NARODNA IN UNIVERZITETNA KNJIŽNICA 201406646 GESCHICHTE DER EISEN BAHN EN DER OSTERR.-UNGAR. MONARCHIE VI. BAND DAS EISENBAHNWESEN OSTERREICHS IN SEINER ALLGEMEINEN UND TECHNISCHEN ENTWICKLUNG 1898—1908 II. BAND GESCHICHTE DER EISENBAHNEN OSTERREICHISCH-UNGARISCHEN MONARCHIE VI. BAND DAS EISENBAHNWESEN OSTERREICHS IN SEINER ALLGEMEINEN UND TECHNISCHEN ENTWICKLUNG 1898—1908 VERLAO, DRUCK UND EINBAND VON KARL PROCHASKA K. U. K. HOFBUCHDRUCKEREI & VERLAGSBUCHHANDLUNG WIEN * TESCHEN * LEIPZIG MCMVIII DER II. BAND < 5 ~> % 1R] 9 AJ ZUM sechzigjAhrigen regierungs-jubilAum SEINER KAISERLICHEN UND KONIGLICH- APOSTOLISCHEN MAJESTAT FRANZ JOSEPH I. UNTER BESOKDERER FORDERUNG §EINER EXZELLENZ DES HERRN GEHEIMEN RATES UND K. K. EISENBAHNMINISTERS A. D. D5: JULIUS DERSCHATTA E D LEN VON STANDHALT HERAUSGEGEBEN UNTER MITWIRKUNG DES K. UND K. REICHSKRIEGSMINISTERIUMS UND HERVORRAGENDER FACHMANNER. REDIGIERT VON HERMANN STRACH ALLE RECHTE VORBEHALTEN INHALT Seite J. ZUFFER und S. KULKA, Trassierung, Unterbau und Briickenbau. I H. KGESTLER, Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau.153 }. HANNACK, Tunnelbau [mit II Tafeln am Schlusse des Bandes].199 K. GOLSDORF, Lokomotiv- und Wagenbau.285 H. GRAF, Entwicklung des Betriebes.349 Dr. M. JULLIG und W. Freiherr v. FERSTEL, Bau und Betrieb elektrischer Bahnen . . . 367 J. SPITZNER, Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten.421 F. WILLINGER, ZugfSrderung .481 K. U. K. HOFBUCHDRUCKEREI KARL PROCHASKA CHROMOLITHOGR. ANSTALT UND GROSZBUCHBINDEREI TESCHEN KLISCHEES VON ANGERER & GOSCHL IN WIEN PAPIER DER NEUSIEDLER AKTIENGESELLSCHAFT Trassierung, Unterbau und Brlickenbau. i. Der Eisenbahnneubau. Von JOSEF ZUFFER, k. k. Oberbaurat im Eisenbahnministerium. II. Unterbau und Briicken auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. Von SlEGMUND KULKA, k. k. Baurat im Eisenbahnministerium. Trassierung. t D IE Aufsuchung und Feststellung der Trasse einer neuen Bahn gehort I zu den schwierigsten und verant- wortungsvollsten Aufgaben des Eisenbahn- technikers, denn eine technisch ungunstig oder gar unrichtig trassierte und ausge- fiAhrte Strecke bildet einen kaum jemals wieder gutzumachenden Fehler. Die Opfer an Kapital, welche eine Umlegung der Trasse erfordern wurde, sind meist zu grofi und die damit verbundenen Storun- gen im Betriebe zu erheblich, als dafi man sich leichten Herzens zu einer soleh einschneidenden Anderung entschliefien konnte. Die Folgen einer unrichtigen Trassierung bleiben somit meist bestehen und schadigen den Betrieb sowie das Reinertragnis der Bahn. Aber nicht nur die technisch richtige Losung kommt fur den trassierenden Ingenieur in Betracht, sondern auch den vvirtschaftlichen Fragen mufi er eine besondere Aufmerksamkeit zu- wenden. Durch die Wahl einer in bezug auf die zu erschliefienden Gegenden und die zu verbindenden Ortschaften giinstigen oder ungunstigen Linie kann ein grofier Einflufi in volkswirtschaftlicher Hinsicht geiibt werden, obwohl der Hauptzug der Bahnlinie dem Ingenieur zumeist durch verschiedentliche Verhaltnisse bereits vor- geschrieben erscheint. In richtiger Wurdigung der hohen Bedeutung der Eisenbahnen und deren be- sonderen Verantwortung bei der Projek- tierung hat sich daher der Staat vom Anbeginne an eine weitgehende Einflufi- nahme und ein umfassendes Aufsichts- recht in dieser Hinsicht gesetzlich ge- wahrt. Mit dem fortschreitenden Ausbau des Eisenbahnnetzes ist zwar die Erfahrung