich, ohne geringste Rücksichtnahme auf die physicalische Bodengestaltung gezogen werden können. Anstatt, was das Natürlichste, die Kammlinie des hohen Balkanzuges zu verfolgen, lief die Grenze zwischen den Provinzen Ruscuk und Adrianopel, gleich wie im West-Balkan (II. Bd., S. 148) widersinnig und planlos, stellenweise auf dem linken, bald auf dem rechten Kamcikufer, auf den Höhen und wieder in der Niederung, hart am Flusse,peinzelne jenseitige Orte gewaltsam hinüberzerrend, beispielsweise die an seinem rechten Ufer liegenden Dörfer: Türk Dervis, Dervis Jovan und Fundukli zum Varnaer Kreise. Der landschaftliche Charakter der Höhen, an welche das türkisch-tatarische Türk Dervis und der 46 M. hoch liegende Schwesterort, das reinbulgarische Dervis Jovan (bulg. Orehovo) lehnen, bringt durch die Zerrissenheit und spärliche Vegetation ihrer Hänge einen düsteren Eindruck hervor. Es schien mir, als hätten Gegend und Menschen sich noch nicht ganz von den Kriegsnöthen erholt, welche das Jahr 1829 Uber sie gebracht. Die Ruinen alter Ansiedlungcn waren an mancher Stelle neben neuen Behausungen sichtbar, und obschon sich die Dorfjugend am Ortsbrunuen lustig umhertummelte, die Mädchen mit graziös geschulterten Eimern seine lange Hebelstange unter Scherzen in fortwährende Bewegung setzten und so hellere Punkte in das melancholische Bild brachten, mahnte doch Alles, auch ohne die leicht erkennbaren türkischen Vertheidigungswälle, an blutige Kämpfe bei diesem wichtigen Strassenpunkte, in dessen sumpfiger Niederung Marschall Die-bitsch's Gros am 19. und 20. Juli 1829 den Kamcik tiberschritt, der als schwer zu passirender nasser Graben die Forcirung des hohen Balkanwalles ■ hätte verhindern sollen. Die damaligen kriegerischen Vorgänge bei Dervis Jovan sind militärisch und geographisch so interessant, dass ein kurzes Verweilen bei denselben wohl keiner besonderen Rechtfertigung bedarf. Am 18. Juli erzwang General Rüdiger westlich von Köpriköi den Kanicik-Uebergang, und noch am selben Tage war, nach Moltke's Darstellung, „das Hauptquartier Am Brunnen zu Dervis Jovan. mit dem II. Corps zeitlich Mor- gens von Jenipazar abmarschirt, hatte von 7 Uhr früh bis 4 Uhr Nachmittags bei Beiliköi gerastet und traf Abends beim Dunkelwerden in Devna ein, nachdem es einen Marsch von fast 5 Meilen zurückgelegt hatte. Das Dorf war gänzlich zerstört und verlassen, dagegen hatten die Russen in zwei dort angelegten Redouten aus den Trümmern der Häuser Baraken und zur Verbindung mit Varna eine gute Strasse erbaut. Letztere war zum Theil in Fels gesprengt, weil die türkische in der Devna-Niederung oft ganz überschwemmt wurde. Vom General Roth ging die Meldung ein, dass er bei Podbasi (unweit des Kamöik-Einflusses in das Meer) 3000 Türken mit 12 Geschützen jenseits des Stroms verschanzt gefunden habe. Die Stellung von Podbasi war von einer weiter rückwärts gelegenen bei Dervis Jovan durch eine breite Sumpfniederung getrennt. Uralte Eichen, armdicker Epheu und allerlei wuchernde Sumpfpflanzen bilden hier eine fast undurchdringliche Wildniss, welche nur auf einem einzigen, ij2 Meile langen, sehr schlechten Wege passirt werden kann. Die Türken hatten hart am Ufer des Kamöik eine 600 Schritt lange, in der Kehle aber ganz offene Verschanzung mit Scharten für Geschütz angelegt. Um diesem Wirkung zu verschaffen, war der Wald gegenüber auf 5 bis 600 Schritt abgeholzt, wodurch aber auch die Verschanzung von dem linken Thalrand aus gesehen und beschossen werden konnte. Der Strom ist hier 50 Schritt breit, sehr tief und reissend, dabei sumpfig und mit 8 bis 12 Fuss hohen Lehmufern einge-fasst. Eine Schiffbrücke, welche den Uebergang bildet, war abgeschwenkt. Die Werke bei Dervis Jovan lagen auf dem Fuss des rechten Thalrandes und wurden durch eine mit Flechtwerk aufgesetzte Brustwehr gebildet. Nachdem die Türken bei Podbasi den ganzen Tag kanonirt worden, marschirte General Roth rechts ab, um die Stellung mittelst einer, 1 Meile oberhalb.gelegenen, sehr schwer zu passirenden Furth zu umgehen. Am 19. ging das Hauptquartier in der Richtung auf Dervis Jovan vor. Der Marsch führte über Gebedze, wo ein schlechter Damm die sumpfige Niederung und eine elende Brücke den schnellfliessenden Devna-fluss tiberschreitet. Eine dreiseitige Redoute vertheidigte das Defile am rechten Ufer. General Roth hatte diesen Weg bei Regenwetter gemacht und der tiefe Lehmboden war sehr ausgefahren. In den engen Hohlwegen, Büjük Aladin gegenüber und jenseits Osmandzik, blieb ein grosser Theil des Fuhrwerks stecken und konnte erst am folgenden Tage nachkommen. Ueberhaupt wird die Ordnung auf den Märschen von Augenzeugen nicht sehr gerühmt. Der Tross war bedeutend, aber die Unordnung noch grösser. General Roth hatte auf der Hauptstrasse den General Froloff mit einigen Bataillons stehen lassen, und war nach Dülger (Vfi Meile oberhalb Podbasi) am Kamöik abgerückt. Die Wege waren sehr schlecht und es mussten Brücken über 4 Arme des Flusses geschlagen werden. Am andern Ufer lag ebenfalls eine türkische Verschanzung, welche jedoch nicht mit Geschütz besetzt war, und mit Tagesanbruch am 19. fand der Uebergang statt General Viliamoff stürzte sich mit 4 Bataillonen auf die zunächst liegende Verschanzung und nahm sie sogleich. Hierauf wendete General Roth sich gegen das verschanzte Lager von Dervis Jovan. Die grösste Schwierigkeit bildete die schlechte Beschaffenheit des Weges, welcher erst mit der Axt geöffnet werden musste, die geringste der feindliche Widerstand. Die Verschanzungen auf der Anhöhe wurden sogleich erobert. Bei dieser Gelegenheit kam es zu einem merkwürdigen Cavallerie-Gefecht. Ein neu formirtes türkisches Ulanen-Regiment nahm die Attacke eines Kosaken-Regiments stehenden Fusses mit eingelegter Lanze an. Die Kosaken stürzen mit Hurrah-Rufen vor, drehen aber, da der Gegner hält, um oder schlüpfen an beiden Flügeln vorbei. Ihnen folgt das Ulanen-Regiment St. Petersburg, und die Türken hoffen, dass das Manöver sich wiederholen werde, aber die Ulanen reiten wirklich an, sprengen das ganze Regiment auseinander, stossen eine Menge Gegner nieder und machen einen grossen Theil derselben zu Gefangenen. 5 Kanonen und 4 Fahnen wurden in der Schanze erobert. Die Stellung von Podbasi wäre nun in der Kehle leicht zu nehmen gewesen, allein die V. Division vom Pahlen'schen Corps hatte dies Unternehmen schon um eben die Zeit ausgeführt, wo der Angriff auf Dervis Jovan erfolgte. 200 Freiwillige des 9. und 10. Jäger-Regiments hatten sich oberhalb der Brücke in den Fluss geworfen, welcher nur schwimmend passirt werden konnte. Die Türken waren hierüber so erschrocken, dass sie ihre Geschütze nur einmal abschössen und sie dann abfuhren. Die verfolgenden Kosaken nahmen ihnen auf dem Rückzug eines derselben ab. Das Hauptquartier und das II. Corps marschirten am 20. bis Dervis Jovan. Obwohl General Rüdiger den Uebergang bei Köpriköi gewonnen, setzte er doch seinen Marsch nicht in der geraden Richtung über Nadir dervend nach Aidos fort, sondern entschloss sich zu einem doppelt so weiten Umweg. Die grosse Schwierigkeit, welche das Kirkgicid-Thal (S. 143) darbietet, und die Leichtigkeit, mit welcher dort jedes Vordringen zu verhindern ist, bestimmten ihn, am rechten Flussufer fort bis zur Brücke von Podbasi zu marschiren, zugleich wohl in der Absicht, dem General Roth das Defile" zu öffnen, wenn der Feind ihm den Uebergang über den Kamcik noch streitig machte. Ueber Dervis Jovan ging er dann an diesem Tage nach Armutlar vor. General Roth lagerte bei Aspro, einem grossen bulgarischen Dorfe in einer Thalschlucht zum schwarzen Meer. Die Einwohner kamen ihm unter Vortragung des Kreuzes feierlich entgegen." Bereits wenige Tage später waren alle weiteren Hindernisse, welche Verhaue, schlechte Wege und der geringe türkische Widerstand dem Vordringen der Russen entgegenstellten, überwunden. Ueber Aivadzik und Bana, auf demselben Wege den ich nordwärts zog, erstiegen die Sieger des Emine-Balkans Höhen; vor ihren überraschten Blicken lag Misivri, das Meer und auf demselben die russische Flotte, welche ihrerseits der Landarmee laute Hurrahrufe mit Freudensalven er-wiederte. Allerdings war der weitere Vormarsch der Armee vom Cap Emine und ihre Verpflegung von Burgas her, mit den grössten Schwierigkeiten verbunden, deeimirten Pest und Fieber das Heer und die Thiere hatten bei eingebrochenem Regenwetter mit dem fetten rumelischen Thonboden zu kämpfen; Tausende von Gerippen ukrainischer Ochsen, von Pferden und Maulthieren bedeckten die Heerstrasse von Burgas nach Adrianopel, Hunderte stecken gebliebener Fahrzeuge verlegten, wie Blaramberg anschaulich erzählt, die Wege und vergebens suchte Marschall Diebitsch von seinem Hauptquartier Burgas aus durch zweckdienliche Maassregeln die Leiden seiner tapferen Officiere und Soldaten zu mildern! Den gebrachten Opfern entsprach aber auch das für Russland Errungene; denn die Schöpfung des „Fürstenthums Bulgarien" im Frieden zu St. Stefano fand durch jenen von Adrianopel ihre Vorbereitung. Alles in Allem hatte Marschall Diebitsch mit dem Uebergange über das Cap Emine, nach langen Jahrhunderten, den traditionellen Nimbus der Unbezwinglichkeit des Balkans gebrochen, den Fahnen des Caren nach Constantinopel den Weg gezeigt, Russlands Einfluss durch die Niederwerfung seines mächtigsten moslimschen Gegners im Orient bedeutend gehoben, sich selbst aber an jenem denkwürdigen 22. Juli 1829, an welchem er den Balkan überschritt, den historisch gewordenen Ehrennamen „Zabalkanski" errungen! • AM PONTUS UEBER VARNA UND BALtlK NACH KAVARNA. Weg zur Kamcikfurth. — Podbasi-Fährc. — Kamcikmündung. — Auf der Pontus-Terrassc. — Cap Galata. — Verschwundene Orte. — Vor und in Varna. — Türken und Alterthumsforscher. — Clas-sische Reste im Serai. — Panstatue, Dionysos-Relief und Votivstein. — Varna, das alte Odessus. — Seine Vergangenheit. — Von Vitalian 514 erobert. — In wechselnd bulgarisch-byzantinischem Besitze. — Seine Verwüstung durch Car Joannes. — Unter Despot Dobrotic. — Von Ungarn, Türken und Russen belagert. — Seine Umwallung. — Russische Belagerung 1828. — Glänzende Vertheidigung, Capitulation und Kaiser Nikolaus' Einzug. — Dessen denkwürdiges Schreiben an Voroncoff. — Wiedergeburt der Stadt. — Project für einen neuen Hafen. — Dessen Schicksal unter und nach Sultan Abdul Medschid. — Aufschwung des Getreidehandels. — Consulate. — Bild von der See. — Bevölkerungs-Verhältnisse. — Geistige Fortschritte. — Kirchen, Schulen und Casino. — Griechisch-bulgarische Spaltung. — Aeusserung des Metropoliten Joachim. — Fremdgläubige Gemeinden. — Klagen gegen türkische Gouverneure. — Vernachlässigung des Stadtwohls. — Vergleich mit Odessa. — Leben, Klima und Approvisionirung. — Jagdgesetz von 1879. — Gärten und Landausflüge. — Sonntagsvergnügen am Cap Suganlik. — Klöster Sv. Konstantin, Dimitri und Gjorgje. — Sociale Stellung der Varniotinen. — Ausblick vom Cap. — Prähistorische und moderne Gräber. — Schatten und Lichtseiten des Krimkrieges. — Russische Lothungsarbeiten im Hafen. — Seine Armirung mit Krupp'schen Geschützen. — Neue Vertheidigungswerke. — Aegyptische Garnison 1877. — Russen vor der Stadt. — Verzögerte Uebergabe. — Abzug der Türken 1878. — Provisorische Administration. — Einzug des Fürsten Alexander. — Gouverneurswechsel und höhere Beamte. — Türkische Dankadresse für die erlassene Wehrpflicht. — Moslimsche Emigration und Sinken der Grundstücke. — Stadtviertel und Seelenzahl im April 1880. — Kirchen, Clerus und Schulwesen aller Confessionen. — Consuln, Banken und erste Firmen 1880. — Geschäftslage, Zölle, Steuern und Stempel-Abgaben unter bulg. Regime. — Verbotener und wieder gestatteter Getreide-Export im April 1 SSO. — Schiffahrts- und Handelsverhält-nissc 1878. — Zustand des Hafens 1880. — Eisenbahn- und Consular-Conflicte. — Eine ernste Mahnung. — Demolirung der Festungswerke 1880. — Thore und Strassenzüge. — Die Stadt von den nördlichen Höhen. — Auf der Balcikstrasse. — Position Dervend. — Im Bulgarendorfe Kapakli. — Tscherkessen zu Azicieh. — Aladza manastir, Batova, Ekrene und das altgriechische Kruni-Dionysopolis. — Naturverständ-niss der Griechen. — Beginn der Dobruca. — Teke des Hafus Halil Baba. — Der Türke und seine Reliquien. — Opfergaben. — Der Klosterclerus im Occident und Orient. — Pilgerndes Derwischthum. — Im Wohnhause des Schech's. — Religiöse Uebungen. — Auftrag an Midhat Pasa. — Moslimsche Asketen und Bacchuspriester. — Teke's Wald und die Vakufgüter-Frage im April 1880. — Route nach Balcik. — Geschichtliches bis 1878. — Aufschwung seit 1840. — Bevölkerungs-, Handels- und Productionsverhält-nisse in Stadt und Kasa. — Fischfang. — Klima und Strassen. — Aussicht vom Hochplateau. — Am Pontusgestade. — Gefechtsfeld von 1828 bei Kavarna. — Dessen Häuserzahl, Gemeinde und Regent.— Ausflug zur Rhede. — Ihr Getreide-Export. — Das altgriechische Karon und Byzon. — Cap Kalliakra und Gülgrad. — Das „gute Cap" für alte und neue Schiffer. — Sein Name im Juli 1878 gerechtfertigt.— Bericht über die dortigen tscherkessischen Gräuelthaten. —Russische Occupation im J. 1878. demselben Wege, welchen die Russen im Juli 1829 nach Dervis Jovan genommen, nur S. gegen N., zog ich am 6. Augustmorgen zum Kam6ik. Rechts blieben die Mauern einer in jenem Kriege zerstörten älteren Ansiedlung, links auf den mit Wein bepflanzten Höhen, zwischen zwei, unten im ebenen Plane versickernden Wasseradern die Rudimente türkischer Erdwerke. In leicht geschlängelter Linie wand sich unser Weg zwischen grasigen P'lächen, Eichengestrüpp und mit trügerischem Grün überzogenen Tümpeln zum durch eine zerstörte Redoute markirten Brückenkopfe. Ihm gegenüber lag ein bescheidenes Häuschen, aus dem auf unseres Zaptie's weithin hallenden Anruf ein weissbärtiger Türke trat, der seine auf dem Boden einer plumpen Fähre hingestreckten Ruderknechte weckte. Sie lagen im tiefsten Schlafe und wir fanden Müsse, ihr langes Hantieren zu betrachten, bis sich das antediluvianisch aussehende Fahrzeug in Bewegung setzte. Dann griffen aber die langen Ruder hurtig in den braungelben Spiegel, die kräftigen Männer pusteten aus aller Kraft und wischten sich, nachdem sie gelandet, den Schweiss von den glatt rasirten Köpfen, um ein Anrecht auf Baksis zu erwerben. Die Fähre war breit genug, um unsere Pferde gleichzeitig aufzunehmen und die 45 Schritte betragende Entfernung wurde ohne Unfall zurückgelegt. Am Fährhause „Podbasi" betrat ich das linkseitige Ufer des Kamcik, welcher seine stark mit Alluvium geschwängerte Fluth 1 St. östlicher, beim „Ak burun" (Weisses Cap) träge in den Pontus wälzt. Ist eine Melodie im Schwünge, verfolgt sie uns überall. Das Lied von den „schlechten Zeiten" war und ist allerorts das verbreitetste, in der Türkei aber begreiflich mehr, als anderswo. Auch der alte Fährmauthner begann es in ähnlicher Tonart wie sein Amtsbruder in Misivri anzustimmen. Ich hatte diesmal jedoch weniger Lust geduldiges Publicum zu spielen und suchte dem untröstlichen Morgenconcert durch rasche Entrichtung des Fahrobolus zu entrinnen; vergebens, des Brauchs und um meiner Leute willen, musste ich den üblichen Kaffee-Lethetrank mitschltirfen. Nun brach ich aber auf und erkletterte mit östlichem Wegbug, über die letzte von Begzioglu zum Kamcik rinnende Ader weg, das stark undulirte Plateau, in dem der Pravadi-Balkan mit steilem Ostrande zum Meere abbricht. Kaum hatten wir die stellenweise freundliche Terrasse betreten, machte sich auch sofort die Einwirkung der milden Seeluft fühlbar, besonders als wir uns mit einer Curve gegen 0., beim türkisch-tatarischen Petriköi noch mehr der Küste näherten. Hinter dem 28 türkische Häuser zählenden Jaila, welches ich neu in Karte brachte, nahm uns ein Laubwald auf, dessen kühle Schatten wohlthuend die Glut des heissen Augustmittags milderten. Wie prächtig erschien sie, diese von Pontuslüften gefächelte Hochterrasse, auf welcher vor zwei Jahrtausenden Alexander und Darius lagerten, obschon Völkerzüge, Krieg und Unverstand seitdem ihre dichten Wälder lichteten. Wie reitet es sich hier noch immer herrlich durch Obsthaine und lauschig dunkle Schluchten, deren geschwätzige Quellen des Festlands Geheimnisse zum Meere hinabtragen. Einer Ahorngruppe breite Kronen, dort mächtige Wallnussbäume und Eichen laden abwechselnd zu schattiger Rast, während welcher wir, von mit üppig: wuchernder Flora buntfarbig geschmücktem Rasenkissen träumerisch ausblicken auf die hellglänzende majestätische Fläche, auf das riesige Reservoir, in das unzählige kleine Flüsse neben Donau, Dnieper, Dniester und Don ihre Wasserfülle seit unbestimmbaren Zeiten schütten. Angesichts des von sanfter Brise nur leicht bewegten Pontusspiegels, in den der Küste Wälder ihre dunklen Reflexe werfen, vergisst man Ovid's Klagen oder denkt mit seinen Kritikern: das Exil stimmt ungerecht und bitter. Wohl ist hier der Winter hart und wie im Dobruca-Skythenlande lang und traurig. So viel mit Recht aber auch bei den Schiffern als „Pontus Euxinus", als Schwarzes Meer verrufen, ob seiner bald trügerisch blauig glatten, und gleich darauf zu haushohen, Verderben bringenden Wogenbergen sich umwandelnden Fläche, deren Wtithen alljährlich zahllose Familien in Trauer hüllt, so reiches Lob zollt ihr der Wanderer. Ob er auf Burgas' gerühmten Golf ausblickt oder durch die Vegetationspracht „immergrünen Buschwalds zu Kolchis" schreitet, wo die Cy-presse und Myrte, die Feige, der Wein und Granatapfel wild wuchern, ob er auf den Palastruinen der Gross-Komnenen über den Wandel irdischen Glanzes sinnt oder in des weissen Caren „schwebenden Gärten" an der Jaila Steilhängen sich ergeht, von wo einst des Morgenlandes gepriesene Mädchenpracht die Harems der Tatarenchane bevölkerte; allerorts wird er des Pontus Küsten wechselnden Reiz abgewinnen, überall wird er aber zugleich bedauern, dass ihre jeglicher Schilderung spottenden Naturzauber, in so verschwenderischer Fülle, vor grossen-theils stumpfsinnigen Menschen sich ausbreiten, welchen aller mit bewusstem Verständnisse das Erhabene geniessender Sinn, unter dem, veredelnden Künsten und Wissenschaften abholden Ttirkenregiment, nahezu gänzlich verloren ging! Im Schatten einiger, unter dem reichen Früchtesegen sich beugender Birn-baumkronen maass ich den höchsten Punkt zwischen Kamcik und Pravadi mit 249 M. Eine letzte Stunde Ritt trennte uns nur mehr von Varna, und während ich noch einige Details für meine Aufnahme des Pravadi - Balkan croquirte, machten meine Begleiter ihre Toilette für den Einzug in die ersehnte Stadt. Man rüstete und bürstete so gut es ging, mein schwarzer Zaptie wickelte sein vorschriftswidrig um den Fes geschlungenes Foulard ab und füllte es mit saftigen Birnen, welche er für einen Freund als Reiseangebinde gepflückt. Noch hatten wir einen letzten schmalen Einschnitt zu queren, der seinen ärmlichen Tribut direct zum Meere führt, dann ging es an vier Tumuli vorbei, S. N. sanft hinab über den Rücken des 1828 von Omer Vrione mit Redouten gekrönten „Cap Ga-lata" zum breitsohligen Delta des Pravadi. Nichts hinderte nun die Aussicht auf das mit weissem Bastionengürtel umschlossene Pontusbollwerk. Auch seine öst- liehe Barriere, der Devnasee tauchte auf, wohl nicht zu seinem Vortheile; denn neben dem riesigen Meerrivalen schrumpfte er liliputförmig zusammen. Sanfte, mit Wein bepflanzte Höhen führen hinab zur Ebene. Dort schnitt unsere Strasse durch eine vielköpfige Tumuligruppe, fünf zählte ich allein zur Rechten, es folgten einige Brunnen, welche Cerealien führende Caravanen malerisch umlagerten, dann zur Linken, hart am Seerande, die Reste des 1829 von seinen Bewohnern verlassenen Penirdze; sie wanderten nach Dereköi, das Dorf blieb aber auf unseren Karten nach wie vor, gleich anderen stehen, um welche ich an verschiedenen Punkten vergeblich fragte. Je mehr wir uns Varna näherten, desto öder gestaltete sich seine Umgebung; der schönste Boden verdorrt, wo der Türke seinen Fuss hinsetzt. Die breite sumpfige Fläche zwischen dem zum Hafen laufenden Schienenstrange und dem vollster Urwüchsigkeit überlassenen Pravadi, glich einer riesigen, von Dämmen und Dünen durchschnittenen Kehrichtstätte, auf der Generationen ihren Unrath abgelagert zu haben schienen. Fieberschwangere Miasmen verpesteten hier in den heissen Monaten die Luft und der hohe Krankenstand des 1854 um Varna cam-pirenden französisch-englischen Corps wird leicht erklärlich. Bei einer Mühle kreuzten wir den zwischen vorgeschobenen Werken fliessenden Pravadi und bald darauf sass ich wieder nach achttägigem Intervall an der Table d'hote des Hotel d'Angleterre. Angenehm überrascht war ich dort Frau von Montlong, der Gemahlin des Ruscuker österreichisch-ungarischen General -Consuls zu begegnen; es wurde mir manche interessante Neuigkeit aus der Heimath und dem Vilajetcen-trum. Nachdem ich auch in der letzten Brief- und Journalpost geschwelgt, schickte ich mich an, dem Mutessarif-Pasa meinen Besuch zu machen. Jeder Türke in höherer Amtsstellung weiss, dass reisende Europäer sich für Alterthümer interessiren. Er begreift wohl selten diese Vorliebe, aber in dem Augenblicke, wo ihm der durch einen Ferman oder Bujurdu empfohlene Fremde diese Documente übergiebt, wird er nur selten verfehlen, ihn seines hohen Interesses für die Reste der Vorzeit auf das lebhafteste zu versichern. In der Regel ist auch beinahe jeder Pasa, Kaimakam und Mudir im Besitz einer kleinen Münzensammlung, einiger antiker Stein- oder Bronzefragmente u. s. w., die stets bei „nächster Gelegenheit" in das vor wenigen Jahren zu Constantinopel begründete kaiserliche Museum wandern sollten. Gewöhnlich wurden aber die werthvolleren Silber- und Goldmünzen bei einem Saraf (Wechsler) gegen courante Lira umgesetzt und die Sculpturen und Inschriften in irgend einem Winkel des Hofraums untergebracht oder bei gelegentlicher Restauration des Konaks (Amtshauses) als erwünschtes billiges Baumaterial verwerthet. Viele und gewiss oft höchst wichtige Zeugen der Vorzeit sind auf diesem Wege unrettbar verloren gegangen, während andere beim Einstürze der zum Glück nicht sehr langlebigen türkischen Bauten wahrscheinlich ihre Auferstehung feiern dürften. Wie ich bereits erwähnte, weiss der Türke, mit geringen Ausnahmen, wenig oder nichts von den Völkern, deren Erbschaft er auf griechisch-römisch-byzantinisch-slavischen Boden angetreten hat. Er classifizirt sie alle unter den Generalnamen „Genevier" oder „Rumler" und schreibt diesen Nationen, von denen er eine nur unbestimmte Idee hat, unterschiedslos alle antiken monumentalen Reste zwischen Serbiens Südgrenze und dem Schwarzen Meere zu, welche einmal mehr erforscht, sich zu einer lapidaren Geschichtschronik der classischen Epoche dieses Bodens gestalten werden. In archäologischen Dingen steht auch die Mehrzahl der sogenannten gebildeten EtTen-di's mit dem letzten Schreiber auf gleicher Stufe. Es überraschte mich daher wenig, als der Mutessarif Pasa eine höchst charakteristische griechische Panstatue und ein antikes mythologisches Relief als genuesische Werke bezeichnete. Die bei Pravadi ausgegrabene, 1 Meter messende, Statue des griechischen Hirtengottes ist in Marmor etwas schematisch ausgeführt und an den unteren Extremitäten gewaltsam verstümmelt. Pan's Zwittergestalt von Mensch und Bock veranlasste ein Mitglied des Stadtrates, mich zu fragen, ob denn wirklich derartige Wesen existirt hätten! Weit verständlicher war dem türkischen Effendi die Querpfeife in der rechten Hand des Waldgottes; besitzt sie ja mit den primitiven Instrumenten der bulgarischen Hirten im Balkan grosse Aehnlichkeit. Die zweite figuralische Sculptur, welche der Konak zu Varna im Jahre 1872 bewahrte, war ein griechisches Marmor-Relief von 0,45 M. Höhe und 0,40 M. Breite, das, soweit dessen arge Verstüm- Pan-Statue zu Varna. melung es erkennen Hess, Dionysos und Apollo in schöner Composition darstellt. Das Haupt des Dionysos scheint Weinlaub oder ein Diadem geschmückt zu haben, leicht bekleidet, hält er in der linken Hand einen langen, über den oberen Rand des Reliefs hinausgehenden Thyrsosstab. Apollo ist augenscheinlich als Musagetes, als Musenführer dargestellt; sein Gesicht zeigt ein schönes längliches Oval, das auf die Schultern fallendes langes Haar umrahmt, die beinahe weiblichen Formen umhüllt eine lange Tunica, mit der linken Hand hält er die heilige Leier, die gesenkte rechte reicht einen Kranz. Die letzten Zeilen der Dionysos- und Apollo-Relief zu Varna. Widmung sind, wie es scheint, mit Absicht ausgemeisselt worden. Die Votiv-tafel zählt zu den besten Sculpturen, welche ich im Balkangebiete sah. Sie wurde nahe der Batovabach-Mündung bei Ekrene ausgegraben und giebt monumentales Zeugniss, dass an diesem Punkte einst das griechische Dionysopolis stand, von dem ich in diesem Capitel noch sprechen werde. Im Seraihofe copirte ich auch einen beim Belledieh-Neubau ausgegrabenen griechischen Votivstein, welcher in den im III. Bande der I. Auflage mitgetheilten Inschriften erscheint. Wenn nichts Anderes, würde schon dieser neueste Fund selbst ohne die vorausgegangenen zeigen, dass Varna auf der Stelle einer an- tiken Niederlassung steht, frühere Funde brachten aber auch ihren Namen auf die Nachwelt. Bereits 1851 traf der griechische Consul und treffliche Alterthumskenner Papadopulos Vrctos im Hause des Armeniers Hadzi Arakel Oglu zu Varna einen griechisch-lateinischen Stein, welchen die Commune „Odessus" dem Titus Vitrasius Pollion, Statthalter und General des Kaisers Titus, für eine neue Wasserleitung gesetzt, in deren Nähe diese doppelsprachige Inschrift ausgegraben wurde. Aus ihrem Inhalte und aus gleichfalls nach Constantinopel gewanderten Monumenten stellte Papadopulos gegenüber Manncrt, Hammer, Forbiger u. A. zweifellos klar, dass Varna mit dem altberühmten Odessus identisch sei, welches im Bunde der aus Tomi (bei Küstendze), Istria (S. von Babadagh), Mesembria (Misivri) und Apollonia (Sizepoli) bestehenden Pentapolis den ersten Kang einnahm. Odessus Name schwankt auf den Münzen zwischen OAHIITQN bis OAHCCEI-TßN in verschiedenen Schreibarten*). Später soll die Stadt aber Tiberiopolis geheissen haben**); wann sie ihren heutigen Namen erhielt, ist unbekannt. Theo-phanes kannte ihn bereits und auch Konst. Porphyrogennetus nannte so in seinem Geschichtswerke einen Fluss am Wege, den die Hussen nach Constantinopel zu nehmen pflegten. Boeckh zählt Odessus zu den Städten, welche dem Helden Theokies Satyros eine goldene Krone verehrten. Dass es unter den Römern eine bedeutende Stadt war, beweisen die beiden neben ihr hingemalten Häuschen auf der Peut. Tafel. Verschiedene Quellen melden übereinstimmend, dass zu Varna das Christenthum unter den mösischen Niederlassungen mit am frühesten Eingang fand und zwar wurde jener vom h. Andreas geweihte Amplias, dem der h. Paulus im XVI. Cap. des Briefes an die Römer seinen Gruss sandte, ihr erster Bischof. 514 n. Chr. wurde die Stadt von General Vitalian, der sich zum Vertheidiger des orthodox-katholischen Glaubens aufwarf, durch Ueberrumpelung genommen und Cyrill, des Kaisers Anastasius Feldherr, im Bette ermordet. Mehr als 10,000 Bekenner der Christenlehre fielen diesem, mit Unterstützung heidnischer Hülfstruppen geführten, Mösien verwüstenden Religionskampfe zum Opfer. Zur selben Zeit begannen die grossen Verheerungszüge der turanischen Bulgaren gegen die griechischen Seestädte und Kaiser Konstantin Pogonatos sah sich 679 gezwungen, gegen diese unruhigen Nachbarn einen Kriegszug in der Richtung des Trajanswalles zu Wasser und zu Lande zu unternehmen, welcher jedoch ohne Erfolg blieb. Der bulgarische Führer Isparich drang unaufhaltsam mit seinen plündernden Schaaren bis Varna und unterwarf sich die umwohnenden Griechen und Slaven. Kaiser Konstantias V. wiederholte Versuche zum Wiedergewinn des Verlorenen scheiterten gleichfalls bei Varna (774); er schloss endlich mit dem Bulgarenfürsten Cerig, auch Telerig genannt, einen Frieden, der *) Mionnet, Description des Medai 11 es antiques. Tom. I. 395—396. **) Papadopulos Vretos. La Bulg. anc. et mod. S. 209. von diesem aber und auch von seinen Nachfolgern oft gebrochen wurde. Als Kaiser Isaak Angelus in der Schlacht bei Berrhoea (1190) sein Heer verlor und selbst nur mit grösster Anstrengung das nackte Leben rettete, stürmte der siegreiche Bulgarencar Asen I. unter anderen Städten am Pontus auch Varna, das jedoch bald darauf wieder byzantinisch wurde. Erneuert verlor es Kaiser Alexis Komnen, trotz verzweifelter Gegenwehr, an Car Kalojan (1197—1207). Nach einer Aeusserung des Niketas scheint damals Varna's tapfere Besatzung aus Lateinern bestanden zu haben; denn gewöhnlich sandten die byzantinischen Kaiser deutsche und englische Soldtruppen in entferntere Reichsstädte. Der slavenfeindliche griechische Chronist erzählt, nicht ohne wahrscheinliche Uebertreibung, die Einnahme Varna's (1202) in einer Weise, welche interessante Streiflichter auf die Kriegsführung und chronistische Berichterstattung jener Zeit wirft. Er schrieb: „Zu dieser Zeit machte Joannes (Car Kalojan) einen Zug nach Mösien mit einer sehr grossen Armee, ganz mit Erzpanzern ausgerüstet, und bemächtigte sich ohne Schwertstreich Constantia's, das er befestigte. Von dort zog er gegen Varna und umschloss es den sechsten Tag vor dem Leiden Christi. Dem grössten Widerstande von Seiten der Belagerten begegnend, deren Mehrzahl aus tapferen Kriegern bestand, es war eine lateinische Garnison, Hess Joannes eine vierseitige Kriegsmaschine anfertigen, deren Länge der Breite des Grabens und deren Höhe jener der Stadtmauern gleich kam. Diese auf Rädern ruhende Maschine wurde an den Graben gerollt, in diesen gestürzt und mit ihrer Hülfe, an Stelle von Leitern, die Wälle der Stadt erklimmend, machte er sich in drei Tagen zum MeisteTvon Varna. Der Barbar, die Heiligkeit des Tages nicht achtend (es war der h. Samstag, wo Jesus Christus im Grabe schlief) und nicht er-röthend sich Christ zu nennen, obschon er diesen Namen nur auf den Lippen trug, aber handelnd wie ein blutdürstiger Dämon, Hess alle lebend Gefundenen in den Graben stürzen und sodann ihn mit Erde füllend, machte er aus dem Orte einen Friedhof. Zuletzt zerstörte er die Mauern und kehrte nach Mösien zurück, nachdem er Ostern mit Menschenleichen gefeiert hatte und mit abscheulichen Opfern." In dem zwischen Kaiser Isaak und Kalojan abgeschlossenen Frieden wurde Varna erneuert den Byzantinern zurückgegeben, seine Mauern wurden restaurirt, doch vermochte es sich lange nicht von dem erlittenen harten Schlage zu erholen; auch nach dem rasch vorübergehenden lateinischen Kaiserthum zu Byzanz blieb es aber, wie die kirchlichen Annalen bezeugen, Sitz eines Erzbischofs der griechischen Kirche. Um 1370 residirte zu Varna jener Bulgarenfürst Dobrotic, welcher seine Herrschaft zur See bis zur asiatischen Küste ausdehnte und dessen Kriegsschiffe vor der Komnenenstadt Trapezunt erschienen, um seinen Schwiegersohn Michael, Sohn des Paläologen Joannes V., an des rechtmässigen Thronerben Kanitz, Donau-Bulgarien und der BBlkan. JII. 13 Andronikos Stelle zu setzen, franko, der Sohn und Nachfolger dieses Dobrotir, hielt Varna 1388 noch tapfer, als Aidos, Pravadi und Tirnovo sich bereits den Türken ergeben hatten; doch 1391 musste es sich mit dem ganzen Bulgarenreiche unter den Halbmond beugen; alle Versuche ihn abzuschütteln, scheiterten. Vorübergehend leuchtete wohl den Bulgaren während Hunyäd's berühmtem Balkan-Winterfeldzug (1443) trügerische Aussicht auf Befreiung, wie eine Fata morgana zerfloss sie jedoch für Jahrhunderte, nach dem traurigen Ende der auf S. 132 geschilderten Schlacht bei Varna (10. Nov. 1444), welche der jugendliche Ungarkönig Vladislav mit dem Leben bezahlte und den Fall von Byzanz vorbereitete. Nach Bruzen la Martinierc's Zeugniss wurde Varna 1610 von wahrscheinlich aus der Dobruca vordringenden Kosaken geplündert und verbrannt; was die Türken zur Befestigung der Stadt mit Mauern und Gräben führte. Nun galt es mit Kecht als stärkstes Bollwerk der Sultansherrschaft am Pontus. Vergebens waren 1773 die Anstrengungen des Generals Ungern-Sternberg und 1810 jene des Generals Kamensky Varna zu erobern. 428 Jahre verstrichen, bis des nordischen Caren Fahne auf Varna's Wällen wehte, deren Bewältigung den Küssen riesige Verluste kostete. Varna liegt hart am Ausflusse des Devnasce's auf einer niederen Terrasse, welche S. und N. von den mit Wein- und Obstgärten bedeckten Höhen erst auf 3—4000 Schritte umschlossen wird, was ihrer Vertheidigung im J. 1828, bei der geringen Tragweite der alten glatten Geschütze sehr zu Statten kam. Die Festung hatte damals genau den Umfang einer halben Meile. Ihr westliches Inncn-terrain bestand aus türkischen Friedhöfen; der bebaute östliche Theil, in dem 25,000 Einwohner in engen Gassen mit hölzernen Häusern zusammengepfercht lebten, zog sich vom Thale bis zum Meere hin. Von den byzantinischen Werken war nur ein Castell mit Thürmen und Mauern erhalten, welches, zu klein zur Vertheidigung, als Pulvermagazin verwendet wurde. Varna's im modernen Style angelegte Werke bestanden in der Hauptsache aus einem Erdwalle mit 10 engen Bastionen, deren Facen für 6 Kanonen, deren kurze Flanken aber nur für je 1 Geschütz Platz gewährten; auf den schmalen Wallgängen der Courtinen vermochte man aber gar keine Stücke aufzustellen. Der schmale Graben mit gemauerter Escarpe und Contreescarpe war grossentheils trocken und auf der steilen Felswand am Meere war die Kehle der Festung nur durch eine freistehende Mauer geschlossen. Permanente Aussenwerke fehlten gänzlich, ebenso ein gedeckter Weg, doch hatten die Vertheidiger während der Belagerung vor der Westfront drei Lunetten, nördlich eine Schanze, nebst zahlreichen kleinen Loge-ments erbaut, die trotz ihrer flüchtigen Constructionsweise sich bewährten. Auf der Südfronte lag vor der Steinbrücke über den Devnasee-Ausfltiss ein enger Brückenkopf. Hier befand sich Varna's verwundbarste Stelle. Denn so sumpfig » der westliche Grund vor demselben, so leicht passirbar ist der östliche, wo ihn der Wellenschlag mit Sand bedeckt, und ebenso der nahe enge Devna-Ausfluss. Die Ueberrumpelung der Festung hätte nach Moltke's Ansicht leicht im Beginne der Belagerung gelingen können, wenn man unter dem Feuer von Kriegsschiffen bei den Dünen gelandet und am Brückenkopfe vorüber in die Stadt eingedrungen wäre. Als Varna's Garnison später bedeutend verstärkt worden war, verbot sich ein solcher Handstreich von selbst. Am 14. Juli erschien Graf Suchelen mit einem schwachen Corps vor Varna. Am 17. Juli führte der von Constantinopel kommende Kapudan Pasa Angesichts der Russen, die bedeutende Verstärkung von 5000 Nizani's in die Festung und am 20. Juli Morgens begann schon der erste Ausfall. Er leitete jenes interessante Wechselspiel zäher Gegenwehr der 15,000 Mann zählenden Besatzung und scharfsinniger Angriffe des allmälig auf 20,000 Mann verstärkten russischen Belagerers ein, welches bis zum 11. October dauerte und von Moltke in spannender Weise geschildert wurde. Ich muss wegen des erforderlichen grossen Raumes auf das Werk selbst verweisen und kann hier nur die entscheidende Attaque berühren. Sie erfolgte durch das russische Belagerungscorps von N. her, während ein anderes die Südseite stark besetzt hielt; die Verbindung beider unterhielt eine Pontonbrücke Uber den auch leicht zu durchfurthenden Pravadi zwischen beiden Devnaseen, welche gleichfalls von den Russen benutzt wurden, deren kleine Boote bis unter die Kanonen der Festung sich wagten. Erst nachdem der wehr-tttchtigste Theil der Besatzung in kühnen Ausfällen und in der aufopferndsten Vertheidigung des Grabens auf 5000 Mann geschmolzen, die ganze Nordostfronte der Festung durch fortgesetzte Minensprengungen niedergelegt worden und die letzte Aussicht auf Entsatz durch den nur 1 Meile vom Platze entfernt stehenden, aber gänzlich unthätigen Omer Vrione Pasa geschwunden war, schien der Muth der heldenmüthigen Vertheidiger gebrochen. Am 10. October Nachmittags ergab sich Jussuf Pasa mit einem Theile der Garnison, vielleicht auch durch äussere Einflüsse bewogen, denn noch waren die letzten Vertheidigungsmittel nicht erschöpft, dem Grafen Voroncoff und der Gnade des Cars Nikolaus, welcher der Belagerung auf dem Admiralschiffe anwohnte. Es wurde viel von Verrath gesprochen. Der Kapudan Pasa Izzet Mehemed, ein Alttürke von reinstem Wasser, war wirklich nicht zu bewegen, der Capitulation beizutreten; er drohte das mit einer kleinen Schaar im Innern der Stadt besetzt gehaltene Castell und sich selbst in die Luft zu sprengen. Ein auf Jussuf's Rath, von der Flotte und aus allen Batterien eröffnetes heftiges Feuer trieb aber den Rest der Besatzung und Bevölkerung aus der Stadt und am nächsten Tage (14. October) wurde die Festung, nachdem Izzet Kapudan mit 300 Mann freier Abzug bewilligt worden, den Russen übergeben. Die türkische Zähigkeit und unerschütterliche Tapferkeit hatten sich 13* während der dreimonatlichen Vertheidigung glänzend bewährt und diese selbst, wie Moltkc erklärt, zu einer der denkwürdigsten Thaten moderner Kriegsgeschichte gestempelt. Nicht geringeres Lob ertheilte er aber der russischen Ausdauer und namentlich den Generalen Voroncoff, Meueikoff, Trousson und Schilder. Die Küssen erbeuteten in Varna 162 Kanonen; die Stadt und besonders das hinter der Angriffsfront gelegene Christenvicrtel glichen aber Schutthaufen. Ueber Ruinen hielt der von einem glänzenden Stabe begleitete Kaiser Nikolaus seinen Einzug in die Kathedrale, an deren Pforte ihn Varna's Erzbischof feierlich empfing. Nach der kirchlichen Ceremonie Hess der Car sogleich tausend holländische Dukaten an jene Familien vertheilen, welche am stärksten gelitten hatten, auch übersandte er noch am selben Tage an Graf Voroncoff einen goldenen Ehrcn-säbel „für die Einnahme von Varna", begleitet von einem eigenhändigen Schreiben, in dem der Selbstherrscher aller Reussen dem polnischen Nationalgefühle in schwungvoller Phrase seine Huldigung darzubringen suchte. Der Brief ignorirtc ungemein geschickt, dass Vladislav namentlich als König von Ungarn und zwar mit einem grosscntheils ungarisch-walachischen Heere gegen Sultan Murad zog, und spricht von Vladislav nur als „König von Polen". Allerdings war der junge Wahlkönig noch nicht gekrönt und fehlte deshalb, nach magyarischem Staatsgesetze, in der Reihe der „gesalbten Könige" von Ungarn. Das interessante Schreiben lautet wörtlich: Varna, am 11. October 1829. General-Adjutant Graf Voroncoff. Nachdem ich meinen Dank dem Allmächtigen dargebracht, welcher das Recht beschützt und die russischen Waffen mit neuem Erfolg gekrönt hat, wünsche ich das Andenken meines glorreichen Vorgängers zu ehren, welcher Sieg und Leben aber nicht die Ehre verlor unter Varna's Mauern, die wir so eben unterwarfen. Hier ist es, wo der tapfere Sohn Jagel's, Ladislaus, König von Polen endete, als er unter dem Banner der Christenheit kämpfte. Man kennt nicht den' Ort, wo seine Asche ruht, in der Hauptstadt Polens aber will ich sein Andenken verewigen in seiner würdiger Weise. Ich bestimme zu diesem Zwecke zwölf Kanonen aus jener Zahl, welche wir in Varna nahmen. Ich gebe sie der Stadt Warschau, welcher Sie dieselben gleich senden werden. Diese Kanonen mögen am passendsten Orte aufgestellt werden, nach den Befehlen S. k. H. des Carevic zu Ehren des Helden, welcher nicht mehr ist, zur Ehre der tapferen russischen Krieger, deren Sieg seinen Tod gerächt hat. Ich beauftrage Sie mit der Ausführung meines Willens und bin immer Ihr geneigter Nikolaus. Nach dem Adrianopler Friedensschlüsse vom 14. Sept 1829 gelangte Varna wieder unter türkische Hoheit, noch im Mai 1830 fand es aber Venelin, der zu wissenschaftlichen Forschungszwecken von Moskau nach dem Pontus abgesandte bulgarische Patriot und Schriftsteller, gänzlich zerschossen und nahezu ausgestorben. In der Umgebung herrschten Cholera und Hunger, der Rückzug der Russen vollzog sich eben und die Auswanderung des bulgarischen Landvolkes nach Bessarabien hatte begonnen. Zu Ende 1830 kehrten andrerseits die während Varna's Belagerung nach Braila, Galatz, Odessa und Ismail geflüchteten reicheren christlichen Familien allmälig dahin zurück. Durch zahlreiche Consu-latsflaggen geschützt, entfaltete sich seit 1840 am Pontus neues Leben und ebenso segensreich wie die „Oesterreichische Donau-DampfschifTahrts-Gesellschaft" für die bulgarischen Donaustädte, wirkte fortan der „Triester Lloyd" durch seine regelmässigen Fahrten für das Aufblühen der Handelsemporien am Schwarzen Meere, namentlich aber für Varna's rascheren Aufschwung. Leider gewährt sein Hafen tiefgehenden Schiffen ungenügenden Schutz gegen die fürchterlichen Nord- und Nordoststürme des Pontus; der Ankergrund in den nahen Buchten der beiden Cap's „Suganlik" und „Galata" ist aber vorzüglich und überall 3—15 Faden tief. Um die Unsicherheit des Varnaer Hafens zu beheben, wurde bereits vor 30 Jahren, während Sultan Abdul Medschid's Durchreise, das Project angeregt, ihn in den grossen und tiefen Devnasee zu verlegen. Der Sultan versprach die Sache hei seiner Rückkehr nach Constantinopel zu fördern und sandte 1847 wirklich einige türkische Ingenieure ab, die ihm Bericht erstatten sollten. In echt orientalischer Weise dachten diese Herren aber zunächst an die eigene Tasche und schlugen die Kosten für die Austiefung des nur 2000 Schritte langen Isthmus so hoch an, dass die Durchführung des nützlichen Projectes, welches Varna in einen der vorzüglichsten Häfen des Schwarzen Meeres umgewandelt hätte, fallen gelassen wurde. Seit jenem Jahre sprach man von der Aufnahme der Arbeiten wiederholt am Conferenztische des Stambuler „Ministeriums für öffentliche Bauten"; auch 1872 wurde während meiner Anwesenheit über die Anlage eines bis zum Meere führenden Eisenbahndammes conferirt; Indolenz und Vergeudung der Staatseinnahmen zu Stambul liesseil jedoch auch diesen Bau wie so viele andere schöne Pläne, beispielsweise den Hafenbau zu Enos u. s. w. auf dem Papiere stehen, nachdem sie den Zweck erfüllt, gläubigen turkophilen Correspondenten wohlfeile Phrasen über die Fürsorglichkeit der Pforte für das materielle Wohl ihrer Regierten entlockt zu haben! Gleich viel oder richtiger gleich wenig, wie für den Hafen und Eisenbahn-damni leistete das Pfortenregiment auch für Kai-, Molo- und andere nothwendige Bauten zu Varna. Türkische Communen sind aber bescheiden und bereits zufrieden, wenn ihre Entwickelung nicht geradezu von oben gehindert wird. Man erkannte es beispielsweise dankbar an, als das unvernünftige Verbot des Cerealienexports aus Bulgarien endlieh aufgehoben wurde. Schon 1847, während des Nothjahres in Frankreich, betrug die Getreideausfuhr gegen 10 Millionen Piaster. Der Export hob sich seitdem und namentlich im J. 1865 sehr bedeutend, doch wurde er, gleich dem bulgarischen Donauverkehr, durch das im December 1876 erneuerte Verbot der Cerealien- und Viehausfuhr, ferner durch die nahezu ausschliessliche Benützung der Ruscuk-Varnabahn für Militärzwecke, in den letzten Jahren im höchsten Grade geschädigt. Die durch den Triester Lloyd vermittelte directe Handelsverbindung zwischen dem Pontus und der Adria führte Oesterreich bereits im J. 1841 zur Etablirung der ersten fremdländischen Consulat-Agentur zu Varna, die später zum Range eines Vice-Consulates erhoben wurde; Frankreich folgte 1843, Griechenland 1845, Sardinien 1846, Russland 1847, England im selben Jahre, Belgien 1848. 1872 flaggten zu Varna 13 Consulate, darunter ein rumänisches, und 1880 kam auch ein persisches hinzu. Einzelne Consuln vertraten zwei Staaten, beispielsweise der zu Marseille geborene Spagnuole Alexander Tedeschi früher Oesterreich-Ungarn und Frankreich. Da die Mehrzahl der Consuln im Handelsviertel, nahe dem Hafen wohnt, gewinnt seine hochliegende Wallfronte an Feiertagen durch den wehenden Flaggenschmuck ein buntes Aussehen. Aus der Ferne betrachtet, gestaltet sich schon der unregelmässige Kern der meisten türkischen Binnenstädte pittoresk, bei Varna kommt aber noch sein prächtiger, von Cap Suganlik bis Cap Galata streichender, halbkreisförmiger grüner Bergrahmen hinzu, ferner die selbst an ruhigen Tagen stets leicht gekräuselte, tiefblaue See, mit bunt bewimpelten ab- und zugehenden segelreichen Briggs, Dampfern und vielruderigen schmalkieligen, lustig umher schwimmenden Kaiks, neben ruhig vor Anker liegenden Kriegsschiffen, dann seine Molo's, Wallbastionen, weissen Mauern, Thore, blinkenden Minarete und Kuppeln, das eingepresste rothdachige Häusergewirre und frisches Laub dazwischen — Alles zusammen ein ungemein farbenprächtiges Bild! Bereits 1855 hatte sich Varna so weit vom harten Schlage der russischen Belagerung erholt, dass es beiläufig 16,000 Seelen, darunter an ottomanischen Unterthanen: 8300 Türken, 6100 orientalische Christen, 1000 Armenier, 30 Israeliten neben 150 Griechen aus dem Königreiche zählte. 1872 unterschieden die officiellen Register 1392 moslimsche, 1154 christliche und 20 israelitische Häuser, was im Durchschnitte mit 5 Seelen pro Haus, trotz der seit 1855 angesiedelten Tscherkessen und Tataren, einen Rückgang bei der moslimschen und Stillstand bei der christlichen Bevölkerung ergab. Nun vermochte ich aber für letztere mindestens, entgegen den unsicheren amtlichen Quellen, eine stetige Vermehrung zu consta-tiren. Nach den von vertrauenswerthen Persönlichkeiten empfangenen Daten gab es nämlich 1872 zu Varna: 1300 griechische, 200 bulgarische, 200 armenische, 100 katholische und 10 protestantische Häuser, was mit den auf 800—1000 geschätzten moslimschen Häusern, nebst Israeliten, Zigeunern und Fremden für diese STADT UND RHEDE ZU VARNA. A$A S^D%%$$//+%$^O Stadt eine Gesainint-Bevölkerung von etwa 18,000 Seelen ergab. Es überraschte sonderbar genug, wenn gerade Varna, seit es durch eine Schienenverbindung mit der Donau erhöhten commcrciellen Rang erhielt, zurückgegangen wäre. Erscheint ja dessen Wachsthum mit 2000 Seelen von 1855 bis 1872, verglichen mit dem anderer bevorzugt situirter Seestädte, immer noch geringfügig. Varna's materielle Wiedergeburt datirt seit 1830; der allmälige geistige Aufschwung seiner christlichen Commune entwickelte sich aber erst seit 1840. Vor diesem Jahre sprachen nur der höhere Clerus und einige reichere Öorbasi das Griechische; die Masse, sowohl Griechen als Bulgaren, hatte aber im Umgange mit dem dominirenden Türkenthum ihre Muttersprache so gänzlich vergessen, dass die Popen Evangelium und Beichte in türkischer Sprache lehrten und hörten. Die Volksbildung sank dadurch und auch deshalb immer tiefer, weil seit der griechischen Revolution jede geistige Regung der Rajah, noch mehr als früher, von den türkischen Autoritäten misstrauisch überwacht und erstickt wurde. Der Vorwand für solchen Druck war stets leicht gefunden. Obschon beispielsweise Varna's dem Sultan treu ergebener fanariotischer Metropolit in Constantinopel der Excommunication des ökumenischen Stuhles gegen Fürst Ypsilanti und Hospodar Sutzo beigestimmt hatte, wurden trotzdem einer seiner Erzpriester, dann der Patricier Konstantinides und andere vornehme Varnioten türkischersejts beschuldigt, der griechischen Hetärie anzugehören und 1S21 gehängt. Gleichzeitig verbot man, wie Papadopulos erzählt, den Varnaern allen Verkehr mit fremden Kaufleuten und Schiffern, die Fenster ihrer meist hölzernen Häuser durften nicht nach der Strasse gehen u. s. w. So nahmen die griechischen Küstenbewohner allmälig türkische Zunge und Sitte bis zur Absonderung und Einsperrung ihrer Frauen in Haremliks an; 1872 befanden sich in Varna's Umgebung nur in 4 von 11 Orten Kirchen mit Schulen. So massig auch des Tanzimat's Wirkungen sich anfänglich äusserten, was schon daraus erhellt, dass Varna's „Despot-Erzbisckof", als Moltke es 1833 besuchte, noch die Rockzipfel der türkischen Pasa's in tiefster Deniuth küsste, fand es das Pfortenregiment nach der Verkündigung des Hat i humajun doch nicht mehr gerathen, seine herabwürdigende Behandlung der Rajah unter den Augen der zahlreichen europäischen Consulatc im wichtigsten türkischen Pontushafen, in gleicher Weise wie früher fortzusetzen. Man wurde auch toleranter. 1839 erstand neben den drei alten orthodoxen Kirchen eine stattlichere, dem h. Mihail geweihte Metropolitankirche mit zwei Kuppeln und 1840 in ihrer Nähe ein vom Erzbischof Josif gegründetes Schulgebäude, in dem altgriechische Sprache und Literatur ganz besonders gepflegt wurden. Diese Studien belebten den Sinn für beide in Kirche und Haus und berciteteu der türkischen Sprache bedrohliche Concurrenz. Durch die Anlage einer Bibliothek im Metropolitangebäude und Gründung einer griechischen Volksschule nach Lancastersehem System auf Gemeindekosteu erfolgten weitere Schritte, um der autochthonen griechischen Sprache zum Siege über das bis dahin in der Familie vorherrschend gebrauchte türkische Idiom zu verhelfen. Weiter suchte die jüngere griechische Kaufmanns weit, welche das Londoner Clubleben persönlich kennen gelernt, es in den grösseren Pontusstädten einzubürgern. Varna's „Casino" bildete bald ein Centrurn geselligen Verkehrs und gegenseitiger geistiger Anregung; ausser einer bescheidenen Bibliothek und Kartensammlung vermittelten neben griechischen nun auch fremde Journale, wie l'Independance, rillustration u. A. die nähere Bekanntschaft mit dem Occident. Selbst der patriotische Sinn fand hier mannigfache Belebung. Von den Wänden herab blickten allerdings des Sultans melancholische Züge den Besucher an, daneben hingen jedoch die Portraits europäischer Potentaten, und merkwürdig genug, Bilder gefeierter Helden der antiken und jener modernen hellenischen Kämpfe, welchen das junge Königreich Griechenland seine politische Wiedergeburt dankt. Bis 1860 gab es zu Varna nur ein orientalisches Kirchenoberhaupt mit dem Titel: „Ehren-Exarch des Patriarchen zu Constantinopel, am ganzen Schwarzen Meere, und Metropolitan-Erzbischof zu Varna und Kavarna"; seine Visitkarte zierte 1872 sogar eine Fürstenkrone. Die Wellen der bulgarischen Bewegung gegen den fanariotischen Clerus pflanzten sich aber aus dem Innern Bulgariens bis zur Pontusküste fort und spalteten wie in allen Städten mit gräko-bulgarischer Bevölkerung, auch die früher einheitliche christliche Varnaer Commune in zwei, nach der Nationalität vollkommen getrennte Gemeinden, mit besonderen Kirchen, Schulen und eigenen Verwaltungen. Im Juli 1872 resi-dirte im erzbischöflichen Konak „le Metropolitain Joachim", eine ungemein gewinnende interessante Persönlichkeit und Type griechischer Mönchsschönheit, wie sie Fallmerayer auf dem Athos fand. Es war derselbe Erzbischof, welcher später seines versöhnlichen Sinnes wegen, auf den Stuhl des ökumenischen Patriarchats berufen wurde, ohne jedoch den lodernden Brand zwischen Griechen und Bulgaren dämpfen zu können. Der hohe geistliche Würdenträger zählte zu den wenigen fanariotischen Bischöfen, welche ihre Herrschaft über bulgarische Herden nicht zu unlauteren Zwecken missbrauchten. Tiefgehende nationale Strömungen macheu jedoch niemals vor einzelnen Individuen, und wären es die trefflichsten, Halt. Auch der Metropolit Joachim vermochte nicht das Schisma zu hindern, welches seine bulgarische Gemeinde ihm entfremdete; er beklagte tief jene das Patriarchat schädigenden Vorgänge und versicherte, dass seine ernstgemeinten Versuche die Bulgaren mit dem Patriarchat zu versöhnen, einzig an ihrem starren, in politischen Momenten wurzelnden Widerstreben scheiterten. Ein anwesender griechischer Lehrer bekräftigte dies, indem er fortwährend betheuerte: „sie sind durch Russland verführt und wollen sich nicht mit uns aussöhnen!" Die gereizte Stimmung stieg allmälig bis zum Hasse. Er documentirte sich durch das augenscheinliche Streben des griechischen Erzbischofs und der bulgarischen Öorbasi's, sich bei meiner Erhebung der statistischen Daten gegenseitig der Lüge zu zeihen. Beide Parteien nahmen verschiedene Küstenorte für ihre Nationalität ausschliesslich in Anspruch und vergrösserten deren Köpfezahl auf Kosten der gegnerischen. Ich lebte hier im Kleinen die heftigen Kämpfe durch, welche nach der Gründung des bulgarischen Exarchats sich in den gräko-bulgarischen Gemeinden abspielten, als das Ueberwiegen der einen oder anderen Nationalität, zum Zwecke der Zutheilung unter den ökumenischen Stuhl oder das bulgarische Exarchat festgestellt werden sollte. Spaltungen anderer Art bestanden zwischen Varna's orthodoxen Christen und den unirt-katholischeu Armeniern, welche dort ihren eigenen Bischof, eine Kirche und Schule besitzen. Zum Ueberflusse bildete sich in der Hafenstadt auch eine römisch-katholische Gemeinde, deren Gottesdienst zwei Capuziner in einer Capelle versahen, obschon der unverfälschte Papismus bereits durch einen Jesuiten vertreten erschien, der im Hause des portugiesischen Consuls eine gastliche Stätte fand. Die wenigen Protestanten uud als Arbeiter lebenden spanischen Israeliten begnügten sich mit bescheidenen Bethäusern. So viel gespaltet aber auch die Varniotische Christenheit war, begegneten sich, wie ich leicht wahrnehmen konnte, ihre feindlichen Strömungen doch in der allgemeinen Antipathie, um nicht zu sagen Verachtung, gegen das Türkenthum. Ich fand dieselbe nirgends so ausgesprochen, aber auch so begreiflich, wie hier, in der Stadt, wo das Sinnen jedes einzelnen Griechen, Bulgaren und Armeniers auf Arbeit, Handel und Gewinn sich richtet, dem die Indolenz des still genügsamen, allem Fortschritte feindlichen Moslims den gröbsten Widerstand entgegenstellte. Diesem Verharren beim Herkömmlichen schrieb der gebildete Varniote, nicht ohne Grund, das langsame Aufblühen seiner Stadt zu. „Der Türke arbeitet nichts!" hörte ich in allen Tonarten von In- und Ausländern klagen. Neidisch blickten sie auf Odessa, das, obschon erst 1799 vom Admiral de Ribas gegründet und trotzdem es im Krimkriege viel litt, 1855: 104,000$ 1873: 193.000; 1877 aber 197.000 Seelen zählte. Wie mir General von Blaramberg mittheilte, besass Odessa, als er es zum ersten Male 1840 besuchte, nur 40,000 Einwohner, war auch viele Jahre später noch ohne Wasser und Pflaster, im Sommer furchtbar staubig und schmutzig im Winter; heute aber gehört Odessa mit 200.000 Seelen, Dank den Anregungen der Gouverneure von Neu-Kussland, namentlich des Herzogs von Richelieu und Fürsten Voroncoff s, zu den schönsten Seestädten Europa's. Welch riesige Entwickelung in kurzer Zeitspanne! Ich selbst bewunderte im September 1879 diese russische Neuschöpfung. Sie erfreut sich breiter Plätze und Strassen, deren Trottoirsteine aus dem Auslande bezogen wurden, schattiger Akazienalleen, guter Wasserleitungen, welche das Dniesterwasser zum vierten Stockwerke heben, schöner Museen, trefflicher Theater, Hotels, Kaibauten u. s. vv., mit einem Worte, jedes europäischen Comforts. Und Varna! Wahrlich beim besten Willen kann ich nicht behaupten, dass einer der vielen Pasa's, welche dort residirten, irgend etwas Auffälliges für sein Aufblühen that. Zum grössten Verdrusse von Rhedern und Kaufleuten behielten die Hafenanlagen das primitivste Aussehen, die Strassen blieben ungepflastert, sehr unrein und ohne Beleuchtung; sobald die Stadtthore in mittelalterlicher Weise nach Sonnenuntergang gesperrt wurden, trieb sich das heimgekehrte Vieh der Bewohner ganz ungenirt auf den Plätzen umher. Die jämmerliche Eintagsarchitektur der Staatsgebäude gab auch für die Civilbauten keine erfrischende Anregung, bessere Wohnhäuser zählten zu den Ausnahmen und selbst die riesigen Getreide-Depots am Hafen entpuppten sich in der Nähe, als höchst feuergefährliche Holzbaraken. Dazu lag das zum Haupt-Pulvermagazin benützte alte Castell, als fortwährend drohendes, alle Baulust hemmendes Damoklesschwert in einer engen Strasse des belebtesten Handelsviertels. Promenaden und andere Anziehungspunkte grossstädtischen Lebens, wie sie Odessa bietet, fehlten gänzlich und würden hier wahrscheinlich fehlen, so lange nur für Haremsfreuden empfängliche Pasa's zu Varna residirten. Was kümmerte es auch einen Pasa, wenn der spät Abends mit dem Ruscuker Eiltrain ankommende Fremde auf halsbrecherischem Wege und auf schmaler Landungsbrücke, unter Koffer- und Menschengedränge mit kühnem Sprunge den Bord des Lloyddampfers zu gewinnen suchen musste; für seine werthe Person wurde ja doch stets Gasse gemacht! Für den Europäer wohnte es sich in Varna, wie überhaupt in türkischen Seestädten, trotz aller berührten Mängel, angenehmer als im Innern, wo man durch die schlechte Postverbindung von der Aussen weit abgeschnitten, von den wichtigsten Ereignissen oft erst mehrere Wochen später hört. Varna besitzt überdies ein gesundes Klima, sein Trinkwasser ist vortrefflich, Brunnen giebt es allerorts im Ueberfluss und epidemische Krankheiten treten selten auf. Nur das in sumpfiger Niederung liegende Türkenviertel ist mit fieberbringenden Miasmen geschwängert, ein Uebelstand, der von.einem vorsorglicheren Gouvernement, als das türkische, längst durch die Canalisiruug des aus dem Devnasee fliessenden „Derse" gehoben worden wäre. Die Hitze übersteigt im Sommer selten 25° Reaumur, ich selbst verzeichnete am 29. Juli 1872 um 0 Uhr früh 24° C. im Schatten, der Tag hielt, was der Morgen versprach; aber auch ein höherer Wärmegrad wird hier weniger empfunden, wo sich selbst Aermercn die Möglichkeit bietet, ein Seebad zu nehmen. Am Nordende der Stadt wurde vor einigen Jahren eine Schwimmschule mit Bad errichtet, für deren Benutzung man ohne Wäsche 1, mit solcher 2 Piaster zahlte. Selten badete ich angenehmer als hier, den Boden bildet feinkörniger weisser Pontussand, innerhalb des cingcplankten Raumes empfindet man den Schlag der dunkelgrünen Wellen, man schwimmt aber vom Bade auch weit hinaus in die See; die ärmsten Klassen plätschern in der Nähe umher und ergötzen sich an den Klängen der im nahen Restaurant spielenden Musik. Der Winter ist ziemlich streng; Schnee fällt oft ausgiebig, schmilzt jedoch rasch und die Temperatur sinkt nur selten unter 10—15° herab. Dauerndes Regenwetter wird zu Varna sehr unangenehm, denn man läuft in der Mehrzahl seiner engen, schlecht oder gar nicht gepflasterten und unbeleuchteten Gassen Gefahr, im Kothe zu versinken. Selbstverständlich finden sich in den Gewölben der Bazarstrasse die noth-wendigsten europäischen Artikel, von österreichischen Zündhölzchen und Lampen, bis zu feinsten englischen Stahl- und Eisenwaaren, französischen Parfumerien, und, wie ich mich überzeugte, zu massigen Preisen. Das Leben in der Pontus-stadt konnte früher sogar billig genannt werden, wenn auch nicht so wohlfeil, als vor dreissig Jahren, vor der Niederlassung ausländischer Kaufleute, wo man drei Eier für 1 Para und ein Huhn für 20 Para (*/io Reichsmark) kaufte. Zu jener Zeit musste man aber auf allen occidentalen Comfort verzichten; selbst der Gemüsebau war damals den Eingeborenen unbekannt, während man jetzt in Gärten und bedeckten Räumen bereits viele Ingredienzien für die europäische Küche zieht. Frisches Rindfleisch ist aber auch heute selten, ausser den Monaten August und September, wo es in riesigen Quantitäten in den am Derse gelegenen grossen . Schlachthäusern zur Bereitung des landesüblichen, an der Luft getrockneten Pastrma feilgeboten wird. Man behilft sich mit dem übrigens ganz vortrefflichen Lamm- und Schaffleisch; der eingeborene Varniote geniesst es nur an Sonn- und Feiertagen, Schweinefleisch aber in den ersten Jahresmonaten, wo er die meist im Hause gemästeten Thiere schlachtet. Man approvisionirt sich ausserdem schon im September mit Butter, Gemüsen und Holz, welche von den moslimisch-bulgari-schen Landbauern der Umgebung in langen Wagenzügen auf die Plätze der Stadt gebracht werden. Vom April bis September ist der Fischmarkt mit nordwärts bis Balcik gefangenen Lachsfischen reich versorgt. Die prächtigsten Exemplare wandern oft mittelst Lloydschiffen auf den Tisch der Gourmands nach Constantinopel, wo man sie theuer bezahlt; dagegen werden Austern von dort gebracht. Im Ganzen wird der Fischfang unrationell betrieben; Barben, Seehechte, Gründlinge, Schollen und Aeschen werden selten verkauft, da sich die Eingeborenen mit den leichter zu fangenden Fischen aus dem Devnasee begnügen, welche man getrocknet, während der langen Fasten verspeist. Obschon Varna's Umgebung namentlich an Wasserwild reich ist, wurde die Jagd wenig cultivirt. Der Türke liebt sie nicht, weil er dieses Vergnügen zu anstrengend findet, der Christ durfte aber keine Waffen führen. So jagten nur Consuln und einzelne Mitglieder der occidentalen Colonie auf Eichhörnchen, Hasen, Wildenten, Gänse, Truthühner, Schnepfen, Rebhühner, Wildamseln, Wachteln u. s. vv. Seit der Befreiung des Fürstenthuins bemächtigte sich aber der nun mit Waffen wohl ausgerüsteten Bulgaren ein derartiges Jagdfieber, dass der iMinister des Innern im December 1879 sämmtlichen Kreisbehörden darüber zu wachen empfahl, dass die Jagd vom 1. März bis 15, August aufhöre und Zuwiderhandelnde vor die Gerichte gebracht werden. Des reichen und armen Varnioten grösste Freude bildet der Hausgarten, in dem er nahezu alle europäischen Blumen zieht. Rosen, Jasmin, Flieder und Levkojen sind besonders beliebt. An allen Wegen im Freien mengt sich die Ca-mille, der Mohn, der Eibisch und das Veilchen ins üppige Rasengrün, im Laub* holz findet man die Birke und Weide stark vertreten. Mit grösster Sorgfalt pflegt, selbst der ärmste Stadtbewohner seinen Weingarten, er liebt den Bacchustrank, obschon er es verlernte, ihn andauernd zu bewahren; schon im Juli wird er herb und sauer und zwingt den Eigner zu raschester Consumirung. Nahezu den gesummten nördlichen Küstenhang von Varna bis Balcik bedecken Weinpflanzungen, in welchen oft ein von Blumenbeeten umgebenes Landhaus steht, immer aber Obst, namentlich Nuss- und Kirschbäume, Pfirsiche, Feigen, Melonen und Kürbisse, neben Gemüsen gezogen werden. Genuss und Erholung des durch die ganze Woche arbeitenden Varnioten gipfeln aber am Sonntage in den üblichen Excursionen nach den beiden Klöstern auf dem Nord-Cap Suganlik. Das Wetter ist einladend, das Firmament tiefblau, ein kaum fühlbarer Lufthauch schattet leichte Wellen auf dem hell leuchtenden Seespiegel ab; obschon die Mittagsstunde lange vorbei, ist die Hitze wohl immer noch drückend, doch auf dem Pontus wird sie weniger fühlbar und gegen drei Uhr nehmen eine Menge mit buntscheckigem Menscheuinhalt gefüllte Segelbarken von dem in tiefer Feiertagsstille ruhenden Hafen ihren Curs nach Cap Suganlik. Ein weit grösserer Pilgerstrom hat aber schon früher den Landweg dahin eingeschlagen. Ganze Caravanen bedecken ihn, darunter viele Familien zu Wagen, Esel und zu Pferd, welche ihre in den Weingärten versteckten Villen aufsuchen. Schon am Vormittag lagern um die pittoresk gelegenen Heilstätten Sv. Konstantin und Sv. Dimitri zahlreiche Gruppen zwischen lauschigen Hainen oder unter iinprovisirtcn Zeltdächern. Es wird lebhaft geplaudert und auch die Physis wird nicht vergessen; manches Stück frischer Lamm- oder Schwein braten verlässt zu Ehren des Sonntags den gefüllten Bissak. Es sind Leckerbissen, denn gewöhnlich isst man nur getrocknete Ochsen- oder Büffel-Pastrma, Sutcukia-Würstchen, Fische und Gemüse. Der mitgebrachte Wein hat sich bedeutend vermindert, die Klosterwirthe füllen jedoch stets auf's Neue die leeren Öutura's, die Becher kreisen, man feiert sich gegenseitig in Trinksprüchen, und im Schatten alter Eichen oder Buchen entwickelt sich der gemessen ruhige, jeder leidenschaftlichen Erregung fernbleibende Horatanz hei Gaida- oder Flölcnmusik; auch der beliebte Dudelsack lägst sich hören. Die beiden Nachbarklöster müssen vortreffliche Geschäfte machen; ein dem h. Gjorgje zugedachtes, zu dessen gänzlicher Vollendung 1872 noch 5000 Lira fehlten, soll sie an Grösse noch übertreffen. Als ich in Gesellschaft des Herrn Consuls Tedeschi und seiner liebenswürdigen Tochter, nach kurzer Hast auf seinem Landgute, bei den Klöstern anlangte, hatte das bunte Treiben dort seinen Siedepunkt erreicht. Die durch sechs lange Werktage eingedämmten Gefühle explodirten, lautes Geplauder, Lärm und Gesang übertönten selbst das Geknatter einzelner Pistolen, welche sich hervorwagten, um den auf scheinbar unbewegtem Meeresspiegel hingleitenden Barken Heimgrüssc nachzusenden. Nur Eines beeinträchtigte den festlichen Eindruck, das Fehlen des schönen Geschlechts; es war nur äusserst spärlich vertreten. Unter dem Drucke orientalischen Brauchs lebend, erschien es nämlich für Frauen des Mittelstandes unpassend, an öffentlichen Unterhaltungen im Freien sich zu betheilige-i; vielleicht bewirkte auch der Varnioten Eifersucht die auffallende Absonderung des weiblichen Geschlechts, das sein Sonntagsvergnügen in den eigenen Gärten, hinter hohen, fremden Blicken unnahbaren Zäunen suchte und fand. Vor zwanzig Jahren sah man nur die Consuln und europäischen Kaufleute, selten aber einen Varnaer mit seiner Frau auf offener Strasse; selbst das europäische Costüm bürgerte sich sehr langsam ein. Türkische Sitte verbot auch das Ausdehnen von Festen über Sonnenuntergang und der Abendanbruch, eines der fesselndsten Schauspiele am Meeresstrande, bildet in des Propheten Ländern das Signal zum Ende aller Lust. So auch zu Sv. Dimitri. Noch streifte der Sonnenball des Meeres gekräuselte Fläche, als wir uns vereinsamt fanden auf der hohen Felszinne, von welcher der Blick des Pontus Küstensaum vom Cap Kalliakra bis Cap Emine umfängt. Nun umhüllten beide lichtgraue Nebel, die Luft kühlte sich rasch ab und von der Spitze, auf welcher die Kreuzfahrerheere einst lagerten und bei der am 4. August 1828 Admiral Greigh das durch Anapa's Wegnahme frei gewordene russische Corps zu Varna's Einschliessung landete, traten auch wir den Kückzug zur Stadt an. Die langgezogenen Vorhöhen um Varna krönen allerorts prähistorische Hügel und die ausgedehnten Friedhöfe seiner Türken, Griechen, Armenier, Bulgaren, Protestanten und Israeliten. Meist liegen sie vor der nördlichen Festungsfronte, wo auch nahe der Küste solide Mauern den Platz umfrieden, auf dem zahlreiche Opfer des Krimfeldzuges ihre letzte Stätte fanden. Varna bildete das Hauptdepot der französisch-englischen Heeresmacht; bevor sie aber noch ein Schlachtfeld erblickten, erlagen hier viele Gallier und Britten den Miasmen des Derse-Sumpf-bodens und der Cholera. Stattliche, ihren Opfermuth feiernde Denkmale decken sie in fremder Erde, während heute nur mehr die Tradition jene Punkte be- zeichnet, auf welchen vierhundert Jahre früher Vladislav's unglückliche Streiter und 1829 die durch Pest und Schwert deeimirten russischen Kämpfer für der türkischen Christenheit Befreiung in und bei Varna gebettet wurden. Abgesehen von den verheerenden Krankheiten, welche die grossen Truppenanhäufungen während des Krimkrieges zu Varna herbeiführten, gedenken seine Bewohner, Schiffseigner und Kaufleute bis zum letzten Krämer herab, gerne jener Epoche, in welcher „das Geld auf der Strasse lag". Französische und englische Sovereigns cursirten damals im Bazar wie heute die schlechten türkischen Piasterstücke, welche die Schamröthe über ihren geringen Silbergehalt auf der Stirne tragen. Die später durch Brand zerstörten grossen Magazine am Hafenthore füllten und leerten sich fortwährend. Sehr bedeutende Vermögen wurden in Getreide-, Fou-rage-, Fleisch-, Wein- und anderen Lieferungsgeschäften erworben, einige gingen seitdem in unglücklichen Speculationen wieder verloren; mancher Varniotischc Consul wusste davon zu erzählen! Verfallen war auch die 1854 erbaute grosse Nordost-Redoute, an welcher der Weg uns vorüberführte, und nicht minder vernachlässigt sah die Meer-Bastion dicht vor dem Hotel d'Angleterre aus, deren Salutschüsse am nächsten Morgen mich unsanft weckten. Sie wurden aus irgend einem Anlasse mit dem ankernden russischen Kriegsschiffe gewechselt, dessen finländische Officierc bereits seit einiger Zeit, mit vollem Einverständnisse der Pforte, Lothungsarbeiten im Varnaer Hafen vornahmen. Das türkische, zu gleichem Zwecke angekündigte Kriegsschiff liess auf sich warten! Grosse Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Vielleicht ahnte die Stambuler Regierung doch schon 1872, dass der dienstfreundliche Moskov, welcher auch die Gradmessungsarbeiten zu Lande aus „Gefälligkeit" für sie ausführte, ihren Festungen bald minder friedliche Besuche abstatten werde. Genug, zufällig wurde am selben Tage mit der Aufstellung Krupp'scher Geschütze in der unter meinem Balcone liegenden, mit 6 Kanonen und einigen Mörsern bewehrten Meer-Bastion begonnen und auch die Ausbesserung anderer Forts bald darauf energisch betrieben. Sonst behielt die Stadt ihre alte Umwallung, aus welcher 5 Thore mit Brücken, über den breiten, 12 M. tiefen Graben auf das Glacis, ins Freie führen. Im Ganzen hatten, nach dem Urtheil von Militärs, Varna's seit 1830 neu angelegte Werke seine Festigkeit nur wenig verstärkt, obschon es durch dieselben zur Aufnahme einer grösseren Garnison befähigt wurde. So meinte beispielsweise General Jochmus: „Die erweiterte Ausdehnung der bastionirten Enceinte brachte diese auf der Festung Nordseite noch um mehrere hundert Schritte den Höhen näher, von welchen sie am entschiedensten angegriffen werden kann. Den schwächsten Punkt der neuen Befestigungen bildet ihr nordöstlichster Winkel, der am meisten einem Angriffe von der See her ausgesetzt ist; denn Kriegsschiffe können sich ihm leicht nähern und ihn aus der Distanz von 700 Yards enfiliren." Neuestens wurden namentlich die im N. der Stadt sich ausdehnenden Höhen, welche sie vollkommen beherrschen, durch Anlagen in permanenter Manier befestigt, jene südlich der Devna-Seen mit Schanzen gekrönt und auch die den Hafen bestreichenden drei Batterien bedeutend verstärkt. Während des Feldzuges im Sommer 1877 herrschte zu Varna ein buntes militärisches Leben. Unter dem Schutze ihrer Panzerflotte sendete die Pforte durch beträchtliche Transportmittel die in Constantinopel fortwährend zusammenströmenden Reserven der asiatischen Provinzen und afrikanischen Vasallenstaaten über Varna zur Dobruca- und Lom-Armee. Hier landete gleich beim Ausbruche des Krieges des Khedive's Contingent von 9000 Mann, das er später auf 12,000 erhöhte. Ferik Blum Pasa, der anfänglich zu Varna commandirende Brigade-General, bemühte sich nicht nur die Armirung der Forts im modernen Style zu vervollständigen, sondern auch die landenden Streitkräfte thunlichst zu organisiren und von schlimmen Ausschreitungen gegen die Bevölkerung zurückzuhalten. Als nach Mehemed Ali's Rücktritt vom Oberbefehle der Donau-Armee, Suleyman Pasa an dessen Stelle trat, schickte er als eingefleischter Alttürke sofort die Aegypter mit ihrem Prinzen Hassan von der Lomarmee als „unbrauchbar" nach Varna zurück, wo sie noch 8000 Mann und 38 Feldgeschütze stark, die türkische Garnison ablösten. Trotz der schimpflichen Behandlung, welche des Khedive's Truppen durch Suleyman erfuhren, sandte er auf Englands Drängen nach dem Falle von Plevna weitere Verstärkungen nach Varna, so dass seine dort stehenden und bis Pazardzik echelonnirten Truppen, mit den Divisionen Rasid und Osman Pasa, ein volles Armeecorps formirten. Die ritterliche Hilfe, welche der Khedive dem Sultan leistete, vermochte jedoch an dem traurigen Ausgange der Entscheidung im östlichen Donau-Bulgarien nichts zu ändern. Ende Jänner 1878 langten die vom Zimmermann'schen Dobruöacorps auf allen Punkten zurückgedrängten Aegypter wieder in Varna an und am 30. erschienen dort, von Kozludza her, in dessen nächster Umgebung bereits streifende Kosaken, welche die Bahnstation Gebedze vorübergehend besetzten (S. 219). Nach Rasid's Eintreffen von Pazardzik stieg Varna's Besatzung auf 35 Bataillone, 12 Schwadronen und 11 Batterien, also etwa auf 22,000 Mann mit 66 Feldgeschützen. Dem Train der retirirenden Aegypter schloss sich die moslimsche Bevölkerung der preisgegebenen Districte an, von allen Seiten strömten Flüchtige nach Varna's schützenden Mauern, welche bald des Elends genug sahen, denn einzig auf die See beschränkt, wurde es sehr schwer für die anschwellende Garnison und 50,000 Köpfe erreichende Emigration zu sorgen. Die böse Lage verbesserte sich erst etwas, als der am 31. Jänner in Kraft getretene Adrianopler Waffenstillstand General Zimmermann bekannt wurde, dessen Truppen nun, dem Artikel 3. entsprechend, Varna's Umgebung bis gegen ßalcik, Kozludza, .lenipazar, Pravadi und Misivri allmälig räumten. Einen Monat nach dem Frieden von St. Stefano, am I. April 1878, gingen des Khedive's Truppen von Varna nach Hunkiar Skclessi am asiatischen Ufer des Bosporus ab, von wo sie durch ägyptische Dampfer nach Alexandria geführt wurden. In Varna blieben etwa 12,000 türkische Nizams mit entsprechendem Geschützpark unter dem früheren Rusöuker Gouverneur Kaisserli Pasa, der trotz Zimmermann'» wiederholter Aufforderung die Räumung der Festung verweigerte. Erfolglos blieben in Constantinopel alle Klagen des Grossfürsten Nikolaus über Kaisserli's vertragswidriges Benehmen, der aber, wie Fazly Pasa in Sumla (S. 70), nach bestimmten Pfortcnbcfehlen