„Mihtit, W»hlst«a», str M." Str tSt Kreltag, S. Stovember RVVH. V. Jahrgang Die „Marburger Zeitung" erscheint jeden Sonntag. Mittwoch »ind Freitag. Preise — fiir Marburg: ganzjährig ti fl.» halbjähug 8 fl.. vierteljährig 1 fl. 50 kr; für Zustellung iu» Haus monatlich 10 kr. mit l» 10 kr. — mit Postversendnng: gnnzjiihrig 8 fl., halbjährig 4 fl.. vierteljährig 2 fl. Dte ein Mal gespaltene Garmondzeile wird bei einmaliger Einschaltung 10, beizwelmailger mit 15, bei dreimaliger mit 20 kr. berechnet, wozu für jedesmalige Einschaltung 30 kr. Inseraten-T empelqebühr kommen. Zur ^rschichte des Taj^es. Berichte aus Prax; bestätigen, daß Freiherr von Neust sein Amt als Minister deS kaiserlichen HauseS und des Aeußern bereits ange-treten, sowie daß ein vom Grafen Belcredi mit dem neuen Minister ve?-einbarles Programm Annahme gesunden. Es und nur sehr allgemeine Andeutungen, die bis jetzt über dieses Programm gemacht werd n. Man sagt, daß dem durch das September-Patent geschaffenen Provisorium jetzt ein rasches Ende bereitet, daß der ungarische Landtag unverzüglich einbe-rufen und ihm eröffnet »Verden tvird, nnter lvtlchcn Bedingungen des günfzehner-EntwurfeS ein ungarisches Ministerium ernannt tvürde. Ferner versichert man. daß Freiherr von Bcust die LoSsagung vom Kontor-dat durchgesetzt, und daß die österreichische Gesetzgebung sortan, unabhän« gig von diesem Bertrage, sich freiheitlich entfalten wird. Mn spricht von einer Denkschrift, welche Herr von Neust über diese Frage dem Kaiser vorgelegt. Bon der anderen Denkschrift des neuen Ministers über öfter-reichische Politik nach Auß n verlautet nur WidersprechetkdeS. Im Tone der größten Verläßlichkeit berichtet ein czechisches Blatt. Beust's Eintritt bedettte nicht die Allianz mit Frankreich, sondern mit Preußen. Dagegen hat die Köln. Ztg. Pariser Berichte, welche versichern, in Paris lieurthcile man die Berufung Beust'S jrtzt viel günstiger; die Beziehungen Frank-reichs zu Oesterreich sollen „in der letzten Zeit besser geworden sein", und man wiffe dort, welchen Werth Neust auf die Freundschaft Frank-reichs lege. Die ungarischen Regierungsmänner lassen durch ihr amtliches Blatt versiche.n, daß sie entschlossen seien, auf ihren Posten „fest auszuharren". Wir glauben ihne^ !)ies gerne, insofern es sich dabei um ihren Willen handelt; dieser mag hiezu jedenfalls vorhanden sein. Leider fehlt eS jedoch nicht an Beispielen in der Geschichte aller Staaten und namentlich in jener Oesterreichs, welche zeigen, duß der feste Wille auszuharren nicht immer hinreichte, um eine Stelle zu beliaupten. Die Ueberzeugung steht einmal fest, daß eS in der bisherigen Weise unmög-lich fortgehen könne, und die nächsten Tage werden dies aller Wahrscheia licdkeit nach bestätigen. AuS den Ministerberathungen können Beschlüsse hervorgehen, lvelche Ungarn endlich einmal in den wirklichen Besitz ftiner versaffungsmäßigen Rechte einsetzen, aber auch solche, welche dem bisheri-gen ScheinkonftttutionaliStnuS in der entgeg ngesetzten Weise ein Ende machen. Was aber nicht beschlossen werden kann und auch nicht be-schlössen werden wird, das ist die Fortdauer des gegenwärtigen Zwitter-zustandes. Alles „im Prinzip" zugesteh-n. zugleich aber alles von sich weisen, was zur Bertvirklichung dieser Zugeständnisse führen könnte, heißt mit den Prinzipien ein Spiet treiben, und für ein solches Spiel ist die Zeit jedenfalls zu ernst und zu kostbar. Wie in Bölimen. Wien und Salzburg, so hat auch in Galizien die Nachricht von der Ansiedelung der Jesuiten die Stimmung des Volkes aufgeregt. Aus Anlaß, daß die Jesuiten nach Krakau zurückkehren und die St. Barbarakirche übernehmen wollen, bringt die „Gazeta nar." aus Krakau einen geharnischten Artikel gegen die Zulassung dieser Gesellschaft und meint, dieser Orden soll lveiter nach Osten ziehen. Ivo ihm bei den Völkern der Kalmuken. Buriä« ten und Kirgisen neue Lorbern blühen können. DaS Blatt hofft, daß der Landtag diese wichtige Angelegenheit nicht unberi:hrt lassen werde. Die Aufnahme der Jesuiten in Krifim habe eine größere Wichtigkeit; der Orden, sobald er ein Operationsfeld inne hat. würde seine Netze über das ganze Land ausbreiten, und darin die Jugend kurzsichtiger Eltern fangen. DaS Jesuitengymnasium zu Tarnopol bringe ohnehin schon dem Lande einen großen Schaden, indem eS salonfähige Junker, welche daS väterliche Erbe verprassen, nicht aber Männer der Thal. Ausdauer und Arbeit erzieht. Ein ganzes Jahrhundert kämpften tvir gegen die Unwissenheit, Faulenzerei und Sorglosigkeit, sollen wir den Kampf aufs neue be-ginnen? Der Abschluß deS Friedens zwischen Preußen und Sachsen wird von Berichterstattern der englischen Blätter in einem Tone besprochen, der wenig Thellnalime für da» nach seinem Lande zurückgekehrte sächsische KönigS!,auS verräth. So wird der „Times" von Berlin geschrieben: „Daß Preußen nicht den Wunsch hat. dem König .Johann eine angenehme Heimat iu seinem Königreiche zu bereiten, kann Die Näherin. Von H. Skia. (Sortsehung.) M. Eustis schämte sich seines Benehmens und seines an den Tig gelegten Interesses für ein schönes Näherinnengesicht, als er seiner blendenden, glänzenden Zukünftigen gegenüber saß. Tante und Nichte bestürm-ten ihn