im Trassieren der Bahnen sehr gefordert worden, dagegen wird das Aufsuchen der neuen richtigen Trassen immer verant- wortungsreicher und schwieriger. Die bequemeren und billigeren, von der Natur gegebenen Verkehrswege sind in den Kulturlandern bereits nahezu ganzlich ausgebaut, so dafi es sich bei den neu zu erbauenden Linien meist um Bahnen handelt, deren Ertragsfahigkeit von vorn- herein vveniger gesichert erscheint. Wahrung der tunlichsten Bauokonomie bei Erzielung der grofitmoglichen Lei- stungsfahigkeit der Bahn mufi darum der Leitstern ftir die Arbeiten des Trasseurs sein und in der Erreichung dieses Zieles liegt vornehmlich die Kunst seines Schaffens! Fortschritte in der Technik des Trassierens. Dem Fachmanne, welcher die tech- nische Entwicklung des Trassierens wah- rend des abgelaufenen Dezenniums einer eingehendenWurdigungunterziehenwollte, wird zunachst auffallen, dafi grofie, um- fassende Fortschritte auf diesem Gebiete nicht zu verzeichnen sind. Dennoch aber wird dem aufmerksamen Beobachter nicht entgehen, dafi in diesem Zeitraume sich gewisse Bestrebungen bemerkbar machten, welche geeignet sind, die kiinftige Ent- wicklung der Trassierung fruchtbar zu beeinflussen. Was vor allem die Wahl der zulas- sigen grofiten Steigungen anbelangt, so ist man wieder zu den am Semmering und bei der Brennerbahn erprobten und bewahrten Steigungen von 25 von Tausend zuruckgekehrt. Die Erfahrungen, welche 1 4 Josef Zuffer. beim Betrieb der Arlbergbabn mit der auf der Westseite lie- genden Durchschnittsneigung von 3C4 von Tausend gemacht wurden, wiesen zwingend dar- auf hin, wesentlich grofiere Neigungen als 25 von Tausend im Interesse der Wirtschaftlich- keit des Betriebes zu vermei- den. Hiebei verdient besonders hervorgehoben zu werden, dafi es keineswegs die Bergfahrt allein ist, welche gegen die Anwendung von hoheren Stei- gungen spricht, sondern in glei- cher Weise auch die Talfahrt. Auf der Westseite des Arlberges z. B. mufi bei der Talfahrt der Giiteraige eine so erhebliche Bremsarbeit aufgewendet wer- den, dafi die eisernen Brems- klotze sich bis zum Gliihen er- hitzen und oft schon nach einer einzigen Fahrt als unbrauchbar ausgewechselt werden miissen. Beim Bau der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest wurde deshalb die Durch¬ schnittsneigung von 25 von Tausend als Grofitmafi festge- setzt und bei der Detailtrassie- rung nur ausnahmsweise eine geringe Erhohung — wie auf der Nordrampe der Tauernbahn, welche eine Steigung von 26" 7 8 von Tausend aufweist — zuge- lassen. Im allgemeinen aber kann man sagen, dafi gleich wie im Auslande so auch in Osterreich das Bestreben nach noch wei- terer Ermafiigung der maxi- malen Neigung vorherrscht und dafi auch hier die Zeit nicht mehr ferne sein wird, in der bei Gebirgsbahnen dem tief- liegenden aber teuereren Basis- tunnel der Vorzug vor dem hoch- gelegenen billigeren Scheitel- tunnel gegeben werden wird. Hinsichtlich der Kriimmungs- verhaltnisse sind wesenlich neue Gesichtspunkte nicht zu Tage getreten. Erst in allerjungster Zeit macht sich das Bestreben immer mehr geltend, sowohl die Zwischengeraden zwischen Bo- gen verschiedener Kriimmung als auch die parabolischen Uber- gangskurven selbst betrachtlich zu verlangern und Hand in Hand damit fiir Hauptbahnen den kleinsten Bogenhalbmesser R = 300 m festzusetzen. Einige interessanteNeuerun- gen — wenn auch bisher nur vereinzelt angewendet — sind dagegen auf dem Gebiete