handelte. Die auf Englands Anstiften verzögerte Uebergabe wurde damit entschuldigt, dass kein bestimmter Räumungstermin für die Festungen stipulirt sei, und dass auch russischerseits nicht alle Friedenspunkte erfüllt wären. Bei der wachsenden Spannung mit Rumänien und im Hinblicke auf den im Rhodopc, in der rechten Flanke der russischen Armee ausgebrochenen ernsten Aufstand, erhielt General Todleben die bestimmte Weisung, mit allen Mitteln die endliche Uebergabe des hochwichtigen Pontus-Bollwerkcs anzustreben. Vergebens! Die Pforte stellte die Bedingung, dass das russische Armee-Oberconi-mando früher die russischen Truppen auf 48 Stunden Distanz von Constantinopel zurückziehe, worauf dieses nicht einging. Erst als der keine Deutungen zulassende Berliner Vertrag vom 13. Juli rechtskräftig geworden war, gestatteten die Türken in den ersten Augusttagen, nachdem sie zuvor noch die nahen christlichen Ortschaften geplündert, der Zim-mermann'schen Vorhut einige exponirte Forts von Varna zu besetzen. Seine vollständige Räumung erfolgte jedoch erst zwischen dem 9. und 12. August, unter gleichen Formalitäten wie zu Sumla (S. 72), dessen nach Varna abgezogene Besatzung nun gleichzeitig mit allem Kriegsmaterial nach Constantinopel eingeschifft wurde. Von dort gingen am 30. August Dampfer ab, um zuletzt noch die Archive und türkischen Commissäre abzuholen. Mit ihrem Abzüge verweilte kein Türke mehr in officieller Stellung auf dem Boden des neugeschaffenen Fttrstenthums; doch kehrten im Mai 1879 Tausendc entlassener Nizamsoldaten von Constantinopel in ihre bulgarische Heimat, in die beinahe ausschliesslich moslimschen Bezirke Alcak, Deli Orman und Tozluk zurück, wo sie leider bald jene zahlreichen, mit der neuen Ordnung der Dinge unzufriedenen Elemente vermehrten, deren Versöhnung noch heute eine ungelöste, höchst schwierige Aufgabe der bulgarischen Staatsmänner bildet. Gleichwie in den anderen occupirten Städten wurde auch in Varna nach dem Abzüge der Türken sofort die bereits mehrfach geschilderte Civil-Administration nach russischem Zuschnitte eingeführt. Sie dauerte bis zur Ankunft des erwählten Kegenten, Prinzen von Battenberg, der als Alexander I. in Varna zuerst den Boden seines Fürstenthums betrat. Schon viele Tage bevor der Prinz landete, entwickelte sich ein reges Leben in der alten Seestadt. Ueberall suchte man die Strassen mit bulgarischen und russischen Fahnen, mit Teppichen, Reisiggewinden und Bildern zu schmücken; am Seethore wurde ein solches angebracht, auf dem eine in Nationaltracht gekleidete „Bulgaria" dem Fürsten die alte Caren-krone reichte. Allerorts entstanden Triumphbogen, wurde gehämmert und gebessert; man bemerkte, dass die Bewohner mit fieberhafter Ungeduld arbeiteten. Am ersehnten Tage, am 5. Juli zeitlich Morgens beflaggten sich auch die Consulate und Schiffe im Hafen. Wenn schon die ganze Stadt, bot aber namentlich die eigens erbaute, mit Nationalfahnen und Festons reichgeschmückte Landungsbrücke ein ungemein farbenprächtiges Bild, als der seine Functionen niederlegende General-Gouverneur Dondukoff-Korsakoff an der Spitze eines glänzenden russischen Stabes den um 8 Uhr dem Fürsten entgegenfahrenden Dampfer bestieg. Gegen Mittag endlich verkündeten 101 Kanonenschüsse, aus den am Ufer neben der in Gala ausgerückten Druzina postirten Geschützen, das Nahen des fürstlichen Schiffes, das den dröhnenden Salut erwiederte. Er wurde übertönt vom brausenden Jubel der harrenden Menge, von ihrem tausendstimmigen „da zive nase Knjaz!" (Es lebe unser Fürst!), als die männlich schöne Gestalt des jungen Regenten in bulgarischer Uniform begleitet von Fürst Dondukoff und einem reichen Gefolge die mit Nationalflaggen geschmückte Barke verliess und die Landungsbrücke betrat. Dort hatten sich um den Districts-Gouverneur DraganCankov die höheren Beamten, die Mitglieder des gradski saviet (Stadtrath), die Vertreter der türkischen, griechischen und armenischen Gemeinden, neben Deputationen von allen bedeutenderen Städten des Fürstenthums, aus den bulgarischen Colonien in Rumänien, Wien u. a. geschaart, um ihrem Fürsten zu huldigen. Auf der Landungsbrücke wurde Fürst Alexander zunächst der Willkommen-gruss des Districtes Varna und des ganzen Landes durch Gouverneur Cankov dargebracht, welcher hierauf den ehemaligen Gouverneur Ost-Rumeliens, Fürst Stolipin, und die Chefs der obersten Behörden vorstellte. Der Präsident des Stadt-rathes überreichte nun nach altslavischer Sitte auf silberner, mit passender Inschrift gezierter Tasse Brod und Salz in goldenem Gefässe, während ein Mitglied dieser Corporation in französischer schwungvoller Ansprache die Huldigung der Stadt Varna darbrachte. Tief ergriffen von dem enthusiastischen Empfange antwortete der Fürst seinen Kaipak schwingend „da zive novo to mi olcestvo Blgaria!" (Es lebe mein neues Vaterland Bulgarien!), welche Worte mit Jubel aufgenommen wurden. Stürmische Hurrah, die Klänge der Militärmusik, die Melodie des Nationalliedes „sumi Marica okrvavena" aus Hunderten frischer Kinderkehlen und ein wahrer Blumenregen begleiteten den Fürsten auf seinem Ritte zur bulgarischen Kunitz, Donau-Bulgarien und der Balkan. III. 14 Kirche. Dort empfing ihn Simeon, Metropolit Preslavski, mit einem glänzenden Clerus. Als das solenne Hochamt beendet, begab sich der Fürst in den zu seiner Aufnahme vorbereiteten Konak, wo die Varnaer Druzina die üblichen Ehrenbezeigungen leistete. Nach der Vorstellung ihres Commandanten folgte die Huldigung der rumänisch-bulgarischen Deputationen, an deren Spitze der Bischof von Bukarest eine silberne Tasse mit Brod und Salz Uberreichte. Auch die griechischen, türkischen und armenischen Stadtnotabein, die Vertretungen der bulgarischen Städte brachten ihre Glückwünsche dar, wobei sich der Fürst mit vielen Personen in liebenswürdigster Weise unterhielt. Hiermit endete der officielle Empfang; nur Gouverneur Cankov blieb und schied erst nach einer längeren Unterredung. Um 6 Uhr Abends gab der Stadtrath im Konak zu Ehren des Fürsten ein glänzendes Festdiner, an dem sämmtliche russische und bulgarische Sommitäten Theil nahmen. Nach dem in gehobener Stimmung beendeten Male bot Gouverneur Cankov dem jungen Regenten gleich am ersten Tage seiner Regierung die Gelegenheit das schöne Recht der Krone zu üben an neun Sträflingen, welche der Fürst bereitwillig durch seine Unterschrift begnadigte. Die Freigelassenen erschienen sofort auf dem festlich illuminirten Konakplatze und mischten ihre Dankesrufe in die endlosen Hurrah des freudig erregten Volkes, das seinen Regenten zu sehen verlangte. Der Fürst willfahrte, trat auf den Balcon und rief mit weit vernehmbarer Stimme: da zive blgarski narod! (Es lebe das bulgarische Volk!) Nicht nur in Varna, sondern vom Pontus bis zum Timok bildete der 4. Juli einen Festtag — denn er gab dem durch fünf Jahrhunderte vom politischen Schauplatze verschwundenen Bulgarenvolke einen Fürsten, der für seine Befreiung gekämpft hatte und dessen Eigenschaften ihm nun nach langen Leiden eine glückliche Zukunft versprachen. Am 5. Juli belagerten dichte Schaaren zeitlich den Konak, um des Fürsten bei seiner Abreise ansichtig zu werden. Begrüsst von unzähligen Hochrufen ritt er mit dem glänzenden Cortege des Vortages, nach allen Seiten grüssend, durch die im Festschmucke prangenden westlichen Stadtviertel zum reich decorirten Varnaer Bahnhof. Dort verabschiedete sich Fürst Alexander von den Bischöfen, den Militär- und Civil-Autoritäten, den Deputationen der Städte und trat sodann unter endlosen Hurrah der herbeigeströmten riesigen Volksmenge, begleitet von Fürst Dondukoff, Gouverneur Cankov, General Stolipin und vielen Notabein seine Reise über Ruscuk nach der alten ehrwürdigen Carenstadt Tirnovo in freudiger Stimmung an, von wo er am 13. Juli in der Residenzstadt Sofia eintraf, welche dem jungen Regenten eine Reihe glänzender Feste bereitete*). Unter den vielen *) S. II. Bd. VII. Cup., wo es auf S. 226, wegen Verstellung der Ziffern heissen muss: Seit 1444, also durch volle 434 Jahre. Gnadenacten, mit welchen Fürst Alexander den ihm aus allen Schichten der Bevölkerung gewordenen sympathischen Empfang lohnte, zählte auch das Edict, welches für moslimsche Staatsbürger die von der Verfassung proclamirte allgemeine Wehrpflicht zeitweilig aufhob; eine Rücksichtnahme, die von Varna's türkischer Bevölkerung mit einer schwungvollen Dankadresse beantwortet wurde. Verschiedene, bereits im II. Bande, auf S. 232 angedeutete Momente führten gleich in Fürst Alexander's erstem Regierungsjahre häufige Wechsel der Minister und Administrations-Beamten herbei. Wegen innerer politischer Motive wurde auch der Varnaer Gouverneur Cankov kurz vor dem Zusammentritte der ersten National-Versammlung, für welche er gewählt war, im September 1879 nach Constantinopel als Bulgariens diplomatischer Vertreter gesendet, an seine Stelle aber Herr Stojanov ernannt, welcher in Prag die Rechte studirte und später in Belgrad Professor war. Als Kreischef fungirte im April 1880 Herr Ikonomov, als Polizeimeister Herr Savrin, als Bürgermeister Herr Slavtjev, als Präsident des Kreisrathes Herr Dobroplovdiv, als Zollamts-Director Herr Popoviö, als Gerichtspräsident Herr Popov. Das Kreisgericht urtheilt in erster Instanz über sämmt-liche Criminal-, Civil-, Commerz-, und Schiffahrts-Angelegenheiten. Sowohl die russischen, als bulgarischen Gouverneure amtirten bisher immer viel zu kurz, um für Varna eine erspriessliche Reformthätigkeit entfalten zu können. Nahten sich auch Varna's Mauern im letzten Kriege nicht die Prüfungen einer blutigen Belagerung, so litt es doch materiell sehr empfindlich durch die Emigration vieler wohlhabender Moslims während und nach der russischen Occu-pation. Seit 1878 sind wohl viele Flüchtige zurückgekehrt, doch sank nichts desto-weniger der Werth von Grundstücken und Häusern um nahezu 20 — 25 Percent. Die oft zu niedrigsten Preisen erfolgte Veräusserung türkischen Eigenthums hatte auch den Nachtheil, dass nur wenige Neubauten entstanden und Varna's architektonische Physiognomie dieselbe blieb, wie ich sie auf S. 202 schilderte. Gegenwärtig theilt sich die Stadt in vier grössere aneinander schliessende Viertel und das von ihnen getrennte Jeni Mahle (Neuviertel), in dem neben Griechen und Bulgaren auch heute noch einige tatarische Familien wohnen. Nach einer Vertrauens werthen Mittheilung wohnten im April 1880 zu Varna: 4600 Türken, Tataren und Zigeuner, 8600 Griechen, 4000 Bulgaren, 800 Armenier, 400 Katholiken, 300 Spagnuolen und etwa 1000 Fremde, also beiläufig 19,700 Seelen, woraus ein kleiner Zuwachs gegen 1872 (S. 199) resultirt. Von den nach der Religion und Nationalität gesonderten Gemeinden besitzen die Griechen 3 Kirchen, 1 Capelle mit 1 Metropolitan-Erzbischof, gegenwärtig Mr. Cyril, 2 Erzpriestern und 9 Geistlichen, dann 4 von 700 Knaben besuchte Schulen mit 10 Lehrern und 3 andere mit 500 Mädchen und 5 Lehrerinnen. Die Bulgaren sind im Begriffe eine Kathedrale zu erbauen, zu welcher das von vielen 14* Seiten gespendete Material bereits auf den Bauplatz geführt wird, bisher waren sie auf eine Kirche beschränkt, an welcher der Metropolit Simeon, 1 Erzpriester und 5 Geistliche functioniren; ausser 1 Realschule, welcher im Budget für 1880 eine Subvention von 11,700 Francs zugewiesen wurde, erhält diese Gemeinde noch 2 Knabenschulen, zusammen mit 5 Lehrern und 370 Schülern, dann 1 mit 112 Mädchen und 2 Lehrerinnen. Die Armenier haben 1 Kirche mit 1 Erzpriester, Mr. Mardiros und 1 Geistlichen; die Katholiken 1 neuerbaute Kirche mit den Capuzinerpriestern Eugen und Josef, von welchen der erstere 12 Zöglinge unterrichtet; die Israeliten 1 Tempel, an dem der Rabbi Aron Farhi und 1 Cantor thätig, dann 1 von 53 Knaben besuchte Schule mit 2 Lehrern. Die Türken besitzen noch heute 18 Moscheen, nur in 14 wird jedoch Gottesdienst von 14 Imams abgehalten, welche dem Mufti Osman Efendi unterstehen; in 12 Schulen mit gleich vielen Lehrern empfangen 840 Kinder beiderlei Geschlechts die notwendigsten Elementarkenntnisse. Sämmtliche Localschulen unterstehen einem vom Staate bezahlten Inspector. Der griechische und der. bulgarische Erzbischof haben Sitz im Administrationsrathe des Districtes, der Mufti beim über Civil-und Criminalhändel entscheidenden Kreisgerichte, bei dem auch die fremden Consuln erscheinen, sobald ein Rechtsstreit einen ihrer Schutzbefohlenen berührt. Im April 1880 vertraten zu Varna als Vice-Consuln: Oesterreich-Ungarn, Herr A. S. Tedeschi; England, Mr. Brophy als Gereut; Russland, Herr Lisevic; Frankreich, Mr. E. Boysset; Italien, Herr J. B. Assereto; Griechenland, Herr Delaporta; Skandinavien und Spanien, Herr A. Duroni; die Niederlande, Herr S. Vasilopulo; Persien, Herr S. Suhor und Belgien als Consul, Herr Em. Tedeschi. Von Dampfschiffahrts-Gcsellschaften repräsentiren zu Varna: den Oesterreichisch-ungarischen Lloyd, Herr Natti; die russische Compagnie, Herr Karlovsky; die ital. Gesellschaft Florio, Herr J. B. Assereto als Agenten und die Messagerie Maritime als Correspondent Herr A. S. Tedeschi. Zu den hervorragendsten Varnaer Firmen zählen: „Banque Imperiale Ottomane"; Brüder Raf. Aftaleon, Wechselgeschäft; „Erste Bulgarische Handels-Gesellschaft"; Sciagaluga und Assereto, Commissionäre für Exportartikel und Getreidehändler; S. Vasilopulo, Commissionär für Rohproducte; Brüder Chambon, Ex- und Import; Abram di Hischia Behar, Bank-, Ex-und Importgeschäft; Emanuel Tedeschi, Commissionär; die Importeure: Brüder Parasko, Manufactur- und Colonialwaaren; Kristo Noikov u. Cie., Manu-facte; Hadzi Janko, Colonialartikel; Oertli, Siegrist und Herzog; Öervenov u. Mitev; Parussi u. Georgiu, Manufacte; Sevri Oglu, Droguen; Logios Freies; Bar-natau, verschiedene Artikel; A. Duroni, Commissionär u. A. Jener Theil der Handelswelt, welcher von der Einsetzung einer nationalen Regierung, sofort nach dem Abzüge der Türken eine neue Geschäftsaera erwartete, hat bereits den kühnen Flug seiner sanguinischen Hoffnungen bedeutend gekürzt. Der eingetretene Wechsel brachte sogar im Beginne nur Unzukömmlichkeiten und Lasten mit sich, wie sie durch Uebergänge stets hervorgerufen werden. Man klagte anfänglich über die in den Zollämtern eingerissene Verwirrung, wo Beamte fungirten, welche kaum die elementarsten Begriffe in der Waarenkunde und von einer geregelten Zollmanipulation besassen. Der Bulgare lernt jedoch leicht und nach dieser Richtung ist es bereits besser geworden. Hingegen beschweren sich die Kaufleute noch heute Uber die Vermehrung der Steuer- und Hafengebühren, da von Seite der Verwaltung keine entsprechende Gegenleistung erfolgt. Zu Varna werden erhoben */s Procent vom Werthe sämmtlicher Waaren nach der zollamtlichen Schätzung, genannt „Stegsteuer"; eine Abgabe von 20 Pa-i'a's per Tonne von Dampfern und Segelschiffen, als von den Russen eingeführte und fortbehaltene „Hafensteuer", welche jedoch für auswärtige Flaggen suspendirt wurde; ferner eine gleichfalls unter dem russischen Provisorium eingeführte Abgabe von den Sarafs (Geldwechsler) mit 100—500 Francs, welche die bulgarische Regierung wegen der vielen erhobenen Beschwerden fallen, für Spirituosen-Verkäufer aber fortbestehen lassen will. Während unter dem türkischen Regime nur von Getränkeschänkern 25°/0 vom Localzinse erhoben wurden, dehnte ein fürstliches Decret diese Miethsteuer auch auf die Kaufleute, Hotels, Restaurants, Cafe's u. s. w. als „Patentabgabe" aus; Tabakhändler bezahlen ausserdem noch besondere Gebühren; sämmtliche Gewölbe, Comptoirs, Gast- und Wohnhäuser steuern nach 3 Classen: 5, 7Va> 10 Francs pro Quartal für Strassen-Beleuchtung und nächtliche Bewachung; die 1878 eingeführte Stempeltaxe schreibt für Frachtbriefe, Zoll-Declarationen und Quittungen bis zum unbedeutendsten Documente herab 50 Centimes, für amtliche Eingaben, Klagen, Bittgesuche 1 Franc vor; während von ersteren nur 5 Cent, und von letzteren 20 Cent, unter dem früheren Regime erhoben wurden. Diese vielfach erhöhten oder ganz neuen Steuerlasten, die Emigration der türkischen Bevölkerung, die Aushebung der bulgarischen Jugend zum Heerdienst und dadurch herbeigeführte Verminderung der Arbeitskraft für den Ackerbau, welcher des Landes Haupterwerbsquelle bildet; das gleichzeitige Aufhören des durch den grossen Consum der russischen Occupationstruppen, Officiere und Beamten gesteigerten, reichen Gewinn abwerfenden Imports, verbunden mit dem durch falsche Regierungsmaassregeln verschlimmerten Gang des Exports riefen in den Varnaer Handelskreisen eine gewisse Verstimmung hervor. Die 1879 in Ost-Bulgarien vortreffliche Getreide-Ernte weckte die Speculation, eine bedeutende Ausfuhr stand in Sicht, da erschien ein Rescript des Finanz-Ministers, das dieselbe gänzlich verbot. In Folge dessen mussten viele eingeleitete Geschäfte stornirt werden, einige Kaufleute sahen sich dem Ruin nahe und das Land bedrohte ein Schaden, welcher auf 5 Millionen Francs geschätzt wurde. Glücklicherweise hob ein vom April 1880 datirtes Decret des Ministeriums Cankov das erlassene Ausfuhrverbot seines Vorgängers in der Weise auf, dass der Export von 350,000 Kile Getreide für den Varnaer Hafen gestattet wurde. An dieser zur Ausfuhr erlaubten Quantität soll jeder Kaufmann nach Maassgabe seiner ausgewiesenen, bereits ein-magazinirten Vorräthe theilnehmen. Im Jahre 1878 fand nach den „Mittheilungen der k. und k. österreichischungarischen Consulats-Behörden" (Wien, 1880) auf der Rhede von Varna der nachstehend ausgewiesene Verkehr von Handelsfahrzeugen statt: Ladungswerth in östr. Fl. Zahl Tonnen beim Einlauf: beim Auslauf: Oesterreichisch-ungarische Dampfer . . . 129 125.804 5,628.506 2,074.390 » >j Segelschiffe . . 1 525 leer 18.750 20 6.975 96.035 49.340 „ Segelschiffe . 3 425 leer 1.800 7 1.834 295.150 136.200 „ Segelschiffe 43 5.968 93.350 322.020 2 51 leer 6.000 „ Segelschiffe 3 604 2.000 38.350 1 804 210.685 52.280 2 847 19.000 leer 419 33.587 382.800 882.400 3 171 11.600 12.400 5 467 40.500 36.600 Dampfer 161 136.315 6,249.376 2,318.210 Segelschiffe 477 41.747 530.250 1,312.320 Im Ganzen 638 178.062 6,779.626 3,630.530 Aus obiger Zusammenstellung geht hervor, dass von den im Varnaer Hafen erschienenen Dampfern 3 Viertheile auf die österreichisch-ungarische Flagge entfielen. Es waren dies durchaus Boote des Lloyd, welcher einen regelmässigen halbwTöchentlichen Dienst zwischen Varna und Constantinopel unterhält. Im Vergleich zum Vorjahre ergab sich durch mehrere Verträge zwischen der türkischen Regierung und der Lloydgesellschaft in Betreff des Transportes von Lebensmitteln u. s. w., dann auch von Auswanderern, deren Gesammtzahl sich im J. 1878 auf 31.500 belief, eine Zunahme um 18 Dampfer von 33.308 Tonnen, gleichzeitig aber eine Verminderung um 2 Segelschiffe von 627 Tonnen. Bei der Segelschiffahrt behauptete auch unter den neuen Verhältnissen die türkische Flagge den ersten Rang, doch befanden sich unter den oben ausgewiesenen 419 Segelschiffen dieser Nationalität viele kleine Fahrzeuge von nur 40 bis 50 Tonnen Tragfähigkeit, welche zumeist den Verkehr entlang der Küste vom Bosporus nach der Donau versahen. Die Zahl der nach Varna kommenden österreichisch-ungarischen Segelschiffe wird mit jedem Jahre kleiner; die Hauptursache dieser Erscheinung liegt darin, dass es an Getreidesendungen nach Triest fehlt, wohin nur mehr eine geringe Menge Kornfrüchte mittelst der Lloyddampfer verschifft wird. Im J. 1878 umfasste der hiesige Export folgende Gegenstände: 282.232 Star Weizen, 13.530 Star Mais, 9115 Star Gerste, 1960 Colli Butter und Käse, 1134 Ballen Schafwolle, 12.048 Ballen Häute, 3079 Steigen mit Hühnern, 1378 Kisten Eier, 16.800 Säcke Mehl, 11.900 Stück Hammel, 375 Tonnen Knochen, 5400 Ctr. Brennholz und 27.342 Colli verschiedene Waaren. Der Gesammtwerth dieser Ausfuhren bezifferte sich mit Einschluss der Geld-Sendungen im Betrage von 821,584 fl. auf 4,452.114 fl. und zeigt dem Vorjahre gegenüber eine Abnahme um 315.970 fl. Diese ist zunächst eine Folge der geringen Verschiffung von Kornfrüchten, die durch eine schwächere Ernte und auch durch die mit Rücksicht auf den Bedarf der in Bulgarien sich aufhaltenden Truppen erlassenen Ausfuhrverbote hervorgerufen wurde. Der Export über Varna vermindert sich von Jahr zu Jahr, was für das Land einen empfindlichen Verlust nach sich zieht; denn da die Einfuhr den Export weit übersteigt, ergiebt sich als Differenz ein namhafter Betrag, für welchen Bulgarien, Europa, beziehungsweise Constantinopel gegenüber Schuldner bleibt. Die vermehrte Ausfuhr von Häuten im Jahre 1878, im Ganzen 12.048 Ballen, welche grösstentheils nach Oesterreich ihren Weg nahmen, ist dem Umstände zuzuschreiben, dass die Anhäufung von russischen und türkischen Truppen im östlichen Bulgarien einen grösseren Schlachtvieh-Consum hervorrief. Die im Jahre 1878 zur Einfuhr gelangten Gegenstände sind: 6173 Colli Manufacte, 637 Colli Kurzwaaren, 5344 Säcke Kaffee, 6238 Colli Zucker, 12.547 Säcke Reis, 9741 Colli Tabak, 10.002 Fässer Spiritus, 27,.500 Ctr. Salz, 2888 Tonnen Steinkohlen, 320 Tonnen Eisenbahnschienen, 9500 Stück Bretter und 135.187 Colli Diverse. Alle diese Güter repräsentirten einen Werth von 6,779.626 fl., zu welchem noch ein Betrag von 600.279 fl. an Baargeldsendungen hinzukam. Im Vergleich zum J. 1877 ist der Werth der Waareneinfuhr durch die namhaften Bezüge von Bedarfsgegenständen für die russischen Truppen, um 3,649.276 fl. gestiegen. Bemerkenswerth erscheint, dass sich die Einfuhr von Spiritus gegen das Vorjahr um 8502 Fässer vermehrte, von welchen ungefähr }/6 aus Triest nach Varna gebracht und von dort nach Constantinopel dirigirt wurde. Unter den heutigen geänderten Verhältnissen beruht Varna's Bedeutung auf seiner commerciellen Stellung als Echelle des neu geschaffenen Fürstenthums, sowohl für die Ein- als Ausfuhr. Mit Rücksicht darauf empfiehlt sich die Errichtung von Musterlagern europäischer Industrie-Erzeugnisse verbunden mit Aus-kunftscomptoiren. Es Hessen sich umso gewisser ansehnliche Vortheile erzielen, als es noch so manchen Artikel einzuführen gilt, der dort, trotz seiner Nützlich- keit, bisher völlig unbekannt geblieben ist. Aeusserst lebhaft macht sich auch das Bedürfniss nach Credit-Instituten fühlbar, um unter günstigeren Bedingungen, als dies früher möglich war, die reichen Naturschätze des Landes ausbeuten zu können. In den Varnaer Handelsgeschäften bereitet sich eine gründliche Umgestaltung vor. Die Kaufleute wollen ihren Waarenbcdarf nicht mehr von Constantinopel, sondern aus den Erzeugungsländern selbst beziehen, um den doppelten Zoll zu ersparen. Ohne Zweifel erscheint Oesterreich-Ungarn befähigt, in den Transaktionen mit dem neuen Fürstenthum einen hervorragenden, wenn nicht den ersten Rang einzunehmen; schon die geographische Lage beider Länder ermöglicht dies, falls in der entsprechenden Weise vorgegangen würde. Es erscheint nicht schwer, den in Varna vorwaltenden Handelsgeist neu zu beleben. Wenn Ruhe herrscht und das Vertrauen wieder erwacht ist, darf man wohl hoffen, den blühenden Zustand vom J. 1865 wiederkehren zu sehen. Die Frage der Herstellung eines Hafens in Varna beschäftigt lebhaft die betheiligten Kreise, in welchen man die berechtigte Ansicht hegt, dass sie den wirthschaft-lichen Aufschwung dieses Platzes ganz wesentlich zu fördern vermöchte. Vorläufig befindet sich aber die „Rada" im selben, ja theil weise schlimmerem Zustande als unter den Türken, weil selbst die früheren und die von den Russen angelegten Stege zur Ein- und Ausladung allmälig zu Grunde gehen, trotzdem die bulgarische Regierung durch die */a percentige Werthabgabe von den im-oder exportirten Waaren etwa 600.000 Mark einnahm, welche ausschliesslich zur Verbesserung der bestehenden Landungsbrücken, Herstellung neuer Molo's u. s. w. dienen sollten. Gegenwärtig ist die Ein- und Ausbarkirung von Passagieren und Waaren oft geradezu mit Gefahr verbunden. Leider dürfte so lange nichts für den Varnaer Hafen geschehen, bis — wie offieiöse Stimmen versichern — die schwebenden Eisenbahnfragen eine für Bulgarien günstige Lösung erhalten. Man klagt nämlich in Sofia viel über jenen Punkt des Berliner Vertrages, welcher dem als Erben der Türkei betrachteten Fürstenthum auf 90 Jahre die Bezahlung einer jährlichen Zinsenlast von 3v2 Millionen Francs für die ganz unrentable Linie Rusöuk-Varna an eine englische Gesellschaft auferlegte, deren primitive Anlage eine rationelle Umgestaltung im Bau- und Betriebsmateriale dringend erfordert, falls sie nutzbringender werden soll. Die Herbeischaffung der bezüglichen auf 20 Millionen Francs veranschlagten Restaurationskosten und jener grossen Capitalien, welche der von Oesterreich urgirte gleichzeitige Bau der bulgarischen Constantinopler Linie beansprucht, ginge aber, wie die Sofiaer Finanzminister versichern, weit über die Kräfte des jungen Staates und sie müssten zuerst bei den Grossmächten die Entlastung von der ihr Budget drückenden Zinsengarantie für die Ruscuk -Varnalinie erreichen, bevor sie an anderweitige Investirungen denken könnten. Im Februar 1880 traten zu diesen financiellen, Varna's Aufblühen hindernden Schwierigkeiten andere hinzu, welche sich aus der verschiedenen Auffassung der von der Pforte mit den europäischen Mächten geschlossenen, auf das Süzeräne Fürstenthum übergegangenen Capitulationen zwischen seinen Behörden und einigen Consuln ergaben. Hoffen wir, dass ein kluges Gouvernement alle diese Klippen zu umschiffen verstehen und namentlich, das von mir oft betonte türkische Erbübel, der häufige Beamtenwechsel enden werde, der eine das allgemeine Wohl fördernde Administration nicht aufkommen lässt. Dann, nur dann, könnte Varna jene Stellung am Pontus sich erringen, zu der es seine eminent günstige geographische Lage befähigt! Gewiss trüge auch viel dazu bei, falls es, wie der Berliner Vertrag bestimmt, eine offene Stadt würde. Nach Mittheilungen vom 20. April 1880 ist die gemauerte Enceinte wohl bereits an vielen Stellen durchbrochen und wird es den Stadtbewohnern erlaubt ihren Bedarf an Baumaterial den entmantelten Werken zu entnehmen. Nur das pentagonale Fort östlich von der Festung blieb so intact, dass es mit geringer Anstrengung wieder hergestellt werden könnte. Man beeilt schon des Geldpunktes wegen das Demolitionswerk nicht besonders, doch liegt die mehrmals erwähnte, von den Türken als Munitionsdepot benutzte Citadelle im Kerne der Stadt schon halb iu Trümmern. Ob sie gänzlich fallen werden, Varna's Mauern und Thore, durch welche verschiedene Strassen nach dem reichen Hinterlande laufen? Durch das nach den Klöstern auf Cap Suganlik führende „Su kapu" zieht Varna's Metropolit am h. Dreikönigstage in glänzender Procession zum Meere und feiert durch das Hineinwerfen eines Kreuzes das grosse orthodoxe Wasserweihefest, das seit 1880, nach russischem Beispiele, in allen Städten Bulgariens unter Betheiligung des Militärs und der Behörden, in Sofia auch in des Fürsten Gegenwart, pomphaft begangen wird. Andere Thore öffnen sich in der Richtung der Balkanstrassen, der Eisenbahn, dann der Chausseen und Wege nach Pravadi, Jenipazar, Kozludza und Balcik, welche letztere ich am 8. August einschlug. Angekommen auf den Höhen, welche die Strasse gegen N. erklimmt, blickte ich zurück auf die im Centrum eines prächtigen Naturbildes liegende Festungsstadt. Nahezu in streng geometrischen Linien umschliessen ihre weissleuchten-den Mauerfronten ein bizarres Häuserchaos, das um den hohen Thurm des Mili-tair-Serai einen undurchdringlichen Kern zu bilden scheint. Von bedeutenderen Gebäuden vermag man nur den Districts-Konak, die Kasernen, das Hospital, zu dessen Chefarzt 1880 Dr. Hristov ernannt wurde, einige grössere Moscheen, Kirchen und die durch Flaggen erkennbaren Consulate, zwischen dem Grün der vielen Hausgärten, ferner im Hafen einige Kriegsschiffe und Dampfer zu unterscheiden; gegen Westen fährt die Locomotive zwischen Indze- und Kadi köi am Nordrande des sonnigen Devnasee's hin und südlich von seinen vielgewundenen Buchten vermählen sich bei Cap Galata des Balkans sanft gewellte Ausläufer mit dem dunklen Meeresspiegel. Der Varnioten Wein- und Obstgärten, zwischen welche an mancher Stelle Felder und Wäldchen der nahen Dörfer treten, schmük-ken im reichsten Wechsel den Vorgrund des unbeschreibbar schönen Panorama's, gegen dessen Zauber das was nun folgte, ohne den fesselnden Reiz des historischethnographischen Interesses, landschaftlich noch monotoner erschienen wäre. Bei dem griechisch-bulgarischen Jeniköi überschritten wir nach 2Va St. die Quellen des letzten, N. von Varna zum Pontus eilenden Flüsschens Batova. Sein westlicher Arm kommt von dem strategisch wichtigen Kreuzungspunkte der von Silistria und Pazardzik nach Varna führenden Strassen bei Dervend herab, wo Fürst Mencikoff im Juli 1828 das für Varna bestimmte nördliche Belagerungscorps sammelte und Raschid Pasa seine am 27. Jänner 1878 von Pazardzik reti-rirenden Truppen hinzog. An einer Karaula vorüber, erreichten wir in weiteren 2 St. das grosse Bulgarendorf Kapakli, dessen Han zur Mittagsrast einlud. Ich benützte sie zu einer Messung, welche 320 M. ergab. Die Ortsprimaten erzählten mir auch hier sehr viel von den Unthaten der zu Azicieh nahe am Meere coloni-sirten Tscherkessen gegen ihre christlichen Nachbarn, dann vom Bau ihrer neuen Kirche und Schule, und was mich namentlich interessirte, von Ruinen eines „Aladza-manastir" nahe beim Abchasendorfe am Küstenrande, das sie mit allerlei phantastischem Sagenkram den Genevli (Genuesen) zuschrieben. Es ist wahrscheinlich ein byzantinischer Bau, dessen nähere Untersuchung ich den Archäologen empfehle, welche hoffentlich bald den interessanten Pontussaum en detail erforschen werden. Nur noch kurz hielt unsere Strasse N. ein, dann bog sie 0. gegen das von 50 Gagausen- und 10 Bulgarenfamilien bewohnte Öausli ab, bei dessen interessanter Umgebung ich etwas länger verweile, da es sich um die Feststellung einer altgriechischen Niederlassung handelt. Die Wasserfäden, welche von Kapakli nach Causli abfliessen, vereinigen sich 0. von letzterem und fallen als „Batova" beim bulgarisch-türkischen Küstendorfe „Ekrene" in den Pontus. Ekrene ist aber nichts anderes als der verstümmelte altgriechische Name „Kruni", welches moderne Geographen und Historiker in dem erst von den Türken begründeten östlicheren Balcik irrthttmlich suchten. Mit Kruni ist aber nach dem Zeugnisse Stephan's von Byzanz das spätere Dionysopolis identisch. Consul Papadopulos Vretos wies nach, wie Pomponius Mela geirrt, indem er Kruni und Dionysopolis als verschiedene Städte anführte; er widerlegte auch Niger, welcher Dionysopolis am Cap Kalliakra, und Paul Jove, der es an Varna's Stelle vermuthete. Stephan gab für den erfolgten Namenstausch folgende Erklärung: „Dionysopolis wurde wegen seiner Wasserfälle früher Kruni genannt, später nahm Kruni aber den Namen Dionysopolis an, wegen der Statue des Denys (Bacchus), welche das Meer an seine Ufer warf." Dionysopolis wird als „Bacchus" auch in Ovid's Klagen auf seiner Fahrt nach dem Exil Tomi erwähnt. Dieses Kruni und spätere Dionysopolis-Bacchus stand aber zweifellos in Ekrene's nächster Umgebung. Dafür spricht nicht nur, wie schon Vretos scharfsinnig bemerkte, dass der ältere Stadtname Kruni im heute verstümmelten Dorfnamen Ekrene (griechisch: Akrania) fortlebt; ferner das dort ausgegrabene, von mir auf S. 191 abgebildete Relief, als monumentales Zeugniss des Dionysoscult an dieser Stätte, und auch, was Papadopulos Vretos unbekannt blieb, dass bei Akrania noch Reste alter Befestigungen zu sehen sind, die bei genauer Durchforschung gewiss weitere Beweise für Dionysopolis' Standort in dessen Nähe liefern dürften. Dionysopolis' Niedergang war übrigens kein plötzlicher. Seine Bischöfe erschienen wiederholt auf den Concilien zu Constantinopel und noch im XVII. Jahrhundert erwähnt es Hadzi Chalfa unter dem turkisirten Namen Ekerne (Ekrene) als Hauptort eines Bezirkes am Pontus*). Es bedurfte demnach geraumer Zeit, bis das einst glänzende Dionysopolis/um elenden Dorfe herabsank, dessen früherer Name Kruni aber wieder für das grosse Naturverständniss der alten Griechen spricht; denn nördlich vom Mündungspunkte der wasserreichen Batova giebt es kein Rinnsal von mehr als einer Stunde Lauflänge. Wasserfülle und Austrocknung des Bodens treten bei Ekrene unvermittelt nebeneinander und sein ältester Name Kruni erscheint also trefflich gewählt Der physikalische Gegensatz ist hier ein so auffallender, dass die Anwohner alles nördlich vom Batovabache liegende Land, seiner Wasserlosigkeit wegen, bereits „Dobruca" heissen. Beim alten Dionysopolis-Bacchus beginnt also Ovid's Verbannungsland, dessen landschaftliche Trostlosigkeit er so anschaulich schilderte. Die Varna-Balöikstrasse kreuzt den Batovabach bei dem früher nur 20 türkische Häuser zählenden, 1864 aber durch 180 tscherkessische Familien ver-grösserten Teke, die während des letzten Krieges vor den Russen flüchteten. Oestlich vom Dorfe stiess ich auf ein Derwischkloster von solcher Ausdehnung, wie ich es ausserhalb Constantinopel auf europäischem Boden kaum ver-muthet hätte. Unerwartet, denn auf keiner Karte findet es sich angedeutet, ge-rieth ich hier in einen der berüchtigtsten Feuerherde moslimscher Glaubensbelebung und schon um ihn näher kennen zu lernen, folgte ich der dringenden Einladung des Klosterschechs, mein Nachtquartier bei ihm zu nehmen. Der Schech Irägt den stolzen Titel „Akiasli Derwisch Sultan Tekessi Kadiriden Istam-boli Schech Hafus Halil Baba". Das Kloster oder richtiger die einzelnen Häuschen der Derwische gruppiren sich um ein aus Quadern prächtig erbautes Türbe, welches Sultan Suleiman vor 316 Jahren dem gefeierten Glaubenshelden Hafus Halil Baba zu Ehren errichtete. Sein riesiger Schornstein ragt minaretartig in *) Bosna und Rumeli, S. 27. die Luft und schon die hohe Pforte stimmt den nur an niedere Eingänge gewöhnten, zum Grabe des von allen irdischen Makeln reinen Streiters für die echte Prophetenlehrc Pilgernden, stimmungsvoll; tritt er aber, nachdem die üblichen Waschungen vollzogen und die durch profanen Erdenstaub verunreinigte Fuss-beklcidung abgestreift, in das gefeite Innere, so wird dessen würdevoller Ernst den beabsichtigten mystischen Eindruck auf sein Gemüth sicher nicht verfehlen. Man mag über Mahomed's Lehre wie immer denken, eines muss man wohl zugeben, dass die ihr gewidmeten Tempelstätten eine weit ernstere und weihevollere Stimmung in dem sie Betretenden erzielen, als die pomphaften Kirchen des Katholicismus und die nüchternen Bethäuser des Lutherthums. Nirgends wird der Blick durch künstlerische Zuthaten zerstreut, der Ornamentenschmuck an Decken, Pendentifs, Wölbungen und Wänden verschwindet neben den riesigen Lettern, welche dem Gläubigen die fundamentalsten Koransuren eindringlich vor's Auge führen, und dieses wird immer wieder von der nach Mekka gerichteten Kibla angezogen, welche nach dem Hcilsor^e weiset, nach der geheiligten Kaaba, wo der Prophet in den Armen der gefeierten Gattin Aischa seine Seele aushauchte! Kings um das mit Teppichen bedeckte bettartige Grab des Glaubenskämpfers Hafus Halil Baba stehen zahlreiche Candelaber mit von frommen Pilgern geopferten riesigen Wachskerzen, von der Decke hängen von Mekkafahrern aus dem fernen Morgenlande mitgebrachte Strausseneier herab, in • den Nischen und neben dem Sarge erblickt man aber die Asa, den mit einem Halbmond versehenen Stab, die Schuhe, den Kamm und andere Geräthschaften, deren sich, nach des Schechs Versicherung, der Heilige bei Lebzeiten bediente. Ob es wirklich dieselben sind? ob die ungläubigen Russen, welche wie mein Begleiter mit blitzendem Auge und doch gleich wieder mit künstlich gedämpfter Stimme erzählte, des Klosters Baulichkeiten 1829 niederbrannten, des Baba's Siebensachen unberührt Hessen? Kim bilir, wer weiss es! Der Schech erklärte allerdings, dass die geheiligten Reliquien durch rasche Flüchtung gerettet und erst später zurückgebracht wurden, als keine Profanation mehr zu fürchten war. Was läge aber auch daran, falls der Vorgang ein anderer gewesen; die Gläubigen würden doch ebenso wenig ihre Echtheit bezweifeln, wie die frommen Pilger jene des berühmten Heilschatzes, welcher ihnen vom Aachener Münsterchor gezeigt wird. Auch Hadzi Chalfa erwähnte des Wallfahrtsortes unter dem Namen „Sari-saltik"*). Für das hohe Ansehen des Teke's bei den Mohamedanern am Pontus sprachen Tausende bunter Lappen, welche durch die Pilger von ihrer Bekleidung abgetrennt und auf einen hohen Stab, vor dem Eingange in das Tttrbe, gespiesst wurden. Der religiöse Gebrauch, irgend ein kleines Zeichen der Verehrung an geheiligten Stätten zurückzulassen, geht bekanntlich durch die gesammte *) Bosna und Rumeli, S. 27. moslimsche Welt. Man greift zu kleinen oder grossen Steinen, um an solchen Orten nicht ohne Mühe allmälig Haufen oder Säulen aufzuschichten, oder nimmt Nägel, welche in einen Baum geschlagen, ihn nach Jahren in einen „Stock im Eisen", gleich jenem zu Wien, umwandeln. In Turkestan hängt man Hörner von Ochsen, Böcken, Ziegen u. s. w. auf; man reisst auch vom Hemde, Turban oder Gürtelshawl einen Fetzen ab und gesellt ihn zum Bündel, welches durch die Devotion Vorüberkommender fortwährend wächst. Da. der europäische Moslim die Bequemlichkeit über Alles liebt, ist letzterer Brauch in der Türkei am häufigsten verbreitet (II. Band, S. 136), obschon auch andere Völker ihm huldigen. Beim Anblicke des berühmten Medschhed hängt der fromme Sehnte unter Reci-tirung frommer Lieder bunte Lappen auf die Sträucher am Wege, der Mongole opfert oft Stückchen von seinem Pelzkleide, der Jakute reisst aber Haare aus dem Schwänze seines Pferdes und hängt sie als Sühnopfer für den Waldgeist auf die höchsten Bäume steiler Hügel. Die Opfergaben wechseln, ihr mystischreligiöser Sinn bleibt aber, wie Richard Andree trefflich nachwies, bei allen Völkern nahezu immer derselbe. Der weltliche Clerus im Abendlapde wusste sich mit Geschick den grossen Einfluss des Mönchthums für seine Zwecke gefügig zu machen; im Islam steht aber die Macht des Ordenswesens noch ungebrochen da, und das mystischen Aeusserlichkeiten sich zuneigende Naturell des Orientalen erblickt im Derwisch, der schon in Anzug und Ausrüstung die wichtigsten Prophetengebote symbolisirt, die Verkörperung alles Koranthums. Nur aus dieser grossen Verehrung der moslimschen Masse für das Derwisch-Ordensthum erklärt sich, dass ihm stets neue Novizen zuströmen, obschon die Prüfungen, welche sie durchzumachen haben, wenig angenehm sind und wenn sie Uberstanden, ihr Loos noch durchaus nicht jenem der Mönche unserer reichen Klöster sich nähert. Die Stiftungen und Legate für die Teke's reichen kaum für den notwendigsten Bedarf der frommen Glaubenseiferer hin, und nur die erstaunliche Genügsamkeit und Lust an frömmelndem Nichtsthun erklären, dass diese Brutstätten des Fanatismus stets gefüllt bleiben. Gleich Bienenstöcken beherbergt jedes Teke fleissige Arbeiter und faule Drohnen, erstere sind meist die stabilen, letztere seine temporären Bewohner. Während seiner Glanzzeit zählte unser Teke 40 und oft mehr Derwische, während meines Besuches jedoch nur 18 ständige und 8 Bewohner, welche auf ihren frommen Fahrten des Klosters Gastfreundschaft vorübergehend genossen. Beim traulichen Abendbrote klagte der Schech bitter, wie sehr die fahrenden Mönche seinem Gemeinwesen zur Last fielen. In der That stellt das Derwischthum oft den unverschämtesten Bettel unter religiösem Aushängschilde dar. Man lässt sich Kopfhaar und Bart wachsen, als Zeichen der Lossagung von allem Irdischen, stülpt den Kulah, einen rundgeformten Hut auf, legt die Chirka, einen zerrissenen Mantel an, behängt sich mit dem Keschkul, der an einer Kette befestigten Schale, in welcher die erbettelten Speisen bewahrt werden, steckt den Tasbi mit 99 göttliche Eigenschaften versinnlichenden Körnern in den Gürtel, dazu die Schane zur rituellen Kämmung, den Kaschak zum Kratzen und Abstreifen peinigender Parasiten, nimmt in die linke Hand das Teber, ein mit mystischen Inschriften versehenes Beil, welches durch Umherfuchteln zur „Erschlagung" der Leidenschaften dient, in die rechte aber die Asa, den mit einem Halbmond versehenen kurzen Stab und zieht dann als Derwisch ohne einen Para Reisegeld auf Kosten der Gläubigen durch weite Länder; ein Vortheil, den viele unverbesserliche Vagabunden trefflich auszubeuten verstehen. Ich begegnete deren genug in den moslimschen Kreisen Bulgariens, welche mit ihrer Zudringlichkeit alles nomadisirende Zigeuner-Virtuosenthum weit in den Schatten stellten. Wehe der Familie, in der ein Kalenter (Wander-Derwisch) durch sein gleissnerisches Wesen eine gastliche Stätte gefunden. Von anderem Schwindel abgesehen, scheiden diese entschiedenen Feinde alles Irdischen selten, ohne einen oder mehrere werthvolle Gegenstände ganz zufällig in die weiten Taschen ihres Bettlermantels gesteckt zu haben. Die kleine Wohn- und Schlafstube, welche ich mit dem gastfreundlichen, noch jungen Schech theilte, unterschied sich in nichts von jener irgend eines Dorf-Subasi oder Buljukbasa's der zahlreichen Karaule, in welchen ich gelegentlich übernachtete. Einige Kissen mit verblichenen Teppichen, auf welche wir uns hinstreckten und eine sehr bunt bemalte Truhe bildeten das gesammte Mobiliar, an den Wänden hingen verschiedene fromme Sentenzen neben des Sultans Namenszug, in einem Winkel lagen vergilbte Handschriften und Bücher, ich glaube es war die gesammte Bibliothek des Klosters, und des Schechs zierliches Lieblingskätzchen thronte auf derselben, ähnlich der auf den Schätzen griechischer Weisheit abgebildeten Eule. So früh auch die über den Pontus heraufgestiegene Sonne mich vom Lager trieb, hatte es mein frommer Schlafgefährtc noch zeitlicher, geräuschlos verlassen. Vor dem Häuschen erblickte ich ihn unter einem breitkronigen Apfelbaum, umgeben von einem Dutzend seiner Muriden; die Chalka, welche die Mönche zu geistiger Uebung täglich einige Male vereint, begann eben. Die Hände in den Schooss gelegt, den Kopf tief auf die Brust gesenkt, die Augen geschlossen, sassen die Derwische mit vom Irdischen abgewendeten Gedanken im Kreise um den Schech gruppirt, bis dieser die von einzelnen Seufzern oder kurz ausge-stossenen Stöhnlauten unterbrochene Stille durch die Recitation einer Rasside des poesiereichen Lobgesanges endete. Seine leise beginnende Stimme erhöhte sich allmälig; die Töne wurden lauter, begeisterter und der Eindruck auf die lauschenden Hörer äusserte sich durch immer rascher sich folgende Ausrufe: Ja Allah! (0 Gott), Ja hu! (Er allein ist es und kein Anderer), Ja Hak! (0 Gerechter), Ja Hai! (0 Lebender), Ja Kajum! (0 Bestehender), Ja Kaliar! (0 Rächer); bis Alle zum Schlüsse in den Schrei ausbrachen: La illaha il Allah! (Es giebt keinen Gott ausser Allah!), womit der „Ring" endete. Nur mit Ueberredung gelang es mir, den gastfreundlichen Klosterschech zur Annahme eines der Verpflegung meiner Leute und Pferde entsprechenden Baksis zu bewegen. So gänzlich hatte mein toleranter Wirth jedoch nicht dem Irdischen entsagt, dass ihn nicht einige Fäden mit der sündhaften Welt verknüpften. Dies verrieth mir die Bitte, dass ich beim Besuche der Sultansstadt, seine tiefergebenen Empfehlungen an Midhat Pasa, seinen warm verehrten, eben Grossvezier gewordenen Gönner ausrichten möchte. Er schrieb mir zu diesem Zwecke seinen Namen und geistlichen Titel auf eine Tagebuehseite, nicht ahnend, dass der Vezier schon wenige Wochen darauf das Staatssiegel zum ersten und nach abermaliger kurzer Amtsführung zum zweiten Male werde abgeben müssen. In Midhat's frei gewähltem Exil zu London, als ich im Juli 1877 mit ihm zufällig im „Royal Hotel" unter einem Dache wohnte, hätte ich wohl des Schechs devote Grüsse an ihre Adresse abgeben können. Ich glaubte jedoch annehmen zu dürfen, dass sie jedenfalls nur an den im Zenithe der Sultansgunst stehenden und nicht an den in tiefste Ungnade gefallenen Vezier gerichtet waren; auch fand ich weder, noch suchte ich Gelegenheit des türkischen Staatsmannes Bekanntschaft zu machen. Köstlich frische Luft kühlte von der See her den schwülen Morgen, noch wohlthuender aber milderten ihn die tiefen Schatten des hinter Teke auftretenden dichten Waldes. Zwischen mächtigen Eichen hinreitend, begegneten wir einzelnen Derwischen, welche in den verschiedensten Stellungen auf prächtig grünem Naturteppiche gelagert, beim vorgeschriebenen Abbeten des Tesbih und Telkins, der 99 Eigenschaften und 7 Hauptattribute Gottes oder im beschaulichen Durchlesen theologischer Schriften, sich durch unser Erscheinen nicht im Geringsten stören Hessen. Ja hu, ja hak! Er allein ist es und kein Anderer, o Gerechter! — Vor ihnen haben byzantinische Mönche über Gott und seine Heiligen hier in exegetischen Betrachtungen sich ergangen und noch viele Jahrhunderte früher belebten Bacchuspriester mit heiteren Festen diese Haine. So verschieden im Cultus, glaubten Alle, das Wesen des Göttlichen in einzig wahrer Weise zu erkennen, zu verehren — wenn aber einst der Darvinismus mit seinen Consequenzen bis an den Pontus vielleicht dringen wird, in welcher Form dürfte dann die Anbetung der allzeugenden Urkraft auftreten? Teke's schöne Waldungen haben für das Kloster übrigens noch mehr als idealen Werth, sie liefern ihm den grössten Theil seines Einkommens; es liegt nämlich kaum i/, St- von der Batovamündung entfernt und dort landen im Sommer an der kleinen Rhede zahlreiche Schiffe, um das zur Ausfuhr bestimmte Holz nach der grossen Bosporusstadt zu führen. Zu den vielen Anomalien, welche die Unterhändler des Berliner Vertrages aus Unkenntniss der geographischen und ethnographischen Detail-Verhältnisse im südöstlichen Europa schufen, zählt auch der Punkt XII., welcher der Pforte die Auslieferung aller Vakufgüter im Fürstenthum Bulgarien zuspricht; denn damit erscheint nicht nur der Bestand der türkischen Klöster in Bulgarien — was wenig bedauerlich wäre — sondern auch jener von zahlreichen Spitälern, Schulen und anderen humanitären Einrichtungen bedroht, welche aus von frommen Stiftern testamentarisch legirten Gütern, Wäldern, Häusern u. s. w. bisher erhalten wurden. Es scheint nicht, dass Fürst Alexander's Regierung geneigt sei, den„bezüglichen Artikel, welcher die Interessen der in Bulgarien lebenden Moslims im hohen Grade verletzt, ohne Versuche zu seiner Abänderung ausführen zu wollen. Herr Cankov, der fürstliche Vertreter in Constantinopel, wurde beauftragt, dort im September 1879 in diesem Sinne diplomatische Schritte zu machen, worauf die Pforte im Jänner 1880 den Divisionär Nihad Pasa und Fazyl Bei zur Ordnung dieser wichtigen Angelegenheit nach Sofia sandte. Nachdem Fürst Alexander dieselben aufs Freundlichste empfangen, wurden bulgarischerseits der ehemalige Minister des Innern, Herr Burmov und Herr Ilija Canov zu Mitgliedern und Herr Pencovic zum Secretär der türkisch-bulgarischen Commission ernannt, welche diese schwierige Frage zu prüfen hat. Bisher (Mai 1880) ist nichts über ihre definitive, jedenfalls auch Teke berührende Lösung, in die OefTentlichkeit gedrungen. Eine Stunde NO. von Teke hörte aller Baumwuchs auf. Wir querten eine sanftwellige kleine Wasserscheide, welche in saftige Matten überging, und stiessen hier auf Balcik's reiche Herden, die allein schon seinen Wohlstand verkündeten. Noch trennten uns einige tiefe Einschnitte vom Meere. In stark gebösehten Curven wandte sich die Strasse durch die an Petrefacten reichen, bis zur Küste streichenden Kalkfelsen, endlich erschien des Pontus ersehnte Fläche mit den Masten einiger vor Anker liegender Schiffe und kurz darauf ritten wir durch die labyrinthischen Strassen Balcik's, das nach dem griechischen Geographen Meletius von den Türken begründet und ursprünglich „Pecek" genannt wurde. Dass es nicht auf der Stelle des classischen Dionysopolis liegt, glaube ich bereits auf S. 218 bewiesen zu haben. Von dem einst wahrscheinlich auf der Anhohe des westlichen Türken-Mahle gestandenen alten Schlosse, dessen zähe Vertheidigung gegen König Vladislav's Heer die Chronisten rühmen, ist heute kaum'eine Spur vorhanden; so gründlich vernichteten es die verbündeten Polen und Ungarn. 4000 Türken sollen hier im J. 1444 vom stürmenden Christenheere getödtet und der Rest von den hohen Felszinnen ins Meer gestürzt worden sein. 1828 errichteten die Türken beim Anmärsche der Russen auf den westlichen Höhen eine passagere Befestigung von 3 unter einander verbundenen Erdbastionen mit vorgelegten Gräben, welche jedoch damals ebensowenig ernsthaft vertheidigt wurde, wie im Jänner 1878, als General Mansei's Cavallerie nach Pazardzik's Einnahme heranrückte, um dasselbe zu besetzen. In beiden Feldztigen zog sich Balcik's kleine Besatzung nach Varna zurück. Auch auf Balöik hatte die russische Occupation schwer gelastet; bis 1840 blieb es ein armseliges moslimsches Dorf; es wuchs jedoch bald zum Städtchen an, nachdem die türkische Regierung ihren bulgarischen Unterthanen die Getreide-Ausfuhr in fremde Länder gestattete. Häuser und Magazine christlicher Exporteure aus Constantinopel, Triest und Griechenland entstanden und mehrten sich raseh am Hafen, dessen gesichertere Lage gegen die gefährlichen Nordstürme ihn den Schiffern vor dem Varnaer empfahlen. 1847 hisste ein griechischer Consular-Agent seine Flagge zu Balöik auf und die damals ungetheilte griechich-bulgarische Gemeinde erbaute in aller Stille eine kleine Kirche und Schule. 1855 zählte Balöik, nach Papadopulos, beiläufig 3000 moslimsche und 500 christliche Einwohner. Allmälig dehnte sich das Städtchen zwischen und auf den zum Meere steil abstürzenden Kalkschroffen weiter aus und 1872 wohnte dort, nach den von mir erhobenen Daten, bereits die doppelte Seelenmenge in etwa 800-900 türkischen, 400 tatarischen, 150 bulgarischen und 50 griechischen Häusern; die Moscheen hatten sich aber auf 4 mit, und 4 ohne Minarete, die Kirchen auf zwei vermehrt. Wie überall recrutirt sich auch zu Balöik das bulgarisch-städtische Element aus der ländlichen Umgebung; die Intelligenz und Prosperität der kleinen Bulgarengemeinde beweiset ein neuer Schul- und Kirchenbau, den sie in letzter Zeit ganz selbständig in ihrem hochliegenden Mahle aufführte. Im benachbarten Viertel wohnten die 1860 colonisirten fleissigen Tataren; Türken und Griechen füllen die Unterstadt nahe am Hafen, wo sich auch das Mauth- und Sanitätsamt befindet. Alljährlich im Juni wird auf der benachbarten Hochebene ein Waaren-und Thiermarkt abgehalten, auf welchen die Züchter der Umgebung viele Pferde, dann Gross- und Kleinvieh treiben. Der Kasa soll 140,000 Schafe und 6700 Ziegen besitzen. Von den Producten des Balöiker Kreises werden namentlich Kirschen, Quitten und sein Honig gerühmt, der als werthvolles Geschenk selbst nach Constantinopel wandert. Die 72 Orte des ausgedehnten Kasa's sind schwach und in der Majorität von Türken bevölkert; in einigen wohnen nur türkisch sprechende griechische Christen (Gagausen) und Bulgaren; rein christliche Orte giebt es 3 im Kreise; seine Tataren und Tscherkessen sind seit 1878 sämmt-lich ausgewandert. Die Mehrzahl der hier mitgetheilten Daten empfing ich, auf des liebenswürdigen Kaimakams Befehl, von seinem griechischen Mauthbeamten; doch hörte ich von glaubwürdiger Seite, dass der angegebene Viehstand des Kreises noch bedeutender sei. Als ich vom Besuche des hübschen neuen Konaks und der interessantesten Kanltz, Donau-Bulgarien und der Balkan. III. Punkte des Städtchens nach dem 53 M. hoch liegenden „llija Palabqjuk han" zurückkehrte, überraschte mich mein Handzi mit einem vorzüglich schmeckenden Gerichte frisch gefangener Gründlinge. Wie ich hörte, ist die Balöiker Küste ungemein fischreich und würde deshalb auch von fremden Fischern besucht. Im Winter ist das Klima hier ziemlich streng, im Sommer jedoch sehr angenehm; 30° im Schatten, welche ich am 9. Augustmittag am Meeresstrande verzeichnete, gelten schon als sehr hohe Temperatur. Im Hafen ankerten an jenem Tage nur 7 Dreimaster, welche auf das zu verladende neue Getreide warteten. Etablirt sich hier erst ein verständigeres volkswirtschaftliches System, so dürfte gewiss auch die maritime Entwicklung der günstig gelegenen Pontusstadt Balöik rasch fortschreiten. Ausser der Varnaer Strasse führt von diesem wichtigen Hafenplatz eine zweite über Duan juvasi und Karakurt in 5 St. nach Pazardzik, eine dritte über Djaur Kujusi und Sirtköi in 8 St. nach Mangalia und eine vierte in 3 St. nach Kavarna, welche ich einschlug. Die Balöik von allen Seiten umschliessenden Felsabstürze gegen N. hinanreitend, gelangte ich auf ein völlig baumloses Hochplateau mit prächtigem Ausblicke auf die Küsten bei Ekrene und über Cap Suganlik weg, bis Cap Emine. Ringsum war Alles von zahlreichen Saumpfaden durchschnittenes Wiesenland, das rechts von der Strasse einige Tumuli nur wenig belebten. Ein Abbug gegen NO. brachte uns in l1^ St. nach dem mit 57 Tatarengehöften colonisirten jetzt verlassenen Souöuk Mahle und eine weitere Stunde, am türkischen Mihalbei vorüber, nach Kavarna. Wir ritten über das Gefechtsfeld von 1828, das ein ausgedehnter Kirchhof markirt; rechts sieht man noch die Reste der Erdwerke aus jenem Kriege, welcher dem Wohlstande sämmtlicher Pontusstädte harte Wunden schlug. Das Städtchen Kavarna liegt eine halbe Stunde landeinwärts von seiner Rhede. Papadopulos charakterisirte es als rein christliche Stadt. Drei Minarets jedoch, worunter eines mit abgebrochener Spitze, welche dessen eintönige Silhouette überragten, belehrten mich, dass der hellenische Consul falsch unterrichtet wurde. Bis 1877 hielten sich das moslimsche und das christliche Bevölkerungselement in Kavarna nahezu die Wage. Ersteres setzte sich aus 125 türkischen und 60 tatarischen, letzteres aus 150 griechischen und 25 bulgarischen Häusern zusammen. Unter den 1800—2000 Einwohnern Kavarna's bildeten sichtlich die handelsfleissigen Griechen die Majorität und das treibende Element. Nicht ohne Stolz blickten sie auf ihre mit Opfern begründete hübsche Kirche und treffliche Schule, während die kleine Bulgarengemeinde es nur zu einer bescheidenen Elementarschule gebracht hatte. Während meines Besuches regierte ein ehemaliger alter Corporal das zum Balöiker Kasa gehörende Städtchen. Der die türkische Autorität vertretende Subasi schien sich wenig um griechisch -bul- garische Händel zu kümmern; auch die emsig aufstrebende Tatarencolonie konnte nicht behaupten, dass ihr Aufblühen durch den Caus besonders gefördert wurde. Er sorgte nur dafür, dass seine „Nufus" ihre Steuern richtig bezahlten, im Uebrigen war er ein braver alter Bursche, der seinen bescheidenen Amtsposten eben so gut als die studirten Effendi's versah; wie diese that er nichts und hinderte nichts! Am nächsten Frtihmorgen machte ich einen Ausflug zur Rhede. Der halbstündige Weg läuft am Rande eines steil geböschten tiefen Grabens hin, welcher ein von Mihalbei kommendes Rinnsal zum Pontus bringt. So klein das Wasser ist, treibt es doch einige Mühlen; frischgrüne Bäume beschatten die primitiven Räderwerke und bilden einen köstlichen Gegensatz zu den sonnverbrannten vegetationslosen Kalkhängen, über welche ein ganzes Labyrinth abschüssiger Saumpfade am Kabul tepe vorüber hinab zur Rhede zieht. Im Frühjahre geht es hier ebenso stille, wie im Sommer lebendig her. Namentlich im September hört man das lärmendste Sprachenkunterbunt, wenn die schwer beladenen Wagen- und Pferdeearavanen hinaus zur Skela ziehen, wo am Bachausflusse ionische und hellenische Agenten sich mit der Sammlung der zu exportirenden Cerealien in grossen Magazinen beschäftigen; auch die ladenden Schiffe gehören meist derselben Nationalität an. Der griechische Geograph Meletius erzählt, dass Kavarna's Rhede bei den Alten „Karon" hiess, und manche wollen in diesem Namen die Wurzel seines heutigen erkennen. Mannert suchte dieses „Karon Portus" in der Bucht beim Flecken Kavarna. Nach Anderen, und auch Papadopulos zählt zu diesen, stand an Kavarna's Stelle das altgriechische „Byzon". Sicher befand sich hier eine byzantinische Niederlassung; dies beweisen mehrere Säulencapitäle und hier ausgegrabene Architekturstucke, welche ich auf dem Kirchhofe sah. Wie heute, waren es also schon früher vorzugsweise Hellenen, welche mit ererbtem specu-lativen Sinne des Pontus Gestade handelsthätig belebten und Culturkeime tief ins Land trugen. Auch das benachbarte, von Kavarna SO. liegende Cap, das zu Ptolemäus Zeit „Tiristria Akra" hiess, lässt noch im heutigen verstümmelten Namen „Gölaria- oder Celigra burun" seinen zweiten altgriechischen Namen „Kalliakra" erkennen. Ganz nahe beim Leuchtthurme verzeichnen neuere Karten das Rosen-Schloss (Gülgrad), welches Hadzi Chalfa nur 2 St. entfernt von Balcik beim Kloster Sarisaltik angiebt und dessen Standort ich daher bei Akrania's antiken Ruinen vermuthe (S. 220). Der Anblick des sicheren Schutz bietenden „guten Cap" musste den mit eisigen Steppenwinden kämpfenden, Vorgebirge um Vorgebirge unter tausend Gefahren umsegelnden griechischen Schiffer fröhlich stimmen. Hier suchte auch Admiral Greigh's nach Varna segelnde Flotte Zuflucht, als sie 1828 auf der Fahrt von Anapa dahin ein furchtbarer Sturm überraschte. Cap Kalliakra's Kettung verheissender Name erschien auch jüngst erst, während der Katastrophe, welche im Sommer 1877 Uber Kavarna hereinbrach, im vollsten Maasse gerechtfertigt. Als die Barbaren aus dem Kaukasus es unverhofft überfielen und sein Christen viertel mit Mord und Brand verwüsteten, gelang es nämlich vielen griechisch-bulgarischen Flüchtlingen das „gute Cap" zu erreichen und ihr Leben am Bord fremdländischer Schiffe in Sicherheit zu bringen. Ich lasse hier einen ob-jectiven Bericht über diese Gräuelscenen im friedlichen Kavarna folgen, welcher grosses Aufsehen durch die auf das türkische Regiment fallenden traurigen Schlaglichter erregte, da ihm von keiner Seite widersprochen wurde, und der deshalb der Nachwelt aufbewahrt zu werden verdient. Der Varnaer Berichterstatter der Wiener „Politischen Correspondenz" schrieb am 28. Juli: „Das einige Stunden von hier entfernt gelegene blühende Städtchen Kavarna, fast ausschliesslich von Griechen bewohnt, war am 17. Juli der Schauplatz unerhörter Gräuelthaten. Schon einige Tage vorher waren dem hiesigen Gouverneur die ganz positiven Meldungen zugegangen, dass etwa 2000 Tscherkessen und Tataren das reizend gelegene und äusserst nett gehaltene Kavarna belagerten. Der Gouverneur verhielt sich diesen Mittheilungen gegenüber ganz gleichgültig und ordnete keinerlei Maassregeln an, um dem hart bedrängten Städtchen Hülfe und Rettung zu bringen. Die Belagerung hatte schon volle drei Tage gedauert, als man sich endlich doch entschloss, von Balöik aus den dortigen Commandanten der Redif-Abtheilung, Kurt Mehemed Ali, nach Kavarna zu entsenden, um einem Blutvergiessen vorzubeugen. Dieser würdige Militär kam indess nach Kavarna ohne auch nur einen Mann seiner Truppen-Abtheilung mitgebracht zu haben, und begab sich sogleich in das dortige Militärgefängniss, wohin er die vier Ael-testen des Städtchens zu sich beschied. In Gegenwart von vier Häuptlingen der Tscherkessen verlangte nun Kurt Mehemed Ali von den Einwohnern die Summe von 60,000 Piastern als eine Art Lösegeld, wogegen sich die Tscherkessen verbindlich machen sollten, in längstens zwei Stunden abzuziehen. Während aber diese Verhandlungen noch im Zuge waren, fielen einige Tscherkessen aus der Begleitung ihrer Häuptlinge über die vier wehrlosen Bürger Kavarna's her, ermordeten zwei derselben und verwundeten die zwei anderen, welche inzwischen die Flucht ergriffen hatten. Dies gab nun das Signal zu einem allgemeinen Gemetzel. Die vor dem Militärgefängniss harrenden Tscherkessen, Lasen (Lastianer) und Tataren stürzten sich wüthend auf die christliche Bevölkerung Kavarna's, drangen in die Häuser ein, ermordeten jeden der ihnen Widerstand leisten wollte, raubten alles was sie mitschleppen konnten, schändeten Frauen und Mädchen und steckten die Stadt an allen Ecken und Enden in Brand, der mit den hoch emporschlagenden Flammen eine schauerliche Staffage der cannibalischen Scenen bildete. Die Schlächterei währte mehrere Stunden hindurch und hörte selbst nach der Ankunft der schleunigst aus Balöik entsendeten Panzerfregatte und der aus Pazardzik abgesandten Truppen noch nicht auf. Der auf der Fregatte vom Kaimakam von Balöik mitgebrachte Telegraphist, ein Armenier Namens Eranozian, wurde bei seiner Ausschiffung von den Tscherkessen durch einen Schuss getödtet, und sodann verstümmelt. Der Platz, die hübsche Kirche, das Schulgebäude, sowie die meisten Häuser, sind gänzlich eingeäschert. Einigen der Bewohner gelang es sich auf die Berge zu flüchten, einigen anderen glückte es unter dem Schutze der Dunkelheit das kleine Fort bei Kaliakra zu erreichen, wohin sich etwa 3000 Personen, meist Griechen aus den verschiedenen benachbarten Ortschaften vor den Tscherkessen geflüchtet hatten. Bis zum heutigen Tag ist es noch nicht gelungen, die Zahl der Opfer von Kavarna genau festzustellen, weil die Zahl derjenigen noch nicht ermittelt werden konnte, die sich durch die Flucht nach Kaliakra auf die Berge gerettet hatten; man schätzt aber die Zahl der Hingeschlachteten auf mehr als 1000 Personen. Auch die Zahl der von den Tscherkessen geraubten Mädchen ist noch nicht festgestellt worden, doch dürfte sie über 50 betragen. Einem dieser Mädchen gelang es ihrem Räuber nach Balöik zu entkommen, wo sie in elendem Zustand eintraf. Zur Auffindung der Vermissten werden allerseits die grössten Anstrengungen gemacht, allein die türkischen Behörden, welche sich wohl bewusst sind, dass sie allein die Schuld an dem Vorgefallenen tragen, weil sie trotz wiederholter Bitten und Aufforderungen keinerlei Vorkehrungen zum Schutze der bedrängten Stadt getroffen, zeigen alles Interesse um die Grösse des angerichteten Unheils nach Möglichkeit zu verdecken. Zudem warfen auch die Tscherkessen die in den Strassen herumliegenden Leichname in die Flammen der brennenden Häuser, so dass eine genaue Feststellung niemals möglich sein wird. Der Flottencommandant Hassan Pasa Hess an Ort und Stelle 38 Tscherkessen verhaften, doch nur 20 derselben wurden in das Ge-fängniss abgeführt. Kurt Mehemed Ali wurde nicht verhaftet. Das unerhörteste aber ist, dass etwa 100 von den Tscherkessen — wie man positiv versichert — den Mutessarif Ali Bey begleiten, welcher auf der Suche nach den Schuldigen die Gegend durchzieht. Der den christlichen Einwohnern von Kavarna und der Dörfer in den Bezirken Balöik und Mangalia in der letzten Zeit verursachte Schaden erreicht die ungeheure Summe von mehr als drei Millionen türkischer Lire. An Ochsen allein wurden in diesen Gegenden etwa 15,000 Stück fortgeschleppt Die am Leben gebliebenen Bewohner Kavarna's wurden auf der türkischen Fregatte nach Balöik gebracht und von dort durch Boote hierher befördert. Es war ein erschütternder Anblick, diese armen, halbnackten, ausgehungerten Kinder zu sehen, die vergeblich nach ihren Eltern riefen. Die hier ansässigen Griechen haben sofort ein Comite gebildet, welches Sammlungen für diese unglücklichen Waisen veranstaltet. Die türkische Fregatte begab sich sodann nach Kaliakra, um auch die dorthin Gellüchteten aufzunehmen. Auch das englische Kriegsschiff „Rapid", mit dem Metropoliten, dem Mutessarif und dem englischen Consul an Bord, ist alsbald dorthin, sowie nach Kavarna abgegangen, das noch fortbrannte. An 12. Juli ging auch das österreichische Lloydschiff „Austria" dahin ab, und kehrte Tags darauf mit etwa 500 Flüchtlingen nach Varna zurück. Bis Abends hatten die Behörden jedoch nicht die Erlaubniss zur Ausschiffung ertheilt. Nur nach vielen Vorstellungen gelang es ihre Einwilligung zu erlangen, dass die Flüchtlinge nach dem nahegelegenen Kloster Sv. Konstantin gebracht würden. Zu diesem Behuf mussten dieselben aber auf den türkischen Dampfer „Ismail" übergeschifft werden. Als jedoch Nachts verlautete, dass die Flüchtlinge an. irgend einem Punkte der asiatischen Küste ans Land gesetzt werden sollten, bemächtigte sich derselben eine verzweifelte Stimmung. Die lauten Hülferufc der Unglücklichen drangen bis in die Stadt, und veranlassten den ägyptischen Prinzen Hassan, der sich über die Ursache dieses Jammerns unterrichten Hess, die sofortige Ausschiffung der Flüchtlinge anzuordnen. Die Flüchtlinge wurden nicht müde das humane und liebenswürdige Benehmen des Capitäns des österreichischen Dampfers „Austria", des Herrn Anton Rassler, zu loben, der den Unglücklichen während der Aufnahme und der Ueber-fahrt von Balöik, sowie während der unfreiwilligen Zurückbebaltung derselben auf seinem Dampfer, jede nur erdenkliche Sorgfalt angedeihen Hess." In den letzten Jännertagen 1878 bereitete das Erscheinen der russischen Vortruppen von General Mansei's Cavallerie-Corps der türkischen Missregierung zu Kavarna ein nur von den räuberischen, weil nun zur Flucht gezwungenen Tscherkessen bedauertes Ende! VIII. AUF DOBRUCABODEN UEBER PAZARDZIK, KOZLUDZA UND JENIPAZAR NACH SILISTRIA. Abschied vom Pontus. — Gestalt, Name, landschaftliche Physiognomie und Klima der Dobruca. —' Ovid's Tristia. — Natürliche Begrenzung der Dobruca. — Ihre trockenen Flussbette. — Wassermangel, Brunnen und Viehzucht. — Siebenbürgische Schäfer. — Römische Bollwerke auf dem alten Skythenboden. — Die Reste von Constantia und der Trajanswall von Moltke geschildert. — Tomi und Kallatis. — Die Dobruca von Hunnen, Slaven, Vlachen, Byzantinern und Bulgaren besetzt. — Asiatische Colonien. — Graeci und Tataren. — Unter türkischer Herrschaft. — Ethnographisches Gemenge. — Küslendze, ein modernes Seebad. — Der projectirte rumänische Haupthafen Mangalia. — Canal-project Cernavoda-Küstendze. — Fachmännische Urtheile über seine Ausführbarkeit. — Alter Heerweg durch die Dobruca. — Mein Aufbruch von Kavarna. — In Djaur Kujusu. — Essig- und Salzhändler aus Ahiolu. — Salinensalz. — Üc Orman's Tscherkessen. — Im Mussafirlik zu Karliköi. — Schafzüchter und Hirten aus dem Balkan. — Tumuli an der Strasse nach Pazardzik. — Dessen Lage, Physiognomie, Bauten, Brunnen und Strassenlebcn. — Eröffnung einer bulgarischen Staatsschule 1879. — Ein Ausspruch Fallmerayer's. — Pazardzik's Panajirplatz, Messe und Strassennetz. — Sein Spital. — Ereignisse im russisch-türkischen Kriege 1877—78. — Nach Kozludza. — Strassen und Unterkunft dort. — Mein Ferman als Panacee. — Mudir und Medjlis. — Ein Zählungsfehler im Steuertefter zu Varna. — Kozludza 1829 und 1878. — Seine grösste Merkwürdigkeit. — Antike Fragmente. — Ins nördliche Gebiet des mittleren Pravadi. — Jawasch! — Jasitepe, der Babu bair, das Jailathal und sein monumentaler Brunnen. — Ein ethnographischer Markpunkt. — Zu „Shumla-road". Des Eisenbahnverkehr'» Träger im Orient. — Verbindungsbahn mit Sumla. — Eine gouvernementale Sünde. — Beispiel von Strassenunsicherheit. — Nach Jenipazar. — Stadt und Kasa. — Ein Rechtshandel wegen Sclaverei. — Der Sclavenhandel im Orient, dessen Gegner und Freunde. — Wirkung traditioneller Koransitte. — Keine Familie im Orient. — Ein Tschakmak im Mudirgarten. — Der Raki als Sorgenbrecher und Zungenlöser. — 1878. — Aboba's antike Inschriften und Ruinen. — Das aufgefundene Castrum Burdizu. — Vorbeiziehende römische Heerstrassen. — Ueber Kaukin Mislim und den Deli Orman. — Seine Bevölkerung. — Raubvögel im „verrückten Walde". — Meine Begegnung mit einem „Herrn vom Walde". — Die Pistole auf der Brust. — Recrutirungs-Gebiet für des Sultans Garde. — Gastfreundschaft zu Muraldalar und Bes'tepe. — Charakterköpfe und Leichenbegängniss zu Omurfaki. — Ueber Redzeb Mahle nach Sarnebe. — Brigantenthum und Regierungsmaassregeln zu seiner Bekämpfung 1880. — Friedensort Kücuk KainardSi. — Felsthor am Galicasee. — Im Bulgaren-dorfc Almali. - Unverschleiertes Familienleben. - Vorkehrungen für das Christi-Verklärungsfest. -Backofen. — Nach Silistria. — Dessen römisch-slavischer Name. - Seine tausendjährige Geschichte. Die Russen dort in den J. 967 und 971. — Unter Bulgaren, Byzantinern, Walachen und Türken.— Seine Glanzepoche im XVH. Jahrhundert. — Der russisch-türkische Krieg 1768—74 und die Ereignisse bei Silistria. — Russische Eroberung 1810 und 1829. - Moltke's Schilderung der Stadt und Festung 1837. — Sein Project für detachirte Forts durch Oberst Krach ausgeführt. — Der neue Fortsgürtel. — Generat Zimmermann^ Aufgabe 1877. — Die russische Flottille. — Ereignisse im September. — Uebergabe an die Russen 1878. — Physiognomie der Stadt. — Meine Ankunft und Er- krankung. — Türkische „glückliche Tage". — Die Fieberfee und mein Versuch ihr zu entrinnen. — Stadtbild von Süden gesehen. — Ueber Kalipetra und Babuk nach Alfatar. — Erneuter Ficbcraus-bruch. — Im Mussafirlik zu Akkadinlar. — Nächtliche Rückfahrt nach Silistria. — Merkwürdige Acrzte zu Ruscuk. — Rückkehr nach Wien. — Silistria im Sept. 1879. — Viortcl, Häuser- und Fainilicnzahl. — Moscheen, Kirchen und Schulen. — Russen und bulg. Beamte. — Zölle, Steuern, Handel und erste Firmen. — Europäische Bestimmung der rumänisch-bulgarischen Grenze. — Streit um Arab tabia. — Von den Russen besetzt. — Rasirt oder besetzt? — Verschiedene Wünsche der Bevölkerung zu Silistria. AJange blickte ich von Kavarna's kleiner Rhede hinaus auf das farbenleuchtende Meerbild, denn hier sollte ich vom Pontus Abschiednehmen. Meine Aufgabe wies mich wieder zurück in die südliche Dobruca, wo es noch viel zu thun gab. Von der Donau und dem Schwarzen Meere umflossen, gleicht das 80-—200 Meter hohe, zum dritten Theile mit verwildertem Eichengestrtipp bedeckte Do-brucaland einer Halbinsel. Bei Babadagh überragt sie der 500 Meter erreichende Sakar bair und noch höhere Urkalksteinberge streichen NW.