mit Fraget', womit man ihm aufwarten könne. Kuchen. Wein. Früchten, Schweizerkäse u. s. w. Nichts, nichts, durchaus nichts, erst möchten die Damen da ihr Geschäft, ivorin er sie unterbrochen, vollenden. „Nun denn helfen sie uns vielleicht", rief Miß Emilie; es ist eine schlvere und delikate Arbeit, eine korrekte Liste der Personen, welche zu unserer Abendpartie einladbar sind, zu entwerfen. Sehen sie dieses Heer von Namen, und ich und Tante zerbrechen uns schon lange die Köpfe, da es uns vorkommt, als hätten wir Jemand vergessen. Nun vielleicht haben Sie. lieber Cousin, noch Erinnerungen aus Ihrer Kindheit von unserer kleinen Stadt und der großen Welt d.irin. Zu viel haben wir Keinen, das weiß Tante am Besten. „Ja", antwortete die Tante, „man kann sich nicht mit Jedermann befassen und doch möchte man auch nicht gerne Jemand beleidigen. Es drängen sich aber jetzt zu viel unter die Aristokratie, so daß man sehr streng sein muß." „Je nun. ich denke, das kann uns ivenig kümmern, wer sich unter die Aristokratie drängt", versetzte Cuftis, inoem er that, als studirte er die Liste. „Wir müssen aristokratisch sein, lieber Cousin", sagte Miß Clifford mit vornehmer Leichtigkeit; „wir müssen es um so mehr, da wir keine Tltel haben, die das ^meine Volk von selbst abhalten. „Das gemeine Volk?" fragte Edward mit spöttischem Lächeln. „Ich meine nicht eigentlich gemeines Bolk; das kommt allerdings nicht; aber ich meine die Niemand« und Habenichtse, die — aber wie komisch, daß ich meinem theuern Cousin erklären will, was ich meine. Ich schmeichelte mir", sctzte sie mit einem brillanten Lächeln hinzu, „von meine» lieben Cousin in jeder Beziehung verstanden zu werden." „Die schönsten Räthsel lassen sich am schtversten lösen", entgegncte der „Zukünftige" mit erzwungener Artigkeit; „aber ich sehe, daß die Berthen Damen doch nicht so streng find, als sie Vorgabe«. Brillirt hier doch Peter Leverell nebst Frau und Tochter. Ist das derselbe, dessen Schuhe ich immer schief trat, so daß mein Vater bei einem andern Schuhmacher arbeiten ließ?" „Ein Schuhmacher auf unserer Liste?" lachte Miß Emilie. „Verehrter Herr Vetter, Sie haben Pech mit ihrem Witze." ! „Gibt es zwei Peter Letierell's hier?" ! „Es ist derselbe, lieber Vetter, liber ein Anderer gelvorden." ! „Unmenschlich reich!" sagte die Tante. > Uebermenschlich reich, reich in des Wortes schönster Bedeuttlng". setzte Emilie hinzu, daS einsilbige dämonische Wort mit einer Art von Andacht betonend. „Cr gibt die glänzendsten Gesellschaften", bekräftigte die Tante. „Er lzat die prächtigste Equipage in der Stadt", setzte Emilie hinzu. „So. sol" erwlederte der Zukünftige trocken; „er hat jedenfalls in Schuhwerk nach Australien glmacht. DaS hat ihn denn geadelt. Sein Stamm-bäum beginnt jedenfalls mit einer brav gegerbten Ochsenhaut. Er hat doch einen Sitz im Oberhause?" Tante und Cousine lachten voller Beivunderung über den glänzenden Witz und der weitläufige Cousin schien die Liste sorgfältig tveiter zu mustern. Plötzlich rief er auS: „Was, Sie haben einen der besten Namrn ausgelassen?" „Besten Namen? Ausgelassen?" frug die Tante mit lächelndem Vorwurf. „Bitte, lassen Sie doch hören!" rief Emilie eifrig. „Wir möchten ltM All s in der Welt keinen Mann von Rang auslassen." „Doktor Brandon nebst Familie", sagte der Zukünftige, indem er beide Damen ruhig und fest anblickte. „Doktor Brandon ist seit sechs Jahren todt", antwortete die Tante mit einem seligen Lächeln über ihr Bekvußtsein. daß sie keinen Mann von Rang ausgelassen habe. „Et starb in grobem Elend", sagte Emilie. „Seine Familie ist ganz heruntergekommen." „Gekommen, wohin?" „Wie liebenswürdig simpel Sie sich doch stellen können!" „Wie reizend müssen Sie sein, wenn Sie Ihr Licht leuchten lassen." „Soll ich es leuchten lassen? Vorerst erinnere ich mich, daß Doktor Brandon einer der besten Aerzte und seine Fra« eine der reizendste» man daraus ersehen, daß eS die Anregung einer Agitation zur Wiederherstellung der abgeschafften Verfassung von 1848 zulaßt. Das Nciseilc-schieben dieser liberalen Konstitution, und das Aufzwingen eincS fast mit-telalterlichen Surrogats war daS Wert, durch welches Herr voi, Äeust sich zuerst in Gunst setzte bei einem Souvcrain. den er b» stimmt war. zu Grunde zu richten. Obgleich dieser ungesetzliche Akt von der Proskription vieler hochstehenden Männer begleitet war. so haben doch alle politlschen Maßregeln Sachsens seit jener Zeit in dem Kampfe um die abgeschafft. Verfassung ihren Mittelpunkt gefunden. So klein auch die Zahl der Liberalen war. die unter der neuen Berf.issung in die Kammer gelangen konnten, so waren doch selbst unter chrer Zahl nur wenige, die in einem Hause, dessen Autorität sie in Abrede stellten, einen Sitz annehmen wollten. und obwohl die Bauern und der L'^ndadel. die mit den Dienern der Krone stetS über eine Majorität im Bcustschen Parlamente verfiigten. jedeS von ihnen etwa verlangte Votum abgaben, so exislirte doch bei dem Publikum immer eine sehr lebhafte Bltterkeit gegen den groben Betrug, den man sich mit ihm erlaubte. . . . Erst vor zwei Tagen wurde »n Dresden eine öffentliche Versammlung gehalten, mtt dem ausgesprochenen Zwecke, die volksthümliche Verfassung