der Linienabsteckung und der Ge- landeaufnahme zu verzeichnen. Hieher gehort in erster Linie die Anwendung der optischen Di- stanzmessung fiir solche Zwecke, welche eine besondere Genauig- keit erfordern und fiir welche friiher ausschliefilich die unmit- telbare Langenmessung in Ge- brauch gestanden war. Wenn- gleich die theoretischen Grund- lagen der optischen Distanzmes- sung schon seit langem bekannt sind und auch hiefiir geeignete Prazisionsinstrumente ebenso lange schon zur Verfiigung ste- hen, wollte es dennoch nicht gelingen, dieser wertvollen Me- thode auch aufierhalb des Rah- mens der gewohnlichen Tachy- metrie ausreichende Anwendung zu verschaffen. Es ist das unbestrittene Ver- dienst des bekannten Geodaten und Inspektors der k. k. oster- reichischen Staatsbahnen Anton Tichy, seit jeher fiir die Er- weiterung des Anwendungsge- bietes der optischen Distanz- messung in Wort und Scbrift eingetreten zu sein, und seinen Bestrebungen ist es auch zu dan- ken, dafi in den letzten Jahren in Osterreich eine ganze Reihe bedeutender geodatischer Arbei- ten, bei welehen die optische Distanzmessung einen hervor- ragenden Platz einnahm, zur Ausftihrung gelangte. Diese Ar- beiten wurden uber Auftrag der 5 Trassierung, Unterbau und Briickenbau. k. k. Eisenbahnbaudirektion von Tichy selbst vorgenommen, und zwar zum grofiten Teile nach der von ihm bereits vor nahezu 30 Jahren angegebenen logarithmischen Methode. Die theoretischen Grundlagen der optischen Distanzmessung konnen als bekannt vorausgesetzt werden; zur Kenn- zeichnung der logarithmischen Methode sei nur kurz angefuhrt, dafi I. die Distanz- latte mit einer logarithmischen, also un- gleichformigen Teilung versehen ist, 2. die Distanzmessung mit konstantem mikro- metrischen Winkel (konstanter Bildgrofie) und variablem Lattenabschnitt erfolgt und 3. das Fernrohr zum Zwecke der mog- lichst genauen Lattenablesung mit einem wertvollen Tatsache, welche sich aus der Kombination der logarithmischen Latte und des konstanten mikrometrischen Winkels ergibt. Stellt man namlich den unbeweglichen Faden O scharf auf die Nullmarke der Latte ein, so trifft — wie sich mathematisch nachweisen l&fit —■ der Mikrometerfaden U unter ali en Um- standen ein Teilungszwischenstiick der logarithmischen Latte, dessen Grofie in einem unveranderlichen Verhaltnisse zur jeweiligen Lattenentfernung steht, d. h. der Gesichtswinkel, unter welchem sich das vom Mikrometerfaden getroffene Teilungs- zwischenstiick darstellt, ist stets gleich- bleibend—also unabhangig von der Latten- Triangulierung- far denflau dss KaravankenTuiuiels. Schnlttirider Tuimelachs e undKorizoritalprojektion. £> G km Abb. 2. Okularfilarschraubenmikrometer versehen ist.*) Durch die Amvendung der in Abb. I dargestellten logarithmischen Distanzlatte wird unmittelbar der ftir die spatere Rechnung erforderliche Logarith- mus des gesehenen Lattenabschnittes ab- gelesen, und zwar bis auf die vierte Dezi- malstelle. Der besondere Vorteil der loga¬ rithmischen Distanzlatte liegt aber nicht in dem geringftigigen Umstande, sofort den Logarithmus anstatt der einfachen Langenangabe des Lattenabschnittes zu erhalten, sondern in einer eigentiimlichen *) Eine eingehende Darstellung der optisch- logarithmischen Methode der Distanzmessung siehe: „Doležal, Hand- und Lehrbuch der niederen Geodasie, 1. Band“, sowie „Starke, Logarithmisch-tacbymetrische Tafeln ftir den Gebrauch der logarithmischen Tachymeternach