—SO. von Macin nach Tulca. Dieser Theil der römischen „Scythia minor" zwischen Trajanswall, Pontus und Ister erhielt den charakteristischen Namen „der Winkel"; die Byzantiner hiessen ihn Onglos, die Slaven Agl und die Tataren Budzak. Seine äussere Physiognomie erinnert an das ungarische und bessarabische Tiefland, grösstentheils sieht man nur Weideboden, selten kräftigen Wald. Der Name Dobruca, oft vom slavischen „dobre" (gut) abgeleitet, rührt wahrscheinlicher vom Bulgarenfürsten Do-brotic her, welcher im XIV. Jahrhundert dieses Pontus-gebiet vou Varna aus beherrschte (S. 193). Heute nennt der Bulgare alles wo immer liegende wasserlose Land „Dobriea"; auch bei Nis giebt es beispielsweise eine solche (I. Ausgabe, I. Bd. S. 150). Eine Reise auf Dobrucaboden gewährt spärliche Naturgenüsse; nur zum Sommerbeginn trägt er ein freundliches Kleid, wenn mannigfaltigste Kräuter und Gräser die Steppe schmücken. Aromatische Lippenbltithler und Camillen nehmen dann grosse Flächen ein und dazwischen mengen sich Korb- und Kreuz-blüthler, Wolfsmilcharten, Stern- und Rauhblättler, Doldenträger, Silenen und andere Arten. Bewegt im Maimonat ein Windstoss diese dichte Pflanzendecke, so wähnt das Auge, der Pontus habe seinen Ktistenwall durchbrochen, denn der wogende blumige Haideboden wird zur Fortsetzung des ihn befluthcnden Meeres. Im Hochsommer, wenn alle Quellen versiegen und die Temperatur an manchen Tagen 45° R. erreicht, verwandelt sich die Steppe aber periodisch zur Wüste und zum schlimmsten Fieberheerde. Ovid's Klagen werden sodann dem Reisenden verständlicher, man begreift und theilt den Schmerz, die Qualen, welche seine Verse ausströmen: „Nicht birgt schattig dahier süsssaftige Trauben das Weinlaub, Noch an den Kand hoch füllt Kufen der schäumende Most. Aepfel auch weigert die Au', und Akontius fände dahier nicht Einen, der Herrin ein Wort drauf zu verzeichnen in Schrift. Nein, du erblickst nicht Baum noch Gebüsch auf kahlem Gefilde, Ach, ein Geländ, dem kein Glücklicher sollte sich nahn! Und nun, da weithin sich das Erdrund breitet so gross doch, Ward mir dies Land, dies Land eben zur Busse ersehn!" Ovid's Tristia, Buch III, Elegie 10, 71 ff. Der Winter wirkt auf dem Dobrucaboden um so empfindlicher, weil die primitiv gebauten Wohnungen geringen Schutz gegen Sturm und Kälte gewähren, die Wälder weit entfernt sind und gutes Heizmaterial daher fehlt. Das Holz wird durch am Ofen getrocknete Ziegel von Dunggemeng ersetzt, welches die grossen Herden und das Stroh der Maisfelder ausreichend liefern. Den ponto-danubischen Haideboden scheidet vom holz- und wasserreichen Deli Orman.eine ziemlich scharf markirte Linie, welche von Silistria NW. über Pazardzik SO. nach Balöik läuft; die natürliche Grenze der Dobruca liegt also bedeutend westlicher, als bisher angenommen wurde. Auf den Karten erschien nämlich der breite Landstreif, welcher die nahezu wasserlosen Kreise Mangalia, Balöik, ferner grosse trockene Gebietstheile der Kreise Pazardzik und Silistria umfasst, ausserhalb des von der Natur mit Wasser stiefmütterlich bedachten Territorium's, dem das allbelebende Element mühselig aus der Tiefe abgerungen werden muss. Wohl ist der Dobruöaboden stark undulirt und wechseln auf demselben Buckel, Gräben, Rücken, Mulden fortwährend mit einander; trotzdem darf man sie jedoch als „Steppe" im selben Sinne, wie die bessarabische oder nordpon-tische bezeichnen. Oft sieht man meilenweit keinen Baum, und Quellbrunnen gehören zur grössten Seltenheit. Die Bewohner dieser trockenen Gebiete wären sicher glücklich, falls jene reichen Wasserläufe wirklich existirten, mit welchen unsere Kartographen sie so freigebig beschenkten. Zweifellos flössen hier einst viele Bäche hinab zum Ister und Meere; ihre leicht erkennbaren, tiefeingeschnittenen Bette liegen aber heute trocken, kein Wasser netzt beim Durchreiten den Huf der Pferde, ja viele sind seit Menschengedenken in reichtragende Feld- und Gemttscculturen verwandelt oder bergen die zahlreich angesiedelten kleinen Dörfer und Weiler, deren Lage meist hochlicgende Windmühlen auf der Terrasse dem Wanderer verrathen. Ausser ihnen unterbrechen nur magere Birken- oder Eichenstände, dann einige Tumuli die reizlose Fläche. Totaler Wassermangel erschwert natürlich die Cultivirung des in besonders feuchten Sommern trefflichen Weide- und Ackerbodens. In seinen Alluvial-und unterlagernden Kalkschichten versickert der niederfallende Kegen rasch und alle Culturen müssen früh und Abends künstlich begossen werden. Das Wasser wird mittelst von Pferden oder Ochsen getriebener Paternosterwerke aus 20—60 Kolaö Tiefe emporgehoben. Wie viel ein Kolac misst, erklärte mir ein Landmann, indem er seine Arme so weit als möglich ausspannte und auf die Spitzen der Mittelfinger wies. Solche Göpelbrunnen, deren mühsame Grabung stets das ganze Dorf unternimmt, stehen manchmal auf den Weideplätzen, meistens muss aber alles Gross- und Kleinvieh Mittags und Abends in die Ortschaften zur Tränke getrieben werden. Der Viehzucht wird die grösste Sorgfalt zugewendet, denn schon zum Betriebe der Feldarbeit benöthigt jedes Haus im Dobrucagebiete sechs Paar Ochsen; Rinder, Büffel und Pferde von schönem Schlage, namentlich aber riesige Schafherden bilden nebst zahllosen Bienenstöcken den Reichthum seines in wahrhaft patriarchalischen Verhältnissen lebenden Völkergemenges; die Wollproduction allein wird im Gewichte auf 4 Millionen englische Pfund geschäzt. Die Dobruca ist seit jeher das Land, welches auch Nomaden mit ihren Herden periodisch aufsuchen. Vor der letzten Tataren- und Tscherkessen-Ansiedlung, also vor nahezu 20 Jahren, zogen noch siebenbtirgische Mokanen von den Karpathen, durch die Walachei in die Dobruca, zur Ueberwinterung ihrer Schafe und Rinder. Bis 1840 zahlten sie für die Erlaubniss hierzu an den Pasa von Tulöa 4 Para pro Kopf ihrer Herden und überdies jedes fünfzigste Stück derselben; der Verlust der Weideplätze wurde im März 1865 von einem siebenbür-gischen Abgeordneten im Wiener Reichsrathe lebhaft beklagt. Der alte Skythen- und heutige Dobrucaboden bewahrt interessante monumentale Spuren, welche zeigen, dass auch höher cultivirte Nationen ihn theilweise einst bewohnten. Durch an der schmälsten Stelle zwischen Ister und Pontus angelegte Wälle suchte Rom seine Ansiedlungen vor skythischen Einbrüchen zu sichern. Dämme und Castelle gewährten aber keinen dauernden Schutz; der Barbaren Fluth brach über die römischen Culturoasen herein und verwüstete sie gründlich. Nur spärliche Reste derselben kamen auf uns, darunter jene zu Küstendze, welche Moltke mit dem classischen Constantia identificirte. „Der doppelte, an einigen Stellen dreifache Wall," schreibt er in seinen Briefen, „welchen Kaiser Trajan von C'ernavoda (oder Bogasköi) an der Donau hinter der Seereihe von Karasu weg nach Küstendze, dem alten Constantiana, am Schwarzen Meer zog, ist überall noch 8 —10 Fuss erhalten; nach aussen ist der Graben eingeschnitten, und nach innen liegen grosse behauene Steine, welche eine mächtige Mauer gebildet zu haben scheinen; der westliche Theil dieser Verschanzung hat die Seen und das sumpfige Thal von Karasu wie einen Festungsgraben dicht vor sich, von dem Dorfe Burlak östlich aber setzt der äussere Wall über die Thalsenkung hinüber und ist überhaupt fast ohne alle Rücksicht auf das Terrain geführt; der innere südliche Wall zieht in ungleichem Abstand von 100 — 2000 Schritt hinter dem vorigen hin. Von Entfernung zu Entfernung rückwärts findet man die Spur der durchschnittlich 300 Schritt ins Geviert grossen Castra, deren Forts und Eingänge noch vollkommen deutlich erhalten sind. Auch die Umwallung der römischen Stadt Constantiana ist noch da; sie lehnte mit beiden Flügeln an das rechte Meerufer, und schnitt so die Landzunge ab, auf welcher die Stadt lag. Bemerkenswerth ist das Fundament eines runden Thurmes, von dessen Fuss ein Molo sich in die See erstreckt zu haben scheint. Säulenreste und zum Theil schön behauene Steine liegen überall umher, kurz es ist fast so viel von der römischen wie von der türkischen Stadt übrig. Am interessantesten waren mir aber die zierlichen Reste eines römischen Hauses, welches in den Wänden einer Schlucht unweit des Castrums steckt." In der Nähe des griechischen Kostanzia vermeinte Papadopulos durch einen zufälligen Inschriftfund Ovid's vielgenanntes Exil Tomi, die Stadt der berühmten altpontischen Waffenschmiede, in Anadolköi festzustellen. Zwischen Kostanzia und dem Cap Kalliakra in der Mitte lag hart am Küstensaume, an des heutigen Mangalia's Stelle, Kallatis, eine Colonie der kleinasiatischen Herakleer. Im V. Jahrhundert hausten in der Dobruca hunnische Stämme, im VII. das slavische Volk der Severci; von Asparuch's Finno-Bulgaren unterjocht, siedelten sie nach der Landschaft Veregava (S. 81) über; später kamen die slavischen Uglici*), im XI. Jahrh. aber pontische Walachen, die nach griechischen Quellen italienischer (römischer) Abkunft waren; im XIII. Jahrh. sollen die Byzantiner, wie Hammer nach orientalischen Quellen erzählt, dem flüchtigen Seldschuken-Sultan Izzedin Ländereien in der Dobruca angewiesen haben; über 10,000 Familien asiatischer Türken zogen unter ihrem Anführer Saltukede dahin, später wanderten sie jedoch grossentheils nach der Krim weiter. Im XIV. Jahrhundert werden neben slavischen Bulgaren, als Dobruöa-Bewohner auch Graeci (Griechen) in einem Vertrage von Fürst Dobrotic's Sohn Ivanko mit Ragusa (1387) angeführt. Bald darauf, unter türkischer Herrschaft colonisirte Sultan Bajazid Babadagh's Umgebung *) Jirecek, Gesch. d. Bulgaren, S. 129. mit Tataren und erliess ihnen die Steuern, um die Stadt emporzubringen*). Gleichzeitig siedelten sich Türken an und neben diesen traf man bis 1877 Bulgaren, Walachen, Griechen, Bussen, Tataren, Tscherkessen, einige deutsche Protestanten-Gemeinden und selbst die Nachkommen einer altarabischen Niederlassung; so dass man förmlich zur Palette greifen müsste, wenn man das bunte Völkergemenge der durch den Berliner Congress mit Rumänien verbundenen Dobruca ethnographisch en detail veranschaulichen will. Zu Bukarest bildete sich jüngst eine Gesellschaft mit einem Actien-Capital von 2 Millionen Francs, um aus dem von Virgil so arg geschmähten Kostanzia (Küstendze) ein besuchtes Seebad mit confortablem Hotel, Conversationshaus u.s.w. zu gestalten. Zum Haupthafen der neu-rumänischen Provinz soll Mangalia ausersehen sein, trotzdem es noch gegenwärtig, während der dort im Sommer herrschenden Nebel den Schiffern eben so gefährlich ist, wie zu Ovid's Zeit. Stets ist der Pontus an seiner Küste stürmisch; Schiffe, welche von Tulca, Galac, Braila nach Constantinopel segeln, scheitern oft in ihren zerrissenen Felsschluchten, und wie diese sind auch die Anwohner verrufen, denn Schiffbrüchige, welche die Woge an ihre traurige Küste wirft, erwartet der ungastlichste Empfang. Das alte Project, die gefahrvolle Fahrt auf dem Schwarzen Meere für Donauschiffe möglichst abzukürzen, taucht periodisch immer auf und kam auch jüngst wieder zum Vorscheine, als der Berliner Congress Russland's Grenze an die Donaumündungen rückte; denn die Furcht, dass Russland die Schiffahrt durch dieselben beeinträchtigen könnte, macht den Betheiligten die Eröffnung eines, russischem Einflüsse entzogenen und zugleich den grossen Umweg über die Sulina abkürzenden Canals von Öernavoda nach Küstendze höchst wünschenswerth. Die Verwirklichung dieses Canalprojectes wird für um so leichter erachtet, als Viele noch immer der Glaube beherrscht, dass die Donau einst ihren Lauf durch die Dobruca direct W. 0. zum Pontus nahm. Dieser von älteren Reisenden genährte Irrthum wurde merkwürdigerweise selbst noch von dem griechischen Consul Papadopulos 185G getheilt, obschon genaue Vermessungen des Hauptmanns v. Vincke, welcher nach dem Adrianopler Frieden in türkischen Diensten stand, und die Arbeiten des berühmten österreichischen Ingenieurs Birago ihn längst widerlegten. Zwischen Donau und Pontus ist nämlich keine Spur eines alten Strombettes zu entdecken und der 166 preussische Fuss zwischen beiden ansteigende Höhenzug lässt nirgends eine erhebliche Depression oder Unterbrechung bemerken. Moltke hält in seinen „Briefen" die Ausführbarkeit des Canalprojectes nur „mit grossen Schwierigkeiten und Geldopfern" für erreichbar; auch Dr. Peters, der geologische Erforscher der Dobruca, theilt v. Vincke's uud Birago's Ansichten von der Unmöglichkeit einen Durchschnitt oder Schleussencanal zwischen Öerna- *) Hadii Chalfa, Kumuli uud Bosna, S. 28. voda und Küstendze herzustellen. Eine weitere Erörterung dieses Projectes erscheint jedenfalls so lange inUs'sig, als die internationale Donau-Cominission ihre Aufgabe im Geiste des Berliner Vertrages energisch zu erfüllen versteht und daran zu zweifeln, liegt bis heute wenigstens kein Moment vor. Von Kavarna führt eine gute Strasse über Mangalia, Küstendze und Baba-dagh zur Donau. Es ist der alte, von der Natur vorgezeichnete Heerweg, welchen schon Darius zog und den zuletzt auch General Zimmermann einschlug. Mein Routier wies mich auf die NW. gegen Pazardzik führende Route. Obschon im August, war die Temperatur auf dem gefürchteten Dobrucaboden, am Tage meines Aufbruchs doch auffallend niedrig. Von Ovid's Exil her kühlte ein die Steppe unsanft fegender Nordwind empfindlich die Luft ab. Bei einem letzten Rückblicke erschienen Kavarna's Wein- und Obstpflanzungen als prächtig grüne Oasis in der endlos sich dehnenden Ebene, welche der Weg nach Hadzi Oglu Pazardzik durchschneidet. In 2 Stunden erreichten wir das türkische Ai Orman und in einer weiteren halben Stunde das wohlhabende Bulgarendorf Djaur Kojusu mit vielen Windmühlen, einigen Weingärten und 50 Häusern. Hier kreuzen sich mehrere Strassen und der Balöik mit Küstendze verbindende Telegraph zieht mitten durch den Ort. Als ich ihn betrat, herrschte in seinem Centrum reges Leben; das Vieh wurde von allen Seiten nach dem Paternoster-Brunnen getrieben und vor dem Dughan fand ich einen ambulanten Essig- und Salzhändler von feilschenden Käufern umdrängt. Der wandernde Speculant, welcher seine saure und salzige Waare okaweise losschlug, hatte vier volle Tage auf einer Segelbarke von Ahiolu bis Balöik zugebracht; dort gelang es ihm den grösseren Theil seiner Ladung an Mann zu bringen, den Rest lud er auf eine mit zwei Büffeln bespannte Araba und versuchte sein Glück auf den Dörfern. Als die Käufer sich gelichtet, kam der speculative Stirion auf ein Gläschen Raki in den Han und gab mir einige nicht uninteressante Daten Uber die Salzgewinnung in Ahiolu's Salinen. Sie ist Staatsmonopol: die Regierung zahlt 2 Para für jede abgelieferte Oka und gibt sie an Händler mittelst Certificaten für 20 Para, ohne dabei eigene Regieauslagen zu haben. Unser Grieche verkaufte die Oka mit 40 Para, profitirte also bei 400 Oka 200 Piaster, welche sich aber durch die Arabamiethe mit 50 Piastern, jener für das Segelboot u. s. w. auf 60 Piaster (12 Mark) reducirten. Welch geringer Lohn für eine so mühsame Arbeit, deren glückliche Abwicklung mindestens 8 bis 10 Tage beanspruchte; wohl blieben ihm bei den 100 Oka Essig, den er mit 60 Para pro Oka verkaufte, gleichfalls einige Piaster. Um so geringen Gewinn mochte nur ein Grieche solch anstrengende Argonautenfahrt nach dem politischen Gestade unternehmen und bei jeder losgeschlagenen Oka vergnügt sich die Hände reiben. Von Djaur Kujusu zog ich auf einem Vicinalwege N. weiter nach Üc Onnau und stiess dort, seinem Namen entsprechend, auf einen kleinen Laubwald, welcher die einzige Oase bis Pazardzik blieb. Die Frauen der hier neben Türken, Bulgaren und Tataren angesiedelten Tscherkessen fand ich auffallend besser gekleidet, als in anderen Colonien, die Mädchen zeigten Gestalten von tadelloser Schönheit und vornehmer Haltung; von den Männern war wenig zu sehen, sie schienen daheim süssen Kefs zu pflegen, nur einzelne Reiter zogen finster blickend an uns vorüber. Es waren vielleicht dieselben Briganten, welche 1877 den christlichen Dorftheil sammt der noch heute in Ruinen liegenden Kirche und Schule einäscherten und sich an den Gräueln zu Kavarna betheiligten. Kein Strauch unterbrach die trostlose Oede bis zum türkisch-tatarischen Karajapular, dessen Lage im ausgetrockneten tiefen Bachbette nur einige Windmühlen auf der von zahllosen Schafen bedeckten Ebene verriethen. In dem zum Pazardziker Kreise gehörenden Dorfe Karliköi (264 M.) fand ich ein gutes Nachtquartier. Abdullah, der Eigenthümer des Mussafirliks, und seine Nachbarn bemühten sich redlich, uns gastlich zu bewirthen. Fleisch und Käse vom Schafe bildeten des Abendbrodes besten Theil; man kann überhaupt sagen, der Dobrucamensch danke diesem nützlichen Thiere seine Existenz. Ausser einigen Hornviehstücken zum Ackerbaubetriebe besitzt der Bauer in dieser Gegend selten weniger als 100, oft aber 500 und selbst 1000 Schafe, deren Verwerthung das Baargeld ins Haus schafft. Die Herden werden nahezu ausschliesslich von bulgarischen Eobanen aus dem Balkan und namentlich von Ka-zanern geweidet Drei Hirten übernehmen gemeinsam 200—300 Thiere zur Aufsicht; dafür empfangen sie ausser der frugalen Verköstigung, jährlich 2 Anzüge und von je 25 Schafen 1 Stück als Lohn. Neben Kost und Kleidung verdient der einzelne Hirt etwa 4 Schafe und diese zu 40—50 Piastern pro Stück berechnet, somit 40 — 50 Mark pro Jahr; immerhin nach örtlichen Verhältnissen viel, wenn man sich erinnert, dass der wandernde Feldarbeiter aus den Balkangebieten von Trojan, Gabrovo und Elena durchschnittlich nach drei- bis fünfmonatlicher Abwesenheit selten mit einem höheren Ersparnisse, als 6 Mark heimkehrt. Nordöstlich von Üc Orman stehen rechts am Wege dreiTumuli; als ich am nächsten Morgen von Karlibei nach dem türkisch-bulgarisch-tatarischen Bas bunar weiterzog, ritten wir durch eine andere Gruppe von fünf Grabhügeln, worunter einer von bedeutenden Dimensionen. V, Stunde W. von Basbunar kreuzten wir die von Balöik durch das nördlichere Kabasakal nach Medzidie laufende grosse Strasse und 1 St. später traten bereits Pazardzik's Windmühlen in Sicht. Die Stadt liegt in einer trostlos aussehenden Buchtung des von der Sonne ausgebrannten Lehmbodens und macht, aus der Ferne gesehen, trotz des Aufputzes mit Grün und Minareten, einen wenig anmuthenden Eindruck. Dicht vor ihrem Weichbilde passirten wir ausgedehnte Tümpel und künstliche tiefe Gruben, in deren Schlamm und Wasser zahlreiche Büffel sich bis zur Schnauze kühlten. Nun folgten Lehmhütten, Holzbaraken, Garküchen und Schenken; dem baufällig aussehenden Gerumpel, das kein Ende nahm, entsprach auch die Architektur des elenden Hau's, in dessen weiten Hofraum mein Zaptie einlenkte. Das von einem braunen dünnen Wasserfaden durchflosscnc Hadzi Oglu Pazardzik, dessen Seehöhe ich mit 270 M. bestimmte, ist seiner Lage, architektonischen und socialen Physiognomie nach, die natürliche Hauptstadt der vorwiegend moslimschen Landschaft Tozluk. Ich kenne keine Stadt Donau-Bulgariens, in welcher asiatisches Wesen typisch unverfälschter zur Erscheinung gelangte; nicht nur dem Namen nach, sondern bis zum Pflaster herab, ist sie echt türkisch. Hadzi Oglu Bakal, ein wandernder Krämer, erbaute vor 300 Jahren ihr erstes Haus; durch treue Copien dieses primitiven Achitekturwerkes mehrte sich die Zahl der moslimschen Häuser allmälig auf 1900, worunter 1872: 760 türkische, 1080 tatarische und 30 zigeunerische sich befanden; die christliche Minorität zählte nur 285 bulgarische und 30 armenische Häuser. Das Ueberwiegen des moslimschen Elements in dieser von etwa 14,000 Seelen bewohnten Stadt ver-riethen schon ihre vielen Moscheen; ich zählte 10 mit steinernen und 2 mit hölzernen Minareten, daneben gab es aber noch verschiedene Medresse, Türbe, Bäder und andere rituelle Bauten, sämmtlich schmucklos, ohne jeglichen architektonischen Werth. Der Konak und die sonstigen öffentlichen Gebäude unterschieden sich wenig von den niedrigen Wohnhäusern; jene mit einem Stockwerke waren leicht zu zählen. Auch das christliche Viertel wetteiferte an Monotonie mit den moslimschen; seine Kirchen, eine armenische und zwei bulgarische, boten kaum das bescheidenste Interesse. Die christliche Bevölkerung wird nun wohl raschere Culturfortschritte machen, nachdem hier am 14. September 1879 eine vierclassige Schule mit Gottesdienst und feierlichen Ansprachen eröffnet wurde, welche für 1880 eine Staats-Subvention von 9600 Francs erhalten soll. Die Langweile in vorherrschend türkischen Gemeinwesen ist unbeschreiblich; da ist nichts, woran ein kunstliebendes occidentales Auge sich erquicken könnte. Der Uhrthurm lag in Trümmern, die Oadravan öesme, ein kleiner auf Säulen ruhender spitzgedachter Kiosk mit Wasserbecken vor der gleichnamigen Mochee, erschien mir hier schon als grossartige decorative Leistung, wo man sehr genügsam sein lernt. Ich unterliess es um so mehr, bald auf dem selbst für landesübliches Schuhwerk zu miserablen Pflaster nach Sehenswerthem zu spähen, als der zweimalige Auszug der Hausthiere zu den nahen Dorfbrunnen die Stadt höchst unsicher machte; des Abends bleibt man aber noch lieber zu Hause, denn da treibt sich der Viehreichthum ganz zwanglos durch die unbeleuchteten Strassen. Zu Pazardzik erinnerte ich mich lebhaft der gleich prächtigen, wie treffenden Aeusserung des berühmten Fragmentisten: „Das eintönige freudelose Leben der tür- kischen Städte, das mühevolle Ringen ihrer Bewohner von früh bis spät um ihr tägliches Brod, das armselige Leben unter Schmutz, Lumpen und Ungeziefer erregt bei Leuten des Occidents ein schwer zu beschreibendes, langweiliges, peinliches, Gefühl; man wird traurig und glaubt zusehends und schnell selbst zu verwildern und zurückzusinken. Da ist kein Buch, kein Studium, keine Rede, kein geistiger Genuss, keine politische Neugierde; Niemand schreibt, druckt, liest; dem Thiere gleich trachtet der Mensch nur, wie er den Hunger stille und sich und seine Brut vor den Griffen der überall lauernden Gewalt sicher stelle. Wie erhaben und durchlauchtig erscheint uns da Germanien in der Ferne mit seiner Literatur, seinem Wissen, seinem Dürsten und Ringen nach geistigen Gütern, nach Kennt-niss, Wahrheit und Entdeckung. Deutschland ist wahrhaft eine Schule der Weisheit, der Sitz des Lebens und des einzigen, vernünftiger Geschöpfe würdigen Ruhmes!" Das Rühmenswertheste in Pazardzik war sein äusserst zuvorkommender Kaimakam, welcher mir die erbetenen Auskünfte in verschiedenster Richtung bereitwillig lieferte. Er wollte mir auch einige Zerstreuung bieten und kam nach längerem Nachsinnen, wie dies zu bewerkstelligen, auf die Idee, mir einen Ritt nach dem neuen Hospital und Panajir vorzuschlagen. Der Besuch des Pauajirplatzes bildete den Glanzpunkt meiner Streifzuge durch Pazardzik. Nur eine Viertelstunde nördlich von der Stadt entfernt, liegt er links an der grossen Strasse nach Medzidie und erscheint in seiner Gesammtanlage als bescheidene Wiederholung des gleichfalls von Midhat Pasa erbauten berühmten Messplatzes zu Eski Dzuma. Auch hier umschliesst ein riesiges Mauerquadrat viele Reihen enger Zeltgassen mit Buden, auch hier giebt es kleine permanente Bauten für Policei und Handclstribunal; eine Moschee und eine Menge blos zur Messzeit arbeitender Han's, welche den Platz umstehen, sprechen aber dafür, dass er während des Panajir's ebenso belebt sein dürfte, als er sonst verödet aussieht. In der That bildet Pazardzik ein günstig gelegenes Centrum zur Versorgung mit Waaren für das musivische Volksgemenge des über hundert Orte zählenden Kreises. Gute Strassen ziehen von der Stadt sternartig ins Innere, zur Donau und zum Meere; jener nach Balcik, Kavarna und Medzidie gedachte ich bereits; nach Silistria gelangt man über Dinekler, Karapelit, Sodzak, Arabadzi und B. Kainardzi in 12 St.; andere Wege führen nach Küstendze, Mangalia, Varna und Kozludza. In dem etwas entfernt von der Stadt liegenden Hospital fand ich eine im Geiste humanster Toleranz verwaltete Stiftung. Abdullah Effendi, ein ungarischer Arzt, geleitete mich durch die mit 40 Betten ausgestatteten Krankenzimmer. Ueberall herrschte musterhafteste Reinlichkeit in den leider nur etwas zu niedrigen, und deshalb unzureichend ventilirten Räumen, welche sich jedem Bedürftigen ohne Rücksicht auf Nationalität oder Religion öffneten. Ich glaube, dass die Katiltz, Donau-Bulgarien und der Balkan. III. ^ ihnen hier zu Theil werdende Pflege in keinem europäischen Krankenasyl sorgsamer sein könnte und gewiss dankten es, als im letzten Feldzuge um Pazardiik heftig gekämpft wurde, die Verwundeten dem Kismet, wenn es sie in dieses trefflich geleitete Hospital führte. In der Dobruca, wo im Sommer 1877, in der ersten Zeit des russisch-türkischen Krieges, das System gegenseitiger Beobachtung herrschte, schien es im September lebhafter werden zu wollen, als General Mansei, Commandant einer aus allen Waffen bestehenden Abtheilung von 6000 Mann, aus Küstendze gegen Pazardzik vorrückte. Seine Cavallerie bestand nördlich von der Stadt mit Tscher-kessentrupps einige Scharmützel, sonst stiess er auf keinen ernsten Widerstand. Pazardzik anzugreifen hatte er keinen Befehl; dies wäre ihm auch ohne ausreichendes Geschütz schwer geworden, da Riza Pasa es mit 6000 Mann in wohlverschanzten Stellungen besetzt hielt. Die Recognoscirung war gelungen und Mansei zog sich wieder auf Küstendze zurück. Später wurde Riza von einer Brigade des unter Prinz Hassan in Varna concentrirten ägyptischen Corps abgelöst. Raschid Pasa, ihr Commandant, wurde beauftragt so lange als möglich die Verbindung zwischen Silistria und Varna aufrecht zu erhalten, die Eisenbahnlinie von dort bis Sumla gegen Zerstörung zu sichern, Pazardzik aber, falls es von Norden her ernstlich angegriffen würde, zu räumen und dann auf Varna zurück zu gehen. Lange blieb es vor Pazardzik ruhig. Nachdem jedoch die Russen den Balkan überschritten und am Lom die anfängliche Winterpause unterbrochen hatten, regte sich ihr Dobruöacorps plötzlich, um das ägyptische Contingent aus seinen Stellungen um Pazardzik zu verdrängen und die Verbindung mit dem von Jamboli auf Burgas vorgehenden XI. Armeecorps herzustellen. Die von Küstendze bis Öernavoda und südwärts stehenden Truppen begannen am 17. Jänner ihren Vormarsch gegen Pazardzik. An der Spitze entwickelte sich General Mansei's vereinigte Cavallerie, 6 Regimenter mit 3 Batterien, in breiter Front des Gegners Rückzugslinie auf Sumla und Varna bedrohend. Am 18. und 19. jagte sie bei Musaköi einige tscherkessische Reiterhaufen auseinander, am 20. stiess man bei Pirifaki auf stärkere Cavallerie-Colonnen, die jedoch das Feuer der russischen Batterien und den Angriff der zum Fussgefecht abgesessenen Sotnien des 17. Kosaken-Regiments nicht aushielten und zurückwichen. Die mit Energie eingeleitete Verfolgung kam bei Öairköi zum Stehen, wo ein starkes Detachement aller Waffen die fliehenden Tscherkessen aufnahm. Als am nächsten Tage die Infanterie der Russen zum Angriffe schritt und mit Cavallerie eine ausgreifende Um-gehungs-Bewegung machte, räumten die für ihre Rückzugslinie besorgten Aegypter freiwillig ihre gute Position. Die rasch verfolgenden Kosaken sprengten eine Compagnie der feindlichen Nachhut auseinander. Erst Pazardzik's Kanonen ge- boten den kühnen Steppensöhnen Halt; sie benützten die nächsten Tage zur genaueren Recognoscirung seiner Verschanzungen, deren sorgfältige Anlage con-statirt wurde. Am 23. Abends warfen sich die Aegypter mit einem heftigen Vorstosse auf den rechten Flügel der Kosaken-Division, das Gefecht schwankte, als jedoch das Regiment Borodino erfolgreich in dasselbe eingriff, zogen sich die ausgefallenen Truppen in ihre Werke zurück. Am 25. rückte in dieselben eine von Sumla zur Verstärkung abgesandte Brigade. Da die vorzügliche Construction der Pazardzi-ker Verschanzungen ihre directe Wegnahme dem G. L. Zimmermann schwierig erscheinen Hess, versuchte er deren Vertheidiger durch die Entsendung einer starken Colonne auf ihre Varnaer Rückzugslinie zum Aufgeben derselben zu zwingen. Der am 26. mit der halben 7. Cavallerie-Division und den ersten Brigaden der beiden Infanterie-Divisionen mit je 3 Batterien zu diesem Manöver bestimmte General Mansei hatte dasselbe noch nicht vollständig ausgeführt, als eine aus Pazardzik plötzlich vorbrechende Abtheilung von 8 Bataillonen, 4 Schwadronen und 2 Batterien unter Zakaria Pasa sich auf die im N. der Stadt stehen gebliebenen Russen stürzte und diese trotz tapferer Gegenwehr Uber Karilas zurückwarf. Durch den Kanonendonner auf die veränderte Lage aufmerksam gemacht, unterbrach General Mansei seinen Marsch und entsandte im entscheidenden Momente nocb rechtzeitig seine Cavallerie in die rechte Flanke des Feindes, was dessen Vorwärtsbewegung aufhielt und ihn bald seine schützenden Werke aufsuchen Hess. Das blutige Gefecht kostete den Türken und Aegyptern 500 Mann, darunter Zakaria Pasa, welcher einer der ersten fiel, den Russen 200 Mann an Todten und Verwundeten. Noch am selben Tage erhielt Raschid Pasa mittelst Telegramm die im Kriegs-rathe zu Varna beschlossene Ordre, Pazardzik aufzugeben. Von den Russen unbemerkt, führte er seine Truppen, unter dem Schutze der folgenden Nacht, in die 0. von Kozludza liegende günstige Dervend-Position (S. 218) zurück. Als die Russen am Morgen des 27. in das verlassene Pazardzik einzogen, fanden sie es von Verwundeten und Kranken überfüllt, seine Vorräthe aber verbrannt, was sie zum Abwarten ihres auf den sumpfigen Strassen langsam heranziehenden Trains zwang und General Zimmermann an der energischen Verfolgung der errungenen Vortheile hinderte. Auch im Juni 1774 waren die geschlagenen Türken vor den siegreichen Russen in derselben Richtung geflohen; der Gegner folgte ihnen damals, wie wir sehen werden, auf dem Fusse nach. Wie schwer passirbar die von Pazardzik nach Kozludza führende Strasse aber selbst im Sommer schon nach wenigen Regentagen ist, erfuhr ich, als wir am 12. August zum nördlichen Pravadigebiete zogen; die Pferde kämpften sich mit Mühe durch den unbeschotterten Morastboden. Sonst war es ein angenehm kuhler Reisetag, an dem ich, Dank dem wehenden Nordostwinde, gegen 9 Uhr Vormittags nur 20° C. im Schatten verzeichnete. Die Spitalgartenoase blieb rechts und ihr bewegtes Laub flüsterte uns Abschieds-grüsse zu. Wie vieler Reconvalescenten Brust mochte es im Frühlinge 1878 mit aufrichtender Hoffnung geschwellt haben! Auch mich erquickte sein rauschendes Grün, das in der steppenartigen Haide ohne Rivalen blieb. Erst als wir über den Einschnitt hinaus waren, welcher ein von Bogdan kommendes Wässerchen durch Pazardzik zum Tabak dere führt, trat allmälig reicheres vegetatives Leben auf. Wir vertieften uns in dichtes Eichengestrüpp, welches der Weg SW. durchschnitt. Nachdem ich vier Tage lang kein Wasser gesehen, das auch nur den Namen eines Bächleins verdient hätte, erschien mir der stark angeschwellte, Cas-caden bildende Üsenli dere, den wir nach 2 St. erreichten, als bedeutendes FlUss-eheu. Seine vier Quellen strömen ungemein reich von der Batovagebietscheide, von Sudzas, Komludza, Üsenli und Semet ab und befähigen es, alles Mehl für die nächste Umgebung zu liefern. Dicht neben der Brücke stiess ich auf die lustig arbeitende Araplicka vodenica, deren Müller ich gastfreundlich und guter Dinge fand. Nach kurzem Halt ging es nun jenseits in gewellter Linie über sanft ansteigendes Land durch Felder, dann folgte junger Wald und darauf vor Alasli, nach längerer Entbehrung ein erquickender Anblick für uns, links an der Strasse ein Quellbrunn. Sowohl Alasli als Semet fehlen auf den russischen Karten von 1835 und 1876, ebenso die beiden von Kokardza abfliessenden Adern, welche wir nahe bei Alasli kreuzten. Wieder erschien ein Brunnen am Wege und gleich darauf Kozludza im weiten, stark undulirten Thale, gegen S. umrahmt von den langgestreckten Uferbergen des Devnasee's; einzelne schärfer geschnittene Spitzen lagerten ihm vor und des Aidos-Balkans sanfte Profilliuien schlössen das duftige Bild ab. Beim Abstiege zum 204 M. hochliegenden Städtchen kamen wir nur mühsam durch den aufgeweichten fetten Ackerboden. In den ungepflasterten Strassen vermittelten hier und da einzelne grosse Steine für Fussgänger den Uebergang. Ein wahres Kothmeer reichte bis zum türkischen Han im moslimschen Mahle, dessen Unterkunftsräume aber selbst bescheidensten Ansprüchen so wenig genügten, dass ich nothgedrungen die entfernte, an Kozludza's Südende liegende bulgarische Herberge aufsuchen musste. Hier gab es neue Schwierigkeiten; der Handzi öffnete mir wohl bereitwilligst ein ziemlich reinliches Stübchen, vermochte aber weder Gerste noch Heu für die Pferde herbeizuschaffen. Da erinnerte ich mich meines Talismans, meines prachtvoll kalligraphirten Stambuler Ferman's mit des Sultans Namenszug und sandte das Pergament durch meinen Zaptie in den Konak. Die Panacee that die erhoffte Wirkung; bald füllte den Hofraum eine Quantität Fourage, welche für ein Cavallerie-Detachement genügt hätte. Selbstverständlich hielt ich es für meine Pflicht, dem gefälligen Beamten sofort einen Dankbesuch abzustatten. Das Kismet lohnte diese Artigkeit, denn ich traf den Mudir, trotz der vorgerückten Nachmittagsstunde, vom gesammten Bezirks-Medjlis unigeben und im heissesten parlamentarischen Kampfe über eine wichtige Masbata, welche an den Varnaer Pasa gerichtet werden sollte; es war eine höchst interessante Scene. Nur im Deli Orman, zu dem Kozludza gehört, kann man so prächtige Charakterköpfe sehen, wie jene 15 Türken, welche m verschiedensten Stellungen um den präsidirenden Mudir im Kreise sassen. Sie bildeten den maassgebenden Theil der Versammlung; denn buchstäblich an die Wand gedrückt, standen hinter ihnen einige Tataren und Bulgaren in bescheidenster Haltung. Letztere trugen das in dieser Gegend übliche dunkle Tuch um den rothen Fes geschlungen, ohne dass ihre Köpfe jenen würdevollen Ausdruck gewannen, der ihre türkischen, durch Sitze bevorzugten Collegen auszeichnete. Nach der üblichen, mit unerlässlichem Kaffeegenuss gewürzten Begrüssung, benützte ich die günstige Gelegenheit, um meine zu Varna empfangenen statistischen Daten über den kleinen, wunderlich configurirten Bezirk Kozludza zu con-troliren. Des Städtchens christliche Häuserzahl differirte bedeutend vom Tefter des Varnaer Steuerbeamten. Letzterer wusste nur von 35 Rajahhäusern zu Kozludza, während es, wie alle Anwesenden versicherten, 70 bulgarische neben 20 griechischen zählte, also 90, gegen 35 Häuser des officiellen Registers. In welche Taschen waren wohl durch lange Jahre die Steuern der verschwiegenen 55 Rajah-häuser geflossen? Ausserdem zählte das Städtchen 180 türkische, 30 tatarische und 25 Zigeuner-Häuser, was 1872 mit Bulgaren und Griechen eine beiläufige Bewohnerzahl von etwa 1600 Köpfen ergab. Die Herren des Medjlis behaupteten, dass Kozludza sich erst seit 1850 von der Verheerung durch die russische Occupation in den J. 1828 und 1829 erholt hätte. Wahrscheinlich litt das Städtchen durch starke Requisitionen für das Varnaer Belagerungscorps; denn dass hier nicht gekämpft wurde, erhellt aus Moltke's Darstellung, nach welcher General Roth am 12. Juli 1828 ebenso Kozludza ohne Schwertstreich besetzte, wie G.-L. Zimmermann's Vorhut unter General Mansei, dessen Cavallerie es am 3. Februar 1878, nach unbedeutendem Scharmützel mit Raschid Pasa's nach Varna retiriren-den Aegyptern, wegnahm. Nicht so unblutig wie in diesen beiden letzten Kriegen eroberten die Russen Kozludza das erste Mal im Jahre 1774. Nachdem die Generale Kamenski und Suvaroff sich bei Pazardzik vereinigt, schlugen sie hier am 19. Juni die Türken in offener Feldschlacht bis zur Vernichtung, nahmen ihnen 29 Kanonen, drängten, während General Saburovski bei Öalikavak am 14. Juli Osman Pasa besiegte*), den Grossvezier bis Sumla zurück, wo sie ihn vollkommen *) Mit dieser Date ist die Stelle auf S. 104 zu ergänzen. umzingelten und mit diesem glücklichen Abschlüsse eines nahezu sechsjährigen wechselvollen Krieges den ruhmvollen Frieden von Kücük Kainardzi herbeiführten. Mit Dank für den guten .Empfang und die fördernden Winke zur Fortsetzung meiner Reise, empfahl ich mich von Mudir und Medjlis. Im Vorbeiritte besichtigte ich die bedeutendere, durch ein schlankes Minaret ausgezeichnete Moschee des Städtchens, das seiner ganzen Erscheinung nach, ohne ihm Unrecht zu thun, ein grosses Dorf genannt werden darf; trotz des sichtlichen Niedergangs blieb es aber ein wichtiger Durchzugspunkt von Jcnipazar, Silistria und Tulca nach Varna. Seine grösste Merkwürdigkeit bildet ein aus 13 Steintrögen bestehender Brunnen, an dem 40 Pferde gleichzeitig getränkt werden können; es ist der grösste, den ich in Donau-Bulgarien sah. Ob auf Kozludza's Stelle eine antike Niederlassung sich befand? Seiner günstigen topographischen und wichtigen strategischen Lage zufolge, möchte ich es annehmen; auch viele in den Strassen umherliegende classische Steinfragmente, Säulenbasen u. s. w. führen darauf hin. Ein Grieche zeigte mir ein prachtvoll gearbeitetes Basreliefstück, von dem er sich leider nicht trennen wollte und über dessen Fundort er im Unklaren war. Vielleicht wanderte es mit anderen antiken Resten vom benachbarten einstigen Marcianopolis nach Kozludza; ich empfehle nachfolgenden Archäologen die Aufhellung dieser Frage. Der 13. Augusttag war der näheren Erforschung des nördlichen Gebietes am mittleren Pravadilaufe gewidmet. In frühester Morgenstunde erschien der vom Mudir mir zugewiesene Geleitsreiter, welcher sich durch die richtige Auskunft über einige Punkte sofort als trefflichen Kenner des bezüglichen Terrains erwies. Anfänglich verfolgten wir die nach Pravadi führende Chaussee, kreuzten bald den aus NW. herabkommenden Devnabach und erreichten in kaum 2 St. das aus 3 getrennten Mahle bestehende Kotlubei, welche von Bulgaren, Türken und Tataren bewohnt werden. Bei diesem Dorfe gingen wir auf die Strasse von Varna nach Sumla über, auf welcher das Gros der russischen Armee im Juni 1829 seinen kühnen Flankenmarsch gegen den Vezier vollzog und durch kleine Gefechte die Entscheidungsschlacht von Kulevca einleitete (S. 114). Die Gegend muss damals viel gelitten haben, sie hat etwas trübe stimmendes, zum Ueberflusse lagen seit Tagen viele durch den Sturm umgeworfene Telegraphenstangen zersplittert am Boden, deren Aufrichtung man nicht zu beeilen schien. Ja wasch, jawasch! Auf dem von der Augustsonne verbrannten Hochplateau ritten wir weiter nach Jasitepe, einem grossen türkisch-bulgarischen und bis 1878 auch tatarischen Flecken, durch den ein überbrückter Bach zum Pravadi fliesst; seine Bedeutung als Knotenpunkt wichtiger Strassenzüge schwand seit dem Bau der Ruscuk-Varnababn; der einzige Bakal hielt seinen Kramladen gesperrt und auch der Eigner des Hadzi Redzeb han klagte über schlechte Geschäfte. Das Dorf schien ebenso ausgestorben, wie die grosse Heerstrasse, auf welcher wir während des mehrstündigen Rittes weder Wagen noch Reiter sahen. SW. von Jasitepe beginnen die charakteristischen Tafelformen am Pravadi (S. 119). Seine Wasserscheide gegen N. besitzt höhere physicaüsche Bedeutung, denn sie trennt die Wasser zwischen Donau und Pontus. Es sind die sanftwelligen Ausläufer des bei Razgrad beginnenden Deli Ormanzuges, der nur im Babu bair sich zu bedeutenderer konischer Gipfelbildung aufrafft. Seine pittoresken Umrisse beherrschen das Jailathal mit dem gleichnamigen zweiarmigen Bache, den wir auf solider Brücke kreuzten. Gleich jenseits lud ein überaus schöner, monumentaler Brunnen zu kurzem Verweilen ein. Halil Muselim aus Varna, ein türkischer Officier, stiftete dieses höchst originelle Werk zum Frommen der Vorüberziehenden im J. 1868 und schon die aufgewendete Summe von 4000 Mark spricht für die bedeutenden Arbeiten, welche seine Herstellung forderte. Lange, steinerne Brunnentröge laufen um ein grosses, von Erde aufgeworfenes und mit Quadern ummauertes Rechteck, von dessen Nordseite viele Stufen zu einem im Centrum der Terrasse aufstrebenden, aus Stein trefflich gebauten Kiosk hinanführen, dessen Ruhesitze prächtige Ausblicke durch die offenen Bogenfelder nach allen Richtungen gestatten. An der Ost-, Süd- und Westfronte verkünden grosse Inschrifttafeln mit zierlichen Lettern des Stifters humane Absicht, mehr noch das Lob des ewigen Spenders alles erquickenden Quells. Unsere Pferde tranken mit Behagen das treffliche Wasser; Zaptie und Sürüdzi, obschon Moslims, halfen aber meines Dragomans Rakiflasche leeren. Bei 30° C. im kühlenden Schatten des kleinen Kiosks, beim Rauschen des im Bachrinnsale unten im gleichmässi-gen Tacte arbeitenden Mahlwerks gedachte ich dankbar des frommen Officiers. Weshalb mochte er den Brunnen gerade an dieser Stelle, weit weg von seiner Vaterstadt gestiftet haben? Wollte er vielleicht den Punkt kennzeichnen, bei dem des Tuna-Vilajets echt- und rechtgläubige Landschaft beginnt, so ist er allerdings trefflich gewählt; denn in meiner ethnographischen Karte erscheint auf der langen Linie von Beli bis Silistria kein christliches Dorf. Eine Wegcurve brachte uns aus dem Pravadi-Bezirk in den benachbarten von Jenipazar. Von der Grenze führt die Strasse O.W. geradeaus zu seiner kleinen Hauptstadt, ich bog jedoch, Gözedze rechts lassend, auf dem südlicheren Wege Uber eine stark coupirte Weidehalde nach Tausan Kozludza und Junusköi ab. Die Varna-Rusöukbahn kreuzt hier mehrmals den Pravadi; auf seinem jenseitigen Ufer erscheinen am Hange des kahlen, steilgeböschten Kalkplateau's die türkisch-bulgarischen Orte Muhla und Kaspidzan, durch weisse Minarete und Obsthaine gekennzeichnet. Bei Sonnenschein muss diese Landschaft ungemein fesseln. Trotz des sie einhüllenden grauen Tones hätte ich mich gern länger in ihre Details vertieft; kaum fand ich aber Zeit das interessante Terrain vollends 248 AUE DOBRUCABODEN UEBER I'AZAKD/IK, zu croquiren. Der Sturm trieb von SW. her ein furchtbares Unwetter über unseren Köpfen zusammen, es regnete und die Detonationen wurden immer heftiger; auch hinderte das sumpfige Terrain bei Junusköi unser Vorwärtskommen. Erst als wir die Chaussee wieder gewannen, ging es um die Wette im Trabe zur „Shumla-road-Station", deren Chef die vollkommen durchnässtc Caravanc freundlich empfing und mich selbst in seiner Staatsstube einquartierte. Wenn Eisenbahnen schon auf occidcntalcm Boden Vieles ändern, so bewirken sie im Oriente geradezu Wunder. Mit einem Schlage fand ich mich unerwartet in eine europäische Oase versetzt. Wie in Amerika's von Kails durchzogenen Wäldern urplötzlich neue Städte auftauchen, war zu „Shumla-road", wo früher kein Haus gestanden, gleichfalls bereits der hübsche Ansatz zu einer solchen vorhanden. Gegen orientalischen Brauch herrschte auch hier noch in vorgerückter Abendstunde reges Leben in den nächst dem Bahnhofe angesiedelten Häusern, Magazinen, Läden und Schenken. Petroleum erleuchtete alle Räume und tiberall drängten sich Agenten, Bauern, Kaufleutc und Arbeiter geschäftig umher, trotzdem der August zu den „schwachen" Monaten der Station zählt. In den „starken", vom November bis April, wenn das neue Getreide exportirt wird, steigert sich aber hier das Geschäftsleben in flottester Weise. Dann gelangen auf „Shumla-road" oder „Kaspidzan", wie die Station von den Eingeborenen genannt wird, abgesehen von den früheren allwöchentlichen Viehtransporten aus Ungarn für Sumla's Garnison, über 5 Millionen Kilo Feldfrttchte zur Verfrachtung, welche Ziffer sich seit 1871 in manchen Jahren noch bedeutend erhöhte. Die Vermittler des grosse Rührigkeit erfordernden Verkehrs sind beinahe ausschliesslich Bulgaren. Der Türke stürzt sich, selbst um höheren in Aussicht stehenden Gewinn, nicht in solch unruhiges, dem gewohnten Kef widerstrebendes Treiben. Wohl zieht auch er aus den Eisenbahnen durch die allgemeine Preissteigerung von Areal und Producten indirecten Vortheil; die eigentliche belebende Arbeit, die Bewegung des Räderwerks und dessen präcises Ineinandergreifen, wie es unser moderner Handelsverkehr bedingt, überlässt er aber am liebsten seinen christlichen Nachbarn. Zu „Shumla-road" sind es bulgarische Kaufleute aus der grossen Festungsstadt, welche die erste Rolle spielen. Während der starken Monate nehmen viele in der Station ihr Quartier, und um für das gewohnte Familienleben einigen Ersatz zu finden, erbauten sie dort im J. 1872 ein Casino, in dem Billard, Kartenspiel und Zeitungslccture die geschäftsfreien Stunden verkürzen helfen. Bei den Bulgaren fand ich Uberhaupt viel Neigung für geschäftlichen und politischen Ideenaustausch; die individuelle Ansicht wird allerdings oft mit grosser Wärme, ja mit heftigem Nachdrucke vertheidigt und Freunde werden in der Discussion erbitterte Gegner. Hierin liegt jedoch nach meiner Ansicht viel weni- ger Gefahr für das Gemeinwohl, als in der Apathie des Moslims, welcher seine Pasa's und ihren GUnstlingstross in der nunmehr von aller Welt gekannten und verurtheilten Weise ungehindert regieren Hess. Jetzt erntet der Türke die bitteren Früchte unerhörter Misswirthschaft, welche bei nur einigem Sinne für das öffentliche Leben und massiger Enwicklung von Thatkraft, kaum so üppig und lange hätte fortwuchern können. Das unaufschiebbare Reformbedürfniss des türkischen Regiments trat mir aber an wenigen Punkten lebhafter vor das Auge, als zu „Shumla-road". Seit zehn Jahren wollte man nämlich die Station aus militärischer und wirtschaftlicher Notwendigkeit mit Sumla, dem Hauptbollwerke Bulgariens verbinden, und zwar sollte der Zweigarm aus strategischen Gründen Vi Meile W. von Kalugerca und Madara, hart am rechten Bulanikufer, mit dem Bache als vorliegendem nassen Graben, geführt werden und durch den nördlichen Fortsgürtel in Sumla münden. Die Ausführung des längst vollendeten Projects wurde jedoch, wie ich bereits auf S. 62 andeutete, von den rasch wechselnden Gouverneuren und Pasa's wohl zehnmal begonnen, in der Trace immer wieder abgeändert und nie zu Ende geführt! Ich glaube in keinem anderen europäischen Staate Hesse sich ein Beispiel gleicher Missachtung der wichtigsten militärischen und national-öconomischen Interessen diesem berüchtigten Sumlaer Bahnbau zur Seite stellen, welcher seit einem Decennium Millionen verschlang und noch länger die weiten Taschen verschiedener Effendi's füllen würde, falls nicht der zu Berlin tagende europäische Areopag der schändlichen türkischen Misswirthschaft in Donau-Bulgarien ein jähes Ende bereitet hätte. Dieses harte Urtheil Hesse sich anfechten, wenn es sich hier um eine grosse, Kunstbauten erheischende Bahnlinie und nicht um einen nur zwei Meilen langen, über offenes Terrain führenden Schienenstrang handeln würde. Türkische Pasa's kümmerten sich aber durchschnittlich ebenso wenig um die Sicherheit des Einzelnen, als des Reiches. Diese Indolenz und Felonie, welche Sold und Verpflegung für Tausende von Soldaten verrechneten, wo nur Hunderte unter den Fahnen standen, diese vollkommene GleickgüTtigkeit für die öffentliche Wohlfahrt Hessen auch die kurze Verbindungsstrasse zwischen Sumla und seiner nahen Eisenbahnstation in den letzten Jahren so sehr unsicher werden, dass die Kaufleute nur noch in Caravanen zu reisen wagten. Unter Anderen wurde im Sommer 1876 der mir persönlich bekannte Sumlaer Handelsmann Dimöo H. Stojanov am hellen Tage, auf der Fahrt zum Bahnhofe, um 220 Goldlira erleichtert; noch hatte er Glück, denn nur das zufällige Erscheinen einiger Reiter verscheuchte die Unholde, welche sich eben anschickten, seine beiden Knaben zu schänden, die er zur Erziehung nach Wien führte, wo er mir sein schlimmes Abenteuer in Gegenwart der jungen Leute selbst erzählte. Noch leichter als Sumla's Schienen-Verbindung mit der Ruscuk-Varnabahn hätte sich jene von „Shumla-road" mit der nur 1 St. entfernten Bezirksstadt Jeni-pazar bewerkstelligen lassen. Am nächsten Mittag besprach ich diesen Gegenstand mit ihrem ersten Beamten, welcher zum gewohnten täglichen Besuche der Station während der Ankunftsstunde des Ruscukcr Personenzuges herübergekommen war. Der Mudir meinte, dass wiederholt von ihm befürwortete Mas-bata's, in welchen Jenipazar um den Bau der kurzen Schicnenstrccke petitionirte, von Seite der Gouverneure unbeantwortet blieben; dabei legte Nesib Fffendi ein Cigarettcnpapicr unter das Kissen, auf dem er hockte und machte mit dem Ausrufe „jawasch, jawasch!" eine leicht verständliche Bewegung. Ich wusste bereits früher, dass ein Verschwinden von Papieren unter dem „minder" mit dem „ad acta" unserer occidentalen Bureau's identisch sei; nur steht diese Procedur bei dem uncontrolirten Amtsschlendrian in der Türkei häufiger im Schwünge, als bei uns. Die wenigen Stunden der Erholung zu „Shumla-road" flössen rasch dahin. Ungern trennte ich mich von dem europäisch eingerichteten Stübchen, in dem ich mit aller Bequemlichkeit meine Correspondenz besorgte und zog, nachdem ich dem Stationschef herzlich gedankt, mit dem Mudir nach Jenipazar. Nach kurzem Ritte über eine reizlose Hochebene lag plötzlich das Städtchen vor uns. Seine äussere Physiognomie Hess wenig errathen, dass von seinem Konak aus 44 Orte regiert werden. Der Kreis ist nahezu rein moslimisch; nur 9 Dörfer werden von Bulgaren mitbewohnt; Jenipazar selbst zählte 1872 noch 200 türkische, ebenso viele bulgarische, 22 tscherkessische, 7 tatarische und 12 Zigeuner-Häuser. Zwei spanische Israeliten aus Sumla unterhielten hier, wie zu Pazardzik Filialen, ohne ansässig zu sein. Der Mudirkonak, drei Moscheen mit Minareten, eine Kirche, eine bulgarische Schule und zwei moslimsche, bildeten die öffentlichen Gebäude der Stadt. Auf des Mudirs dringend wiederholten Wunsch musste ich im kleinen Regieningskonak absteigen. Seinen Vorsaal füllten Clienten, welche schon lange des Beamten geduldig harrten. Nur ein bejahrter Türke hielt seinen Streitfall für wichtiger, er trat mit uns zugleich in die Amtsstube und so wurde ich Zeuge einer höchst interessanten Verhandlung. Der Mann brachte einen Process zur Schlichtung, dessen Vorkommen auf des Sultan's europäischem Gebiete von Turkophilen kaum für denkbar gehalten werden dürfte; ich will ihn erzählen, glaube aber, zu richtigerem, Verständnisse des Falles, einige aufklärende Worte voraussenden zu sollen. Bekanntlich gehören die in jüngster Zeit in manchen Journalen wegen ihrer rühmlichen kriegerischen Leistungen gegen die Russen sehr gefeierten Tscherkessen zu den fanatischsten Anhängern des Sclavcnhandels. Sie trieben ihn von jeher mit auf Raubzügen im Kaukasusgebiete erbeuteten Gefangenen. Letztere wurden mit zur Emigration nach des Sultans Landen gezwungen, wo sie bei schlechter Behandlung zur schwersten Arbeit in Haus und Feld angehalten oder an türkische Grundbesitzer verkauft wurden. Beides, das Kaufen und Verkaufen von Sclaven ist nach Sultan Abdul Medschid's Edict auf türkischem Boden streng verpönt. Das Verbot wurde jedoch vielfach umgangen und am wenigsten gefiel es den Tscherkessen sich Zwang in ihrer alten Gewohnheit aufzulegen; im Gegenteil, wo ein Sclave an die Abwerfung der Kette dachte, wussten die „Herren" dies mit Gewalt zu verhindern. Oft kam es zu Kämpfen zwischen beiden Theilen. Eine derartige, nur durch aus Adrianopel herbeigeeiltes Militär beendete Schlacht im Bezirke Öorlu, in welcher es viele Todte und Verwundete gab, findet sich in einer vom 18. August 1874 datirten, interessanten Correspondenz des Wiener Journals „Neue freie Presse" lebendig geschildert. Der alte Türke, welcher es mit seiner Klage so eilig nahm, beschwor den Mudir, ihm zu helfen; denn der junge „Abas", den er mit sich schleppte, versuche oft ihm davon zu laufen, ungeachtet er ihn einem tscherkessischen Bey um die hohe Summe von 6000 Piastern (1200 Mark) abgekauft hätte. Zur Bekräftigung zog der Alte einen Vertrag aus dem Gürtel, welcher vom Verkäufer, durch die Aufdrückung seines Siegels in schwarzer Farbe, rechtsverbindlich vollzogen war. Anfangs, jammerte der Menschenkäufer, sei der „adam" willig gewesen, seit einiger Zeit jedoch zeige er sich faul und mürrisch, dies müsse anders werden; der Mudir möge entweder den mit theurem Gelde bezahlten Sclaven zu tüchtiger Arbeit oder den tscherkessischen Bei zur Rückgabe des Kaufschillings zwingen! Während der langen, hier nur im Wesentlichen mitgetheilten Erzählung faltete sich Nesib's Stirne wiederholt bedenklich und hier und da war seinen Lippen, bei aller äusserlicher Ruhe doch manches „tschok fenna" (sehr bös) entschlüpft. Was sollte, was konnte der Mudir thun! Von Natur gemütlich und auch um langwierigen Erhebungen zu entgehen, sprach er dem jungen Abchasen zu, friedlich und arbeitsam seinem türkischen Herrn zu dienen, welcher ihn dann gewiss väterlich behandeln würde. Alles Zureden erwies sich jedoch vergeblich, der wahrscheinlich aufgestachelte Sclave berief sich auf des Sultans Edict und verweigerte die Rückkehr. Als Nesib sein Bemühen, die Beiden zu versöhnen, scheitern sah, erklärte er, dass die Sache nur vom grossen Medjlis zu Sumla entschieden werden könne und befahl den Sclaven dorthin zu escortiren. Nur wenige Meilen vom Sitze des Gouverneurs der Provinz haben wir hier einen ausgesprochenen Fall von Sclavenhandel und wie der Mudir erzählte, kamen derartige Processe seit der Tscherkessen-Ansiedlung häufig vor. Er verglich die edlen Kaukasushelden mit der „Pest" und machte auch seinem Aerger über die eigenen Compatrioten Luft, welche sich von dem schlauen Raubgesindel zu solchen, dem Gesetze Hohn sprechenden Sclavenkäufen verleiten Hessen. Ich selbst constatirte schon vor vielen Jahren*), dass Niemand über des Sultans Antiscla- *) Oesterr. Revue 1864 und L Auflage, I. Bd., S. 318. verei- Edict so erbittert war, als die in die Türkei gewanderten Tscherkessen, welche sehr arbeitsfaul, wie Andere aus dem Verkaufe ihres gezüchteten Vieh's, die sicherste Rente aus der Verschachcrung des weiblichen Nachwuchses und der Kriegsgefangenen zogen. Andererseits war es ein öffentliches Gcheimniss, dass gerade die hochstehenden Effcndis, ja des Sultans Haremsbcamte als beste Käufer der verbotenen Mädchen- und Knaben waare auftraten, was die Richter oft zur Nachsicht zwang, falls ein böser Handel, wie der erzählte, vor ihr Forum sich verirrte. Erfuhr aber ein englischer Consul von solch scandalöser Geschichte, so versäumte er nie, seinem Botschafter nach Constantinopel zu berichten, und dieser wieder selten, im Namen der Tractate, bei der hohen Pforte zu protestiren. Ein türkischer Minister des Aeusscrn musste aber ungeschickter sein, als er es in derartigen Dingen durch traditionelle Uebung ist, um nicht den unangenehmen Zwischenfall zur Zufriedenheit aller Bctheiligten und auch des Verschacherers der Menschenwaare zu „applaniren". Nach orientalischer Anschauung haben Sclavenkauf und Verkauf nicht nur nichts Bedenkliches, sondern man findet sogar ihre religiöse Rechtfertigung im Koran. Festhalten an letzterem und gleichzeitiges Fortschreiten auf europäisch-civilisatorischer Bahn sind aber schwer vereinbar. Der Türke bleibt Asiate auch auf occidentalem Boden; denn im Augenblicke, wo er des Korans Fundamentalgesetze verlässt, hört er auf echt- und rechtgläubiger Moslim zu sein; dagegen eifern aber Ulema's und Imams, mehr aber noch die im Hause waltende traditionelle Sitte. Zu Stambul mag sich der europäisch lackirte Effendi immerhin von derselben einen Schritt entfernen, in der Provinz darf er aber nicht gewagt werden, will man nicht als glaubensverachtender „Parisli" den schlimmsten Bann auf sich laden! Auch Ncsib Effendi, ein durch fortwährenden Contact mit „Shumla-road" ziemlich aufgeklärter Maun, stand unter diesem auf allen Moslims lastenden Drucke. Er lud mich wohl zum Abendbrod in sein Privathaus; ich bekam jedoch von diesem nur den Garten zu sehen. Hätte der Mudir mich in seine Familie eingeführt, so wäre ich wie über ein seltenes Naturspiel erstaunt gewesen. Lässt das Haremsleben überhaupt aber eine Familie im occidentalen Sinne zu? Hören wir, was der turkophile Reisende Vambe"ry in seinen „Sittenbildern" darüber schrieb: „Dieses erzwungene und unnatürliche Schamgefühl, diese von der europäischen so ganz und gar abweichende Beurtheilung und Behandlung des weiblichen Geschlechts muss denn auch als jener schwarze Punkt bezeichnet werden, der unheilbringend sich in allen Gesellschaftskreisen, ja in den verborgensten Verhältnissen der Familie geltend macht. Von Familienfesten, Familiengesellschaften, mit einem Worte von der Familie Uberhaupt kann unter solchen Umständen gar nie die Rede sein. Die melancholisch-düstere Häuslichkeit erinnerte mich immer an das monotone Leben in den öden Hallen der abendländischen Klöster." Ich wüsste wahrlich nicht, was diesem allerdings in späteren Aussprüchen etwas abgeschwächten treffenden Urtheile, über den occidentalen Grundpfeiler staatlicher Vergesellschaftung im Oriente, hinzugefügt werden könnte. Nesib Effendi Hess mich unter artigen Entschuldigungen in einem kleinen Gartenhäuschen zurück, um dem Haremlik seine Weisungen für den Abend zu geben; das ist nun einmal moslimsche Sitte, die Frau bleibt fremdem Männerauge verborgen. Nur manchmal, durch die verräterischen Lücken schattiger Bosquete erblickte ich weibliche Gestalten, mit leicht übergeschlagenem Jaschmak geschäftig über den Hofraum huschend. Sie waren augenscheinlich mit der Bereitung des Nachtessens beschäftigt, das wir auf eines leerstehenden Köschk' luftiger Veranda einnehmen sollten. Ein männlicher Diener hatte dort Teppiche und Sitzkissen aufgebreitet, in eine gemüthliche Ecke den niederen Sofra (Tisch) gestellt und eine holländische Stearinkerze in der am Gebälke befestigten bunten Papierlaterne angezündet. Vom Deli Orman strich ein leichter Lufthauch herüber, die Mondscheibe warf spielende Lichter ins Laub, der Abend gestaltete sich nach dem zur Rüste gehenden heissen Augusttage so prächtig mild und ruhig, dass der leiseste Frauenschritt im nahen Hofraume und das melodische Plätschern eines kleinen Springbrunnens herüberklangen. Nachdem der Mudir sein Gebet^ verrichtet, erschien er endlich im geblümten, weitärmligen kurzen Hauskleide, das ihm viel besser sass, als der unbequeme, halbeuropäisch zugeschnittene dunkle Amtsrock, und grüsste verbindlich. Im Hofraume rief ein dünnes Stimmchen „ekmek chaser" und gleich darauf erschien ein junger Bursche um die officiöse Mittheilung „das Essen ist fertig" dem Hausherrn officiell zu wiederholen. „Geisin" (es kann losgehen), antwortete dieser, und es ging auch los. Es war selbstverständlich kein „Tschakmak" (Zechgelage), wie es Stambuler hohe Herren in milden Sommernächten an des Bosporus illuminirten Gestaden in phantastischen Kiosken zu veranstalten pflegen. Die Frauen hatten aber redlich das Beste gethan und die Nähe von „Shumla-road" machte sich in den „meze" (Leckereien) auffallend bemerkbar. Ausser einheimischen Bratenstückchen, Pistazien und Haselnüssen, kamen nach dem Pilav auch Sardinen, Caviar und m kleine Würfel geschnittener Schweizerkässe, welche die Trinklust reizen sollten; sie thaten es, das Mastikafläschchen wurde oft gefüllt und der von den Arabern als „Sorgenverscheucher" hoch gepriesene Raki versetzte bald meinen liebenswürdigen Wirth in gesprächigste Stimmung. Unverhofft gewann ich tieferen Einblick in ein gekränktes türkisches Beanitengemüth, dem herbe Worte über Pasa-willktthr und andere schlimme Practiken in der Vilajetshierarchie entströmten. Nach einmal geöffnetem Ventil war der am Vormittage auf „Shumla-road" etwas zugeknöpfte Mudir ein Anderer geworden. „Hätte ich keine Familie," rief er, so zöge ich mit Euch, in Euerem Lande muss es besser sein!" — „Nicht in Allein!" tröstete ich den nach seinem Haremlik aufbrechenden Hausherrn, dessen Einigra-tionslust wohl nicht ganz ernst gemeint war. Wer den Türken frei von einschnürendem Ceremoniell kennen lernen will, muss es bei solch zwanglosem Tschakmak thun. Der Raki löst die Zunge, hebt sociale und selbst religiöse Unterschiede auf, den Trübseligen macht er lustig und den Schweigsamen offenherzig in ungeahnter Grenze. Der Wein aber, in dem wir Europäer Wahrheit suchen und manchmal finden, wird vom gläubigen Sunniten gemieden; der Prophet verbot ihn, denn „Scharap" bringt Kopfschmerz. Als Nesib sich erhob, war der feurige Inhalt einer von "„Shumla-road" mitgebrachten Flasche echten Slivener Weines geleert; ob der rechtgläubige Hausherr dazu trotz Koransverbot mitgeholfen, darf ich nicht verrathen ! Auf luftiger Veranda schläft und träumt es sich prächtig. Schon am frühesten Morgen erschien der Mudir, um nach meinem Befinden zu fragen. Ich versicherte, dass mir der Abend wohl bekommen, dankte für seine freundliche Aufnahme und wagte auch der Hausfrau meine Empfehlung zu senden. Der Mudir bot mir ein grösseres Geleite an, ich hielt es aber für Überflüssig und schlug heiteren Sinnes, mit nur einem Zaptie an der tete meines kleinen Gefolges, den Weg gegen Aboba ein. Dieses Dorf sollte einige Alterthümer bewahren, so behauptete ein ausgedienter würdiger Nizamsoldat, welcher von meiner Vorliebe für „eski scheler" gehört hatte und eigens gekommen war, um mir diesen Wink zu geben. So hat es auch seine gute Seite, dass Processe, Anliegen, Gespräche nur selten unter vier Augen, sondern stets vor allen früher erschienenen und später eintretenden Clienten, Besuchern u. s. w. geführt werden. Stets ist mindestens ein unsichtbarer Hörer gegenwärtig, vor dem es kein Geheimniss giebt; es ist der im Corridor postirte Diener, Tschibuktschi oder Kavedschi, welcher am Velum horchend, etwas zu erlauschen und wenn es von Wichtigkeit, auch zu verwerthen sucht. Diesmal führte die in allen türkischen Amtskouaks herrschende Neuig-keitskrämerei mich zu Funden, welche archäologisch und auch in historisch-geographischer Richtung von hohem Interesse sind. Unser Weg nach Aboba ging NW. von dem am 30. Januar 1878 durch ein Kosaken-Detachement von G.-L. Zimmermann^ Corps besetzten Jenipazar Uber Ahlardere's sanft gewellten Culturboden. In 1 St war das hübsche Dorf erreicht, das rund 100 türkische und 30 tatarische Häuser zählte. Ich ritt sofort zum Imam, an den ich von Mudir Nesib empfohlen war, seine Zeilen ebneten alle Schwierigkeiten und Ismail versprach, mich sogleich an die Stelle zu führen, wo die „geschriebenen Steine" lägen. Ein türkischer Dorfgeistlicher unterscheidet sich so wenig wie ein bulgarischer Landpope, von seinen bäuerlichen Schäflein. Ich traf den Imam bei irgend einer Hausarbeit ohne Rock und in diesem Costüm geleitete er mich auf den bescheidenen Dorfplatz zu einem Brunnen, an dem einige jüngere Dorfschönen scherzend hantirten. Nachdem mein Zaptie an der bezeichneten Stelle das üppig wuchernde Strauchwerk mit blankem Säbel abgemäht, kam eine Steinplatte von 0,6 M. Breite und 0,2 M. Höhe zum Vorschein, welche in fünf griechischen Schriftzeilen die Aufrichtung einer Statue unter Kaiser Titus verewigt, also beiläufig vom Jahre 80 n. Chr. herrührt. Unfern lagen zwei trefflich erhaltene Säulenstämme von 2 M. Länge und 0,7 M. Durchmesser, deren griechische Inschriften bei näherer Besichtigung zweifellose Gleichzeitigkeit mit jenen zu Pravadi (S. 124) verriethen. Trotz ihres byzantinischen Ursprungs erwiesjßn sie sich von eminentem Werthe für die historische Geographie dieses Gebietes. Ich publicirte auch diese drei Inschriften im III. Bande der ersten Auflage. Selbstverständüch forschte ich nach dem Fundorte der werthvollen antiken Reste. Der Imam wusste mir jedoch nur zu sagen, dass sie früher auf einem benachbarten Felde, neben vielen unbeschriebenen Steinen lagen. So unbestimmt diese Andeutung, erschien sie mir wichtig genug, um selbst auf die Gefahr einer Enttäuschung, eine kostbare Reisestunde zu wagen. Durch die Erfahrungen langer Jahre vorsichtig gemacht, erwartete ich nicht viel, fand aber diesmal um so mehr. Der beschriebenen Richtung folgend, stiess ich Va St. von Aboba auf das riesige Ruinenfeld mit Thürmen und Umfassungsmauern eines ziemlich wohl erhaltenen römischen Castrums, von dessen Existenz früher nicht die geringste Kunde verlautete. Ich machte mich sofort an die nähere Untersuchung des mit reicher Vegetation überzogenen Mauerwerks und fand, dass die Befestigung in Ausdehnung und Bautechnik sehr dem interessanten serbischen Gamzigrad glich, das ich mit Illustrationen eingehend schilderte*). Im Grundrisse erschienen aber beide Castra verschieden. Das von Aboba bildet nämlich ein vollkommen regelmässiges Viereck, mit je drei, an den Fronten vorspringenden Thürmen zwischen gleichfalls runden Eckthürmen. Im Centrum des Castells stiess ich auf die Grundmauern des durch Thürme vertheidigten quadratischen Präto-riums und an der Ostseite auf eine vom Eingange gegen N. laufende, vorzüglich gebaute Strasse; sie verfolgend, gelangte ich an die Ruinen einiger Gebäude, deren schönes Material für ihren einstigen monumentalen Charakter sprach. Welchen Namen trug dieses antike riesige Castrum? Die historische Geographie kennt es nicht; doch geben die unscheinbaren beiden Worte auf dem einen Säulenstamme zu Aboba: + KACTPON BÖPAIZÖ erwünschten Aufschluss. Das + und ö verrathen zunächst den Ursprung der Inschrift, sie stammt aus byzantinischer Epoche; die zweite Zeile, dass hier damals noch jenes „Burdizu" stand, welches nach dem Zeugnisse der dort gefundenen, dem Kaiser Titus gewidmeten Votivtafel bereits zu Beginn unserer Aera existirte. Dieses Burdizu *) Denkschriften d. kais. Akad. d. Wissenscb. Hist. phil. Classe, XVII Bd., Wien, 1868. darf man aber nicht mit jenem anderen Burtudizo verwechseln, welches an der Strasse von Byzanz nach Adrianopel lag und von verschiedenen Itineraricn auch: Burdidizo, Bordidizo, Brundilizo, Sustidizo genannt wurde*). In der Anlage dieses Castrums Burdizu lernte ich neuerdings den eminenten Blick der römischen Strategen ftir militärisch günstige Positionen bewundern, denn gegen N. und S. wird die schmale Hochebene, auf der es erbaut wurde, durch die natürlichen Gräben des Pravadi und Jenipazar dere gedeckt. Das sehr starke Castrum hatte den grossen Heerweg, welcher von Amphalc (Jamboli) über den Karnabad - Balkan zum Istcr führte, gegen Angriffe von Osten her zu schirmen. Den Mittelpunkt dieser Strasse^ bildete Eskr Stambul, dessen römischer Feste ich S. 76 gedachte; ihr wichtiger Endpunkt war der Brückenübergang nach Dacien bei Transmarisca-Daphne (Tutrukan-Oltenica), mit Abzweigungen nach dem festen Durostorum (Silistria) und gegen Prista (Ruscuk). Nahe bei Burdizu wurde diese grosse Militärstrasse von einer anderen gekreuzt, welche nach der Peut. Tafel 130 Millien lang, von Odessus (Varna) über Marcianopolis (Devna), Provaton (Pravadi) und Nicopolis ad Haemum (Nikup) nach Oescus (Gigen), zur Iskermündung lief. Würde bei uns ein so umfangreiches, gut erhaltenes antikes Castrum, wie jenes zu Aboba aufgefunden, so möchte dies allgemeines Interesse erwecken und in Kürze eine Fluth von archäologisch - historischen Monographien hervorrufen. Die Zeit grösserer Theilnahme für die Stätten der Vorzeit liegt, Dank der türkischen Aera, aber für die Pontusländer noch fern, und wenn sie auch durch die Berliner Congressbeschlüsse glücklicherweise näherrückte, dürften immerhin noch Jahre lang Disteln und anderes Strauchwerk den Castrumboden von Burdizu Überwuchern, bis meine, die erste Kunde von ihm gebende fragmentarische Skizze durch Detailforschungen ihre wlinschenswerthe Ergänzung und Vertiefung erhalten wird; es müsste denn von russischer Seite geschehen. Mit der Auffindung des Römerwerkes zu Aboba hatte mir das bisher unwandelbar treue Glück zum letzten Mal gelächelt. Die erste Enttäuschung traf mich im nahen Kaukin Mislim, das nach einem anderen zu Jenipazar empfangenen Winke gleichfalls Alterthümer bergen sollte. Alles Umherfragen in dem 85 Häuser zählenden Türkendorfe blieb jedoch vergeblich und auch Ismail Nizam, an den ich empfohlen war, wusste oder wollte nichts von „alten Dingen" wissen. Missmuthig über die verlorene Zeit setzte ich meinen Marsch NO. durch einen tiefen Einschnitt zur Wasserscheide zwischen Pontus und Donau fort und betrat nun das Deli Ormangebiet, in dem christliche Orte zur Seltenheit gehören. Französische Reisende haben zuerst den „Deli Onnau", den Narrenwald, iu schlechten Ruf gebracht. Nach ihrer Schilderung war er von räuberischen und *) Parthey, Itin. Prov. Moesia-Thracia. p. J122 — 323. bändelsüchtigen Türken bewohnt, auch sonst wurde von seinem Besuche abge-rathen, was mich natürlich nicht abhalten konnte das Gegentheil zu thun. Denn wo war überhaupt in der Türkei, Dank der ausser Rand und Band geratenen Administration, absolute Sicherheit zu finden? Vielleicht in der thrakischen Ebene? In allen gebirgigen Provinzen, in Bosnien, in Albanien und namentlich auf den höheren Balkan-Passagen gewiss nicht. Allerdings fühlte auch ich bald, dass der Türke im Deli Orman selbstbewusster, als beispielsweise im Jantragebiete auftrat; dies erklärte sich aber leicht, denn hier lebte er in Massen und erhielt sich reiner im Blute. Man betrachte nur die scharfmarkirten Physiognomien meiner nach der Natur skizzirten Köpfe im Medjlis zu Turpöular, das bei Tschibuk und Kaffee die jährlich festzustellende Redifs- und Recrutenliste prüfte. Wo könnte man selbst in Kleinasien unverfälschteren türkischen Typus sehen? Doch wähne man nicht, dass der Moslim hier mehr als anderswo unter türkischem Regiment sich zufrieden fühlte. Er empfand und kannte dessen Sünden ebenso gut, wie der Christ. Auch im Deli Orman hörte ich sehr oft klagen, dass die harte Blutsteuer ausschliesslich den Moslim treffe, dass der Bulgare und Grieche nur Geld bezahle. Man war sich auch hier vollkommen klar, dass durch die Nichtzulassung der Rajah zum Militärdienste eine zweifache Schädigung dem Moslim erwachse, einmal an Menschenleben und dann auch volkswirtschaftlich, weil der Nizam- und Redifdienst alljährlich dem Landbau die kräftigsten Arme entzog, während der Christ durch seinen reichen ungeschmälerten Kindersegen zu immer höherem Wohlstande gelangen konnte. Ich fand die mit Recht gerühmte orientalische Gastfreundschaft im Deli Orman übrigens ebenso sehr "und ich möchte sogar sagen, mit grösserer Herzlichkeit geübt, als in früher durchzogenen moslimschen Districten. Wahr ist es, dass im Deli Orman, im „verrückten Walde", nicht nur Sing-, sondern auch Raubvögel nisten, die manchem Erdenwallen ein unverhofft vorzeitiges Ziel setzen. Ich äusserte bereits früher, dass ich, trotz Mr. St. Clair's verführerischer Schilderung des türkischen Balkan-Tschelebi, mich niemals nach der Ehre seiner persönlichen Bekanntschaft auf meinen Balkantouren sehnte. Wahrscheinlich wären jedoch meine Studien unvollständig geblieben, falls ich diese jedenfalls nicht sehr unterhaltende Seite türkischen Reiselebens nur aus Histörchen kennen gelernt hätte. Für sympathisch mir gestimmte Nerven will ich gleich hier voraussenden, dass meine Begegnung mit einem der gefürchteten „Herren vom Walde" in denkbar günstigster, ja geradezu akademischer Weise verlief. Gleich jenseits der Wasserscheide, als wir am Nordhange des Deli Onnaus gegen Muraldalar hinabstiegen, regte es sich plötzlich auf der rechten Seite in der waldigen Steilschlucht. Mein Zaptie hatte glücklich die verdächtige Stelle passirt, als ich aber an dieselbe kam, da verlegte mir ein mit flinkem Satze aus 1 7 Kunitz, Donau-Bulgarien und der Balkan. IH. dem Busch hervorsprengender Türke mit lautem „dur!" (halte!) den Weg und im selben Augenblicke sass auch sein silberblinkender Pistolenlauf unter meiner rechten Brust. — „Wohin reitet Ihr, Effendim? Gebt Euer Gut her und Ihr könnt weiter ziehen!" — Es ist ein kitzlich Ding in solchem Falle; der Räuber sass mir förmlich auf dem Leibe, eine Handbewegung nach dem Revolver und seine angesetzte Pistole hätte mir das Lebenslicht ausgeblasen. Ich war überdies, da mein Zaptie rasch verschwand, allein; mein Dragoman verlor aber, obschon wir seit lange auf ein derartiges Abenteuer vorbereitet waren, so sehr alle Geistesgegenwart, dass er anfänglich kaum sprechen konnte. Ich erwiederte also selbst auf die Frage des so sonderbar mich begrüssenden Buschritters, dass ich als „Ateseh-araba-inschenir" (Eisenbahn-Ingenieur) im Auftrage des Vali nach Silistria zöge; zur Bekräftigung wies ich ihm Instrumente und Ferman. Mit einem kräftigen „peki" (gut) setzte mein Angreifer seine Pistole ab; mein Dragoman gewann dadurch so viel Muth, ihm zu sagen: „Tschelebi, belästigt uns nicht weiter, mein Herr ist Basch-Inschenir des Padischah und es dürfte Euch schwerlich gut bekommen, wenn Ihr ihn in seiner Arbeit stören wolltet!" — Der „Herr vom Walde" warf eine für den Sultan geringschätzige Aeusserung hin, frug mich jedoch höflicher, welche Richtung der „demir jol" (Eisenweg) einschlagen werde. Ich nannte eine beliebige Trace, worauf der athletische Mann sein Pferd mit einem Drucke auf die andere Seite warf und mit dem Grusse „jol hair ol sun!" im dichten Eichenwalde verschwunden war. Der wegelagernde, in feuriges Carmoisintuch gekleidete Gentleman war eine herrliche Reitergestalt mit ungemein prächtig geschnittenem Kopfe, dessen Züge mir unter anderen Verhältnissen mehr Vertrauen eingeflösst hätten, als jene vieler, zu grösserer Sicherheit mir mitgegebener Zaptie's. Es mochte der echte Typus des seltenen vornehmen „Balkan-Tschelebi" gewesen sein, wie ihn St. Clair zeichnete, ein Mann nicht ohne chevaleresken Sinn, der aber seine Pistole kaltblütig abgedrückt hätte, falls ich Miene gemacht mich zu wehren. „Wenn er Dich anhält und Du führst Waffen," sagt St. Clair, „so erschiesse ihn, wenn Du kannst; schiessest Du fehl — um so schlimmer für Dich." In keinem Falle rechne auf Dein türkisches Geleit — darf ich ergänzend hinzufügen. Mein Zaptie suarieh, Mustafa Caus ben Osman, wusste wohl, durch den lauten Wortwechsel aufmerksam gemacht, um was es sich handelte, erwartete aber ruhig am Defileausgange, ob ich wieder kommen würde. Natürlich begrüsste ich ihn mit Vorwürfen über sein feiges Benehmen, er antwortete aber, dass er sich ferne hielt, um nicht „mein" Leben in Gefahr zu bringen. Als sich mein Blut abgekühlt, fand ich ruhiger Uberlegend, dass der Öaus so, wie er that, vielleicht am richtigsten sich benommen hatte, und unterliess es Über ihn Klage zu führen. Der Muhtar im nahen Türkendorfe Muraldalar versicherte, dass ich es mit Ali „Pilovan", dem berühmten „Fechter" zu thun gehabt, welcher seit Wochen diese Passage des Deli Ormans unsicher machte, ohne dass Jemand sich an ihn wagte. Nun fand ich wohl, dass Mudir Nesib zu Jenipazar doch nicht aus übertriebener Sorglichkeit mich zur Vergrösserung meines Geleites bewegen wollte; doch wer weiss, ob mich selbst dies vor dem Angriffe des kühnen Buschritters geschützt hätte. Während ich im Mussafirlik des Ortes die erlebte Scene niederschrieb, erzählte mir der Muhtar, die Türken dieser Nahia seien als die gewandtesten Fechter in des Sultans Landen gekannt und genössen so hohen Ruf, dass des Padischah's Leibgarde grossentheils im Deli Orman recrutirt werde; aus seinem nur 80 Häuser zählenden Dorfe befanden sich allein vier junge Leute im Sultanserai zu Stambul. Vom 491 M. hoch liegenden Muraldalar blickte ich gegen N. hinaus auf ein stark gewelltes, allmälig sich abdachendes Land, das stellenweise ungemein fruchtbar, doch nur an wenigen Punkten seine monotone Physiognomie abstreifte. Dem Nordhange des Deli Ormans entquellen wohl allerorts zahlreiche Wasseradern, welche einst durch schmale und breitere Rinnsale zur Donau flössen; gegenwärtig erlahmt aber oft schon auf halbem Wege ihre Kraft und sie versickern in dem mit Löss bedeckten Kalkboden. Die östlicheren Bachbette liegen nahezu gänzlich trocken, die westlicheren verlieren im unteren Laufe immer mehr Wasser, und vielleicht schon im nächsten Jahrhunderte dürfte der Dobruca-Steppen Charakter unmittelbar bei Razgrad und Rusöuk beginnen. Auch der NW. von Muraldalar abfliessende Küöük Ahmed dere, den ich bei Karagözler in prächtiger Waldschlucht kreuzte, versickert gleich unterhalb des nahen Kilikade Kairak Mahle im Löss und ebenso ein anderer W. ziehender Bach hei Peceli. In Bestepe, im Fünfhtigeldorfe, das schon 119 M. tiefer als Muraldalar liegt, traf ich, obschon es noch weit vom Abend war, den jüngeren Nachwuchs unter lautem Lärm die langen Hebelstangen der tiefen Brunnen in Bewegung setzen, denn im nahen Bachbett floss bereits seit Monaten kein Wasser. Das Tränken der grossen