zurückzufordern, und das Murren, das dort seinen Ausdruck fand, wird sicher in jeder Stadt des Landes widerhallen. Wenn König Johann unter. dem gegenwärtigen Friedens-vertrage wirklich keine Gewalt hat. die auf ihn einstürzende glut des ollgemeinen Unwillens zu stauen, so kann ich nicht absehen, wie er lm Stande sein wird, die Bürde seiner bestrittenen Souverainilät zu trat^en. Eeaen keine andere der deutschen Dynastien, die im Aahre 1849 das feierliche Gelöbniß von 1848 verletzten, hat die Nemesis ihren Arm in so fichtbarem Zorne erhoben, als gegen daS königliche HauS Wettin." Die Lage in Baiern verdüstert sich mit jedem Tage. Nicht »lleiv. daß der Minister deS Innern. Frhr. von Pechmcnn. seinen Un-teegebenen befehlen ließ, allen denjenigen Zeitungen, welche sich eine „Un« genavigkeit" zu Schulden kommen lassen, sofort eine ministerielle Berich-tigung zuzuschicken, nein, man hat auch glücklich, nach dem Master der Wiener Regierung, ein bairischeS Preßbureau zu Stande gebracht, dem ein Ministerialrath vorstehen soll! Es ist nicht zu leugnen. Baiern geht seinem Verfalle, dem Verluste seiner Selbständigkeit mit Riesenschritten entgegen. Jetzt, wo eS gilt, daS verlorne Vertrauen dcS Volkes wieder zu erringen, zu diesem Zwecke freisinnige Männer an das StaatSruder zu berufen und ein- fir allemal mit der verwerflichen Geheimnißkrämerei. der Zwitterpolitik der jüngsten Vergangenheit zu brechen, drückt man die allgemeine Stimmung durch neue ZwangSmaßregeln zu Boden und beschrankt die persönliche Freiheit auf daß Aeußerste! — Der italienische Kommissär erließ vor der Abstimmung an die Venetianer einen ''Aufruf, der folgendermaßen lautet: „Benetianer l ES lebe Venedig! Das ist der Jubelruf von ganz Italien und mit diesem Nuke auf den Lippen betrete ich Euere Stadt. Es schickt mich der König, dessen Leben der nationalen Unabhängigkeit geweitit war und dessen Tapferkeit auf den Schlachtfeldern mit seiner Treue Hand in Hand ging; seine alte und ruhmvolle Krone schmückt sich mit dem Willen der Völker. Ich komme in eine Stadl, der keine andere in der Welt gleicht an rühmlichen Waffenthaten, und durch ihre Politik und Wissenschast, durch ihren Handel und durch ihre Kunst. Noch theuerer für Italien ivurde diese Stadt durch ihr langes Hoffen und Hairen. durch ihre peinliche Bedrüngniß, durch daS Unglück, das sie bestand, durch ihre edle und feste Haltung, durch die Erinneruitg. daß von ihrem berühmten Verbannten das mächtige Wort ausging, das die widerstreitenden Mei-nungen auf ein Zirl lenkte: Einheit und Monarchie. Ich fühle die hot,e Ehre und Wichtigkeit der mir auferlegten Sendung, bei i5uch die freie Zierden der Gesellschaft war. Auch habe ich zufällig ihre Tocliter kennen gelernt, d. h. gesehen, und ich würde mich sehr freuen, wenn ich in dem Kranze der schönsten Mädchcnblumen, die wir hier seljen sollen, auch diese-? Veilchen bemerkte." . ^ ^ , „Veilchen kennen gelernt? O steh da, Tante, ^aben Sie noch mehr Blumen in Ihrer Botanisirkapsel?" „Die Brandon's gehen Nicht in Gesellschaft", unterbrach sie die Tante. „Warum nicht?" ,.J nun. weil sie nicht eingeladen w-^rden". lachte Emilie auf eine Weise, die ihrer glänzend schönen Gesichtsform cinen beinahe widerlichen Ausdruck gab. „Und warum »Verden sie nicht eingeladen?" „Sie sind bettelarm, lieber Freund", entgegnete die Tante. „Ist Mrs. Brandon nicht mehr dies.lbe in EaUieo. ivie einst in Seide?" „Nein, durchaus nicht", fiel Emilie trotzig ein. „Sic ist gesunken und ihre Tochter dazu; sehr gesunken. Sie heben einen Lebenswandel begonnen, der sie für immer von der guten Gesellschaft ausschließt." „Wa—aS?'' fuhr der Zukünfti^^e beinahe erschreckt auf. „O. das thut mir sehr leid. Bitte um Verzeihung. Hätte ich das geahnt« Ich dachte, eS seien Personen von unt.idelt)aftem Charakter." „Sie mißverstehen mich, lieber Eonsin. wahrscheinlich ivieder absicht lich. Ich habe nichts gegen ihren Charakter gesagt, ich trollte nur andeuten, daß sie — schneidern, schneidern für Gelo." „Aus reiner Geldgier hoffentlich, um sich eine Equipage anzuschaf-fen oder mit einem Veimögcn von lv.0v0 Pfund zu sterben. „Um nicht zu verhungern, lieber Cousi». so arm sind sie. Und wenn Mr. CustiS ivieder Damen kennen lernen tvill. so denke ich. wird er besser thun. mehr in den Kreisen zu bleiben, wo er zu H.ulje ist." — Der Zukünftige fah die Lprechi'rin scharf an. tvelche nun über den Sinn ihrer Worte erröthete. sich al)e. gleich zu r solviren iriußte und mit leichtem Scherze fortfuhr: „Sie gehören unter die gute Geslllschalt. »nein gestrenger Herr Bltter. und müss n Ihren Nepublikanismus und Atlieis- «»s ablegen." . Der Zukünftige sab die Zukünftige wieder selzr scha,f an und fmg i» strengem Tone: „Halten Sie mich fiir gottlos, iveil ich ein paar Da' «m grade desHall, besonders hochachte, weil sie mit Ehren und Arbeit Ordnung anzubahnen, ^.die Ihr mit freiwilliger Abstimmung über Euer künftiges Schicksal auszusprechen habet. Ich verspreche Euch meinerseits den besten Willen, raschen Vollzug, und daß ich von meiner Pflicht durchdrungen bin: und vertrauensvoll ruse ich. was noch Mebr gilt. Eure thätige Mitwirkung an. Weil in freien Verfaffungen die Regierung sich nach der Zustimmung und