Patent Tichy & Starke' 1 . entfernung. (Bei den Latten gewohn- licher gleichformig geteilter Art ist der Gesichtswinkel um so kleiner, je grofier die Lattenentfernung ist!) Erst der letzt- genannte Umstand ermoglicht die An- wendung des Okularfilarschraubenmikro- meters zur genauen Messung des sich ergebenden Bruchteiles des vom Faden getroffenen Lattenzwischenstuckes, also die Ablesung des Logarithmus bis auf die vierte Dezimalstelle. Schliefilich sei noch erwahnt, dafi ein wesentliches Er- fordernis ftir die Genauigkeit einer op¬ tischen Distanzmessung die Vervvendung einer seharf geteilten Distanzlatte ist, welche unbedingt mit Stiitzen sowie einer Kreuz- oder Dosenlibelle zur genauen Vertikalstellung versehen sein mufi. Von den bereits friiher erwahnten geodatischen Arbeiten, bei welchen die 6 Josef Zuffer. logarithmische Methode der optischen Distanzmessung Anwendung fand, seien die Absteckungsarbeiten fiir die Drau- briicke und den Rosenbachviadukt der Karawankenbahn, die Arbeiten fiir die Absteckung der beiden Klammtunnel auf der Nordrampe der Tauernbahn sowie vor allem die Messung und Stationierung des Tangentenpolygonzuges der 78 km langen Strecke Sambor—Jablonka nižna (Linie Lemberg—Sambor—Sianki) ange- fiihrt. Besonders hervorgehoben zu werden verdienen aber die Basismessungen fiir die Triangulierungen am Bosruck-, Karawan- ken- und Wocheinertunnel, welche gleich- falls auf optisch - logarithmischem Wege erfolgten und welche zum erstenmal die praktische Amvendung der optischen Distanzmessung fiir derart bedeutende, grofe Genauigkeit erfordernde Ver- messungsarbeiten darstellen. Nachfolgend seien als Beispiel die beim Karawanken- tunnel vorgenommenen Vermessungsarbei- ten kurz erlautert. Diese wurden gleich allen iibrigen vorstehend genannten geo- datischen Arbeiten von Tichy durch- gefiihrt. Zur genauen Bestimmung der Tunnel- lange und Tunnelachse war naturgemafi eine Triangulierung des Tunnelgebietes notwendig. Im Gegensatz zu den iiblichen Triangulierungen, bei welchen meist Drei- ecke von nicht zu sehr verschiedener Seitenliinge angestrebt iverden, wurden die Vermessungsarbeiten des Karaivanken- tunnels — wie Abb. 2 zeigt — auf ein Netz sehr lang gezogener Dreiecke ba- siert. Die gegebene Terrainfiguration fiihrte dazu, die Basis AE nicht im Talgebiete, sondern hoch oben auf der Wasserscheide des Gebirgsstockes zu wahlen. Eine un- mittelbare Messung derselben war unmog- lich, weil sie iiber Abgriinde hinweg zieht; es wurde deshalb an ihrer Stelle der Polyg° n zug ABCDE unmittelbar ge- messen und aus demselben die Lange der Geraden AE berechnet. Die Lange der so gefundenen Basis betragtnur 561'261 m , also kaum den siebzehnten Teil der Strecke NS. Die vier Polygonseiten wurden optisch gemessen, und zwar ist die Langenangabe einer jeden Seite das Ergebnis von 30 bis 60 von einander unabhangigen Einzelbeobach- tungen. Es ist hier nicht der Ort, genau zu beschreiben, wie und unter welchen besonderen V orsichtsmafiregeln die optisch- logarithmische Messung der einzelnen Poly- gonseiten vor sich ging. Envahnt sei nur, dafi jede Einzelbeobachtung verworfen wurde, wenn sie nicht innerhalb des Grenzwertes von 1 : 3000 der Seitenlange blieb. Fiir die Absteckung der Tunnelachse war die Sachlage insofern aufierordent- lich giinstig, als es moglieh war, den in der Vertikalebene der Tunnelachse gele- genen Punkt B, von welchem sowohl N als auch S sichtbar waren, unmittelbar zu