Herden beansprucht sehr viel Zeit, man beginnt • deshalb zeitlich, da für den rechtschaffenen Moslim nach Sonnenuntergang jede Arbeit aufhört. Die liebenswürdige Gastfreundschaft, welche ich in dem 75 Häuser zählenden Türkendorfe genoss, war alles Lobes werth. Des Hauses Nachbarinnen eilten, trotz ihres verhüllenden blauen Feredzi verstohlene Blicke nach dem Fremden werfend, herbei und theilten sich mit des Gastherrn Kadunen in die Sorge für meine Bewirthung, die jedoch beim besten Willen ärmlich genug blieb. Die Honoratioren der Dörfer, welche wir am nächsten Tage durchzogen, überboten sich gleichfalls in wohlwollender Aufnahme des fremdländischen Reisenden, als hätten sich Alle verabredet, das von einem Moslim in ihrer Landschaft an ihm verübte Attentat quitt zu machen. Mein Jenipazarer Zaptieheld hatte wahrscheinlich allerorts das mir passirte Abenteuer mit phantastischer Aussehmük-kung zu erzählen sich beeilt; auch kam der am 16. Augusttag fallende moslimsche Dzuma (Sonntag) seiner Schwatzsucht zu Statten, welcher in den Mussafirliks die verschiedenen Ortsmedjlis schmauchend und Kaffee trinkend, zur Berathung von Gemeindesachen versammelt. Im grossen Turpöular, dessen 96 Häuser 9 getrennte Mahle mit besonderen Namen bilden, bemühte man sich bereitwilligst, mir eingehendste Aufschlüsse über deren Lage zu geben. Gleich freundlicher Empfang wurde mir zu Omurfaki, dessen Medjlis sich die Ehre nicht nehmen Hess, mich mit einem Imbiss, mit Käse, Melonen u. s. w. zu bewirthen; noch mehr, die ehrenwerthen Ortsräthe Hadzi Mussa Mehmed, Mahmud, Kara Mehmed und andere Effendi gestatteten, dass ich ihre echt türkischen Charakterköpfe „abschreibe", obschon ein rechtgläubiger Moslim dem stets widerstrebt. Ich gebe sie hier wieder, die gebogenen, scharf geschnittenen Nasen, die dunklen, unter gewölbten Brauen hervorstechenden Augen, welche hohe Energie und das unter dem Scheine äusserer Ruhe lodernde Feuer verrathen. Mussafirlik und Friedhof des 75 Häuser zählenden Ortes grenzen hart aneinander und Uber den Pfahlzaun blickend, wurde ich Zeuge, wie man eben eine „Kis" bestattete. Die traurige Ceremonie war die denkbar einfachste und dauerte nur wenige Minuten. Das Grabgeleite aus 10 Männern stellte sich in eine Reihe mit nach Osten gewandten Gesichtern, und während sie laut ein Gebet unter den üblichen Kopf- und Körperneigungen sprachen, wanderte die in weisses Linnen gehüllte unberührte Mädchenknospe ohne Sarg von der roh gezimmerten Bahre in die kühle Erde. Damit war alles vorüber! Von Omurfaki ritten wir über Koömar nach Üö Bairampunar durch ein in schöne Culturen umgewandeltes Bachbett, in dem einst das vom Suleiman- und Dedebunar dere gebildete Kujudzuk su zur Donau floss. Nun verschwindet es unterhalb des gleichnamigen Dorfes im Boden und trockenen Fusses zogen wir nach Redzep Mahle, das nur aus 12 Häusern besteht. Auch hier hatte trotz meines ernsten Verbotes der schwatzsüchtige Zaptieöaus unser Erlebniss mit Ali Pilovan erzählt. Der Wirth des Mussafirliks war betrübt, dass gerade in seiner Landschaft der böse Vorfall sich ereignet, und nicht zur Annahme eines Baksis für die geleistete Bewirthung zu bewegen; kaum gestattete er, dass ich seinem hübschen Töehterchen eine silberne Nadel in die das muntere Gesiebt umrahmenden blondseidigen Haarzöpfe steckte. Durch Eichengestrüpp ging es nun über das stark undulirte Terrain zwischen Mrzik und Cair Mahle zum nächtlichen Ziele Sarnebe; es zählt nur 20 türkische kleine Gehöfte, deren bestes mich sehr gastfreundlich aufnahm. Die Ortschaften, durch welche ich an diesem Tage zog, wurden wenige Jahre später der Schauplatz eines bösartigen Guerillakrieges, welcher für ihre Bevölke- TÜRKISCHES MEDJLIS IM DELI-ORMAN. rung zur wahren Geissei sich gestaltete, denn zu den schwierigsten Aufgaben für die Regierung Fürst Alexanders von Bulgarien zählt die Versöhnung der Moslims mit der durch den letzten Krieg dort geschaffenen Lage. Schon im J. 1876 äusserte ich zu Wien gegen die abgesendeten Volksdeputirten Cankov und Balabanov, als ihnen die auf meiner ethnographischen Karte in Ost - Bulgarien hervortretende compacte moslimsche Masse auffiel, wie schwer es einst werden dürfte, dieselbe mit einem christlichen Regiment aufrichtig zu befreunden. Leider hatte ich richtig vorausgesehen! Der früher nur von einzelnen Flibustiern unsicher gemachte türkische Deli Orman und Tozluk bereiten durch das neuestens in diesen waldigen Gebieten mächtig um sich greifende Bandenthum dem bulgarischen Gouvernement schwere Sorgen. Die vielen moslimschen Bauern, welche von dort vor den heranziehenden Russen Anfang 1878 nach Varna oder Constantinopel flüchteten, sind wohl nach dem ihre Repatriirung sichernden Berliner Frieden zurückgekehrt und durch gemischte bulgarisch-türkische Commissionen in ihre verlassenen Sitze eingesetzt worden, doch konnten sie sich mit dem bulgarischen Regiment bisher nicht befreunden. Noch weniger gefiel aber die neue Ordnung der Dinge den Tausenden ehemaliger Nizams und Redifs, welche mit Suleyman Pasa über den Balkan gezogen und später mit kaum vernarbten Wunden und stolzen Erinnerungen an manche dem „Moskov" gelieferte glückliche Gefechte heimgekehrt, sich schwer in die Rolle arbeitsamer Ackerbauer und friedlicher Unterthanen des „ungläubigen Fürsten Alexander" fügen wollten. Sein erstes Ministerium war tolerant oder klug genug, nicht sofort die vom Gesetze vorgeschriebene Erfüllung der allgemeinen Heerpflicht von den moslimschen Staatsbürgern zu verlangen (S. 211); doch schon gegen die einfache Unterordnung unter Gerichte, Steuerämter u. s. w., in welchen Männer ihrer ehemaligen Rajah präsidirten, bäumte sich das durch lange Jahrhunderte gross gezogene Hochgefühl der an das, Alleinherrschen gewöhnten türkischen Race. Der wenig von den Welthändeln verstehende, in seinen tiefen Thaleinschnitten abgesperrt lebende Moslim betrachtet das „Giaur-Fürsten-Regiment" als eine über ihn verhängte vorübergehende Prüfung, der man so weit es immer geht, widerstreben darf. Aus diesem Grunde und vielen verwandten Ursachen, ähnlich wie das mit dem Aufhören türkischen Druckes nunmehr in West - Bulgarien nahezu erloschene christliche Haidukenthum, entwickelt sich leider in den beinahe ausschliesslich moslimschen Landschaften zwischen Osmanpazar, Sumla, Silistria bis zur rumänischen Dobruca und dem Balkan, ein täglich grössere Dimensionen annehmendes, türkisches Bandenwesen, das dem gemeinen Brigantenthum grossen-theils fern steht. Gerade dieser sein nicht zu verkennender religiös-politischer Charakter zwingt jedoch die bulgarische Regierung, es mit allen Mitteln zu unter- 262 AUF DOBRUC'ahoUF.N DBBBR pazardzik, drücken, bevor die von Constantinopel genährte und Uber Ost-Rumclicn bis zum Rhodope viel verzweigte Bewegung die schwer zu bewältigende Gefahr eines allgemeinen Aufstandes der im östlichen Fürstentum lebenden Moslims annimmt. Zu Sofia trat man dem drohenden Guerillakriege gleich von Beginn an mit dem entsprechenden Ernste entgegen. Schon im Sommer 1879 wurde in den ostbulgarischen Districten der Belagerungszustand proclamirt und die Gensdarmeric durch reguläre Truppen verstärkt, welche in kleine Detachcments getheilt, die Feinde der öffentlichen Ordnung in ihren Verstecken aufsuchten. Namentlich zeichnete sich damals die 10. Vidiner Druzina durch die eifrige Verfolgung der „Herren vom Walde" in Osmanpazar's Umgebung aus, so dass der Kriegsminister sich veranlasst sah, des Eifers ihrer Officiere Barbovski und Öerkovski in einem Tagsbefehle höchst ehrenvoll zu gedenkem Trotz dieser militärischen Cooperation wuchert das Bandenwesen fort, denn die „Balkan £elebi" erfreuen sich der Sympathien ihrer türkischen Religionsgenossen, welche ihnen sichere Verstecke bieten, sie mit Nahrungsmitteln unterstützen, deren Verfolger von der richtigen Fährte abzuleiten suchen, obschon die „Religionskämpfer" auch moslimsche Leute manchmal berauben oder tödten, deren patriotische Gesinnungen als zweifelhaft denuncirt werden. Ein in seinen Details grauenhafter Mord, welcher am 10. Febr. nächtlicherweile in dem Pazardzik benachbarten Dorfe Fundukli an den vier Bulgaren: Tanas Veliko, Dedo Tanas, Rum Gjorgji und Stojan Teodorov verübt wurde, veranlasste die Regierung schärfere Maassnahmen zu ergreifen. In einem vom 28. Februar 1880 datirten, an die Districtschefs von Ruscuk, Tirnovo und Varna gerichteten Circulair beklagt der Minister des Innern T. Iko-nomov zunächst die thätige und indirecte Unterstützung, welche die moslimsche Bevölkerung dem Banditenthum leiht, das nicht allein die Post und Reisende, sondern auch friedliche Dorfinsassen beraubt und tödtet Der Minister führt verschiedene Fälle an, wo auf Räubersuche ausgesendete Militärpiquets in türkischen Dörfern von der richtigen Spur abgelenkt wurden, beispielsweise in Dolni Mas-tanlar, wo man die Mörder der Dobrucularer Moslims Hussein Ali und Ali Redzep durch rasch in die Mauern dreier Häuser eröffnete Breschen entfliehen Hess, oder zu Sandukci (S. 136), wo man den Polizeiorganen versicherte, die Räuber hätten es bereits verlassen, während diese aus sicherem Verstecke Hörer der bezüglichen Discussion waren. Diese und unzählbare andere ähnliche Vorkommnisse, äussert Herr Ikonomov, zwingen die Regierung zur Verschärfung der angewendeten Mittel um dem Banditenthum ein Ende zu machen. Der bezügliche Ukas befiehlt den Districts-Gouverneuren ihre Kreischefs anzuweisen: sofort genaueste Verzeichnisse sämmtlicher Bewohner der. türkischen Orte anzufertigen — bei abwesenden nach der Ursache ihres Fernseins zu forschen — des Banditenthums verdächtige oder kein bestimmtes Domicil nachwei- sende Türken besonders zu verzeichnen, an einem Orte zu interniren, um über Varna nach der Türkei gesendet zu werden — die Einwohner zu verpflichten, über die ihre Orte passirenden Fremden streng zu wachen, die Verdacht erweckenden den Behörden zu überliefern; falls sie zu zahlreich, rasch den Beistand des nächsten Gensdarmerie- oder Militärpostens anzurufen; jedenfalls aber den Beamten richtige Auskunft zu geben und active Hilfe zur Ergreifung der Räuber zu leisten — sollten diese unangezeigt bleiben, versteckt werden oder Lebensmittel erhalten, dann habe jedes Haus des bezüglichen Dorfes im ersten Falle 10 — 25, im zweiten 25—50, im dritten 50 — 100 Francs zu bezahlen, das vierte Mal seien jedoch Kmet und Staresini (Orts-Vorstand und -Aelteste) vor das Militärgericht zu bringen und als Genossen der Räuber abzuurtheilen; die Häuser aber, in welchen diese übernachteten, sind zu demoliren — den Abwesenden ist nach Publication des Ukases noch ein Monat zur straffreien Rückkehr und Aufnahme ihrer friedlichen Beschäftigungen zu gestatten — diese Bestimmungen in Placaten an Moscheethoren und vielbesuchten Orten der moslimschen Bevölkerung bekannt zu geben — die christlichen Bewohner der drei in Belagerungszustand erklärten Districte sind zu verständigen, dass man sie bei der geringsten Ungerechtigkeit gegen ihre moslimschen Mitbürger ohne Mitleid vor die Kriegsgerichte stellen werde — für die strenge aber gerechte Ausführung aller Punkte, sowie für ihre missbräuchliche Anwendung werden die Districtschefs verantwortlich gemacht — ihnen bleibt auch die Aufstellung der Militär - Auxiliar-posten, die Sicherung ihrer Verpflegung u. s. w. überlassen. Trotz dieser ausserordentlichen Verschärfung des Ausnahmszustandes drohte schon im folgenden Monat das Bandenwesen namentlich im Tozluk und Deli Orman den Charakter einer Insurrection anzunehmen. Am 11. März erschien der Kmet Mustafa von Redzep Mahle spät Abends beim benachbarten Piquet-Com-mandanten Velickoff und benachrichtigte ihn, dass in seinem Dorfe mit Hinterladern, Revolvern und Säbeln bewaffnete Banden angekommen seien. Der Sotnia-Chef brach sofort mit 70 Reitern auf und umzingelte um 1 Ubr Nachts zwei ihm bezeichnete Gehöfte, in welchen Coban Hassan, Mussa und Deli Hassan mit ihren Leuten sich einquartiert hatten. Des Commandanten laute Aufforderung zu sagen, weshalb sie in das Dorf gekommen, beantworteten sie mit Hohn und Schimpfworten; auf seine Drohung, dass er Feuer an die Häuser legen lasse, falls sie sich nicht ergäben, schössen sie aber aus den Fenstern, öffneten hierauf die Thore und attaquirten das Militär. Es entspann sich ein heftiges Gewehrfeuer, in dem Mussa und Deli mit 11 Genossen fielen. Die Briganten erhielten des Nachts starke Zuzüge und verschanzten sich bei Tagesanbruch auf den nahen Höhen, von welchen sie die bulgarische Cavallerie fortwährend beschossen. Ein von dieser ausgeführtes Umgehungsmanöver zwang um 4 Uhr Nachmittag die Banden sich zu zerstreuen. Commandant Velickoff fand bei dem gefallenen Deli Hassan ein türkisches Schreiben, in dem er durch Knieten verschiedener Orte aufgefordert wird, den Befehl über 500 kampfbereit stehende „Glaubensstreiter" zu übernehmen, dann eine Liste von nahezu 50 mit Namen aufgeführten Leuten aus 23 bulgarischen und ostrumelischen Dörfern, welche sich ihm direct anschliesscn wollten. Auch die bald in Sofia aus allen östlichen Kreisstädten einlaufenden Telegramme über kühne Brigantenthaten bewiesen, dass man es mit einer stark verzweigten moslimschen Conspiration zu thun hatte. Am 12. März telegraphirte der Rusöuker Gouverneur Teodorov, dass 26 Türken das Dorf Köseabdi überfallen, viele Häuser beraubt und eine Frau getödtet hatten. Am 13. berichtete der Tirnovoer Gouverneur Tisev, dass zu Papaslar im Osmanpazarer Kreise die in vier Häusern versteckten Brigantcn 6 berittene Gensdarmen angegriffen hätten, wobei zwei Räuber verwundet und gefangen wurden, viele jedoch entkamen, die 4 Ge-höfteigenthümer wolle er nach dem Kriegsrecht behandeln lassen; am 14. meldet er ein Scharmützel zu Ailaklari im Elenaer Bezirke, in dem 4 Räuber fielen, 3 Gensdarmen blessirt wurden. Am 20. telegraphirte der Präfcct von Silistria, dass in den rumänischen Grenzorten: Kalaidza, Garvan, Kadiköi, Kozludza und Teke-dere türkische Banden sich anschickten in seinen Kreis einzufallen, und am 22., dass sie die Grenze passirt, im Dorfe Oluklu einen Militärposten angegriffen, einen Soldaten blessirt hätten, worauf Oberst Kurtianoff eine Compagnie Infanterie mit einer Sotnie Cavallerie an die Grenze sandte. Am 20. berichtete der Varnaer Gouverneur Stojanov dem Minister des Innern über kühne Thaten, durch welche zwei Banden den Pravadi-Kreis und die angrenzenden Bezirke unsicher machten; ferner ein Telegramm des Varnaer Präfecten Ikonomov, dass es gelungen, mehrere Briganten dingfest zu machen. Am 23. telegraphirte Gouverneur Stojanov, dass die Douane von Öifut Kujusu an der Dobruöa-Grenze die Landung von 20 tscherkessischen Briganten bei Küstendze gemeldet, ferner dass er die Liste einer grossen Menge von in der Dobruca weilenden Aufständischen in Händen habe und viele neue Details über die verbrecherischen Anschläge in manchen türkischen Kreisen gegen die neue Ordnung der Dinge im Ftirstenthum erhielt, welche er mittelst Post senden will. In Wahrheit tauchte Ende März unfern Silistria, bei Arabadzi und Karaagac eine 40 Mann starke Bande auf, zu deren Bewältigung eine Compagnie Soldaten und 50 Gensdarmen aufgeboten werden mussten. Nach Gouverneur Stojanov's letztem Telegramm vom 2. April fielen in hartem Kampfe 8 Briganten und 4 Soldaten, die Zahl der Verwundeten war viel grösser. Der Rest der sich tapfer wehrenden Haiduken entkam nach der Dobruca. Aus diesen authentischen, seit dem März noch stark vermehrten Daten ersieht man, dass die vom bulgarischen Gouvernement ergriffenen strengen Maassregeln zur Ausrottung des gefährlichen Bandenthums wohl gerechtfertigt erscheinen. Mit der geplanten verstärkten Besetzung der Dobrucagrenze und militärischen Durchstreifung der reintürkischen Districte allein dürfte es aber nicht gethan sein. Nur ein unparteiisches, dem Moslim volle Zuversicht auf den Schutz seines Rechtes verbürgendes Regiment kann und wird ihn vielleicht überzeugen, dass er, obgleich nicht mehr herrschend, doch vollkommen gleichberechtigt mit den anderen Con-fessionen im Lande, durch den Wechsel der Dinge im Grunde doch nicht allzuviel verloren habe! Dass sich viele Türken bereits mit demselben befreundeten, bezeugen zahlreiche Ergebenheits-Adressen, welche aus moslimschen Gemeinden hei verschiedenen Anlässen an Fürst Alexander gelangten. Bei Redzep Mahle, dessen türkischer Kmet, wie ich oben erzählte, ehrlich seiner Pflicht nachkam, erreichten wir wieder die grosse Strasse nach Silistria. Das Dorf liegt in 257 M. Seehöhe; Sarnebe, das wir am Frühmorgen verliessen, in 221 Meter. Wir waren demnach vom Fusse des Deli Ormans an jedem der beiden Reisetage durchschnittlich 100 M. herabgestiegen. Von Sarnebe läuft die Chaussee, eine gute Strecke N. haltend, parallel mit dem östlich niessenden Kai-nardzi dere, der oberhalb Teke deresi versickert. Die Landschaft, welche ich zuletzt durchzog, litt furchtbar durch mehrwöchentliche Trockenheit; der Regen, den ihre Bewohner vergebens ersehnten, war um so reichlicher von Sarnebe bis zur Donau gefallen und so tief in den Boden gedrungen, dass unsere Pferde nur mühsam auf der grundlosen unbeschotterten Strasse vorwärts kamen. Während die Augustsonne wahre Glühhitze herabsandte, zogen wir durch eine vom Boden aufsteigende dichte Nebelschichte und athmeten ausgesprochene, mit übel riechenden Miasmen geschwängerte Fieberluft. Die Folgen Hessen nicht lange auf sich warten. Schon während des Mittagshalts im ärmlichen Türkendorfe Öelebiköi, dessen 15 Häuser 140 M. hoch liegen, fühlte ich mich unwohl, eine Stunde später klagten auch mein sonst frischer Dragoman und selbst der wettergebräunte Zaptie-öaus über heftigen Kopfschmerz. Das Essen wollte nicht schmecken und voller Unlust nahmen wir unseren Ritt wieder auf. Westlich von der Strasse liegt Küöük Kainardzi, berühmt durch den, durch die Schlacht von Kozludza (S. 245) und die darauf erfolgte Einschliessung des Grossveziers bei Sumla, herbeigeführten Frieden vom 21. Juli 1774, zwischen der grossen Katharina und Sultan Abdul Hamid, welcher als Krönung glänzender Siege und consequenter Politik bereits vor hundert Jahren Russlands Einfluss auf die Geschicke des Türkenreiches für alte Zukunft besiegelte. Ich hatte einen Ausflug nach dem historisch interessanten Dorfe projectirt, allein gleich uns waren die fortwährend mit dem durchweichten Boden kämpfenden Pferde zu ermattet, und vorUber an dem aus einer Waldoase herabblickenden Karaorman richtete ich meine Route auf die höhlenreiche Kalkschlucht, durch deren pittoreskes Felsthor ein Wässerchen dem Galieasee zufliesst. Von dort ging es direct N. über die mit Maisfeldern bedeckte Terrasse nach Almali. Eben wanderten seine reichen Herden unter Schalmaienklang von allen Hängen ins grosse Dorf, dessen 240 Bulgarengehöfte allein so viele Seelen bargen, als nahezu sämmtlichc moslimsche Orte, durch welche ich an diesem Tage kam. Nach drei vollen Tagen betrat ich wieder das erste christliche Haus und genoss den freudigen Anblick unvcrschleierten Familienlebens, in dessen totaler Verschiedenheit bei Moslim und Christ der Ethnolog unschwer die Ursache der grossen Kluft findet, welche beide auseinander hält. Da versteckten sich weder Frauen noch Töchter; Mütter wehrten es auch ihren kleinen Schreihälsen nicht, in Gegenwart des Fremden die stillende Brust zu nehmen. Im ganzen Dorfe Bulgarischer Backofen zu Almali. und auch im Hause unseres Corbasi wurde gefegt und gescheuert; auch am Backofen von nahezu ober - österreichischer Form ging es geschäftig her, denn am folgenden Tage feierte man nicht allein Sonntag, sondern auch das Fest der Verklärung Christi, welches bei der ganzen orthodoxen Christenheit in grossem Ansehen steht. Schon am Frühmorgen erschien* die rührige domacica (Hausfrau), begleitet von den Frauen ihrer Söhne und deren reichem Kindersegen, um den am Vorabend gebackenen Festtagskuchen mir zum Anschnitte zu bringen. Gerne willfahrte ich; so einladend er aber aussah, mochte ich ihn doch nicht versuchen, denn mein Unwohlsein hatte sich trotz genommener Palliativmittel des Nachts derartig verschlimmert, dass ich appetitlos war; unstillbarer Durst, Frösteln und allgemeines Unbehagen quälten mich. Glücklicherweise waren wir nur mehr 1 St. von Silistria und ärztlicher Hilfe entfernt. Rasch las ich meine Instrumente ab, welche für Almali 95 M. Seehöhe ergaben, verabschiedete mich mit einigen Geschenken von den jüngeren Mitgliedern des Hauses, dankte den älteren und war in der achten Morgenstunde auf dem Wege nach der ersehnten Festungsstadt. Ein leichter Luftzug gestaltete den Ritt über die hohe Terrasse, vereint mit prächtigen Ausblicken auf das jenseitige Donauufer, ungemein erfrischend. Rasch war die kurze Strecke zurückgelegt und die horizontalen Linien der ersten Werke des berühmten Türkenbollwerks erschienen auf den linksseitigen Höhen. Silistria bildete stets eine Barrikade gegen russische Angriffe auf das östliche Bulgarien. Bereits im Mittelalter sah es als „Drster" die Russen, dann Byzantiner, Bulgaren und Magyaren vor seinen Mauern. Noch früher, als „Duro-storum", war es eine der wichtigsten Isterstädte der römischen Provinz Moesia inferior. Ihr Hauptwerk lag höchst wahrscheinlich auf der Stelle des mittelalterlichen Schlosses, das nach handschriftlichen Plänen vom J. 1774*) einen polygonalen Grundriss besass, am heutigen Donauthor. Nach Ptolemäus stand hier das Hauptlager der Legio I. Italica, nach dem Itin. Ant. und der Not. Imp. später das Stabsquartier der Leg. XI. Claudia und nach Jornandes wurde der tapfere General Aetius dort geboren. Die Byzantiner nannten die wichtige Grenzfestung „Durostolus"; dieser Name verwandelte sich in Dristra, sodann in das bulgarische Drster und türkische Silistria. Vor nahezu tausend Jahren suchte Car Simeon Schutz hinter Drster's Wällen, als 893 die erste Fluth des aus den Wolgasteppen und vom Don vorbrechenden Magyarenvolkes sein Bulgarien streifte. Als später Byzanz' tatkräftiger Kaiser Nikephorus, zur Abwehr der ungestümen Angriffe von Magyaren und Bulgaren den russischen Svjatoslav zu Hilfe rief, landete dieser bei den Donaumündungen und erstürmte 967 Drster, gleich anderen bulgarischen Städten. Der Warjägerfürst kam zwei Jahre später zum zweitenmal nach Bulgarien, diesmal aber um es für sich selbst zu erobern, was ihm auch gelang; doch zog Tzimisches (971) gegen den gefährlichen Nachbar und belagerte nach gewonnener Feldschlacht die Russen im festen Drster. Nach dreimonatlicher heldenmüthiger Vertheidigung, an der sich selbst ihre Frauen betheiligten, fiel es. Der Überwundene Svjatoslav erhielt von seinem grossmüthigen Gegner Schiffe zum freien Abzüge; Bulgarien wurde aber nun eine griechische Provinz. Während der Religionszwiste verbanden sich die dem Bogumilenthum ergebenen bulgarischen Häuptlinge von Drster und seiner Umgebung mit den gegen Byzanz vordringenden Rumänen (1086), ohne jedoch dauernde Erfolge zu erringen. Die Byzantinerherrschaft währte fort und Drster war noch im XVII. Jahrhunderte die Residenz eines fanariotischen Metropoliten, dem fünf Bischöfe unterstanden. *) Kais. Familien-Fideicommiss-Bibliothek in Wien. Dem grossen Hauptschlagc, welchen die Türken gegen das nochmals unabhängig gewordene Bulgarcnrcich führten, ging seine vorübergehende Besetzung durch Walachen und Magyaren voraus. Mirca, der Walachenfürst, erwarb die Dobruca und nannte sich in verschiedenen Urkunden (1390— MOö) „Herr der beiden Ufer des ganzen Donaulandes bis an das Grosse Meer und Beherrscher der Stadt Drster"*); ob mit Becht, wurde bisher historisch nicht genügend nachgewiesen. Sultan Murad unterwarf nämlich bereits 1388 Bulgarien und erstürmte noch im selben Jahre Drster; es wäre jedoch möglich, dass Bajazid nach seinem entscheidenden Siege bei Nikopoli (1393) die Dobruca und Drster dem Walachenfürsten als Vasallen übcrliess. Diese historischen Verhältnisse aufzuhellen, bleibt Sache weiterer Forschungen; sicher wurde Silistria aber nicht „ohne Kampf und bereits 1366 von Sultan Murad erobert", wie der türkische Geograph Hadzi Chalfa behauptete**). Auch unter der Halbmondherrschaft bewahrte Silistria seine mili-tärisch-commerciale Bedeutung. Die Ragusancr hielten dort weiter ihre von Alters her bestehende, sehr bedeutende Colonie und Hadzi Chalfa schildert es im XVII. Jahrhundert als die hervorragendste aller Donaustädte. Als solche wurde sie Sitz des Sandschaks Silistria, welcher bis Akkerman reichte und selbst südlich vom Balkan liegende Gebiete einschloss. „Der Beglerbeg der herumliegenden Sandschaks", äusserte Chalfa, „hat hier seinen Sitz und vertheidiget die islamitischen Grenzen." Somit residirte zu Silistria der oberste Befehlshaber des ge-sammten türkischen östlichen Donaulandes. Trotz seiner grossen Wichtigkeit besass Silistria aber auch im XVII. Jahrh. keinen grösseren Umfang als heute; denn nach Chalfa hatte es nur „ein kleines Schloss, 5 Moscheen, 2 Bäder und viele Gärten"; doch schützte die Stadt schon 1773, als sie von den Russen zum erstenmal angegriffen wurde, ausser dem Schlosse eine bastionirte Umwallung, wie dies aus zwei handschriftlichen Plänen hervorgeht (S. 267), von vorgeschobenen Werken waren aber nur einige passagere Schanzen vorhanden. Die damaligen Ereignisse bei Silistria und dem nahen Kainardzi bildeten einen wichtigen Abschnitt in den wiederholt erwähnten Kämpfen zwischen Russland und der Pforte im vorigen Jahrhundert, welche ich hier kurz skizziren will. Aufgestachelt durch die unglücklich kämpfenden Conföderirten während des russisch-polnischen Krieges und erbittert durch die Verwüstung türkischen Gebiets bei Balta durch saporogische Kosaken, Hess sich die schlecht' gerüstete Pforte zur Kriegserklärung an Russland (13. Oct. 1768) verleiten. Trotz mancher Erfolge und tapferer Thaten stritten die Türken sehr unglücklich. An die Stelle des zögernden Mehemed Emir trat 1769 der ungestüme Grossvezier Moldovani Pasa; ihm folgte 1770 Halil Pasa, ohne besseres Glück. Nahezu die ganze Moldau, Walachei, *) Jirecek, Gesch. d. Bulg. S. 346. **) Rumeli und Bosna, S. 24. Bessarabien und ein Theil der Krim fielen in russische Hände. Wohl gelang es den Türken die sich erhebenden Griechen im Zaum zu halten; allein am 7. Juli vernichtete die kühne russische Flotte jene des Gegners und seiner Vasallen Tunis, Tripolis und Algier in der Öesme-Bucht. Constantinopel zitterte vor dem es blockireuden Moskov. 1771 eroberte Dolgoruki die Krim gänzlich. Oesterreich und Preussen, welche für die Türkei einzutreten drohten, wurden von Russland durch die Theilung Polens beschwichtigt (1772), und da die in jenem Jahre, während des fortdauernden Krieges versuchten Congresse zu Foksani und Bukarest (Aug. und Oct.) resultatlos blieben, eröffnete Russland 1773 erneuert den Kampf gegen die bereits sehr geschwächte isolirte Pforte. Musson Zade Mehemed Vezier suchte vergebens dem Feldmarschall Romaneoff den Donauübergang zu wehren. Nachdem General Weissmann die Türken am 7. Juni bei Karasu geschlagen, marschirte das russische Heer auf Silistria, in dem der Serasker Osman Pasa befehligte. Der erste Angriff am 30. Juni wurde von den auf den südlichen Höhen stehenden Türken energisch abgeschlagen. Die Russen verloren 800 Todte, über 1000 Verwundete, 1 grosses Belagerungsgeschütz, und gingen auf Kainardzi zurück. Dort nahm der Marschall auf die Nachricht, dass ein bedeutendes von Osten heranziehendes Corps ihm die Verbindung mit der Donau abzuschneiden drohe, eine vortheilhafte Stellung; er selbst commandirte im Centrum, General Weissmann den linken, G. Stupisin den rechten Flügel. Am 4. Juli griffen die aus Silistria hervorbrechenden Türken den Marschall unvermuthet an. Die Schlacht gestaltete sich anfänglich für die Russen höchst ungünstig, sie wurden geworfen; ihre aus einem tiefen Einschnitte vorgesendete Cavallerie führte jedoch eine sehr geschickte Flankenbewegung aus, trennte die Angreifer von den sie deckenden Höhen und brachte sie in solche Deroute, dass sie mit Zurücklassung von 25 Kanonen flohen. Auch die Russen beklagten grosse Verluste, darunter den getödteten ausgezeichneten General Weissmann. Silistria selbst wurde aber weder in jenein Feldzuge noch im folgenden Jahre genommen. Gegen Ende des XVIII. Jahrhunderts nahte sich Silistria wieder ein feindlicher Angriff, er kam jedoch nicht von christlicher Seite; es musste sich gegen jene türkischen Krdzalien wehren, welche das Reich zerrütteten. Ernstlichere Feinde nahten 1810. Ein russisches Corps unter Graf Kamenski nahm es mittelst Capitulation; Napoleons Rüstungen zwangen jedoch den Car, es gleichzeitig mit den Donauländern zu räumen, deren Festungen gleich Silistria's Werken vor dem Abzüge geschleift wurden. Als die Russen 1828 abermals über die Donau setzten, trafen sie Silistria's durch fremde Ingenieure hergestellte Befestigungen bis auf die detachirten Forts in ihrer heutigen Gestalt. Die an Zwischenfällen reiche Belagerung wurde von Moltke in spannender Weise geschildert. Silistria fiel erst am 29. Juni 1829 nach rühmlicher Vertheidigung; die Russen verloren 3000 Combattanten, der Verlust der Belagerten war nicht viel geringer. 9000 Gefangene, 238 Geschütze auf den Wällen, 31 auf 15 Schiffen und 40 Fahnen fielen dem Sieger als Trophäen zu. Lange vermochte Silistria sich von dem erlittenen harten Schlage nicht zu erholen. Nach Moltke zählte es während der Belagerung mit den Verteidigern 24,000 Seelen; bei seinem Besuche 1837 lagen aber drei Viertheile des von den Wällen umschlossenen Raumes wüst. „Es bildet sich zwar eine neue Stadt, sie zählt aber bis jetzt kaum 4000 Einwohner. Diese haben sich grösstenteils in der von den Russen östlich der Festung am Flusse angelegten Vorstadt Volna angesiedelt. Im Innern des Platzes sind ausser zerstreut liegenden kleinen Häusern und den von den Russen erbauten Baraken längs den Courtinen erst einige wenige Strassen wieder erstanden. Uebrigens sind die Festungswerke noch heute ganz so geblieben, wie sie gewesen, — die Russen hätten auch Unrecht gehabt, etwas daran zu ändern. Bei der Anwesenheit Sultan Mahmuds im Jahre 183G waren die 4 Breschen in den Bastionen Ordu- und Müftiereh-Tabiassi und dazwischenliegenden Courtine noch nicht wieder hergestellt, sondern nur mit Flechtwerk aufgesetzt, selbst die Spuren des Angriffs von 1810 waren vollkommen sichtbar." Moltke, welcher persönlich den Plan von Silistria aufnahm, gab von dessen Befestigungen im J. 1837 folgende Schilderung: „Die strategische Lage von Silistria ist eben so wichtig, als die Oertlichkeit fortificatorisch ungünstig. Diese Festung, welche nach der Eroberung von 1810 geschleift wurde, war bald aus ihren Trümmern wieder erstanden, und zählte bei der Belagerung durch die Russen im J. 1828 gegen 24,000 Einwohner. Silistria bildet ziemlich genau die Hälfte eines Kreises, dessen Durchmesser von 2000 Schritt nach der Donau zugekehrt ist. Der Platz wird von 10 Fortificationsfronten, jede 550 Schritt lang, umschlossen, hatte ausser den beiden engen Schanzen Liman- und ("engel-Tabia, welche den Anschluss an die Donau bilden und hauptsächlich zur Bestreichung des Flusses bestimmt sind, weder permanente Aussenwerke, noch gedeckten Weg, sondern nur einige leicht aufgeworfene Logements vor den Thoren der Festung, welche sonst vom Felde aus direct gesehen und eingeschossen werden konnten. Das Glacis war 2 bis 4 Fuss hoch, der Graben nur 8 bis höchstens 10 Fuss tief eingeschnitten. Escarpe und Contrescarpe waren in dieser Höhe mit Kalksteinen revetirt. Auf der ersten erhob sich die 8' hohe, 20' starke Brustwehr, welche an der innern Böschung mit einer Palissadenreihe besetzt war. Die sehr steile äussere Böschung der Brustwehr der Bastione war mit Flechtwerk aufgesetzt, die der Courtine mit Rasen bekleidet. Die Bastione fassten 10 Geschütze, welche durch Scharten schössen, von denen auf jeder Face 4, in der Flanke aber nur 1 standen. Die Bestreichung der ohnehin so kurzen Grabenliuien war daher sehr schwach. Nach der Wasserseite führten 2, nach der Landseite ebenso viel Thore. Der Graben war auf keine Weise unter Wasser zu setzen, da die Sohle desselben Uber dem Donauspiegel liegt und nirgends ein Bach in denselben einmündet. Aus Besorgniss vor den russischen Minen war rings um die Landfront auf der Grabensohle eine bis 9' tiefe, dennoch aber trockene Cünette ausgehoben. Bei dem geringen Commandement von nur 8 bis 9 Fuss werden die nahe gelegenen bedeutenden Höhen um so nachtheiliger. Das bulgarische Plateau tritt 200 Fuss hoch und vollkommen eben bis nahe an die Donau heran und senkt sich, in der Entfernung von nur durchschnittlich 1500 Schritt vom Hauptwall der Festung, nicht schroffer zu derselben herab, als dass man überall auf der Böschung sich noch mit Artillerie etabliren kann. Selbst dann noch, wenn mau bis auf 800 Schritt nach dem südöstlichsten Bastion (Müftiereh) herabsteigt, übersieht man vollkommen das ganze Innere dieser Festung bis zum Fuss der gegenüberliegenden, nach der Donau zu gewendeten Kehlseite. Eine Batterie an diesem Punkt beschiesst die drei östlichen Fronten im Rücken, und ebenso werden die beiden südwestlichen Fronten eingesehen und enfilirt Auf jenen Abhängen, deren Fuss nur 600 Schritt vom Hauptwall entfernt ist, konnte der Angreifende seine Batterien so hoch und so nahe etabliren, wie es ihm gerade convenirte, um sie bis zu Ende der Belagerung wirken zu lassen. Bei der Breite der Donau von noch nicht ganz 1000 Schritten muss natürlich auch das Feuer vom jenseitigen Ufer dem Platz sehr lästig werden. Silistria kann nur dann zu einer guten Festung umgeschaffen werden, wenn vier starke, selbständige Werke erbaut und ein Brückenkopf auf dem linken Donauufer der Stadt gegenüber angelegt würde. Letzterem Unternehmen widerstreiten jetzt die bestehenden Tractate; es könnte nur im Fall eines Krieges durch provisorische Werke erreicht werden. Die Erbauung der Forts dagegen lag wirklich in der Absicht des verstorbenen Grossherrn, die Sache scheiterte aber am Kostenpunkt." Dieses von Moltke für Silistria als unumgänglich notwendig erachtete Befestigungssystem, wurde Angesichts des 1854 heranziehenden russischen Feindes ausgeführt, trotz der geringen Unterstützung von Seite des Generalissimus Omer Pasa, welcher bei Sumla mit seiner Hauptmacht sich ruhig verhielt, und zwar vor und während des russischen Angriffes unter General Lüders, von dem preus-sischen, in türkischen Diensten stehenden Oberst Krach. Diesem tüchtigen, Ibrahim Pasa beigegebenen Officier gelang es den wichtigen Platz, dessen Bewohner und Häuser während einer 45tägigen Belagerung durch die russischen Kugeln stark gelitten, bis zur österreichischen Occupation der Fürstentümer zu halten, welche die Russen, nachdem sie den Türken 1200 Nizams und 1000 Irreguläre getödtet uud verwundet, selbst aber nahezu 7000 Mann verloren hatten, am 25. Juni zum Aufgeben der Belagerung und der Donaulinie zwang. Nachdem die Höhen, welche halbkreisförmig die tiefliegende Festungsstadt umgeben, von drei auf ihr schmales Glacis fuhrenden Schluchten durchbrochen werden, schien es dem Oberst Krach zu ihrer Sperrung nothwendig, sie durch auf den schon 1773 verschanzten Plateau's angelegte starke Forts unter Feuer zu nehmen. Dies wurde theilweise verwirklicht durch eine erste Linie von 7 detachirten Werken, von welchen 2 ober- und unterhalb der Citadelle, an der Donau im Thale, 5 aber dazwischen, auf dem halben Abhänge der Höhen liegen. Der Reihe nach von W. nach 0. sind es: 1. Tanir-, 2. Mustafa tabia, die Uferhänge und Tutrukaner Strasse bestreichend; 3. Kücük-, 4. Medzidieh tabia, die Razgrader und Sumlaer Strassen dominirend; 5. Ordu tabia, mit der Fronte gegen Süden; 6. Ilanli tabia, gegen SO.; 7. Dzermen tabia, hart an der Donau, den Weg nach Öernavoda deckend. Vorwärts dieser Reihe selbständiger Forts liegt ein Redoutenkranz aus dem sich SO. die vielgenannte, schon 1854 angelegte „Arab tabia" mit der Capitale gegen S. erhebt. Sie zählt gleich Kücük-, Ordu-und Medzidieh tabia zu den wichtigeren Werken; von diesen ist jedoch nur das letztere ganz in permanenter Weise, mit drei gewölbten Grabenkoffern, einem abgesonderten gemauerten Rondengange und casemattirtem Reduit, in Form einer bombensicher eingedeckten, gewölbten zweistöckigen Caserne erbaut, während die ersteren nur als fünfseitige Lünetten mit Grabenkoffern, alle anderen aber ohne solche, nur mit blockhausartigen Reduits ausgeführt sind. Die Medzidieh tabia kann Silistria's Hauptfort genannt werden. Dieser nur l1^ Kiloin. von der Citadelle entfernte Fortsgürtel wurde 1877 beim Nahen der Russen durch mehrere weit vorgeschobene Redouten verstärkt; auch wurde jenseits des hier oft über 800 M. sich ausbreitenden Donaustromes ein starker Brückenkopf angelegt, welcher Ausfälle gegen Kalaras gestattete, während die Enceinte der Citadelle genau in der 1822 angelegten, von Moltke geschilderten Anlage verblieb. Diese älteren und neueren fortifieatorischen Anlagen reichten vollkommen aus, um Silistria gegen das Zimmerinann'sche Corps zu vertheidigen, das allerdings zu keiner regelmässigen Belagerung schritt, sondern auf sporadische, von der Besatzung zurückgewiesene Scheinangriffe sich beschränkte. Wenn zur Beobachtung des Brückenkopfes einige Bataillone mit wenigen Batterien genügten, hätte die erfolgreiche Einschliessung der Festung, welche der Ferik Sulami Pasa mit einer starken Garnison vertheidigte, mindestens 20,000 Mann mit einem bedeutenden Artilleriepark erfordert, Uber die G.-L. Zimmermann nicht verfügte, da er nur das XIV. Armeecorps befehligte, welches durch Besetzthaltung der Dobruca die russischen Verbindungslinien zu sichern und die Küstenstrecke bis Varna scharf zu beobachten hatte. General Zimmermann's Rolle war von Beginn an, nachdem er die Donau bei Braila am 24. Juni Überschritten, eine mehr passive. Zur Deckung seiner rechten Flanke gegen etwaige türkische Unternehmungen auf der Donau unterstand ihm ein Theil der kleinen russischen Flotte, welche zu Nikolajev, Reni und Braila aus armirten Handelsdampfern gebildet worden war. Einzelne waren kühn genug, den Kampf mit feindlichen Panzerbooten aufzunehmen. Nachdem schon im Mai zwei der besten türkischen Monitore durch Batteriefeuer und Torpedos zerstört worden, steuerten am 24. Juli der vom Lieutenant Marinovic befehligte „Nikolaus" und zwei Dampfbarkassen gegen Silistria, eröffneten auf ein vorgeschobenes Lager ihr Feuer und beschädigten ein herbeigeeiltes Panzerschiff derartig, dass es flüchten musste. Am selben Tage erschien das kleine Fahrzeug „Vesta" vor Küstendze und kämpfte erfolgreich mit einem gepanzerten Kriegsdampfer. Am 3. August setzte das Dampfboot „Constantin" den ganzen nördlichen Bosporus in Schrecken, lief in Kilios ein, verbrannte dort einige Schiffe u. s. w. Anfang August gelangten, trotz der türkischen, von dem ruhmredigen Engländer Hobbart Pasa befehligten Pontus- und Donauflotte, weitere 2 Schraubenschoner, 1 Dampfschlepper, 2 eiserne Barken mit je 4 Stück 15-Centimeter-Mörsern und 4 Torpedo-Barkassen, escortirt von einem Odessaer Kriegsgeschwader, durch den Ocakovarm in die Donau, welche die Russen, nachdem sie die Sulina-mündung durch versenkte Schiffe gesperrt, streckenweise periodisch beherrschten. Im September vollendeten die Türken bei Silistria den Bau einer befestigten Brücke auf eine benachbarte Insel, von wo sie Streifzüge auf Barken im Gebiete von Kalaras unternahmen. Sie plünderten ganze Dörfer und setzten durch ihre Unthaten das walachische Ufer bis Giurgevo und selbst Bukarest in Schrecken, da dort diese Excursionen als Vorläufer des Ueberganges eines grösseren türkischen Detachements zur Cooperation mit einem magyarisch-siebenbürgischen Hilfscorps nach Rumänien betrachtet wurden. Diese vielleicht existirenden Pläne machten jedoch aus Russland allmälig eingetroffene riesige Verstärkungen bald illusorisch. Schon zu Ende September rückte ein Theil der in Braila angelangten 24. Inf.-Division gegen Kalaras und wehrte der Besatzung von Silistria weitere Ausfälle. Im October setzte sich aber ein starkes Detachement derselben S. vom Kalaras-See in einigen Schanzen so fest, dass die Russen sich genöthigt sahen, ihre Stellungen stark zu befestigen, um die Ausbreitung der Türken im flachen Lande zu verhindern. Am 29. Nov. schritten letztere unvermuthet zum Angriffe, wurden jedoch vom Regimente Omsk und einigen Sotnien der weiss-russischen Husaren nach mehrstündigem Kampfe in ihre Schanzen zurückgetrieben. Von da ab beschränkten sich die Vorgänge bei Silistria auf einen gelegentlichen Kugelwechsel seiner Forts mit den Kalaraser Uferbatterien. Zu Ende 1877 wurde ein beträchtlicher Theil des VII. Armeecorps dem G.-L. Zimmermann zugewiesen, welcher nun energischere Recognoscirungen gegen Pazardzik (S. 242) und Silistria versuchte. Der dort über 8000 Mann mit 24 Feldgeschützen be- fehligende Seiini Pasa zog denselben aber eine unüberschreitbare Linie und übergab selbst nach dem Frieden von St. Stefano den Russen das starke Donaubollwerk erst im März 1878, als ihm diöfc durch ein besonderes Fetwa des Sultans befohlen worden war. Hart unter den Wällen der Arab tabia und des auf höherer Kuppe liegenden Medzidie - Forts senkt sich der Weg von 0. fortwährend abwärts zu Silistria's tiefliegendem Glacis, dessen fahlgelbe Lehmrisse, an vielen Stellen mit den lichten Mauerfronten der Feste in eins verschmelzen. Nach der Landseite wird der Stadtkern heute noch, wie schon 1828, durch eine bastionirte Uniwallung im Halbkreise umschlossen, dessen Sehne die Donaufronte bildet. Ausser dem quadratischen Uhrthurm überragen 9 Minarete die hohen Kuppeln einer Dzami und Kirche, dann eingestreute vereinzelte Pappeln das rothe Dachgewirre. An Tümpeln und Schlachtplätzen vorüber, deren Miasmen die Luft verpesten, nahm ich den Weg durch das Stambul kapu sogleich zur Agentie der österreichischen Dampfer, um das langersehnte Briefpacket in Empfang zu nehmen. Noch während ich seinen Inhalt durchflog, trübte sich mein Blick, der Kopf wurde heiss, die Hände erkalteten und ein Schüttelfrost fasste mich so heftig, dass ich einen Augenblick kaum der Sinne mächtig blieb. „Es ist weiter nichts," meinte der Agent, „das Fieber hat Sie ein wenig gepackt, wir wollen ihm aber rasch beikommen." Damit griff er nach einer Flasche hochgradigen Raki's; mehrere Gläschen des Fieberbanners blieben ohne besondere Wirkung; doch nahm, ich die Sache nicht ernst, zog aber auf des Agenten Rath in einen bulgarischen Han der Carsistrasse, welcher wohl wenig Comfort bot, jedoch das Gute hatte, dass Doctor und Apotheker in der Nähe wohnten. Leider sollte ich mit beiden mehr zu thun bekommen, als ich anfänglich dachte! Der 13., 14. und 15. jedes Monats gelten den Türken als „glückliche Tage"; für den rechtgläubigen Moslim mögen sie es sein, für mich wurde aber der 13. Tag im Monat Dschum el-awel des Jahres 1289 der Hedschra und 18. August 1872 des gregorianischen Kalenders, unheilvoll. Die Sumpffieberfee, welche sich die Bulgaren in Gestalt eines häuslichen bösen Weibes denken, setzte sich mit der ihr eigenen Hartnäckigkeit an mein Lager und wich nicht von demselben; dazu kam eine heftige Dysenterie, welche meine Kräfte rasch sinken machte. Erst auf 20 Gran starke Dosen flüssigen Chinin's Hessen die mit Glühhitze wechselnden Kälteschauer am vierten Tage etwas nach, das Bewusstsein kehrte wieder und so matt ich mich auch im Allgemeinen fühlte, beschloss ich doch, von dein mit Fiebermiasmen erfüllten Silistria rasch nach dem südlichen Hochland aufzubrechen. Am 22. August Vormittag sass ich wieder im Sattel, erfreut, dass der mich behandelnde liebenswürdige Communalarzt einen Tag lang mich begleiten wollte. Am Tage zuvor war nämlich zufällig ein blutiger Raubanfall im 18* Kasa zur Kenntniss der Behörde gelangt, und der Doctor musste dem schwer Verwundeten Hilfe bringen. Durch das Öair kapu gelangten wir auf die Razgrader Chaussee, welche die mit den Forts Kücük- und Medzidie tabia gekrönten Höhen durchschneidet. Nachdem ich in Folge meiner Erkrankung so wenig von Silistria gesehen, sollte mindestens die Skizze seiner äusseren Physiognomie in mein Album wandern. Wir sassen zwischen den Weingärten an einem schattigen Punkte ab, von dem man alle bedeutenderen Gebäude der Stadt, die Geschütze auf den Bastionen, den Redoutenkranz auf dem südöstlichen Hochplateau, den vielgetheilten breiten Donaustrom und selbst das ferne jenseitige Kalaras, am Rande der walachischen Tiefebene, übersah. Ein Blick genügte, um mir klar zu machen, dass bei der grossen Tragweite unserer Geschütze, Silistria's alte Citadelle ohne die neu angelegten Vorwerke keine zweite siebenwöchentliche Belagerung, wie im J. 1829 hätte aushalten können. Unser Weg über die gelbbraune Lehmterrasse führte, das 1854 von den Basibozuks grossentheils eingeäscherte, gegenwärtig aber 2 Schulen mit 2 Lehrern und 240 Schülern besitzende bulgarische Kalipetra rechts lassend, in 2V2 St. nach dem grossen Bulgarenorte Babuk mit 180 Gehöften und 1 von 140 Knaben und 45 Mädchen besuchten Schule, von dem wir Alfatar mit 90 bulgarischen und 10 türkischen Häusern in 1 St. erreichten. Hier wollte der Doctor eine gichtleidende Patientin besuchen, auch andere Kranke kamen sich Rath zu erbitten; rasch verstrichen die ersten Nachmittagsstunden und da ich mich nicht überstark fühlte, nächtigten wir im Corbasihause. Dieses reiche Dorf besass 1879: 2 von 130 Knaben und 35 Mädchen besuchte Schulen, an welchen 2 Lehrer und 1 Lehrerin unterrichteten. Am Morgen ging es S. nach dem 2 St. fernen türkisch - tscherkessischen Anescik, wo ich, von der grossen Hitze stark angegriffen, im Mussafirlik rastete. Schon des Nachts hatten mich böse Träume gequält, der frugale Morgenimbiss blieb unberührt, ich war vollkommen appetitlos, was ich der am Mor gen genommenen Präventivdosis Chinin zuschrieb; am Vormittage steigerte sich aber das Unbehagen, das Reiten begann mich zu ermüden und die letzten in mein Buch geschriebenen Notizen zeigten eine unsichere Hand. Ob vielleicht das mit organischen Substanzen geschwängerte Trinkwasser den erneuerten Ausbruch der Krankheit verschuldete, war schwer zu entscheiden. Auf dem Weiterritte nach Akkadinlar brach die febris perniciosa mit vollster Heftigkeit aus; kaum vermochte ich im Sattel mich zu erhalten; beim Mussafirlik des Dorfes sank ich vom Pferde und vermochte nur mit Mühe das Häuschen zu erreichen. Als ich wieder zum Bewusstsein gelangte, erblickte ich den Doctor an meinem Lager, bemüht, durch kühlende Umschläge meine Schmerzen zu erleichtern. Unfern von mir, im einzigen Räume der Hütte, lag mein Dragoman gleichfalls FIEBERKRANK NACH SILISTRIA. fieberkrank und stöhnend „er müsse hier sterben". An eine Fortsetzung: der Reise, meinte der Arzt, sei unter solchen Umständen nicht zu denken, das Verbleihen in dem elenden Türkcnneste empfahl sich aber noch weniger; somit wurde die Rückkehr nach Silistria beschlossen. Den Doctor, der mir bereits viel kostbare Zeit geopfert, rief seine Pflicht zum Aufbruche; ungern sah ich ihn scheiden. Er hatte versucht, was er konnte; die Fieberfee war jedoch stärker als seine Kunst! Auf vieles Zusprechen des Zaptie's bemühte sich der Muhtar einen Wagen für mich aufzutreiben. Gegen Abend rollte in den Hof ein zweirädriger Feldkarren, der weder für den Kutscher, noch weniger für meinen Dragoman Raum bot und auf dessen improvisirter Polsterung mit Heu und Teppichen ich selbst kaum die Beine auszustrecken vermochte. Um 8 Uhr Abends setzte sich unsere Caravane in Marsch. Der Eigner des Wagens schritt neben ihm her; sein Sohn stützte aber mitleidig meinen Dragoman, der im Sattel nicht mehr das Gleichgewicht zu halten vermochte. Die acht Tage lang andauernde Glühhitze hatte die während der Regenzeit ausgefahrenen Radspuren bis zur Steinhärte ausgetrocknet und in einen wahrhaftigen Prügeldamm verwandelt; die ungeschlachten Räder des federlosen Wagens ächzten und stolperten lärmend über denselben weg, so dass an erquickenden Schlaf nicht zu denken war. Glücklicherweise blieb die Luft mild, das Firmament sternenhell; der Mond leuchtete durch das Gezweige der Eichenstände und an einigen Punkten brannten Feuer am Wege nachtender Caravanen. Es herrschte lautlose Stille. Das türkische Lied, dessen Strophen mein Fährmann mit näselndem Tone recitirte, tönte klagend durch die geisterhafte Nacht; der nach jedem Abschnitte wiederkehrende Refrain gab dem Gesänge verzweifelte Aehnlichkeit mit einem Responsorium und manchmal schien es mir, als wenn ich meine eigene Grabfahrt lebend mitmachte! Da wir den Weg im langsamsten Tempo zurücklegten und oft rasteten, stand die Sonne bereits hoch, als ich meinen traurigen Einzug in Silistria hielt, das ich zwei Tage zuvor mit guten Hoffnungen verlassen hatte. Der Kaimakam hörte kaum von meiner Ankunft, als er mich durch seinen Secretär zur Ueber-siedlung in den Konak einladen Hess. Was hätte mir dies aber genützt? Des Doctors Rückkehr war vor einigen Tagen kaum zu erhoffen; ich musste aber so rasch als möglich gesunden, um meine Reise vollenden zu können. Am Abend wurde ein zu Berg fahrender Dampfer erwartet; mit diesem wollte ich nach Ruscuk, um dort rationelle ärztliche Hilfe zu suchen. Auch in der Valistadt trieben sich wohl kurpfuschende „Doctoren" umher, welche nie einen Hörsaal gesehen. Dr. Boi Rifad Bei, Chefarzt der Artillerie, erzählte mir beispielsweise, wie er in seinem eigenen Spitale noch rechtzeitig dazu kam, als der neue Unterarzt einem Patienten Krätzsalbe statt eines Purgirmittels geben wollte, und derartige Fälle gehörten nicht zu den Seltenheiten. Es wirkten dort aber auch einige treffliche Aorztc aus deutscher Schule, namentlich Dr. Grun, dessen Hilfe ich gleich nach meiner Ankunft in Anspruch nahm. Im Hotel „Isla hane" blieb ich volle acht Tage ausschliesslich Gast der lateinischen Küche. Das endemische Fieber, welches mich peinigte, wollte trotzdem nicht weichen; das launische Kismct hatte gegen mich entschieden. Dr. Grun hielt raschesten Luftwechsel für das einzige Rannmittel gegen die rasch alle Kräfte1 verzehrende Krankheit. So gab ich schweren Herzens nach Silistria den Auftrag, meine Pferde zu verkaufen, und entlohnte meinen braven kranken Dragoman reichlich. Wenige Tage später befand ich mich zu Wien auf dem Schmcrzens-lager, das ich lange nicht verlassen sollte! Als ich im September 1879 Silistria wiedersah, zeigte sich dessen äussere Physiognomie, abgesehen, dass bulgarische Beamte, Soldaten und Gensdarmen die türkischen abgelöst hatten, nahezu unverändert. Da es ohne ernste Kämpfe in russischen Besitz kam, hatten weder die Stadt noch ihre Befestigungen irgendwie gelitten und blieben sämmtliche Kirchen, Häuser u. s. w. unbeschädigt. Selbst einige zu Magazinen verwendete Moscheen wurden schon zu Beginn 1879 ihrer religiösen Bestimmung zurückgegeben; obschon jedoch den moslimschen Stadtbewohnern durchschnittlieh kein Unrecht widerfuhr, emigrirten doch etwa 100 wohlhabendere Familien nach Constantinopel und Asien, nachdem sie ihre Grundstücke um wahre Spottpreise verkauft hatten. So wurde beispielsweise ein Grund-complex mit Wohn- und Nebengebäuden, Gärten u. s. w. um 15000 Piaster (3000 Mark) veräussert, was zur Folge hatte, dass trotz des bulgarischen Zuzugs aus der rumänischen Dobruca, doch bisher nur wenig gebaut wurde. Silistria gliederte sich im J. 1879 in 7, von Türken, Bulgaren, Rumänen, Armeniern, Griechen, Spagnuolen und Zigeunern bewohnte Viertel mit 1390 Häusern, in welchen 2915 türkische und einige tatarische, 529 bulgarische, 210 rumänische, 140 armenische, 115 griechische, 65 israelitische und 58 Zigeuner-Familien, letztere ausserhalb der Festung am Donauufer in etwa 20 Häusern, wohnten. Die Moslims besitzen 13 Moscheen, 2 Knabenschulen mit 220, und 3 Mädchenschulen mit 60 Zöglingen; die Bulgaren 1 Kirche und Knabenschule mit 3 Classen, 3 Lehrern und 180 Schülern, dann 1 Mädchenschule mit 2 Lehrerinnen und 70 Zöglingen; die Griechen 1 grosse Kuppelkirche und Schule mit I Lehrer, welcher 30 Knaben und 15 Mädchen unterrichtet; die Armenier 1 Kirche und 1 Schule mit 1 Lehrer und 35 Schülern; die Israeliten 2 Tempel, 2 Schulen mit 2 Lehrern, 50 Knaben und 35 Mädchen. Nach dem Einzüge der Russen wurden auch zu Silistria sämmtliche Behörden nach russischem Zuschnitte in der Weise organisirt, wie ich sie zu Vidin u. s. w. schilderte. Der Stadtrath besteht aus je einem Mitgliede der bulgarischen, türkischen, armenischen, griechischen, rumänischen, israelitischen Gemeinde und wurde im April 1879 von dem Bulgaren Jencev präsidirt. Als Kreisclief fungirte anfänglich der k. Cavallerie-Major Kalygeorgy, dem, seit die russischen Beamten in ihre Heimath zurückkehrten, verschiedene Eingeborne folgten. Die hart am Weichbilde Silistria's laufende rumänische Dobruöagrenze entzog demselben einen grossen Theil seines Handelsgebiets und schädigte seinen Verkehr mehr als die geringen Aufschläge zu Zöllen und Steuern, welche dort grossentheils noch immer wie unter dem türkischen Regime erhoben werden. Zu den angesehensten Importfirmen zählen: Atanas Sideri, Colonialwaaren, Südfrüchte, Salz; Hadzi Artin, Manufacte, Tuche, Wollwaaren; Brüder Kanetti, Colonialwaaren, Manufacte, Mehl; Brüder Kauli, Manufacturwaaren; N. Georgiades u. Cie., Eisen- und Metall waaren; E. Diamantopulo, und A. Karas, Spiritus. Für den Export von Häuten, Fellen und Rohproducten: Benjamin Varsano. Als Grenze zwischen Bulgarien und der rumänisch gewordenen Dobruca bestimmte die europäische Commission nach langwierigen Conferenzen eine Linie, welche 200 Schritte von Silistria entfernt, viele zur Stadt gehörende Felder und Weingärten nach Rumänien verlegte; selbst das Schlachthaus lag jenseits. Der ganze Vorgang machte-viel böses Blut bei den Bulgaren. Obschon russischer-seits die projectirte Grenze nicht anerkannt wurde, erhielten die Behörden aus Adrianopel den Auftrag, die Rumänen gewähren zu lassen. Diese landeten bald bei dem Silistria nächstgelegenen Dorfe Ostrovo und breiteten sich von dort nach S. aus, überall die bulgarischen Richter und Gensdarmen verjagend. In den Schulen und Kirchen wurde sofort die bulgarische Sprache und das Gebet für den Caren abgeschafft und die Ablieferung der Steuern nach Silistria streng verboten. Die schaarenweise dorthin flüchtenden Bulgaren, welche vom russischen Kreischef Rath und Instructionen verlangten, erhielten die Weisung, sich vorläufig in das Unvermeidliche zu fügen. Anfang 1879 occupirten die Rumänen auch die Silistria beherrschende Arab tabia, indem sie die von einem Unterofficier befehligte kleine Wache von dort verjagten, Niemand ohne Pass durch ihre nun hart vor der Festung stehende Vorpostenkette Hessen, wodurch der Verkehr sehr gestört wurde und die Aufregung der Bulgaren auf's Aeusserste stieg. Proteste in allen Formen gingen an den General-Gouverneur Fürst Dondukoff ab, denn man glaubte, dass die Rumänen Silistria, dessen Besatzung nur aus 1 russischen Reserve-Bataillon und wenigen Hunderten bulgarischer Milizen bestand, überrumpeln wollten. Die bulgarischen Stadtbürger bewaffneten sich; der Commandant Oberst Pavlov erhielt auf wiederholte Anfragen aber erneuerten Befehl, ruhig zu bleiben. Anfang Februar 1879 berichteten die Journale von auffallenden russischen Truppenmärschen gegen die Dobruca. In Wahrheit sammelte sich in und bei Silistria eine Division von 20,000 Mann aller Waffen unter dem Commando des Generals Winberg, welcher nun die Rumänen aufforderte, die Arab tabia zu räu- men und sich nach Ostrovo zurückzuziehen. Der rumänische General Angclcsku antwortete: er würde nur der Gewalt weichen. So unangenehm es den Küssen sein mochte, feindselig gegen den früheren Alliirtcn vorzugehen, machte General Winbcrg mit 10,000 Mann Infanterie, Cavallerie und Artillerie am 20. Februar eine Diversion gegen die rumänische Vorpostenkette. Obschon jeder Soldat 60 scharfe Patronen erhielt, wurde das Schiessen untersagt, da man hoffen durfte, durch die imposante Machtentfaltung allein, die Rumänen zum friedlichen Aufgeben ihrer Stellungen zu bewegen. Glücklicherweise kam es zu keiner blutigen Entscheidung; die rumänischen Vorposten zogen sich zurück und der Commandant, welcher mit einem Halbbataillon die Arab tabia besetzt hielt, räumte pro-testirend, doch ohne Widerstand, das vielbestrittcne Fort, welches die Russen nach einer mir aus Silistria gewordenen Mittheilung, sofort rasirten. Eine jüngste Nachricht behauptet aber, dass es intact geblieben und neuestens stark besetzt ist, während die Mauern der Citadelle grossenthcils schon demolirt sein sollen. Nur so viel steht fest, dass die „Arab tabia-Fragc" im Juni 1880 noch immer ungelöst, den fortwuchernden Gegenstand diplomatischer Verhandlungen bildet. Was Silistria's Bulgaren so aufregt, wünscht lebhaft seine übrige Bevölkerung, behauptend, dass die Stadt durch ihre Einverleibung in Rumänien nach allen Richtungen gewänne, während sie nun bestimmt sei, nicht nur ihre Bedeutung als Festung, sondern auch als Handels-Emporium cinzubüssen. Man zeigt auf das grosse Talent der Rumänen für rasche Organisation und speciell auf das nahe Grenzdorf Ostrovo hin, das kaum besetzt, sofort eine Telegraphen-Station und auch ein Postamt erhielt, dessen Silistria noch im April 1879 entbehrte! VON RUSCUK UEBER ESKI DZUMA IN DAS JANTRA- UND LOM-QUELLGEBIET. Ein durch Fieber verlorenes Jahr in Wien und im baierischen Hochlande. — Wiederaufnahme der Reise im April 1874. — Geburtsfeier des Propheten zu Vidin. — Valiwcchsel. — Streiflicht auf die österreichisch-ungarische Politik im Orient. — Abdur Rahman's Abgang und Mehemed Asim Pasa's Einzug in Ruscuk. — Abreise. — Frachtenandrang zur Dzumaer Messe. — Daten über den Verkehr auf der Ruscuk-Varnabahn. — Ihr buntes Personal. — Merkwürdige Tracirung. — Ruscuker Babn-hofproject. — Station Cervenavoda. — Landschaftsphysiognomie an der Bahnlinie. — Lage der Stationsgebäude. — Auf einem Birzarwagen. — Razgrad's Silhouette. — Arnautlar's rumänische Colonie. — Wasserscheide zwischen Donau und Pontus. — Sodzak Kamcik dere. — Beklemeh-Milizen als Kaffccwirthc. — Die Taliga. — In Eski Dzuma. — Sein Messplatz und dessen Einrichtungen. — Die Budenvicrtel. — Bedeutendste Firmen. — Waaren-Bezugsquellen. — Aus- und inländische Fabrikate. Etiquettirung, Maass und Gewicht. — Geldwechsler und Notare. — Im Messgetümmel. — Der Orient auf der Wiener Welt-Ausstellung. — Oesterreichs Produkte auf dem türkischen Markte. — Nachtheile des rumclischen Bahnbaucs für seine Industrie. — Mein Bericht über die Dzumaer Messe führt zu einer Enquete. — Der Ausbau der türkischen Bahnen am Berliner Congresse. — Reactivirung der Messe im Mai 1880. — Während des Krieges. — Nach Kisana teke. — Sein Derwisch und das heilige Jungfraugrab. — Eine terra incognita von 250 QVIeilen. — Des Carevic'Kampfterrain von 1877. — Sakar tepe und Kirccen bair. — Der Kaukasus am Balkan. — Begegnung mit tscherkessischen Milizen. — Sepcci, seine Wasserscheide und Schanzen 1877. — Kizilar's Tscherkessen im Sommer 1877. — Nach Popköi. — Kämpfe im J. 1877 am Kara Lom. — Seine Landschaft. — Ein neues Jantra-Thalgebiet. — Corbasibcichte zu Konakköi. — Empfangsscene zu Hüseiner. — Abstieg nach Osmanpazar. — Das Reisen mit fremden Pferden. — Am Sakar-Balkan. — Quellen des Büjük dere. — Des Zapundzi's Rösslcin. — Medjlis von Kuzluk. — Feiertägliche Idylle. — Neues Jantra-Thalgebiet. — Entlang der Kesarovska. — Alte Brücke bei Dereköi. — Türkische Bauernhochzeit. — Isolirung der Geschlechter. — Der Reisende niemals in der Familie aufgenommen. — 42 neu eingetragene Orte im Kesarovska-Gcbietc. — Verlogene Ortsvorstände. — Ueber Kesarova nach Kadiköi. — Ethnographisch-interessante Punkte. — Flüchtige Urtheile über Völker. — 51 neu eingetragene Orte am Büjük dere. — Der neue Banica-Lom. — Physiognomie seiner Landschaft. — Reicher Feldertrag. — Win-terweidepacht. — Gefecht bei Cairköi 1877. - Im Beygehöft zu Bcg Vrbovka. — Ursache des Verfalles der türkischen Ciftliks. — Mängel der administrativen Grenzen. — Frühlingsbild bei Erendzik. — Kacelevo, des Carevic' Hauptquartier. — Kämpfe dort im Sept. 1877. — Vertheidigung der Ba-nicka Lom-Linic. - Mehemed Ali's Rückzug, Glück und Ende. — Seine occidentalen Apologeten und türkische Urtheile. — Ein neuer vierter Lomarm. — Seine Quellen, Ausdehnung und Bewohner. — Sadina. — Abbrennen der Wälder. — See bei Esirdze. — Gefecht 1877. — Landschaft bei Hü-sendze. — Dorf „Battenberg". — Am Ak Lom nach Hasanlar. — Militär-Etablissement. — Ankunft in Razgrad. Traumhaft lagen die Reise-Erlebnisse vom Jahre 1872 hinter mir. Verheis-sungsvoll begann damals meine Odyssee, farbenprächtig abwechselnd gestaltete sich ihre Fortsetzung; kaum merkte ich, dass Monde mehrmals gewechselt, denn rasch schwanden die Tage, gefolgt von zauberhaften Nächten. Nimmer hätte ich gedacht, ein missgünstiges Geschick werde meine Pläne unerwartet durchkreuzen, mich früher als ich bestimmt, in die Heimat zurückzwingen. Würde doch das böse Fieber, welches mich und meinen braven Dragoman zu gleicher Stunde in trauriger Dobrucaöde packte, mit seinem tückischen Ueberfalle nur wenige Wochen gezögert haben, bis ich meine Aufgabe vollendet! Im Orient wird alles Leid, welches dem schwachen Menschenkinde begegnet, gleich allem Freudigen dem „Kismet", einer höheren Fügung zugeschrieben. Ich bewegte mich im uneingeschränkten Reiche des „Fatums" und haderte gleichfalls mit dem Schicksal, als ich trotz riesiger Chinindosen zu Silistria in furchtbaren Fieberparoxysmen, meine letzten Kräfte schwinden und die Fortsetzung meiner Reise vereitelt sah. Mit Unrecht! Leicht hätte ich voraussehen können, wie gewagt es sei, den durch starke Niederschläge aufgeweichten, miasmengeschwängerten Dobrucaboden unter den sengenden Strahlen der Augustsonne zu durchziehen — dann war es mir ja doch vergönnt gewesen, mein Hauptprojcct auszuführen, die durch 6,3 Längengrade hinziehende Balkankette achtzehnmal glücklich zu überschreiten und dort, wo die Wogen des Schwarzen Meeres sich an ihrem Markstein Cap Emine brechen, meine Haemusstudien erfolgreich abzu-schliessen. Wer hätte aber jemals neue Resultate leichten Kaufes errungen; wie viele wackere Pionniere zahlten nicht mit dem Leben ihre Forschungslust! Ich gedenke hier nur eines grossen Verlustes für die Wissenschaft, meines zu früh geschiedenen Freundes Lejean, jenes ausgezeichneten französischen Consuls, dem wir die erste ethnographische Karte der europäischen Türkei und die Wegräumung mancher geographischen Fabel in anderen Welttheilen danken. Auch ihn warf das dem Occidentalen gefährliche Dobrucafieber nieder; er siechte und erlag dessen wiederholten Anfällen im Sommer 1870. Doch fort mit den traurigen Erinnerungen! Von der Stube, vom Deck des Dampfers oder auf gebahnten Wegen lassen ferne Länder und Völker sich nun einmal nicht studiren. Der Preis für das Errungene war auch im Sommer 1872 des Einsatzes werth gewesen; allerdings war er hoch. Ein volles Jahr rang ich mit der unerbittlichen Fieberfee, welche durch acht einander folgende Angriffe meine Kräfte dem Erlöschen nahe brachte. Vergebens suchte ich vor ihr nach Hochbaiern zu fliehen, überall folgte mir die ihre Opfer zeichnende Geissei; sie fand mich im Herbste und Winter, in Reichenhall, am Königssee, in Salzburg, München und später in Wien; bis endlich, was nicht Chinin und andere Medicamente vermochten, des Wassers Wunderkraft mich ihren Griffen entriss. Dank dem trefflichen Wiener Hydropathen Lienhardt, Dank dem lieblichen Kaltbade Frohnleiten in der grünen Steiermark, konnte ich 1874 neu gekräftigt, meine For- schungcn im Balkangebiete wieder aufnehmen und ohne besonderen Zwischenfall glücklich zu Ende bringen. Wieder trug mich eines der prachtvollen Eilboote der österreichischen Donau-Gesellschaft vorUber an der wenige Monate zuvor ungarisch gewordenen Inselfestung „Ada kaleh", durch das pittoreske Eiserne Thor-Defile. Am rumänischen Ufer herrschte Stille, zu Kalafat totales Dunkel, um so heller erstrahlte aber im Feuerschein Tausender von Lampions die Festungsstadt Vidin. Ihre weissen Minarete mit illuminirten Galleriekränzen hoben sich leuchtend vom nächtlichen Firmamente ab. Die Gläubigen feierten an jenem 28. April und 19. des moslimschen Monats Moharrem das „Mevlud", des Propheten Geburtsfest, welches von Murad III. im J. 1588 eingesetzt, zu Stambul durch einen pomphaften Zug des Sultans nach der grossen Moschee von Top hane und darauf fol-• genden offiziellen Empfang der Minister und höchsten Würdenträger gefeiert wird. Ich genoss das prächtige Illuminations-Schauspiel von der Radkastenbrücke des mir befreundeten Schiftcapitäns. Allmälig entschwanden die Lichter und wir kehrten zurück zum heitern Zitherspiel, mit dem ein österreichischer Seecadet vom Sulina-Stationsschiffe die Zeit bis Mitternacht uns kürzte. Am nächsten Morgen landeten wir in Ruscuk und sofort traf ich alle Vorbereitungen zur Reise ins Innere. Das Vali-Bujurdu war besorgt, die Basisstation für meine Höhenmessungen eingerichtet, nur der Dragoman, welcher mich auf früheren Reisen begleitete, stand noch so lebhaft unter dem schlimmen Eindrucke des mit mir durchgemachten Fiebers, dass er sich nicht dazu entschliessen wollte, sich neuerdings Krankheitsgefahren auszusetzen; nach vergeblichem Zusprechen musste ich einen andern Polyglotten suchen. Dies verzögerte meine Abreise, machte mich aber persönlich zum Zeugen eines erneuten Valiwechsels; es war seit Midhat's Abgang im December 1867, also in sechs Jahren der fünfte, welchen die Pforte zum grössten Nachtheile des von ihm auf fortschrittlichere Bahn geleiteten Donau-Bulgariens verfügte. Diesmal wurde er allerdings durch äussern Druck herbeigeführt; hier der Vorgang, welcher ein nicht uninteressantes Streiflicht auf österreichisch-ungarische Actionen an der unteren' Donau wirft. In der unter Oesterreichs Protectorat stehenden Passionisten-Mission des Nikopolitanischen Sprengeis, deren innere Verhältnisse ich im IL Bande, S. 37 beleuchtete, waren erneuert so ernste Misshelligkeiten zwischen den italienischen Patres und den von ihnen regierten vier Dorfgemeinden ausgebrochen, dass sie die persönliche Intervention ihres zu Bukarest residirenden Bischofs Paoli notwendig machten. Der Ruscuker Vali Abdur Rahman, ein etwas ungefügiger, die Autorität der Pforte eifersüchtig wahrender Beamte, wollte jedoch die Ara-tirung des fremden Kirchenhirten im Bereiche seines Vilajets so lange nicht zulassen, bis derselbe einen sultanlichen Ferman vorweisen könnte, und drohte, den Bischof als passlos durch Zaptic's vom türkischen Boden zu entfernen, falls er ihn ohne das legale Bujurdu dennoch beträte. Der Streitfall zwischen Bischof und Vali führte zu einer höchst unangenehmen diplomatischen Correspondcnz mit dem Ruscukcr österreichisch-ungarischen Gcncral-Consulatc, welches für den Bischof Paoli Partei nahm, was jedoch am Entschlüsse des Vali so lange nichts änderte, bis der damals am Pfortenhofe im Zcnithe seines Einflusses stehende Graf Zichy die Amtsenthebung jenes übereifrigen Vali forderte und durchsetzte, welcher des Sultans Rechte gegenüber dem für das päpstliche Interesse eintretenden Nachbarstaate hartnäckig zu verfechten sich erdreistete. Am 1. Mai verliess Vali Abdur Rahman Ruscuk und am 2. hielt Mehemed Asim Pasa in das nur wenige Stunden verwaist gebliebene Serai seinen feierlichen Einzug. Vom Balcon des General-Consuls Montlong sah sich das wirre Schauspiel prächtig an. Muskulöse, dunkelfarbige Soldaten aus Anatoli und lebensfrische Schulkinder in den verschiedensten türkisch-bulgarischen und occidentalen Costümen bildeten eine fluthendc Hecke, hinter welcher eine noch buntere Masse sich drängte. Laute Rufe verkündeten endlich das Nahen des neuen Regenten. Voran sprengten einige Rotten Zaptie suarieh, mit an die Schenkel gedrückten Carabinern, hierauf folgte die Equipage des Pasa's, mit einem in Scharlach gekleideten schwarzen Diener am Kutschbocke, dann eine endlose Reihe verstaubter Lohn wagen mit höheren türkischen Beamten, Kadi's, Imam's, Geistlichen, christlichen und jüdischen Notabein, welche dem aufgehenden Machtgestirn bis zum Bahnhofe entgegen geeilt waren. Die auf dem grossen Platze postirte Militärmusik intonirtc die Sultanshymne und begleitete sodann den Vali zum Konak, wo im etwas wüsten Vorgarten eine dichte Menschenmenge wartete, um des voraussichtlich wieder nur für wenige Monate über sie gesetzten sultanlichen Stellvertreters ansichtig zu werden. Wirklich folgte ihm bereits ein Jahr darauf ein neuer und später noch mehrere andere. Der häufige, schon vor vielen Jahren von mir verurtheiltc Beamtenwcchsel mit seinen natürlichen Nachtheilcn musste nothwendig das Pfortenregiment zu Grunde richten. Am 3. Maiabend meldete mein Dragoman, dass er reisefertig sei, und am nächsten Morgen dampfte ich aus dem Ruscuker Bahnhofe gegen Razgrad, um ein bereits 1872, während meines ersten Besuches von Eski Dzuma geplantes Vorhaben auszuführen, nämlich seine berühmte Maimesse kennen zu lernen. Eine Unzahl von Waarenballen und Kisten war bereits über Ruscuk nach Dzuma gegangen, andere warteten in den Bahnhofsmagazinen auf ihre Beförderung; denn der Andrang der meist auf der Donau herabschwimmenden Frachtstücke aus Oesterreich und Deutschland ist vor und während der Messzeit so gross, dass die Fahrmittel der nur 224 Kilometer langen Ruscuk-Varnabahn für ihre Beförderung schwer genügen. Wenn der europäische Osten durch die Beschaffenheit von Klima, Boden und Menschen noch auf lange hinaus dazu bestimmt scheint, den Ausfall von Lebensmitteln für den etwas erschöpften, dichter bevölkerten Occident zu decken, so führt dieser dem Orient wieder seine industriellen, technischen und geistigen Erzeugnisse zu, welche dort mit der steigenden Cultur ein immer lohnenderes Absatzgebiet finden. In diesem auf voller Gegenseitigkeit beruhenden Austausche friedlicher Leistungen bildet die Rusöuk-Varna-Eisenbahn ein wichtiges Mittelglied des grossen orientalisch-occidentalen Verkehrszuges, namentlich seit 1875, in welchem Jahre die directe Verbindung zwischen Constantinopel-Wien und damit zugleich die kürzeste zwischen dem Bosporus und Westeuropa hergestellt wurde. Diese Route besitzt den grossen Vorzug, für viele Kategorien von Waaren und für Reisende die billigste zu sein. Gegenwärtig besteht auch während des Winters ein directer Personen-Verkehr zwischen Constantinopel-Varna mit Wien, Oderberg, Granitza, Krakau, Lemberg, Czernowitz, Suczawa, Roman, Jassy, Braila, Galatz und Bukarest. Durch diese directe Verbindung wurde der Linie Ruscuk-Varna eine neue, dauernde Einnahmequelle erschlossen, welche bei der herrschenden Unlust der ruralen Bevölkerung sich der Eisenbahn zu bedienen, ihrem Budget sehr zu Statten kommt. Die Gesammt-Einnahmen aus dem Personen-Verkehr betrugen: 2.203,206,20 Goldpiaster, mit dem Durchschnitts-Ergebnisse: Ertrag pro Kilometer...........9835 Goldpiaster Ertrag pro Reisenden und Kilometer..... 66,5 „ Ertrag pro Wagenclasse, Reisenden und Kilometer 24 Para Jeder Reisende hat durchschnittlich befahren . . 110,8 Kilometer Auf jeden Kilometer kommen durchschnittlich . . 148 Reisende. Die Einnahmen unter diesem Titel betrugen im Verhältniss zum Gesammtertrage der Linie 343/io Percent; jene aus dem Personen-Verkehr für alle im Betriebe stehenden türkischen Linien (1467 Kilometer) beliefen sich 1875 auf 10.950,446,25 Goldpiaster oder 7861 Goldpiaster per Kilometer, somit lieferte die Ruscuk-Var-nabahn (224 Kilometer) mehr als den fünften Theil der Gesammt-Einnahmen aus diesem Titel. Der Eilgut- und Reisegepäcksverkehr bildet die schwächste Seite der türkischen Bahnen, er betrug 1875: 5.351,366 Kilogramm und auch auf der Ruscuk-Varnalinie nur 705,475 Kilogramm = 2,6% ihres Erträgnisses.