thätigen Mithilfe der Bürger richtet, gilt sie und schafft sie auch in dem Maße, als diese gelten und mitwirken. Die Völker, welche nach langen Kämpfen die eigene Unabhängigkeit wieder erringen, wenden ihre Thätigkeit auf die verfchiedenen Zweige deS bür-gerlichen Fortschrittes und eilen rasch zur Wohlfalirt nnd Größe. Davon zeugen Eure rühmlichen Annale»; ats Eure Vorfahren die Feinde von diesen Lagunen zurückgeworfen hatten, hat ihre Weisheit und Tapferkeit die Welt in Erstaunen gesetzt. Ich wünsche und weissage, daß sich daS heute in Italien wiederlzolen werde; es wird sich in Venedig iviederholen, auf daß es seinen alten Glanz wiedergewinne in einer neuen Form, die um so lvürdiger ist, da er sich über die ganze Nation verbreiten wird." KalergiS, der Kreise Vorkämpfer der griechischen Freiheit, hat die Aufforderung der Kandioten. sich an ihre Spitze zu jiellen, beantwortet; er schreibt: „Geehrte Vertrettr! Mit tiefer Rührung habe ich die Beschlüsse der Volksvertretung von Kreta gelesen, die mich betreffen. Von Kindheit an im Kampse für Glauben und Vaterland stehend, hätte ich eS alS den Höhepunkt meines Lebens betrachtet, wenn es mir vergönt aelvesen wäre, die tapfern Söhne meiner ehemaligen Kampfgenossen auf neue Schlachtfelder zu führen und so mit ihnen die Freiheit zu erringen oder den Tos zu finden. Allein tvichtige Gründe vertvehren eS mir, die auszeichnende Würde anzunehmen, ivelcye mir daS Vaterland durch Ihren Mund überträgt. Se. Majestät der König, der sich zu Gunsten Kretas bei den Großmächten verwendet und deren Wohl« «vollen für das bedrückte Land angerufen, hat sich zu diesein Schritte nur unter der Bedinguilg entschloffen, daß ich an seiner Seite bleibe. Se. Majestät würde daher in der Entfernung von meinem Posten einen Bruch meines ihm gegebenen Versprechens gesehen haben. Außerdem würde meine Anivesenheit unter Ihnen, wie Sie sich leicht denken kön. nen. von der auswärtigen Diplomatie mit Mißtrauen betrachtet werden und einen Verdacht erwecken, den die Kretenser vermeiden müssen, wollen sie die Sympathien aller Mächte ohne Unterschied eriverben. Glauben Sie mir, iheure Landsleute, daß ich. wenn ich nicht bestimmt »vüßte. daß Meine Ankunft in Ihrer Mitte Ihren Interessen schaden würde, längst zu Ihnen geeilt iväre. um Ihre Gefahren zu theilen. Glauben Sie mir auch, daß ich nur mit Bedauern den zwingenden Grilnden nachgebe, und daß. wo ich auch iveilen möge, meine Wünsche bei meinem theueren Vaterlande sind. Sie müssen, werthe Landsleute, thun, »vaS Ihnen in die-sen kritischen Umständen die Klugheit gebietet, und nur das Wohl, einzig daS Wohl des LandeS inS Auge faffeu. Ich bin überzeugt, daß Alle gegenseitige Zuneigung und Vertrauen empfinden; Ordnung und Gehör-jam gegen die Führer sind die einzigen Mittel deS Heils und die einzige Gewähr deS Erfolges. DaS kretensische Volk hat durch seine bisher he-wieiene weise Haltung die Sympathien der ziviiifirten Welt getvonnen. Der Segen GotteS und die öffentlichen Meinung Europas werden, so hoffe ich, sein Glück sichern. ivenu*eS bis zum Ende dieselbe lobenSwerthe Haltung zeigt. Nehmen Sie. ehrenwerthe Vertreter und theure Lands-leute. den AuSdrnck meiner Erkenntlichkeit entgegen." Ueber die Verfassung, welche der Vicekönig von Egypten einzuführen auf dem Punkte ist. tvird Folgendes mitgetheilt: Der Vicekönig hat den fremden Konsuln eröffnet, daß er eine aus der öffentlichen Abstimmung hervorgegangene Versammlung einberufen ihre Armnth tragen und sich durch ehrliches Verdienst vor der Schande der Armnth schützen? Ich frage mich und Sie: Habcn wir etwaS gethan, um uus vor der Schande unseres Reichthums zu schützen? Ist eS nicht eine wahre Schande, so viel Geld zu haben, als ivir. ohne daß wir etwaS Besseres damit anzufangen wissen, als Essen, Trinken, Kleider und müßige Lakaien zu bezahlen und unS unter unseres Gleichen gegenseitig abzufüt-tern? Ich fühle diese Schande. Fühlen Sie nicht auch etwaö davon?" Emilie sah ihren Vetter mit sprachlosem Erstaunen an. Er war röther und schöner geworden. Sie merkte deutlich, daß sie ihn liebe, und doch klangen seine Worte in ihr Ohr so roh. so republikaitisch, so athei-stisch. Sie ivußte durchaus nicht, ivaS sie sagen sollte. Die Tante blieb aber vornehm und wußte diesen fremdartigen Ton geschickt tvieder heimisch zu stimmen. . . „Wir haben Beide die Petition zur Abschaffung der Sklavere« tn Amerika unterschrieben", sagte Madame Powell. „Und wie viel bezahlen wir jährlich zur Förderung deS Christen-thumS unter den Heiden?" fragte Emilie. „Es zicmt unS nicht, damit zu prahlen." „Gewiß nicht", sagte CustiS noch ä^erlicher, „zumal da MrS. Brandon näher wohnt, als die Patagonier. Wir »vollen wenigstens gegen unsere Mitchristeu und Nachbarn, wenn auch nicht christlich, so doch menschlich sein. Doch ich gestehe, daß ich heute sehr ungeschickt bin. Ich habe keine Lebensart, ich komme heute unmöglich wieder in den Ton der guten Gesellschaft, deshalb bitte ich um Entfchuldigung und nehme mir die Freiheit, mich für heute den geehrten Damen zu empfehlen. Morgen denke ich als Gentleman auftreten zu können. (Zooä „Ue Gerüchte von Zwiespalt. der zwischen dcm englischen und dem französischen Konsul au6 