bestimmen. Auf die weitere Beschreibung der Winkelmessungen und sonstigen geo- datischen Arbeiten kann hier nicht naher eingegangen werden. Eine aufmerksame Betrachtung des iiber der Horizontpro- jektion des Dreiecksnetzes dargestellten Langenprofils gibtj iiber die Notwendigkeit und Zweckmafiigkeit der in der Richtung der Tunnelgeraden angebrachten Llaupt- punkte N, B, S und der Zwischenpunkte N 2 , ON, N, und OS ohne weiteres Auf- schlufi. ON und OS sind die beiden Tunnel- observatorien — die iiberdachten Stand- punkte fiir die Aufstellung der Instrumente behufs Ubertragung der Achsenrichtung in den Tunnel. NP und SP sind Achspunkte an den Richtstolleneingangen und Ausgangs- punkte fiir die Tunnelmessungen. Aus der Triangulierung ging zunachst die Lange NS hervor; um nun die Ent- fernung von NP nach SP zu bestimmen, mufiten demgemafi auch noch die Strecken N—NP und S—SP gemessen werden, was gleichfalls auf optisehem Wege ge- schah und wobei auf der Siidseite die Hilfsbasis I—II Anwendung fand. Nach der im durehgeschlagenen Stoli en vorgenommenen, mit den gewohnlichen Mefilatten ausgefiihrten Kontrollmessung der Stollenlange unterschied sich die aus der Triangulierung gerechnete Lange gegentiber der unmittelbar gemessenen um O'45 m. Mit diesem Schlufergebnisse diirfte wohl iiberzeugend die Eignung der op- Trassierang, Unterbau und Briickenbau. 7 tischen Distanzmessung auch fur genaue geodatische Ar- beiten nachgewiesen sein. Ebenso grofies Interesse als die bisher genannten Ver- messungsarbeiten am Bos- ruck-, Karawanken- und Wo- cheinertunnel darf die gleich- falls von T i c h y durchge- fiihrte Basismessung fur die Triangulierung am Tauern- tunnel beanspruchen. Hier brachte T i c h y ein neues, von ihm erst in den letzten Jahren erfundenes eigenarti- ges Verfahren der Langen- messung zur Anwendung. Dieses kommt an Genauig- keit der iiblichen Langenbe- stimmung mit Prazisions- Basismefiapparaten minde- stens gleich, h at aber den Vorteil ausgedehnterer An- wendungsmoglichkeit und er- heblicher Zeitersparnis vor- aus. Eine ausfiihrliche Dar- stellung dieser Methode soli hier nicht gegeben werden, da sie von T i c h y selbst zurzeit noch nicht ver- offentlicht worden ist; es soli nur dar- auf hingewiesen werden, dafi der beim Tauerntunnel festgestellte Genauigkeits- erfolg ein aufierordentlich guter war.*) — Unter Zugrundelegung der gleichen Methode wurden auch die Absteckungs- arbeiten fur die Angerschluchtbrucke auf der Nordrampe der Tauernbahn durch- gefiihrt. Die Ubertragung der Tunnelachsen in die Richtstollen geschah bei den vier grofien Wasserscheidentunnels mit beson- deren Prazisionsinstrumenten, welche in den Abb. 3 und 4 dargestellt erscheinen. Diese wurden von der Firma Starke & Kammerer in Wien fur die k. k. Eisen- bahnbaudirektion unter Beriicksichtigung aller neueren Erfahrungen konstruiert, und zwar ahnlich jenen Instrumenten, welche *) Eine ausfiihrliche Beschreibung dieser neuen Methode der genauen Langenmessung beabsichtigt Tichy in der Zeitschrift des Osterreichischen Ingenieur- und Architekten- vereines zu veroffentlichen. bei den Absteckungen des Mont-Cenis-, Gotthard- und Arlbergtunnels Verwendung gefunden hatten. Eine vollstandigeAbsteck- garnitur besteht aus 1. dem eigentlichen Absteckinstrument, 2. drei Stativen, 3. drei Zentrierapparaten und 4. zwei Sig- nallampen. Die bemerkenswertesten konstruktiven Einzelheiten dieser Instrumente sind der Zentrierapparat