*) Die stetige Entwicklung der türkischen Eisenbahnen tritt am sprechendsten im Waarenverkehre der Ruscuk-Varnalinie zu Tage, welche 1875, trotz ungünstiger Einflüsse, eine Gesammt-Frachten-Bewegung von 60,824 Tonnen erzielte, was. im Vergleiche zur Güterbewegung im J. 1874 mit: 50,287 Tonnen eine Steigerung von: 10,537 Tonnen = 20 Percent repräsentirt. An dem Gesammt- *) Oesterreicbwche Monatsschrift für den Orient, 1877, S. 143. Nach einer Mittheilung der . General-Inspection, aus der ich die vorstehenden und folgenden Angaben ohne Kritik wiedergebe. \ Verkehre per 60,824 Tonnen partieipirten folgende Hauptartikel, deren Gewicht mehr als 1000 Tonnen betrug und zwar: Getreide und Mehl mit 73, Holz 7, diverse Güter 3, Manufacturen 2,5, Steinkohlen 2 Percent. Dieses günstige Resultat ist hauptsächlich drei Momenten zu danken: nämlich der Hebung des früher vernachlässigten Transport-Verkehrs zwischen Donau und Pontus, der Heranziehung des Donau-Getreide-Exportes, und der Steigerung des Local-Verkehrs durch die fortschreitende Besiegung der coueurrirenden primitiven Transportmittel, obschon sich der türkisch-bulgarische Bauer noch immer sehr ungern zur Bezahlung der ihm hoch erscheinenden Frachtpreise in Gold versteht, das er überdies nur schwer zu beschaffen weiss. Die Artikel, welche zum obigen Erträgnisse beitrugen, sind nach Tonnen berechnet: Getreide und Mehl 44,566, Holz 4170, Salz 930, Knochen und Hadern 943, Obst und Gemüse 513, Steinkohle 1159, Marmor 325, Tabak 146; Import-Artikel: Colonial-Waaren 673, Petroleum 213, Manufacte 1408, Seife, Kerzen 176 und diverse Wagenladungsgüter 1913. Ausserdem haben noch Geflügel, Fische, Felle, Eier, Leder, Getränke, Emballagen, Wolle, Seidenwaaren, Papier etc. etc. nennenswerthe Frachten gebildet. Die verschiedenen Einnahmentitel der Ruscuk-Varnalinie ergaben: Personen- Eilgut- Frachten- Diverse Militär- Totnl- Besondere Jnhro Verkehr Gepiick Verkehr Einnahmen Transport Einnahmen Einnahmen fluid- Piaster. in I'lim es. 1875 2,203.206-20 167.51130 3,720.613-20 211.906 37 — 0,303.237-07 1,434.592-93 1874 2,239.141-05 164.943'— 3,233.387-10 237.366 25 — 5,874.840-40 1,342.830-— 1875 — 35.937-85 — 2.586-30 +487.220 10 +74.540 12 - + 428.396-67 + 91.762-93 Im Gegensatze zu manchen nach Constantinopel eilenden flüchtigen Touristen bemerkte ich bereits auf S. 128, dass der Betrieb auf der Varna-Ruscukbahn nicht schlechter noch besser sei, als auf der Mehrzahl secundärer Linien, welche gegenwärtig überall mit Vermeidung von überflüssigem Geldaufwande gebaut werden. Das Personal ist aber wohl das polyglotteste aller europäischen Bahnen: Griechen, Armenier, Dalmatiner, Bulgaren, Polen und Deutsche wirken hier unter englischer Direction einträchtig zusammen. Ein Signor Luigi de Plato, der sich als „Capo di treno" in mein Buch schrieb, sorgte zu Ruscuk für meine Installirung im stark gefüllten Zuge, und Dank dieser Aufmerksamkeit konnte ich mich in seinem einzigen Coupe I. Classe ungehindert von einer Fensterseite zur andern bewegen, um die auf unseren Karten nur oberflächlich eingetragene Bahntraee im Detail zu corrigiren, wobei mir die äusserst geringe Fahrgeschwindigkeit sehr zu Statten kam. Gleich hinter Ruscuk zwängten die speculativen englischen Ingenieure die Trace, um jeder Kunstbaute sorgfältig aus dem Wege zu gehen, in über- flüssige Curven; an anderen Stellen läuft sie wieder in, heftigen Schnee-Verwehungen ausgesetzten tiefen Einschnitten, wodurch in strengen Wintern grosse Störungen im Verkehre herbeigeführt wurden. Es kam früher vor, dass Züge zwei Tage lang, wegen mangelnder Arbeiter, im Schnee stecken blieben, wodurch die Reisenden Gefahr liefen, zu erfrieren oder Hungers zu sterben. Dies ist nun anders und die seit Jahren eingeführte rationellere Betriebsleitung wird wahrscheinlich auch manche Fehler in der ursprünglichen Anlage zu verbessern suchen. So liegt beispielsweise der Bahnhof von der Stadt Rusöuk allzu entfernt, was allerdings nicht auf die Rechnung der englischen Unternehmer allein zu schreiben ist Herr Barklay, der technische Chef der „Danube-Black Sea Company" und Erbauer der „Cernavoda-Küstendze-Eisenbahn" wollte nämlich ursprünglich den am nordöstlichen Festungswalle gelegenen Garten des reichen Kaufmanns Klican um 3000 Goldlira als Bahnhofsterrain erwerben; es wurde jedoch der enorme Preis von 4000 gefordert, woran die Unterhandlungen scheiterten. Zuletzt entwarf der Vilajets-Iugenieur Julius ein Project, welches auf die directe Schienenverbindung des Ruscuker Hafens mit dem fernen Bahnhofe abzielend, wenn ausgeführt, dem Verkehre einen bedeutenden Dienst leisten würde. Die erste Station von Ruscuk trägt den Namen des nahen östlichen Dorfes Öerna-oder (Jervena-voda. Gleich hinter dem Bahnhofe kreuzt dort die Linie den Zufluss eines kleinen See's, welchen ich in Karte brachte; sodann geht es bei grosser Steigung steil an; man zweifelt, dass die schwache Locomotive das Hochplateau erklimmen werde; doch sie gelangt glücklich hinauf und nun läuft die Trace auf dem sanften Rücken der zum Beli Lom scharf abgeböschten, vom Löss überlagerten Kreide-Terrasse. Bei der zweiten Station Vetova erreichen wir, vom Ruscuker Bahnhofe gerechnet, 213 M. absolute Höhe und dem stark gegen Osten ausgreifenden Hochplateau-Rücken unausgesetzt folgend, am Razgrader Haltepunkte schon 395 M. Seehöhe. Der Schienenstrang durchschneidet meist Weideboden. Von vielen Punkten der stetig steigenden Linie blickt man in breite fruchtbare Thäler, die Culturen reichen jedoch selten bis zur Trace herauf und nur ausnahmsweise erquickt eine Lauboase das Auge. In diesen kleinen Wäldchen herrscht die bei uns aussterbende weissblätterige Lindenart Tilia pannonica vor. Im Baumschatten hat sich am Waldrain ein bulgarischer Hirtenjunge gelagert, die Svirala blasend; beim Nahen des Trains unterbricht er die melancholische Weise und sucht laufend mit Schreien seine durch die schrillen Locoinotivpfiffc aufgescheuchten Schafe und Büfl'cl zusammen zu halten. Das tief unten im östlichen Einschnitte liegende Topcu sieht man nicht, denn Dank dem Bestreben der englischen Baugesellschaft, grösseren Gewinnes wegen, die Bahnlinie auf Kosten der kürzesten Trace um möglichst viele Kilometer auszudehnen, bekommt der Ost-Bulgarien mittelst Dampf durchschneidende Reisende bis Razgrad wenige Ortschaften und auch diese nur aus ziemlicher Ferne zu Gesicht. Die Bezeichnungen der Stationen sind meist nominell und selbst die Stadt Razgrad liegt über eine Stunde von der gleichnamigen Haltestelle; wir werden beide gelegentlich eines zweiten Besuches näher kennen lernen. Bei unserer Ankunft auf der Station hatte die Sonne den Zcnith bereits weit überschritten und Signor Castravelli, der Beamte en chef, spornte den für mich acquirirten Arabadzi zur Eile, damit wir Eski Dzuma noch vor Sonnenuntergang erreichen konnten. Es war glücklicherweise einer der vielen Ruscuker Birzarcn (Fiaker), welche die Aussicht auf reichen Gewinn während der Messzeit nach Razgrad lockt, von wo sie die Passagiere nach Dzuma und retour befördern. Unser Wagen war ein stark invalider Phaethon, der seine Glanzepoche wahrscheinlich zu Pest oder Bukarest verlebt hatte. Der geforderte Preis erschien mir etwas hoch; allein ich hätte noch mehr bezahlt, um nur nicht in eine landesübliche Taliga klettern zu müssen. Ihr Bau gestattet nämlich nicht die geringste Aussicht, auf die es mir aber sehr ankam, da ich den wichtigen, selbst auf Kiepert's Karte von 1871 fehlenden Strassenzug zwischen Razgrad und Dzuma einzeichnen wollte. Der Birzar schnürte unser Gepäck geschickt auf Kutschbock und Hintcr-theil seines Vehikels, mein Dragoman postirte sich neben ihn, und rasch ging es die Serpentinen abwärts zur S. im Thale liegenden Stadt, von der ich jedoch diesmal nur die ihr rothes Dachgewirr überragende Hauptmoschee - Kuppel zu sehen bekam. Wir durchschnitten das südöstliche Viertel und hatten kaum seine letzten Häuschen hinter uns, als hohe Telegraphenstangen und riesige Staubwolken den Beginn der Dzumaer Strasse kennzeichneten. Unzählige Fahrzeuge aller Art, mit buntester Staffage beladen, suchten sich unter ihrer Kutscher tollem Schreien in wilder Hetzjagd den Vorsprung abzugewinnen, um dann beim nächsten ambulanten Kaffeezelte länger des auch auf Reisen unentbehrlichen Kefs pflegen zu können. Nach 1 St. erblickten wir auf der rechtsseitigen Höhe das Reste alter Bauten bewahren sollende, reinbulgarische Arnautlar mit 220 Häusern; im XVII. Jahrhundert siedelte hier ein Razgrader albanesischer Gouverneur christlich-arnautische Landbauer an, welche jedoch später nordwärts wanderten. Unmittelbar hinter dem Orte constatirte ich die Wasserscheide zwischen den Donau- und Pontus-adern weit mehr N. als auf unseren Karten, und zugleich die ungekannten Sodzak Kamcik-Quellen, deren stärkste 3,9 Meilen W. von dem im letzten Kriege wiederholt genannten Sakar tepe abfliesst. Nun ging es fortwährend abwärts über kleine Queradern und Sporne am rechten Ufer des Sodzak dere; das gleichnamige Dorf blieb links, Sekere, Kubadin Hessen wir rechts am Wege, welcher nahezu parallel mit dem Kamcik läuft und ziemlich gut genannt werden kann. Die türkische Messpolizei hatte das Ihrige fiir die Sicherung der Strasse ge-than. In Abständen von kaum einer Stunde lagerten Piquets in Zelten oder in provisorischen BeUemeh's aus Astwerk, gewöhnlich am Saume eines Wäldchens oder an Stellen, welche sich am meisten zu räuberischen Ueberfällen eignen. Als Nebenerwerb betrieben diese mit alten Flinten, Pistolen und Handscharen ausgerüsteten türkisch-tatarischen Milizen die Bewirthung der Reisenden; und da Schenken fehlten, erzielten sie reichen Gewinn. Ueberall brannten einladende Feuer und neben ihnen hockten Kaffee trinkende Reisende auf ausgebreiteten Teppichen; ich glaube kein noch so sehr Eile habender Orientale und insbesondere kein Arabadzik (Kutscher) widersteht der Versuchung, wenn ihm ein Schäl-chen des köstlichen Trankes aus dem heiligen Arabien winkt. Um ihn zu schlürfen, kletterten Türken und Bulgaren, Spagnuolen und Armenier bei jedem Beklemeh, oft zu sechs und acht, mit staunenswerthem Geschick aus ihrer bunt angestrichenen feder- und fensterlosen Taliga. Diese Wagenart ist eine tatarische von den Türken verschlechterte Erfindung, ein raffinirter Marterkasten, gegen welchen die russische Kibitke ein wahres Ideal von Bequemlichkeit ist; der Türke bedient sich aber mit Vorliebe dieses tonnenartigen Vehikels, weil es ihm die gewohnte hockende Stellung auf sitzlosem, mit Teppichen bedecktem Boden und die sichere Bergung seines Harems vor fremden Blicken gestattet. Bei einem stark besetzten Beklemeh kreuzte die Strasse den Basisler dere zwischen Karebköi und Kodzadoanar, nach dem ich W. abbog, um genauere Erkundigungen über die nördlichen Kameikquellen einzuziehen. Darüber rückte der Tag weit vor und es dunkelte, als wir die sanften Hänge bei Ailadin hinabrollten. Eine grosse Caravane befrachteter Wagen hatte am Raine eines Wäldchens bereits Konak gemacht, da sie nicht mehr hoffen durften, die Messstadt vor „Aksam" (Abend) zu erreichen. Unser Birzar riss im Han zu Dautlar seine Pferde ein letztes Mal tüchtig bei Schöpfen und Ohren, um ihre Lebensgeister aufzurütteln, und trieb sie sodann mit gellender Zuspräche über die sanft zum Kirk giöid su hinabziehenden Höhen. Die Eichen- und Birkengehölze warfen bereits lange Schatten, immer häufiger wurden die Bivouakfeuer lagernder Arabadzik's, die Sonne ging zur Rüste und bald befanden wir uns allein auf der Strasse. Endlich leuchteten am abendlichen Horizont des Panajirplatzes weisse Mauern auf, vor ihnen die langen Zeltreihen des Nizamtabors und der Reiterescadron, welche zur grösseren Sicherung der zusammenströmenden Messwerthe aus Sumla zeitweilig hierher beordert waren. Im Militärlager herrschte Stille und wir hörten deutlich den Anruf der Patrouillen; in Dzuma's Bazarstrasse wogte aber noch geräuschvolles Leben und ebenso im Hause des Corbaöi, der mich auf von Ruscuk erfolgte telegraphische Benachrichtigung an der Spitze seiner festlich gekleideten Familie mit herzlichem „dobro dosle" empfing. Die freundlich getäfelte Stube Knnitz, Donau-Bulgarien und der Balkan. III. 19 bot für meine geringen Ansprüche genügenden Comfort, das Abendbrot schmeckte trefflich und der im Garten plätschernde Springquell brachte mich mit seiner einschläfernden Musik bald dem Keiche der Träume näher, in *las ich nach dem bewegten Tage allerdings auch sonst den Weg gefunden hätte. Eski Dzuma's Physiognomie und Bewohner lernte ich bereits während meines ersten Besuches der Messstadt im Sommer 1872 kennen; der Leser findet sie auf S. 53 geschildert. In türkischen Städten ändert sich in zwei Jahren wenig; das Pflaster war, wo eines vorhanden, gleich abscheulich geblieben, Gassen und Strassen so enge und architekturlos wie früher. Nur auf dem Konakplatzc ver-rieth sich das grosse Jahresereigniss durch einige liusöuker alterthümliche Kaleschen, welche auf Fahrgäste zum Messplatze warteten. Er war der Brennpunkt, welcher Jeden, der irgend etwas zu kaufen oder zu verkaufen gesonnen war, auf viele Meilen in der Runde anzog. Natürlich beherrschte der „Panajir" alle Gemüther und Gespräche in der Stadt. Wie wird er ausfallen, was dem Einzelnen bringen? Eski Dzuma's grosse Maimesse behauptet nämlich für das nordöstliche Donau-Bulgarien den gleichen Rang, wie jene von Uzuncova für das mittlere Thrakien; Kaufleute von Constantinopel und Kleinasien erscheinen dort, selbst die persische Filzmütze tritt sporadisch auf. Der Arabadzik, dessen Kutsche ich bestieg, stülpte eine blaue Staubbrille auf und stürzte sich hierauf in einen Strom von Wagen und Karren, der uns bald in riesige Staubwolken einhüllte; im Galopp ging es über das undulirte Terrain, das, so weit man blicken konnte, Menschen und Thiere bedeckten. Nach einer Viertelstunde hielten wir vor dem von Nizamsoldaten bewachten Haupteingange des Mauervierecks. Gleich am Thore stehen zwei einstöckige Gebäude, in welchen Delegirte des Ruscuker Handelsgerichtes und der Kadi entstehende Rechtsstreite rasch mit Ausschluss alles Schreibens schlichteten; auch der Kaimakam des Kreises amtirte hier und war seit frühem Morgen mit Secre-tären und Zaptie's stark beschäftigt. Der freundliche Effendi durchflog meinen Ferman und erwies sich ungemein gefällig im Ertheilen der gewünschten Auskünfte. Ich erfuhr, dass der Tirnovoer Mutessarif-Pasa gewöhnlich die Messe in der Hauptwoche besuche und dass auch der Ruscuker Vali oft auf derselben erscheine. Früher spielte sich der Markt in einem ungemein feuergefährlichen hölzernen Budenbazar ab. Midhat legte den neuen Panajirplatz an und beabsichtigte, im Centrum eine Moschee, an seinen vier Ecken aber nach Aussen vorspringende Caravanserai im grossen Style zu errichten. Auch dieses schöne Project legten des reformeifrigen Vali's Nachfolger unter das „minder" (Sitzkissen), wo es der neubulgarische Gouverneur vielleicht noch vorfindet. Der Kaimakam wollte mir einen Caus als Begleiter durch das Marktgewühl aufnöthigen, ich lehnte aber diese Aufmerksamkeit ab, da unnöthiges Aufsehen meine Zwecke ge- hindert haben würde, und eilte mit meinem Dragomän zum Budenplatze, dessen bunten Inhalt ich zu studiren gedachte. Die Messe zu Eski Dzuma beginnt am 4. und dauert bis 18. Mai. Wohl zwei Drittheile des ausgedehnten Messplatzes fand ich der Breite und Länge nach von fünf Strassen durchquert, was 36 Budenvierecke mit ebenso vielen Höfen ergab. Oft gehört ein abgeschlossenes Budencarre einem Eigner, der die einzelnen Magazine an Händler weiter vermiethet. Der Gewölbezins hängt vom Besuche der Messe ab; bei starker Frage steigt er bis 2500 Piaster und höher, in schlechten Jahren bleiben aber viele Buden leer, denn manche Kaufleute ziehen es dann vor, ihre Waaren unausgepackt zurück zu senden. Die solideren Bauten gehören grossentheils bedeutenderen einheimischen Grossisten, die ausgedehntesten Niederlagen den Firmen: Demeter Zlato (Wiener Waaren), G. Hadzi Argiroglu aus Filipopel, Eduard Heyler (englische Nägel und Droguen), Fer Karaduncov (Reis, Droguen, amerikanisches Petroleum) aus Constantinopel, u. a. Ueber den Ursprung der zur Messe gebrachten Waaren verzeichnete ich folgende Nachweise: mittelst Donaudampfern gelangten 1874 allein via Ruscuk dahin *10,000 Centner verschiedenster Artikel; weit grössere Quantitäten gingen aber von Constantinopel via Varna, dann von Salonik, Adrianopel, Filipopel u. a. O. mittelst Lastthier-Caravanen über den Balkan auf die Messe. Von österreichischen Waaren kamen speciell bedeutende Mengen sogenannter Kronstädter Artikel: Riemzeug, grobe Tücher, Metallwaaren, buntbemalte Truhen, Bürsten u. s. w., ausserdem Wiener Shawls, Manufacte, geblümte Kopftücher, Goldspitzen, künstliche Blumen, schlesische Tuche, Zündwaaren, Cigarettenpapier, steierische Sensen, böhmische Fesse und Gläser, wohlfeile Petroleumlampen, emaillirtes Kochgeschirr, Pakfong- und Chinasilbergeräthe, Papier aus Josephsthal; ferner Chemikalien, Tinte und Hofmannsehe Tropfen aus Pester Fabriken, ebenso Stabeisen und ordinäres Papier aus Ungarn; durch griechisch-armenische Commissionäre: von Manchester bezogene Baumwollgarne, englische Turbantücher, geblümte Demi-Cottons, Spitzen, grobes Segeltuch und feineres, theilweise farbig bedruckt in inländischen Fabriken, z. B. in Cypern; ferner französische Tarlatan-Kopf-tücher, Seidenstoffe für Feredzi's (Frauenmantel), gepresstes Glas, ordinäres Steingut; aus England: Stahlwaaren, Drahtstifte in Fässern, Nadeln, Sägen u. s. w. Von fremden Fabrikaten traf ich noch: billige gestreifte Baumwollstoffe aus Sachsen, Elberfeldcr türkische Roth waaren, Metall-Arbeiten vom Rhein, Taschen-und Wanduhren aus dem Schwarzwalde, Imitationen derselben mit Messingwerken aus Frankreich, Eisen- und Messingschlösser aus Russland u. s. w. Von inländischen Erzeugnissen überraschten mich durch Schönheit und Güte: Weisswaaren mit bunten Rändern aus dem thrakischen Eski Sagra, Decken mit i'othen Streifen, blau mit weiss carrirte Stoffe, dann braun ornamentirte Damaste 19* aus Pirdop bei Zlatica, ordinäre Metallwaarcn aus Gabrovo und Sumla, Sattel-und Riemzeug aus Constantinopel, dessen Kaufleute auch englische Droguen, Farbwaaren, amerikanisches Petroleum, Marseiller Zucker, holländische Stearinkerzen und walachisches Salz en gros und en detail feil hielten. Von einigen orientalischen Kaufleuten wurden Trapezunter Shawls mit 15 Napoleons pro Oka, Tttmbükei-Tabak aus Iran mit 18 Piastern pro Oka, grüne Kenna aus Damaskus zum Färben der Fingernägel mit 7 Piastern pro Oka, Kokosnüsse aus Mekka mit 5 Piastern pro Stück u. s. w. verkauft. Bunte und polyglotte Etiquetten, auf welchen selbst die Urschrift der Bibel nicht fehlt, dann flimmernde, mit Gold- und Silberfäden eingewebte Marken sind bei den Orientalen sehr beliebt und erleichtern ungemein den Waarenabsatz. Die aus England durch dortige Commissionaire bezogenen Waaren wurden per comptant, jene via Wien gewöhnlich auf 4 Monate Ziel verkauft. Der Messverkehr vollzieht sich grösstentheils nach heimischem Maass und Gewicht; der Arsin oder Pik (türkische Bazar-Elle) = 0,68 Meter, eine Oka = 1.228,945 Kilogramm. Als Werthmesser für die Gold- und Silbermünzen, welcher in den türkischen Provinzen ein sehr verschiedener ist, gelten die Constantinopler Course. Ambulante Banquiers besorgten übrigens an den Ecken der Budcncarre's hinter kleinen Tischen die Umwechslung der mannigfaltigen Geldsorten aus aller Herren Ländern, welche in der Türkei umlaufen, und suchten den bäuerlichen Schönen auch die antiken Münzen ihres Halsschmucks um ein Billiges abzuhandeln. Rcchtsgiltige Geschäfts-Abschlüsse vollzogen viele Schreiber, welche über die nothwendigen Stempelpapiersorten verfügten. Ich übergehe hier den mit der Messe verbundenen Rohproducten- und Viehmarkt, welch letzterer namentlich für die angrenzenden Kreise von grosser Bedeutung ist, und ebenso das den Ethnographen speciell interessirende bunte Nationalitätsgemenge und reiche Volksleben auf und nahe dem Mcssplatz, in seinen langen Gassen, in den Schenken, Zelten, iniprovisirten Laubhütten, unter weiss und roth gestreiften riesigen Sonnenschirmen u. s. w. Ich lasse auch das Treiben im Freien unberührt, die Kniffe der Rosskämme und Telals, jener öffentlichen Ausrufer, welche Pferde, WaffefT, Uhren und sonstige Gegenstände an den Mann zu bringen suchen. Am buntesten ging es in den ambulanten kleinen Kramläden her, in welchen man Stück für Stück um „altmisch para" ausschrie. Da kostete Alles: eine Tabaksdose, Staubbrille u. s. w. nur 12 Pfennige; allerdings waren es grösstentheils Ladenhüter der mit Maschinen billig producirenden europäischen Industrie, mit welcher der nur die Handarbeit kennende Orient nicht zu coneurriren vermag. Dies zeigte sich sehr deutlich im Sommer 1873 auf der Wiener internationalen Ausstellung, welche der europäische Osten zum ersten Mal mit seinen Erzeugnissen für Haus und Luxus in möglichster Vollständigkeit beschickte. Unter den Kaleidoskopbildern, welche diese Weltausstellung entrollte, äusserten unstreitig die farbenprächtigen des Orients auf die grosse Masse eine ungeschwächte Anziehungskraft. Die hundert Kleinigkeiten zu 2 Francs und darüber, welche der braune Tabuletkrämer aus dem h. Lande am Palaste des Khedive ausbot, waren gleich sehr umworbene Brennpunkte allgemeiner Schaulust, wie die riesigen Sniyrnaer Teppiche zu 5000 bis 10,000 Frs. und der von Schah Nadir 1739 aus Delhi geraubte Pfauenthron, dessen Werth (in seiner einstigen Vollständigkeit) mit 150 Millionen französischer Livres von Tavernier wohl stark überschätzt wurde. Mit seinen unermesslichen Naturreichthümern, durch Glanz, Farbe und Bizarrerie in der gewerblichen Production feierte der in vielhundertjährigen Traditionen stationär gebliebene Osten im Industriepalaste und seinen südlichen Annexen einen vollständigen Triumph. In der Maschinenhalle jedoch, wo Tausende sinnreich combinirter Apparate der occidentalen Welt, unter dem betäubenden Lärme tributär gemachter Naturkräfte, die erstaunlichsten Leistungen vollbrachten, glänzte der märchenhaft träumerische, alt gewordene Orient — durch seine Abwesenheit. Musste diese auffallende Erscheinung den Ethnographen und Handelspolitiker nicht allein schon zu den interessantesten Schlüssen führen? In Wahrheit, was vermöchte sprechender als diese merkwürdige Thatsache des Orients heutige wirtschaftliche Stellung zum Occident zu illustriren? Ein Gang von nur hundert Schritten aus dem orientalischen Flügel des Palastes hinüber zur Maschinenhalle genügte, um selbst dem Laien jenen tiefen Gegensatz zu enthüllen, auf dessen geschickter Ausbeutung der handelspolitische Erfolg unserer westeuropäischen Industrieländer beruht. Und Oesterreich, der Staat, dessen Name schon nach Osten verweiset, der durch seine geographische Lage, Land- und Wasserstrassen, Geschichte und Völker, so eng mit dem europäischen Orient verbunden ist ? Aus meinem Studium der Messe von Eski Dzuma resultirte mit voller Gewissheit, dass die österreichischen Fabrikate eine riesige Concurrenz mit der englisch-französischen Industrie und selbst mit jener von Deutschland, Holland und der Schweiz zu bestehen hatten. Diese Thatsache wird erklärt durch die geringe Neigung des österreichischen Fabrikanten seine Erzeugnisse dem Geschmacke fremder Völker anzupassen, auch fehlt es an geschickten Agenten; nicht der kleinste Theil der merkwürdigen Erscheinung liegt aber an der verkehrten Inangriffnahme der türkischen Eisenbahnbauten von der See her gegen Norden, statt in umgekehrter Richtung von der österreichischen Südgrenze hinab zum Meere. Obschon nämlich das „rumelische Bahnnetz" von österreichischen Ingenieuren tracirt wurde und obgleich man dessen Ausführung auch materiell durch energische Protection der berüchtigten „Türkenlose" u. s. w. förderte, verstand es die Wiener Diplomatie doch nicht, als Lohn für ihre eifrige Mitwirkung, den Ausbau der tür- Irischen Bahnen von den Grenzen des Kaiserstaates gegen Süden vertragsinässig ihm zu sichern! Durch keine Convention gebunden, erachteten es die Unternehmer für ihre Interessen vortheilhafter, den Bau der Bahnlinien von Enos, Salonik und Constantinopel her zu beginnen. Dies entzog nicht nur der österreichischen Montanindustrie die Lieferung des riesigen Bedarfs an Schienen und rollendem Material, sondern es entstand auch ein Bahnnetz, dessen Tendenz sich geradezu gegen Oesterreich richtete, indem es ausschliesslich Westeuropa^, auf wohlfeilem Seewege verfrachtenden Industriestaaten zu Statten kam. Diese vermochten nun ihre bereits in den türkischen Häfen eingebürgerten Fabrikate zu jeder Jahreszeit mittelst Bahnen ins Innere zu befördern, während die österreichische Industrie im Winter selbst von ihrer einzigen, verhältnissmässig wohlfeilen Donaufrachtenstrasse abgeschnitten, den Kampf mit der westeuropäischen Concurrenz aufgeben musste. Denn wollte sie auch die theueren Südbahn- und Lloydlinien via Triest benützen, so verstand es ihre Consular-Vertretung in den türkischen Provinzen wieder nicht, bei den Pfortenorganen die Verbesserung des bosnisch-albanesischen Strassen-netzes durchzusetzen, welches von der slavonisch-kroatischen Grenze und Adria den Waarenverkehr in das Innere der Türkei ermöglicht hätte. So erklärt sich in natürlicher Weise die hervorragende mercantile Stellung der grossen seefahrenden Industriestaaten, welche im Krimkriege Land, Leute und Bedürfnisse der Türkei eifrig studirten, und andererseits Oesterreichs Herabsteigen von dem hohen Platze, den es einst im orientalischen Handel einnahm. Es gab nämlich eine Zeit, in welcher die türkischen Landesproducte, z. B. Wolle, Felle, Leder, Wachs, Tabak u. s. w. fast ausschliesslich ihren Weg nach Oesterreich oder transito über dasselbe nahmen und wo seine Fabrikate den türkischen Markt souverain beherrschten; dass dem nicht so, blieb manchen Kreisen kein Geheimniss. Die Menge kannte jedoch diese Thatsache ebenso wenig als die ihr zu Grunde liegenden Ursachen, und es erregte nicht geringes Aufsehen, als mein Bericht über die zu Eski Dzuma gesammelten Erfahrungen aus der Märznummer der „Monatsschrift des Wiener Orientalischen Museums" (1875) in viele Tagesblätter überging. Man hielt es kaum für möglich, dass Oesterreich selbst den Handel in Zucker und Salz an Frankreich, jenen in Stearinkerzen an Holland u. s. w. verloren habe. Einen Monat später reiste, durch meine Mittheilungen angeregt, eine von Graf Edmund Zichy geführte kleine Expedition, an welcher auch das österreichische General-Consulat zu Ruscuk sich betheiligte, zur Eski Dzumaer Messe und bald darauf fand ich die traurige Genugthuung, alle meine Wahrnehmungen buchstäblich bestätigt zu sehen. Gelegentlich des Berliner Congresses suchte Oesterreich in „Vorverträgen" und später durch langwierige Unterhandlungen mit Serbien und der Türkei den endlichen Ausbau der lauge entbehrten „rumelischen Anschlusslinien" zu sichern. Folgt dem Worte die That, so wird dies nicht nur flir die österreichische, sondern auch für die deutsche Industrie von grosser Tragweite sich erweisen und einigermassen die Wunden verschmerzen lassen, welche die letzten Kriegsjahre im Orient dem gesammten mitteleuropäischen Verkehre schlugen. Während der Jahre 1877 — 1879 konnte auch an die Abhaltung der Messe in dem am 25. Jänner 1878 von den Russen besetzten Eski Dzuma nicht gedacht werden. Erst ein fürstliches Decret vom Jänner 1880 bestimmte, dass sie in diesem Jahre und weiter stets am 13. Mai eröffnet werden und volle 8 Tage dauern solle. Um den Kaufleuten aus Ost-Rumelien die Theilnahme zu erleichtern, verfügte das Finanz-Ministerium die Rückerstattung des Zolles für ihre unverkauft über die Grenze des Fürstenthums zurückgehenden Waaren. Vom österreichisch-ungarischen Con-sulate zu Ruscuk folgt diesmal ein abgesendeter. Experte dem Gange der wieder in das Leben tretenden Messe. Nachdem ich meine Aufgabe zu Dzuma gelöst, das drei Jahre später, als Hauptquartier des durch Mehemed Ali von Varna herangezogenen Prinz Hassan'-sehen Armeecorps und Rtickzugspunkt desselben nach dem Verlust der Lomlinie, eine weit weniger freundliche Physiognomie bot, ging es an die Fortsetzung meiner Studien im Lom- und Jantra-Gebiete. Es schien meinem Zaptie nicht leicht durch die vielen dem Panajirplatze zueilenden Lastthier- und Wagen-Caravanen uns Weg zu bahnen. Beim bulgarisch-türkischen Orte Geren waren wir endlich ausserhalb des Messgewühls und auf Dzuma's nordwestlichen Höhen löste wohl-thuende Stille den wilden Lärm ab, der uns seit zwei Tagen umschwirrt hatte. Durch hübschen Eichwald stiegen wir nun nach Kisana teke hinauf, dessen 430 M. hoch liegendes „Grab der Jungfrau" ich von der „alten Freitagsstadt" als weiss schimmernden Punkt erblickte. Sein greiser Hüter, Derwisch Hadzi Mehemed, schmauchte auf dem Öardak des Häuschens ein Nargileh, wie er es seit vielen Sommern in beschaulichem Nichtsthun gewohnt war, dabei milde Gaben von frommen Pilgern einheimsend, welche des „Jungfraugrabes" Wunder-thätigkeit herbeizog. Fatme, die im nahen Dautlar geborene moslimsche Heilige, war von Allah bevorzugt, wie jene von Gott begnadete Jungfrau, welche vor einigen Jahren das katholische Frankreich in Schwärmerei versetzte. Sie erfreute sich der besonderen Protection des mächtigen Propheten; schon bei Lebzeiten verrichtete sie Wunder, welche Staunen erregten, auch sagte sie voraus, dass nach ihrem Scheiden auf der benachbarten Waldhöhe ein Teke entstehen würde, in dem Kranke vierhundert Jahre lang Trost und Heilung finden werden! Der Wink Hess an Klarheit nichts zu wünschen übrig und eine so reichen Gewinn versprechende Capitals-anlage schien, im Hinblick auf die vielhundertjährige permanente Verzinsung, den Dautlarcr Frommen nicht allzu gewagt. Im Jahre 1856 erhob sich auf der bezeichneten Stelle ein kleiner Bau, nach dem man die irdischen Beste der Jungfrau brachte, und das neben dem Teke allmälig aufblühende, heute 55 Häuser zählende Türkendorf wurde zu Ehren der Heiligen „Kisana teke" genannt. An Montagen und Freitagen werden an Fatme's mit Teppichen bedecktem Grabe Kerzen angezündet, deren Flimmern sie schon zu Lebzeiten geliebt hatte; der frommen Waller giebt es viele, denn was die Heilige versprochen, verwirklichte sich über alle Erwartung. Sie heilt Kranke, bringt verlorene Gegenstände, wenn man ihr namentlich Oel oder Kerzen fleissig opfert; Derwisch Mehemed aber, welcher ihr Grab vor der Profanirung durch Ungläubige bewahrt, giebt sich mit dem kleinsten Obolus zufrieden. Schmunzelnd steckte er das gereichte Baksis ein und. ertheilte mir dann um so breitspurigere Auskunft über die Namen der zahlreichen, durch ihre rothen Dächer erkennbaren Orte tief unten im Thale. Ich betrat hier wieder ein 250 □ Meilen umfassendes, dicht bevölkertes Forschungsgebiet, das vor meiner Bereisung auf allen bis 1877 erschienenen Karten, nahezu als vollkommen weisser Fleck figurirte. Von Kisana teke zogen wir mit sanftem Anstiege über das vielverästelte bergige Hochplateau, dessen N. S. streichender Kücken jenen Zweig der'Lom-Kamcikscheide bildet, um den 1877 wiederholt heftig zwischen dem Carevic und Mehemed Ali Pasa gekämpft wurde. Dieser Gebirgswall deckt von W. her die Strasse zum offenen Eski Dzuma, dessen Einnahme durch die Küssen den Rückzug der türkischen Centrumsarmee nach Sumla bedingt hätte. Die westlichen Schlüsselpunkte dieser strategisch hochwichtigen Position, welche ich zuerst mit den am Orte erfragten Namen: Sakar tepe und Kireöen bair in Karte brachte, spielten lange eine grosse Rolle in den türkisch-russischen Schlachtbulletins; bei ihrer hartnäckigen Vertheidigung zeichneten sich namentlich die in den Einschnitten und am Fusse des Plateau's seit 1862 in 6 Dörfern angesiedelten Tscherkessen aus. Meine Voraussage, dass Russland den „Kaukasus am Balkan" erneuert treffen und zu bekämpfen haben werde (I. Auflage, 1. Bd., S. 319), erwahrte sich in der schlimmsten Weise für des Carevic's rechten Flügel. Durch Monate vermochte er hier keinen Meter Boden zu erringen, denn überall stiess des Kosaken Pike auf den gezückten Säbel seines alten tscherkessischen Gegners. Gewiss griffen auch die fünf zerlumpten tscherkessischen Kerle in den blutigen Strauss ein, welche aus einem iniprovisirten Laubzelte heraustretend, zur Sicherung des über Kisana teke nach der Messstadt führenden Vicinahvegcs, um unsere Teskereh fragten. Sie hielten ihre Flinten dicht yoi- uns hin, welchen Uebereifer der in seiner Würde sich verletzt fühlende Zaptie damit lohnte, dass er den neuen, ihrer Milizpflicht nachkommenden Unterthanen des Padischah die Ehrentitel „Esekler, Köpckler" (Esel, Hunde) an die Köpfe warf, deren Empfang die verdächtig aussehenden Gesellen mit einigen tscherkessischen Complimenten quittirten. Der Zaptie steckte dieselben ruhig ein, da er wahrscheinlich sich und uns in dieser verrufenen Engpassage nicht unliebsamen Abenteuern aussetzen wollte. Hier war buchstäblich der Bock zum Gärtner bestellt worden; dafür sprach auch der ringsum verwüstete Eichenwald. Den Feldbau scheuend, hatten die kaukasischen Ansiedler ihm furchtbar zugesetzt, um durch den Holz verkauf ihr Leben zu fristen, dessen Armseligkeit Sepeci's siechender Nachwuchs verrieth; weithin breiteten sich rechts und links vom Wege seine elenden Hütten aus. Hier constatirte ich die Wasserscheide zwischen dem Kaniclk und Lom; sie tritt so markirt hervor, dass die Türken dort im Juli eine die Umgebung weithin beherrschende Redoute anlegten, welche mit den anschliessenden bei Kediögren, Kizilar und Resini Pasaköi, dem linken Flügel der grossen Lom-Armee eine treffliche Sicherung gaben. Südlich von Sepeöi fliesst der Kirtirli dere zum Kamcik, ein anderer Bach, den wir abwärts steigend, vor Kizilar gleichfalls kreuzten, aber schon zum Kara-oder Öerni Lom, wie die Bulgaren ihn nennen. Diese wohnen im weiten Umkreise in entschiedener Minorität. Zu Kizilar wurde ich wieder einmal für einen „ates araba insenir" gehalten; weshalb hätte ich sonst Orte, Wasserläufe u. s. w. eingehend erkundet. Muhtar Halil Osman Hess sich in diesem Glauben durchaus nicht beirren und wahrscheinlich um mich für sein Dorf günstig zu stimmen, wurde ich im Mussafirlik nach Kräften bewirthet. Die armen Leute träumten von besseren Tagen und ahnten nicht, dass der „Moskov" ihnen so rasch schlimmste bringen werde; Zeiten, welche ihren Besitz gänzlich in Frage stellten. Zuvor schädigten sie aber noch während des letzten Krieges ihren Todfeind, soweit sie konnten; für kleinere Detachements, Lebensmittel-Transporte, für verwundet Zurückbleibende und Versprengte bildeten sie eine permanente Gefahr, was in ihre Hände fiel, war erbarmungslos dem Tode geweiht. Am 31. Juli schlugen 180 Tscherkessen des Dorfes unter ihren Führern Kusch, Pisch und Dzambulad Bei ein Kosaken-Detachement, das in Sarnasuflar eindringen wollte, mit einem Verluste von 2 Offieieren und einigen Reitern in die Flucht; am 13. August vertrieben sie eine Infanterie- und Cavallerie-Abtheilung, welche das benachbarte Arapli angriff, wobei einige Russen fielen u. s. w. Weit besser als der bequeme Türke für den Recognoscirungsdienst geeignet, hüllten die von Eski Dzuma bis Ruscuk zahlreich angesiedelten Tscherkessen des Carevic' Armee mit einer Wolke kühner Späher ein, welchen keine Bewegung verborgen blieb. Von Kizilar, dessen Seehöhe ich mit 268 M. feststellte, stiegen wir hinab in einen breiten, baumlosen, zum Lom sich öffnenden Einschnitt, durch welchen die Russen im letzten Feldzuge von Araplar gegen Kizilar und die nach Dzuma führende Strasse wiederholt, aber stets mit grossem Verlust vergebens anstürmten; hierauf zogen wir über die berühmt gewordenen „Kireeenhöhen" zur Chaussee hinab, welche direet nach dem vielgenannten Popköi führt. Am jenseitigen nordöstlichen Hange war Sarnasuflar deutlich zu erkennen und westlich das von sanften Bergzügen umsäumte breite Thal des schwarzen Lom, den wir bei Ajaslar kreuzten. Weiter ging es über die reich gesegnete Hochebene zwischen Sid Mahle und Sultanköi mit prachtvollen, dem letzten Kriege wahrscheinlich zum Opfer gefallenen Buchenhainen. Noch ein kurzer Kitt und wir hatten das zum Konak ausersehene stattliche Popköi vor Abendeinbruch erreicht. Mit Hilfe des citirten Zigeuner - Kihaja vollzog sich unsere Einquartierung rasch; da der Han bereits von einer grossen Wagen-Caravanc in Beschlag genommen war, ritten wir zurück zum reinlichen Mussafirlik auf dem rechten Ufer der Vodica, welche das Dorf in zwei Hälften trennt. 1874 zählten sie 95 türkische, 3 tatarische und 50 bulgarische Gehöfte. Wir hatten noch ein Stündchen bis Sonnenuntergang und so konnte ich mich ungestört dem Genüsse der an-muthigen Landschaft hingeben, welche drei Jahre später vom Blute Tausender Tapferer gefärbt wurde. Oestlich zogen die Hänge des viel umkämpften „Sakar tepe" zum Lom herab; auf seinem linken, nahezu flachen Ufer lag draussen am hellglänzenden, viel gekrümmten Kinnsal in abendlicher Beleuchtung Haidarköi und jenseits Popköi's stattliche Moschee, von deren hohem Minaretkranze des Muezzins feierlich tönende Stimme die herrschende Ruhe unterbrach. Wenn ich an verschiedenen Stellen dieses Bandes mehrere im Sommer 1877 vielgenannte Schlachtfelder zwischen Dzuma, Rusöuk und Tirnovo nur flüchtig streifte, dürfte das durch längere Zeit den Mittelpunkt der russisch - türkischen Actionen bildende Popköi wohl der geeignetste Ort sein, um mein S. 56 gegebenes Versprechen zu erfüllen, indem ich hier ein gcschlossneres Bild der Kämpfe am Kara Lom zu geben versuche. Bereits im VI. Cap. deutete ich an, dass des Grossfürst - Thronfolgers Armee aus dem von Grossfürst Vladimir und General-Lieutenant Hahn befehligten XII. und XIII. Corps bestand, zu welchen später Theile von Fürst Sakovskoy's XI. Corps stiessen. Diese Streitkräfte standen in der letzten Juli-Dekade auf der Sehne der von Rusöuk über Razgrad nach Eski Dzuma streichenden Bogenlinie, welche die unter dem Ober-Commandanten Mehemed Ali operirenden Corps: Ahmed Ejub Pasa und Prinz Hassan, mit vielen Aegyptern, Tscherkessen und Basibozuks, damals 70,000 Mann stark, besetzt hielten. Des Carevic' nächste und wichtigste Aufgabe, Rusöuk zu cerniren und Razgrad, den Hauptpunkt der türkischen Stellung wegzunehmen, um die Bahnverbindung zwischen Rusöuk und Sumla zu unterbrechen, wurde durch Mehemcd's wiederholte Vorstösse auf einzelne russische Stellungen am Lom unterbrochen. Am 17. Juli erschienen Kosaken von der Cav.-Div. des XIII. Corps in Popköi, ein Theil seines Gros folgte und bezog eine Stellung beim nahen Sultanköi wäh- rend die aus allen Waffen zusammengesetzte Vorhut bis Ajaslar, am Gabelpunkte der Sumlaer, Dzumaer und Osmanpazarer Strasse vorrückte; nördlicher besetzte General LeonofFs Detachement das rechte Lomufer von Karahasan bis Sadina, bei welchen Bewegungen es auf der ganzen Linie, wie bei Sarnasuflar, Araplar (S. 297) u. a. 0. zu unbedeutenden Scharmützeln kam. Bei solchen blieb es bis Mitte August, bis Mehemed Ali seine Armee besser organisirt hatte und die Hoffnung auf eine gemeinsame Operation mit Suleyman Pasa gänzlich aufgebend (S. 8), allein zu energischerer Action schritt. Mehemed Ali's nunmehr etwa 75,000 Combattanten mit 170 Geschützen zählende Armee hätte gegenüber den drei auf 100 Kilometer vertheilten schwachen Corps des Careviö, durch eine, sich, den unterstehenden Generalen, und Truppen vertrauende Führung, grosse Erfolge erringen können; allein Mehemed fühlte, wie wenig er, als „halber Gjaur", von den moslimschen Glaubensstreitern geliebt sei, wie sehr auch nur ein verlorenes Gefecht ihn schädigen musste, und ging deshalb zaghaft vor. Durch zwischen dem 10. bis 20. sich vollziehende feindliche Truppenbewegungen beunruhigt, welche auf einen mit Suleyman Pasa combinirten Angriffsplan hindeuteten, beschloss der Careviö, sich über Mehenied's Absichten durch eine starke Recognoscirung grössere Klarheit zu verschaffen. G.-L. Hahn beorderte zu diesem Zwecke am 21. August aus dem von Gagovo bis Ajaslar am linken Kara Lomufer stehenden XIII. Corps den General Bujaheviö mit 1 Infanterie-, 1 Husaren-Regiment und 3 Batterien. Dieses Detachement überschritt am Abend bei Ajaslar den Fluss und setzte sich, zwei zurückweichenden türkischen Bataillonen folgend, auf den Kiriöenhöhen fest; auf dem Vormarsche con-statirte aber die Cavallerie am nächsten Morgen bedeutende feindliche Kräfte in festen Stellungen, welche sich auf der Lom-Kamöikscheide von Sepeöi über Kizilar und Kediögren bis zum jenseitigen Kebir Jeniköi ausdehnend, die Russen an weiterem Vordringen zu verhindern suchten. Auf G. Bujaheviö' Meldung, dass er trotz des gefundenen Widerstandes seine Recognoscirung fortsetzen wolle, wurde General Prohoroff mit 6 Bataillonen zur Aufnahmsstellung auf die Kiriöenhöhen rasch abgesendet. Diese Vorsichtsmaass-regel war dringend geboten, denn beim Weitermarsche durch einen waldigen Einschnitt bis auf die Wasserscheide gelangt, stiessen die Husaren auf die Avantgarde der Salih'schen Division, welche, nachdem ihr Gros von Dzuma herbeigeeilt war, etwa 14,000 Mann mit 36 Geschützen .zählte. Salih drängte nach kurzem Feuergefecht die Russen über den Lom zurück, besetzte die dominirenden Kiriöenhöhen, griff am 23., während seine tscherkessischen Reiter zwischen Haidar und Popköi auf dem linken Ufer streiften, die gegnerische Position bei Ajaslar mit 12 Bataillonen an, und warf die ihm den dortigen Uebergang wehrenden Regimenter Neva, Sofia und Volkoff auf ihre Reservestellung bei Sultanköi zurück. Der russische Verlust betrug an diesem Tage 12 (Meiere, 352 Mann todt und verwundet; der türkische war weniger bedeutend. Salin Pasa verfolgte nicht den errungenen Vortheil; er hatte Befehl auf den Kiricenhöhen ein Detachement zur Täuschung des Gegners stehen zu lassen, mit dem Gros aber bei Kebir Jeniköi Stellung am Sakar bair zu nehmen und dort den linken Flügel bei dem Offensivstosse zu bilden, welchen Mehemed gegen die russische Position um Karahasanköi zu führen beabsichtigte. An Salih anschliessend, erschienen am 29. zwei Divisionen (Fuad? und Assaf) des bei Razgrad con-centrirten Ahmed Ejub'schen Corps, welche schon am 26. aufgebrochen waren. Sie drängten die leichte russische Cavallerie vor sich her und näherten sich im Centrum dem stark besetzten Karahasanköi, während Nedsib Pasa's Division über Sadina anrückend, als rechter Flügel, General LeonofT's Verbindung gegen Bisanca bedrohte und Ahmed Kaisserli Pasa mit einem gleichzeitigen Ausfalle von Rusöuk, die Verstärkung der russischen Streitkräfte durch das dortige Cerni-rungscorps unmöglich machen sollte (I. Bd. S. 136). Am 30. August zeitlich Morgens begann die allgemeine Vorwärtsbewegung der türkischen Streitkräfte. Nedsib Pasa warf die Russen zunächst aus Bekirin Jeniköi hinaus und drang mit seiner Artillerie durch das Dorf von dort gegen Karahasanköi vor, auf welches auch das Centrum seine Anstrengungen richtete. Von 10—1 Uhr wurde von allen Höhen ein heftiges Bombardement auf diese russische Stellung unterhalten; trotz ihrer Minderzahl behauptete sich jedoch die russische Artillerie, auch mehrere Infanterie-Angriffe wurden von LeonofFs braven Truppen abgeschlagen; das brennende Dorf wurde verloren, aber wieder genommen, und erst als Assaf Pasa's Division sich anschickte, den rechten Flügel zu umgehen, zog sich die russische Brigade gegen 6 Uhr auf das jenseitige Ufer nach Gagovo zurück. Indessen beschoss Salih Pasa's Artillerie vom hohen Sakar tepe das Dorf Basisler sehr wirksam und zwang den Gegner es zu räumen. Die türkische Infanterie vom linken Flügel wollte nun auch bei Haidarköi den Lom überschreiten; sie wurde jedoch, gleich des Engländers Baker Pasa's regulärer Cavallerie und Tscherkessen, durch Theile des XIII. Corps und auf Popköi's Vorhöhen etablirte Geschütze daran gehindert. Spät Abends ermattete der russische Widerstand; dies ermöglichte der türkischen Avantgarde sich in Haidarköi und auf dem linken Uferrande dauernd festzusetzen. Sämmtliche in die Action gezogenen Orte brannten; es war ein furchtbares Nachtschauspiel, das Mehemed Ali vom Sakar tepe, dem Standpunkte des Hauptstabes und einer vorzüglich wirkenden Batterie betrachtete, welche bis zuletzt mit der russischen Artillerie bei Popköi unausgesetzt Schüsse wechselte. Am nächsten Tage trat das XIII. Corps, ohne dazu gezwungen zu sein, den Rückzug zum Baniöka Lom gegen Osikovo an und erst als die Orte am Kara Lom gänzlich geräumt waren, besetzten Salih Pasa's Truppen definitiv dieselben. Am 31. marschirte das Gros des Ahmed Ejub'schen Corps nach Razgrad zurück, wohin ihm am 1. Sept. Mehemed Ali folgte, welcher, beeinflusst durch die grossen Schwierigkeiten der Verpflegung seiner Truppen bei vollkommenem Mangel einer fürsorglichen Intendanz oder vielleicht auch durch die Nachricht von den türkischen Misserfolgen am Sipka, seine Offensive für mehrere Tage unterbrach. In einem Telegramm an das Seraskeriat meldete Mehemed, dass sich von den Generalen namentlich der Divisionair Assif und die Brigadier's Sabit und Baker Pasa ausgezeichnet hätten, 1 Geschütz, 2000 Gewehre, viele Munition und Proviant erbeutet worden, 300 Märtyrer (Todte) und Verwundete zu beklagen; russischer-seits aber 4000 Mann (?) gefallen seien. Von Popköi, das gegenwärtig aus den Trümmern wieder allmälig aufzuerstehen beginnt, ritt ich am 8. Maimorgen auf seine nördlichen Höhen und re-cognoscirte von dem 232 M. hohen, eine weite Umschau gestattenden Punkte, auf dem die Russen am 30. Juli ihre den Rückzug deckenden Batterien postirten, den mittleren Lauf des Kara Lom auf eine bedeutende Strecke. Hier erhielt ich die ersten Andeutungen, dass der Lom nicht nur zwei Arme, sondern noch zwei andere besitze, von welchen unsere Karten nichts wussten. Bevor ich an ihre nähere Erforschung ging, galt es die Quellen des Kara-Lom und seine Wasserscheide gegen die Jantra festzustellen, wozu mir die Route nach Osmanpazar am geeignetsten erschien. Bis Ajaslar lernte ich sie bereits am Vortage kennen; das dort breite Lomthal verengt sich etwas weiter bei Araplar in einem bewaldeten romantischen Einschnitt, die Strasse erklimmt mit starkem Kniebug den Hang der westlichen Höhen und läuft dann auf breiten, theilweise unter Cultur gesetzten Plateau's gegen Konakköi fort. Nachdem der Weg nur ungenügende Ausblicke gestattete, machte ich einen seitlichen Ritt auf die südwestlichen Höhen und war nicht wenig überrascht, dicht unter mir ein mit Dörfern erfülltes Thal zu erblicken, dessen Ausdehnung ich nicht zu übersehen vermochte. Herbeigerufene Landleute nannten mir die Namen der zunächstliegenden Orte, und da wurde es mir bald klar, dass ich am Nordrande desselben Jantra-Thalgebietes stand, welches ich bereits im August 1872 (S. 42) von der entgegengesetzten Richtung angeschürt hatte. Ich suchte zunächst die zwanzig Orte am mittleren Jarli dere, auf den ich hier so unerwartet stiess, einzutragen. Ueber dieser zeitraubenden Arbeit war es Mittag geworden; als sie vollendet, suchten wir die grosse Strasse wieder zu gewinnen und machten im besten der 00 bulgarischen Gehöfte des nahen Konakköi Halt. Der Empfang, von Seite des Corbasi war ein ungemein gastlicher; während des „rueak" (Mittagessen) gesellte er sich zu mir und suchte seinem vollen Herzen Luft zu machen. „Seht Herr, trotzdem wir hier nur 19 moslimsche Häuser haben, drückt der Türke schwer auf uns; er nimmt die besten Felder, und verklagen wir ihn bei Gericht, behält er immer Recht. Wollte Gott, es käme Euer Kaiser uns endlich zu erlösen; da ringsum nur Türken und Tataren wohnen, wird es täglich schlimmer; der Sultan soll wohl ein guter Herr sein, allein er besitzt nicht die Macht, uns vor seinen schlechten Beamten zu schützen!" Was mag aus dem intelligenten Manne und seiner Familie geworden sein? Ob sie wohl den fanatischen Bürgerkrieg im letzten Sommer überdauert und den Anbruch der bulgarischen Selbständigkeit erlebt haben? Konakköi liegt am Rande des Lomgebietes in 385 M. Seehöhe; schon 1 St. hinter dem Dorfe maass ich den höchsten Punkt der Wasserscheide mit 4C8 M. Die sehr vernachlässigte Strasse ging nun als wahrer Naturweg unablässig auf und nieder, an einem Kolibi des höher gelegenen Saltiklar vorbei, durch dichten Wald nach Hüseiner. Ein heftiges Gewitter, noch mehr aber die Notwendigkeit gerade hier über die Quellen des bedeutenden Jarli ins Reine zu kommen, zwangen mich zeitlicher Konak zu machen. Dies war jedoch viel leichter beschlossen, als ausgeführt. Hüseiner's Muhtar war über die seiner Ortschaft zugedachte Ehre wenig erbaut; er polterte und versicherte, dass wir in dem nur 28 Häuser zählenden Dorfe schon deshalb nicht untergebracht werden könnten, weil keines seiner getrennten Mahle ein Mussafirlik besässe; uns aber in einem Privathause einzuquartieren, verböte die Sitte, ja wäre geradezu unmöglich. Wahrscheinlich fürchtete der ungastfreundliche Alte, dass wir nach Gepflogenheit türkischer Beamten, welche mit Fermanen oder Bujurdu's reisen, unsere Verpflegung umsonst verlangen würden. Mein routinirter Zaptie fühlte dies gleich heraus und als Hadzi Bobu über diesen heiklen Punkt beruhigt war, verkehrte sich bald die Scene. Die Honoratioren beriethen kurz, und ohne sonderliche Scrupel wies mir der Hodza die Vorhalle der kleinen Moschee zum Nachtquartier an; für die in einem Gehöfte untergebrachten Pferde wurde Futter herbeigeschafft und bald herrschte * allerseits die beste Stimmung. Als ich am Abend von meiner Recognoscirung zurückkehrte, stellten sich die Mitglieder des Ortsmedjlis zum Besuche ein. Ich frug viel, wurde aber noch weit mehr über die Zwecke meiner Notizen interpellirt. Kiepert's Karte, auf welcher ich ihnen die Lage der nächsten Städte, den Donaulauf und endlich Varna mit dem Kara denis (Schwarzes Meer) zeigte, fand grossen Beifall; es war wohl die erste Landkarte, welche die Leute sahen, man bewunderte meine Instrumente, welche für Hüseiner 293 M. Seehöhe ergaben; zuletzt wurde ich möglichst gut bewirthet, wohl immer noch schlecht genug, doch Hunger würzte das bescheidene Abendbrot. Die Nacht war mittlerweile angebrochen und bei der isolirt am Ende des Weilers liegenden Dzami hielten seine Insassen an einem brennend erhaltenen Feuer bis zum Frühmorgen abwechselnd Wache vor meinein Bivouak. Am Morgen beglich ich meine Rechnung in freigebiger Weise, worüber der anfänglich so wild sich gebärdende Hadzi Bobu derartig entzückt war, dass er mir zum Abschiede eine Prise aus seiner „Pomade Mandarine"-Büchse bot, welche, Gott weiss wie, von Paris sich hierher verirrt hatte. Zahlreiche „der Weg sei Euch glücklich" geleiteten uns auf das im vollsten Maienschmuck prangende Hochland, dessen vom nächtlichen Regen erquickte Wiesen durch den grossen Viehreichthum der Landschaft belebt wurden. Auf der Plateauhöhe angelangt, erblickten wir die bereits auf S. 45 erwähnte verlassene Redoute von Eski Faki, gleich darauf stiegen wir zwischen Culturen und Gemüsegärten hinab zum prächtigen Kessel, dessen südlichen Hügelsaum Osmanpazar's vom Morgenlicht vergoldeten Minarete krönten. Der Leser findet diese echttürkische Balkanstadt auf S. 46 geschildert Da ich ihr wenig anziehendes Interieur bereits 1872 gründlich kennen gelernt hatte, würde ich ohne den gebotenen Wechsel von Zaptie und Pferden keine Stunde dort verweilt haben. So musste ich nothgedrungeu dem Konak einen Besuch abstatten. Der Reisende, welcher nicht an Ansehen verlieren, vom guten Willen der Localbehörden abhängen, weder häufigen Aerger noch Geld- und Zeitververluste erleiden will, muss auf dem primitiven Boden der Türkei eigene Pferde besitzen. Ich unterliess es leider für meine kurze Forschungstour im J. 1874, und musste alle Consequenzen ruhig hinnehmen. Zu den allerschlimmsten gehören jedenfalls die oft peinlichen Auftritte, welche Pferde-Requisitionen, namentlich in den Dörfern begleiten; man versucht dem Reisenden halbblinde, lahme, hustende und störrige Thiere mit der Betheuerung aufzunöthigen, dass es keine anderen im Dorfe gäbe; bis sie umgetauscht, gehen aber kostbare Stunden verloren. Bereits zu Dzuma bedurfte es der vollen Autorität des Zaptie-Mulasim, um brauchbare Pferde für mich herbeizuschaffen, und zu Osmanpazar dauerte es noch länger, bis ich wieder in den Sattel kam. Das Lastpferd stellte ein ehrsamer Zapundzi (Seifensieder) bei, und obschon an dem Gaul nichts zu verderben war, Hess er es sich nicht nehmen, neben seinem edlen Thiere herzulaufen, das der Rozinante des chevaleresken Junkers von la Mancha in Dore's prächtigen Illustrationen verzweifelt ähnlich sah. Im würdigen Weissbart Hadzi Mehemed hatte ich jedoch das Ideal eines tüchtigen Zaptie's eingetauschst; denn abgesehen davon, dass er höflich war und bei jedem Anlass sich nützlich zu machen bemühte, besass er, obschon im fernen bosnischen Travnik geboren, eine umfassende Kennt-niss des östlichen Jantragebietcs, welche mir bei dessen weiterer Erforschung sehr erwünscht kam. In Allem kostete es 6 werthvolle Stunden, bis unsere kleine Caravane wieder marschfertig war, und erst um 4 Uhr erblickten wir Osmanpazar's südliche Silhouette auf dem von Quelladern des Akili Kamcik und der Jantra strahlen- artig umfangenen Plateau. Ich schlug die Strasse nach Sliven ein, welche von Bairamköi über die nordwestliehen Sporne des Sakar-Balkans führt, dessen impo-nirende Profile auf dem Weiterritte immer näher rückten. Aus seinem langgestreckten Kamme ragten einzelne Zinnen empor und gehcimnissvolles Dunkel füllte die bewaldeten tiefen Reservoirs des geschwätzig hinfliessendcu Kuzluk dere. 1872 querte ich ihn bei Keökeciler (S. 45); nun konnte ich seine Quellen, sie der Reihe nach kreuzend, eintragen. Von dem freundlichen Hochland blickten Uberall zerstreute Weiler der Orte Elesler und Saveler mit netten rothdachigen Türkisches Ortsmedjlis zu Kuzlukköi. Gehöften herab und zwischen Culturen, Wald und Wiesen zögen wir hinunter zum breiten Thale des bei Ortaköi mit einer 3 M. breiten Holzbrücke überspannten Büjük dere. Von hier ab schmiegt sich die Strasse vollkommen dem stark gewellten Terrain an. Seinen zahlreichen Krümmungen folgend, hatten wir stetig höher strebend, seit Osmanpazar 230 M. gewonnen und bei Kuzlukköi bereits 634 M. Seehöhe erreicht. Aus Rücksicht für den ermüdeten Zapundzi, von dessen guter Laune am nächsten Tage mein „Fortkommen" buchstäblich abhing, machte ich zu Kuzlukköi zeitlich Konak. Eifrig besorgt um mein oder richtiger sein Lastpferd war er keuchend neben und hinter demselben einhergelaufen, an Zäumung, Bindzeug und Belastung fortwährend bessernd und richtend, damit das Schwergewicht, gleich vertheilt, sein edles Rösslein nicht allzusehr drücke; durch vier Stunden klang sein heiseres „jawasch Effendim" zu langsamerem Tempo mahnend, unaufhörlich an mein Ohr. Es war eine rührende Sorgfalt und des guten Alten Miene heiterte sich sonnig auf, als ich nach dem Mussafirlik einlenkte, wo er ohne meine Weisung abzuwarten, sofort sein geliebtes Thier entlastete. Ein günstiger Zufall wollte, dass wir des Dorfes ehrsames Medjlis dicht beim Gästehaus stehend, sitzend und hockend fanden, um einen vom Kaimakam gekommenen Befehl zu berathen. So konnten die magistratischen Gewaltträger sofort die Unterbringung und Fütterung unserer vier Pferde besprechen; es fiel nicht gerade leicht in einem moslimschen Orte von nur 22 Häusern, welche überdies noch in drei Mahle zerstreut auf den Höhen lagen. Die anfänglichen Schwierigkeiten ebneten sich jedoch und der Zapundzi entschädigte durch eine möglichst grosse Ration sein Rösslein für den Hafer, den es wahrscheinlich seit Wochen nicht gesehen; dafür versprach er mir, dass es am nächsten Tage Wunderdinge leisten würde. Er selbst borgte aber bei einem Freunde im Dorfe ein Pferd, das ihn des beschwerlichen weiteren Mitlaufens Uberhob. So schlössen wir alle zufrieden den Tag ab, und als der Mond an jenem prächtig reinen Maienabend heraufstieg, beleuchtete er einige Menschen, welche dem grossen Welttreiben entrückt, jeder in seiner Weise, des wunderbaren Naturbildes sich freuten. Stunden feiertäglicher Idylle blühen dem Reisenden im Oriente nicht zu oft, er geniesst sie dann aber auch weit tiefer, als in der Heimath! Am nächsten Morgen brachen wir sehr zeitlich auf und erreichten schon um 7'/2Uhr den höchsten Strassenpunkt auf dem nördlichsten Sakarsporne. Gleich darauf kreuzten wir des Büjük dere's südlichste Ader und gelangten in das Kesarovska-Thalgebiet, das ich, obschon es sehr bedeutend, gleichfalls auf den Karten kaum angedeutet fand. Das sich stellenweise verengende Thal ist ziemlich bevölkert, cultivirt, auch waldreich und sein Wasserlauf darf sich des direc-ten Ursprungs in des Sliven-Balkans Nordhängen rühmen. Dort, auf dem Abstiege vom Zuvanzdi mesari-Passe, lernte ich bei Stareka zuerst seinen südlichen Zufluss (S. 30) kennen, nun ritt ich abwechselnd über Höhen und durch romantische Schluchten an seinem nördlichen Quellarm Gani dere nach Airanlar hinab, wo der Weg ihn bei einer pittoresken Mühle kreuzt. Von hier zieht er, rasch fliessend, zwischen niederen Kalkhängen mit eingebackenen, nahezu kreisrunden Knollen zum grossen Türkendorfe Stevrek, wo sich sein forellenreiches Wasser mit dem Starekalauf vereinigt. Den kurzen Halt im bulgarischen Dorfhan benutzte ich zu einer Messung; sie zeigte, dass wir seit dem Morgen von der 074 M. hohen Wasserscheide hinter Kuzlukköi bereits 348 M. herabgestiegen waren. Das zum Bebrovoer Kasa gehörende Stevrek blieb der südlichste Punkt, Kunitz., Donau-Bulgarien und der Balkan. III. 20 den ich auf dieser Reise im Balkangebiete berührte; nun verfolgte ich die Kesa-rovska NW. am rechten Ufer bis Dereköi. Dort stiess ich auf eine altbulgarische Steinbrücke mit sechs Bogenfeldern und schmaler, steiler, geländerloser Bahn; die Pferde stutzen, man greift fester in die Zügel um Herr ihrer Bewegungen zu bleiben. Darauf kreuzten wir zweimal das tiefe Rinnsal vor Asarköi. Pistolenschüsse, Gefiedel und Tamtamschläge verkündeten ein besonderes Ereigniss im Dorfe. Es wurde eine Hochzeit gefeiert; nach unseren Begriffen war es jedoch kein volles Freudenfest, denn während die jungen Männer im Hofe laut zechten, hielten sich die Frauen abgesondert in den Gemächern des Nachbarhauses auf. Die ein europäisches Auge höchst unangenehm berührende Altbulgarische Brücke bei Dereköi. Isolirung beider Geschlechter im Orient konnte natürlich auch dem Reisenden Vamböry nicht entgehen, er schrieb in seinen Sittenbildern: „Der Europäer ver-misst überall jenes einheitliche Zusammenleben, jene innige Freundschaft und Liebe, welche sich die Familie als Hauptziel ihrer Bestrebungen gestellt hat. Gleich eiskalten Fäden durchziehen Isolirtheit und Uneinigkeit das ganze Gewebe der moslimschen Familienexistenz, unter ihnen erstarrt Alles, wird das Familiengebäude wankend und schwankend. Dadurch dass Mann und Frau den grössten Theil des Tages von einander getrennt zubringen, ist nicht nur die gegenseitige Theilnahme an Freud' und Leid, das gesellige Schreiten durch's Leben unmöglich gemacht, sondern es bilden auch Mann und Frau, an und für sich, im Hause zwei Parteien, zwischen denen das religiöse und bürgerliche Gesetz eine hohe Scheidewand aufgerichtet hat; Parteien, die beim besten Willen nie vereinigt sein und dasselbe Ziel anstreben können." Sehr wahr! Es ändert nichts, dass derselbe Schriftsteller, welcher dies 1876 sagte, und damit das Fehlen des Grundpfeilers occidental-staatlichen Lebens bei den Moslims treffend beleuchtete, ein Jahr später, die Wiedergeburt der türkischen Race aus sich selbst heraus, in einer gegen das Slaventhum gerichteten Brochüre laut verkündete. In dem ausschliesslich von Moslims bevölkerten Kesarovskathale litt ich noch wiederholt am selben Tage durch das streng die Geschlechter sondernde Korangesetz. Zu Sofurjuda, wo wir Mittagsrast hielten, wie zu Cesme Mahle, in dem wir nächtigten, bekamen wir nichts anderes, als ihre Mussafirliks zu sehen; nirgends wurden wir zum Eintritt in ein Familiengehöft eingeladen und deshalb fühlt sich der Fremde, trotz des höflichen Empfangs von Seite des gewöhnlich im „Gästehaus" erscheinenden Orts Vorstandes, doch wie ein Pariah behandelt. Das Mussafirlik' war reinlich, aber ringsum lärmte das weidende Dorfvieh; ich schlief herzlich schlecht und erwartete sehnsüchtig den Morgen. Mit der ver-lorenen Nacht versöhnten mich die Ergebnisse des letzten Reisetages, er war ebenso reich an Naturgenuss als geographischen Resultaten; ick hatte den Lauf der bedeutenden Kesarovska, ihre seitlichen Zuflüsse: Jaila-, Kara- und Jenidze dere, ihre Wasserscheiden gegen N., W. und S., endlich die Lage der 42 Orte ihres starke Viehzucht treibenden Thalgebietes festgestellt, das selbst noch auf Artamanoffs Karte vom J. 1876 fehlt. * Am nächsten Frühniorgen kreuzten wir zwischen den Weilern Cesme- und Bas Mahle, welche zum grossen Dorfe Kozlubeg gehören, die Kesarovska und hielten nach einer Stunde Ritt im gleichnamigen Dorfe, das ich schon im Sommer 1872 berührt hatte. Die Vegetation zeigte hier bereits vollkommen den cultivirten Charakter der mittleren Jantrazone. Ich gedachte mein Routier durch die prächtige Landschaft gegen N. fortzusetzen und sandte den Zaptie wegen des Pferde-wechscls zum Ortsvorstande, da die zu Osmanpazar requirirten Gäule uns nur bis Kesarova zu bringen verpflichtet waren. Es dauerte geraume Zeit, bis Abdur Rahman, der Muhtar des türkischen Mahle und Dimo, der Corbasi des christlichen Dorftheils herbeikamen, um zu erklären, dass alle Pferde des Ortes zum Verkaufe oder beladen nach der Dzumaer Messe gegangen und dass es unmöglich sei, solche für uns beizustellen. Die Verlogenheit der beiden Ortstribunen war dem Zaptie so klar wie mir selbst; auch Drohungen halfen nichts, denn Kesarova gehört bereits zum Tirnovoer Kasa und seine Autorität büsste hier ihren Nimbus ein. Es galt nun den Zapundzi zu bestimmen, die Reise mit uns bis zum nächsten grösseren Orte fortzusetzen. Wie voraus zu sehen, erhob er verschiedene Einwände, mein Versprechen einer reichlicheren Entschädigung besiegte sie aber und seufzend lud er seinem Pferde das Gepäcke wieder auf. Endlich 20* rief man „haser", ein mir stets melodisch klingendes Wort, denn es bedeutet auf türkisch: „fertig"! Wir hatten viel kostbare Zeit verloren und eilten der Kesarovskafurth zu, welche 1 St. NW. mit der Slatarica sich vereinigt. Nördlich erstiegen wir hierauf jenseits bei Revis eine bewaldete Höhe (231 M.) und kamen sodann abwärts zum bedeutenden Kadiköi, das als Hauptort des Thalgebietcs dem Büjük dere seinen Beinamen giebt. Kesarova und Kadiköi sind interessante ethnographische Punkte; bei ihnen beginnt das in den Kreisen von Osmanpazar, Dzuma und Razgrad vorherrschende moslimisch-türkische Element sich mit dem christlichbulgarischen zu mengen, bis letzteres gegen W. immer mehr Terrain gewinnt und zuletzt zwischen Isker und Timok das alleinherrschende wird. Von Zeitungs-Correspondenten, welche während des letzten Krieges unter denkbar ungünstigsten Verhältnissen auf bulgarischem Boden oft nur kurz verweilten, wurden den Bulgaren die schlimmsten Eigenschaften angedichtet, während andere oft wieder ihr Lob sangen. Nach meiner Ansicht ist es jedoch ungemein schwierig, ohne eine grosse Summe von Erfahrungen, treffende Urtheile über ein Volk zu fällen; jedenfalls ist es aber nur in ruhigen Zeiten möglich, ein solches zu gewinnen. Beispielsweise war der Empfang zu Kadiköi ein ebenso herzlicher, als jener zu Kesarova ungastlich war, und doch fand sich bei genauer Kenntniss der Umstände eine Entschuldigung für das unfreundliche Benehmen des dortigen Ömrbasi. Das an der Heerstrasse liegende Kesarova ward nämlich von türkischen Militärs und Beamten mit fortwährenden Requisitionen heimgesucht, welchen sich die Bewohner durch Nothlügen zu entziehen suchen, während das abseits liegende Kadiköi dem Gebote der Gastfreundschaft leichter genügen konnte. Hier und dort waren es aber Leute derselben Nationalität, die unter verschiedenen Verhältnissen sehr contrastirende Eigenschaften für ein oberflächliches Urtheil hervorkehrten. Zur bestimmten Stunde erschienen am nächsten Morgen die bestellten Pferde mit einem wegkundigen Begleiter, der sie wieder zurückbringen sollte. Bevor wir abritten, besichtigte ich über freundliche Einladung des Öorbasi die neue Ortskirche, und bald darauf standen wir auf dem breiten Rücken, welcher das Lomgebiet von jenem der Jantra scheidet. Kleine Ausflüge auf nahe Höhen gestatteten mir den unteren Büjük dere und seine Mündung in die Jantra zu cro-quiren. Mit diesen Recognoscirungen schloss ich meine Aufnahmen des mit allen Reizen einer Mittelgebirgs-Landschaft ausgestatteten Büjük dere-Gebietes ab. Seine 51 von mir in Karte gebrachten Dörfer, mit den 42 neu eingetragenen des Kesarovska-Thales lassen diesen Theil des östlichen Jantra-Quellreservoirs so dicht bevölkert erscheinen, wie es die russischen und deutschen Karten bis 1877 nicht entfernt ahnen Hessen, da sie von diesen 93 Orten nur 12 kannten. Nun wandte ich meine Forschung dem letzten weissen Flecke, dem Lomgebiete zu, dessen absolute Leere mich seit Jahren immer als herausforderndes Fragezeichen angestarrt. Gleich beim Abstiege von der Wasserscheide hinter Kadiköi, breitete sich nördlich wieder vor mir ein neues Thalgebiet aus. Ich befand mich auf dem rechten Ufer eines bis dahin ungekannten dritten Lomarmes, der mit 24 von mir recognoscirten Orten an die Stelle jenes falschen Jantrazuflusses trat, welchen bis 1876 sämmtliche Karten und auch die russische Generalstabskarte zeigten. Nach dem Hauptorte des neuen Gebietes nannte ich diesen dritten Lomarm „Baniöka-Lom". Seine rechtsuferigen 300 — 400 Meter erreichenden Höhen, über welche meine ßoute lief, bedeckt grösstentheils junges dichtes Laubholz, an flacheren Stellen wurden sie durch Feuer in Ackerland verwandelt; überall zeigten in den Maisculturen verkohlte Eichen- und Buchenstämme, welche der Pflüger, statt sie auszuroden, sorgsam umgeht, dass der Wald vor nicht langer Zeit tief hinab in die schönen Thaleinschnitte zog. Der Culturbodeu lohnt hier vortrefflich. Die Herbstaussaat von Körnerfrucht giebt eine äusserst ergiebige Ernte, die man bereits im Juni einbringt. Durchschnittlich wird der zehnfache Betrag des Samenkorns geerntet, Roggen bringt in der Ebene gewöhnlich zwölffachen, Mais sogar zweihundert- bis vierhundertfachen Ertrag; dies Alles, trotzdem der Feldbau mit Geräthen betrieben wird, die jenen der biblischen Zeit gleichen, und obschon der Boden keinen anderen Dünger erhält, als den die auf den abgemähten Acker getriebenen Schafe zurücklassen. Auch Obstbäume' sah ich überall in grosser Fülle. Die Wohlhabenheit der Landschaft bekundete aber namentlich der auffallend reiche, nahe den Ortschaften auf fetten Triften sich urahertreibende Viehstand. Einige grössere Tschiftlikbesitzer geben ihr Weideland in Winterpacht; vom October bis zum Mai grasen hier die von den Sommer-Grasplätzen im Balkan herabziehenden Herden, wofür von den Züchtern ein hübsches Stück Geld bezahlt wird. Ueber das türkisch-tatarische Kodzabunar gelangten wir nach Cairköi, welches als Durchzugspunkt der von Popköi nach Tirnovo führenden Strasse im letzten Kriege eine strategisch-wichtige Position bildete. Hier fiel das erste nennenswerthe Gefecht im Beginn des russisch-türkischen Krieges vor. Als das Gros des russischen Centrums nach Tirnovo rückte, sandte es das 8. Ulanenregiment Vosnesensk auf das rechte Jantraufer, wo es am 11. Juli bei Öairköi auf einen feindlichen von 1500 Türken escortirten Convoi stiess. Es entspann sich ein Kampf, in den Nachmittags General Leonoff mit 2 Schwadronen Lubny-Husaren und 2 Geschützen eingriff. Die Russen verloren 31 Todte und Verwundete, die Türken aber 50 und Hessen 300 Wagen im Stiche. Das folgende Beg-Vrbovka gleicht Öairköi an Grösse, es zählt 50 bulgarische neben 70 türkischen, von einer steinernen Moschee mit kleinem Holzminaret überragten Gehöften. Auf 389 M. hohem Punkte steht hier ein Öiftlik, dessen Beygescklecht früher das Thal beherrschte. Das * grosse Feudalgehöft sah sehr vernachlässigt aus und wie mir Messud, der zufällig anwesende Sohn des Besitzers Ismail Bei versicherte, wurde die hübsche Beute, welche es früher brachte, zuletzt durch verschieden betitelte Steuern so ziemlich auf Null reducirt. Messud geisseltc das verderbliche Regicrungssystcm, den 10% Vcrgi (Zehent) von Ccrealien u. s. w. an Speculanten zu verpachten, welche ihn wieder mit grossem Gewinn an Unterpächter cedirten, so dass der Staat nur wenig profitirte, umsomehr aber die Unternehmer, deren Agenten überdies durch verschiedene Missbräuche den Producentcn bedrückten, ja oft um die Frucht der ganzen Jahresarbeit brachten. Der gastfreundliche junge Bcg mochte theilweise mit Kecht das türkische Steuersystem verurthcilen; was seine eigene Verarmung betraf, fiel aber auch ein bedeutender Schuldtheil auf ihn, denn wie ich im Dorfe hörte, besuchte er gleich selten wie sein Vater das Öiftlik. Sic überliessen dessen Bewirtschaftung einem Subasi, der die Jeradzc's (Grundholdcn), welche dem Eigentümer die Hälfte ihrer Ernten nach Abzug von Samen und Zehent abzugeben hatten, arg drückte und seine in der Stadt sorglos lebenden Herren schändlich bcstahl. Diese Vernachlässigung des eigenen Interesses charakterisirt die Mehrzahl türkischer Landlords und erklärt den Verfall des Öiftlikwescns, das einst blühend war. Allmälig ging der unglaublich stark verschuldete grössere Grundbesitz wegen mangelnden rationellen Betriebes vollständig dem Ruin entgegen; die Regierung that aber nichts, ihn aufzuhalten. Auch gab es, wie ich einigemal erwähnte, nicht leicht etwas Unlogischeres, als die administrative Einteilung im Tuna-Vilajct. Nach ihrer geographischen Lage mussten Beg Vrbovka und sämmtliche Orte am Banicka Lom zum Ruscuker Kreise gehören, einige zählten jedoch zum Tirnovoer, andere, beispielsweise die an meiner Route gelegenen Türkendörfer Cerkovna (213 M.) und Osikovo (343 M.), zum Razgrader Kasa. Der Aufstieg von Halvaflzi Jenidzesi's in einem tiefen Einschnitte liegender Tscherkessen colonie, deren Menschen und Hunde gleich sehr durch Wildheit verrufen waren, auf die massig hohe Kara Lomscheide bot reichen Naturgenuss. Selten sah ich den lieblichen Maimonat schöner; die Vegetation stand eben in vollster Pracht, Studentenröslein färbten den Wegsaum, der Rasen glich in seiner Ueppigkeit einem musivischen Estrich, balsamische Düfte strömten aus Busch und Gezweige des in jugendlicher Belaubung prangenden Waldes; wohl fehlten ihm geschwätzige Quellen, dafür belebten aber gefiederte Sänger das wunderbar frische Stück Frühlingswelt. Auf einer kleinen Lichtung machte ich kurzen Halt und lauschte dem Concerte der Nachtigallen — „an manchen Tagen wird das Reisen auf diesem jungfräulichen Boden zu wahrer Lust" — schrieb ich, entzückt von dem mich umgebenden Naturzauber, in jener Stunde in mein Tagebuch. Vom hoch liegenden Erendzik mit 50 türk. Häusern, stiegen wir durch einen trockenen Graben, zwi- sehen dicht stehenden Buchen und Eichen abwärts zum Kara Lom und nachdem wir sein 15 Schritte breites Bett durchfurthet, jenseits bei Kacelevo, die 30—40 M. höhere Lössterrasse hinan, welche von unzähligen Kissen gespaltet, mir die Pontusküste bei Balöik lebhaft in Erinnerung rief. Kacelevo (193 M.) wurde als mehrmaliges Hauptquartier des Careviö und der türkischen Lomarmee im jüngsten Donaufeldzuge oft genannt, nie aber so viel als in den ersten Septembertagen 1877, als Mehemed Ali, der Ober-Comman-dant der türkischen Lom-Armee sich anschickte, seine bei Karahasan- und Popköi über den Carevic errungenen Vortheile nach mehrtägiger Pause wieder aufzunehmen (S. 298). Damals wurde um Kacelevo gleich heftig wie um die zuvor geschilderten Punkte Erendzik, Cerkovna, Beg Vrbovka und Öairköi an der strategisch wichtigen Baniöka-Lomlinie gestritten. Nach dem unglücklichen Ausgange der Gefechte am Kara-Lom (S. 301) hielt der Careviö in den ersten Septembertagen 1877 am Kara Lom nur noch dessen rechtsseitige kurze Uferplateaustrecke bei Kacelevo mit 1 Brigade und 7 Esca-dronen vom XII. Corps besetzt. Jenseits, in einer durch vier Brücken verbundenen Position stand bei Ablanovo eine andere Abtheilung desselben Corps. Um die Russen aus diesen stark befestigten Stellungen zu vertreiben, setzte Mehemed Ali das unter seinem persönlichen Befehle stehende Gros des Ahmed Ejub'schen Corps von Razgrad in Bewegung, während die Division Salih Pasa von Karahasanköi vorgehend, die russische rechte Flanke bedrohen und Ahmed Kaisserli Pasa durch eine Diversion von Rusöuk den feindlichen linken Flügel zu beschäftigen suchen sollte. Am 5. um 8 Uhr erfolgte der Hauptstoss gegen das Centrum der weitgedehnten russischen Vertheidigungslinie, indem 1 Brigade von Nisova, die Division Fuad von Solenik und die Brigade Sabit von Ogaröin concentrisch gegen dieselbe vorgingen. Oestlich bei Kacelevo stiessen Fuad's Vortruppen auf eine erste russische Verschanzung, welche nach kurzem Infanteriegefechte, als die Spitzen der beiden Flügel - Brigaden in Sicht traten, um 11 Uhr preisgegeben wurde. Die Russen gingen 1500 Meter zurück auf ihre zweite stärkere Position, gegen welche Fuad's Batterien ein heftiges Feuer eröffneten und seine Infanterie zum Angriffe schritt. Ohne ihn abzuwarten, räumte der Gegner das Werk und besetzte die dritte Hauptstellung auf dem höchsten Punkte, hart am steilgeböschten Plateaurande. Die türkische Artillerie folgte auf dem Fusse; es entwickelte sich ein ernster Geschützkampf, den ein starkes Gewitter eine Stunde lang unterbrach. Um 5 Uhr versuchte Fuad durch wiederholte Frontalangriffe die 12. Inf.