diesem Anlaß ausgebrochen würe. sind unbet^rilndtt. Die Versammlung soll in solgendcr Weise zusammengesetzt scin: Bekanntlich wählen die Dörfer in Egypten skit langer Zeit ihre Vorsteher selbst. Diese Vorstkher werdm sich ntich Provinzen versammeln und aus ihrer Mitte dreißig nach drr Hauptstadt entsenden, wo sie cinen Provinzialrath bilden sollen. Diese Provinzialräthe, werden je zwei Abgeordnete für das Parlament wählen, welches sich durch eine gewisse Zahl eingeborner oder europäischer, gleichfalls gewählter Bewohner der Städte ergänzen und jährlich einmal in Kairo zusammentreten wird. Gkneral Castellnau ist am 16. Oktober in Vera-Cruz eingetroffen und hat sich sofort nach Mexiko begeben; wir werden binnen Kurz m von dort Rachrichten über den Anfang des Endes erhalten. Gleichzeitig mit der Ankündigung, daß die gescimmte französische Macht abzieh n werde, versichert die „Patrie". daß die „nationale Armee genügend orga-nifirt sei. um den Banden dcS Juarez Ncspckt einzuflößen." Soweit man diese nationale Armee kennt, und man kennt sie auS der zwcijähri-gm Jammergeschichte des mexikanischen Kaiserreiches genau, wird sie, einmal von der drückenden Zuchtruthe der französischen Streitkräfte befreit, die erste beste Gelegenheit benützrn. um mit Sack und Pack zu den Republikanern überzugehen. Es steht r»em Blatte einer Ret^ierung. die offenkundig mit Juarez durch Vermittlung des Washingtoner KabinetS unterhandelt, und Kaiser Maximilian zur Abdankuni^ zu zwingen gewillt scheint, übel an. derartigen Unsinn in die Well hineinzureden. — Der französische Gesandte in Mexiko bestätigt in einer Depesche an sein Kabinet, daß Kaiser Max durch die ersten Nachrichten von der Krankheit ftiner Gemalin in seinem Entschlüsse, „auf dem ihm von der Vorsehung anz^e. wiesenen Posten auszuharren", nicht erschüttert wordelt -, doch ivird hinzugefügt. daß diese erste Kunde dem Kaiser in einer sehr schonenden und vie Wahrheit nur leise andeutenden Form beigebracht worden lvare. An Pariser Regierungskreisen macht man sich darauf gefaßt, mit der Festigkeit Maximilian s noch einen schtveren Stand zu haben. Vielleicht hofft man auf der andern Seite jedoch, auch aus dieser Hartnäckigkeit vor der öffentlichen Meinung seinerzeit Kapital zu schlagen. K«»de vo» der Gesetzgebung» l. Marburg. 1. November. Die Versammlung der Landtage, die aus den 19. d. M. einberufen find, läßt die versaffungsmäßige Thäligkeit wenigstens in dem beschränkttn Wirkungskreise der Landesvertretungen wieder aufleben. Die Erfahrun-gen aber, die wir in Bezug auf den gesttzgeberischen Erfolg derselben gemacht, stimmt unsere Freude ties herab. Da« ganze Volk ist einig in der Klage: „waS helfen alle Beschlüsse, wenn sie von der Regierung dem Kaiser nicht zur Genehmigung vorgelegt werden." Die Verwerfung der Beschlüffe einer gesetzgebenden Versammlung durch die höchste StaatSgetvalt nennen wir in der parlamentarischen Kunstsprache das Veto — von dem lateinischen Zeitwort: „Veto" (ich bewit lige nicht). Diese Verwerfung ist ein so wichtiges Recht, daß von dem selben die Zukunft eines jeden verfaffungSmäßigen Staates abhängt. Die vergleichende Politik lehrt, w» anderen Staaten die FesiseKung dieses Rechtes gelungen: möge sie unsere Begriffe klären und die Stellung unserer Forderung erleichtern. danken und Gefühlen. Ihre Augen funkelten vor Zorn und aus ihrer schönen, glatten Stirn schwoll eine Ader hervor. Sie zitterte. Besorgt rief die Tante: „Emilie, was ist Dir?" „Daß ich nur mit ihr. mit einer SchneidermamseU in Beziehung kommen konnte, daß ich, daß ich — ich Tante, ich fühle mich namen loS unglücklich." „O Kind, das gibt sich. Sie soll tvirklich sehr hübsch sein, aber Euftis ist ein Ehrenmann; er wird Dir nie Ursache geben. Dich seiner zu schämen, wenn er erst verheirathet ist. Ein flüchtiges Wohlj^csallen an einem schönen Gesichte kommt sogar in der Ehe ohne besondere Stö-rung vor." „Aber in diesem Stande? Mein Gott, Tante. eS ist unmenschlich erniedrmend für mich." Die Tante wurde nun ernstlicher und eindringlicher. biS die „Zu-künftige" fest versprach, vornehm diplomatisch und „naiv" zu bleiben bis nach der Hochzeit. Doch konnte sie nicht umhin, bald auszugehen und eine Freundin zu besuchen, von deren Fenstern aus sie das Haus der MrS. Brandon übersehen konnte, was sie auch sehr standhaft gethan ha ben soll, ohne sich durch die Spöttereien um sie her über ihre Zerstreut heit besonders stören zu lassen. Custis kam zur Vertvunderung der Tante denselben Tl'g wieder und verlangte mit Emilien spazieren zu gehen. Sie wurde in leiden-schüftlicher Hast herbeigeholt und war lauter strahlendes Entzücken, als sie erfuhr. tvaS ihr zugedacht »var. Sie schivebtc in blendender Schönlieit an i>em Arme des geliebten ZünglingS liinauS vor die Stadt und glaubte nur jeden Augenblick Glockentöne zu hören, die durch die Kirche ins Brautgemach rufen sollten. Eustis war freundlich, liebenswürdig, aber befangen. ES wird ihm fchiver. anzufangen, dachte sie und spielte von dem Spaziergang auf dem Lebensw«g an. Plötzlich stlmd CuiüS still und machte auf einen Brief aufmerksam, der am Wege lag. ..Wie glücklich würde der arme Mann da vorn lein," sagte er. „wenn Sie den Brief nähmen und