und die Vorrichtung zur Beleuchtung des Fadenkreuzes, welch letztere notwendig ist, da Hauptab- steckungen der Tunnelachse im Interesse der Genauigkeit grundsatzlich in der Nacht durchgefiihrt werden. Zur Beleuch¬ tung des Fadenkreuzes ist die Fernrohr- drehachse durchbohrt und ein vor diese Bohrung im Innern des Fernrohres ein- gesetzter Spiegel bringt durch Reflexion das Licht der seitlich angebrachten Lampe auf die Visurfaden. — Die Azetylen- Signallampe wird in gleicher Weise \vie das Absteckinstrument selbst zentriert; die Visurspalte ist ausrvechselbar, so dafi Abb. 3. Tunnelabsteck-Instrument mit Zentrierapparat. 8 Josef Zuffer. dieBreite derselben der jeweiligen Distanz angepafit werden kann.*) Zum Schlusse dieses Abschnittes er- iibrigt es noch, der Entwicklung, welche die Photogrammetrie durch den Ubergang zur Stereophotogrammetrie genommen hat, kurz zu gedenken Schon in der »Geschichte der Eisenbahnen der osterr,- ungar. Monarchie« (Band II) wurde das Wesen des photogrammetrischen Auf- nahmsverfahrens durch den derzeitigen Stellvertreter des Generalinspektors der osterreiehischen Eisenbahnen, Herrn tlofrat Karl W e r n e r, anschaulich dargestellt. Die wesentlichste Schwierigkeit dieses alteren photogrammetrischen Mefiver- fahrens besteht in der Aufsuchung iden- tischer Punkte auf den Platten je zweier zusammengehoriger Gelandeaufnahmen. Diese Schwierigkeit ist in den letzten Jahren durch eine ungemein sinnreiche Erfindung des wissenschaftlichen Mit- arbeiters des beruhmten Zeifi-Instituts in Jena, Dr. C. Pulfrich, behoben worden. Dieser hat einen besonderen Hilfsapparat, den Stereokomperator, kon- struiert, durch \velchen das obgenannte Aufsuchen identischer Punkte in den zugehorigen photographischen Platten unnotig \vird und an dessen Stelle ein stereoskopisches, unmittelbar in dem Relief- bilde vorzunehmendes Mefiverfahren tritt. Der Stereokomperator ist so einge- richtet, dafi seine Einstellung auf einen beliebigen Gelandepunkt des Relief- bildes ohne weiteres drei wesentliche Angaben liefert: die Grofie der Abszisse und der Ordinate auf der Platte des einen der beiden Aufnahmsstandpunkte und die Parallaxe bezliglich beider Stand- punkte. Fiir die zeichnerische Darstellung des Gelandes ergibt sieh sodann aus der Abszisse am besten graphisch die Rich- tung — der Rayon — des Gelande- punktes, aus der Parallaxe durch eine ganz einfaehe Rechnung die Distanz und aus der Ordinate in Verbindung mit der Distanz die notwendige Hohenlage. An Stelle des bei den alteren photogramme¬ trischen Aufnahmsverfahren notwendig gewesenen»Rayonnierens undSchneidens« *) Eine genaue Beschreibung dieser Instrumente siehe: Eduard Dol e žal, Hand- und Lehrbuch der niederen Geodasie, II. Band. (ahnlich den Mefitischmethoden!) tritt somit hierein »RayonnierenundMessen«.*) Ein Nachteil der stereophotogramme- trischen Aufnahmsmethode gegeniiber dem alteren Verfahren liegt in der Be- dingung, dafi die beiden photographischen Platten im Moment der Aufnahme ge- nau in einerEbene liegen mtissen. Dadurch wird die Wahl der Basispunkte (Auf¬ nahmsstandpunkte) und die Einsicht in das Terrain wesentlich beeintrachtigt. Es ist jedoch zu hoffen, dafi auf dem in neuester Zeit von Professor Karl Fuchs in Prefiburg betretenen Wege es gelin- gen werde, diese beschrankendeBedingung aus dem Aufnahmsverfahren auszuschal- ten, ohne dafi dadurch die Konstruktion und Beniltzung des Stereokomperators wesentlich