-Division zum Aufgeben ihrer festen Stellung zu zwingen. Es gelang jedoch erst, nachdem Sabit Pasa sich Kacelevo's bemächtigt hatte, durch eine geschickt eingeleitete Umgehung, in Folge deren der Rückzug nach Erendzik und Ostrica auf das linke Ufer ange- treten wurde. Die zur Deckung vorgehende russische Cavallerie konnte der überlegenen feindlichen schwer Stand halten; hingegen trieb General Tiinoleff's, den Höhenrand bei Ablanovo vertheidigende 33. Division mehrere Bataillone Nizams, welche durch eine seichte Furth jenseits Fuss fassen wollten, mit grossem Verluste zurück. Allmälig setzte sich trotzdem türkische Infanterie in kleinen Detachc-ments am linken Ufer fest; am Abend zog Mehemed Ali sie aber zurück; er begnügte sich das rechte dem Carevic entrissen zu haben, dessen linken Flügel an diesem Tage auch Ahmed Kaisserli bei Kadiköi ernstlich bedrängte (I. Bd. S. 136). Die gleichzeitig von Salih Pasa angegriffene 35. Division am rechten Flügel bei Gagovo litt weniger, da es sich dort nur um eine sie festhaltende Demonstration handelte. Den Russen kostete dieser Tag 1000 Todtc und Verwundete, den Türken nicht viel weniger. Zur Beerdigung der Gefallenen schloss man einen Waffenstillstand, während dessen die Gegner fraternisirten und zum ersten Mal in diesem Kriege als civilisirte Menschen sich begegneten. Die bulgarischen Bewohner von Kacelevo und jene der nahen Orte flüchteten gleich anfangs mit ihrer besseren Habe und versperrten mit breitem wirrem Wagentross den zurückgehenden Russen stundenlang die nach Westen führenden Strassen. Die Gefahr eines Durchbruches der schwach besetzten russischen Lomlinie mit allen schweren Folgen war nie grösser gewesen, als an und nach diesem 5. September. Mehemed Ali verfolgte aber nicht seine Vortheile, sondern kehrte nach Razgrad zurück und liess dem Careviö fünf Tage Zeit, seine Truppen am vereinigten und Baniöka Lom in theilweise trefflichen Stellungen neu zu formiren. Sein XII. Corps stand zwischen Meöka und Trstenik, mit den Vortruppen von Pirgos über Kosova bis Siroko, das XIII, Corps zwischen Balabanlar und Kopri-vica mit der Avantgarde auf den Höhen zwischen dem Kara- und Baniöka Lom, von Erendzik bis Osikovo; etwas südwestlicher hielt ein von der Jantra herangezogener Theil des XL Corps, bestehend aus 1 Inf.-Brigade, dem Gros der II. Cav.-Division, später verstärkt noch durch die 26. Inf.-Division, die Höhen von Cerkovna bis Öairköi besetzt und stellte die Verbindung mit der selbständig operirenden Radetzki'schen Balkan-Armee her. Auf das lebhafte Drängen des Constantinopler Kriegsrathes nahm die türkische Lom-Armee endlich am 11. ihre Vorwärtsbewegung auf, um schon 2 Meilen jenseits des Kara Loms wieder für mehrere Tage Halt zu machen. Die vom "Careviö zur Aufklärung der feindlichen Absichten entsendete 35. Division stiess am 14. NW. von Erendzik auf Assaf Pasa's Division. Aus der Recognoscirung gestaltete sich ein Gefecht, da General Baranoff die Brigade Tihmenieff in der Front de-monstriren und die Brigade Voronoff die feindliche linke Flanke umgehen liess. Bevor noch dieses Manöver vollständig ausgeführt war, erschien jedoch von Kacelevo her Sabit's Brigade und suchte die anfänglich gegen den doppelt zahlrei- chen Feind mit Glück kämpfende Brigade Voronoff zu umfassen. General Baranoff brach das Gefecht ab und wich vor des Gegners Uebermacht hinter den Baniöka Lom zurück. Durch diese 1000 Mann an Todten und Verwundeten kostende Recognoscirung erfuhr man wohl, dass bedeutende türkische Streitkräfte den Kara Lom überschritten hatten, doch nichts über Mehemed Ali's eigentliche Pläne. Erst später wurde es dem zu G. Manastir weilenden Hauptquartier des Grossfürst-Thronfolgers klar, dass des Gegner's OfTensivstoss namentlich auf den rechten Flügel der Jantra-Armee gerichtet sei. In den letzten Tagen war hinter Assaf Pasa's bei Sinanköi Front machender Division, Ahmed Ejub's Gros in sehr bescheidenem Tempo von Kacelevo bis Osi-kovo marschirt; Prinz Hassan's am 12. und 13. von Popköi und Sarnasuflar aufgebrochenes Corps erreichte, die russische Avantgarde vor sich her schiebend, am 14. das an der grossen Tirnovoer Strasse liegende Vodica. Am 15. stellten beide Corps ihre Verbindung her; trotzdem verstrichen aber kostbare Tage mit vereinzelten Recognoscirungen, bei welchen das schöne Türkendorf Cerkovna ein Raub der Flammen wurde. Erst am 21. schritt Mehemed Ali zum ernsten Angriffe auf den mittlerweile bedeutend verstärkten russischen rechten Flügel, der sein Gros zwischen dem strategisch hochwichtigen, die Tirnovoer Strasse sperrenden Cairköi und Cerkovna massirt hatte. Fürst Sahovskoy's Truppen, welche am 11. des Caren Krönungstag in fröhlichster Stimmung gefeiert hatten, waren vom besten Geiste erfüllt. Die dort unter G. L. Tatisceff stehenden ersten Brigaden der 26. und 32. Division mit Theilen der 1. Inf.- und 11. Cav.-Div. wurden am 21., nach vorausgegangenem heftigen Geschtttzkampfe, von Prinz Hassan's Truppen angegriffen. Die Türken stürmten todesmuthig die in erster Linie vom Regimentc Kursk vertheidigten Höhen hinan; der durch mehrtägigen Regen stark aufgeweichte Boden erschwerte ihre Bewegung, nur langsam gewannen sie Terrain und sobald sie den russischen Jägergräben sich nahten, zwang das verheerend wirkende Schnellfeuer sie zur Umkehr. Bald musste auch Ismail Pasa's Division ins Gefecht treten; ihre Unterstützung folgte aber auf zu weite Entfernung, um das Zurückweichen der von der russischen Infanterie mit dem Bajonnet verfolgten deroutirten ersten Division aufhalten zu können. Um die Verstärkung des auch die folgenden Attaquen tapfer zurückweisenden russischen rechten Flügels zu verhindern, beorderte der sich zu Prinz Hassan persönlich begebende Mehemed Ali die Division Assaf des Careviö' Centrum, und Ahmed Ejub dessen linken Flügel anzugreifen; bald erkannte er aber, dass die Einnahme der natürlich starken, durch Redouten und Schützengräben zum grössten Widerstand befähigten Position bei Cerkovna kaum mit noch blutigeren Opfern möglich sei, und liess, nachdem er an Assaf und Ahmed Ejub rasch Contreordre gesendet, das ihm an Todten und Verwundeten nahezu 2000 Mann kostende Gefecht abbrechen. Am 21. um 8 Uhr Abend gab Mehemed Ali den letzten Versuch auf, des Carevic' Stellung mit einem Gcwaltstossc auf Tirnovo zu durchbrechen. Ueber Vodica ging er, am Wege alle bulgarischen Dörfer niederbrennend, in -1 Tagen zum Kara Lom und in den folgenden auf dessen rechtes Ufer zurück. Schon früher hatte der unglückliche Generalissimus, um seine verfehlte Operation so lange als möglich zu verhüllen, die im Hauptquartier anwesenden fremden Zci-tungs-Correspondenten unter sicherer Escorte nach Razgrad bringen lassen. Diese Lobredner-Mehemed Ali's, welche ihn den ersten Feldherren unseres Zeitalters gleich gestellt und seine am 20. August begonnene Offensive mit ausschweifendsten Ruhmeshymnen begleitet hatten, suchten anfänglich des Gefeierten Misserfolge mit dem Ungehorsam seiner Corpsführcr zu erklären, sehr bald fanden sie jedoch kräftigste Ausdrücke für dessen höchst merkwürdige Operationsweise. Zu Constantinopel schob man aber gleich von Beginn alle Schuld nicht den traurigen Zuständen im Heere, sondern einzig dem zaghaften „Gjaur Pasa" Mehemed zu, welcher ein Jahr später, vielleicht nicht zum wenigsten deshalb, von den fanatischen Albanesen ermordet wurde. Man ersetzte ihn durch den „Glaubenshelden Mollah" Suleyman. Welche Erfolge dieser am Lom erzielte, zeigte ich im I. Bande, S. 136; wie ruhmlos seine kühnen Plane am Balkan endeten, in diesem Bande, S. 8—11. Am 24. October, als des Careviö' XII. Armeecorps bei Rusöuk zur Offensive schritt, war Kacelevo einer der ersten von ihm besetzten Punkte. Früher zählte es beiläufig 70 bulgarische und gleichviel türkische Häuser; nicht wenige dieser friedlichen Gehöfte fielen dem Kriege zum Opfer; auch die hübsche Kirche, die kleine Schule und das wohlhabende Öorbasihaus, das mir am 12. Maiabend 1874 ein ungemein gastliches Obdach bot, wurden zerstört. Am nächsten Morgen kamen, wie es der Ortsöaus versprochen, die für mich requirirten Pferde mit einem alten lustigen Bulgaren, der sie von Razgrad zurück führen sollte. So konnte ich in früher Stunde auf den rechtsuferigen Höhen, gegenüber dem türkischen Ablanovo, meine Daten über den Kara-Lom vervollständigen. Weiter NO. ziehend, erreichten wir in 1 St. das türkische Öerusa (bulg. Cerovce), dessen 7 Tscher-kessenfamilien, gleich allen in der Umgebung siedelnden, beim Anzüge der Russen das Weite suchten. Der Ort liegt auf der hier 2 St. breiten Hochebene, zwischen dem Kara-Lom und einem vierten, vor meiner Bereisung dieses Gebietes vollkommen ungekannten Lom, den ich, nicht wenig überrascht, 1 St. später in Kostanca (141 M.) kreuzte. Im Dorfhan erkundigte ich mich zunächst nach dem Ursprung dieses Lomarmes und hörte nach vielem Umfragen, dass seine vom Karadirli-Gebirge aus SO. herabkommenden Hauptquellen sich bei dem im Sept. 1877 viel genannten Sadina vereinigen, und dass der ganze über 5 Meilen (Luftlinie) lange Lauf bei Nisova im Ak-Lom münde. Meine neue Entdeckung en- digte damit, dass ich, wie früher dem Kara Lom, nun auch dem Ak Lom einen neuen Arm anfügte, ihn nach seinem nördlichen Hauptort „Svolenik Lom" nannte und an seinem Laufe 10 Dörfer neu in Karte brachte. Wie die meisten Orte im unteren Lomgebiete haben sie eine gemengte christlich-moslimsche Bevölkerung; einige sind bedeutend, beispielsweise Kostanca, das 1874 gleich Sasliköi etwa 50 türkische Häuser, neben 150 bulgarischen Gehöften zählte. Durch'die günstigen Kesultate des Vormittags fröhlich gestimmt, verfolgte ich mein Routier weiter auf der zum Ak Lom streichenden Terrasse. Unser Weg behielt bis Esirdze dauernd NO. Vor diesem Dorfe wurde eben sehr viel Waldterrain durch Abbrennen urbar gemacht; dichter Rauch zog durch die verschonten Laubstände, noch loderten Stämme in hellen Flammen an mancher Stelle, während an anderen der Pflug bereits die ersten Furchen zog, welche allerdings, Dank seinem primitiven Kratzmesser, nicht allzutief in den jungfräulichen Boden schnitten. Das christlich-moslimsche Esirdze prangte im Maienkleide; Obstbäume umrahmten mit vielfarbigem Blüthenschmucke gar prächtig seine hübschen Gehöfte und grosse Herden lagerten auf üppigster Grasdecke um einen kleinen Landsee, der seine Existenz mehreren, in einer ovalförmigen Depression zusam-menfliessenden Quelladern dankt. Gleich hinter diesem Punkte mündete meine Route gegenüber dem am Ak Lom liegenden Dorfe Dranca in die Chaussee, welche von Rusöuk über Turlak nach Razgrad führt. Gleich zu Beginn des Feldzuges würde am 26. Juli 1877 vom Careviö ein Detachement des XII. Armeecorps, bestehend aus 8 Bataillonen Infanterie, mit Cavallerie und 3 Geschützen abgesendet, um die Stärke der türkischen Aufstellung bei Razgrad zu erkunden. Kurz vor Esirdze trafen die Russen auf einer Anhöhe l4/a Bataillone Nizams mit 3 Kanonen; es war die erste Linie einer grösseren Abtheilung von 2 Brig. Infanterie, l1/» ßeg- Cavallerie und 5 Batterien, welche hart an der Razgrad-Ruscuker Strasse, auf Esirdze's Höhen, eine verschanzte Stellung zum Schutze der Eisenbahnlinie bezogen hatten. Auf die Meldung vom Anzüge der Russen begab sich der Divisionsgeneral Asiz Pasa sogleich in Begleitung des Brigadiers Feizullah Pasa zur Vorhut und liess sie in Gefechtsbereitschaft treten. Die Artillerie leitete auf beiden Seiten den Kampf ein; die russische Infanterie debouchirte aus einem dichten Gehölze und gewann trotz grosser Verluste durch das türkische Rottenfeuer fortwährend an Terrain. Nichts desto weniger war das Detachement sehr gefährdet, wenn Asiz rechtzeitig Verstärkungen aus der Hauptlinie herangezogen hätte. Er hielt jedoch seine Vorhut für ausreichend und „warf den Officieren," wie das officielle Bulletin erzählt, „welche ihm vorstellten, dass es nöthig und noch Zeit wäre Truppen herbeizuziehen, ihre Zaghaftigkeit in heftigen Ausdrücken vor. Er verbot förmlich, bei Strafe des Er-schiessens, ohne seinen Befehl auch nur über einen Mann zu verfügen, so dass Niemand es wagte ihm Hülfe zu bringen. Mit dem Säbel in der einen Hand und dem Revolver in der anderen, sprengte der kühne Asiz Pasa im Galopp an der Schlachtfront vorüber, bot den feindlichen Geschossen Trotz und gab kaltblütig den Truppen seine Befehle. Während der General so seine Todesverachtung zeigte, traf ihn eine feindliche Kugel auf der Stirn; er starb den Heldentod, den er gewünscht und den er vorausgesehen, wenn man dessen kurz vorher an seine Officiere gerichteten Worten Glauben schenken darf. In demselben Augenblicke, wo Asiz tödtlich verwundet fiel, erhielt Feizullah Pasa drei Wunden und sank sein Pferd, von vier Kugeln durchbohrt, zusammen. Da die Nacht hereinbrach, war es unvorsichtig einen so ungleichen Kampf fortzusetzen, in welchem der Feind mehr als 500 Mann kampfunfähig hatte und durch seine eigenen Anstrengungen erschöpft war. Unsere Soldaten zogen sich auf die erste Linie zurück; sie zählten nur 150 Todte." Es erscheint mir überflüssig zu diesem merkwürdigen türkischen Schlachtbericht eine kritische Bemerkung zu machen! Von Esirdze hart am linken Ak Lomufer hinreitend, erreichte ich in zeitlicher Nachmittagsstunde das bulgarisch-türkische Hüsendze, von dem ich sofort einen Ritt auf die südwestlichen Höhen unternahm. Er bot mir Gelegenheit mich über den Oberlauf des Svolenik Lom näher zu orientiren. Die Artamanoffschc Karte vom J. 1876 deutet einen durch Hüsendze zum Lom flic'ssen sollenden grösseren Wasserlauf an, der jedoch nicht existirt. Mehrere hochliegende Orte, welche ich hier in die Karte eintrug, wurden während der Kämpfe im Sommer 1877 verwüstet oder gänzlich zerstört (S. 300). Einige erstanden seitdem wieder, so das reinbulgarische Kizilmurad, dessen Bewohner sich im Herbste 1879 an den Fürsten Alexander mit der Bitte wandten, das Dorf nach seinem Familiennamen „Battenberg" nennen zu dürfen. Der Fürst stimmte zu und widmete im April 1880 dem aufblühenden Orte mit besten Segenswünschen 2000 Francs zum Bau einer Kirche und Schule. Als ich am Morgen Hüsendze verliess, sah ich am östlichen Dorfende Buchen von seltener Schönheit; angestrahlt vom Roth der Morgensonne, warfen sie tiefblaue Schatten über eine unten im Grunde lustig arbeitende Mühle. Wir kreuzten ihr Wasser, um wieder auf die jeuseitige grosse Heerstrasse zu gelangen; gleich darauf nöthigte uns eine tief gegen W. greifende Curve den Ak Lora zweimal zu durchfurthen. Die Strasse war wohl von den ansiedelnden Gemeinden mittelst Frohnarbeit hergestellt worden, die Brücken sollten aber aus Staatsmitteln gebaut werden und da ging es jawasch (langsam); der Weg von Stambul bis Razgrad ist ein weiter, die angewiesenen Geldmittel mochten, wer weiss wo, verloren gegangen sein; das Steuern zahlende drangsalirte Bauernvolk konnte aber sehen, .wie es bei Hochwasser mit dem tückischen Lom sich zu Recht fand! Im bulgarisch-türkischen Hasanlar fanden wir viele Leute mit der Anferti- gung von. Ziegeln für die nahe Kreisstadt beschäftigt, deren mir wohlbekannte Silhouette hier schon in Sicht trat. Ein Militär-Etablissement mit Pulverstampfe und kleinem Zeltlager, dessen Nizams die Gewehrgriffe übten, lag links hart am Wege; bald darauf ritten wir durch Razgrad's westliches Viertel nach seinem grössten türkischen Han. X. VON RAZGRAD UEBER SAITANDZIK UND TUTROKAN ZUR LOMMÜNDUNG. Razgrad's grösstes Caravanserai. — Im Konak. — Quittung über glücklicho Ankunft. — Zaptiecorps für die Donauprovinz. — Mit seinem Alai Beg im Innern der grossen Moschee. — Erbauer und Vakufgüter. — Razgrad's Name und v. Hammer. — Zur Geschichte der Stadt in den J. 1810, 1829, 1877 und 1878. — Ihre Bevölkerung, commcrciellc Lage und Eisenbahn-Station. — Bat-Mis und Midhat Pasa's agricolc Reformversuche. — Artesischer Brunnen. — Erster geologischer Durchstich der Donauterrasse. — Nach Topcu. — Vortheil des Zeichnens auf Reisen. — Der erste im Löss versickernde Wasserlauf. — Schwarzer Muhtar und Zigeuner-Kalaus. — Lodzova. — Dukhan nnd Wasserfang bei Balbunar. — Reminiscenz an den Wasserreichthum der trockenen Bachbette. — Türkische Waldwirtschaft. — In Zaud's Mussafirlik. — Der Türken passive gute Eigenschaften im Kampfe mit den acti-ven der Rajah. — Mittelalterlicher Wunderglaube. — Eine Uhland'sche Strophe. — Im Hassan Demir Boba teke. — Des Heiligen merkwürdige Thaten. — Der hervorgezauberte Fluss. — Decainerone Schech Ahmed und des Boba's Türbe. — 9° C. am 17. Mai. — Nach der Donau - Pontusscheide. — Geologisches. — Station Naitandzik, ihr polnischer Wirth und seine Amsel. — Im Jänner 1878. — Die Strassen-Redouten bei Görgenli 1854. — Ausgetrocknete Rinnsale. — Land und Leute auf der Route zur Donau. — Beabsichtigte Städtegründungen durch die bulgarische Regierung. — Nach mehreren Reisetagen im ersten christlichen Dorfe. — Von Vi/.köi nach Tutrokan. — Seine Redouten. — Moltke's Urtheil über den besten Donau-Uebergang. — Tutrokan unter Römern, Byzantinern und Türken. — Russisch-türkische Donau-Uebergängc und Kämpfe 1810, 1829, 1854 und 1877. — G. L. Ehrnroth, der bulg. Kriegs-Minister, verwundet. — Im Feber 1878 geräumt. — Einquartierung in einem verseuchten Hause. — Physiognomie und Einwohnerschaft der Stadt. — Ihr Fischfang und Handel. — Sonderbare Anwendung der Quarantäne-Gesetze. — Alles „sporco". — Hinderung des Holzexports durch den Kaimakam. — Schwer erlangte statistische Daten. — Geologe Peters über die Terrassenbildung an der unteren Donau. — Der Kalimoksee. — Peschel's Urtheil über die Donauseen. — Auf dem Jahrmärkte zu Türk Esmil. — Siebenbürger Mokanen. — Schwieriger Pfcrdewechsel zu Nasrcdin. — Zur Ethnographie des Ruscuker Kreises. — Nach Bisanca. — Pfingstsonntag. — Tod des Prinzen von Leuchtenberg. — Blutige Kämpfe am unteren Lom 1877. — Ueber Kadiköi nach Nisova. — Seine Gründung. — Solenik-Lommündung. — Cernevi's Schloss und das altbulgarische Cervcn. — Pepelne. — Banicka-Lommündung bei Siroko. — Ueber Damogila zumTrstcnik han. — Im Dec. 1877. — Ritt zum vereinigten Lom. — Interessantes Naturspiel. — Landschaftsidylle im unteren Lomthal. — Seine Steinbrüche und Kalkstein-Industrie. — Gründung einer Agricultur-Schule 1880. — Ab-schluss meiner geographischen Arbeiten. — Zu Ruscuk. — Sein Westviertel. — Copie eines Rom er- Steines. — Nach Wien. — Eindrücke auf meiner Donaufahrt im September 1879. XVazgrad's grösstes Caravanserai, in dem ich abgestiegen war, gleicht, wie der Leser aus seinem getreuen Conterfei ersieht, weit mehr einem vernachlässig* ten bäuerlichen Gehöfte, als einem Asyl für Reisende. Sein türkischer Besitzer eilte uns freundlich zu begrüssen; doch minderte sich seine Freude, als er bemerkte, dass die Pferde nicht mein Eigenthum seien und sogleich nach Kacelevo zurückwandern sollten, denn die Fourage ist es, an welcher der Handzi in diesen Ländern am meisten verdient. Trotzdem war unser Wirth artig genug, Nargileh und Kaffee nach alter türkischer Sitte persönlich zu credenzen. Während der Ilun und Grosse Moschee zu Razgrad. kurzen Rast hatte ich die schönen architektonischen Verhältnisse der über das niedere Handach aufragenden grossen Razgrader Moschee dicht vor mir. Ihre breite Kuppel, das hochstrebende Minaret und die Spitzsäulen auf den zum Oc-togon hinübcrlcitendcu Frontalecken des quadratischen Unterbaues gestalten das alte Arckitckturwerk bei aller Massigkeit graziös und pittoresk. Dicht bei der Dzami erhebt sich der von Midhat erbaute, sehr hübsch an- gelegte Konak mit kleinem Vorgarten. Der junge Kaimakam empfing mich höchst zuvorkommend. Zunächst bat ich ihn, meinem braven Osnianpazarer Zaptie die übliche Quittung auszustellen, dass er mich heil nach Razgrad gebracht. Der Kaimakam klatschte zweimal in die Hände, worauf ein Diener erschien, welcher wieder einen Effendi herbeirief, der den Vollzug der Formalität aufgetragen erhielt; die Aufdruckung meines Siegels und ein reiches Baksis gaben aber dem Zeugnisse erst die volle Weihe. Nun wurde als passendster Reisebegleiter ein alter Onbasi für mich ausgewählt, dem man mein Wohlergehen und gutes Fortkommen auf die Seele band. Seine erste Aufgabe war, das hierzu Notwendigste, die Pferde bis zur Mittagsstunde aufzutreiben. Während dieser Verhandlung trat ein Militär ein, dessen reiche Uniform schon seinen hohen Rang bekundete. Er stellte sich mir als Alai Beg und Chef des gesammten Zaptiecorps im Tuna Vilajet vor, dessen weniger sichere Theile er eben inspicire. Unter seinem directen Befehle standen 5400 Zaptie's, von welchen 1030 in den zahlreichen Beklemeh's, zum Schutze der Strassen und Wege, die übrigen aber zum Dienste in den verschiedenen Pasa-, Kaimakam- und Mudirstädten vertheilt waren. Das Gespräch wandte sich bald meinen Reisezwecken zu, und als der Alai Beg einer Andeutung entnahm, dass mich der alte Moscheebau ganz besonders interessire, machte er mir das freundliche Anerbieten mich persönlich nach der Dzami zu geleiten. Vor seiner Autorität öffneten sich selbstverständlich ihre Pforten; der wahrscheinlich stark fanatische alte Muezzin sah allerdings verdriess-lich aus, es half ihm aber wenig. Mit dem Alai Beg betrat ich den im Innern imposant wirkenden Bau, welcher durch zahlreich eingeschnittene Oeffnungen reiches Licht erhält; in der Kiblamauer allein zählte ich dreizehn Fenster. Als Erbauer der im Quadrat angelegten Moschee wurde Ibrahim Pasa genannt, der sie im J. 1025 der Hedschra, also 1614 aufführen liess. Aehnliche grossartige Werke soll der fromme, tapfere Soldat, der Tradition zufolge, in Kavala und Salonik gestiftet haben; nach Hadzi Chalfa begnügte er sich aber in letzterer Stadt damit, der zur Dzami umgewandelten Sophienkirche ein Minarct anzufügen. Ibrahim soll auch jene christlichen Arnauten nahe bei Razgrad angesiedelt haben, von welchen ich auf S. 288 sprach; unter diesen mit grossen Privilegien ausgestatteten Landsleuten des Pasa's dürften, da sie auch rumänisch sprachen, einige makedo-vlachische Baumeister gewesen sein. So wären wir den Architekten der erwähnten prächtigen Razgrader Moschee auf der Spur; sie liegt sehr nahe, denn wie ich bereits in meiner Studie Uber die „Cincaren"*) nachwies, überliess der Türke den Betrieb der edlen Architektur und die technische Ausführung seiner religiösen Bauten meist der Rajah. Hier erfuhr ich übrigens, dass auch die Verwaltung der moslimschen Vakuf - Stiftungen in der Türkei kaum besser, als ihre *) Jahrbuch der Geogr. Gesellschaft. Wien, 1861. weltliche sei. Obschon beispielsweise die Razgrader Moschee 7000 Goldlira Rente aus 7 nahe liegenden Vakufdörfern bezog, geschah wenig flir ihre Conservirung; durch die vernachlässigte Bedachung eindringende Feuchtigkeit beschädigte Uberall das schöne Monument, dem eine gründliche Restauration baldigst zu wünschen wäre l „Grad bedeutet auf bulgarisch: Schloss; Hesargrad: tausend Schlösser, gewöhnlich verderbt Razgrad." Diese hier nach Hammer wiedergegebene etymologische Aufklärung über Razgrad's Namen unterliegt wohl einigen erlaubten Zweifeln; von den vermeintlichen „Tausend Schlössern" ist aber sicher heute so wenig eine Spur zu finden, wie von anderen historischen Momenten, welche seine Vergangenheit aufhellen könnten. Im russisch-türkischen Kriege 1810 wurde Razgrad von dem im Sturmmarsche über Silistria vordringenden Grafen Kamenski besetzt und später vom General Langeron, als er rasch zur Cernirung des hartnäckigen Widerstand leistenden Rusöuk's abrücken musste, gleich Arnautköi und andern Orten niedergebrannt. 1829 versuchte der von Ruscuk heranziehende Hussein Pasa das bulgarische Landvolk in Razgrad's Umgebung gegen die Russen aufzurufen. Es zeigte jedoch wenig Lust für seine Bedränger die Waffen zu ergreifen und Hussein wurde von dem aus Kaorga in Eilmärschen anrückenden General Kreutz über Tutrokan nach Rusöuk zurückgetrieben. (I. Bd. S. 133.) Im letzten Feldzuge sah Razgrad die verschiedenen, gegen den Careviö ope-rirenden türkischen Ober-Commandanten in seinen Mauern ihr Hauptquartier aufschlagen, auch wurden die nahen Höhen in ein verschanztes Lager verwandelt, dessen fortificatorische Anlage sehr gerühmt wurde. So wenig sich die türkischen Feldherren im letzten Kriege als Strategen im grossen Style bewährten, zeigten sie aber unleugbar das Talent, dort Festungen mit trefflichster Wahl und Ausnutzung des Terrains in kürzester Frist zu schaffen, wo kurz zuvor auch nicht die einfachste Spur einer solchen vorhanden war. Auch zu Razgrad zauberten sie buchstäblich ein festes Bollwerk aus dem Boden. Gleich als die Russen Bulgarien betraten, wäre es ihrem Centrum leicht geworden, hätte es Gurko's De-tachirung nicht zu sehr geschwächt, das hart an der Bahnlinie liegende Razgrad wegzunehmen und Rusöuk's Verbindung mit Sumla zu stören. Als der Careviö die türkische Stellung bei Razgrad etwas spät, am 26. Juli recognosciren liess (S. 315), fand man die Stadt bereits mit festen Werken umgeben, welche sich bis Esirdze ausdehnten und deren Eroberung jedenfalls viel Zeit, sowie erhebliche Streitkräfte bedingt hätte. Schon im Juli, als der Preusse Mehemed Ali den Ober-Commandanten Abdul Kerim ablöste, lag eine sehr bedeutende Truppenmacht in und um Razgrad. Ende August hatte von Mehemed Ali's aus dem III. und IV. Corps bestehenden Feldarmee das erstere dort unter Ahmed Ejub's Befehl sein Hauptquartier, von Kanit/., Donau-Rulunrien und der Balkan. III. 21 322 VON RAZGRAD UEBER SAITANDZIK • wo es mit den 3 Divisionen Fuad, Assaf und Nedsib, der selbständigen Brigade Hassan Pasa, der fliegenden Colonne Mehemed Bei, der Cavallerie-Brigadc Emin Pasa, 2000 tscherkessischen Reitern und 14 Batterien, sich an saramtlichen Kämpfen am Lom bis zum Ende des Feldzuges rühmlichst betheiligte (S. 399, 311, 9). Am 4. October 1877 traf Suleyman Pasa zu Razgrad ein und übernahm das Ober-Commando Uber die Lom- und Balkan-Armee. Die Wegsendung särarat-licher ausländischer Elemente, auch Prinz Hassan's mit den Aegyptern, war seine erste That (S. 207). Sodann befahl er die Verstärkung der Razgrader Werke, in welchen die 4 Inf.-Divisionen Nedsib, Hussein, Salih, Mehemed Salim und die Cav.-Division Fuad Pasa mit einigen Irregulären, etwa 50,000 Mann stark, sammt 150 Geschützen lagerten. Diese Truppen bildeten Suleyman's Gros, mit dem er wiederholt, aber vergeblich, des Carevic' Stellung am unteren Lom zu durchbrechen versuchte (I. Bd. S. 136). Als Plevna's Fall und der unglückliche Ausgang der Schlacht am 12. Dc-ceraber bei Mecka den Constantinopler Kriegsrath zum Aufgeben Donau-Bulgariens bestimmten, sammelte sich in Razgrad's schützender Aufnahmsstellung der grösste Theil der vom Lom allmälig zurückgehenden türkischen Streitkräfte, um nach Varna mittelst Eisenbahn gebracht zu werden. Ihr schlechter Zustand und eintretende heftige Schneeverwehungen zwangen jedoch die Brigade Sabit und andere Truppenkörper den Marsch nach Varna bei andauerndem Unwetter zu Fusse anzutreten. Als am 26. Jänner 1876 die 1. Division des XIII. russischen Corps vor Razgrad erschien, standen dort nur mehr 2 Bataillone, welche nach kurzem Scharmützel, gleich allen am Lom noch zersplitterten türkischen Detachements, nach Sumla zogen. Die Russen besetzten Razgrad einige Tage vor dem Adrianopler Waffenstillstände, welcher im dritten Punkte seine gleichzeitige Räumung mit jener sämmtlicher Donau-Festungen stipulirte. Nach den mir officiell initgetheilten Daten zählte Razgrad im J. 1874: 1860 türkisch-bulgarische Häuser, also etwa 10,000 Seelen, welche Zahlen seit 1878 durch den Wegzug vieler moslimscher Familien herabsanken. Der gleichnamige Kreis umfasste nicht weniger als 141 Orte; ihre möglichst vollständige Eintragung bildete eine meiner wichtigsten Aufgaben in den nächsten Reisetagen. Razgrad's günstige Lage sichert ihm eine schöne Zukunft; es treibt bedeutenden Handel mit Rohproducten und seine Öarsi (Bazar) gehört zu den bestversorgtesten im Lande. Der raschere Aufschwung der Stadt hätte leicht durch eine nähere Anlage der Bahnstation wirksam gefördert werden können. Nun ist es für Wagen ein hartes Stück Arbeit, die steilen Serpentinen des letzten, zur fernen Station führenden Strassenstückes hinan zu fahren. Glücklich wer beritten dieser Tortur entgeht; eine andere Qual, das schaurige Geächze und Knarren der mühsam den Hochweg erklimmenden Büffelkarren-Caravanen bleibt aber auch ihm nicht erspart. ■ Allerdings baute man auch in Kussland und Amerika, unbekümmert um rechts oder links liegende Städte aufs Endziel steuernde geradlinige Sehienenstrassen; es geschah jedoch, um den Ankauf von kostspieligen Grundstücken zu vermeiden, sowie um später an Zeit und Frachtkosten zu sparen. Die Erbauer der Ruscuk-Varnabahn kümmerten sich aber gleich wenig um Städte und Ortschaften aus den entgegengesetzten Gründen, welche ich bereits auf S. 287 andeutete. Wie der grosse Russencar Nikolaus mit dem Lineal die Trace der Moskau - Petersburger Linie bestimmte, nieinten auch die englischen Unternehmer: die Städte werden zu unserer Bahn herankommen; sie hatten insoferne Recht, als jeder Bahnhof gewöhnlich rasch zum Krystallisationspunkt für ein neues Gemeinwesen wird, das entweder selbständig emporblüht oder mit dem nahe liegenden älteren zusammenwächst; doch in der Türkei vollziehen sich alle Processe weit langsamer als anderswo und hätten sich dort besser andere Gesichtspunkte empfohlen. Um die Station „Razgrad" gruppiren sich weit weniger Haue und Magazine, als selbst zu „Shumla-road"; speculative Unternehmer legten übrigens grosse Lagerhäuser an, welche, da die Bahnverwaltung nur über sehr kleine verfügt, ihren Eignern reichen Gewinn abwerfen; auch Midhat Pasa erbaute einige, deren jedes ihm 4000 Mark Rente brachte, während ihre Construction kaum so viel kostete. Der Reformer hatte hier vor Jahren die nach occidentalen Principien geleitete, mit verbesserten Geräthen ausgestattete Musterwirtschaft „Bat-mis" zwischen Razgrad und Vetova gegründet, deren erhofften Einfluss auf die benachbarten Agronomen man jedoch vergeblich sucht. Intelligentere Bauern äusserten auf meine Fragen: „weshalb sollten wir theuere Pflüge und Maschinen anschaffen; ernteten wir mehr, fiele der Gewinn doch in die Taschen des Sultans und seiner uns aussaugenden Zehentpächter!" So erklärt es sich, warum Midhat's wohlmeinende Bestrebungen kaum merkbare Erfolge erzielten! Bei eingehenderer Besichtigung der Station Razgrad stiess ich auf tüchtige italienische Arbeiter, welche dort seit Wochen mit der Bohrung eines artesischen Brunnens beschäftigt waren. Die Station litt nämlich an einem sehr empfindlichen Uebelstande; sie besass kein Wasser, und obschon bereits 84 M. erreicht waren, wollte es nicht zum Vorschein kommen. Ich benutzte die günstige Gelegenheit und notirte folgende geologische Tiefen-Ergebnisse: I. Schichte: Humus...............3 Meter Tiefe U. „ Lehm...............6 » » III. „ Löss...............14 „ „ IV. „ Poröse, petrefactenreiche Kalke ....... 7 „ „ V. „ Kalke mit eingeschlossenem Silex .... 14 „ „ VI. „ Grauer Schiefer...........#40 „ „ Der sehr intelligente italienische Werkleiter führte genaue Aufzeichnungen uud 21* versprach, die späteren geologischen Resultate mir nachzusenden. Leider erhielt ich sie nicht und vermag hier nur die bis zum 15. Mai 1874 reichenden vorstehenden Daten mitzutheilen. Ich kann auch nicht sagen, welches Resultat die mühsame und kostspielige Arbeit erzielte; jedenfalls ergab sie den ersten geologischen Durchstich des mittleren bulgarischen Hochplateau's, wie er im alleinigen Interesse der Wissenschaft niemals zu Stande gekommen wäre. Die ausge hobenen Steinproben übergab ich meinem verehrten Freunde Professor von Iloch-stetter, dem ich auch für die nähere Bestimmung anderer geologischer Vorkommen hier den lebhaftesten Dank ausspreche. Wassermangel und der zähe Kampf des Menschen sich das nothwendige Lebenselement zu verschaffen, charakterisirt die ganze vom Lom 0. zur Donau streichende Terrasse, welche ich auf verschiedenen Routen durchquerte. Der am Mittag von Ruscuk eingetroffene Zug brachte mir das telegraphisch nach der Station beorderte Briefpacket mit reichem Inhalte, dessen Beantwortung mich bis zum späten Abend beschäftigte. Meine Abreise verzögerte sich dadurch und ich nahm des zuvorkommenden ersten Beamten Castravelli und seines Collegen Saul Kitrinopulo's Einladungen, bei ihnen zu übernachten, um so lieber an, als ich mindestens für acht Tage von allem Comfort Abschied nehmen musste. Der Abend gestaltete sich in dem wohnlichen Häuschen recht heimlich, während draussen schwere Tropfen an die Scheiben schlugen. Sonst herrschte ringsum Friedhofsstille; kein schrilles Pfeifen der Locomotive unterbrach sie, denn nach Sonnenuntergang verkehren auf türkischen Linien keine Züge, und ich konnte mich überall wähnen, nur nicht auf dem Bahnhofe einer grossen Stadt. Der nächste Morgen war kühl, dafür aber um so reiner. Den Hang, über welchen ich in früher Stunde vom Hochplateau abwärts zog, hüllte durchsichtig blauer Aether ein; lustiger Vogelsang belebte alle Büsche und auf dem jungen Haselnussgezweige am Wege sonnten unzählige Bienenfresser ihr goldbraun und grün schillerndes buntes Federkleid. Weissblätterige Linden, schlanke Buchen und frisches Eichengehölz begleiteten uns, doch zu hohem Wüchse und schattenspendender Waldherrlichkeit hatten sie es hier nicht gebracht. In keiner Richtung deckte der jugendliche Baumansatz die Aussicht; lange über Kirli Kujudzuk hinaus konnte ich die auf der westlichen Schneide laufende Telegraphenlinie verfolgen, gegen N. und 0. aber verriethen auf höheren Punkjen des welligen Terrains aufsteigender Rauch und Minaretsäulen die Lage von Lipnik, Süütli, Dikilitas, Topcu u. a. 0., die auf allen Karten bis 1877 fehlten. In unmittelbarster Nähe der Varna-Ruscukbahn stiess ich also hier wieder auf ein ausgedehntes jungfräuliches Terrain für meine geographischen Arbeiten. Die Staffage an der wenig belebten Strasse bildeten einige zum Schutze der Dzumaer Messe errichtete Beklemeh mit aus den nahen Orten aufgebotenen mos- limschen Mannschaften, die es sich unter iniprovisirten Laubzelten bei Tabak und Kaffee wohl sein Hessen. Die Bewaffnung der Leute erinnerte an mittelalterliche Zeiten und ich denke, dass ein rauflustiger Tscherkesse sie allesammt zum Laufen gebracht hätte; glücklicherweise war die Gegend aber gerade ziemlich sicher und so mochten die tapfer sich geberdenden Bäuerlein immerhin „Zaptie" spielen. Von Kirli hielten wir streng N. und erreichten in 2 Stunden das pittoresk liegende Topcu. Ein kurzer S. N. verlaufender Einschnitt, durch den wir zu ihm hinabstiegen, bot ein anziehendes Bild industrieller Thätigkeit, die ich hier nicht vermuthete. Etwa 30 Oefen brannten den frisch gebrochenen vorzüglichen Kalk, der selbst bis Sumla, Tirnovo und Osmanpazar geführt wird. Den Werth der edlen Zeichenkunst lernt man erst recht auf Forschungsreisen schätzen, \Venn das Profil eines charakteristischen Racenkopfes, das Conterfei einer Gegend, eines Monumentes u. s. w. mit wenigen Bleistiftstrichen so treu in die Mappe wandert, wie es der grösste Aufwand von Notizen niemals vermag. Die hier reproducirte Skizze aus Topöu erspart mir beispielsweise seine Physiognomie zu schildern; denn so flüchtig auch die Striche, mit welchen ich, während Zaptie und Dragoman unsere Pferde zur Tränke führten, den kleinen Dorfplatz mit an magyarische Puszten erinnernden Ziehbrunnen und Tümpeln croquirte, geben sie doch ein richtigeres Bild, als die langatmigste Beschreibung. Die Feder mag immerhin ergänzend beisetzen, dass Topcu mit 150 bulgarischen Gehöften und einer Windmühle auf schroff abbrechendem Kalkhange zu den reichsten Orten der Umgebung zählte — ob noch heute aber, nach dem verheerenden letzten Kriege, ist wohl zu bezweifeln. Wo in Bulgarien der Wind zum Treiben von Mühlen benutzt wird, kann man nahezu immer Mangel an fliessendem Wasser voraussetzen. Auch der kleine Topeubach, auf den ich W. beim Dorfe in 216 M. stiess, führt selbst hier, nahe seinem Ursprünge, während der heissen Monate wenig Wasser und versickert im Sandboden einige Stunden hinter dem Orte. Bei nur 13° C. ritten wir gegen 5 Uhr durch das stark gewundene Thal des Topöu, über das türkische Tozlu-alau weiter zum bulgarisch-türkischen Gözedze. In beiden Orten strömten so riesige Viehherden zusammen, dass es dem Zaptie schwer wurde, uns offenen Weg zu halten, trotzdem er den Treibern ohne Unterschied der Nationalität, verschiedene „Köpek, Moskov", letzteres im türkischen Munde eines der schlimmsten Schimpfworte, an den Kopf warf. Als Gödzedze's (türk. Gözeldse alan) grösste Merkwürdigkeit erschien mir sein ebenholzschwarzer Muhtar, mit dem mein Zaptie wegen eines Kaiaus (Wegweiser) nach Lodzova unterhandelte. Der Araber wusste bald Rath; wie seine türkischen Collegen, bürdete er den weiten Weg dem Sündenbocke des Dorfes, einem Zigeuner auf, der auch sofort, da ihm Widerspruch nichts geholfen hätte, einen Knüppel vom nächsten Baume zur Abwehr gegen wilde Hunde abschnitt und dann seine Lenden, zur unfreiwilligen Landpartie mit uns, gürtete. Wir marschirten l'/2 St gegen W. zwischen Wald und Wiesen über einen schönen Hoch rücken hin, bis wir Lodzova's Minaret erblickten. Obschon die Sonne erst zur Küste gegangen, regte sich ausser einigen Hunden keine Seele im Dorfe. Seine Bewohner, Türken und Tscherkessen hatten bereits „aksam" (Nacht) gemacht und es verstrich geraume Zeit, bis unser Kaiaus in dem Labyrinthe von Lehmmauern durch Schreien und Klopfen einen Wegweiser zum Muhtar Im Bulgurcndorfc Topcu, fand. Ich erwartete sein Erscheinen auf unserem iniprovisirten Halte und freute mich des mit zunehmender Dunkelheit immer kräftiger hervortretenden Siebengestirns, meines Compasses und Trösters in so vielen, auf fremdem Boden verlebten Nächten! Ein bei seinen Eltern zum Besuche weilender Officier von des Sultans Leibgarde kam neugierig, die späten, im Mussafirlik einquartierten Gäste zu sehen; so erhielt ich unerwartet Gesellschaft und obschon mein Interviewer nur äusserst massige Bildung besass, von Oesterreich beispielsweise kaum mehr als den Namen Beö (Wien) kannte, verstrich doch die Zeit mit gegenseitigem Ausfragen, bis man das vom ehrsamen Ortsmedjlis bescheerte Abendbrot auftrug, an dem der junge Mulasim ohne Zögern Theil nahm. Der löbliche Dorfrath besorgte auch in lobenswerthester Weise das rechtzeitige Erscheinen der zugesagten Pferde. Das für mich bestimmte, ein prächtiger, etwa 15 Faust hoher Eappe aus der Gegend von Küstendze, hatte 20 Goldlira gekostet. Sein Eigner rühmte in orientalischen Metaphern des Thieres ruhigen Passgang und ich war über die glückliche Kismetfügung um so mehr erfreut, als mein Razgrader Gaul am letzten Tage mich schändlich gequält hatte. Vor meinem Abritte versicherten die Herren vom Medjlis, dass der bei Lodzova entspringende, ziemlich wasserreiche Tetova-bach nach 3 Meilen Lauf im Boden verschwinde. Da man am Tage zuvor ähnliches vom Topcubache mir erzählte, liess sich die Wahrheit beider Thatsachen nicht bezweifeln; im Hinblicke auf ihre physikalisch-geographische Wichtigkeit * wollte ich sie aber doch persönlich constatiren und richtete mein Routier so ein, dass ich beide Rinnsale nochmals im Unterlaufe kreuzen musste. Vom tiefen Quellbassin des Tetovabaches erreichten wir nach 2 St. das vollkommen wasserlose Türkendorf Drenovca und Va St. später das gleichfalls hochliegende Balbunar mit 150 türkischen, neben 15 tscherkessischen Häusern. Ich hielt am isolirten Dukhan des Dorfes, den ein industriöser Bulgare aus Razgrad von dem türkischen Besitzer Hassan Effendi gemiethet und zum Generaldepot der notwendigsten Spezereien, Nürnberger Artikel u. s. w. für die gesammte Umgegend zu gestalten verstand. Petre machte vorzügliche Geschäfte, er lebte • mit einem jüngeren Sohne wohl im Sommer von seiner Familie getrennt; zum Winter kehrte er jedoch stets mit einem schönen Stück Geld heim, obschon manche Schuld bei ihm ungelöscht, bis zum nächsten Jahre auf schwarzer Tafel angekreidet blieb. Natürlich kam es dem Dukhan zu Statten, dass die Bewohner der trockenen Orte: Drenovca, Jenidze köi und Dzeferovo nach Balbunar wandern mussten, um aus dem nur bis dorthin rinnenden Topcubache ihren Wasserbedarf zu holen. Ich Hess mich an die bezügliche Stelle führen und betrachtete mit grossem Interesse das Reservoir, in dem man £50. vom Dorfe das braungelb geschwängerte Topöuwasscr, durch eine aus solidem Pfahl- und Erdwerk zwischen den Uferwänden eingebaute mächtige Barricade, vor gänzlichem Versickern im Löss, künstlich gestaut hatte. Ganz in derselben Weise, wie zu Balbunar, wurden mit alleiniger Ausnahme des in mancheu Jahren kräftigeren Demir Bobu dere sämmtliche 0. der Ruscuk-Varnalinic entspringenden Rinnsale abgedämmt. Dass sie einst zur Donau flössen, darüber waltet kein Zweifel. Bei vielen Anwohnern fand ich bezügliche, ganz bestimmt lautende Traditionen. Während jüngere Leute nur leichthin äusserten, dass vor „Gott weiss wie viel Jahren" die Bäche wasserreich in die „Tuna" mündeten, erzählten mir ältere, so der greise Öiftlikbesitzer Hadzi Hussein zu 328 VON RA ZG BAD UUBER SAlTANUZlK. Karaac, sciu Grossvatcr habe oft erwähnt, dass in seiner Kindheit der Topcu-und Zaudbach vereinigt bei Tutrokan in die Donau gefallen wären. Wie begründet aber diese Tradition, zeigt ein Blick auf ineine Karte, wo sich beide, heute vollkommen trocken liegende Bachbette genau verfolgen lassen. Zur traurigen, die Bodencultur höchst nachtheilig beeinflussenden Wasser-armuth des nördlicheren Deli-Orniangcbictes trug sicher die unverständige Austilgung seiner Wälder nicht wenig bei. Von Karaaö ritt ich beispielsweise volle 2 St. über eine steppenartige „Jali", wie man hier alles baumlose Land nennt. Wohl sass zu Razgrad ein Orman mehcinur, ein Waldinspector; er verliess jedoch selten die Amtsstube und hatte für seinen riesigen Kreis nur zwei Aufscher zur Verfügung. So spotteten die Bauern der Verordnung, welche sie anwies, ohne Teskereh kein Holz zu fällen und von 100 Piastern Stammwerth 15 P. Steuer zu bezahlen; ja sie gaben überhaupt nicht zu, dass der Staat irgend ein Recht auf den Wald besitze, den sie als ihr Eigcnthum und Erbgut betrachten. Bei solcher Anschauung war es nicht überraschend, dass weit und breit an meiner Route kein gesunder Stamm zu sehen war, alle zeigten Brandstellen und erst bei Zaudköi stiess ich auf bewaldete Einschnitte, deren Quellen im Dorfe, kaum l Meile von ihrem Ursprünge durch einen Querdanini abgestaut waren. Denn ähnlich wie Balbunar bildet auch Zaudköi ein von den Nachbarn vielbeneidetes Reservoir für die Orte Junuslar und Saliler, deren Türken und Tscherkessen das schmutzig gelbe Wasser in hohen, senkrecht stehenden Fässern, auf mit Pferden und Eseln bespannten Karren, mühsam heimführten. Leicht hätte ich das „Karademirli teke" am selben Tage erreichen können; Zaudköi's herbeigeholter Muhtar betheuerte aber, der Pferdewechsel sei nicht vor mehreren Stunden zu bewerkstelligen. Schliesslich bedauerte ich weniger das gezwungene vorzeitige Konakmachen, weil das Mussafirlik zu den besseren zählte und das Medjlis Alles aufbot, für seine Gäste gut zu sorgen. Da neben dem 120 Häuser zählenden türkischen Mahle 40 Tscherkessen-Familien siedelten, hielten es die braven Türken für nothwendig, des Nachts bei unserem isolirten Häuschen Wache zu halten, damit ein etwaiger Diebstahl nicht ihren Ruf beflecke. Wieder lernte ich hier manche gute Eigenschaft am echten Osmanli schätzen; schade nur, dass sie meist negative sind und bei der regierenden Kaste leider gänzlich fehlen. Selbst in höchster Potenz würden sie aber nicht genügen, ein Volk im Kampfe mit Nationen, bei welchen die activen Eigenschaften überwiegen, vor dem Niedergange zu retten. Denn längst erkannten Griechen, Armenier und Bulgaren, dass Wissenschaft zur Macht führe, und strebten deshalb zu Hause und im Auslande sich Kenntnisse anzueignen, welche sie befähigen, ihre geistig faulen moslimschen Nachbarn, deren Schuleinrichtungen auf denkbar niedrigster Stufe stehen, zunächst auf materiellem Gebiete zu überflügeln. Recitation des Korans, arabische Grammatik, etwas mit mystischen Zuthaten versetzte Geographie und elementares Kechncn bilden das gesammte Rüstzeug, mit dem selbst Jünglinge aus. besseren türkischen Familien in die Welt treten. Durch das angeborene Vorrecht gestützt, konnten sie trotzdem in der administrativen und militärischen Oarriere ihren Weg machen; wo dies nicht anging, wie in Industrie und Handel, musste der Türke aber stets vor dem geistig besser gerüsteten christlichen Concurrenten zurück weichen. Wie sehr der Obscurantismus auch bei den Moslims von Auswüchsen der Priesterkaste genährt wird, dafür machte ich am nächsten Tage höchst merkwürdige Erfahrungen. Was ich bereits in Zaud's Mussafirlik von den Wundertaten des Derwisches Hassan Demir Boba Peliwan gehört, streifte an die fabu-losesten Legenden unseres occidentalen Mittelalters, wurde aber noch weit von dem närrisch-mysteriösen Krimskram überholt, welchen der Nährvater des gleichnamigen Teke's am nächsten Tage mir alles Ernstes aufbinden wollte. Die Wasserarmuth der Gegend lieferte ein willkommenes Grund-Motiv, auf das thö-richte Traditionen und gleissnerisch-verschmitzte Absicht ihren luftigen Wunderbau aufgeführt hatten, um die Anziehungskraft des Teke zu erhöhen oder richtiger, um das Geld der bildungslosen Gläubigen in die weiten Taschen des geistlichen Speculanten zu führen. „Noch ahnt man kaum der Sonne Licht, Noch sind die Morgcnglocken nicht Im finstern Thal erklungen." Diese Zeilen aus Meister Uhland's „Morgenlied" flogen mir durch den Sinn, als wir von Zaudköi SO. absteigend, tief unten in dunkler Felsschlucht des Wundertäters „Demir Boba teke" ansichtig wurden. Etwas früher schon hatte mir unser von höchster Verehrung für den Glaubenshelden erfüllter Razgrader Zaptie vermorschte Baumstumpfe gezeigt, auf denen der ttoba das Kurban zu schlachten pflegte und dabei seine Derwische um sich versammelte. Die frommen Pilger, welche zum Teke ziehen, machen an dieser Stelle Halt und bringen Allah gleichfalls Thieropfer dar. In der Brutstätte mystischen Wahnglaubens angelangt, wies uns ihr Pförtner in das kleine bessere Gastgebäude, gleich darauf erschien ihr eigentlicher Hüter, um nicht zu sagen, der Eigentümer des geheiligten Wallfahrtsortes und begrüsste mich, nachdem er meinen sultanlichen Ferman demütig an die Lippen gedrückt, mit ehrerbietiger Verneigung. Fanatismus schien ihm fremd. Er nahm neben mir auf dem Teppiche Platz und durch verschiedene Fragen erhielt ich allmälig ein Bild vom Wunderwirken des von Allah so ausserordentlich bevorzugten Heiligen, welches ich in den Daten hier treu wiedergebe. „Hassan Demir Boba Peliwan" erblickte vor 390 Jahren das Licht dieser Welt. Er war ein grosser Derwisch, der mit der Hand Wasser aus den Felsen schlug. So that er zu Kralbunar, wo er eine Zeit lang wohnte, so auch in der früher wasserlosen Schlucht, in welcher er selbst sein Teke und Grab erbaute. Er war Vater von 72 Nationen, und so viele giebt es auf der Welt. Von dem mit Sultan Mahmud verbündeten Kaiser der Moskovs, erhielt Demir Boba durch viele Jahre 18,000 Oka Salz, als Dankgeschenk, weil er dessen Armee vom Tod errettet. Ein furchtbarer Riese hatte ihr alles Wasser abgeschnitten, Demir Boba tödtete ihn und erhielt den Titel „Peliwan". Sie litt auch Hunger, die Vor-räthe gingen zur Neige, da brachte Demir Boba in einem Tuche Brod, Heu, Gerste und siehe, es reichte für alle Soldaten und Pferde aus. Dies geschah mit Sultan Mahmud's Erlaubniss. Als aber die Derwische insgesammt gegen den Sultan Partei für die rechtgläubigen Janitscharen nahmen, stellte Demir Boba seine Sendungen an des Moskov's Armee ein. In Folge dessen wurde das Teke von des Sultans Statthaltern arg bedrückt. Ibrahim Pasa ging so weit seine Vorräthe zu nehmen. Da stieg Demir Boba aber vor des Ketzers Augen au der senkrechten Felswand hinauf; bekehrt durch dieses Wunder, befahl der Allah's Zorn fürchtende Pasa seinen Soldaten ihre Pferde mit Eicheln zu füttern und des Tekc's Eigenthum fortan unberührt zu lassen. Nichtsdestoweniger litt es noch viel unter des Reformsultans Mahmud' irreligiöser Regierung. Unter Abdul Medschid blieb es verödet und seine Quellen versiegten sogar durch 30 Jahre. Der fromme Sultan Abdul Aziz stellte aber des Teke's Ferman wieder her und seit vier Jahren, seit Ahmed ben Ali, sein gegenwärtiger glaubenstreuer Schech aus Razgrad dasselbe bezogen, rinnen auch seine Wasser, zum Segen der Anwohner, wieder so stark wie einst, zur fernen Donau." Ich athmete freier auf, als mein Decamerone geendet hatte. Seinem plumpen, salbungsvoll vorgetragenen Ltigenmosaik war jedenfalls zu entnehmen, dass der nahezu „vierhundertjährige" Glaubensheld Demir Boba zur Zeit Sultan Mahmud's noch gelebt und 1829 mit den Russen während des Krieges irgendwie fn Berührung gekommen war. Der Schech schlug mir vor, das Teke des grossen Wundermannes zu besichtigen und geleitete mich an den wirklich reizenden Punkt, welchen Demir Boba mit auserlesenem Naturgeschmack zur irdischen Ruhestätte sich bestimmte. Das kleine Grabgebäude steht dicht an lauschig bewaldetem Hange zwischen schattigen hohen Bäumen. Hart neben dem Türbc quillt aus fünf Oeffnungen, welche Demir Boba mit den Fingern seiner rechten Hand in den Felsen schlug, der durch einen gemauerten Trog fliessende Bach gleich in ansehnlicher Stärke. Weiter neben einer kleinen Moschee steht ein Fels, der gleichfalls Demir Boba's Handspuren trägt; oben, auf jener hohen senkrechten Felswand, die er einst vor Ibrahim Pasa's Augen hinanstieg, erblickt man aber die Höhle, von welcher der Boba mit einem Schritte herabsprang, um I seinem Baumeister den Punkt genau zu bezeichnen, auf dem sein Teke errichtet werden sollte. Der Leser wird es natürlich finden, dass Schech Ahmed mich durch die erzählten Wunderhistörchen mit einem ganz ausserordentlichen Respecte für seinen hochseligen Vorgänger „Hassan Demir Boba Peliwan" erfüllte und dass nicht geringe Scheu mich erfasste, als mein würdiger Cicerone das Velum am Eingänge des polygonen kleinen Heiligthums lüftete, in dem einer der grössten Lieblinge des Propheten schlief; namentlich dann aber, als mein profanes Auge sogar seinen, von Leuchtern umgebenen, mit Teppichen bedeckten hohen Sarg und die Reliquien des Zaubermannes erblicken durfte, welche Herrlichkeiten eigentlich «nur von Echt- uud Rechtgläubigen betrachtet werden sollten! Des Islams erste, von loderndem Feuereifer erfüllte Propagatoren haben Baksis süchtigen Spcculanten Platz gemacht, deren Gewinnsucht und Toleranz oft nahe nebeneinander wohnen. Mein Begleiter hiess mich selbst des Boba's Riesenschuhe vom Platze heben, um mich zu überzeugen, dass sie nicht etwa eitel Schein, bronzirtes Holz oder Leder, sondern wirklich Metall und für moderne, mit" Hühneraugen behaftete Füsse sich wenig eigneten. Ich durfte auch das Messer prüfen, mit dem der Boba Felsen gespaltet, ebenso den Rosenkranz von grossen polirten Steinen, mit dem er Allah's Beistand für seine berühmten Thatcn erflehte. Dass über deren Wahrhaftigkeit aber kein Zweifel bei den Anwohnern besteht, darüber belehrten mich zahlreiche Gräber frommer Moslims, welche lebend oder todt hierher kamen, um mit dem viel geltenden Fürbitter Demir Boba Peliwan in einer Erde zu ruhen! Den Moment, wo wir das Türbe verliessen, hielt ich für den geeigneten, um ein die genossene Gastfreundschaft ausgleichendes Geschenk an des Heiligen Sarge, mit dem Beisatze „für dessen Erhaltung", niederzulegen. Der Schech maass es mit verstohlenem Blicke uud da es seine Erwartungen übersteigen mochte, wurde er noch liebenswürdiger und bat mich, in sein bescheidenes Häuschen einzutreten, dessen Prachtstube grosse Aehnlich-keit mit jenen in bulgarischen Klöstern zeigte. Wie dort hatten auch hier gläubige Seelen das Beste für die Ausschmückung gethan. Nur traten eingerahmte, zierlich kalligraphirte Koransprüche an die Stelle der Heiligenbilder; das Mobiliar glich aber beispielsweise jenem im Trojan-Kloster vollkommen und selbst die Waffen fehlten nicht zur Abwehr ungebetener schlimmer Gäste. Im richtigen Lichte betrachtet, war Schech Ahmed ein tüchtiger Speculanr, der den Aberglauben seiner moslimschen Glaubensbrüder auf der östlichen bulgarischen Donau-Terrasse ebenso ausbeutete, wie unsere Wirthe, welche neben einem von Bädeker gerühmten Wasserfall sich niederlassend, für dessen leichtere Zugänglichkeit sorgen und dafür die Börsen schwärmender Naturfexe freundlich erleichtern. Mit Wenigem begann Ahmed sein Tekegeschäft. Allah Kerim! Der Höchste sei gelobt! Er gab seinen Segen und zur Zeit meines Besuches besass das Teke oder richtiger sein Hüter Ahmed bereits viele Dublins Feld, Wald und Wiesen, ferner 2 Mühlen, 2 Paar Ochsen und Büffel, eine Kuh, ein Pferd, viel Gclliigel u. s. w. Ich lasse den Leser die interessante Bekanntschaft des geistlichen Hoteliers Ahmed iu dein Augenblicke machen, wo er mich, mein Gefolge uud einige Derwischpilger in aller Denrath höchstpersönlich bewirthetc. Der 17. Mainiorgen entsprach durchaus nicht den Traditionen des Wonnemonats; es regnete in Strömen, das Thermometer war auf 9° C. gesunken; so verbrachte ich den winterlichen Tag mit Arbeiten in geheizter Stube. Am Abend Im Hassan Demir Boba Peliwan teke. sandte der Schech durch einen Tekediener viele Decken, Kissen und Felle aller Sorten ins Gastgebäude herüber, die ein prächtiges Lager gaben. Am nächsten Morgen leuchtete das Firmament wieder in voller Bläue und zeitlich ritten wir von dem mit 158 M. gemessenen Teke SO. die Höhen hinan, von welchen ich den Zusanimenfluss des Maser teke dere mit der Kokardza croquiren konnte. Letztere kommt vom gleichnamigen, 1874: 50 türkische und 30 Tscherkessenhäu-ser zählenden Dorfe herab. Wenig Gewähr ist jedoch dafür vorhanden, dass der vereinigte Wasserlauf, welcher den gefeierten Namen „Demir-Boba" trägt, ihn noch lange durch sein Dasein in lebendigem Andenken erhalten werde, denn schon gegenwartig fliesst er in trockenen Sommern nur äusserst träge bis zum nahen Kücük Jeni Balabanlar! Von Kokardza lief meine Route über Hüsenli W. 0. und setzte bei Arslanköi (1874: 60 türk., 16 tscherk. Häuser) trocken über den Klic dere, dessen Quellen auf der Pontus-Donauscheide, nahe jenen des Pravadi, dem Deli Orman in beiläufig 480 M. entfliessen. Einst mündete der Klic dere W. von Tutrokan, bei Karvan in die Donau, gegenwärtig fliesst er von seinem Ursprünge, den ich bei Uluklu Jeniköi im weissen, plänerartigen und belemnitenreichen Kalkstein con-statirte, ziemlich reich bis Klicköi, wo man ihn durch einen starken Damm vollkommen abschnürte. 1 Stunde später kreuzte ich bei Kalamak (30 türkische Häuser) sein schmales Bett und gleich darauf noch einmal zwischen Hassan Mahle und Esankovan Öukurköi (328 M.), das wir in 1/ä St erreichten. Hier erklärte der junge Tscherkesse, welcher die in Zaud requirirten Pferde zurückbringen sollte, dieselben um keinen Preis weiter gehen zu lassen. Kein Zusprechen änderte den Entschluss des abchasischen Querkopfes, und so sehr ich mich darüber ärgerte, da wir leicht die Deli Ormanhöhen noch vor Sonnenuntergang hätten erreichen können, musste ich abermals, nachdem andere Pferde nicht rasch sich requiriren Hessen, den Verlust kostbarer Stunden ruhig hinnehmen. Zeitlich am nächsten Tage stand ich auf der interessanten Wasserscheide. Wir hatten den Böjükli dere gekreuzt und von Terbiköi verschiedene Höhen hinanreitend, konnte ich die mir noch fehlenden letzten Daten für die hier sich trennenden Pontu8-Donauzuflüsse sammeln. Es war anfänglich nicht leicht Klarheit über ihre Richtung zu gewinnen; die Terrainaufnahme beanspruchte viele Stunden, als sie vollendet, ritt ich aber leichteren Sinnes die jenseitigen Hänge zum Pravadi hinab, in dessen höchsten westlichen Einschnitten die Landschaft hier einen unwirthlichen Charakter zeigt, den Schotterbrüche im gelbbraunen Pläuermergel noch steigern. Länger dauernd, müsste das Reisen über solch ödes, zerklüftetes Terrain herabstimmeud wirken. Der von S. ertönende schrille Pfiff einer Loco-motive wirkte belebend; er verkündete, dass die Varnalinie nahe sei. Noch ging es über den Hasköi dere und einige unter Mergeln hervortretende feste Kalkbänke, welche die feinkörnig weissen Quadersteine zur einzigen Kunstbaute der Ruscuk-Vamabahn, zum hohen achtpfcilerigen Viaducte der Station Saitandzik lieferten. Ihre auf der jenseitigen Höhe erscheinende Silhouette zog mich um so mächtiger an, als ich Briefe aus der Heimath dort erwartete; rasch waren die zum Bahnhofe führenden Serpentinen erklommen. Ein polnischer Emigrant, Herr Malinovski, wusste die früher vernachlässigte Mittagsstation Saitandzik mit grossem Talent in ein kleines Eldorado occidentaler (ieiiilsso zu verwandeln und das will auf so primitivem Boden nicht wenig bedeuten. Caviar und Sardinen, Butter, Fische, Braten, Salat, Käse, Mehlspeisen, treffliches Bier, gute Weine und selbst Cigarrcn erwarteten hier den Reisenden. Ich bin nicht Epikuräcr; doch schied ich am Nachmittage schwer von der kleinen zauberhaften Culturoase. Ob die vor dem Speisesalon in einem Bauer thronende Amsel auch beim Anzüge der Russen die Melodie: „Jeszczc Polska nie zgineta!" (Noch ist Polen nicht verloren) sang? Das mit 338 M. gemessene Saitandzik, wohin die Türken im Sommer 1S77 aus Sumla ein Detachement von 100 Reitern vorschoben und das die Russen gleich der nördlicheren Bahnstation Isiklar am 27. Jänner 1878 besetzten, blickt bereits nach dem Pontus. Im Thale kreuzte ich wieder den Hasköibach, dann den Erekli dere beim gleichnamigen Orte und stieg hierauf die Höhen von Ekisdze hinan. War meine Aufgabe bisher eine schöpferische, indem ich die leeren Flecke unserer Karten füllte und der Wirklichkeit entsprechendere Terrain-Aufnahmen an die Stelle von Phantasiegebilden setzte; so nahm sie von diesem Punkte, auf der Route N. bis Tutrokan, mehr controlirenden Charakter an, Dank den ausgezeichneten Arbeiten, welche nach dem Adrianopler Friedensschlüsse 1829 von russischen Militärs in Ost-Bulgarien ausgeführt wurden. Aus jener Zeit, wo die Türkei zum ersten Male gründlich vor dem Caren sich beugte, und theilweise aus dem Jahre 1854, stammten auch die grossen türkischen Erdwerke an unserem Wege. Sie waren bestimmt, die wichtige Strasse von Silistria nach Sumla unter Kreuzfeuer zu nehmen; andere folgten bei CamurK, unfern Görgenli. Hier campirte 1854 ein starkes Truppencorps zum Schutze von Sumla, denn diese Position erscheint schon deshalb wichtig, weil nahe derselben fliessendes Wasser reichlich vorhanden ist, das etwas nördlicher gänzlich fehlt. Als letzte Pontusader kreuzte ich den Ahlar dere. Gleich darauf führte mich mein Routier über den Deli Orman ins Gebiet der Donau zurück. Ihr würde bereits der nächste Wasserlauf beim jenseitigen Köklüdze (302 M.) zufliessen, falls er die Kraft dazu besässe; diese fehlt ihm aber und wie sein westlicher Nachbar Klic dere (S. 333), läuft auch er nur einige Meilen gegen NO. und versickert sodann im Löss bei Boscular. Der Böjükli dere, dessen Quellen ich bei Terbiköi am Tage zuvor festgestellt, blieb bis Tutrokan der letzte Wasserlauf auf meinem 8 Meilen langen Ritte, der fortan über vollkommen trocken liegendes Land ging und nur äusserst spärliche landschaftliche Reize bot. Hier und da wechselten wohl grasreiche Triften und Wald auf den Höhen mit fettem Ackerboden, im Ganzen boten aber die trockenen Bachbette im fahlbraunen Löss nur sehr trostlose Bilder. Das ethnographische Moment gestaltete sieh interessanter; durch mehrere Tage, seit wir Topcu verlassen, begegnete ich keiner Christenseele. Weit und breit auf dem grossen Gebiete bis Tutrokan und Silistria gab es nämlich, wie meine ethnographische Karte en detail zeigt, kein bulgarisches Dorf. Alle Orte erschienen durchaus türkisch, zuweilen mit einem Beisatze von Tataren und Tscherkessen, welche von ihren Glaubensgenossen auch hier als eine dem Eigen-thume gefährliche Geissei denuncirt wurden. Ich kann nur wiederholen, dass die von den Tscherkessen jüngst geleisteten militärischen Dienste in keinem Verhältnisse zu den Nachtheilen stehen, welche ihre Colonisation den loyalen Unter-thanen der Pforte zugefügt, und wenn die Bulgaren den Heranzug der Russen sympathisch begrüssten, trug dazu nicht wfcnig die Hoffnung bei, endlich von jenen Drängern befreit zu werden, deren erzwungenem Exodus während des letzten Krieges auch die Türken keine Thräne nachweinten. Ackerbau und Viehzucht sind die einzigen Erwerbsquellen dieses waldigen, an die eigentliche Dobruca grenzenden Landstriches. Seine Bewohner sind wenig bemittelt und nur in einzelnen Dörfern stösst man auf einen Dughan mit kleinem Laden, in dem ein Bulgare, Grieche oder Armenier das bunteste Durcheinander von Kaffee, Zucker, Mastika, Käse, Melonen, Kerzen, Zündhölzchen (machina), Theer, Seife, Stricken, Schaufeln, Nägeln, Nadeln, blauen Kleiderstoffen, Abatuch, Turbantüchern, Garnen u. s. w. feilhält. Die Bedürfnisse der Landbevölkerung zwischen Silistria, Sumla, Razgrad und Ruscuk sind bei dem mangelnden Einflüsse städtischen Lebens ungemein bescheiden. Nun denkt die bulgarische Regierung aber daran, dieses grosse Gebiet zur leichteren Administration in Bezirke zu zerlegen und in jedem eine grössere Ortschaft zum Städtchen zu erheben; so Kamarlar, Savut u. a. nach einem der Nationalversammlung 1880 vorgelegten Entwürfe. Bei vollkommen mangelnden Wirthshäusern war ich auf dieser Route einzig auf die Gastfreundschaft der Leute angewiesen, und sie wurde gleich im ärmlichen, 45 Häuser zählenden Aidogdu in liebenswürdigster Weise geübt. Von diesem 338 M. hoch liegenden Dorfe erreichten wir über Podaiva, dessen 7 Mahle ich in Karte brachte, und über das 32 Häuser starke Kedirköi (270 M.), bei Oa Sarmana mit NW. das trockene Klicbett. Die Anwohner sind hier bereits ausschliesslich auf Ziehbrunnen angewiesen, und einzelne Orte, wie jenes andere, noch 1876 auf der russischen Karte nahe bei Hasfat erscheinende Sarman, musste ich streichen, weil ihre Bewohner sie vor längerer Zeit wegen Wassermangels verlassen hatten. Von Hasfat (124 M.) ritten wir am nächsten Morgen eine bedeutende Strecke durch unansehnliche Eichenwälder über Karahedirlar nach Viz-köi. Dort stiess ich endlich wieder auf ein schwaches, bei Kosu in die Donau fliessendes Wasser und zugleich auf eine kleine Bulgaren-Colonie von 22 Gehöften, neben 7 türkischen und 30 tscherkessischen Häusern. Wo Bulgaren siedeln, darf man sicher sein, einen Han und in diesem Wein zu finden. Die moslimsche Gastfreundschaft in allen Ehren, that es mir doch wohl, einen mit Rebensaft gewürzten Imbiss, ohne viele Vorbereitungen, ohne ceremoniösc Complimente und oft höchst langweilige Gesellschaft einnehmen zu können. Der Wein wurde mir von des Wirthcs Tochterlein crcdcnzt; es-war ein hübsches rothbackiges Mädchen, das rasch zuvor noch seine Toilette mit einigen in das Haar gesteckten Blumen vervollständigte. Dies Alles that wohl dem Auge, welches durch viele Tage nur Vogelscheuchen ähnliche, in Feredschi's gehüllte moslimsche Frauengestaltcn aus respectvoller Ferne bewundern durfte. Ich weidete mich ein halbes Stündchen an dem fröhlichen, lange entbehrten Treiben vor dem Han, der durch mein Erscheinen besondere Anziehungskraft auf Vizköi's bulgarische Bevölkerung zu Üben schien. Ueber die zwei letzten Abschnitte der Terrasse erklommen wir hinter Sarigöl ein Hochplateau, auf dem plötzlich gegen N. das rumänische Tiefland und die Donau vor uns auftauchten. Tutrokan trat jedoch nicht in Sicht; der scharf geböschte hohe Steilrand, auf dem wir standen, deckte es noch vollkommen. Die Anhöhe, von der ich das prächtige Landschaftsbild genoss, ist dieselbe, welche von den Türken im Mai 1877 mit Redouten stark befestigt wurde, um der russischen Armee die Ueberschreitung der Donau an diesem Punkte zu wehren. Merkwürdigerweise hatte der türkische Generalstab 1828, 1854 und auch später es unterlassen, hier permanente Werke zu errichten, obschon der scharfblickende Moltke bereits vor Decennien Tutrokan „die vortheilhafteste Oertlichkeit für den Uebergang eines Heeres auf der ganzen unteren Donau" nannte. Bei dem über 7 Meilen von den Festungen Rusöuk und Silistria entfernten Tutrokan fliesst nämlich, wie an nur wenigen Punkten, der Strom zwischen festen, stets gangbaren Ufern in einer Breite von kaum 1000 Schritten und der jenseits bei Oltenica mündende Argis gestattet, das Material für den Uebergang leicht heranzuführen. Wie richtig das Urtheil des berühmten deutschen Strategen, dafür spricht, dass schon Constantin der Grosse Transmarisca (Tutrokan) gegenüber das Castell Daphne (bei Oltenica) zur Sicherung des Ueberganges ins Land der Gothen erbaute; auch schlug hier jener General des Kaisers Valens, welcher sie im J. 367 glücklich bis an die Karpathen drängte, seine Schiffbrücke. Mannert leitete den Namen Transmarisca davon ab, dass die Stadt der Mündung des Mariscus (Argis) gegenüber lag. Nach der Notitia Imp. war es eine wichtige Festung, welche ausser leichtem Fussvolk auch 2 Cohorten der Legio Claudia als Garnison hatte. Zwischen Transmarisca und Prista (Rusöuk) lagen noch zum Schutze des Donaulimes: das kleine von einer Abtheilung Reiterei besetzt gehaltene Castell Tegra und das Städtchen Appiaria; gegen Durostorum (Silistria) die kleinen Castelle: Nigriana (auch Candidiana), Altinum und Tegulicium mit Besatzungen leichter Truppen. Die Lage aller dieser Punkte bleibt noch näher zu bestimmen. Kaiser Justinian stellte das verfallene Transmarisca und jenseitige Daphne wieder her; die Kirchennotizen kennen auch einen Bischof der letzteren Stadt, welche trotz der grossen Völkerstürme stets wieder neu erstand. Unter der Türkenherrschaft besass „Totorkan" noch im XVII. Jahrji., wie Hadzi Chalfa erzählt, ein Schloss, das 1810 vom russischen General Kamenski nach dem Donauübergange genommen und von den Russen bei ihrem Abzüge im selben Jahre, gleich den meisten festen türkischen Donauplätzen, zerstört, später aber nicht wieder hergestellt wurde. Im Mai 1829 schlug hier ein Cavallerie-Detachement des Generals Kreutz die Nachhut des nach der Niederlage bei Razgrad (S. 291) von Rusöuk vorbrechenden Hussein Pasa. Im Feldzuge 1854 ging der Serdar Omer Pasa bei Tutrokan über die Donau und lieferte den Russen das berühmte Treffen von Oltenica, in dem die türkischen Truppen Europa zeigten, dass der alte militärische Geist, welcher es einst zur Hälfte eroberte, bei den Osmanli nicht erstorben sei. Im Sommer 1877 beschränkte sich die Action gegen Tutrokan auf die wiederholte Beschiessung der türkischen Monitors und Redouten durch die jenseitigen russischen Positionen bei Oltenica. Selbstverständlich litten beide, von den Civilbewohnern verlassene Städte durch die wiederholten Bombardements am 10., 16. und 25. Mai. Am 8. Juni langten 5 Bat-taillone aus Rusöuk an. Am 25. Juni wurde der russische General Ernroth, Commandant der 11. Infanterie-Division und gegenwärtiger bulgarischer Kriegs-Minister bei Oltenica am Halse durch eine Kanonenkugel von Tutrokan schwer verwundet. Im Herbste erhielt seine Besatzung einige Verstärkungen von Silistria, sie zog sich jedoch im Feber 1878 dahin zurück, nachdem das von W. es deckende Rusöuk geräumt war. Erst wenn man die steilen Serpentinen des Uferhanges hinabreitet, verrathen einige buntbewimpelte Karlasenmaste und hellleuchtende Minaretspitzen Tutrokan's Lage. Der Abstieg ist mühsam, dauert aber nicht lange und bald trabten wir über das gefährliche spitzige Pflaster der langen Carsistrasse ihrem grössten Han zu. Hier erlaubte ich meinem Razgrader Zaptie, der mir treffliche Dienste geleistet hatte, mit seinem Pferde beliebigen Kef auf meine Rechnung zu pflegen; ich selbst folgte mit meinem Dragoman der liebenswürdigen Einladung des Donau-Dampfschiffahrts-Agenten Julius Felhermeyer; hätte ich aber geahnt, dass in seinem Hause ein Töchterchen an den Blattern liege, so weiss ich, bei allem im Orient mir angeflogenen Fatalismus nicht, ob ich dort abgestiegen wäre. Nun es zu spät, vertraute ich dem Kismet, blieb, und hatte es nicht zu bereuen, da die wackere Hausfrau alles aufbot, um deutscher Gastfreundschaft zu genügen. Tutrokan war Verwaltungssitz eines bedeutenden Kreises; trotzdem gab es aber dort nichts, was interessiren konnte. Unter den 461 vorwiegend aus Holz gebauten türkischen Häusern sah ich so wenig wie unter den 15 tscherkessischen oder 715 Häusern des östlichen Christenviertels irgend ein ansehnliches Gebäude. Die Rumänen, die Majorität der Bevölkerung, besitzen eine vor etwa 17 Jahren gebaute, mit Blech gedeckte Kirche; neuestens sonderte sich die kleine bulga- Kanltz, Donau-Bulgarien und der Balkan. III. 22 rische Gemeinde ab und versuchte ein eigenes Kirehlcin zu errichten; 1874 waren seine Grundfesten wohl ausgehoben, doch fehlte es am Geldc zum Bau. Auch die Schule gehörte früher der gesammten christlichen Commune, in welcher das hellenische Element nur 5 Familien zählte. Tutrokan's Walachen lebten grösstentheils vom Fischfang; ich fand hier nahezu 200 Fischer, welche für die Pächter grösserer Flussstrecken arbeiteten. Je vier bauen eine starke Barke, lassen sieh im Schlepptau eines Dampfers für geringes Entgcld bis zum Turnul aufwärts ziehen und sind glücklich, wenn sie nach zweimonatlicher harter Arbeit jeder mit einem Verdienste von 5 — 6 Goldlira heimkehren können. Der Personen-Verkehr der Tutrokaner Dampfboot-Agentie ist unbedeutend; auch die Verfrachtung nimmt nur geringen Aufschwung. Obschon die öffentliche Gesundheitspflege in des Sultans Staaten im primitivsten Zustande; obwohl ungesundeste Nahrungsmittel auf den Marktplätzen aller Städte ungehindert verkauft wurden, halbverweste, die Luft verpestende Thiercadaver in den Strassen umher lagen; obgleich es selbst in Städten mit 12,000 Einwohnern, wie zu Selvi, Lovec u. a. an Aerzten fehlte und einfachste Reinlichkeit oder gar Desinfec-tionen ganz ungekannte Dinge waren, litt der untere Donauhandel während der häufigen Epidemien durch unvernünftige Handhabung der Quarantäne-Vorschriften. War aber die Cholera im Anzüge, dann hemmte man den Verkehr in wahrhaft lächerlicher Weise und Alles ward für „sporco" erklärt, was mit einer Person oder Sache von auswärts in Berührung kam. So passirte es dem Tutrokaner Agenten Habermayer, als er von einem auf der Bergfahrt landenden Dampfer zurückkehrte, dem er auf die einzuschiffenden Waaren bezügliche Papiere Übergeben hatte, was kaum einige Minuten beanspruchte, von dem am Ufer postirten Quarantäne-Beamten als „sporco" zurückgewiesen zu werden. Nur mit Hilfe seiner handfesten Stehschiff-Matrosen gelang es dem Agenten sein Haus zu gewinnen; der Vorfall gab einen bösen Handel, welchen die österreichische Botschaft in Constantinopel später schlichten musste. Ausser vielen Rohproducten werden auch Brenn- und Arbeitshölzer von Tutrokan exportirt. An manchen Orten des Kreises giebt - es Weissbuchen bis zu 1 Meter Stammdurchmesser, welche sich namentlich zur Ausfuhr für Werkzeuge eignen würden; allein die kostspielige Bergfracht auf der Donau erschwert dies ungemein. Kornelkirschenholz (Kizildzik) und Rotheichen werden in der nahen Walachei mit bedeutendem Gewinne abgesetzt. Als Arbeitslohn erhielten die Holzfäller 1874 nur 8 Piaster pro Tag. Wenige Wochen vor meinem Besuche hatte der preussische Ingenieur Dorn sehr viele Dulums Wald von der Regierung zur Herausschaffung der Stämme gepachtet. Der Kaimakam von Tutrokan, dem er, seinem Rechte vertrauend, kein Baksis in die Tasche fallen liess, legte aber den Vertrag so aus, dass Herrn Dorn wohl die Stämme bis hinauf zu 27 Centi- meter Durchmesser, nicht aber die Kronen gehörten. Diese nachträgliche Beschränkung stiess jedoch den ganzen Calcül um, die beste Fällzeit ging über dem Streit verloren und der Ingenieur sah sich gezwungen, an den Ruscuker Vali, ich weiss nicht mit welchem Erfolge, zu appelliren. Ich hörte noch mehrere andere derartige Stückchen von dem kleinen Tutrokaner Autokraten; für dessen administratives Geschick und humanen Sinn auch das abscheuliche, mehr einem Menageriekäfig gleichende Gefängniss im Konakhofe sprach, in dem er seine Sträflinge, Alt und Jung, bunt durcheinander im grössten Unrath auf nackter Erde verkommen liess. Ich lernte den Kaimakam gleichfalls nicht von liebenswürdiger Seite kennen. Als ich ihn besuchen wollte, bestieg er, ohne sich viel um meinen Ferman zu kümmern, einen Kaik, um mit lustiger Gesellschaft auf einer jenseitigen wala-chischen Insel zu jagen. Am nächsten Morgen traf ich ihn wohl im Konak, allein der an starkem Embonpoint leidende Nimrod schien noch von seiner Sportarbeit sehr ermüdet zu sein, und kostete es viel Mühe, die gewünschten Daten, auf welche ich durch meinen Ferman ein Recht hatte, zu erlangen. Zuerst besass er keine Tefter, dann war zufällig der Kasnadar, den ich kurz zuvor gesprochen hatte, verreist; endlich, als ich ihn eines Besseren belehrt, wollte er zu Rusöuk um die nothwendige Erlaubniss anfragen und derlei mehr. Ich sah, dass ich es mit einem, bei türkischen Beamten selten hervortretenden zanksüchtigen Charakter zu thun hatte, und drohte mit einer Klage beim Vali, was mir endlich zu den erbetenen Auskünften verhalf. Nur für eines hatte ich dem unfreundlichen Manne zu danken, für den mir zur Weiterreise zugewiesenen höflichen Zaptie, der, wie einige topographische Stichfragen bewiesen, auch trefflich in seinem Kasa orientirt war. Mit herzlichem Abschiede von