recht bescheiden sagten: „Sie haben wohl diesen Brief verloren, mein Herr?" — Ich glaube, das muffe Wunderschönaus einem so rosigen Munde klingen." Emilie lachte laut auf und frug: „WaS geht denn den armen Mann mei» rosiger Mund an? Lasten ^ie Mann und Brief. Wahr- In den Bereinigten Staaten von Nordamerika hat der Präsident die Befugniß, einet, Gesetzesvorschlag, der im Hause der Repräsentanten (VolkShauS) und im Senate (Staatenhaus) angenommen worden, mit Einwendungen versehen bilinen zehn Tagen — die Sonntage nicht gerechnet — jenem Hause zurückzusenden, aus welchem derselbe ursprünglich liervorgetl^mgen: dieses hat die Eintvendungen ausführlich in sein Tage-buch aufzunehmen, und den Vorschlag noch einmal zu erivägen. Bleiben zivei Drittel deö HauseS bei dem früheren Beschluß, dann wird er mit den Eitmendungen des Präsidenten dem anderen Hause mitgetheilt. welches dieselben s,lclchfallS prüft: stimmt auch dieses HauS dem ersten Bor-schlage bei. dann 'vird er dadurch zum Gesetz erhoben und die Regierung muß dasselbe vollziehen. Schickt binnen zehn Tagen der Präsident einen Vorschlag nicht zurück. so erwächst dieser in Gesetzeskraft es sei denn, der Kongreß liindere durch seine Vcrtaltung die Rücksendung, in welchem Falle der Vorschlag tiicht zum Gesetze wird. Das Oberhaupt des englischen Staates hat ein weniger beschränktlS Verwerfungsrecht: der König darf einem Beschluß deS Parlamentes zweimal die Genehmigung versagen — tvenn ein Gesetz vom Parlamente daS dritremal angenommen ivorden, dann hat eS auch ohne Zustimmung deS Herrschers volle Kraft. Die norwegische Reichsversammlung besteht aus zwei Kammern: genehmigt der König einen Beschluß nicht, so schickt er denselben an die Kammer, ivelche die Gesetze beantragt, zurück und er darf wahrend des nämlichen Reichstages nicht mehr vorgelegt werden. Der König ist auch berechtigt, den Vorschlag auf gleiche Weise zurückzusenden, wenn die nächste ordentliche Reichsversa,nmlung wieder um die Genehmigung ersucht. Wird ein Borschlag aber von der 3. ordentlichen Reichsversammlung unverändert angenommen, dann erlangt er noch ehe dieselbe sich trennt. Gesetzeskraft unl> es bedarf der Unterzeichnung des Königs nicht. Aehnlich ist die '^^estimmung, welche die deutsche Reichsversafsung vom 28. März 1849 aufstellte; es heißt nämlich in derselben: „Ein Reichstagbkfchluß. welcher die Zustimmung der ReichSregierung nicht erlangt hat. darf in derselben Sitzungsperiode nicht »viederholt «Verden. Ist von dem Reichstage in drei sich unmittelbar auseinander folgenden Sitzungsperioden ein Beichluß unverändert gefaßt ivorden. so wird derselbe, auch ivenn die Zustimmung der ReichSregierung nicht erfolgt, mit dem Schlüsse des dritten Reichsta^^eS zum Gesetz. Eine ordentliche SitzungS-Periode, welche nicht wenigstens vier Wochen dauert, tvird in dieser Reihenfolge nicht mitgezählt." Heeter über De«tfchla«b. Friedrich Hecker — in den Vierziger Jahren Advokat zu Mannheim und einer der freisinnigsten Sprecher unter den badischen Volksvertretern —> erhob im Frühling 1848 im badischen Oberlande die Fehne der Repu-blick: er lvurde geschlagen und flüchtete in die Schweiz, *) tvo er einige Zeit im Dorfe Muttenz (Baselland) lebte und dann nach Amerika ging. Als im ^rüljling 1849 die Bolkspartei in Sachsen, in den Rheinlanden, in der Pfalz und in Baden zur Vertheidigung der Reichsverfaffung auf- Wen» die „Tagespost" vom Dienstag über Friedrich Hecker schreibt: „er habe bekanntlich sein kostbare» Leben der deuts^en Sache dadurch erhalten, daß er vor der drohenden Niederlage unter dem Spritzenleder einer von seiner Frau tutschirten Kalesche nach Krankreich entflohen" — so beruht dies auf einem Jrrthnme. Der erwähnte Borwurf wird dem Dichter Georg Herwegh, der im Frühjahre 1848 mit 800 deutschen Ar» beitern von Pari» her iiber den Rheln gezogen, vou seinen Gegnern gemacht und soll die Geschichte nach dem Gefecht bei Schopfheim im Viejenthale fich ereignet haben. Glaubwürdige Theilnehmer an jenem Kampfe stellen die Sache jedoch in Abrede. Anmerk. der Red. scheinlich wird ihn Einer finden und in einen Briefkasten stecken. Haben Sie so große Lust, mich zuin Briefträger auszubilden?" „Das nicht, aber ich möchte Sie nur ln diesem einzigen Falle mal als Briefträgerin sehen!" „Um'S Himmelswillen, CustiS! Denken Sie, wenn mir der Mann am Ende einen Penny für geleistete Dienste anböte?" „So lväre dieS vielleicht der erste Penny, den Fräulein verdient haben." Emilie zog ihren Arm mit Heftigkeit auS dem ihres „Zukünftigen" und wurde brennend roth vor Zorn, faßte fich aber schnell wieder, lachte gezwunt^en. Ntchm seinen Arm wieder und neckte ihn wegen seinen repub-likanischen und atheistischen Sonderbarkeiten. Sie war nun gründlich durckgesallen. l^ustis wollte bloS ihr Wesen, ihre Stimme beobachten, tvomit sie den Brief zurückgeben würde und dann einen Vergleich anstellen. Jetzt tvar die Sache viel schlimmer, alS die für sie ungünstigste Ver.ileichung. Er hatte im eisten AUj^enblicke ihre blendende Schönheit geliebt; j.tzt k.itn ihm diese glatte, kalte, nichtssagende Schö'ilieit. zumal Mit dem bei en,llijchen Schönheiten so oft offenstehenden Munde, ividerlich, verächtlich vor. Er mußte sich