Nr. 271. Freitag, 26. November 1909. 128. Jahrgang, Mbacher ^ Zeitma 22 X. halbiabr!« li « ssür die Zuftellung in« Hau« «anzjuhrig 2«. - Inslr»lon«i,rbühr: ^ür N,lne Initial, >tt» zu 4 Zeilen bo k, ffr»h«f per Ml» 12 l,; bei Merrn W1,dflt,olu„!,en pl? ^rils « b. ^ Di, «y«i di, ««valtin, WiN»«üftlllße «l. «. kptfchvunbfn tx-r Mdaltton »«i » «« ,0 lt»M ^ dormittog«, UntranNrrlt lttru^l »eit>en nicht «m«nu>««nl, Vianuitilbt, ni«h» z»riul«e »> l n i « K ;» V i! I n <' li n i <) n") init dem Sitze in Laiba ch erteilt und deren Statuten genehmigt. Den 24. November 19l)9 wurde in der l. l. Ho>^ nnt» Staats« drn8 I^XXlV. und I>XX V. Stüll drr sloucmschm AuSqube des Reichs- gcjchblattcs des Jahrganges lW' ausgegeben und urrjcndct, Nach dem Nmtsblatte zur «Wiener Zeitung» oom 24. 3lo». venlbcr I9üij n«2M» ddto. 12. November 1!»l1^. Nr. ^ .^lll!ont»il^ Od/c» monZilmv^ vom 2(1. Nov. 1909. Nr. 2 «I.ici» vom 18. Novcniber I9(>9. Nr. 92 «Bndweijcr Zeitunss» voin l9. November 5!X)9. Nr. 4»i .i>tr<^ 1. vom l?,. rette 19. November 1W9 Nr. ^ .?rnlot6>> vom 19. Nuvcmbrr 19U','. Nr. 4? «>'k5n I'^vn. vom 19. November 1i>M. Nr. 47 «1'nllll.«k^ <)l,/.s»!. vc,m ' <^, Noucml'l'r 1909, Nr, 24 «lv>>t»c»nul-»ii»' I>i»<,^" uom 19. Novcull»er lW9. Nr V2 .Ll'ilmsril,,cr Wochenblatt- vo», 17, Nou. 19«». Nr. 1.^5' «Vollsiechl> von, N». Nvvcinbcr 1909, MichtamtNcher Geil. Bankprivileqium und Aufnahme der Bar- zahlungen. In einer Betrachtung über den bevorstehenden Beginn der VerhandlulMN wegen Erneuerung des Banlprivilegiums führt das „Fremdenblatt" aus, man gebe sich in maßgebenden Kreisen kcincn gro- ben Hossnungeu hin und werde zufrieden sein, wenn sich die Möglichkeit bietet, die Vanl wenigstens für wenige Jahre sicherzustellen. Möglich sei es, daß auch die Frage der Aufnahme der Barzahlungen Gegenstand der Verhandlungen bilden wird. Ti.e H'anl sei seit dem Jahre 1W1 de sacto eine bar- zahlende Vanl und mit der obligatorischen Verpslich- lung zur Barzahlung würde nur ein Zustand auch in formaler Weise anerkannt werden, der schon feit langem besteht. Nach den an sehr gewichtigen Stellen herrschenden Anschauungen handle es sich bei der ganzen Frage nicht so sehr um die Aufnahme der Barzahlungen, die ja bereits erfolgen, sondern es handelt sich vor allem und in erster Linie um die weit wichtigere Frage, wer im gegebenen Falle die Barzahlung Mieren soll. Tie Bank allein ist heute befugt, in kritischen Zeiten die Barzahlungen zu unterbrechen. Der stärkste Banlpatriotismus aber kann nicht verhindern, daß man es als vorteilhafter empfände, wenn diese Verantwortung von der Bank auf das Parlament abgewälzt würde. Unter biefcm (Gesichtspunkte aber wäre die obligatorische Verpflich- tung zur Barzahlung je eher se lieber herbeizuwün- schen. Die Beantwortung der Frage, ob die Auf- nahme der Barzahlungen ein aktueller Progrannn- Punlt ist, wird davon abhängen, auf wie lange das zu schafsende Provisorium abgeschlossen wird. Da- nach aber wäre vorerst eine skeptische Beurteilung gerechtfertigt. Neue Steucrgcsctzc in Serbien. Unter den Gesehesvorlagen, welche die serbische Legierung der SkuP^tina unterbreitet hat, ist, wie man aus Belgrad meldet, dem (^esehentwurfc über die Bemessung der direkten Steuern eine besonders große Bedeutung beizulegen. Durch das neue Gesetz soll eine gerechtere Verteilung der Staatslasten auf die Steuerträger bewirkt, die EinHebung der Steuern und die Technil der