meinen, durch die fortschreitende Genesung ihres Kindes heiterer gestimmten Wirthen verliess ich das wenig anmüthende Tutrokan, dessen Häuser sich in die 20° geneigte Böschung des Hochplateau's einbohren, an dem unsere W. nehmende Strasse unten hinzog. Seine Seehöhe beträgt nach meiner Messung 133 M. und widerlegt auch an diesem Punkte die Fabel von einem „bulgarischen Tiefland". Das Plateau besteht aus Löss, mit unterlagernden mioeänen Tertiärschichten; die tiefere, kaum 7 M. über dem Donauspiegel aufragende Terrassenstufe aus braunem Alluviallehm entspricht aber dem ausgedehnten jenseitigen rumänischen Trockenland, das gleichfalls terrassenförmige Abstufungen zeigt. In dieser ausgesprochenen Terrassenbildung der Alluvialschichte findet der geistvolle Geologe Peters einen der wesentlichsten Charakterzüge der unteren Donauländer, im Gegensatze zum ungarisch-serbischen Becken. Die sorgfältige Sonderung der lehmigen Ablagerungeu vom echten Löss-terrain des bulgarischen Steilufers, welchem die Donau durch ihr beständiges 22* Drängen gegen S. sich an allen Punkten immer mehr nähert, bleibt eine dankbare Zukunfts-Aufgabe fllr die einst Rumänien und Bessarabien erforschende geologische Detailarbeit. Ziemlich nahe dem alluvialen flachen Uferrande ritten wir 1 Meile SW. und hätten nun, den Karten zufolge, das Bett des Demir Boba dere kreuzen sollen; es lag aber trocken. Somit konnte ich die Thatsache constatiren, dass im Mai 1874 nicht eine grössere Wasserader, östlich von Rusöuk zur Donau floss, und dies erlaubte mir schon früher auszusprechen, dass die „Dobruca" nahe bei dieser Stadt im streng physikalisch-geographischen Sinne beginne. Den Sieg des trockenen über das flüssige Element beweiset auch nahe dem versiegten Demir Boba dere, das allmälige Schwinden eines kleinen See's beim walachi-schen Uferdorfe Kalimok. Noch vor nicht langer Zeit nahm er, nach der Anwohner Aussagen, eine grössere Fläche ein; derselbe Schwundprocess vollzieht sich übrigens, wie ich beobachten konnte, bei vielen anderen Uferseen Donau-Bulgariens und Rumäniens, welche, wie das ungarische Tief- und Hügelland, einst vom Meere und später vom Süsswasser bedeckt waren. In Peschel's Beispielen verschiedenartiger Seebildungen nehmen die Seen an der Donau eine eminente Stelle ein. „Wir sehen hier" sagt er, „alle Stufen der Seebildung nebeneinander: Becken, die schon tief ins Binnenland gerückt, und mit ihrem Abflüsse dem Strome zollpflichtig geworden sind, dann näher der Mündung zu, Seen, die durch Nehrungen, aufgebaut aus Donauschlamm, ihren alten Zusammenhang mit dem Pontus verloren haben, und solche, die, in Limane verwandelt, ihrer gänzlichen Absperrung nur durch den Beistand eines Flusses, wie der Dnjestr, noch entgangen sind, der sich einen Abfluss offen halten muss. Verweilen wir noch ein wenig länger bei diesem morphologischem Schauspiel, so gewinnen wir die Erfahrung, dass ein Becken, dessen Sohle und Wände ehemals dem Meere angehörten, nicht nothwendig Salzwässer führen muss, denn in der Zeit, wo es zwar schon von einer Nehrung abgesperrt war, ein zugehöriger Fluss aber eine Ausgangspforte sich offen hielt, muss sein Salzgehalt durch beständige Aussüssung sich verloren haben, und daher kann eine Eintheilung in Süss- und in Salzseen nichts zur Entwicklungsgeschichte beitragen, denn Seen festländischen Ursprungs können hohe Salinitätsstufen besitzen, Seen oceanischen Ursprungs dagegen völlig süss sein." Sobald wir über den Kalimok-See hinaus waren, zeigte sich auf der Strasse wachsendes Leben. Von der Terrasse stiegen überall Landleute mit Frauen und Kindern in Festkleidern, beritten und zu Fuss, zum benachbarten westliehen Türk Esmil herab, wo eben ein kleiner Jahrmarkt sich abspielte. Ein solcher, wenn noch so bescheiden, besitzt eine merkwürdige Anziehungskraft und so befand ich mich bald mitten im bunten Treiben, das zwischen den Hütten und Zelten der Rusöuker und Tutrokaner Händler, noch mehr aber seitwärts, auf dem einladenden grünen Plane sich entwickelte. Hier nahm die kleine Messe den Charakter eines Volksfestes an, das durch Taschenkünstler, Zigeuner, Akrobaten, Garküchen, Schenken mit Musik und Tanz, sowie Schauwunder aller Art erwünschten Unterhaltungsstoff bot. Auf dem für den Viehhandel reservirten Platze erschien mir interessant, dass die feilgebotenen schönsten Schafe sieben-bürgischen Mokanen gehörten, welche etwa fünfzig an der Zahl, in den Tutrokaner Kreis kamen, um von den Ortschaften grosse Weideplätze für ihre Herden von 300—500 Schafen zu pachten. Das Fleisch der geschlachteten Thiere verkaufte man gewöhnlich gleich am Orte, die Felle wanderten aber durch Agenten über Ungarn nach Deutschland. Nur einmal im Jahre, und zwar gewöhnlich im Winter, besuchten die Mokanen ihre Angehörigen, um gleichzeitig das erworbene Geld in Sicherheit zu bringen. Der Marsch vom türkisch-tscherkessischen Türk Esmil nach Nasredin bot kein besonderes Interesse, wurde aber für mich insofern verhängnissvoll, als eines der zu Tutrokan requirirten Pferde sich so lendenlahm zeigte, dass mit demselben an eine Fortsetzung der Reise nicht zu denken war. Nur mühsam erklomm es noch hinter dem türkisch-bulgarischen Senova (94 M.) den Hang eines trockenen Rinnsals vor Nasredin, dann aber brach das arme Thier zusammen und ich musste hier nothgedrungen, schon wenige Stunden nach dem Abritte von Tutrokan, die Pferde wechseln. Bis der Muhtar herbeigeholt, bis das edle Medjlis im Mussafirlik bei Kaffee und Tschibuk alle Pferde des Dorfes an den Fingern abgezählt und berathen hatte, ob Ahmed, Suleiman oder Jussuf die Pferde im Hause habe und herleihen solle, war der Abend angebrochen; wieder verlor ich viel kostbare Zeit, schwor aber, nachdem hier das Maass meiner bezüglichen Erfahrungen voll geworden, in diesen Ländern niemals wieder selbst nur kurze Reisen ohne eigene Pferde zu unternehmen. In dem 42 türkische Häuser zählenden Nasredin (85 M.) schied ich vom Tutrokaner Kreise. Er umfasst 44 Dörfer, darunter nur 1 rein christliches (Kali-mok) und 8 türkisch-bulgarische; alle übrigen waren gemischt von einer türkisch-tatarisch-tscherkessischen Bevölkerung bewohnt. Auch der angrenzende Rusöuker Kreis, den ich am nächsten Morgen betrat, zeigte für das christliche Element gleich ungünstige ethnographische Verhältnisse, wenn man blos die Nationalität seiner 94 Orte in Betracht zog; denn 12 rein bulgarischen standen 19 rein türkische und 63 gemengt christlich-moslimsche gegenüber. Die Majorität befand sich aber trotzdem höchst wahrscheinlich auf bulgarischer Seite. Schon die Häuserzahl der christlichen Orte überragte durchschnittlich jene der moslimschen; hierzu kam, dass die bulgarischen Gehöfte, in Folge der herrschenden Hauscommunion oft 12—17 Seelen zählten, während die moslimschen selten von mehr als 4—6 bewohnt wurden. Zur Vervollständigung meiner ethnographischen Croquis Über die ostbulgarischcn Donaükrcisc will ich anführen, dass Zi geuner seit langer Zeit in denselben und namentlich im Ruscuker Kasa zahlreich siedeln. Gleich W. von Nasredin verzeichnete ich in dem an einem Bächlein liegenden Binar Besevli, neben 45 Türken- und 11 Tscherkessenhäusern, 0 Gehöfte sesshafter Zigeuner. Die Fortsetzung meiner Reise am 23. Maitagc SW. nach Bisanca bildete ein unausgesetztes Auf- und Absteigen der spärlichen wasserreichen Kalkcinschnittc bis zum Lom, in welchen 1874, die wegen des feuchten Segens viel beneideten Orte: Jürükler (60 türk., 15 tscherk. Häuser), Tetova (120 bulg. H. in 123 M.), Bealan (130 türk., 12 tscherk. H.) und Vetova (25 türk., 20 tscherk. II.) lagen. Der Boden ist hier ungemein ergiebig, besonders gedeiht Mais trefflich; auf den Höhen steht stellenweise hübscher Eichwald und in Jürükler sah ich Nussbäume von ausserordentlicher Schönheit. Von Vetova erreicht man in f/a St. die gleichnamige, auf der Lomscheidc liegende Eisenbahnstation, deren isolirte, aus weissem Diceratenkalk erbaute Häuschen einladend ins Thal blickten. Nachdem ich ihre Seehöhe mit 235 M. bestimmt, stieg ich, stellenweise hart am steil geböschten Uferhange des Beli Lom, in scharfen Curven und dann auf sanfterem Pfade abwärts zum 100 Meter tiefer liegenden Bisanca. Dieses ansehnliche Dorf zählte neben 130 bulgarischen und 25 tscherkessischen, 14 türkische Häuser; zwischen letzteren stand ein unansehnliches Mussafirlik, das aber einen orientirenden weiten Ausblick auf das schöne Lomthal bot, weshalb ich dort mein nächtliches Bivouak aufschlug. Prächtig stieg am nächsten Morgen der Sonnenball über die Höhen des Deli Orman's empor und warf seine Strahlenleuchte auf die Kalkfelsen und den Laubwald des vielgekrümmten Lomthals. Pfingsten, das hohe, liebliche Fest war angebrochen, allerdings nicht für Bisanca's Bulgaren, die es nach Julianischem Kalender erst 12 Tage später feiern sollten; allein auch sie waren des Sonntags wegen festlich geputzt, und so trug selbst die Staffage passende feiertägliche Stimmung. Der von unzähligen Verhältnissen, besonders vom Wetter abhängige Reisende darf sich aber nicht der Ruhe hingeben, bevor er seine Aufgabe gelöst. Noch lag ihr letzter Theil vor mir, noch waren die Mündungspunkte der beiden von mir'entdeckten Lomarme, dann der Unterlauf des vereinigten Flusses mit vielen Orten festzustellen. So stieg ich zeitlich Morgens wieder zu Pferde und verliess das mit pfingstlichem Maienreize geschmückte Thal, von dessen hohen Lehnen ich in jene wahrhafte Friedensidylle blickte, welche schon drei Jahre später der Schauplatz blutiger Kämpfe werden sollte. Bisanca ist als Gabelpunkt der von Osmanpazar und Sumla nach Rusöuk führenden Strassen eine strategisch wichtige Position. In seiner Nähe lieferte die von Ruscuk ausgefallene Garnison am 16. Juli 1877 der Armee des Grossfürst-Thronfolgers ein hartnäckiges Treffen, um die seit dem 14. die Eisenbahn-Stationen Öervenavoda und Tetova besetzt haltenden Russen hinter den Lom zurück zu werfen. Auch beim kaum 1 Meile fernen Turlak geriethen wenige Tage später, am 26. Juli, Türken und Russen abermals hart aneinander. Das Gefecht war äusserst blutig; Abdul Afiz Pasa blieb auf dem Platze und ein anderer türkischer General wurde schwer verwundet. Wie heftig im August und September um den Besitz der Lomlinie gekämpft wurde, erzählte ich im I. Bd. S. 136 und im vorstehenden Capitel. Als Suleyman Pasa im October seinen Rückzug hinter den Ak Lom ausgeführt hatte, setzte er den nachdringenden Russen am 24. auf der Strecke Buzun-Bisanca, zur Vertheidigung der Eisenbahnlinie, den hartnäckigsten Widerstand entgegen; in einem dieser Gefechte fiel bei Jovan Öiftlik mit anderen Tapferen der Neffe des Kaisers Alexander, Prinz Sergius von Leuchtenberg. Noch am 9. Nov. fanden bei Polamirce und Baldzi Omurköi, am 15. bei Solenik Cavallerie-Scharmützel statt, am 26. aber ein heftiger Angriff der russischen Stellung bei Trstenik, welchen das XII. Armeecorps blutig abwies. Suleyman's letzte verfehlte Versuche sich am 12. Decbr. über den Lom den Weg nach Plevna, das zwei Tage früher capitulirt hatte, zu eröffnen, seinen hierauf erfolgten Rückzug aus Donau-Bulgarien, sowie die letzten kriegerischen Ereignisse dort, habe ich im I. Bd. S. 137 und im I. Capitel dieses Bandes erzählt. Am 24. Januar 1878 wurde die ganze Lomlinie von Kadiköi bis Sarnasuflar definitiv von den Russen besetzt. Im Allgemeinen sei hier bemerkt, dass den Sipkapass und Plevna ausgenommen, an keinem anderen Punkte des ausgedehnten Schlachtengebietes so lange und hartnäckig gestritten wurde, wie am Lom und besonders am Unterlaufe des Flusses, dessen Aufnahme ich auf der Route von Bisanca nach dem blutig umworbenen Kadiköi (S. 312) begann. Das Terrain, auf dem ich 2 St. lang NW. hinritt, ist zum Schlachtfelde, namentlich zur günstigen Entwicklung grösserer Reitermassen, wie geschaffen. Tausende von Russen und Moslims fielen hier; nun düngen ihre Gebeine den Boden mit jenen der Nomaden, welche seit unbekannten Tagen unter den 4 Tu-muli rechts am Wege schlafen. Kadiköi ist oder richtiger war bis 1877 ein bedeutender Flecken, mit 150 türk., 90 bulgar., 13 tscherk. und 12 tatarischen Höfen, auf der hier vollkommen trockenen rechten Terrasse des 7a St. westlicher, im tiefen Bette fliessenden Lom. Nachdem ich dort verschiedene Punkte gepeilt und ihre Entfernungen erfragt, ferner mich überzeugt hatte, dass jenes nahe liegen sollende Jenidzeköi der Kicpert'scheu Karte (1871) nicht existirte, nahm ich zuerst SO. und recognoscirte hierauf, von der Strasse SW. abbiegend, den Vereinigungspuukt des Beli- und Cerni-Lom; als dies vollbracht, ritten wir nach Nisova. Die bulgarischen Be- wohner dieses auffallend stattlichen, zwischen hübschen Obstculturen 70 M. hoch liegenden Dorfes bewiesen sich ungemein gastlich. Ich musste im besten Geholte ein trefflich bereitetes Mahl annehmen, bei dem das Medjlis und sein CorbAÄi mir Gesellschaft leisteten. Der redselige Mann erzählte, dass der noch lebende greise Ivan Koju aus dem Jantradorfc Draganköi hier das erste Haus im J. 1844 erbaut habe. Nisova war also eine junge Niederlassung, welche nach 110 Jahren, durch den Arbeitssinn seiner 70 Gehöfte, nicht nur eine stattliche, 15 Schritt Schlossruine bei Cernevi, lange Brücke über den Beli Lom, sondern auch eine hübsche Kirche besass, deren Symantron mit glockenheller Stimmung durch die Luft tönte. Westlich vom Dorfe constatirte ich auf dem Weiterritte den Einfluss des aus dicht bewaldeter Enge heraustretenden Solenik-Lom in den Beli-Lom, kreuzte hierauf den ersteren und gelangte, nachdem die schmale hügelige Zunge zwischen den beiden Lom-Hauptarmen überstiegen war, hinab zum türkisch-bulgarischen Öernevi, auf dessen linksuferiger Höhe ich die Ruinen eines mittelalterlichen Schlosses erblickte, von dem man mir bereits zu Nisova grosse Dinge erzählt hatte. Etwas Genaues über seine Vergangenheit verlautete nicht; bei Hadzi Chalfa*) fand ich aber einen werthvollen Wink für dieselbe. Nach ihm lagen nämlich J/a Tagereise von Rusöuk die Ruinen einer Stadt und eines Schlosses Cernov, welche erst nach der türkischen Eroberung Bulgariens und zwar in Folge von Ruscuk's Emporblühen verfielen. Hammer, der Uebersetzer des türkischen Geographen des XVII. Jahrhunderts, identificirte, durch die Namensähnlichkeit geleitet, das alte Öernov mit dem kaum 2 St. von Ruscuk entfernten Öernavoda. Ich glaube aber, dass die Entfernung zwischen den von mir bei Öernevi aufgefundenen Ruinen und Rusöuk besser mit der von Hadzi Chalfa angegebenen übereinstimmt. Es bleibt übrigens noch zu erweisen, ob es bei Öernavoda Uberhaupt Ruinen giebt, und wenn dies der Fall, ob sie nicht jenem altbulgarischen „Cerven" angehören, welches von Jireöek oft erwähnt wird und dessen Name in Öernavoda's zweitem mehr gebrauchtem „Öervenavoda" wiederklingt. Dort, wie bei dem hier abgebildeten Öernevi sind jedenfalls eingehendere archäologische Untersuchungen zur Entscheidung dieser historisch-geographischen Frage nothwendig; wobei sich gleichzeitig auch erweisen dürfte, ob seine mittelalterlichen Thürme auf römischer Grundlage stehen, wie ich es vermuthe, jedoch wegen Zeitmangels nicht mit voller Sicherheit erhärten konnte. Ueber Öernevi's 14 Schritte lange Brücke setzte ich meine Route W. nach Tabaska fort und bestimmte bei diesem grossen Bulgarendorfe den Örni-Lom mit 87 M. Seehöhe. Nachdem wir lange den richtigen Abstieg vergeblich gesucht, kreuzten wir bei einer Mühle das viel gekrümmte, in waldigen Höhen tief eingefurchte Bett und zogen am linken Uferhange nach Pepelne, dessen tscherkes-sisches Mahle bereits hohe Feuer erleuchteten. Möglichst geräuschlos ritten wir an dem berüchtigten Neste vorüber nach dem türkischen Dorftheile. Das Mussafirlik entsprach vollkommen seinem ärmlichen Aussehen und erwies sich, weil ohne Verschluss und Fenster, als unbewohnbar. Erst nach langem Umherirren in finsterer Nacht fanden wir endlich im bulgarischen Mahle ein gastliches Obdach. Am nächsten Morgen maass ich die Seehöhe des 20 türk. und 35 bulg. Häuser zählenden Dorfes mit 107 M., sodann ritten wir über den durch nächtlichen Regen aufgeweichten schwarzen Humusboden, am tiefen Lomeinschnitte weiter nach Siroko (65 bulg., 45 türk. H.), wo die beiden Thäler des Örni- und Baniöka-Lom gabeln. Auf der Terrasse angelangt, sah ich dicht unter mir ihren Vereinigungspunkt, dem sie in wunderlichsten Krümmungen zueilen; auch sonst begünstigte der weite Ausblick meine topographische Aufnahme des wichtigen Gebietes, welche den in Schaaren herbeigeströmten Einwohnern Stoff zu allen möglichen Vermuthungen bot. Nachdem diese Arbeit vollendet, ritt ich W. Uber das von Bulgaren, Türken, *) Kumcli und Bosna, S. 44. Tscherkessen und Tataren bewohnte, 11 /a St. ferne Damogila, nach dem Trstcnik-han an der Ruscuk - Tirnovostrassc. Hier war der Schauplatz des auf S. 343 erwähnten furchtbaren Kingens am 12. December 1877. Auf dem durchschnittlich 250 Meter hohen, stark gewellten Plateau standen einzelne Tumuli und seine grasreichen Triften waren von kleinen Herden belebt, welche sich selsbt überlassen schienen; mindestens war, trotz unserer wiederholten Anrufe weit und breit kein Mensch zu sehen. Im Trstenik han hörte ich von dein zufällig anwesenden ßorbasi des gleichnamigen Dorfes, dass es 60 bulgarische, 32 türkische und 19 tscherkessische Häuser zählte, was, gering gerechnet, die ansehnliche Bewohnerschaft von 700 Seelen ergab; jene der benachbarten Orte stand ihr 1874 wenig nach, ja übertraf sie manchmal. Gerne hätte ich die mir wohlbekannte, im I. Bande, S. 143 geschilderte reizlose Hauptstrasse zum Gölöesme han vermieden; doch zur genauen Eintragung des vereinigten unteren Lom musste ich unbedingt an mein früheres Croquis auf dieser Route anknüpfen. Glücklicherweise milderte ein leichter Sprühregen den Staub, welchen eine vor uns her trabende Caravane aufwirbelte, und als wir nach Krasna abbogen, erblickte ich ein zauberhaftes Naturbild, dessen tiefer Eindruck selbst noch heute ungeschwächt in meiner Erinnerung haftet. Ein Regenbogen von geringem Durchmesser und intensivster Färbung stand plötzlich so dicht vor uns, dass man hart unter ihm durchzureiten wähnen konnte; pfortenartig blieb er eine Weile festgewurzelt und schien den zauberhaften Eingang in das paradiesische Landschaftsidyll bilden zu wollen, welches nun folgte. Ein solches darf man aber wohl, im Gegensatze zum baumarmen Hochplateau, das tief eingeschnittene untere Lomthal nennen, in das ich den ersten überraschten Blick bei Krasna warf; zur Landschaft stimmten auch die Menschen, ich fand sie ungemein zuthunlich; gleich in diesem bulgarisch-türkischen Dorfe wurde mir die gastlichste Aufnahme. Der dreistündige Weiterritt von Krasna durch die rein bulgarischen Orte: Basarbova, Dolab, Orta Mahle und Kule bis Rusöuk war nicht ganz unbeschwerlich, da wir des Lom's Uferhänge wiederholt bis zur Thalsohle auf- und abklet-tern mussten. Trotzdem gestaltete sich diese kurze Route zur farbigsten der ganzen Reise; denn reizende Miniaturbilder lösten fortwährend einander ab. Bald stand dichtlaubiger Wald auf den Höhen, welche abwechselnd scharf und sanft geböscht, die im Mäander laufende Lomthalpalte umfingen, bald erschienen üppige Grashalden mit langwolligen Schafherden oder reichtragender Culturboden mit hochstehendem Mais, dann wieder Obstgärten und Gemüsefelder, deren künstliche Bewässerung das landwirthschaftliche Geschick ihrer Pächter aus Kirije am Balkan bewundern liess; dazwischen traten noch allerorts rothdachige Gehöfte, nette Brücken, pittoreske Mühlwerke oder grosse Steinbrüche, aus deren an Foramini-feren reichen Kalkbänken viele Tausende Bauquadern, Säulen, Capitäle u. s. w. von geschickten bulgarischen Steinmetzen gemeisselt werden. Auch die zuckcr-hutartigen Filtrirmörser, welche in keinem Ruscuker Haushalte fehlen dürfen, der sich guten Trinkwassers erfreuen will, sah ich hier transportfertig in grossen Vorräthen liegen. Nun beabsichtigt die bulgarische Regierung, nahe diesem prächtigen Canon und Rusöuk, eine landwirthschaftliche Schule zu gründen, welche gewiss die Bodencultur und agricole Industrie im Lomgebiete, und wahrscheinlich weit über dasselbe hinaus, günstig beeinflussen wird. Am 26. Maimorgen beendete ich bei Kule meine Aufnahme der bulgarischen Donauterrasse. Der noch auf der jüngsten russischen Militärkarte vom J. 1876 falsch und unvollständig eingetragene Lom war sowohl im 12 Meilen breiten Quellgebiete, als im Unterlaufe erforscht; zwei früher ungekanute Arme waren ihm angefügt und seine Ortezahl von 38 (bei Kiepert) auf 108 vermehrt. Fröhlich gestimmt über diesen glücklichen Abschluss langjähriger Arbeiten, welche das Material für meine Original-Karte Bulgariens zu liefern hatten, zog ich nach Rusöuk. Auf Kule folgte das bereits zur Vilajetstadt gehörende Jeni Mahle, dessen Häuschen unbekümmert um die auf dem Hochplateau liegenden Redouten an seinem Rande nisteten, was ihnen aber während der wiederholten russischen Bombardements im J. 1877 nicht sehr wohl bekam. Nicht weniger schlimm erging es Rusöuk's Westviertel, wo ein kleines Arsenal mit SchifFswerfte und eine Dampfmühle, zwischen malerischen Baraken, Hanen, Gärten, nahezu monumental wirkten. Ein Gedränge von Büflfelkarren, Wasserwagen, Lastcaravanen und Viehherden hatte sich dort zum dichten Knäuel gestaut und nur schwer gelang es des Zaptic's Lunge und Hieben, uns heil durch das ethnographische Chaos zu bringen; das Kismet half auch über diese letzte Schwierigkeit weg und bald trabten wir über den staubigen Seraiplatz dem wohnlichen „Hotel Isla hane" zu. Mein Aufenthalt in Rusöuk (bulg. Ruse) währte diesmal nur wenige Stunden. Sie wurden durch Besuche und die Copie eines Römersteines ausgefüllt, welcher kurz zuvor gefunden (I. Bd. S. 132), nun im städtischen Medjlisgebäude deponirt lag; seine Inschrift erscheint in der I. Auflage, III. Bd., XII. Capitel mitgetheilt. Am Abend bestieg ich den zu Berg fahrenden prächtigen Eildampfer der Oester-rcichischcn DampfschifTahrts-Gesellschaft und wenige Tage später schritt ich zu Wien an die Ausführung der diesem Bande beigegebenen Originalkarte, auf welcher der geneigte Leser meine Kreuz- und Querzüge durch das jüngste Fürsten-thum Europa's vom Timok bis zum Schwarzen Meere, sowie meine achtzehn Passagen über die Balkankette verfolgen mag! Von der blühenden Pontusstadt Odessa fuhr ich im September 1879 wieder die Donau aufwärts am bulgarischen Ufergelände vorüber. Wenige Jahre waren verstrichen, seit ich über dasselbe von türkischen Zaptie's begleitet, hinritt, und doch, wie hatte sich Alles gründlich verändert! An den Ländeplätzen des noch 1877 den Russen Trotz bietenden Silistria und Tutrokan's nun bulgarische Gensdarmen die Ordnung regierend, — bei dem vielfach verschönerten Rusöuk zwei grosse und mehrere kleine Kriegsdampfer mit der Flagge des unter Blutströmen neu erstandenen Bulgarien, — westlich von Svistov ein weithin sichtbares Monument zur Verewigung des auch von Prinz Alexander Battenberg mitgemachten Donau-Uebergangs der russischen Armee am 27. Juni 1877, — die Bastionen von Nikopoli und Rahova in Trümmern, — zu Lom eine Triumphpforte für den jungen Regenten, welchen man auf der Reise nach der rumänischen Residenz erwartete, — zu Vidin viele seiner hohen Minarete gestürzt und ein Theil seiner stolzen Mauern in Bresche gelegt; — allerorts lautsprechende Zeugen eines vollkommenen Wechsels der Dinge, des Niederganges der Halbmondherrschaft, welche durch Jahrhunderte schwer auf den nun freien Donauländern gelastet. — Vorbei! HÖHEN-MESSUNGEN. XL J_n den Jahren 1872 und 1874 bestimmte ich auf den in diesem Bande behandelten Gebieten Donau-Bulgariens und des Balkans folgende Höhen mittelst Anero'id : Meter üb. d. 11. Bela, Ortshan......................66 Sahra Trembes, Strassenhan................45 Fe dabei, Terrasse beim Dorfe...............249 Plakovski, Sv. Ilija Kloster................239 Elena, Stadthan . . ...................297 Kusevci, Weiler.....................603 Haiduci cokar-Pass, höchster Strassenpunkt..........1085 Doksa Vrh ......................1068 Tvardica, Dorfhan....................386 Dermendere, Ortshan..................241 Sliven, Kara Dimitri han..................229 Bela, im Dorfe.....................475 Dervis jailesi.....................1009 Zuvandzi mesari-Pass..................1098 Stareka, Dorfhan....................443 Bebrovo, Ortshan....................382 Rahovica (Görna), Ortshan.................133 Strassenpunkt, 1 St. hinter Kesarova............302 Dzumaliköi, im Dorfe ..................475 Doanar, Mussafirlik...................470 Osmanpazar, Bona han..........-.......405 Dervend karaula....................300 Meter üb. d. M. Eski Dzuma, Cerveni Gjorgje han.............. 201 Alvanküi, Ortshan.................... l6,r) Gradiste, im Dorfe ................... 2-)2 Sumla, oberes Bulgarenviertel................ 238 Eski Stambul, Ortshan.................. 153 Karadcmirdze, Mussafirlik................. 1^6 Begirliköi, isolirte Anhöhe vor dem Dorfe........... 301 Dzami bei Tekeleriköi................... 300 Öatak, Ortshan..................... 353 (Jatak karaula..................... 575 Kazan karaula..................... 724 Kotel (Kazan), Gemeindchan................ 543 Gradec, im Orte..................... 410 Hisar tepe, bei der Karaula................ 507 Hisar göl, höchster Strassenpunkt am Seeufer.......... 521 Indze, im Dorfe...................... 20,r> Karnabad, Han..................... 220 Dobral, Ortshan..................... 358 Calikavak-Pass.................... 440 Bairamdere, im Dorfe.................. 198 Köpriköi, Ortshan.................... 122 Mali Jedzik, Strassenhan................. I21 Kulevca, im Dorfe.................... 22^ Öerkovna, Plateau.................... 250 Pravadi, Kristov han................... 57 Varna, Hotel d'Angleterre.................53 Pravadi, Schlossplateau.................. 167 Höchster Strassenpunkt vor Kadiköi............ 2' (?) Büjük Öengel, im Dorfe.................47 Öiftlik Mahle, Mussafirlik................. 109 Bogasdere-Defile.................... 158 Resova, im Dorfe.................... 189 Indze-Balkan-Pass, N. von Aidos.............. 419 Aidos, Jeni han.................... . 117 Crinale, im Dorfe.................... 306 Köper an, Mussafirlik................... 39 Misivri, Jeni han.................... 75 Bana-Pass....................... 437 Meter üb. i. M. Aivadzik, Mussafirlik...................50 Geb es, Mussafirlik....................114 Dervis Jovan, bulgarisches Mahle..............46 Höchster Strassenpunkt, 1 St. S. vor Varna.........249 Kapakli, Ortshan....................320 Teke, Akiasli Dervis Sultan tekessi .............57 Balöik, Ilija Palabojuk han.................53 Kavarna, Kirchenplatz..................170 Karlikoi, Abdulah Mussafirlik...............264 Hadzi Oglu Pazardzik, Han................270 Kozludza, Bulgarischer Han................204 Jasi Tepe, Hadzi Redzeb han................235 Shumla-road-Station.................120 Muraldalar, Mussafirlik..................419 Bestepe, im Dorfe....................300 Redzeb, Mussafirlik...................257 Sarnebe, im Dorfe.....................221 Öelebiköi, Mussafirlik...................140 Almali, im Dorfe.....................95 Silistria, Öarsi han....................41 Kisana Teke, bei Eski Dzuma...............430 Kizilar, Mussafirlik...................268 Popköi, höchster Terrassenpunkt l/a St- N- vom Dorfe......232 Konakköi, im bulgarischen Mahle..............385 Höchster Strassenpunkt, zwischen dem Kara-Lom und Jarli dere . 468 Hüseiner, Moschee....................2^9 Kuzlukköi, Mussafirlik..................634 Höchster Strassenpunkt, zwischen Asar M. und Sofujurda .... 674 Stevrek, Han......................326 Höchster Strassenpunkt, zwischen Büjük dere und Kesarovska . . 340 Kozlubeg Öesme Mahle, im Orte..............117 Kesarovo, Dorfhan ...................84 Höchster Strassenpunkt, zwischen Kesarovo und Kadiköi .... 231 Kadiköi, Grosser Dorfhan.................122 Beg Vrbovka, Ismail Bei Öiftlik..............339 Crkovna, Mussafirlik . . . '................213 Osikovo, Mussafirlik...................343 Halvadzi Jenidzesi, Mussafirlik..............318 Meter üli. d. M. Kacelevo, im hochliegcndcn Dorftheile............ t9d Kostanca, am Dorfplatze................. 141 Razgrad, Grosser Moscheeplatz............... 208 Razgrad-Bahnstation.................. 305 Topöu, am grossen Dorfplatze ............... 210 Lodzova, Mussafirlik................... 230 Balbunar, Dukhan.................... 231 Zaudköi, Mussafirlik................... 274 Demir Boba teke, im Gästehaus.............. 158 Kalamak, Mussafirlik.................... 320 Cukurköi, Mussafirlik ... ............... 328 Saitandzik-Bahnstation................. 338 Köklüdze, Dukhan.................... 302 Aidogdu, im höchsten Dorftheile............... 338 Kedirköi, Mussafirlik................... 270 Ilasfatköi, Mussafirlik.................. 124 Senova, Mussafirlik ................... 94 Nasredin, Mussafirlik................... 85 Tetova, im Dorfe.................... 153 Vetova-Bahnstation................... 235 Bisanca, Mussafirlik................... 131 Nisova, Ak-Lombrücke..................75 Tabaska, Kara-Lombrücke ................ 87 Pepelne, bulgarisches Mahle................ 107 Da Mogila, bulgarisches Mahle............... 231 Lomthal, vor Basarbova . ................ 31 GENERAL-REGISTER DIE RÖMISCHEN ZIFFERN BEZEICHNEN DEN BAND, DIE ARABISCHEN DIE SEITENZAHL. Kunitz, Donau-Bulgarien und der Balkan III. 23 I. PERSONEN-REGISTER Abdul Asiz, Sultan I. 1G8. Abdul Hamid, Sultan I. 168. Abdul Kerim Pasa, türk. Marschall III. 70. Abdul Medjit, Sultan I. 220. Abdur Rachman, Vali d. Donau-Vilajets I. 129. II. 43. III. 283. Adil Pasa, türk. General II. 16 f. Aerius, röm. Feldherr III. 2(37. Achmed III., Sultan II. 208. Achmed Bei, türk. Edelmann, Reformtürke II. 169 f., 172, 175. Achmed Eyub Pasa, türk. General III. 298. Achmed Pasa, türk. General I. 23. Akif Pas'a, Vali d. Donau-Vilajets I. 121. Akimoff, russ. Gouverneur v. Ruscuk I. 138. II. 33. Aladjadjian, armen. Münzenhändler II. 80. Alexander d. Gr., König v. Makedonien III. 129 ff., 142 f. Alexander, bulg. Car I. 160. Alexander IL, russ. Car I. 197. II. 93 f. Alexander, Fürst v. Bulgarien I. 165, 196, 242. IL 229 ff, 238 f., 301. III. 209 f., 348. Altin Stojan, bulg. Haiduk III. 13. Amadeus VI., Graf v. Savoyen III. 155. Anev, Bürgermeister v. Svistov IL 33 f. Angelescu, rum. Oberst I. 28. Antim I., bulg. Exarch I. 32, 37. II. 21. Arianitcs, byz. Feldherr IL 97. Arnoldi d. Ae., russ. General III. 115. Arnoldi d. J., russ. General II. 155 f. Aschbach, östr. Historiker II. 54, 60, 62. Asenov, bulg. Insurgentenführer III. 21. Asim Pasa, Vali d. Donau-Vilajets III. 284. Asiz Pasa, Gouverneur v. Vidin I. 53. 74, 119 ff H. 298. Asiz Pasa, türk. General III. 315 f. Bajazid, Sultan I. 65. II. 54 ff, 59. Baker, türk. Oberst II. 202. Balabanov, bulg. Staatsmann I. 138. II. 232. Balduin L, lat. Kaiser v. Constantinopel I. 160, 168. Baranoff, russ. General III. 312 f. Barth, deutsch. Geograph I. 142,170,178, 219. Basilius, d. Bulgarentödtcr, byz. Kaiser II. 207. Bela III., ungar. König IL 207. Beron (Berovic), bulg. Schriftsteller III. 88. Bianchi, ital. Fabriks-Director. I. 175. Birago, östr. Ingenieur III. 237. Bismarck, Staatsmann I. 233. Blanqui, franz. Academiker I. 46 f., 51, J6, 78. Blaramberg, russ. General III. 73, 158. Blum Pasa, türk. General III. 151. Boico Vojvoda, bulg. Haiduk III. 13. Bongarsius, franz. Historiker III. 75. Boris IL, bulg. Car III. 74. Botjev, bulg. Insurgentenführer IL 249. Boucicault, franz. Marschall II. 54. Boue, östr. Geologe I. 46, 68, 80,186. III. 166. Bratiano, cincar. Patricier I. 174. Bratiano, rum. Minister II. 174. Breithaupt, sächs. Geolog I. 75. Brenner, Dr., Arzt III. 93. Brök, russ. General II. 194, 202. Brophy, engl. Consul III. 151, 175, 177. Brown, engl. Arzt I. 84. Brunn, russ. Historiker I. 151, 191. II. 57 ff. Burmov, bulg. Minister II. 229. Busch Dr., ArztjIII. 59. Camblak, bulg. Erzbischof I. 159. Cankov, bulg. Staatsmann I. 121, 142, 165. II. 229, 232. III. 209 ff. Carey, amer. Nationalöconom L* 96. Cesarini, päpstl. Legat IL 208. . Champoison d. Ae., franz. Consul I. 236. Champoison d. J., franz. Consulatsbeamter I. 122. Clerfayt, östr. General I. 23. Comentiolus, byz. Feldherr II. 97. Constantin, Constantius etc., s. Konstant. Corvin, bulg. Major II. 236. Cotoff, russ. General II. 87 f., 90. Celebi, türk. Heerführer I. 161. Cerkavsky, Fürst, russ. Administrator v. v Bulgarien I. 164. II. 32, 228. Cerkess, rum. General I. 28. Cernajeff, serb.-russ. General I. 54. LI. 290. Cernat, rum. General I. 27, 30. H. 90. D'Anville, franz. Academiker I. 67, 102, 186. D'Artois, Philippe, Connetable]II. 54. Dalycll, Sir Robert, engl. Geolog I. 155. Dandeville, russ. General II. 189,194, 200, 202. Danov, bulg. Buchhändler III. .)>. Darius, König v. Persien III. 130. 182. 143 f. 172. 238. Davidoff, russ. General-Consul II. 228. Dcllingshausen, russ. General III. 9 f. Derosinski, russ. General 1. 211, 246. Desjardins, franz. Geograph 1. 99, D'Eu, Graf, franz. Heerführer II. 56 f. Diebitsch, russ. General III IS 21 100 III ff 130, 132, 140 ff., 172, 1S5. ' ' 1 Dimitrescu, rum. Oberst I. 87. Dimitriev, bulg. Patricier II. 253 Djedo Conio, bulg. Haiduk III. i.l. Dobrotic, bulg. Thcilfürst III. 193, 232. Dobrovolsky, russ. General 11. 17. Docev, Ivan, bulg. Patriot II. 126. Doktoroff, russ. Oberst I. 27. Dombrovski, russ. General, I. 249. Donco, bulg. Haidukenführer II. 288. Dondukoff-Korsakoff, russ. General, General-Gouverneur v. Bulgarien I. 31, 35 ff., 172. II. 205, 209 f., 228 f., 237. Dorotheij, bulg. Bischof II. 286. Dosi,*bulg. Baumeister III. 36. Inagomiroff, russ. General I. 196 f., 246. II. L6. Draxin, griech.-unirter Missionär I. 116 f., 122. Drinov, bulg. Historiker II. 142. Düstabanov, bulg. Insurgentenführer I. 221. II. 113. Emin Bei, türk. General II. 86. Engueraud de Coucy, franz. Heerführer II. 54 f. Ernroth, russ. General, bulg. Kriegsminister III. 337. Eschrew Pasa, türk. Marschall I. 135. Eutimije, bulg. Patriarch I. 161. III. 4. Fazli Pas'a, türk. General I. 54. III. 70 ff. Felbermeyer, östr. Donau - Dampfschiffahrts-Agent III. 337. Fieoglu, bulg. Baumeister I. 148. III. 3. Filipescu, cincar. Patricier I. 174. Filip Totjov, bulg. Haidukenführer I. 201. II. 249. III. 13. Filosofoff, russ. General II. 200, 202 f. Fischbach, russ. General I. 22. Flocken, protest. Missionär I. 129. Florencki, russ. Obrist-Lieutenant I. 38. Forbiger, deutsch. Geograph I. 180. Fötterle, östr. Geolog II. 187 f. Fridjvaldszky, ungar. Botaniker II. 122. Fuad Pasa, türk. General III. 9, 29. Galerius, röm. Kaiser I. 65. II. 206. Ganiecki, russ. General II. 90, 92 f. Gara, ungar. Palatin II. 55 f. Gavronjski poln.-türk. Ingenieur I. ISO 183, 193. Geismar, russ. General II. 172. Geisser, Dr., Arzt II. 23, 70 f., so, 96, 157, L64, 109, 170. Gencti, bulg. Baumeister I. 210. III. 17. Georg Terterij, bulg. Car III. 19. Gjorgic, Ragusaner III. 125 f. Glisan Fronic, serb. Hauptmann I. 76. Gonakoff, russ. General I. 22. Gödel-Lannoy, östr. Conanlatskanzler 1. 126. Greigh, russ. Admiral 111. 205, 227. Grckoff, russ. Oberst II. L40. Grenkwist, russ. General 1. 250. Grun, Dr., Arzt I. 131. III. 27s. Gundulic, ragusanischer Gesandter III. 120. Gurko, russ. General 1. L64, 212 ff., 249. II 92, 155 ff, 1S5 ff, 198, 27. Sapunov, bulg. Schriftsteller 1. 261. Schakir Pala, türk. General II. 186, 188, 200 ff Schefket Pasa, türk. General IL 91, 156, 185 f. Scheu, holländischer Consul I. 112, 155, 180 f, Schilder-Schuldner, russ. General II. 83, 85, 2( mi f. m. 196. Schiltberger, baierischer Reitcrsmann II. 57, 60 ff. ' Sch niettler, russ. Oberst IL 88, Schnell, östr. Postbeamter 1. 60. Schücking, türk. Militärarzt II. 1!H>. Schulz, östr. Consul 1. 00, Iii',. Seckendorf, östr. Marschall I. 19 f. Seddcler, russ. General II. 150. Selim IL, Sultan I. 168. Sclim III., Sultan I. 4. Sigmund, König v. Ungarn I. 18, 185. II. 53 ff. Simeon, bulg. Car III. 73 f., 155, 207. Skobeleff, russ. General I. 291 f. IL 10 f., 82 , 85 f., 88 ff, 94. Slaniceano, rum. Oberst I. 27. IL 173. Slavejkov, bulg. Schriftsteller I. 151. IL 7, 59, 61. Sofronije, bulg. Bischof I. 173 f. IL 255, 265. III. 88. Solotucin, russ. Oberst H. 17. Stefan, Fürst v. Serbien II. 57. Sternberg, östr. General I. 20 f. Stolipin, r.uss. Gen.-Gouverneur v. Ostrumelien III. 209 f. Strangford, Lady IL 225. Strecker Pasa, türk. General III. 64 f., 80, 151. Stupisin, russ. General III. 269. Suleyman Pasa, türk. Marschall I. 136 f., 228, 245 ff II. 128, 138, 203. III. 8. ff., 322, 313. Suleyman Pasa, Gouverneur v. Vidin I. 43 f. Suvaroff, russ. General III. 245. Svetslav, bulg. Car III. 165. Svjatoslav, Varägerfürst III. 74, 103, 207. Syrmus, König d. Triballer III. 131. Szilägy, griech.-kath. Bischof v. Grosswardein I. 110 ff. Sahovski, russ. General II. 84 ff. III. 313. Serabkoff, russ. Oberst I. 213. II. 15. Siskov, bulg. Professor I. 150, 175. Suvaloff, russ. General IL 187 f., 200 f. Tatisceff, russ. General HI. 813. Telerig, bulg. Chan III. 192. Teodora, bulg. Carin I. 160 f. Teodozije, bulg. Mönch III. 1, 155, 104. Tewfik Pasa, türk. General II. 89, 93 f. Todleben, russ. General I. 137. II. 89, 92 f., 155 f. III. ix. Toula, östr. Geolog I. 71. II. 271. Tököly, Fürst v. Siebenbürgen I. 18. Trajan, röm. Kaiser I. 185. 11.162. III. 129. Trousson, russ. General III. 196. Tuholka, russ. Staatsrath I. 30, 87. Tyrak, Häuptling d. Petschenegen II. 207. Tzimisches, byz. Kaiser 1.160. III. 74,103,267. Ulysses, Klephtenführer I. 188. Ungern-Sternberg, russ. General III. 194. Tanovsky, russ. General III. 71 f. Veliko, bulg. Haidukenführer I. 71. Veljaminoff, russ. General II. 63 , 85 , 200 ff., 226. Venelin, bulg. Historiker III. 196. Veteranio, röm. Kaiser II. 206. Vinke, preuss. Genie-Officier IH. 237. Visquesnel, franz. Geograph I. 46. Vjasemski, russ. General I. 161. Vladimir, Grossfürst, russ. General I. 137. III. 298. Vladislav, ungar.-poln. König II. 207 f. III. 133, 196. Vogorides, Stefan, bulg. Fürst III. 88. Voroncoff, russ. General II. 14. HI. 195 f. Vukomanovic, serb. Schriftstellerin I. 38. Vukovic-Karadzic, russ. Major I. 38, 49, 56. Wachenhusen, deutsch. Schriftsteller I. 3. Wagemann, türk. Ingenieur III. 129. Walcher von Molthein, östr. General-Consul I. 17, 42, 60. Waldhardt, östr. Consul II. 226. Weissei Pasa, türk. General I. 246, 249. Weissmann, russ. General III. 269. Wittgenstein, russ. General III. 65. Wohlfarth, östr. General-Consul I. 125, 129. Zahariev Cani, bulg. Kirchen-Maler I. 212. Zaharije Kristo, bulg. Maler II. 104. Zdravkovic, serb. Oberst I. 56. Zekeli, deutch. Historiker I. 254. Zichy, Graf Edmund, ung. Magnat III. 294. Zichy, Graf, östr. Botschafter III. 284. Zimmermann, russ. General III. 238, 243, 272 274. Zlatjo Kokarcu Oglu, bulg. Haiduk III. 13. Zuckerkandel, protest. Missionär I. 142. Zvefina, östr. Maler III. 30. II. TOPOGRAPHISCHES REGISTER. Abaa Jeniköi, Dorf III. 93, Abdusalcm, Dorf II. 283. Ablalar, Dorf II. L'iii. Ablanica, Dorf II. 96, 1 49. Ablanovo planina, Gebirge III. 28. — Dorf III. 311 f., 314. Aboba, Dorf III. 114 , 254 ff. Adlieh, s. Kula. Ad Kadiccs (b. Trojan), röm. Gasteil II. 97. Aglcn, Dorf II. 152 f. Ahiolu, Stadt III. 164. Ahlardere, Dorf III. 254. — Bach III. 334. Aldi, Dorf III. 172. Ahliköi, Dorf III. 150 f. Ahmedli, Dorf III. 9, 30. Aidogdu, Dorf III. 835. Aidos, Stadt III. 143, 145 IV. — Balkan-Pasn III. 20. Aijalan mec-e polena, Borg II. 136. Ai'ladin, Dorf III. 289. Ailaklari, Dorf III. 204. Ai Orman, Dorf III. 238. Airanlar, Dorf III. 305 Aivadzik Dorf, III. 171, 184. Ajan skela, Dorf III. 165. 173 f. Ajaslar, Dorf I. 135 f. III. 5*98 f. Ak burun, Cap III. 187. Akcijar, Dorf I. 192. Ak dere, Bach 11. 129 f. Akdereköi, Dorf III. 173. Akind/.ilar, Dorf II. 10. Akkadinlar, Dorf III. 270. Akrania, s. Ekrene. Ak su, Bach III. 92. Aladin, B.-, Dorf III. 129 f. Aladza manastir, byz. Klosterruine III. 218. Alai Bozan, Berg II. 131. Alaigun dagh, Gebirge III. 88. Alakenisse, einstige türk. Stadt III. 15 f. Alasli, Dorf III. 21 I. Albatina, Dorf I. 64, 71. Alcak, Dorf III. 171. Alebos, Dorf III. 18. Alexandria, Stadt in Rumänien I. 195. Alfatar, Dorf III. 270. Ali dere, Bach III. 135. Almadan, fictives Dorf I. 100. Almali, Dorf III. 20t; f. Almus (Lom), röm. Castell I. 85 f., 88. n. 280. Altimir, Dorf II. 177. Altiniim, röm. Colonie III. 886. Alvadii, Dorf l. 61. Alvanköi, Dorf III. 57, Ami I'.oue-Wasserfall II. 116. Anadolköl, Dorf III. 286. Anchialos, (Ahiolu) -riech. Colonie III IC, 1 Ancscik, Dorf III. 270. Appiaria. röm. .Mansion III. 836. Aquaecalidae(b. Aidos), röm. Bad III. I49f Arabadii, Dorf III. 241, 264. Araba konak, Balkan-Päse II. 190, 199 ff III. 171. Arab Alan bair, (iebirge III. 82, Arab tabia, Fort b. Silistria 111. 279 f Araplar, Dorf III. 299, 301. Arapli, Dorf III. 207. Arapliclca, Bach III. 244. Arbanasi, s. Arnautköi. Aner, Dorf 1. So, 85, 90, 96, 9!». — Fluss 1. 52, 90, 100, 103. Armutlar, Dorf III. 184. Armutli (Krusiti), Dorf I. 151. Arnautköi (Arbanasi), Dorf b. Tirnovo I. 173 f. — b. Razgrad III. 50. Arnautlar, Dorf b. Razgrad III. 288. — Türk (Eski)-, Dorf III. 119, 121 1: Arshinköi, Dorf III. 333. Asemus (Osem Kalessi), röm. (1astell II. 52. Asenica, Dorf I. 240. Aspro, Dorf III. 184. Aiarköi, Dorf III. 806. Aliklar, Dorf II. 137. Asir ta«, Berg III. 106. Atemiil, Bach IL 186. Augusta (a. Ogost), röm. Colonie II. 176. Azap tepe, Berg u. Balkan-Pass III. 81, 171. Azicieh, Dorf b. Varna III. 218.— b. Pravadi III. 135. Babadagh, Stadt III. 126, 113. Baba konak, s. Araba konak. Babin Nos, Berg I. 108. Halm bair, Her- III. 217. I Ja buk, Dorf III. 270. Iiahir dagh, Bei- III. 104. Bahrig, Dorf I. 250. Bairamdere. Dorf a. Calikavak-Pasa III. 101. — Bach 111. 106, 109. — Defile. III. 106 f. Bairamköi, Dorf III. 304. Balabanlar, Dorf NW. v. Osmanpazar III. 45. — NO. v. Razgrad III. 312. Balabanska, Bach II. 99 f. Balbunar, Dorf III. 327. Balcik, Stadt III. 224 ff. Baldzi Omurköi, Dorf III. 343. Bale, Dorf I. 68. Bali-Effendi. Badeort II. 220, 222, 229. Balkan (bulg. Stara planina, türk. Hodza Balkan), Gebirgsystem, sämmtliche Bässe u. s. w., s. Sachregister I. Ballanstra (b. Sofia) röm. Mansion II. 240. Bana, Dorf III. 172 f., 184. — Balkan-Pass III. 105, 170, 172. Bancerovo, Berg I. 2. Banica, Dorf II. 275. Banja (Lidzaköi), Dorf II. 133. Banjska, Badeort II. 220. Banovce, fictives Dorf I. 108. Bara, Dorf I. 208. Bare, Dorf II. 10. Basars planina, Gebirge II. 293. Basarbova, Dorf I. 136. III. 346. Bas bunar, Dorf III. 239. Basisler, Dorf III. 300. — dere, Bach III. 289. Batak, Dorf I. 203. Batosevo, Dorf II. 114. Batova, Bach III. 218. Battenberg (Kizilmurad), Dorf III. 316. Bazirgan, Bach u. Dorf III. 51. Bealan, Dorf III. 342. Bebref, Fluss II. 197 ff Bebrovo, Stadt III. 9, 27, 31 f. . Bebrovska, Bach III. 30, 33. Bedck, Berg I. 228, 255. Bederli, Dorf I. 192. Begei, Dorf III. 107. Begcioglu, Dorf III. 187. Begirli, Dorf III. 79 f. Begier Ciftlik, Dorf II. 222. Beg-Vrbovka, Dorf III. 309, 311. Beikovci, Dorf III. 3. Bciliköi, Dorf III. 182. Beket s. Piket. Bekirin jeniköi", Dorf III. 300. Bela, Dorf a. d. Jantra I. 146 ff. II. 87. III. 2. — a. Areer I. 101. — b. Sliven III. 28. Bela rjeka, Bach b. Sliven III. 16. — b. Vraca II. 259. Belatince, Dorf I. 64. Belavoda, Dorf II. 47. Beli, Dorf b. Pravadi, III. 119. Belibrod, Dorf I. 176 f. II. 27(5, 278. Belica, Dorf I. 256. Belimir, Dorf II. 296. Beiina, Dorf II. 26, 41 ff, 45 ff, 71. III. 126. Beljovo, Dorf III. 87. Belogradcik, Stadt I. 46 ff, 64, 81 f. Belotinci, Dorf a. d. Sugavica II. 283. — a. d. Belotinska I. 81. II. 298. Belotinska rjeka, Bach I. 81. Berkovica, Stadt II. 250, 283 ff. 293, 300. — Balkan II. 271. Besbunar, Dorf 1. 147. Besevli, Dorf 111. 72. Bestepe, Dorf III. 259. Binar Besevli, Dorf III. 342. Binkos, Dorf III. 16 ff. Bisanca, Dorf III. 300, 342. Bistrec, Dorf II. 251. Bivol, Dorf II. 11. Bivolar, Dorf II. 90, 92. Bizovci, Dorf I. 265. Blata rjeka, Bach II. 245. Blgarska planina, Berg I. 256. Blinovac, Dorf in Serbien I. 68. Bloznica, Dorf II. 181, 184. Bobu, Berg II. 140. Bogas dere, Dorf III. 142. - Bach III. 142, 145. - Balkan-Pass III. 131, 142 f., 170. Bogatovo, Dorf II. 8. Bogdan, Dorf III. 244. — planina, Berg II. 185. — Gebirge II. 142, 288. Bogorov, Dorf II. 202, 204. Bogot, Dorf II. 85 ff, 94 f. Bojana, Dorf II. 207, 220, 222. Bokludza, Bach III. 59. Bononia (Vidin), röm. Castell I. 14, 16. Borima, Dorf II. 98. Borovan, Dorf II. 275 f. Borovci, Dorf II. 283. Borovica, Dorf I. 49, 81. Borus , Dorf I. 151. Boseular, Dorf III. 334. Bosilkovo, Dorf III. 102. Botunia, Bach II. 250 f., 270, 277, 282. Bov, Dorf II. 268. Böjükli dere, Bach III. 333 f. Bradarski Bunar, Dorf II. 167. Bragar, Dorf II. 164. Branjevo, Dorf II. 110. Brankovce, Dorf I. 111. Bratjevac, Dorf I. 64, 74. Bratjevci, Dorf II. 247. Bratnica planina, Gebirge II. 147. Brborov Kamig, Berg II. 274. Bregova, Dorf I. 54, 68 f., 94. Bres, Dorf II. 159. Bresnica, Dorf II. 181. Brestovec, Dorf II. 88, 95. Brestovo, Dorf II. 11. Bresljan, Dorf II. 86. Brezova, Berg II. 147 f. — Bach II. 148. Brezovdol, Dorf II. 266. Brizia (Marko Kralskigrad), röm. Castell II. 248. Brla, Dorf II. 289. Brsljani, Dorf II. 158. Brusarci, Dorf I. 81. Brusen, Dorf II. 260. Brzia, Bach II. 248, 283. Brzina, Dorf II. 177 , 276. - Bach II. 275. Bucukovski, Dorf I. 265. III. 35. Bujukova, Dorf II. 118. Bukova, Dorf II. 80 , 85 , 89 , 91. Bukovica, Dorf II. 170, 175. Bukovluk, Dorf II. 157. Bulanik, Dorf III. 114. — dere, Bach III. 58, 249. Bulgareni, Dorf II. 25, 70. Bunovo, Dorf II. 193. Burdizu (b. Aboba), röm. Castell III. 255 f. Burgas, Stadt III. 104 f. Buruovoe, Dorf I. 71. Butan, Dorf IL 170. Butva, Dorf II. 72. Buzadsilar, Dorf 11 280. Baziina, Dorf l. 186. Buzludza planina, Gebirge I. 228. Bozovec, Dorf 11. 279. — Berg 1. 256. Bnznrlnk (Mtthttt Bei köi), Dorf 11. 26 Büjük Aladin, Dorf III. ls.'j. Büjük dere, Bach III. 44 f., 304. Byzon, griech. Colonie III. 227. Caribrod, Dorf II. 210. Carovec (Tekir), Dorf II. 05. (Jantra .Marlis, röm. Castell I. 57 f. Cebrus (Cibrica), röm. Castell II. 280. Central-Balkan II. 132, 143. III. 166 f. Ccperani, Dorf III. 13. Cerkovna, Dorf III. 310 IV. Ceroven, Dorf II. 286, Cerovica planina, Gebirge I. 103. Cibrica, Stadt II. 251, 280. — Fluss II. 280 f., 298. Cifa, fictives Dorf I. 108. Cikaneovo, Dorf II. 202. Cimnica, Dorf in Rumänien I. 195 IT. II. 27. Cipljane, fictives Dorf I. 108. Ciporovica, Flecken II. 294 f. Conbustica (b. Kladrup), röm. Castell I. 102. Konstantia (Küstendze), röm. Colonie III. 230. Crna Masnica, Dorf I. <4. Crna planina, Gebirge II. 185. Crna Trava, Gebirge I. 80. Crni-Vr, fictives Gebirge I. 80 f., 91. Crni-Vrch, Dorf I. 250. Crno-Glav, Berg I. 103. (airköi, Dorf III. 242 , 300, 311 ff. Cakir bair, Berg III. 8. Calikavak, Dorf III. 104. — Balkan-Pass III. 77, 101, 103 f., 107 f., 170, 245. Cali Mahle, Dorf III. 186. Calusovat, Dorf II. 80, 158. Camdere, Dorf u. Bach III. 28 f. Camurli, Dorf III. 334. Canakci, Gorni-, Dorf I. 239. III. 14. Catak, Dorf III. 83 f., 49. Catalar, Dorf III. 72, 114. Catalkaze, Gebirge III. 19. Catal tepe, Berg b. Osma Gradiste I. 202, 204. II. 25, 82. — im Giopsubecken II. 133. Causli, Dorf III. 218. Celebiköi, Dorf III. 2(55. Celei, Dorf in Rumänien II. 161 f. Celigra, Cap (Kalliakra) III. 227 ff. Celikköi, Dorf in. 45. Celopec, Dorf II. 193 f., 204. Celopek, Dorf II. 259. Cengel, Dorf III. 72, 114. — Büjük-, Dorf III. 138, 141. Cepina, Dorf III. 87. Cepnica, Dorf II. 226. Cerance, Dorf III. 72. Cercilani, Dorf II. 159. Cerkes Dragoi Mahle, Dorf III. 107. Cerkliste, Dorf III. 90. Cerkovna, Dorf III. 114, 119. ccrnavoda Dorf III. 287, 845. < lern! red, Berg l L 118. Certovica, BaCO HI. 85. Cernevi, Dorf III. ;;l1 f. Cerusa, Dorf HI. 314. Cerven, untergegangene bulg. Stadt. III. 46. Cervenavoda, Dorf I. L8Ö f. Cervenibreg, Dorf II. ist. — Hügel a. Sipka- Pass I. 224. Öetate, Dorf in Rumänien 1. 22 f., 65. Öetiri poleni, Gebirge 11. 148. i Ii«Iii, Dorf I. III. Cifut Kujusu, Dorf III. 264. Cimali, Dorf III. 150 f. Cingane serai, Dorf b. Rahova II. 176. — !>, öl, 72. Hisar bair, Berg III. 145. — banja, Badeort IL 134. — göl, See III. 94 ff. — tepe, Berg III. 94. ' Hitovci, Dorf 1. 265. Hieven, Dorf II. 96. Hodnica, Dorf I. 190, 206. II. 7. Ilod/.a-Balkan, s. Balkan. Horito, fictives Dorf I. ins. llostina, Bach II. 147 f. Hrastota, Berg III. 141. Ilrlec, Dorf IL 176. Hrt Bunaja, Berg IL 142, 288. Hujoven/Dorf b. Vraca 11. 253. — S. v. Eski Stambul III. 49. Hüseiner, Dorf III. 302. Hüsendze, Dorf III. 010. II üsenli, Dorf III. 383. Ignatica, Dorf II. 265. Ilievci, Dorf III. 3. Ilisena Dorf II. 266. Imitli, Dorf I. 250. Indze bair, Berg 0. v. Sliven III. 90. — b. .Misivri III. 102. — Balkan, fict. Gebirge III. 96, 99. — Balkan (bulg. Novoselo), Dorf, III. 96. — dere, Bach. — köi, Dorf III. 134. — planina, Gebirge UI. 168. Indzeköi, Dorf b. Varna III. 134. Insikra, fictiver Fluss IL 167. Iribujun, Dorf III. 98. Isker, Fluss IL 145, 1(53 ff, 178 f., 186, 192, 204 f., 221, 271 f. III. 169. — Mali-, Bach IL 18(5 f., 197. — Durchbruch II. 221, 258 ff. Iskrec, Bach II. 246. Islamir, Dorf I. 204. Ismail, Stadt in Rumänien III. 120. Isnebol, fictive Stadt I. 82. lsiklar, Dorf III. 334. Ivanova Livada, Gebirge I. 103. Izakca, Stadt III. 126, 143, 164. Izgorterad, Dorf II. 258. — Pass u. Defile II. 257 f., 2(59 f. Izvor, Dorf I. 95. — Mali-, Dorf IL 160. — Turski-, Dorf II. 150. — Veliki-, Dorf I. 50. Jablanica, Dorf IL 181, 184 f. — Bach II. 184 f. Jaila, Dorf W. v. Osmanpazar III. 45. — S. v. Varna III. 187. — Bach im Deli Orman III. 247. — Zufluss d. Kesarovska III. 307. Jakovci Dorf III. 0. Jalar, Dorf I. 206. II. 6 ff Jamboli, Stadt III. 87, 143. Janobasa, Dorf II. 130 f. Jantra, Dorf I. 223. — Fluss I 115, 147, 140, 156, 178, 223 f., 228. II. 2 f. III. 45, 51. — Thal I. 151, 215. — Schlucht b. Tirnovo I. 153 f., 157. Jarli dere, Bach III 301. Jasenovac, Dorf I. 235. Jasitepe, Dorf III. 246. Jastrcbac, Gebirge I 80. II. 203. Javorec, Berg II. 267 f Jedzik, B.-, Dorf III. 114. — G.-, Dorf III. 109 f. - Bach III. 100. Jelesnica, Bach II. 204. Jelov euka, Berg I. 228. Jembeli (bulg. Slatina), Dorf 11. III. Jenibekce, s. Gebedze. Jenica, Dorf II. 107. Jenidze, Dorf III. 114. — dere, Bach III. 307. Jenidzeköi, Dorf b. Ruscuk 1. 136. — a. Topcu III. 327. - W. v. Varna III. 130, 132. — fictives Dorf III. 343. Jeniköi, Dorf b. Cap Emine III. 173. — b. Sliven III. 28. — b. Trojan II. 08. - b. Varna III. 218. Jeni Mahle, Dorf III. 145. Jenipazar, Stadt III. 122, 250 ff. Jerlovica, Dorf I. 05. , Jesekci, Dorf III. 17. Jokovci, Dorf III. 10. Jovan Ciftlik, Dorf I. 136. III. 313. Jörendzik, Dorf III. 28. Jukari Banja, Badeort II. 220, 222. Junusköi, Dorf III. 247. Junuslar, Dorf III. 328. Jusufhanlar, Dorf III. 42. Jiinlüjcr, Dorf III. 70. Jürükler, Dorf a. d. Tundza III. 17. — 0. v. Ruscuk III. 342. Jürük tepessi, Berg II. 121. Kabasakal, Dorf III. 239. Kabia Sögütli, Dorf III. III. Kacamarsko, Balkan-Pass 11. 189, 193 f., 202. III. 171. Kacelevo, Dorf III. 136, 311 ff. Kadibogas, Dorf u. Pass I. 56, 99. Kadiköi, Dorf b. Silistria III. 264. — b. Ruscuk 1. 136. III. 343. — b. Sumla III. 114. — b. Pravadi III. 135. — b. Varna III. 130, 133. -- b. Karnabad III. 97. — a Büjük dere III 308, 312. Kadiköi-Büjük dere, Bach III. 41. — dere, Bach III. 119, 135. Kadirlakli, Dorf III. 80. K.iiiiard/i, Büjük-, Dorf III. 241. — Kücük-, Dorf III. 205. — dere, liach III. 265. Kajabasi, Dorf III. 91, 96. Kajalik, Schloss, Höhle u. See II. 81, 177. Kaiid/.ik, Dorf 11. 2. Kakrina, Dorf II. 11. Kalabak bair, Berg III. 82, 84. Kalafat, Stadt in Rumänien I. 22 ff, 26 ff 30 , 80. ' Kalaidza, Dorf III. 264. Kalamak, Dorf III. 333. Kalaras, Stadt in Rumänien III. 274. Kaleica, Dorf II. 97. — Bach II. 98. Kalenik, Dorf U. 152. Kalesnica, Bach II. 283, 285. Kalimanica, Bach II. 288. Kalimok, Dorf u. See III. 340.. Kaiinka planina, Gebirge III. 18, 96. Kalipetra, Dorf III. 276. Kalkas, Dorf II. 242. Kallatis (Mangalia), griech. Colonie III. 236. Kalliakra, s. Celigra. Kalofer, Stadt II. 124 ff. Kaloica, Dorf I. 203. Kalotinca, Bach II. 293. Kalova, Dorf I. 61. Kaludjer, Dorf I. 46. Kalugerca, Dorf III. 115, 249. Kalugierski sep, Berg II. 147 f. Kamak, Berg II. 130. Kamarlar, Dorf III. 335. Kamcik, Fluss III. 58, 78 ff, 82 f., 103, 101», 132, 135 f., 182 f., 187, 288. — Akili-, Fluss III. 56, 59, 72, 75, 78, 81 ff, 108, 136. — Deli-, Fluss III. 85, 92, 102, 136 ff, 141. — Sodzak-, Fluss III. 288. — Mahle, Dorf III. 63, 142. — Mahle, Balkan-Pass III. 170. — Balkan, III. 167 f. Kamena Riksa, Dorf II. 296. Kamenica, Dorf II. 250. Kamenopol, Dorf II. 178. Kapakli, Dorf III. 218. Kapinovo, Dorf III. 4, 10. Kapitanica, Dorf I. 62. Kapudiik, Berg II. 140. Karaac, Dorf SW. v. Devna-See III. 129. — S. v. Tutrokan III. 328. Karaagac, Dorf III. 204, Kara Ahmedli, Dorf III. 137 f. Kara boas, ausgetrocknetes Seebett II. 159. Kara burun mogila, Berg III. 31. Kara dagh, Gebirge III. 28. Kara Demirdze köi, Dorf III. 78. Karademirli teke, türk. Wallfahrtsort 111.329ff. Kara dere, Bach III. .'307. Karadirli dagh, Gebirge, III. 314. Karadza dagh, Gebirge U. 132, 142. III. 15, 17 f., 168. Kara D/.uhalar, Dorf III. 51. Karagöitli Banja, Badeort I. 240 f. Karagözler, Dorf III. 259. Karagözii, Dorf III. 82. Kara Ilasanköi, Dorf 1. 130. III. 299 f. Karahedirlar, Dorf III. 335. Karahisarli, Dorf II. 137 f. Karajapular, Dorf III. 239. Karakasli, Dorf III. 56. Karakurt, Dorf III. 226. Karalar, Dorf III. 142. Kara Lom-Gebirge III. 51. Karamandza, Dorf III. 181. Karamanova, Dorf 1. 204. Karaorman, Dorf III. 265. Karapclit, Dorf III. 241. Karasarli, Dorf III. is. Karasilar, Dorf III. 15. Kara«, Dorf 11. 268. Kara tepe, Berg II. 141. — Dorf III. 161. Karaul, fictives Dorf I. 108. Karebköi, Dorf III. 289. Karliköi, Dorf III. 289, Karlovo, Stadt II. 188 ff. — Becken II. 121. Karlukovo, Dorf II. 17!) f. — Defile II. 179. Karnabad, Stadt III. 49, 97, 143 Karnare, Dorf II. 138, 140. Karni breg, Berg I. 236. Karvan, Dorf III. 333. Kasapli, Dorf III. 114. Kaspidzan (Shumla road), Dorf u. Eisenbahnstation III. 02, 119, 217 ff. Kasköi, Dorf III. 80. Katenec, Dorf II. 152. Katrandzi, Dorf I. 265. Katunista, Dorf III 92. Kaukin Mislim, Dorf III. 256. Kaukli, Dorf III. 58. Kavaklar, Dorf III. 42. Kavarna, Stadt III. 22(5 ff. Kaza, Dorf III. 19. Kazan (Kotel), Stadt III. 21, 80 ff. — Bach III. 91 f. — Balkan-Pass III. 85, 171. Kazanlik, Stadt I. 233, 235 ff, 239, 212 f., 245 f., 249 f. — Becken I. 229, 231. II 124 233 ff. Kazicane, Dorf II. 205. Kazlarköi, Dorf III. 45. Kebir Jeniköi, Dorf III. 299 f. Kecidere, Dorf III 29. — Bach I. 239, 241, 250. Keckeciler, Dorf III 45, 304. Kediögren, Dorf III. 297, 299. Kedirköi, Dorf III 335. Kemikcidere, Dorf III. 119. Kerec Pavlikan, Dorf II 11. Keremetli, Dorf, III. 104, 142. Keresli bair, Berg III. 33. Kesarova, Dorf III. 9 f., 42 , 307 f. Kesarovska, Bach III. 9, 30, 41, 305 f. Ketenik, Bach III. 28. Kida, fictives Dorf I. 108. Kiler bair, Berg II. 280. Kilia, Stadt in Russland III 126. Kilifar, Stadt I. 242, 266. Kilifarska, Bach I. 2(56. Kilikade Kairak Mahle, Dorf III. 259. Kioj, fictives Dorf I. 108. Kiricen-Höhen III. 51, 296, 298 ff. Kirije, Dorf III. 346. Kirk gicid su (Delid/.e dere), Bach III. 52, 56 f. 137, 143 f., 184 , 289. Kirli Kuiudzuk, Dorf III. 324. Kirtirli dere, Bach III. 297. Kirtosabene, Dorf II. 90. Kisana teke, Dorf u. türk. Wallfahrtsort HI. 295 f. — Berg III. 56. Kistambul, Dorf II. 3. Kis tepe, Berg III. 91. Kitko, Berg in Serbien! 103. — b. Berkovica II. 288. — mogila, Berg II. 276. Kizilar, Dorf in. 297, 299. Ki/.ild/ik, Dorf III. 151. Kizilmurad, s. Battenberg. Kladrup, Dorf 1. 100 ff Klic dere, Bach III 388 ff KIi. köi, Dorf III. 888. Klisekiovska, Bach II 193. Kliseköi, Dorf II. 198 f. Klisura, Stadt im Giopsuthal 11. 1 lo f., 191. — Dorf II 147, 249 f. Klisurska, Bach III. 51. — stalica, Berg 11.147. Kiic/.a, Dorf II. 107. — Bach II. 97. Kocina, Dorf I. 151. Kocmar, Dorf III. 200. Kodzabunar, Dorf III 309. Kodzadoanar, Dorf III. 289. Koic.ovci, Dorf I. 265, Koinare, Dorf 11. 165. Kokardza, Dorf, SW. v. Pazard/.ik III. 244. — NO. v. Razgrad u. Bach III. :',:)■> f. Kom, Berg II 289. — Balkan-Pass II. 289. Komarci, G- D.-, Dörfer II. 199 f k>o-> _ dol, Becken II 199 f. — Bad, (I, 203.' Komarevci, Dorf II. 283, 285. Komarevo, Dorf a. Skit II 177 , 255 275 — b. Karnabad III. 101. Komastica, Dorf I. 87. 11. 27«, 2*1 , 2*9. Komludza, Dorf III. 244. Konakköi, Dorf III. 301 f. Konare, Dorf b. Hainköi-Pass I. 212. III 13. — b. Tatar Pazard/.ik III. 87. Koneg mogila, Berff II 133. Konino, Dorf II. 178. Kopaonik, Berg in Serbien I. 80. Kopelovci, Dorf II. 291. Koperan, Dorf III. 143, 152. Kopriva, Dorf II. 158. Koprivica, Dorf III. 312. Koprivstica, Stadt II. 15, 142, 191, 287 f. III. 87. Korabia, Donauhafen in Rumänien II. 175. Korila, Dorf, II. 221, 258. Korintgrad, röm. Castell II 209. Korito, Dorf I. 52. Kornare, Dorf II 98. Korudza dere, Bach III. 19. Korukköi, Dorf III. 30. Kosarevec, Dorf III 41. Kosova, Dorf, I. 54. Kostalevska mogila, Berg II. 271. Kostanca, Dorf I 130. III. Oll f. Kostimbrod, Dorf IL 245. Kostisovee, Dorf I 95. Kostolac, Dorf in Serbien I. 191. Kosu, Dorf III. 335. Kosarnik, Dorf II 282. Kosova, Dorf I. 136 f., 149 f. III. 312. Kote, Dorf HI 136. Kotel, s. Kazan. Kotla, Berg II 250 f. — NW. v. Vraca II. 277. Kotlubci, Dorf III 246. Kovacica, Bach I. 242. III. 3, 35. Kozako dere, Bach III. 173 f., 180 f. Koza stena, Berg II. 141. Kozderesi, Dorf III. 31. Kozerica, Bach I. 223. Kozlubcg, Dorf III. 9, 42, 307. TOrOGKAl'UTSCIIES REGISTER. 367 Kozludza, Stadt I. 133. HI. 128, 241, 244 ff. — Dorf III. 204. Koznica, Dorf II. 194. Kozika, Berg IL 150. Küklüdze, Dorf III. 334. Köleler, Dorf II. 137. Köpekli (Kelbköi), Dorf III. IG, 80. Köpriköi, Dorf b. Karnabad III. SO. — a. vereinigten Kamcik III. 130, 113 f., 184. — W. v. Varna III. 132. — a. Akili Kamcik III. 108 f. Könnende, Dorf II. 10 f. Köseabdi, Dorf III. 264. Köseler, Dorf IL 137. Köstendil, Stadt II. 230. — fictives Dorf II. 279, 299. Kotes, Dorf III. 50, 72. Krajova, Stadt in Rumänien I. 22. Kral bair, Berg IL 257. Kramolin, Dorf I. 208. Krasna, Dorf I. 136 f., 346. Kravaderci, Dorf IL 251. Krdzalar, Dorf III. 63. Kremikovci, Dorf III. 171. Krestac, Berg I. 256. Kreta, Dorf III. 259. Krevenik, Dorf 11. 113 f. — planina, Gebirge II. 114, 118. Krivabara, Dorf I. 82. Kriveni, Dorf III. 120, 123. Krivina, Dorf II. 204. Krivodol, Dorf a. West-Lom I. 01, 92. — a. d. Vracanska II. 251, 277 f. — Gorni-, Dorf II. 289, 292. Krkisaba, Dorf IL 281, 299. Krpec, Dorf II. 259. Krsin, Dorf II. 80, 88. Kruni, s. Dionysopolis. Krupec, Dorf II. 293. Krusevica, Dorf II. 168. Krusovdol, Thal II. 150. Kubadin, Dorf III. 56, 288. Kujulovci, Dorf IL 67, 87. Krusevo, Stadt in Albanien I. 82. Krusiti, s. Armutli. Kujud/.uk dere, Bach III. 260. Kula (Adlieh), Stadt I. 56 ff, 90, 111. Kule, Dorf III. 346 f. Kulevca, Dorf III. 109 ff.,"114 ff, 119. Kulova, Dorf I. 61. Kumani, Dorf I. 265. Küpen, Berg I. 255. II. 110. Kurmai) mogila, Berg II. 180. Kursovo, Dorf I. 209. II. 1<>. Kurtolar, Dorf III. 9, 29. Kurtovo, Dorf II. 132. Kurudere, Dorf III. 109. — Bach 11. 193. Kurudzeren, Dorf III. 45. Kurukdere, Dorf III. 174. Kurukköi, Dorf III. 173. Kurvina planina, Gebirge I. 228. Kurvingrad, Dorf u. Burgruine 1. 15. Kusevce, Dorf I. Ol, 105. Kuzluk dere, Bach III. 304. Kuzlukköi, Dorf III. 304. Kusevci, Dorf III. 11. Kusovica, Dorf 1. 106. Kutelia planina, Gebirge I. 228. Kutlovica, Dorf IL 283. Kutlubei, Dorf III. 128. Kücük Ahmed dere, Bach IH. 259. Kücük Alan, Berg II 141 f. Kücük Jeni Balabanlar, Bach III 333. Kücük Jumrukcal, Berg II. 140. Kücük Kisik, Dorf u. Bach III. 141. Kücükli, Dorf III. 83. Küpen, Berg II. 130. Küstendze, Stadt in Eumänien III. 236, 241. Lagosovce, Dorf I. 100 f. Lakatnik, Dorf II. 267 f. — planina, Gebirge IL 267 f. — Balkan-Pass III 171. Lazeni, Dorf II 188, 197 f. Lazine, kath. Missionsdorf II. 70, 72. III 126. Ledenik, Dorf II. 2 f. Lefedzi, Dorf III. 41. Lesedren, Dorf II. 149. Leskovica, Flecken I. 176. III. 35. Lesnica, Dorf II. 97, 149. Leva rjeka, Bach II. 294. Levcevo, Dorf II. 278. Lidza, Dorf III. 18. — köi, Dorf. Liova, Dorf IL 280. Lipnica, Gorni-, Dorf I. 192, 205. Lipnik, Dorf III. 324. Liscar, Dorf I. 200. Lizec planina, Berg IL 185. Lizik, Dorf IL 17. Ljubes, Berg IL 282 f. Lodzova, Dorf III. 325 ff. Lom, Stadt I. 12 , 64 , 80 ff. II. 278, 301. — Fluss b. Lom I. 81 f. H. 298 , 300. — b. Ruscuk I. 123, 131, 144. III. 301, 343. — Ak-, Fluss III. 314 ff, 344. — Banicka-, Fluss III. 309, 311, 345. — Kara-, Fluss III. 298 ff, 311, 314, 345. — Solenik (Svolenik)-, Fluss III. 315, 344. — Cerni-, Dorf HL 354. — Dolni- u Gorni-, Dörfer I. 81. Lomec, Dorf IL 97. Lovec, Stadt I. 213. IL 11 ff., 87, 95, 149. Lozica, Dorf II. 62. Lozan, Dorf II. 204. Lukovic, Dorf II. 91, 178 ff., 181 f. Lupen, Dorf II. 186. Lupenska, Bach II. 189. Lutakovo, Dorf IL 189 , 200 f. Lutibrod, Dorf IL 260, 262 f. Lutidol, Dorf II. 2(50. Lülün planina, Gebirge II. 220, 222. Hadan, Dorf II. 278. Madara, Dorf III. 114 f., 117, 119, 249. Madzerete, Dorf III. 145. Magale, fictives Dorf I. 108. Maglis, Dorf I. 235. 215, 219 ff Magliska rjeka, Bach I. 251, 255. Mahala, Dorf II. 68, 164. Mahalcta, Dorf IL 165. JVIakacevo, Dorf II. 202. Makarska, Bach IL 98. Makres, Dorf I. 104. Malinska, Dorf u. Bach IL 202. Malkocu, Dorf IL 8. 3H8 TOI'OCiltAI'IIISOIlKS KKlilS l'l'.H. Malko selo, Dorf IF. I2S. Malorad, Dorf LI. 270. Manastiroi. Dorf I. 1 II f, 160 Manastirköi, Dorf III. 172 f. Manastirselo, Dorf II. 110. Mangalia. Stadt in liumänien III. 287 -Ml Mara Gediik, Borg II. 118, 110, IV. Maras, Dorf W. v. Karnabad III. ls Iis — D. Sumla III. 111, 110. Marcianopolis (Devna), röm. Colonie III. 7:5 77, 129, 256. Marcovi gazeri, Berg II. 147. Maren, Dorf III. 8, 10. Marica (Hebrus), Fluss II. 122, 1!»:;. Marinopol, Dorf I. 104, 17.",. Markellini, röm. Castell III. 18. Marko Kralskigrad (Oazan), Berg u. Burgruine a. Sipka-Pass I. 227. — Burgruine a. Ginci-Pass II. 248. Marko mogila, Berg II. 107. Maser teke dere, Bach III. 882. Mastanköi, Dorf III. 45, Mastanlar, Dolni-, Dorf III. 262. Matei bair, Berg III. 96. Mecina rjeka, Bach I. 52. Mecka, Dorf I. 137. II. 67. III. 312. Medisovcc, Dorf I. 110 f. Mediven, Dorf II. 155. Medjidiie, Dorf II. 270. Mcdved planina, Gebirge I. 81. Media, Dorf II. 293. Medzelik planina, Gebirge III. 16. Mekis, Dorf I. 192. Meldia (Dragoman), röm. Castell IT. 206, 210. Melta (Lovec), röm. Mansion II. 11, 97. Merdan, Dorf I. 164, 176. Mesembria (Misivri), griech. Colonie III. 151, 157 f. Metkovec, Dorf SO. v. Vraca II. 259. — S. v. Lom II. 299. Metovnica, Dorf I. 91. Mezra, Dorf IL 259. Mit karevo, Dorf III. 18. Mihalbei, Dorf III. 227. Mihalca, Dorf I. 206. Mikre, Dorf II. 17. Mikro-Byzantium, byzant. Colonie IL 47. Milkovac, fictives Dorf II. 158. Milkowatz, fictive Stadt IL 279. Minde, Dorf III. 42. Mirkovo, Dorf II. 193, 200, 202Jf. Miroc planina, Gebirge I. 74. Misivri (Mesembria), Stadt III. 114, 151 ff., 104, 184. Mitcrisovo, Dorf II. 132. Moinci, Dorf IL 293. Moisleci, Dorf III. 34. Mokres, Dorf I. 87. Mokresani, Dorf II. 159. Monastirköi, Dorf III. 101. Montemno (Trojan-Pass), röm. Castell II. 97. Moravica, Dorf II. 259. Moskopoli, einstige dako-rum. Stadt I. 4. • Mramoren, Dorf II. 271. Mrdna, Bach IL 110. Mrtsovi gazeri, Berg IL 148. Mrzik, Dorf III. 200. Kahla. Dorf III. 217. Muraldalar, Dorf III. 267. Miirat-Ilei köi. Dorf 1. 206. Mnrat deresi, Dorf III. 68, 108. Murgasli, Dorf I. KU. Musaköi. Dorf III. 212. Muselim selo, Dorf 11. 07. Musina, Dorf I. 200. II. 3 f, H. Musüklti, Dorf 1. L6Q. Nadir, Balkan-Pass III. 1 10 ff, L70. Naissus (Nis), röm. Castell 1. 101 t. Nasredin, Dorf III. 341, Naulochos (h. Cap Emine), griech. Colonie III. 172. Nazir Mahala, Dorf 1. 107 f. Negovanica, Dorf I. 28, 62. NYikovo, Dorf III 19. Neredince, Dorf II. 25, Netropol, Dolni-, Dorf II. 155. Nevsa, Dorf III. 122. Nicopolis ad Haemum, auch ad Ist nun (Eski Nikup), röm. Colonie I. 170, 181 tV. IL 52, 58. III. 250. Nigriniana, röm. Castell III. 330. Nikopoli, Stadt I. 110 ff 11. 59, 03 ff, SS ff Nikup, Eski-, s. Nikopolis ad Ilaenium. — Jeni-, Dorf L 180, 191. II. 57 f., 61 f. Nisova, Dorf 1. L86. III. 011, Ol l, 848* Nis, Stadt I. 20. II. 210. Nk-ivu, Fluss II. 215, 293. Njegosovo, Dorf II. 201, megovan, Dorf 11. 204. Nova.in, Dorf II. I7s. Novaöine, Dorf NW. v. Orhanieh II. 260 Novae (b. Svistov), röm. Castell II. 194. Novihan, Dorf II. 204. Noviodunum, röm. Colonie III. 164. Novoselci, Dorf I. 28. Novoselo, Dorf N. v. Vidin I. 51, 59, 03, 7.; — b. Selvi, II. 8. — N. v. Kosalita-Paaj IT. Iii f., 113 f. — b. Elena III 9. K Sumla III. 72. — (Ind/.e-Balkan) III. 90. Oa sarmana, Dorf III. 885. Obretenik, Dorf 1 14. Odalar, Dorf I. 150. Odessa, Stadt in Kussland III. fDl f. Odessus (Varna), griech. Colonie III. 164, 191 f., 250. Ogaröin, Dorf W. v. Lovec II. 152. — W. \ Razgrad III. 311. Ogoia, Dorf II. 20L Ogost, Fluss II. 170, 248, 270, 278 f., 288, 288, 294, 296, 298. Ohodna, Dorf IL 275 Olcegas, Dorf II. 90, Oltenica, Dorf in Rumänien l. 22. III 250, ,;.;7. Oluklu, Dorf III. 2il Omurfaki, Dorf III. 260. Opancc, Dorf II. 89. Opletna, Dorf II. 266. Opor planina, Gebirge II. 208. Oreiari, Dorf III. 16. Orese (b. Nikopoli), kath. Mlssionsdorf II. 87, 41, 72. III. 126. — Dorf a. d. Panega II. 184. t Orelec, Dorf I. 45, 19. Orhanieh, Stadt II. 14*), 191, 197, 260 Orlanlar, Dorf IH. 45. Ormanli dere, Bach II. 204. Orsova, Stadt in Ungarn II. f>4. Orta dagh, s. Sredna gora. Ortaköi, Dorf W. v. Sumla III. öS, 72. — SW. v. Osmanpazar III. 31)4. Oselna, Dorf II. 266. Osem, Fluss II. 11 f., 17, 2f>, (57, 70, 95 f., 101. Osenovlak, Dorf II. 2(50. Osikovac, Bach II. 187. Osikovo, Dorf a. Mali Isker II. 1S7 f. — a. Lom III. 300. - i. Iskerdurchbruch II. 26s. — i. Banicka-Lom-Gebiet III. 310, 312 f. Osikovsko Gradiste, Burgruine IL 209. Osma Gradiste, Dorf I. 204. II. 82. Osmandzik, Dorf III. 183. Osmanieh, Dorf I. 44 f., 64, 100. Osmanpazar, Stadt III. 45 ff., 303 ff. Osmarköi, Dorf III. 72. Ost-Balkan III. 14, 94, 166 f. Ostia mogila, Balkan-Pass III. 171. Ostrec, Dorf IL 11. — planina, Gebirge IIL, 113, 118. ()strica, Dorf III. 311. Ostrieevac planina, Gebirge I. 103. Ostricevicka rjeka, Bach II. 11. Ostrocuka rjeka, Bach II. 248. Ostrog kamik, Berg III. 141. Ostrokavce, Dorf 1. 100 f. Ostroma-Höhe II. 188. Ostrovo, Dorf III. 279. Ostru brdo, Berg II. 136. Osanje, Dorf I. 52. Ovca Mogila, Dorf I. 202 ff Palatiolum (b. Gigen), röm. Castell II. 161 f. Pallas, fictives Dorf II. 73. — Bach II. 73. Panagjuriste, Stadt III. 87. Pancga, Bach II. 152, 16(5, 180 ff., 18(5. Panicarka, Bach I. 223. Papaslar, Dorf III. 264. Parapan, Dorf in Rumänien I. 135. Passo Augusto im serb.-bulg. Grenzgebirge I. 19 f. Pastrina planina, Gebirge II. 248, 283. Pavel, Dorf I. 150. Pavlica, Dorf IL 259. Pavlikan, Dorf I. 206. Pazardzik, Stadt III. 126, 143, 239 ff. Peceli, Dorf III. 259. Pecenobrdo, Berg IL 246. — fictives Dorf II. 246. Pelisat, Dorf II. 85 f. Pepelne, Dorf III. 315. Peresit, Bach I. 15. Pernik, Dorf II. 242. Pestene, Golemo-, Dorf a. Skit II. 253. — Dolni- u. Mali-, Dörfer a. Skit II. 274 f. Pesterna, Dorf 11. 150. Petlavica, Berg III. 106. Petrahilia, Berg II. 148. Petreven, Dorf II. 184. Petric, Dorf 11. 202, 245. Piket (Beket), Stadt in Rumänien II. 175. Pilav bair, Her- I. 102 f. Kunitz, Dunau-Uiiljraricn und der llalkan iii. Pilav tepe, Berg III. 138. Pirdop, Dorf IL 193. Pirgos, Dorf I. 135 ff. III. 312. Pirifaki, Dorf III. 242. Pirot, Stadt I. 20. II. 293, 295. Pirsnik, fictive Stadt I. 82. Pisana-Cuka, Gebirge I. 103. Plakovo, Dorf I. 242. III. 3. Plakovski manastir, Kloster III. 2 f. Plazivee, Dorf II. 154. Plevna (Pleven), Stadt II. 66, 76 ff., 138,14ü, 181. Pobak, Berg I. 253. Podaiva, Dorf III. 335. Podbasi, Dorf III. 183 f. Podujeni, Dorf II. 205. Polamirce, Dorf III. 343. Polikrais'te, Dorf I. 152. Pomorjevec, Berg II. 117 f. Popadia, Dorf I. 44. Popa mogila, Berg III. 3. Popasköi, Dorf III. 92. Popince, Dorf I. 81. Popköi, Dorf a. Kara Lom 1. 136. III. 298 f., 313. — b. Osmanpazar III. 4!». Pordira, Dorf II. 87. Potresani, Dorf III. 137. Praovo, Dorf in Serbien I. 68. Pravadi, Stadt I. 133. III. 119 ff. — Fluss III. 58, 124, 129 ff, 135, 188 f., 247. — Defile IIL 119 f., 135. — Balkan III. 119, 107. Pravcc, Dorf II. 149, 187 f., 196, 199. Pravecka, Bach II. 187 f. Preseka, Dorf II. 11. 17. Preslav, s. Eski-Stambul. — Balkan III. 82, 167. Prevalska, Bach II. 294, 296. Prista, (Ruscuk), röm. Castell I. 132. 111. 256. Prisevica, Berg IIL 92. Prizova, Dorf III. 2. Progorelec, Dorf IL 281. Prosekat, Berg II. 189. Provad, s. Pravadi. Provaton (Pravadi), griech. Colonie III. 120, 256. Prusnov kamik, Berg II. 150. Prvol, Dorf IL 292. Pucivalo, Berg II. 136. Puhalar, Dorf III. 57. Rabanica, Balkan-Pass II. 143. III 171. Rabis, Dorf I. 52, 64, 101 ff Radan, Dorf I 149 f. Radevci, Dorf I. 256. Radicevo, Dorf II 88, 90, 95 f. Radomir, Dorf IL 229 f. Radomirce, Dorf II. 91, 156, 184. Radotina, Berg II. 289. Radoven, Dorf IL 178. Rahmanieh, Dorf III. 135. Rahmanli, Dorf 0. v. Klisura IL 140 f. — b. Filipopel I. 235. Rahova (Orehovo), Stadt II. 54. 60, 168 ff., 275. — Dorf a. d. Rusica II. 10. Rahovica, Görna-, Stadt I. 163, 176. IIL 36 ff. — Dobia-, Dorf b. Tirnovo III. 4L — a. Isker II. 164. Raikovo, Dorf IL 277. 24 370 TOJPOORAPHI8CHB6 REGI8 I ER. Rakitnica, Dorf I. öl, 50, 7:5. liakovica, Dorf a. Vitbol 1. 50 f., 64, 104 106, - a. Timok I 04, 07 f. — rjeka, Bach 1. ;">:!, 108, 106, L08. Ralevci, Dorf Hl L8. Rainno kamik, Berg II. 160. Kaskovo, Dorf II. [98. Rasova, Dorf II. 299 f. Kasovati kamen, Berg 1. 108. Rasvalaci, Dorf III. 6. Rasdavee, Bach II. 97. Katiaria (Arcer), röm. Castell I. 17, 86 f., 96 f., 99, 101 f. Ravda, Dorf III. 168. Ravna, Dorf III. 119, 128. Kavnobucve, Dorf l. 70. Razboina, Dorf III. 49. Razboiska, Bach II. 293. Ra/.edapka planina, Berg III. lös. Razgrad, Stadt I. 133. III. 288, 310 (f., 822. Reberkovo, Dorf II. 198, 260. Rebrova, Dorf II. 207. Redevcn, Dorf II. 12. Remetodia (b. Arcer), röm. Castell I. 90. Reselcr, Dorf III. 145. Resim Pasaköi, Dorf III. 297. Resova, Dorf III. 144. Reviä, Dorf III. 42, 72. Rhodope, Gebirge II. 122. III. 168, Rianovci, Dorf I. 28, 72. Ribarica, Bach II. 148. Riben, Dorf II. 87, 165. Ribna, Bach II. 110, 24S. Ribnica, Bach II. 270. Riksa, Dolna-, Dorf II. 298. Rilo dagh, Gebirge H. 222. III. 168. Rogosna, Dorf II. 177. Roman, Dorf II. 260. Romca, Dorf II. 268. Romulianum (b. Nis), röm. Lustschloss 1.65. I Rosalita, Balkan-Pass II. 11H f., 123 ff., 128. III. 171. Rtanj, Berg in Serbien 1. 70, 105, 2!»3. Rumköi, Dorf III. 149. Rupca, Dorf b. Vidin I. 28. — i. Karnabad- Balkan III. 63, 104. Rupce, Dorf II. 184. Ruscuk, Stadt I. 123 ff. II. 800, 347. Rusica, Fluss 1. 151 f., 181, 206 , 208 f. II. 3 f., 8, 10 f., 98. Ruzinci, Dorf I. 81. Sabri-Pasaköi, Dorf I. 04. Sadina, Dorf III. 299 f., 314. Sadova, Kloster in Rumänien II. 153. Sadovec, Defile II. 153, 177, 179. Sadrca, Dorf I. 110. Sagra, Jeni-, Stadt I. 244. — Eski-, Stadt I. 240, 244. Sakar bair, Berg i. d. Dobruca III. 232. — O. i v. Sliven III. 90. — S. tepe, Berg NW. v Eski Dzuma III. 288, 296 , 300. — Balkan . III. 46, 304. Salaman, Dorf I. 214. Salas, Dorf I. 49, 56. Salaika rjeka, Bach I. 52. Saliler, Dorf III. 328. Salnloi, Dorf 11. 245. Saltiklar, Dorf Hl. 802. Samakov, Stadt 11. 280, Samlijevo, Dorf 11. 03. Samoto drvo, Berg II. 101. Saniovodon, Dorf 1. 153 f., IM. Sandukci, Dorf III. 130 f. Sareolu, Berg 11. 130. Sarigöl, Dorf III. 330. Sarnasuflar, Dorf III. 297 ff., 313. Sarnebe, Dorf 111. 260, 205. Sarolar, Dorf III. 31. Sasliköi, Dorf III. 315. Säule, fictives Dorf l. 108. Saveler, Dorf III. 804. Savut, Dorf III. 335. Schwarzes Meer 111. ISS, 203, 220, 237. SecretJsca (b. Sofia), tön», Castell 11. 205. Seren kamen, Berg I. 215. Sedlarevo, Dort' 111. 90. Selci, Dorf I. 25 f. Seleno drvo, Dorf 224, 255. Selica, Dorf 1. 250. Selid/.e dere, Bach III. 19 Selistc planina, Berg II. 118. Selska rjeka, Bach u. Dorf I. 250. Selskibuk, Berg II. 130. Selvi, Stadt 1. 209 ff II. 87. Semeier, Dorf III. 45. Semet, Dorf III. 211. Senova, Dorf III. 841. Sepeci, Dorf III. 297, 299. Serbegli, Dorf 1. 213. Serbia, Dorf 11. 10. Serdica (Sofia), röm. Colonie II. 206, 219 ff., 215. Sergovica, Dorf III. 41. Seronino, Dorf II. 266. Sersem bair, Berg III. 145, 149. Sfirca, Dorf II. 101. Sgalevica, Dorf II. 82, S7. Shumla-road, s. Kaspidzan. Sid Mahle, Dorf III. 298. Sijakovica, Dorf II. 158. Silistria, Stadt II. 59. III. 132, 256, 267 ff, 27s. Sinakovce, Dorf 1. 100 f. Sinanköi, Dorf III. 813. Sipko, Dorf II. 97. Sir Alan, Berg II. 142. Sirischnik, fictive Stadt 11. 