ungemein zwingen, seine schöne Cousine unter den Formen gewöhnlicher Galanterie nach Hause zu bring.n. nachdem er d«n armen Mann, der angeblich den Brief verloren haben sollte, zurückgerufen und ihm nicht nur den Brief, sondern auch einen s^anjen Sovereign Meben hatte, ohne jeiner Cousine darüber weitere Auskunft zu geben. Sie erschruck dabei fichtlich und hatte eine Ahnung, daß dies riire Prüfung hatte sein sollen, tonnte sich aber nicht erklären, wie sie dabei hätte besser handeln können. Jlzre vornehme Erziehung ließ sie in dem Aufheben und Ueberleichen deS Briefes nur eine gemeine, der gnten Gefellschaft unwürdige Hank'lung erblicken. Sie glaubte deshalb im Stillere, die Prüfung ganz ihrer würdig bestanden zu htiben und suchte wirklich vergebens u^ch einer Erklärung der auffallende« Kälte ihres „Zukünftigen." CustiS wollte keine „Szene" mache» und blieb deshalb tiöflich und gütig, o!ine die Vorbereitungen auf die seinetwegen veranstaltete „Abendpartic" im Geringsten zu stören. (Schluß folgt.) *) Vitt kleiner Naturfehler der Königin, der deshalb in einem Iheile der g»te» DamengesellschiZft kiinftlich verzogen wird. stand, schiffte sich Hecker nach Suropa kin. kam jedoch auf schweizerischem Bodcn erst an, nachdem die Bolkserhebunl^ in Deutschland durch preußische Wafitn besiegt »vorden. Heckcr kehrte wieder nach Amerika zuri'lck. wo er seither til? Grundbesi^er am 5)hio lcdt. norl>amcrikalnschen Bürl^erkrieq'.- hielt er treu zur Verfassung und liesehlil^te ein deutsches Regiment.'mußte sich aber nach einer schweren Verwundung vom Kamps ploke zurückziehen. . . ^ . Friedrich Hecker betrachtet die Ereignisse in Deutschl^nid nnt ans-merksamen Blicken; er schrieb ilber die Lage dei«selben am 2. Dezember 1865 und am 2. September d. I. Briese an einen Freund in M^mn-heim, welcher dieselben auszugsweise in der „Kölner Zcitung" veröffentlicht. Wir können bei dem Mangel an Preßfreiheit nicht einmal die von der „Kölner Zeitung" schon arg verstümmelten Aeußerungen deS frei-müthigen Republikaners wiedergeben und beschranken uns darauf, eine sehr treffende Stelle ilber das Haus Rochschild und den Schluß deS lebten Briefes mitzutdeilen. Hecker schreibt: „Die Nemesis hat zugleich jener Macht, geu.mnt das „HauS Roth-schild". den Machtstich aus den Händen geschlagen. Das Wort kopular I^vau hat Israel gestürzt, wie wir hier in Amerika den j^önig CMon gestürzt haben. Vorüder ist nun jene Zut. da man fragen konnte: „Nun. gnädige Flau v. R.. werden tvir Krieg bekommen?" und die Antwort lautete: „Was? Wie haißt Krieg? Mai Sohn laid't'S nitt!" Wenn Bismarck der leibhaftige Gottseibeiuns wäre, man müßte ihm dafür dank-bar sein, daß er iu Sachen der Politik und der L>ölker die Allgewalt dieses Hauses gebrochen hat, daS stets für den österreichischen Absolutismus der „Jud' Süß" war." Am Schlüsse des zweiten, am 2. September d. I. geschriebenen Briefes gibt Hecker eine lange Auscinanders.tzung. daß wahrscheinlich in der nächsten Znkunst in Preußen und Deutschland der ausgeklärte Abso-lutiSmus herrschen werde. Dann heißt es weiter: „Dilstere Aussichten sür ein treukS republikanisches Herz! werden Sie sagen. Nein und abermals nein, sage ich. Eines hat die Nation bereits gewonnen. Sie fühlt, glaubt und sagt cs. daß sie am Punkte steht, eine Machtstellung einzunehmen. eine gewaltige Stellung in^r-l)alb der Grenzen von Europa! Der Partikularismus versinkt. Die gftrennten Glieder des Körpers formir^n sich zum gewaltigen Leil,e. Die Verrachtung des Deutschen im Auslände hat aufgehört: er wird stark und gefürchtet. Der Nationalstolz. das Selbstgesühl erwacht. Die Iu-telligenz ist Gemeingut geworden. Sic ist nicht mehr Patrimonium ein-zelner Stände. Handel und Industrie. Kunst und Wlssenicht^ft, sie machen jeden Absolutismus auf die Dauer unmöglich. Die Kosten t^er Erhaltung der Staatsmaschine, die Staatsschuld (ii, sie sind eS, tvelche den Absolu-tismuS zwingen, der freien Entwicklung zu weichen. Jedes Attentat aus die freie wirthschastliche Entivickiung Seiteiis der Staatsgewalt ist sü? letztere ein Wühlen in den eigenen Eingeivciden — ein Selbstmord. Vergeblich wird der Absolutismus sich dem sreien Menschengeiste entgegen-stemmen. Die Räder der geistigen Borwartsbeivegung werden ihn err.i-chen. erfassen, zermalmen. ..." spiele zur Darstellung bringt, tvelche das Publikum erheitern und den Sinn fürs Schöne bilden. Atn Dienstag wurden die einaktigen Lust-spiele: „Dir lvie mir" und „Buch 3. Kapitell" lviedcrholt und bezeugte das Haus gleichen Beifall, lvie bei der ersten Aufführung. Am Schlüsse ivurde der erste Akt aus der Oper: „Die weisje Frau" zum zweiten Male gegeben, jedoch kiihler. als daS erste Mal. ansgenoiumen. — Vor-gestern sahen lvir „Therese KroiieS". Die Tra.