Steuerverwallung vereinsacht werden. D»e Steuern werden in sechs Kllv geleilti (hrunb und Boden, Gebäude, 5l>, und Renten, geschäftliches Einkommen, Persönliches Arbellseilllommen und Perionensteuer. Die <^rund slcuer beträgt in der ersten Klasse ein Prozent des Booenwertes, in den übrigen Budenbesihllassen zehn. bezw. sieben, vier und zwei Dinars pro Hektar. Außerdem kommt zu einer Steuer von über hundert bis fünfhundert Dinars ein zehn- bis oreißigpro- zentiger Zuschlag. Das Gebäudeeinkonnnen wird mil zehn Prozent, der Mietzins von Geschäfts- lokalen mit fünfzehn Prozent besteuert. Vei einer Steuer von über ^W bis 5»<»W Dinars werden zehn bis fünfundvicrzig Prozent Zuschlag berechnet. Der Renten- und Kapitalsertrag wird bei einer sechs- bis neunprozentigen Verzinsung mit zehn, bei einer Verzinsung über zwölf Prozent mit zwanzig Prozeni besteuert. Der Zuschlag beträgt bei ;wei Tausend bis zehn Tausend Dinars Steuern zehn bis fünfunddreißig Prozent. Das geschäftliche Ein- kommen wird von zwei- bis hunderttausend Dinars mit vier bis fünfzehn Prozent, das Einkommen der (Gewerbetreibenden von ein Tausend bis acht Tausend Dinars mit zwei bis sechs Prozent bc- sleuert. Für das Einkommen von physischer Arbeit werden ein bis zwei Prozent, von geistiger Arbeit, zwei bis elf Prozent Steuer entrichtet. Schließ- lich hat ftder volljährige Staatsbürger und ftde Staatsbürgerin, wenn letztere mehr als zehn Dinars direkter Steuer zahlt, sechs Dinars als Personen- steuer zu leisten. Diese außerordentliche ^"." erhöhung soll dadurch gemildert werden, d, neuen Steuern die bisherigen zahlreichen '^iimiugc zur direkten Steuer einbezogen werden. Trotzdem stößt die neue Msetzesvorlage in der Öffentlichkeit, besonders bei den Bürgern und der Kaufmannschaft aus starken Widerspruch, da sie sich durch dieselbe zugunsten der bäuerlichen (Grundbesitzer benachtei- ligt fühlen. Aus diesem Grunde wird die Verhand- lung des Entwurfes in der Stupktina mit Ungeduld erwartet. LeuMewu. Slovenische Märchen. Vorgestern abends veranstaltete der Allgemeine slodcnische Frauenvercin im großen Saale des "Viestni Dom" einen öffentlichen Vortrag, wobei "er bekannte Schriftsteller und Förderer jugendlicher Fürsorgebestrebungen, Bezirlsrichter Herr Franz Mil^'insli, einige seiner auf Grund von Volksliedermotiven bearbeiteten Kindermärchen zur Vorlesung brachte. Hiezu hatte sich ein zahlreiches Publikum eingefunden; insbesondere war die Da- men und auch die Kinderwelt recht ausgiebig ver- treten. Der Vortragende charakterisierte zunächst das Wesen >bes Märchens, dieses jung und alt erfrischen- den SpringqueNs im Garten der Poesie, der jedem Volke teuer ist und teuer bleiben wird, weil dessen Nrastsülle mitten aus der Volksseele hervorsprudelt. ?n den Volksliedern liegt der Märchen- und Sagen- Ichatz des Volles aufgestapelt. Man braucht ihn nur zu heben und er springt silberquellend empor. In den slovenischen Volksliedern ist reiches derartiges Material zu finden. Aber die Bergknappen der Literatur haben hier noch zu wenig geschürft. Ein solcher Schurfverfuch wurde vom Vor tragenden unternommen. Und nicht ohne zu finden, was er suchte. Allerdings war das Gefundene auch Hu heben, zu sichten, zu läutern, zu scheiden und Zu einen dann sprang es silberquellend empor eiit vollendetes Märchen! Und solcher vollende- ter Märchen brachte Herr Mil^inski bereits fünf lM der Zahl vor. Es war die Geschichte vom „Nei^ nen ^eelchen. das nicht in den Himmel durste", ehe es durch opservollen Kreuzgang Mutter und Brüder uud sich selber erlöste, die Geschichte vom „Fahlen Tod im Neinsaß", eine ungemein origi- nelle Historie, „Zu wenig und zu viel Erde", die abenteuerliche Braulfahrt der „jungen Breda" und die wundersame Erzählung vom „Herrn und Birn- baum". Das Gebotene fesselte, fafziniertc, entzückte. Es würde zu weit führen, sich an dieser Stelle in eine Inhaltsangabe einzulassen. Seiner Kürze und hiebei doch genügend hervortretenden Eharalte- ristil wegen sei eines der Märchen hier näher er- wähnt. Es betitelt sich „Zu wenig und zu viel Erde". Ein habgieriger Bauer, reich an GrundlxM, will, nachdem er bis auf den letzten alle Nachbarn um Grund und Boden gebracht hat, auch diefes letz- ten ärmliche Scholle hal>en. Im gütlichen Wege geht's nichi und er fchreiiet zum Patrimonialgericht. Spät abends lenkt er seine Schritte heimwärts, ver- irrt sich und gelangt gegen Mitternacht an ein mauerumsriedetes Gehöfte. Er tappt sich durch, doch siehe da: die suchende Hand faßt Gräber, faßt Kreuze. Er ist richtig in einen Friedhos geraten. Da durchschauert's ihn. Vom Kirchturin her dröhnt es mit bleiernem Schlag. Mitternacht. Er klam niert sich an ein Grab. Und aus dem Grabe tief unten ertönt eine hohle Stimme: „Sohn des Le- bens, Dickbauch, was tust du auf meinem Dache?" Stöhnend erwidert der Baner: „Ich bin ein ver- irrter Wanderer, bin der Bauer 3?., war beim Vogtgerichte, weil mein böser Nachbar inir seinen Besitz nicht gutwillig abtreten will und ich großen Schaden leide." - „Sohn des Lebens, Schmer- bauch, ich lenne dich! Sohn des Lebens, du dauerst mich, du Ann er, ja du hast wohl wahrlich zu wenig Boden, zu wenig Erde. Darum rnußt du auch die des letzten Nachbarn noch haben. O, auch ich war geradeso in, Leben. Geradeso! Nie genug Erdreich hatt' ich. Immer zu wenig. Doch heute hab' ich oej- sen zu viel. O, so beklemmend zu viel. In Mund und Nase, in Augen und Ohren kriecht mir das er- drückende Erdreich. Doch warte, du Sohn des Le- bens, dir kann geholfen werden - lauschen wir... Du hast zu wenig Erde — ich zu viel..." Da regt sich's krachend in der Gruft, das Grab dehnt sich, schaukelt, die Erde schwankt und bricht ein und der Bauer, starr vor Entsetzen, sinkt tiefer und tiefer. Mit gellendem Schlag ertönt plötzlich erlösend die Turmuhr: Ein Uhr nachts! Der Bauer tappt und schleicht und kriecht weiter und bringt sich durch und frühmorgens langt er an sein Heim. Und nie wieder trat er als Kläger aus gegen die Rechte audeier. Er ging in sich und ward ein gnter, ein biederer Menschenfreund. Man sieht den tiefen didaktischen NeU, der dem schlichten Histörchen innewohnt. Und alle haben einen tiefen moralischen Zug. Daß die Sprache, die Herr Mil^inski bietet, eine glänzende ist, sei nicht unerwähnt. Mil<'insli ist eben selber Poet. Und seine der Volksseele abgelauschten Motive tragen die Harfentöne der Poesie. Die Tropen und Figu- ren, die Aliterationen und Nefraine — alles arelft so richtig und doch ungesucht ineinander ^ bildet ein kunstvoll loinpositorisches und ein doch so zu ungezwungen natürliches Ganzes. Ja, wenn die Grubenarbeit im Reviere des slovenischen Märchenhortcs in der von MiU-insti angebahnten Weise wird durchgeführt weiden so wird man späten Enkeln einen wahrlich stol^n Mälchenschatz hinterlassen können. -- Der Nar irag fand seinen wohlverdienten Beifall.