289. Sirtköi, Dorf III. 226. Sirt Mahle, Dorf III. 107. Skandolo, Dorf II. 110. Skelenkyoj, fictives Dorf I. 108. Skit, Fluss II. 168, 176 f., 273 ff. Skomlja, Dorf I. 94 f. — Bach I. 91 f, 91 f. Skrivena, Dorf II. 198, 260. Skurciti, Dorf I. 265. Slatar, Dorf III. 107. Slatarica, Dorf III. 9 f., 34 f. — Bach III. 308. Slatarska, Bach III. 41. Slatica, s. ZIatica. Slavica, Dorf II. 164. Slavotin, Dorf II. 298 f. Slidol, Weiler II. 266. Sliva, Dorf III. 13. Sliven, Stadt III. IS ff, 49, 87. Slivnica, Dorf II. 209. tf Slivovik, Dorf II. 209. Slobozia, Dorf in Rumänien I. 135. Slokuea, Dorf I. 70. Smedova, Dorf III. 107, 114. — Bach III. 108. Smilovci, Dorf II. 293. Smoilanovci, Dorf II. 298. Smorden, fictiver Fluss I. 45, 81 f., 91, 94. III 41. — fictives Dorf I. 91, 94. Smrdan, Dorf I. 28, Gl, 72. Sodzak, Dorf III. 56, 241, 288. — dere, Bach III. 288. Sofia, Stadt II. 138 , 205 ff. — Becken II. 203, 205, 210, 221 f., 245. - Balkan II. 271. Sofujurda, Dorf IIL 307. Sofular, Dorf III. 81. Sokolev sep, Gebirge IL 148. Solenik (Svolenik), Dorf III. 311, 343. Solovrac rjeka, Bach II. 135. Songular, Dorf III. 96. Sopot, Flecken II. 135 f. Sostra (b. Lomec), röm. Colonie II. 97. Soucuk Mahle, Dorf III. 226. Sraska, Bach I. 226. Sredna gora, (Orta dagh), Gebirge II. 142. III. 17, 132, 168. Staikovska rjeka, Bach I. 81 f. Staklen, röm. Ruinen u. fictives Dorf, I. 194. Stara planina, s. Balkan. Stareka, Dorf III. 28 ff. Staroselci, Dorf IL. 164. Starovierci, Dorf II. 167. Stefanska mogila, Berg IL 260. Stevrek, Dorf III. 305. Stiponje, Dorf II. 207. Stisarov, Dorf IL 26. Stol-Gebirge I. 74. Stolista, M.-, G.-, Berg I. 256. Stolovi-Gebirge I. 45, 82, 91, 103. Storopatica, Dorf I. 111. Stradza, Dorf IIL 58, 114. — bair, Berg IIL 109. — su, Bach III. 110. Strandza dagh, Gebirge IIL 149. Strenica breg, Berg IL 274. Strebske, Berg I. 103. Strigl, Dorf II. 200. — Balkan-Pass II. 189 f., 192, 200, 202. IIL 171, 199 ff. Struindol, Dorf I. 52. Strupec, Dorf a. Mali Isker IL 180. — (türk. Serbia), W. v. Sliven III. 18. Strupen, Dorf IL 107. Studena, G.-, Dorf 1. 150, 192. Sudzas, Dorf III. 244. Sudziler, Dorf III. 143. Sudzuluk, Dorf IIL 150, 181 Suganlik, Cap III. 204. Suhace, Dorf IL 177. Suha rjeka, Bach II. 192 Sukava, Bach II. 245. Suleiman dere, Bach III. 260. Sultanköi, Dorf III. 298 f. Sultanlar, Dorf III. 135. Sumer, Dorf II. 251. Sudan, Dorf II. 204. Susica, Bach II. 134. Sutire, Dorf III. 18. Sutlu dere, Bach IIL 28. Suva planina, Gebirge 1. 80, Suva kladenica, Berg I. 103. Sücündol, Dorf I. 206. Süütli, Dorf III. 324. Sv. Arhangel, Kloster b. Drenovo I. 265 f. Sv. Blagovestenije, Kloster in Gabrovo I. 216. Sv. Bogorodica, Kloster b. Kalofer II. 130 ff. — b. Trojan II. 101 ff. — b. Svistov II. 32. — a. Djumrukcal II. 123, 128. — b. Vidin 92 ff — in Teteven II. 149. Sv. Cerepis, Kloster im Isker-Durchbruch II. 264 f. Sv. Cetirici deset mucenici, Kloster b. Merdan I. 176. III. 5. Sv. Dimitri, Kloster b. Varna III. 204 f. Sv. Ilija Prorog Plakovski, Kloster III. 2 ff Sv. Jovan, Kloster b. Gradisnica II. 278. — b. Novoselo II. 112. Sv. Konstantin, Kloster b. Varna III. 204 f. Sv. Nedelja, Klosterruine b. Vraca II. 258. Sv. Nikola, Kloster b. Kapinovo III. 4 f. — b. Tirnovo I. 174. — Berg a. Sipka-Pass I. 228. — Balkan I. 75, 103. II. 271. — Balkan-Pass I. 76, 80, 172. — planina, Gebirge I. 228. Sv. Petar, Kloster b. Bebrovo III. 34. — b. Tirnovo I. 175, 178. III. 35. Sv. Preobrazenije, Kloster b. Tirnovo I. 154 f. Sv. Ril, Kloster b. Samakov II. 230. Sv. Sokol, Kloster a. Sipka I. 225. Sv. Spas, Kloster b. Sopot II. 136. Sv. Troica, Kloster b. Kula I. 112. — b. Tirnovo I. 154 f. — b. Etropol II. 191. Svinar, Dorf II. 153. Svistov, Stadt I. 193 ff. II. 27 ff., 201. IIL 348. — göl, See II. 27. Svode, Dorf II. 197. Saitandzik, Dorf u. Balmstation III. 128, 333 f Säle planina, Berg IL 146 f. Sandornik, Berg IL 201 f. Sekera, Dorf III. 50. Sekere, Dorf III. 288. Seklare, Dorf III. 100. Sipka, Dorf I. 232 f., 243, 246, 250. - Balkan-Pass I. 223 ff, 243 ff. IL 123. III. 171. Siroko, Dorf III. 312, 345. Sismanec, Berg IL 208. Suva, Dorf I. 64, 92. Sugavica, Bach II. 282. Sumla, Stadt IIL 49, 52, 56 ff, 114, 126. Sutire, Dorf III. 18. Tabak dere, Bach IIL 244. Tabaska, Dorf III. 345. Tanaorka, Bach IIL 11. Taskesen, Dorf IL 200, 202 f. Tatarcik, Dorf I. 28, 59, 61. Tatarköi, Dorf b. Sofia II. 222. — NO. v. Aidos III. 152. Tatar Mahle, Dorf I. 64. Tatlidere, Bach IL 138. Tausan Kozludza, Dorf III. 247. Teanovce, Dorf I. 72 f. Tegra, röm. Castell IIL 336. Tegulicium, röm. Castell III. 330. Teke, Dorf III. 219. — dere, Dorf III. 264. — deresi, Dorf III. 265. Tekeler, Dorf III. 82. * 372 TOPOGRAPHISCH» RBOISTHS Tekit CCarovec) Dorf l. 192 f. il. 66. — köi, Dorf III. Iii. Tekita, Dorf 11. 140 f. Telii, Dorf 11. 90 f., 154 IV. Templum Jovis (a. Cap Emine), röm. Mansion III. 164. Temska, Bach II. 289. 292. Terbiköi, Dorf III. .S.i.J f. Ternak, Dorf II. 167. Terzioba, Dorf III. 16. Teteven, Stadt II. 117 ff, Tetova, Dorf I. 135. III. 312. — liach III. 327. Tikenlik, Dorf III. l Ii. Timacum majus (b. Nis), röm. Castell 1. inj. Timacumminus(b.Knja/.evac)röm.Ca8telI 1.102. Timok, Fluss 1. 21, öl f., öS, 71. 1 II. — Terrasse I. 56, 6<) f., 71, km;, l Ii. — Timi i. 68 f. Tipuriska poljana, Balkan-Pass [.255. III. 171. Tirnovo, Stadt I. 9, 39. [25 f., III f., 166 ff, Todornen, Dorf II. 181, 184. Tolovica, Dorf a. d. Donau I. 92. — a. d. Skomlja I. 95. Tomi (Verbannungsort Ovid's), röm. Colonie III. 236. Top«-u, Dorf III. 287, 321 f. — Bach III. 325, 327 f. Topolnica, Bach b. Zlatica, II. 193. — b. Vidin I. 2-S. — b. Orhanieh II. 203. — Defile II. 208. Topolovica, Bach I. 7<> ff. Toros, Dorf II. 149. 151 ff., 181. To/.luk, Landschaft III. 11. 240, 201, 263. Toxin alan, Dorf III. 325. Translitae, (b. Pirot), röm. Mansion II. 215. Transmarisca (Tutrokan), röm. Castell III. 256, &36. 'Travna, Stadt I. 219 , 256 IV. Trembes, Dorf I. 150. Treskavec planina, Gebirge II. 150. Trestenik, Dorf II. 86, 155. 111.312.313,310. TrgoviÄte, Dorf I. 81. Tri Kladenica, Dorf IL 276. Triput planina, Gebirge II. 293. Trncevica, kath. Missionsdorf. II. 11, 69, 72. III. 120. Trnen, Dorf II. 90, 92. Trnjani, Dorf II. 157. Trojan, Stadt II. 15, 99 f. — Balkan-Pass II. 98, 138 ff. HL 171. Trziski dol, Bach u. Thal II. 97. Tucenica, Bach II. 80 f., 95, 157. Tulca, Stadt IIL 126. Tulovo, Dorf I. 254. TundZa-Fluss I. 239, 241. II. 118. III. 10 f., 99. Türk (Eski) Arnautlar, Dorf III. 119. 122 f. — Dervis, Dorf III. 181. — Esmil, Dorf Ol. 341. Turlak, Dorf III. 343. Turnen, fictiver Fluss I. 108. Torna Magurele, Stadt in Rumänien 11. 49,51. Turpcular, Dorf III. 260. Turres (Pirot), röm. Castell II. 245. Turudza, Dorf III. 72. Tutrokan Stadt I. 149. III. 250, 330 ff. Tiilbe bair, Berg I. 239, 250. Tvardica (Ferdisköi), Dorf I. 242. III. 14 f. — Balkan-Pass I. 245. Tvardiäka, s. Ferdiska. Uivardsche, lietive Stadt II 13 Ulpia Oescus (Gigenl, röm. Colonie 11. 52, 160 IV. Flu dere, (auch Malina rjeka), liach II. 203 I. Uuklu Jeniköi, Dorf III. 888. Umur Bei köi, Dorf 1 206. I'murgas planina, Gebirge Ii. 199. — Balkan Fass III. 171. li.oxat. Berg 11. 189. Uruci, Dorf 11. 197. Urzoja, Dorf I 64, 92. Utua (Mokreiani), röm. Mansion Ii. 159. T/.un Alilar. Dorf III. 81. T/.undsova, Stadt III. 51, 290. l/.und/.alar, Dorf III. I.Y [ >■ Bairampunur, Dorf III. 260. Onnau, Dorf III. 238 f. C'-ündol Dorf II. 266. Üöenli, Dorf III. 211 — dere, liach III. 211. Vadin, Dorf II. 173. Varena, Dorf I. 208. Varna, Stadt 11. 120, 132. 189 ff, 211, 256. Vasiii ja planina, Gebirge III. 0. Vasilov planina,Gebirge ll. 97,110,111,146,148. Vasilovce, Dorf 1. 64, 88. Vasilovska rjeka, Bach II. IL f. Venera, Dorf III. 18, 92. Vedernik, Berg I. 108, Vele Gozedarnik, Berg 11. Iis. Velibegköi, Dorf III. 111. Vendan, Dorf III. 119, 128. Venec, Mali-, Golcmi-, Berge II. 160. Veregava, s. Azap tepe. Vereniea, Berg II. 2S2. Veselec, Schlosarnine II. 274 f. Vesnica, Dorf I. 52. Vetova, Dorf III. 287, 312. Vid, Fluss II. SO, 144, 140 ff, 160 ff. 15s, 186. — Beli-, Bach 11. 146, 160. — Cond-, Bach II. 150. Vidbock , fictiver Fluss I. 108. Vidimo, Bach II. 110. Vidin, Stadt I. 3 ff., 54 , 69 ff., 72, 80 f., 90, 96 f., 99, 108, 116 f., 122 f., 137. Vidrar, Dorf II. 180. Vina, Dorf II. 25, 72. Virosko, Dorf II 271. Visker, Gebirge IL 222. Visograd, Dorf I. 206. Vitbol, Dorf I. 15, 28. 5!», 01. - Fluss 1. II, 51, 108 ff, los f., in. Vitos, Gebirge II. 119, 205, 220. III. 168. Viza, Berg« I. 250. Vizköi, Dorf III. 385. Vladislnce, Dorf I. 99. Vlah bunar, Berg II. 117. Vlahovic, Dorf I. 52, 104. Ylahovicka rjeka. Lach I. 108. Vlaäka, Dorf II 291 f. Vlcedermu, Dorf 280 f. Vlkovia, Dorf II. 292. Vodica. D01I' III. 313. Bach III. 298. Vodna, Dorf u. Bach I. 106. Vodnjanca, Dorf I. 94. Voinica, Dorf I. 109. Voinici, Dorf I. 265. Vokas, Berg II. 250. Vraca, Stadt II. 180, 252, ff., 259, 278, 300. - Balkan II. 251, 200. Vracanska, Bach II. 251, 277. Vraees, Dorf II. 198 f. Virana, Fluss III. 57, 72, 82. Vranjak, Dorf II. 107. Vratarnica planina, Gebirge I. 70. Vratitza (b. Vraca), byz. Castell II. 258. Vrazdevna, Dorf II. 205. Vrbica, Dorf NO. v. Kazan III. 79 ff. — NO. b. Plevna II. 86. Vrbnica, Dorf II. 245. Vrbova, Dorf I. 81. Vrbovka, Dorf I. 205. Vrlska bara, Bach II. 282. Vrsa glava, Balkan-Pass II. 293 f. III. 172. Vrska Cuka, Dorf I. 54. — Berg I. 54, 70. Vubla, Dorf IL 63. Vucitren, Dorf IL 25. Vulcak, Dorf I. 104 ff. Vurv, Dorf I. 54, 07, 73. West-Balkan II. 187, 248, 282. IIL 167. Wischedrina, fictive Stadt IL 176, 279. Zaicar, Stadt in Serbien I. 56, 70. I Zaja, Dorf I. 266. ' Zanoga, Berg II. 125. Zaseljc, Dorf IL 269. Zaud, Bach III. 328. — küi, Dorf III. 328. Zavodna, Bach II. 147 f. Zelenikovec, Berg b. Kloster Trojan IL 107. — O. v. Mara Gedük II. 117. Zelenikovica, Bach II. 146, 148. Zelenskirad (Hainköi bogas), Balkan-Pass I. 242, 244 f. - Dorf I. 245. III. 13. Zergovica, Dorf III. 13. Zikovica, Dorf IL 149. Zlatar, Dorf III. 107. Zlatica (Slatica, Isladi), Stadt IL 193 ff, 202. Zlatina, Dorf U. 250. — G.-, Dorf b. Ciporo- vica IL 295. Zlatiska planina, Gebirge II. 192. Zlkova, Dorf II. 95. Zuvandzi rnesari, Balkan-Pass III. 9, 22, 29, 31, 171. Zelava, Dorf IL 200 f. Zelesna, Dorf II. 294 ff Zeltes, Dorf I. 262. Zeravna, Dorf III. 87. Zerovica, Bach II. 108. Zerovna, Dorf III. 92. t III. SACH-REGISTER. I. Physikalische Geographie. Meteorologische Erscheinungen I. 79, 310. buchen III 888. Weiden B. 278. III. 204. Erdbeben II. 210. III. 167. I Obst und Wald s. IX. Varia II. 138, 192. Klima und Temperatur I. 80, 181, 266, 267, III. 288. 200. II. 9 f., 20, 20, OS, KM, 1 IS f., 100, Fauna. Hären II. 107. 110. 208, 298. Wölfe I. 147, 107, 172, 176, 194, 200 f., 217, 220 f., 00. II. 107, 268, 298. Hirsche. Bebe I 60. 268, 277 f., 299. III. 0, 11, 28, 79, 92, 9."., II. 107. Füchse I. 60. II. l<>7. Hunde III II."», 149, 109, 189, 202 f., 226, 20:;, 247. 11<» Hemsen II. 2öo. Hasen [ 60,204. Eich- Geologisches. Geologischer Durchstich d. Do- ' börnchen III. 204. Raubvögel Ii 268, 289 nau-Terrasse III. 824 f. Varia I. 2, 45, 1 Adler und Geier 1. 43. II. 24, 117. 47, öl, 07, 71 f., 74 f., 80 f., 94, 102 f., 119, 201. III. 110. Sumpfvögel 1. 60, 121. 145, 1Ö4 , 204 , 224 , 229, 231 f., 250, 253 IV., III. 208. Pelikane I. 60. II. 27. SohwSne 264. II. 11, 47 f., 73, 81, 95, los, 124, 132, I. 60, Fischreiher I. 60. II. 27. Störehe 1. 142f., 145, 147, 150 ff., 157 f., 104, 018. 170 ff., 191. II. 27. Wil.ltränse I. 60. 111. 204. Wfld- 181 f., 187 f., 190, 193, 199, 203 f., 220 f., j enten 1. 60, 11. 27. III. 204. Schnepfen I. 240, 248, 250, 259, 203, 205 f., 269, 271. 289, I 60. Hl. 204. Rebhühner 1. 98. III. 204. 292, 294. III. 3, 12, 14, 17 f., 45, 78, 85, Wachteln III. 204. Wilde Tauben 1. 233. 91, 96, 99, 119, 135, 145, 149, 152, 102, 166, Nachtigallen I. 166 , 255. II. 117. III. 310. 108 f., 224, 232, 259, 333, 339 f., 310. Amseln III. 204. Kukuk I. 255 Blauspechte Mineralien. Gold III. 194. Fisenlager II. 230. I. 143. Dohlen II. 24. Pfauen III. 3. Trut- Kohlenlager 1.51, 82, 251, 250. 11.152, hühner [11.204. Forellen 1.227, 211. II 241, 207. III. 12, 108. 107, 110. III. 83, 104. 806. Karpfen I. 27, Thermen und Mineralquellen I. 223, 233. 103. Lachse III. 203. Säbelfisehe II. 27. 240. 11.133,135,138,214,220. III. 18, 149. I Schwarzfische I. 241. Störe 11. 27. Krebse Flora. Absynth II. 266. Ahorn I. 45. 11. III. 45 f. Fischarten i. Schwarzen Heer 111 258. III. 53, 188. Birke II. 268, 277. III. , 203. Reptilien IL 289. Stechfliegen II. 25, 204. Birnbaum, wilder I. 151. Brom- OS f., 15s. 171,. 280, 299 f. beeren II. 277. Camille III. 204. Distel II. 1 Gebirge. Balkan. Sein Name III. 100. Ge- 73. Eibisch III. 204. Erdbeeren 1. 255. II. ! ringe Kenntniss der Alten vom Balkan 1 14. III. 104. Farnen II. 144. III. 51. 1 III. 165,170. Kartographie III. 165 f. Glie- Flieder I. 45. Gentianen II. 3. Haberlea I derung u. Nomenclatur III. 166 ff. Berko- Hhodopensis (Blume Cithare d. griech. vica-Balkan IL 271. Gentrai-B. 11 132, 113. Orpheus r Mythe) II. 122. Ilaselnussstrauch III. 166 f. Etropol-B. II. 187. Hodia-B II. 130, 147, 277. III. 83, 104, 324. Bim- III. 100. Ind?.e-B. III. 168. Kamcik - B. III. beeren II. 130, 192. III. 104. Kastanien 167 f. MaraGedük-B. 11. 113. Ost-B. III. I. 239. Kornelkirschenbäume III. 338. Lin- 14. 91, 106 f. Pravadi-B. III. 119, 107. den II. 136. IIL 324. Mimosen I. 200. Mohn Preslav-B. III. 82, 167. Sakar - Ii. III. 46 III. 204. Oelbäume 11.277. Pappel I. 157. Sofia-B. IL 271 Sv. Nikola-B. I. 75. 108. II. 252, 258, 278. Platanen 1.241. Rosa 11.271. Vraca - B. □.251,266. West-B. II. damascena (thrakische Rose) I. 238. Sam- 187. 218, 282. III. Hw. Geologie u. Stra-bucus silvatica II. 258. Schwarzdorn II. tigraphie III. 166, 168 f. Höhe II. 119 277. Stiefmütterchen I. 255. Tetre (Sumach III. 109. Abdachung gegen Nord u. Süd als Gerbemittel) II. 287. III. 48. Veilchen III. 107. Klima III. 168. Schneefelder II. III. 204. Vergissmeinnicht 1. 255. Weiss- 119. Bewaldung 11. 124. III. 169 f. Wild- rcichthum H. 107, 298. Profile und landschaftlicher Anblick II. 118 III 108 f. Besiedlung I. 214. III. 172. Balkan, Varia II. 136, 143, 145, 194, 222, 258. III 17, 160 ff., 177 ff. Passirbarkeit III. 109 f. Pässe: Araba konak-P. II. 190, 199 ff. IH. 171. Azap tepe-P. III. 81, 171. Baba konak-P., s. Araba-konak-P. Bairamdere-Defile III. 106 f. Bana-P. III. 165, 170, 172. Bogasdere-P. III. 131, 142 f., 170. Calikavak-P. III. 77, 101, 103 f., 107 f., 170. Demir kapu-P. (Eisernes Thor) III. 29, 171. Doksa-P. III. 8. Emine-P. III. 144, 170. Ginci-P. II. 247 f., 289, 293. III. 171. Göngürmes-P. III. 28. Haiduci cokar-P. III. 8, 13 f., 171. Hainköi-P. (Zelenksirad prohod) I. 242, 244 ff III. 13, 171. 11a-ramdere-P. III. 131, 143. lzgorigrad-P. II. 269. III. 171. Kacaniarsko-P. II. 189, 193 f., 202. III. 171. Kamcik mahle-P. III. 170. Kazan-P. III. 85, 171. Kom-P. II. 289. III. 172. Lakatnik-P. III. 171. Nadir-P. 143 ff., 170. Ostia mogila-P. III. 171. Rabanica-P. II. 143. III. 171. Ro-salita-P. II. 118 f., 123 ff, 128. III. 171. Sipka-P. I. 223 ff., 243 ff. II. 123. III. 171. Strigl-P. II. 189 f. III. 171. Sv. Nikola-P. I. 76, 80. III. 172. Tipuriska poljana-P. I. 255. III. 171. Trojan-P. II. 138 ff. III. 171. Tvardica-P. 1.'215. Umurgas-P. III. 171. Veregava-P., s. Azap tepe-P. Vrsa glava-P. III. 172. Zuvandzi inesari-P. III. 22, 29, 31, 171. Balkanpässe, Varia II. 119, 123, 125, 141, 193, 199. III. 8 f., 13, 22, 29, 31, 77, 85, 103 f., 107 f., 131 f., 142 ff., 165, 172. Strassen und Saumwege III. 144, 169 ff. — Karadza dagli (Cerna gora) II. 132, 142. III. 15, 17 f., 28. — Orta dagh (Sredna gora) II. 132,142. III. 17. — Rhodope 11. 122. — Kilo dagh II. 222. — Vitos 11. 119, 205, 220. Deli Orman, Landschaft III. 44, 25(5 ff., 261, 263, 328. Dobruca, Landschaft III. 24, 232 ff, 25!», 340. Steppen U. 73. III. 233 f. Wasserarme Gegenden II. 157 f., 164,167 f., 281. Wasserloses Land III. 328, 334 f. I Terrassen. Donau-T. I. 2, (54, 82, 88, 92, 99 f 105, 111. II. 24, 47 f., 164, 168, 278 ff, 299 III. 339. Timok-T. II. 1. 56, 69 f., 74, 100 114. ' ; Becken v. Kazanlik 1.229, 231, 233 ff. 11.124-v. Karlovo II. 124; v. Sofia II. 203, 205! 210, 221 f., 245. 1 Thrakische Hochebene III. 145. | Flüsse. Arcer I. 52, 96, 100, 103. Cibrica IL 2S0 f., 298. Donau II. 27, 300. III. 336: -Ufer I. 2. Giopsu (Srema) II. 132 f. Isker 11, 145, 103 ff., 178 f., 186, 192 , 204 f., 221, 271 f. III. 169; Mali- II. 186 f., 197; -Durchbruch II. 221, 258 ff. Iskrec II. 246. Lom (b. Ruscuk) I. 123, 131, 144. III. 301, 313; Ak- III. 314 ff., 344; Banicka- III. 309, 311, 345; Kara- III. 298 ff, 311, 314, 345; Solenik- III. 315, 344. Lom (b. Loin-Palanka) I. 81 f. II. 298 , 300. Marica II. 122, 193. Nisava II. 245, 293. Ogost II. 176, 248, 270, 278 f., 283, 288, 294, 296, 298. Osem IL 11 f., 17, 25, 67, 70, 95 ff, 101. Pauega II. 152, 166, 186, 188 ff. Pravadi III. 58, 119 f., 124, 129 ff, 135, 188 ff, 247. Rusica I. 151 f., 181, 206, 208 f., II. 3 f., 8, 10 f., 98. Skit II. 168, 176 f. II. 273 ff. Temska II. 289, 292. Timok I. 21, 63 f., 68, 74, 114. Tundza I. 239, 241. II. 118. III. 16 f., 99. Vidll. 80, 144, 146 ff., 150 ff.. 158, 186; Beli- II. 145, 150; Cerni- II. 150. Vidimo IL 110. Vitbol 1. 44, 54, 103 ff, 108, 111. Versickernde Flüsse und Bäche III. 259 f., 325, 327, 332 ff., 340. Wasserfall, Ami Boue- II. 116. Moore I. 59 f. Seen. Donau- II. 27, 158. III. 340. Rabis-I. 103 f. Hisar- III. 94 ff. Kalimok- III. 340. Devna- III. 129 ff, 133 f., 189, 197, 203. Schwindende Seen III. 340. Ausgetrocknetes Seebett II. 15!». Unterirdischer See bei Kajalik IL 81. Schwarzes Meer III. 188, 203, 226, 237. Vorgebirge. Ak burun III. 187. Emine III. 162,164. Galata III. 188. Kalliakra (Ccligra) III. 227 ff. Suganlik III. 204. Stranddünen III. 163. Lagunen III. 149. II. Kartographie Astronomische Ortsbestimmungen in Bulgarien I. 2. IL 141, 276 f., 282 , 298. III. 134. Arbeiten d. europ. Gradmessung auf türk. Gebiet. II. 276. Lothungen in türkischen Häfen III. 21)6. Minarete als Peilungspunkte II. 133. Höheninessungen d. Autors I. 268 f. 11. 302 ff. III. 34!) ff. Fictive Gebirge, Flüsse und Ortschaften auf den Karten vor des Autors Reisen I. 45, 80 ff, 91, 94, 96, 100, 108, 194. II. 158, 167, 176, 246, 279, 289, 299. III. 313. Kartographische Aufnahme Bulgariens 1879 II. 237. Karten v. Artamanoff III. 41 f., 79, 109, 145, und Topographie. 316; Hochstetter II. 221; Kanitz III. viu.f., 167; Kiepert I. 73, 80 f., 194. II. 145, 167, 176, 189, 197, 278 f., 294, 299. III. 56, 79, 145; Lapie II. 145; Kriegskarten 1877 III. 41; Generalstab, östr. I. 3. III. vm.; Russische III. 334; Scheda I. 70, 73, 81 f., 100, 108. II. 13,145, 185, 273, 278, 289; Schimek II. 145; Seutter IL 60; Stieler I. 82; Türkische I. 125 f.; Valk, Ger. et Leon. II. 58, 60; Weiss II. 145. III. 130. Kartographie und Topographie I. 3, 45 50 56, 5!», 70 f., 73 ff., 80 ff, 84, 91 f., 100 102f., 105, 108, 142f., 147, 149, 151, 194, 203f.' 206, 209, 214, 229 f., 228, 268, 266, 266 II 10, 10), 118, 182 F., 187. l Ii f., 111 f., L68, 158, 167, I7(i IV., 180, 186 f., 189, 197, 208, 221, 240, 250, 254, 'JC."), 2i58, 271, 27:1, 27f>, 277 IV., 288 f., 288 f 290 f., 296, 298 ff III. 29, ii f., 66, 59. 7'.», 94, 96, 114, L80 f.. 133 f., 115, wo, isü, 2.1:5, 211, 301, 307 f., 324, 333 f., .'117. Landschaftsbilder. Bclogradcik, Sandsteinwelt I. 45,82. II. 257. Dohrm-a-Stcppe iii. 232 f. Isker-Durchbrueh 11. 221, 25s iv. Korint-grad, Felsenrast eil II. 2öo f. Kazanlik, Ro-senthal I. 233 f. Misivri, Cap Emine und I Pontus Iii. 152 Rosallta-Pass II, 119. Sipka Pass I. 231. Tirnovo, Fclsbriieke I. 108 f. Vraca, l/.gorigrad-Dclilc II. 257 f. Zlatina, Felsencircus II. 250. Varia I. 10 f., 50, 7<» f., 73, 80, 95, 109 f., Hl, 122 f., 152, 155, 208, 205, 200, 220, 231 f.. 250 f. II. 3, 110, 11!», 123 f., 120, 180, 103 f., 130, 151, 17!», 181, 101, 231, 210, 271, 277, 288, 0<>o. III. <;, 8, 80 f., 33, 12, II f., 5'», 75. 7!', 82. 96. 108 f., III, 112, 152, 102, 105, 1SS, 217 f, 288, 010. Städtebilder 1. 3 ff., 166 IV. 11. 27 f., 252. III. 1!», 5!», 1!»S. III. Archäologie. Der Haemus (Balkan) als Göttersitz III. 105. Ilaeinus-Mythcn d. Griechen und Kömer 11. 121 IV. Alt-griechische und römische Cultur in den Balkan-Ländern 11. 120 f. III. 165. Volkslieder mit Anklängen an den Orpheus-Mythus 11. 121 f. Sitz der Kelten von Tyle III. II!», 151. Altslavisch heidnische und antike Traditionen in d. Gebräuchen I. 94, 192. II. 182 f. Kaiser Trajan in der bulg. Sage II. 103 f. Vernichtung der Alter-thiimer durch Vennauerung, Schatzgräbern und Verschleppung I. 11, 17, 65, 67, 83 f., 90, 90 ff., 101, 188, lss f., 191, 195, 20;; f. II. 47, 10O, 100, 171, 177, 281. III. 86, 75 f., 189. Einschiuelzung der antikin Hunzen III. 189. Verhehlung der Antiquitätenfunde durch d. Bevölkerung I. 68. Antiquitätenhandel II. 1*>0. Die alten Baureste werden v. d. Bevölkerung den Gencvli oder Latinski zugeschrieben 1.51, 07, 188, 240. 11.2. III. 75, 91, 190, 218. Bulg. Kirchhöfe oft Reli-quiarien monumentaler Fragmente III. 77. Türk. Regierung that nichts zum Schutze der Alterthiimer I. 188. Verbot von Ausgrabungen a. d. Ruinenstätte bei Gigen (Oescus) II. 160. Türk. Beamte als Antiquitätensammler und Kenner III. IS!) f. Fanariot. Bischöfe vernichten bulg. Codices II. 280. Vorsicht bei Beurtheilung prähist. Alterthiimer dringend geboten I. 84. Prähistorische Alterthiimer. Tumult I. 13, 02 f., 145, 149, 151. 2o;;. 201 ff., 251. II. 0, 10, 13 , 25 , 40 , 08 , 81, 133, 130, 150, 152 ff., 158 ff., 108, 176, 196, 2<>4 ff., 215, 251, 259, 261, 274 f., 277, 27!» ff. III. 16, 5(5, 58, 96, 100, 107 ff., 11!) f., 132 f., 135, 145, 150, 163, 188 f., 205 , 226 , 234, 239, 343. Griechische Alterthümer. Colonien: Anchialos (Ahiolu) III. 161. Byzon (Kavarna ?) III. 227. Dionysopolis (Ekrene) III. 218 f. Kallatis (Mangalia) III. 23(5. Mesembria (Misivri) III. 154, 157 f. Naulochos (b. Manastirköi) III. 172. Odessus (Varna) III. 104, 191 f., 256. Provaton (Pravadi) III. 120 , 256. Varia III. 190 f., 227. Kömische Alterthiimer. Colonien, Mansionen, .Mutationen, Castelle: Ad Kadices (b. Trojan) II. 97. Alnms (Lom) I. 85 f., 88. II. 280. Altinum III. 886, Aquae calidae (b. Aidos) HI. II!» f. AsenuiH (Osem Kalessi) II. 52. Augusta (a. Ogost) II. 17(5. Bal-lanstra (b. Sofia) II. 246. Bononla (Vidin) I. 14, 16. Brizia (Marko Kralskigrad) II. 218. Burdizu (Aboba) III. 255 f. (astra Maitis (KulaV) 1 57 f. Ccbrus, auch Cia-brus (Cibrica) II. 2SO. Conbustica (a. Arcer) 1. 102. Constantia (Küstendze) III. 230. Daphne (Oltenica) III. 250. Dorionibus (Kajalik) II. 81. Dortienm I L'ako\ica) I (57 f. Durostorum (Silistria) 1. 132. III. 25(5, 2(57. Florentiana (Flortin) I. 2, 66. lleliee (Ihtinian) II. 2»»5, 240. Marcianopolis (Devna) III. 73, 12!». Markellini ( X. v. Sliven) III. IS. Meldia (Dragoman b. Solia) II. 205, 21(5. Melta (Lovec) II. II. 97. Mikro-liy-zantium (Pelina?) II. 47. Montemno(a. Trojan-Balkan) II. 97. Xaissus (Ni*) 1. 101 f. Xicopolis ad Ilaenium (Eski Nikup) I. 17(», 1S1 ff. IL 52. Xovae (b. Svistov) I. B»4. Prista (Ruscuk) 1. 102. III. 25(5. Katiaiia (Arcer) 1. 17, 86 f., !»'.'. 101 f. Remetodia (b. Arcer) I. !M». Roniulianum (b. NisV), röm. Lustschloss I. 05. Scretisca (b. Solia) II. 205. Serdica (Solia) II. 206, 219 ff., 215. Palatiolum (b. Gigen) II. 101 f. Templum Jovis (a. Cap Emine) III. 164. Timacum minus 1. lo2, niajus I. 102. 'Translitae (b. Pirot) 11.215. Transmarisca ('Tutrokan) III. 250. Tomi (Ovid's Verbannungsort, AnadalköiV) III. 23(5. Turres (Pirot) II. 245. Flpia Oescus (Gigen) II. 52, 10O ff. Utus (Mokresani) II. 15!». Unbestimmte Colonien, Castelle, Mansionen. .Mutationen: Eski Stambul (Preslav) III. 73 ff. ; Dikilitu-a. d. Rusica IL 59, (51 f.: S. v. Lovec II, 97; Varia I. 51, (57 f., 82 f., 88, !»<>, 1<*» f-108, 154, 170, 201, 2<>4 f., 220, 2:50, 21". II. (5 f., 78, 81, 97 f.. 153 f., I.V.», 1(50, 171 f., 177 ff., 181, 250, 258, 260 f., 2(53 , 2(5(5 , 26!), 275 f., 283, 285. Bautenreste, Sculpturen, Inschriften, Münzfunde u. s. w. I. 17, 57 ff., 67 f., 87 f., 97 f., ioi, 182, 167, 169 f., 174, 181 ff., 198 f., 206 IV.. 207, 210. II. 2, 4 ff., 13 f., 37, 47, 52 f., 72, 78, 154, 159 f., 102, 16(5, 171, 1771V., 253, 25!), 261, 275 , 280 f., 286 IV. III. 40 f., 75 ff., 113, 122, 23(5. 246, 255. .'347. Strassen I. 18, 21, 51, 68, 88, 90, 99 fc, 190 , 205 , 220 , 227 , 240. II. 14 82 97 f 118, 162, 178, 181, 205 f., 245 f., 260 269, 272. HI. 6, 129, 164, 256. Eeichsliines a. d. Donau I. 90, 102, 108. II. 178. III. 306. Trajanswall in d. Dobruca III. 232, 236. Trajansweg in Rumänien II. 162. Donaubrücke Constantins bei Gigen (Ulpia Oescus) II. 161 f. Brücke a. Timok b. Bre-gova I. 68. Stationen d. Donauflotte I. 96, 132. Wasserleitung, Gräber b. Jalar II.7, b. Vraca 258. Steinbrüche b. Lagoäovce I. 101, 190. Begräbnissplatz bei Rabis I. 100 f. Byzantinische und altbulgarische Alterthiimer. Byzantinische und italienische Styltraditionen b. den altbulgarischen Bauwerken I. 69, 71, 94. III. 125. Omortag's Säule I. 172 Kirchen in Nikopoli II. 50, Sofia II. 211 ff. Tirnovo I. 172, Arbanasi I. 173, Misivri Iii' 158, b. Lutibrod II. 262. Alter Friedhof und Ragusanerkirche in Pravadi III. 124 f Klöster II. 258. DI. 218. Schloss in Vidin I. 15 ff. Burgruinen II. 15, 248, 269, 274 f, 285, 296. III. 91, 94, 121 f., 141, 344 f. Stadtreste am Ak dere II. 133, b. Krupec II. 293, Cerven (b. Ruscuk) III. 46. Brücke b. Dereköi III. 306. Varia I. 170 ff. II. 21. III. 154, 218. Türkische Alterthümer. Hane und Besestens II. 204 , 214 f. Kula in Vraca IL 254 f. Untergegangene türk. Stadt Alakenissa III. 45 f. Stadtruinen b. Vraca II. 259. IV. Kriegsgeschichte und Heerwesen. Kriege, Schlachten, Gefechte u. Belagerungen. Darius' Krieg gegen die Skythen III. 130, 132, 143 f., 103 f. Alexanders d. Gr. Krieg gegen die Triballer u. Thraker III. 129 f., 132, 135, 142 f. Schlacht b. Varna 1202 III. 193, 1444 III. 129 f., 132 f., 194; b. Nikopoli 1396 I. 151, 185, 191. II. 7, 53 ff. Hunyäd's Sieg b. Zlatica 1443 LT. 208 f. Türk.-poln. Krieg 1672 III. 143. Ocstr.-türk. Krieg 1689, Vidin I. 18; 1737 Vidin I. 18 ff, Florentin I. 65. Russ.-türk. Krieg 1773 Silistria III. 269; 1810 Ruscuk I. 133, Lovec IL 14 f.; 1828/29 Aidos Ul. 146 ff., Dervis Jovan III. 182 ff., Köpriköi IIL 130, Kulevca III. 114 ff., 119, Misivri III. 150, Pravadi III. 122 f., Rahova II. 172 f., Ruscuk I. 133, Silistria III. 269 f., Türk Arnautlar III. 119, 122 f., Varna III. 195 f., Vidin I. 21 f., Varia Iii. 100, 132, 144, 147; 1853,54 Vidin-Kalafat I. 22 ff. Ruscuk-Giurgevo I. 134, Silistria III. 271. Serbisch-türk. Krieg 1876 Vidin I. 24, Be-logradzik I. 49, Sv. Nikola-Pass I. 76, Ti-mokspitzc I. 54 ff. Russisch-türk. Krieg 1877/78 Ahmedli III. 31, Araba konak-Pass, Strigl, Taskesen IL 199 ff., Behl a. d. Jantra I. 149 f., Belogradcik I. 49, Berkovica IL 2.S."), Demirkapu-Pass III. 29, Elena, Maren III. 8 ff Etropol 11. 189 f., Gorni- und Dolni-Dabnik IL 155 ff, Hainköi-Pass, Kazanlik, sipka-Pass I. 242 f., Kalofer IL 128, Karlovo II. 134 f., Kula I. 56, Lukovic IL 186, Kämpfe im Ost-Lom-Gebiet b. Ajaslar, Kiricen - Höhen, Karahasanköi, Haidarköi III. 298 ff., Kacelevo III. 311 f., Cairköi, Cerkovna III. 313 f., Esird/.e III. 315 f., Jovan Üiftlik, Turlak HL 343, Lom-Palanka I. 87, Nikopoli II. 63 ff, Novacin IL 198 f., Lovec IL 1511'., Osmanpazar III.49, Pazardzik III. 242 f., Plevna II. 82 ff., 154 f., Pravadi III. 128. Pravec IL 187 f., Rahova II. 173 f., Razgrad III. 321 f., Ruscuk 1.134 ff., Selvi I. 213, Sipka-Pass I. 227 f., Silistria III. 272, 274 f., Sliven III. 21, Kämpfe vor Solia II. 224 ff., Uebergang b. Svistov -Cimnica I. 195 ff, Sumla III. 70 ff., Telis I. 150, Tirnovo 1. I 164, Trojan-Pass II. 138, 140, Tutrokan III. 337, Varna III. 207 f., Vidin I. 26 ff., | Vraca IL 255, Vrazdevna II. 226, Zlatica und Kacamarsko-Pass II. 193 f., Varia I. 49, 56, 67, 97, 221. II. 138, 154 ff., 185, 199, 224 f., 247. III. 22, 89, 245, 297, 309. Kriegs-Chronik v. Ruscuk I. 132 ff. II. 300, Silistria III. 132, 267 f., Sofia II. 205 ff., Sumla IH. 65 ff., Varna IIL 192 ff., Vidin I. 4 f., 14 ff Türkisches Heerwesen. Voinikorte (bulg. Kriegerdörfer) IH. 20, 87, 92. Krdsalien I. 4. II. 209 , 255. III. 20, 146. Ba/.ibozuks I. 51, 56, 77 ff. Lokalmilizen zur Vertheidigung d. Festungen I. 48, 86, 97. II. 51. Türk.-tatar.-tscherk. Milizen im Sicher-heits-Dienst III. 289, 296, 324. Moltke's Vorschlag zur Gründung von türk. Militär-Colonien bei Aidos III. 149. Armee I. 8, 13 f., 53, 62, 77, 133 f. II. 93, 217 ff., 226. IIL 49, 59 f., 69, 108, 116,151. Leibgarde d. Sultans im DeliOrman recrutirt III. 259, 326 f. Militärmusiken III. 60. Militärärzte I. 8. III. 277 f. Militär-Spital III. 64. Kriegsspitäler d. Rothen Kreuzes in Sofia II. 225. Militärcordon an der Donau I. 65, 108 f. Donauflottille 1.12 f., 99, 132. Dampfmühle, militärische I. 8. Aerarische Militärtuch-Fabriken II. 220 f. III. 23 f. Waffenmuseum in Vidiij I. 7 f. Moltke's Charakteristik d. türk. Donaufestungen I. 132. Festungen: Belogradcik I. 49 ff., Ruscuk III. 132 ff., Silistria III. 269 ff, 276, Sofia II. 219, Sumla III. 58, 65 ff., Varna III. 194 f., 206 f., Vidin 14. ff, 27 f. Bulgarisches Heerwesen. Bulg. Legion im russ.-türk. Kriege 1877/78 I. 197, 250. Miliz I. 31, 243 , 245 , 250. II. 34 , 229 ff., 232, 237, 286. Kämpfe ders. mit den türkischen Insurgenten in Ostbulgarien 1880 III. 263 f. Gensdarmen I. 35. Militär-Akademie IL 237. Junkerschule II. 229. Militärärztliche Schule II. 229 , 237. Kriegs-dampfeiTII. 348. TractatmässigeDemolirung der bulg. Festungen I. 31 f. III. 72, 217, 280. V. Ethnographie. Vülkorniosaik am Balkan I. 83, 143. Fortwährende Völkerverschiebungen am Balkan III. 100 t*. Ethnogr. Karten v. Bradaska I. 00; Kunitz 1. Ol, 148; Leiean III. 282. Vertheilung (fer Nationalitäten in Bulgarien im Jahre 1877. Araber III. -207. Armenier, 1. 04, 120 , 228. III. 22, 01, 198, 201, 211, 240, 278. Bulgaren I. OS, i;,, 57 68 f., so, 94, inj f., liu ff 12Ö, 144, 170. 192 202, 2U4 ff 209 , 214 f., 218, 220 ff., 289 252, 250. II. 8, 28, 25, 28, 07, 10 f., 49, 07, 70 f., 77, 95, 98, 126, 101 f., 140, 149, 154, 158, 164 f., 107, 174, 177 1"., 184, 1!>5, i, 254 , 278 , 298 , 335 , 311, 848 , 846. Tscherkessen I. 45, 52 f., 56 f., 59, 64, 71, 76, 83, 92, 100, 1O0, lio ff., 144, 192, 204 ff., 283. 41. 25 , 07, 152, 154, 158, 104 f., 174, 170 ff., 184, 197, 250 254, 274, 270, 283, 298. III. 51, 53 , 50 ff., 75, 78, 93, 98, 105, 11 ü, 124, 172, 174, 218 f., 237, 239, 250* 270, 290, 310, 326 ff., 332 f., 335, 007, 341 ff., 345 f. Türken I. 38, 57, 64, 106, 126, 144, 157, 173. 192, 202, 204 f., 200, 218, 233, 236, 289, 251 f' 266 f. II. 8, 18, 23, 25, 28, 37, 46, 49, 67, 71, 77, 98 f., 134, 136, 154, 171, 1!»1 f., 197, 203 , 210 , 228 , 250 , 251, 28», 288 f., 293. III. 7, 16 ff., 21 f., 28 f., 42 ff., 47 , 53, 56 ff., 61, 72, 75, 78, 80 f., 83, 92, 90, 98, loo, 102, 104, 108 f., 112, 124, 135 ff., 144, 14s, 15o. 151 f., 162, 164, 172 ff., 181, 187, 198, 211, 219, 225 , 238 ff, 246 f., 250, 254 , 250, 260, 265 , 276 , 278 , 295 f., 298 , 301, 305 , 307 f., 310, 315 f., 322 , 325 ff., 332 ff., 307; 341 ff., 345. Zigeuner I. 38, 64, 83, 122, 126, 215, 239. II. 23, 28, 46, 71, 95, 15 1. 164 f., 167, 174, 177, 197,210, 224, 228, 250, 251, 27S. III. 30, 89, 98, 120, 151 f. l'.is, 211, 210, 278, 325, 312. Wohnen der verschiedenen Volksstämme in gesonderten Mahle's 1. 1-13. 11. 210. Frem-dencolonien i. d. Städten 1. 12.) f., 181 1. II. 198, 211, 210, 228, 200. . Emigrationen. Bulgaren 11. d. Krim I.SO, 108 1 . 130, 15o. III. 8!»., n. Bessarahien 11. liO. III. 21.. n. Ungarn (Katholiken) 1. 195. 11 15 f., Siebenbürgen (Protestanten) II Rumänien 1. 195, Serbien I. 53 , 64. Aus d. Krim zurückgekehrte Auswanderer 11. 25. Einwanderung (seit 1878) v. Bulgaren a. d. Dobruca 11. Ost-Rumclien 11. 240. 1U_ 278. Türken - Emigration aus Belgrad 1SI>< 1. 11. Türken, Tscherkessen, Tataren aus Bulgarien seit 187T L 88, B8, 150. II. 19, 30, 00, 135, 112, 174, 227 f., 243, 274 , 288. III. KU, 128, 148, 211, 214, 225 f., 278, 022. Rückkehr seit ib77 geflüchteter Türken I. 138. II. 34. Albanesen 1. 77 ff II. 209, 248 f. III. 179. Armenier 111. 335. Bulgaren. Allgemeine Charakteristik I. vn t Physis I. 70. II. 101, 111, 142. III. 22. Hohes Alter I. 110. Spuren d. Kreuzung mit finno-uralischem Blut II. 112, mit Türken HI. 61. Dolichocephalie 11. 112. Umschlag der öffentlichen Meinung Europa's zu Ungunsten der Bulgaren seit Ausbruch des russisch-türk. Krieges 187< 111. 175 t. Schwierigkeit desUrtheils über den Charakter eines Volkes III. 308. Intelligenz II. 158, 202, 267. Aufgeweckt II. 204. 111.92. Lebhaftigkeit im Gedanken-Austausch III. 248. Neugierde I. 200. II. 201. 267. Freundlichkeit 11. 150. Rührigkeit I. 219. Fleiss I. 52, 105. Arbeitsuchen in der Fremde II. 114 f., 288. III. 90. Eigennutz 1. 241. II. 74. Ungast-lichkeit IL 159, in den v. Truppenmärschen heimgesuchten Ortschaften III. 808. Sparsamkeit III. 35. Verbergung ihrer Wohlhabenheit I. 72, 104. Frugalität II. (131. Zurückhaltung gegen Fremde I. 144, 200, 219. 11. 159. Selbstbewusstes Auftreten gegen türk. Beamte II. 99. III. 25, 05. Verkehr mit den Moslims 1. 251 , 259. Gedrücktes Wesen II. 195. Ausdauer im Vergnügen I. 201. Freude an der Natur III. 61. Heimathsliebe II. 192. Tapferkeit, s. VII.: Aufstände, Freischaaren. Haiduken. Bildungsdrang I. 73, 212. II. 100, 108 f., 142. III. 90. Suchen nach Ausbildung im Ausland I. 212, 201. II. 287. III. 7 , 22 , 90. Gebildete Männer II. 20. Advocaten I. 131. II. 239. Journalisten II. 205. Aerzte I. 131. IL 37, 239. III. 24 , 90, 93. Apotheker II. 37, 239. III. 275. Sprachtalent I. 104. Farben- und Formensinn II. 111, 295 f. III. 106. Liebe für Blumen I. 173. II. 80. III. 60, 90, 204. Talent für Technik und Mechanik I. 107, 175, 259. Bulgaren, die Baumeister der grossen Sultane I. 148. Zukünftiges Industrievolk des europ. Ostens I. 259. III. 179. Kaufmännische Begabung III.51 Kirclilicher.Sinnll.il>;). Kirchen- und Kloster-Bauwuth I. 95 f., 261. Maassvolle politische Tendenzen III. 91. Aberglauben II. 68 f., im f. Iii. 12, 275. Baba (Ortsfee) III. 138. Kurpfuscherei 11. 37. Schatzgrä-berei 1. 183. II. 2(52. Elfen (Samodivi) II. 120. Wassercultus I. 94. 11. 183. Heilkräftige Höhlen 1. 226. Adamiten I. 160. Besycnasten 1. 100. 111. 1. Bogomilen III. 4. Legenden, Volkssagen 11. 257. 269. III. ■ >■> f. Baiduken-Lieder und Epos. II. 199. III. 89. Bulgaren betrachten den Balkan als ihr angestammtes Gebiet III. 177 ff. Balkandzi (Gebirgs-Bulgaren) 1. 221. 11.26, 00, 1H5, 111 f., 115, 204, 267, 289 f. Weiler-Dörfer (Kolibi) im Balkan 1. 211, 221 f., 257. II. 115, 147, 184. Bulg. Ortsnamen als Material für Sprachforschung I. 221. Ortsnamen nach Thieren III. 1(5. Familiengehöfte. I. 00 , 205 ff. 11. 1, 270. Hl. 841. Südslavische Hauscommunion 1. 2<>6 f. II. 138. Staresina (Familienoberhaupt) 1. 206 f. Friedliches Familienleben 11. 279. Geachtete Stellung der Schwiegermütter I. 207. Haushalt II. 115. Neigung für häuslichen Comfort 111. 112. Frauen: Typus II. 277. III. 22 , 90, 106. Schönheit II. 270 f. Fruchtbarkeit I. 205. Unfruchtbarkeit ein Unglück I. 72. Würdevolle Haltung I. 205. Fernbleiben d. Frauen bei öffentlichen Vergnügungen 1. 33. 111. 205. Ungenirter Verkehr in Klöstern II. 106. Schädelcultus II. 0 5 f. .Mädchen als Fabriksarbeiterinnen III. in. Stickereien 11. 213. Frauen, Varia I. 156, 236. 11. 76 f., 9(1, 07, 08, UM), 117, 211, 253. Mädchen II. 22, 112, 296. Trachten: Frauen-I. 0, 152, 2(17 f., 236. 11. 8, 29, 71, 117, 167, 277, 290. III. 3, 32, 65 f., 85, 97 f., PNI, 109, IH" f.; Männer- 1. 130, 2>7 f., 221. 11. 147, 107. III. 35. 85, 98, 0)2, 106, 245. Speisen 1. 112, 170, 170, 212. II. 20 f., lOf, 112 131 f., 300. III. 46, 110, 2(U. Zeitliches Aufstellen und Schlafengehen I. 107, 207, ;;oo. III. 30, IM'). Kef 1. 233. Sitten und Gebräuche I. 37. II. 22. Christliche Badzi's I. 94. III. 112. Sonntägliche Landpartien III. 201, 2üO. Ländliche Feste I. 201. Hochzeitsspiel 11. 131, 215. 111. 55 f. Jugendfest II. 22. Vergnügungen I. 11 f., 101.t II. 32. Cafes chantants IL 210. Dilettanten-Theater 11. 210. Dnterhaltungs-localc 131 f. Lesevereine (Citaliste) IL 31. Casino I. 59. III. 248. Kirchenfeste III. 55 f., 200. Saborfeier 1. 94 11. 265. Tanz I. 204, 264. 11. 32, 131. Musik I. 264. Dudelsack IL 112. III. 205. Gaida und Flöte III. 205. Schalmei 11. 142. Svirala-HttBik IL 180. III. 287. Hirtenmusik, Kuhreigen I. 110. Gesang IL 20 f. Travniotisches Terzett I. 257. Altbulg. Vojvodengeschlech-ter 11. 79. Nur türkisch redende Bulgaren III. 199 , 225. Rom. Katholiken II. 10, 26, 37, 41tff., 45 ff., 69 ff. III. 126, 108. Protestanten l. 129. II. 16, 30. in. 198. Bulgarisch-protestantische Litteratur II. 30 f. Mohammedaner (Pomaken) II. 19, 23, 121 f., 150 f., 182 ff. Erwerbszweige u. Beschäftigungen, s. IX., X.,XI. Keligionsvcrhältnisse u. Bildungszustand, s. VI. Cincaren (Makedo-Rumänen) I. 9, 59, 69 1»:; 173 f. II. 124. III. 124. i Gagausen, s. Griechen. Griechen III. 162, 165, 173, 199 f., 203 ff., 226, 238, 335, mit türkischer Muttersprache (Gagausen) III. 124, 218, 225. Juden, spanische I. 36, 87. II. 49, 214 f., 253, 284. Jürüken (turkmenische Nomaden) II. 124. I Pomaken (mohammedanische Bulgaren), s. Bulgaren. Rumänen I. (53 f., 68, 82, 116, 122, 158 f. III. 338, griech.-katholische I. 63 f. Frauen U. 46. Tataren I. 66, 69, 83, 92, IM. II. 47, 249. III. 94, 227. Tscherkessen I. 45 , 54 , 56 , 76 , 83 , 85 , 92, 110 ff., 144, 192, 204 ff., 251. II. 16, 25, 67, 165, 218, 248 f., 268, 276. III. 6, 51 f., 56 f., 03 f., 105, 179, 228 f., 239 , 250 f., 290 f., 310, 335. Frauen I. 83. III. 239. Sclaven-handel III. 250 ff. Mädchenraub III. 220, 255. Resultate d. Tscherkessen-Colonisation III. 93. Türken. Geographische Verbreitung in Donau-Bulgarien, Auswanderung seit 1877 s. o. Zurückweichen v. West n. Ost II. 254. Allmälige Verminderung durch d. Kriegsdienst HL 257. Schmelzen d. türk. Stadtbevölkerungen III. 61 f. Ciftlik I. KU'.. Weilerdörfer im Balkan I. 214. Dichtigkeit d. Gehöfte III. 341 f. Türke meidet d. Hocli-region d. Balkans II. 123. Körperbeschaffenheit HL 245, 257, 260. Schönheit der Männer IIL 44. 120jähriger Mann II. 243. Charakter d. Türken reiner Race III. 44. Schlummernde Energie III. 44. Arbeitsunlust u. geistige Faulheit I. 52. III. 828. Pessimismus, politischer III. 159. Apathie III. 249. Feind der Jagd aus Bequemlichkeitsliebe 111. 203. Biederkeit I. 241. Höflichkeit II. 148. Humanität II. 170. III. 34. Sorge für Reisende und Pilger s. X., XII. Eisstiftung 1. 4. Gastlichkeit II. 141, 109, 172. 111. 150, 257, 259 f. Frömmigkeit III. 47. Tolerante T. II. 137, 170, intolerante I. 48. Relig. Fanatismus I. 48, 162. Bedeutung des Glockengeläutes nach türkischer Ansicht I. 48. Verhältniss zu Christen, Tscherkessen I. 259. Selbstbewusstes Auftreten, wo er in Massen lebt III. 257. Argwohn gegen Fremde u. Forscher I. 16 f. II. 169. Unentwickelter Formensinn in Folge des relig. Verbotes d. Nachbildung menschlicher Formen I. 130. Gestatten trotzdem ihre Portraitirung III. 260. Geringe Schulkenntnisse IH. 328 f. Aberglaube II. 137, 275. Marafet III. 98. Kismetglaube IL 113 f. III. 282. Böser Blick III. 138. Glückliche Tage III. 275. Lumpenopfer II. 136 f. 111. 220 f. Kurban (Hammelopfer) III. 64. Schatz-gräberei I. 188. II. 80. Astrologen II. 114. Unvollkommenheit des Familienlebens wegen Isoliruiig der Frauen III. 252 f., 806 f. Frauen I. 100, 200. II. 8, 361. III. 250, emancipirte l. 251: Barem auf Belsen II. 245; Türkinnen als Fabriksarbeiterinnen III. 20; Ttirkenmädchen III. 187, Kinder-Spielsachen 1. 180. Armseligkeit d. Türken-städte II. 10S, 105. III. 10, 98.244, Inventar einer türk. Stadt II. |s. Asiatisches Gepräge d. Städte III. 2lo. Langweile n. geistige Oede 111. 240 f. Spitäler 1. 122. IL 76. III. 211 f. Sperren d. Stadtthore b. Sonnenuntergang III. 152. Lebensgewohnheiten III. 101 1'. Kef 1. 200. Frühes Schlafengehen I. 201, 250 f. Speisen II. 11, III. Türkisches Gastinahl III. 250. Lebensweise d. Türk. III. 250 f. Suchen Naturalleistungen u. s. w. den Christen znznwälzen 1. 172. II. 137. Abneigung gegen den Militärdienst I. 172. Gewerbtreibende Türken II. 19. Keine Befähigung für den Handel III. 21 s. Verfall des Wohlstandes I. 05. Hcrabgc-komniene Begs IIL 92 f., 310. Unzufriedenheit mit der türk. Verwaltung I. 102. 11. 209. III. 150, 257. Ansichten über das Pfortenregimeni III- 169. Absichtliche Brückenzerstörung zur Ablenkung des Ver kchrs III. 101. Brllokenban für einen Orden I. 223. Einzug eines Vali III. 284, Mevlndfeier III. 2S:;. Beschneidungsl'eM 11. 13. Bestattung eines Mädchens III. 20O. Kara gOs (türk. Puppenspiel) I. 11- L'e- fornitürken 11. 109 f. Pariser .Jungtürken IL 109. Bindernisse d. Fortschrittes III 252. Strassenräuber III. 219, 257 IV. Haiduken s. Vll. Türken, Varia II. 1<>, 19, 98 f., 148, III. II, so f., III, 162, 181, 189, 201, 203, 211, 252 , 289, 002, 828 f. Zigeuner. Allgemeine Charakteristik II. 166, Christliche Z. 11. 28; Nomadisirende 1 's;i Rosskänime 1. 177. Pferdediebstahl HL 0. OelVentl. Ausrufer II. 3O0. Henker 1.21, 122. Musikanten II. 18. Bei d Vertheidigung v. Belogradcik 1. 49. Fabriksarbeiterinnen 111. 23. Varia I. 208, 212, 257. II. 10, IS, 20, 09, 70 f., 137, 1SS f. Ml. 88, 76 , 88, 2!'S, 325. VI. Kirche und Volksbildung. Concil von Tirnovo (1350) III. 4. Orthodoxer Clerus. Fanariotische Bischöfe I. 113, 174. II. 21, 280. III. 5, 83, 200. Cul-turfeindliche und antinationale Haltung der fanariotischen Bischöfe I. 95. Vernichtung v. bulg. Codices d. einen fanar. Bischof II. 286. Metropoliten den Pasa's die Kockzipfel küssend IIL 199. Popen I. 259. IL 113 f. III. 124. Geistlicher Exorcismus gegen Epilepsie IL ISO. Mönche I. 94, 112 ff., 178, 253. IL 32, 102 f., 106 iL, 131 f., 154, 179 f. III. 2, 4 ff. Nonnen I. 174, 217, 210. II. 112. Römisch-katholischerCIerus(ltaliener) II. 39 ff., 43 f., 09 f. III. 126. Irländische Nonnen I. 129. Bulg. Pseudo-Nonnen II. 42, 71 f. Mohammedanische Mönche (Derwische) IIL 220 ff., 295 f., 329 ff. Imam III. 254 f. För-derungd.Obscurantismus durch d.moh. Geistlichkeit. III. 329. Moderne moh. Heiligen-legenden IIL 295 f., 329 f. AVallfahrtsorte, Heiligcngräber II. 136. III. 219 ff., 329 ff. Vakuf-Verwaltung III. 320 f. Kirchen. Orthodoxe I. 69, 88, 93 f., 109, 113 f., 173, 203, 210 ff., 21(5, 226, 257, 266. II. 21, 28, 49, tl f., 100, 104 f., 127, 130, 178, 216, 228, 287, 299. III. 3, 6 f., 22 , 32 , 35 , 47, 53, 90, 225. Projectirte Kathedralbautcn in Vidin I. 10, 32, In Varna III. 211. Kirchen, versenkte I. 1<>, 127, 146, 212. IL 136, 170. III. 124, befestigte I. 72. Capellen I. 220. II. 260. Kirchthurm mit Fresken II. 106. Glockentürme I. 215. Friedhöfe I. 13. Kirchen, griech.-unirte 1.11,129, armenisch- I orthodoxe IIL 22, 62, 240, arm.-katholische III. 201, römisch-katholische II. 41 f., 46, 71, 230. Pfarrhäuser, röin.-katholische II.41,46. Klöster. Griechisch-orthodoxe I. 92 ff., 112 ff, 151 f., 225 IL, 252 ff., 205 f. 11. 101 ff., 130 ff., 130, 175 f., 17s ff., 220 , 201 f., 278, 291. III. 2 ff., Ol f., 201 f. 223. Türken und Zigeuner als Gäste der Klöster II. los. Holzhandel treibendes Kloster II. 223. Klosterschule 11.102. Auf Speculation erbaute Klöster I. 113, 152. II. 191 f. III. I IV. Frauenklöster I. 112, 171, 206 f., 240. Protest. Bethaus in Varna III. 201. Synagogen I. 11,87. II. 211.22s. 111.22, 201. Mohammedanische Gotteshäuser. Charakteristik ders. IIL 220. Moscheen 1. 127, 109, 209, IL 134, 211. III. 22, 24, 54 , 00, 03, 84, 90, 319 f. Minarete aus Flechtwerk IIL 57, 90, 137. Tekke (Derwischklöster) III. 210 ff., 295 f., 329 ff. Türbe (Ileiligengräber) 11. 130. III. 219 ff. Röm. kath. Propaganda II. 37 f., 44, ihre Aussichtslosigkeit 1.118.II.44,295. Papst Gregor's XV. Urtheil über die schismatischen Nationen des türkischen Reiches IL 38. Türken nach kath. Ansicht eine Strafe f. d. Schisma II. 44 f. Unterstützung d. kath. Propaganda d.Oesterreich I. 117 ff. IL 39 ff., 43, 45. Die Nikopoli-tanische Mission und ihr Viccariato Generale della Bulgaria II. 37 ff. Zustände in den katholischen Dörfern der nikopolit. Mission II. 20, 37 ff., 15 ff., 09 ff. IIL 120. Propaganda unter den Rumänen Bulgariens für Rom I. 63 f., 110 IV. Gross-Magyarische Umtriebe I. 120. Russ. Gegen-Propaganda I. 121 f. Unterstützung der bulg.-orthodoxen Klöster durch Russland 1. 210. III. 0. Protestantische Propaganda. Amerikanische Bibel-Gesellschaft I. 129, 240. Methodisten Mission I. 120. II. 80, -Trauung 11 80, Londoner Judenbekehrungs-Verein I. 120. Protest. Missionäre I. 243, 246. Erstes Buch in neubulg. Sprache 1806 III. 88. Einführung d. bulg. Sprache in die Schulen III. 99. Gründung der ersten nationalen Schule zu Gabrovo 1835 I. 216. Nationali-sirung der Schule II. 29. Orte ohne Schule I. 68. II. 165, 168 , 204. III. 135. Ganze Dörfer mit Analphabeten I. 95. Fehlende Lehrerseminarien I. 104. Stiftungen reicher Bulgaren im Ausland für Bildungszwecke II. 19, 192. Schüler aus Makedonien und Ostrumelien in den Lehranstalten Sofia's II. 236. Verbesserungen im Schulwesen durch d. bulg. Regierung IL 235 f. Gymnasien für Knaben und Mädchen II. 236. Schulen, bulgarische I. 10, 38 f., 95, 104 139, 212, 21(5, 239 f., 252. IL 21, 29, 49, 79' 126, 134, 142, 149, 154, 174, 192, 216, 236,' 287, 293. III. 22, 32, 34, 47, 53, 62, 90, 99 112, 124, 148 , 212 , 226 , 240 , 276 , 278 katholische I. 129, 139. II. 71 f., 236, protestantische I. 129; rumänische I. 69; armenische III. 201, 278; griechische III. 199 f., 211, 226, 278; spanisch-israelitische I. 39, 87, 139. II. 236. DI. 22, 47, 148, 212, 278; türkische I. 38. II. 79, 236. III. 278, 329; tatarische I. 83. Lehrer, bulgarische I. 69, 104, 163, 212, 218 f., 239, 252. II. 4, 113 f., 288. III. 112. Lehrbücher, bulgarische I. 87. VII. Administrative, sociale und politische Verhältnisse unter der Türkenherrschaft. Amtsblätter I. 127. III. 159. Unverlässlich-keit der türk. Staatsstatistik I. 201. Schwierigkeiten bei Enqueten durch Reisende I. 201. II. 148. Häuser- und Einwohnerzahlen von Ortschaften I. 38 , 68 , 82 , 94, 104, f., 126, 144, 173, 204 f., 209 , 214 f., 223 ff., 239, 252, 256, 265 ff. II. 18, 23, 28, 37, 46 f., 49, 69 ff., 77, 99, 126, 134, 149, 154, 164 ff., 168, 174, 177 f., 195, 197, 210, 228, 254 , 274 ff., 278 ff, 283 f., 293, 295. III. 3, 21, 32, 34, 45, 47, 53, 61, 75, 78, 81, 83, 89, 92, 98, 102, 104, 112, 124, 136, 148, 162, 198 f., 211, 225, 238, 240, 245, 254. 256, 260, 278, 288, 298, 322, 325, 328, 332, 337, 341 f. Durchschnittliche Bewohnerzahl eines Gehöftes b. Bulgaren I. 205 ff, 214 f. II. 4, 279. III. 341, b. Türken III. 341 f. Inventar einer türk. Stadt II. 18. Ursachen der Unzufriedenheit mit dem Türkenregiment I. 73, 110. III. 105 f., 187. Mangelhafte Rechtspflege I. 162. Ungültigkeit des christlichen Zeugnisses vor Gericht I. 162. Gottesdienst im Freien I. 101, in türk. Sprache III. 199. Störung von Kirchenbauten I. 118, 162. Verbot des Glockcnläutens I. 10, 48, 127 f. III. 62. Sultane auf Reisen I. 165, 167 , 220 f. III. 64. Unterbrochene Strassenbauten II. 275. IIL 11. Verfallene Strassen I. 209. Verschleppung und Unterbrechung von Eisen-bahnbauten II. .66 f., 241. III. 62. Vernachlässigung der Seehäfen III. 197, 202. Aussaugen der Bevölkerung durch Einquartierung, Requisitionen im Krieg und Frieden III. 101, 105, 10S f. Zwangsarbeit beim Bau von Strassen, Eisenbahnen, Blockhäusern I. 77 , 220. IL 67, 275. III. 62, 316. Gewaltsame Expropriation bei Stadt-regulirungen II. 211. Nachtheile der Tscherkessen- und Tataren - Colonisation, s. V: Tscherkessen, Tataren. Bulgaren als türk. Beamte I. 121, 166, 221. III. 7, 89. Bulg. Corbasi III. 25 , 32 , 90, 102. Locales Self- government in rein bulg. Ortschaften I. 218, 221, 257. II. 126, 191. III. 7, 32, 87, 178 ff. Medjlis I. 10, 48. III. 123, christliche I. 218. Oeffentlichkeit der Amtshandlungen III. 254. Willkührlichkeit der adm. Einteilung I. 147. II. 148 , 209. III. 18, 37 f., 63, 181, 310. Häufiger Beamtenwechsel I. 7, 125. II. 48, 67, 186 f. III. 283 f. Gehalte, riesige der Pasa's I. 43. Reducirung der Beamtengehalte III. 7. Unregelmässige Zahlung der Lieferanten in Krieg und Frieden III. 108. Unterschleife III. 7, 160, 249. Unkenntniss d. bulg. Sprache b. d. türk. Beamten III. 144 f. Mangelnde Sanitätspolizei I. 193. II. 76. III. 338. Kein Sanitätscordon I. 77. Quaran-tainewesen 1.132. III. 338. Schlechte Münze III. 206. Erheb, d. Nufus (Steuerkopf) IIL 174. Steuerdruck I. 73, 78. II. 159, 253, 265, 297. III. 14, 102. Absichtliche Fälschung der Steuerregister III. 245. Steuerpächter I. 73, 78. II. 159, 253, 265, 297. IIL 14. Steuereintreibung III. 310. Steuern auf Kerbhölzern vermerkt I. 95. Regierungs-Getreidespeicher (Ambar) II. 276. Blutsteuer, Auslosung zum Militär I. 171 f. Hohe Conscriptionsziffer IH. 174. Zwangsarbeit beim Bau v. Strassen, Eisenbahnen, Blockhäusern I. 77 , 220. II. 67, 275. III. 62, 316. Tabakmonopol II. 153. Freigebung der Getreideausfuhr III. 197 f. Aussaugung der Bevölkerung durch Einquartierung u. Requisitionen III. 101, 105, 108. Ausschreitungen der Zapties (Gensdarmen) I. 79. III. 139. Unsicherheit der Strassen III. 249. Räuberhetzen III. 33. Türk. Strassenräuber 249, 257 ff. Bulgarische u. türk. Haiduken I. 52, 71, 76, 104. II. 78 ff., 113, 199. III. 12 ff, 20, 25, 29, 32 f., 52, 89, 92, 142, 149, 176 ff. Gefangene Drusenchefs I. 11, 31. Ein exilirter kurdischer Revolutionär I. 11. Reformanläufe, s. Pers.-Register: Midhat und Asiz Pasa. Colonisation der Donau- 382 BAI m REGISTER. tcrrassc durch Balkandzi II. 26. Stadt-Gründungen II, 67, 191. Vereinzelte Mo-dernisirungen von TttrkenstKdten (Demo-lirungen, Neubauten, Pflasterung, Beleuchtung u. a. w.j 1. 48, 59, 87, 124,210. Feuer-löschapparate und Corps I. 167. Waisenhaus und Gewerbeschule I. 127. 11. 220. Türkische Verwaltung I. 9, 18 f 81, 48, 51, 79, Iis f., 123, 125, 128 f., 134, 117, 166, 198, 219 IV., 223. II. 12, 23. 12 1V., So, !»S f., 191, 197, 211. 218, 225 , 254 , 268, 27:., 287, 298. III. 7, 82, 37 ff., ls f., 63 82, los, 127, 153, 150 IV., 202. 211), 310, 330. Türk. Beamte I. 11, 43 f., 110, 121, 125, I2S, 117, 257 f., 200. II. 19 f., 31 f., 0,7, 7S f 00, 148, 166 f., 100 ff., 180 f., 197, 209, 2S7, 29S. IH. 7, 15, 25, 02, 07 ff., 47, 53, 115, 159, 101 189 f., 220 V., 253 V., 339. Zapties (Gensdarmen) I. 52, 77 ff., 179. II. 98, 110, 118 , 248 ff., 267, 276, 292. III. 138 f., 141, 144 f., 163, 258, 319. Haltung der Pforte gegenüber den Streitigkeiten unter christlichen Bekenntnissen I. 68, 85, Bau [fegen d. Fanariotenthum III. 124. Bulg. Kirchenstreit II. 216. Spaltung zwischen Bulgaren und Griechen I. vir., 129. III. 200 f. Nationale Agitationen II. 217. Serbische Bildungseinflüsse I. 69, 73. Nationalisirung j der Schule. I. 216. II. 29. III. 99. Freiheitshoffnungen I. 73. Jungbulgaren II. 22, | 217. Iii. 91, 112. Jungbulg. Urthoile über d. Russen Hl. 112, Verbreitung deutscher Bildung II. 81. Gesteigerte Achtung vor 1 »eiitsch-land l. M7. Wunsch nach Befreiung durch d, Deutsehen III. 1O0. Passive Haltung d. bulg. Volksmassc bei den Insurreetionen 1867 76 1. 2oi i. 11. 290. Revolutions-riccherei 1. 218 f. Staatsgefährliches Ciga-rettcnpapier l. 120. Präventivhafl der Patrioten 11.217. Bestrafung und Hinrichtung der Komiteti I. 21, 20, 212. 201. Aufstünde und Insurreetionen: 1829 Hl. 21, 89: 1836 1. 101; 1840 I. 48 f., 78j 1861 1. 49 , 53: 1862 I. II f., 52, 02; 1867/68 1. 52, 201 f. II 249. III. 13; 1875 76 I. 49, 121. 100, 203 f., 212, 221, 212, 205. 11. 15, 104, 113, 21!». IIL 87. Unterdrückung und Bestrafung der bulg. Aufstandsversuche und nationalen Agitationen I. 21, 20, 129, 103, 202, 201, 218 f., 215, 2(5«. 11. 82. I 10 f., 105, 152, 217. (i rä uelt baten der Tscherkessen 1876 u. 1S77 11.227 1", 255. Bulgarengräuel L87.6 11. 1 11 f., 288, Orsachen der Ausschreitungen der Bulgaren gegen die Türken L877/78 III. 189, 176. Haltung während des Krieges IS77 7s II. 128. 190. frei schaaren I. 49, 56, 202. II. 10, 210. III. 13, 89. P>ulg. Legion als Hilfstrnppe d. Serben 1870 II. 219, d. Bussen ls?7 78 1. 197, 250. II. 230. VIII. Russische und b Russ. Provisorium 1877—79 I. 39, 188 f., 164 f. II. 175. III. 128, 278 f. Ministerium u. Behörden II. 228 f. Notabeln-Versamm-lung in Tirnovo 1879 I. 1(55, 172. Bcamten-gehalte II. 23. Materielle Verbesserungen in d. grösseren Städten (Assanirung, Demo-lirungen , Neubauten, Beleuchtung, Promenaden, Gärten, Pflasterungen u. s. w.) I. 33 ff., 37, 139 f. II. 02 f.. 175, 272. Umwandlung v. Moscheen in Kirchen I. 172 f. Commission z. Regulirung der Besitzverhältnisse der Türken II. 229. Nach Sibirien verbannte Türken II. 23, 94. Russische Monumente auf d. Schlachtfeldern II. 157. III. 348. Russische Soldaten in Vidin 1. 34. Besuch des General-Gouverneurs Fürsten Dondukoff-Korsakoff in Vidin I. 35 IV. Feste zu Ehren der abziehenden russischen Truppen in Vidin I. 37 f. Tractatmässige Demolirung v. Vidin I. 31 f., v. Sumla III. 72. Baggerungen bei Burgaä III. 1«4. Hafen-Verhältnisse zu Varna III. 21«. Bulg. Verwaltung III. 885. Fürst Alexanders Einzug in Varna III. 209 f., Rundreise durch Bulgarien II. 230 f. Feier des fürstlichen Namenstags II. 231. Nationalhymne II. 231 f. National-Versammlung (Narodna zabranije) II. 233. Politische Parteiverhältnisse 1879 II. 232 f. Opposition gegen die Abtrennung von Ostrumelien III. 20. Arab tabia-Frage III. 279 f. Ministerien, Behörden ! [garische Verwaltung. u. Beamte III. 211 ff. Häuliger Beamten wechsel III. 211, 217. Emigration der .Mohammedaner (Türken, Tscherkessen, Tataren) aus Bulgarien nach der Türkei seit 1877 I. 38, 83, 150. II. 19, 33, ««, 135, 142, 171. 227 f., 2i::. 271. 283, IIL 101, 128, 1 18. 211, 214, 225 f., 278, 322. Rückkehr geflüchteter Türken I. 138. II. Ol. Rückkehr der entlassenen türkischen Nizams III. 208. Provis. Aufhebung der Militärdienstpflicht der Moslims III. 211. Schwierigkeit der Regulirung der Vakuf-Frage III. 224. Beabsichtigte Ernennung eines kath. Bischofs für Bulgarien II. 72. Nationalbank II. 211. Zölle und Steuern II. 36, 175, 210, 216, 282. Wiedereröffnung der Messe v. Eski Diuma 1879 IIL 295. Regulirung d. Zwischenhandels v. Lebensmitteln IL 288. Mustermeierei II. 208. Einführung der Wildschonzeit III. 204. Ingenieur-Departement, Verbesserung der Landstrassen II. 237. Vollkommene Sicherheit der Strassen im westl. Balkan 1870 11. 210. Post und Telegraph 11.35, 241. 247. Ausbeutung der Lignitgruben v. Pernik u. Kalkas IL 212. Eisenbahnen II. 210, 237 f. Eisenbahnfrage in der Schwebe IL 237 f. Finanzielle Schwierigkeiten beim Eisenbahnbau III. 210. Uebernahme der Zinsengarantie für die Linie Ruscuk - Varna III. 210. Bekämpfung der türkiseben Guerillabanden in Ostbulgarien 1SS0 III. 261 ff. Residenz des BACH-] Pursten II. 233 f. Fremde Gesandtschaften I IL 240. Parlamentshaus II. 233. Verwen- I dung der Moscheen II. 233 ff., 237. Denm-lirung der türk. Viertel in Sofia II. 234. Brand d. Artillerie-Cascrne in Sofia II. 230. i Miethwagen 11.240. Neubauten, Pflasterung, : Beleuchtung, Anlage v. Plätzen und Pro- I menaden II. 23, 227, 233 f., 301. Grosse ! Theuerung seit dem Krieg 1878 II. 238. i Turn- und Löschverein II. 231, 23*. Hotels ! IL 240. Heranziehen von ausländischen j Beamten, Aerzten, Apothekern, Advocaten, ; Architekten, Unternehmern H. 237, 239. nm 383 Gründung v. höheren Bildungsanstalten II 235 f. Nationalbibliothek II. 234 f. Privatunterricht durch ausl. Professoren u. Lehrerinnen II. 236. Buchdruckereien II. 235. Zeitungen II. 235. Hofmusikcapelle II. 233 Kriegswesen II. 34, 229 ff, 232, 237, 2S6. Gensdarmen I. 35. Kriegsdampfer III. 348. Kartographische Aufnahme des Fürstcn-thums durch russ. Officiere seit 1878 II. 237. Stiftung einer Tapferkeitsmedaille II. 230. Beginnende Demolirung der Festungswerke von Varna und Silistria III. 217, 280. IX. Landwirthschaft und Forstwesen. Fruchtbarer Boden I. 105, 111, 181. Versiegen der Quellen in Ost-Bulgarien II. 293. Dörfer und Culturen in vertrockneten Flussbetten III. 234, 239, 2(30. Abdämmung von Wasserläufen zur Gewinnung von Wasser III. 327, 333. Wassertransport in wasserarmen Gegenden III. 328. Wegen Wassermangel verlassene Dörfer III. 335. Bewässerung I. 234. II. 159. III. 103, 310. Be-wässerungs- Apparate I. 107, 109. IL 151. Ziehbrunnen u. Paternösterwerke I. 73, 205. II. 159, 279. III. 234, 335. Verwandlung von Wald in Ackerland durch Feuer III. 309, 315. Vorausverpfandung der Ernten III. 11, 31. Wirthschaft der Gebirgs-bauern IIL 8. Heizung mit Dungziegeln IIL 233. Preis und Erträgniss der Landgüter III. 180. Wandernde Feldarbeiter I. 254. II. 25 f., 14(5,184,257. III. 11,35, 97, 239. Taglohn II. 131. III. 97, 239. Landwirthsch. Schulen III. 323, 346. Aussichten für occidentale Colonisten III. 180. Bulgaren, d. vorzüglichsten Ackerbauer d. Türkei 1.1<>6. Feldbau 1. 70, 151. II. 96, 297 f. III. 231, 309 , 315 , 335. Ackerbau-Werkzeuge, primitive II. 151. III. 309 , 315. Moderne Pflüge I. 151. Pflugbespannung I. 151. Dreschschlittcn II. 298. III. 145. Beinigen der Frucht I. 111. Wassermühlen, primitive I. 109, 209. II. 182. Windmühlen I. 265. III. 97, 99, 238 f. Getreidebau. Mais 51, 60 f., 69, 73 f., 92, 95, 105, 151. II. 101, III 151, n;i 1711 f., 191, 260, 266, 277 f., 2«1, 2a3. III. 30, 3.",, 44, 84, J<7, 104, 145, 266, 31(5. Weizen I. 69, 74, 151. II. 96, 281. III. 84. Korn IIL 35, 44. Hafer III. 14, 30. Weinbau I. 54, 59 ff., 69 f., 73 f., 81 93, 104, 106, 109, 112, III, 151, 170, 173, 206, 213, 251, 265 f. II. 10, 19, 27, 101, 108, 130, 133, 136 f., 180 , 251 f., 277, 300. III. 3, 7, 18, 24 , 33 , 35 , 44 f., 61, 84 , 90 , 92, 104, 165, 187, 189, 194 , 204 , 238. Wein v. Negotin I. 74, v. Sliven III. 19, 124. Weinkeller I. 74. Weintransport in Bocksschläuchen III. 24. Obstbau I. 70 , 81, 93, 144, 170, 173, 208, 214, 226, 266. II. 8, 27, 48, 81, 96, 101, 112, | 130 f., 133, 136 f., 147, 150, 180, 191. 260, 277 , 283 , 300. IIL 18 , 24 , 28 , 33 , 35 , 44, 57, 59 83 f., 102, 165, 194 , 204 , 238 , 309, 346. Obsthaine I. 151, 165, 187. III. 217. Zwetschken I. 266. Feigen III. 204. Kirschen III. 204, 225. Quitten III. 225. Pfirsiche III. 204. Birnbäume III. 135, 165, 188. Wallnussbäume I. 104, 109, 141, 153, 231, 233, 236, 239, 251. II. 101, 108, 112, 130, 133, 136. III. 2, 188, 204. Wallnuss-wälder II. 124. II ausgärten I. 173. II. 30. III. 60 , 90, 204. Gemüsebau II. 159, 251. III. 35, 104 , 303, 340. Lauch III. 90. Kürbisse I. 73, 92, 176. III. 90, 204. Melonen I. 69, 73, 92, 176. III. 204. Paprika I. 176. Gurken I. 176. Tabakbau I. 69 f. II. 153, 265. III. 14, 18, 35. Hanfbau I. 69, 265. III. 30. Kosenculturen I. 232, 236 f., 250 f., 259. II. 118, 124, 133, 13(5, 141, 153. Bienenzucht I. 253. II. 147. III. 225, 2:34. Scidenzucht I. 69, 175 , 265 f. IL 4, 19, 130, 149. II. 177, 253, 284. IIL 7, 24, 39 f. Arbeitslöhne b. Seidenzucht III. 40. Maulbeerbaum I. 69 f., 266. II. 4, 130. III. 8, 24, 40. Viehzucht I. 70, 73, 104, 109, 144, 150, 209, 214, 251 f., 265. IL 3, 11, 28, 146, 150, 157, 167 f., 178, 250, 258, 268, 274, 276 ff, 288. III. 30, 44 f.. 58. 79, 85,104, 152, 225, 234,266, 303, 309, 315, 325, 335. Baumlaub als Viehfutter II. 101. IIL 11. Büffel I. 144, 234. II 3 III. 28, 56, 234, 240, 287. Rinderpest I 39. Schafe I. 234, 257. II. 3, 11, 146, 268. III. 24, 28, 56, 84, 90, 94, 234, 239, 287, 346. Wollproduction in d. Dobruca III. 24. Wolle III. 24. Ziegen I. 74, 103, 257. II. 146, 268. Schweine II. 177, 282. Geflügelzucht III. 7 , 30 , 204. Pferde I. 150, 176, 181. II. 178, 266 f., 269, 280, 292. III. 234. Esel I. 232 , 236 , 250. Karneole III. 24. Käsereien II. 142. Hirten I. 106, 231. III. 112. Mokanen (sieben-bürgische Schafhirten in d. Dobruca) III. 234 , 341. Cobanen (Viehhirten am Balkan in d. Dobruca) III. 90, 239. Entlohnung d. Hirten III. 239. Kuhreigen I. 110. IL 168, 276. Wald und Forstwesen, EHgenthums* Ansprüche der Gemeinden an die Waldungen 111. 00, 161, 02s. Bestreben der Pforte die Wälder ins Staatseigentum zu bringen 111. 101. Forstverwaltung, türk. Ii. l K>. Iii 160 f. Forstakademie in Constantinopel III. |0|. Türk. Forstbeamte ll. in. r. in. 828. Wald rodungen durch Abbrennen III. 809, 815. Versiegen der Quellen in Folge der Entwaldung II. 293. Waldverwüstung I. 71, 108. II. 115 I.. 146 f. III. iL', 98, 11-2, 160. Holzausfuhr am .Schwarzen Meer III UM) Wald l. II, 54, 74, 99, 104, 208, 221, 256, 297, 828 II 8 199, 217, 298. in 6, ll. 28 f. 78, 88, '.»l 'f., 90, 104, loi f., 187 f., IM f., lüi, i.M f feö, l«!), 172 f., 228, 259, 805, 810, 310. Eichenwälder I. 76, 80, 106, 258. II. | in. 168, 180, 199 , 868, 277 f III 11, ,M 93 f is], iss, 29."», 311, 816, 888. Buchenwälder I. 77», so, 255, II. 116, MI, 200, 294, 29S Nadelhölzer 1. «•>. II. 1-1-5 fl". III. 169. Wald i. d. Balkankette OL L69. Krummholz II. 118, I Torf als Brennmaterial 11. 2.;. Wildreichthum im Balkan 11. L07, 29a Wildgattungen, s. I. X. Industrie, Handwerke, Gegensatz zwischen occidentaler und orientalischer Industrie III. 293. Einfluss der ausländischen Fabrikswaare auf den Geschmack der türk. Handwerker 1. 180. Gewerbe von Ausländern betrieben 1. 181. Gründe des Darniederliegens der Gewerbe in der Türkei III. (52. Zunftwesen I. 212. III. 47 f. Hausindustrie, bulg. I. 71, 217, 237, 257. II. 214, 2f>7, 295, f. III. 22, Bulg. Frauenindustrie. I. 233, 242, 26L 0.295. Kinder in der Industrie verwendest I. 261. Fabriksarbeiterinnen I. 17f>, Taglohn 11.253. Billigkeit der bulg. Industrieproducte 11. 49. Billigkeit der Arbeitskraft I. 203. Betrieb mit Wasserkraft l. 175, 2h, 259. II. 125. Brettersägen II. III f. Wasser-Mühlen I. 109 , 209. II. 182. Windmühlen 1. 265. III. 97, 99, 238 f. Dampfmühle 1. 117. Kunstmühlen I. 177). II. 158. Raki- (Brandwein) Brennereien I. 175 , 266. II. 100. Spiritus-Raffinerien, moderne I. 175. II. 21. Rosenöldestillation I. 232, 230 ff., 212. 250. Seidenfilatur I. 175. II. 253. III. 7, 39 f. Saffian- und Korduanle.br II. 149. III. 18. Leinenweberei I. 101, 233. III. 7. 0». Wollwäscherei III. 22 f., -Walke I. 259. Tuchfabriken II. 134, 220 f. III. 23 f. Abatuch II. 149. III. 7, 98. Seigtuch I. 217. II. 100, 134, 130, 149. III. 21. Wolldecken III. 22. Wollstrümpfe II. 136, 149. Kniebänder, gewirkte I. 262. Ziegenhaar-Ge-webe I. 259. Minderlik (Möbelstoff) IL 126. Gedruckte Tücher IIL 98. Gaitan (Schnüre) I. 134 ff., 217, 219, 261. II. 125. Kleider III. 62. Holzindustrie I. 214, 234. II. 111, 145. Fischfang II. 27, 49, 149. III. 45, 3S& Kalkbrennereien II. 216, 325. Steinbrüche III. 346. Filtrirmörser III. 316. Mühlsteine II. 158. Ziegelbrennereien 1. 151. Salpeterbereitung I. 203. IL 20. Salzgewinnung III. 238. Kohlenbergbau 1. 250. 11. 242. Eisenbergwerk II. 230. Sasi, deutsche Bergleute II. 295. Industrieorte. Berkovica II. 284. Ciporo-vica II. 294. Elena III. 7 f. Gabrovo I. 217 f. Kalofer Tl. 121 f. Karlovo II. Iii Karnabad IIL 98. Kazan III. 90. Kazanlik Kunstgewerbe und Bauten. I. 237 f. Lovec II. 19. Novoselo II. III Osmanpazar III. 48. RuBeuk I. 130 f. Samakov II. 2.30. Sliven III. 22. Sopot IL 135 f. Sipka I. 203. Sumla III. 02. Tcteven II. 149. Travna 1. 257 IV. Trojan II. 100. Vraca 11. 258. Industriebezirk 1.257. Handwerke. Silberschmiede I. I.M). Hufeison- schmiede I. 257. IL 189. Sichel-, Messer-u. Waffenschmiede I. 217, 283, 257. II. 100. Kupferschmiede ■ III. 62. Ordinaire Holzschnitzereien I. 69, 259 ff. II. 100. 'Tischler I. 130. Böttcher I. 257. Drechsler I. 217, 233. Töpfer I. 130, 207. 11. 251 f. III. 51. Cerber I. 259, 203. II. 28-1. III. 47 f., 79. Sattler I. 201. Pelz- und Lederarbeiter I. 9. II. 19, 149. Schuhmacher I. 130, 212, 217. III. 62. Kunstgewerbe. Der Orient auf der Wiener Weltausstellung III. 293. Byzantinische u. italienische Styleinflüsse I. 69, 71, 94. III. 125. Kirchen-Bildermaler I. 212, 220, 257, 201. Photographen 11.95,200. Lithographen II. 235. Buchdrucker II. 205. Hol/. - Skulpturen I. 211 f., 216 , 257 , 260. Intarsien III. 32. Schnitzereien II. 21, 100, 111 f., 134. IIL 53. Filigranarbeiten II. 250. Kunstschlosser II. 10. Thongelasse III. 51. Teppichweber II. 294 IV. III. 90. Gold-und Silbersticker I. 130. Stickerinnen I. 262. Bauten. Technisch - künstlerische Begabung der Bulgarenil. III, 205 f. III. 106. Bulgaren u. Cincaren, der grossen Sultane Baumeister I. HS. Religiöse Bauten der Türken durch bulg. und eincarische Baumeister ausgeführt III. 320. Bulg. Baumeister I. 148, 216. II. 12, 21, 77, 102. III. 3, 35, 47. Bauweise d. Türkenstädte I. 126 f. IL 19 , 49 , 283 , 285. III. 59 f. Kirchen-, Kloster-, Moschee-Bauten 8. VI. Stadtthore 11.211. Uhrthürmc II. 50. Pavillon Sultan Machmud's in Tirnovo I. 166. Oeffentliche Brunnen I. 4, 87. IL 50. III. 11Q, 210 f. Badhäuser II. 214. Bauten im europäischen Styl I. 123. Messbauten (panajir) III. 241, 290. Amtsgebäude, türk. I. 165 , 257. III. 25, 53 f., 59 f., 63 , 98, 123, 225, 319, armselige I. 148, 197, 209 IV. III. 98, US, 158, 202, 240. Preise d. Bauplätze, Häuser u. Miethen 1. 38, 87, 138. III. 80. Häuser und ihre Einrichtung. Bulgarische I. 44, 00, 71 f., 74, 157, 107, 205 f., 257, 201 ff II. 4, 0 f., 25 , 27 , 30, 100, 111 f., 115, 120, 115 ff., Iii», 177, 101 f., 253, 278, 281, III. 11, 10, 30, 32, 53, (50, 05, 81, 00, 92, 08, 110 f., troglodytenartige I. 00, 83 f. II. 25, 157, 178, castellartige I. 174; türk. I. 157. II. 7!», 10!). Hl. 53, 90, 98, 289 f. | Friedhöfe I. 13. Grabrnäler I. 0 f UI 63 | Viaducte I. 59, 147 f. III. 97. Brücken. Jantrabrücke bei Bela I 147 ff Varia I. 145, 151, 153, 209 f., 216 , 220," 239 , 266. H. 8 f., 11 f., 25, OS 80 100 110, 149, 154, 177 f., 180, 186, 204 f., 210 245, 260, 283. IH. 2, 6, 51, 108, 247 344 f. - ' Strassen-, Eisenbahn- u. Hafenbauten, Hotels, Hane, Mussafirlik, Blockhäuser s. XII. XL Handel. Altra gusanische Factoreien II. 214 f. III. 124 ff., 268. Consulate I. 12(5, 161, 177 ff. III. 198, 212. Bulg. Kaufleute im Ausland I. 220. Gebildete und vielgereiste Kaufleute I. 241. II. 134. III. 22. .Maassstab der Wohlhabenheit II. 31. III. 7, 11, 90. Türkisch-bulgarische Com-paguie-Geschäfte II. 31. Handel u. Fabri-cation vereint betrieben I. 217. Kaufsformalitäten I. 177. IH. 6. Tauschhandel I. 265. Handelscaravanen I. 224. II. 19, 250. III. 33, 249. Wagenfracht von Getreide I. 192. Zölle, türk. I. 28 , 238 , 282, bulg. II. 35, 175 , 282. III. 213, 216. Schmuggel III. 14. Maasse und Gewichte III. 292. Zinsfuss in den Donauhäfen II. 31. Geldwechsler I. 34. Goldcours I. 139. Jahrmärkte I. 176 f. III. 341. Messe in Eski Dzuma III. 290 ff, 295. Freigebung der Getreideausfuhr durch die türk. und bulg. Regierung III. 197, 213 f. Schifffahrtsverkehr 1878 in Varna III. 214 f. Oesterreichs Handel mit der europ. Türkei III. 293. Ursachen der Verminderung des östr. Imports II. 215, 293 ff. Lagerhäuser III. 323. Bazare und Carsien (Handelsgassen) I. 34, bin f., 146 f., 170 f. IL 49, 213. III. 02, 90, 98. Verkaufsläden im europ. Sty II. 131. Handelsstädte. Berkovica II. 284. Gabrovo I. 217, 238. Lom I. 12, 85. IL 300. Lovec II. 19, 24. Nikopoli II. 49. Bahovo II. 175. Razgrad III. 322. Ruscuk I. 138. f. Sofia II. 215. Silistria IIL 279. Svistov II. 34. Teteven U. 149. Tirnovo I. 161. Vidin I. 30. Vraca II. 252. Hafenplätze und Handelsstädte am Schwarzen .Meer. Üal.ik 111. 225 f. Kavarna III. 227. Varna III. 212 ff Messstädte. Balcik III. 225. Eski I)/.uma III. 51, 290 ff., 295. Karnabad III. 98. Pazardzik III. 241. Uzundsova III. 54. Handelsfirmen. Eski Dzuma III. 291. Lovec II. 24. Kazanlik (Rosenöllinnen) I. 238. Kahova II. 175. Ruscuk I. 139. Silistria III. 270. Solia 11. 230. Svistov II. 34. Varna III. 212. Vidin I. 30. Exporthandel I. 27, 39, 85, 138 f., 23S, 261, 263. II. 19, 24, 27, 34, 49, 175, 191. 215, 227, 252, 263, 295 f. III. 198, 203, 215, 223, 225 ff. Export-Artikel: Corduanleder IL 24, 191, 215 , 227. Lamm-, Ziegen- und Hasen-Felle I. 60, 85, 139, 263, 341. II. 19, 24, 215 , 252. Getrocknete Fische II. 27. Getreide I. 85. II. 34, 175. III. 198, 215, 225 ff. Häute I. 138 , 263. II. 19, 24, Ol, 191. III. 79, 215,341. Holzexport IIL 223,338. Honig u. Wachs II. 34. Knochen III. 215. Mehl III. 215. Pastrma (getrocknetes Rindfleisch) III. 203. Pferdedecken v. Ziegenhaar I. 263. Rosenöl I. 238. Schnurwaaren I. 261. Sumacli 11.175. TalgII.175. Teppiche u.' Gurten I. 263. IL 295 f. Vieh I. 39, 85. III. 215. Wolle I. 85. Importhandel I. 9, 39, 131, 138 f., 175. IL 24, 31, 34, 49, 158, 175, 214, 282. III. 11, 215. Importartikel: Bier 1.138 f. II. 239. Bücher I. 129. Colonialwaaren II. 34, 175. Eisenbahnschienen IIL 215. Eisenwaaren I. 9. II. 31, 34. Garne I. 9. Glas I. 9. II. 34, 49. Goldgespinnste II. 49. Gummiwaaren II. 49. Kaffee I. 138. III. 215. Kattun I. 9. Kleider, Wiener I. 131. Manufacturwaaren III. 215. Mehl I. 138, 175. II. 158. Leinwand II. 214. Porzellan I. 9. II. 34 , 49. Quincaillerie II. 49, 214. Reis III. 215. Salz IL 175, 282. III. 215. Schuhe, Wiener I. 131. Seidenstoffe, schwere H. 49. Steinkohle IIL 215. Spiritus 1.138. 11.24. Tuche II. 214. Truhen, Kronstädter III. 11. Wein I. 138 f. II. 239. Zucker I. 138. III. 215. Importartikel auf der Messe von Eski Dzuma III. 291 ff. Handel. Salz I. 12. Holz III. 160. Getreide II. 215. Spirituosen II. 215. Seide IL 253. Pferde I. 176 f. Wein U. 215. Varia I. 9, 39, 85, 139. II. 31, 134, 210, 214, 252. III. 32, 53 f., 215. Preise. Lignit II. 241. Salz II. 282. Häute u. Felle III. 48. Wolle III. 24. Cocons und Seidensamen III. 39 f. Rohseide III. 40. Rosen u. Rosenöl 1. 238. Tabak III. 14,18. Getreide II. 101 f., 215. Wein IL 216, 252 III. 24. Fleisch II. 252. III. 108. Kunitz, l)0Muu-llulcrm-R-!i und der H.ilk.m. III. 25 t XII. Reisen und Einzelne Erlebnisse des Autors auf seinen in diesem Werke geschilderten Reisen 1. 0, 15, 110, llf>, III, 105, 170, ISO, 1!).S, 215, 225, 257. II. 2 , 22 , 70, ll.'l, 120, HO 159, 100, iso. lo;,, 280, 200, 2so, 201. in. 5, r>, 26. 42 f., 7f>, 02, 110, 122, 107 ff., 159, 159, 171, I 187, 210, 260, 268, 866, 271, 281, 290, ooi, 018, 020, 347. Das moralische Element, auf : Forschungsreisen II. 201. Misstrauen der Beamten und Bevölkerung gegen Fremde I. 42. Reisepässe (Ferman, Bujuruldu) I. 42, 124, 177 f. II. 18, 254. III. 2, 214. I Etikette-Besuche bei Pasa'sI. 42 f., 165, 171. Unentbehrliehkeit eines Dragomans 1. Ol. Nothwendigkeit mit. eigenen Pferden zu j reisen I. 143, 178. Reisen mit gemietheten ! Pferden III. 302, 307 f., 341. Miethwagen I. 34, 123 f., 240. Birsar (Ruscuker Fiaker) 111. 288. Taliga (tatarisclier Wagen) III. 288 f. Sirket (türk. Postwagen) I. 84, 178. Post, türkische I. 10!», 218. 11. 210. III. 25, 93; österreichische I. 30, 130, 198. II. 210, 241; bulgarische II. 3;., 211, Fahrpost II. 241, 247, Portotaxen II. 211. Strassen I. 44 f., 51, 5!), Ol, 07, 70, 80 ff., 81 f. 00 f., 144, 173, 175, 201 f., 211, 228 f., 232, 239, 268 ff. II. S, 11, 25, 40,, 73. SO, 95 f., 98, 141, 149, 154 ff., 100, 175, 181, ISO f., 191 f., 199, 211 f., 245 ff., 252, 275, 278, ' 2S2 f., 293, .300. III. 0, 11, 14, 17 ff, 27 ff., 33 f., 42, 45, 49 f., 50, 78, 80 f., 84, 91 ff., oo f., loo, 103 f., 186, fli', 1 ll. 1 lo iv, 104 f., 169 ff-, 172, 218, 220, 238 f., 241, 240 f., 265, 1 272, 270, 342. Kioske und Brunnen an d. ! Strassen s. X. Steinhaufen-Säulen als Wegweiser auf den höchsten Balkanpüssen II. 119. Haiduken (Wegelagerer) s. VII. Karaule (Beklemeh, Blockhäuser) zum Schutz der Strassen und Gebirgsübergänge 1. 52 ff., 68, 7i > f.. 71, 70 f., 81, S| f.. 07, 114, 141 f, 224 f. II. 143, 153 f., 180, 217 ff. III. 50, 84 f., 02, Ol, 103, 321 f. Verkehrsmittel. Eisenbahnen. Ihr civilisatorischer Einlluss im Orient III. 218, 322 f. Nothwendigkeit der Herstellung von Bahnverbindungen mit Oesterreich III. 298 f. Bei Bahnprojecteü waren strategische Bücksichten maassgebend l. loo. Bewaffnete Bahntraceure Iii. 101. Eisenbalmlracen II. 272. Bahnbau mittelst Frohne in. 0,2. Unterbrochener Bau der Linien: NikopoIi-Plevna 11. 66 f, Surala-Kaspid/.an III. 62, 210, 1, Sofia II -Ml. Projectirte Linien: Soiia-Lom 1. S5, Sviütov-Tirnovo 1. lo.">. ll. 84, Sumla-Jamboli IIL 0,2, 80 f., 101, 112, .Jamboli-Burgas 111. 105-Bahn im Betrieb: liusnik - Varna 1. 123 i. III. 02, 127 ff., 281 ff. Kein Nachtdienst III. 324. Entfernte Lage d. Stationen v. d. Orten III. 287 f. Nichtbenutzung v. Wasserstrassen ausser d. Donau 11. 10,1. Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft, östr. I. 12, 85, 123, 195, 197 f., türkische I. 123. Kaibauten 1. 123. Schiffswerft e 1. 121. Dampfschifffahrt a. Schwarzen Heer III. 164. Seeverkehr in Varna 1878 HL 211 f. Triester Lloyd III. 197, 211. Primitive Hafenanstalten in Varna III. 197 , 202; ihre projectirte Verlegung III. 197. Canul-Projcct Cernavoda-Kiistend/.e III. 2.0 f. Telegraph, türk. LL 25, 10,0. Telegraphent&xen, bnlg. II. 211. Unterkünfte 11. 24 f. III. 15, 42 f. Hotels und Gasthäuser I. 33, 123 f., IL 240. III. 59, 134, 278. Hane (Einkehrhöfe mit Ställen) I. 59, 109 f., 115 f., 153, 156, 193, 200 f., 215, 240. II. 9 f., 12, 48, 70, 210, 250, 200. III. 19, 29, 32, 30, 54, 151, 818 f Dukhane (Dorfsonenken mit Lüden) III. 327, 335. Mussafirlik (türk. Häuser zur Fremden-Beherbergung) 1. 199 ff., 201. II. 11. III. 34 , 78 ff., 13(5. Restaurationen auf den Bahnen III. 883 f. Druck von C. Grumbach in Leipzig.