^erin der Titelrolle (Fräulein Klobuschitzl'y) spielte sich erst ilN Verlans des Stückes in den Charakter hinein. Der Gesang dieser Künstlerin befriedigt in den hohen Tönen ivenigt'r. als in den leiseren. Herr Stampfl liatte die Rolle des Ferdi-nand Raimund offenbar mit großer Vorliebe studirt und spielte mit Sicherheit. Herr Jantsch (Leopold Herbst. Maler) ivar kaum wieder zu erkennen. Fräulein Nord hielt sich als Gabriele brav. Die Gesammt-darstellung lvar gerundet. Das Hans war an beiden Abenden sehr ichivach besucht: wenn sich die Theilnal)me für die Schaubühne nach der Weinlese nicht steigert, so wird sich die Direktion nicht zu halten der« mögen. (Choler a.) Vierzehn Tage, nachdem wir die Cholera bereits als erloschen betrachtet, ereignete sich lvieder ein Fall: der Bahnkondukteur Anton Schars erlag am 25. Oktober dieser Krankheit. Im Ganzen sind hier seit dem Ausbruche der Cholera (15. August) 71 Personen an der-sellien erkrankt: 32 in Privathäusern. 9 im allgemeinen Krankenhaus, 30 im Militärspital — 35 sind genesen und 36 gestorben: 11 in Pri-vathäusertl. 8 im allgemeinen Krankenhaus und 17 im Militärspital. (Die Weinlese) ist. vom herrlichsten Wetter begünstigt, in den meisten Rieden nun vorüber. Gründe, die von Frost und Hagel ver-schont geblieben, haben in Bezug aus Menge und Güte einen besseren Ertrag geliesert. als man gehofft. Leider sind bei der allgemeinen Geld-noth die Preise gedrückt. Für den Eimer werden in der Regel nicht mehr als 5 — 8 fl. gezahlt: den höchsten Preis hat unsere» Wissens Herr Felder in Proßegg sür seinen Rosenberger Muskateller erzielt, der — 10 Eimer ohne Geschirr — um 120 fl. verkauft lvvrde. (Vereinslebe n.) Der kaufmännische Berein „Merkur" hält morgrn seine erste Versammlung im Kasino: der Beginn ist auf 8 Uhr Abends festgesetzt. Der Borsteher. Herr Karl Reuter lKaufmanu) wird die Eröffnungsrede nud Herr Professor Rieck einen Vortrag über die Bedeutung des Vereines halten. Der hiesige MännergesangSVerein und oie Mitt^lieder des „Merkur" in Graz sind eingeladen. Nehmen außer-dem noch die Mitglieder des Kasino Theil an der Eröffnung, so dürfte die Feierlichkeit eine großartige werden. Marburger Berichte. (Schaubühne.) Wir heben als lobenswerth hervor, daß die verehrliche Direktion unS mit Possen möglichst verschont und dasiir Lust- Letzte Post. Die Ernnenung de« Kreiherrn von Beuft zum i^sterreichifchen Minister deH Aeußeren sott einem «erüchte zufolge der erste Schritt zu einem Bündniß zwischen Oesterreich und Frankreich sein. Die Einberusuug des ungarischen Landtages auf den IS. November l^at die Genel^migung de« Kaiser« erhalten. Die Landtage die«seit« der Leitha werden nur die laufenden Geschäfte erledigen, weil die Regierung entschloffen ist, siRfort die Reuw^hle^m»«^uschr^^^ V»l,827 Stimmbierechtigten «41,7»« Kch fitr und 39 gegen die Bereinigung mit Italien ausgesprochen. Die Oktoberwahlen in den Bereinigten Staaten find dnrchweg« gegen Johnson ausgefallen: die Radikalen haben eine« »okstAn-digen Tieg errungen. Kllismimischn Morqc» EiimSwi, d'n g> November SröffnnngSfeier im aroßin Spkisksnal de» Kasino. Aiifanl, 8 Uhr AbtNdK. Eämmtlichc Mitglieder des Vereines und des Casino sind höflichst einqkladen. ^ .... 4IS) V» Vernnslntlmg. Ankündigung. Der Gefeitigle zeigt hicmit einem ?. 1'. Publikum aii> daß er sein ^ t « i' jilr Photographienmalerri, Zeichucn und höhere Kalligrafie mit 1. November d. I. eröffnet hat. .'luch wird Unterricht im Zeichnen jeden beliebigen Genres, als: Köpfe. Landschasten. Ornamentik. Vlnmen. Früchte !c.. so wie in der höheren Kalligraphie in und außei? dem Hause ertheilt. Aus Gefälligkeit übernimmt auch Herr A. Ferlinz sev. vorkom-mende Auftrage. akad. Maler und Kalligraf. Viktringhofgasse Nr. 44. Nr. 931. (415 Kirchenwein'Lizitation " zu St. Barbara bei Wurmberg. Am 5. November t. I. Vornuttags iverden aUda im stirchenkellerj der Pfarre Lt. Martin 25 Ltartin und im KirchrnkeUer der Pfarre^ St. Barbara 10 (Ztartin neue Weine s^mtint (^»ebinden g gen glu'.i? t?aie Bezahlung lizitcink'o veräußert iverden Lt. Martin bei Burmberg am 26. ^kttiber l8N6. Eine Wolinung (Uti bestehend in vier .iimmern und einem Kiibinet ist sviil'ich zu beziehen. Nähere Auskunst in der Kärntnergafse bei Iolzann Martin._ ! Berantwortltch-r »«d«tteur: Kr-nz «»etthaler. Kundmachung. In Folge des h. Statthalterei-ErlaffeS vom 15/d. M. A. 1301 v. womit der Beginn der Vorarbeiten ss»r die He ereS ergänz ung deS Jahres 1867 aufgetragen wurde, wird die Verzeichnung der zu dieser Hieresergänzung berufenen Stellungspflichtigen der Stadtgemeinde Mar-bürg, ivelcke von nun an auf Grund veS Gemeinde-StatuteS einen eigenen Stellungsbezirk bildet, am 12. November d. I. und zwar: a) Vormittags von 8 bis 12 Uhr fiir die erste Altersklasse, und d) Nachmittags von 2 biS 6 Uhr fiir die übrigen vier Alters-klassen in der GemeindeamtSkanzlei am Rathhause stattfinden. Für diese HeereSergänzung werden wie bisher fünf Altersklassen aufgerufen, ivovon die im Jahre 184« Geborenen die erste bilden, die folgenden aber aus den in den Jahren 1845. 1844, 1813 und 1842 Geborenen bestehen. Hievon werden die in den ausi^erusenen fünf Altersklassen stehenden jungen Leute und deren Eltern oder Bormünder mit dtr. Cirea S«« Stück hochstämmige veredelte 3—4jnhrige Apfel- und Birnbäume in de» l'esten Lorten sind ,u verkaufen. 4tl) Mar freiyerrlich ». Rast'stbe Gärtnerei. Marburg, Magdaleua-Borstadt Nr. 28. Eisenbahn - Fahrordilung für Marburg. Nach Wien: Ädfahrt: 0 Uhr 19 Min. Rt fahrt: 8 Uhr 15 «in. Arüh. t) Uhr 48 Mln. Abend». S Uhr 2 «»». Ube»d«. Nach Villach: Abfahrt: 9 Uhr Arüh^___ Druck und Vertag »on U»»«rd S«iischitz in Marburg.