erschwert wird und ohne dafi das Mafi der erforderlichen Bureauarbeiten eine ungebuhrliche Vermehrung erfahrt. Die Ansichten liber die besondere Eignung der Stereophotogrammetrie fiir besondere Eisenbahnvorarbeiten sind zur Zeit noch nicht vollstandig geklart. Die Ur- sache fur die Verschiedenheit der Anschau- ungen dtirfte aber zum grofiten Teile in dem ungleichen Mafie der Anforderungen gelegen sein, welche an die Methode gestellt werden. Die Photogrammetrie kann keineswegs dazu berufen sein, die bis- herigen Aufnahmsmethoden ganzlich zu verdrangen und zu ersetzen. So wie beispielsweise die Querprofilaufnahme trotz der bereits allgemein gewordenen Ein- ftihrung der Tachvmetrie noch immer mit zu den notwendigen Vorarbeiten des Eisenbahnbaues gehort, ebenso wird auch die Tachymetrie durch die Stereophoto¬ grammetrie niemals vollstandig ersetzt werden konnen. Dagegen erscheint die letztere dazu berufen, die alteren Auf¬ nahmsmethoden in vorteilhafter Weise zu erganzen, und zwar dort, wo diese ver- sagen oder unzweckmafiig werden. Dies trifft vornehmlich im Hochgebirge und in unzuganglichem Gelande zu, sowie iiberall da, wo eine besondere Genauig- keit weniger erforderlich ist, wo es *) Eingehendere Darstellungen der Stereo¬ photogrammetrie beziehungsweise des Stereo¬ komperators siehe in den beziiglichen Ab- handlungen von Dr. Pulfrich, Freiherr von Hiibl, Schell, Selger und Truck. Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 9 dagegen auf eine mehr iiber- sichtliche grofizilgige Fest- legung der Bodengestaltung ankommt, beispielsweise fiir Aufnahmen zum Zwecke der Verbauung von Lawinengan- gen, Vermurungen u. s. w. In Osterreich fand die Stereophotogrammetrie auch aufierhalb des Rahmens der Topographie bereits mehrfach Anwendung. Envahnt seien die Aufnahmen der Gebiete des Pitzbaches, der Sanna und einzelner Talstufen des Otztales in Tirol sowie des Lutzbaches und der Alfenz in Vorarlberg. Hier dienen die Aufnahmen mit Erfolg als Grundlagen fiir Studien, welche die Herstellung von Wasserkraftanlagen zum Zwecke des elektrischenBahn- betriebes im Auge haben. Fiir unmittelbare Eisenbahn- vorarbeiten fand die Methode in jtingster Zeit auf der in Trassierung befindlichen Li- nie Mals—Landeck (Tirol) Anwendung, wo nachst dem Finstermiinz- passe eine ungefahr 3 km lange, im Be- reiche der Kitzmaiswande gelegeneStrecke stereophotogrammetrisch aufgenommen wurde. Die Trassen der ivichtigsten seit i8g8 erbauten Bahnen. Das abgelaufene Dezennium wird in der Geschichte der osterreichischen Eisen- bahnen stets einen hervorragenden Platz einnehmen, derin abgesehen von den zahl- reichen neuen Eisenbahnlinien, welche in den letzten zehnjahren in den einzelnen Kronlandern unserer Monarchie zerstreut zur Ausfiihrung gelangten, fullte diese ganze Zeit ein gewaltiges Werk aus, welches ebenso einen Markstein in der Eisenbahnbaugeschichte Osterreichs be- deutet, wie solche der Bau der Semmering- bahn, dieUberschienung des Brenners und Arlberges und wohl auch der Bau der Wiener Stadtbahn gewesen sind. Der Bau der neuen Alpenbahnen mit ali den vor- |. Tunnel-Signallampe mit Zentrierapparat. bereitenden Arbeiten hiezu beanspruchte fast die ganze Zeit seit 1898, und diesen nahezu von der Donau bis zur Adria reichenden schwierigen Gebirgs- bahnen, mit welchen Osterreich dem Welt- verkehre neue Wege, die zweite Ver- bindung mit Triest, eroffnete, moge auch eine in sich abgeschlossene, spater fol- gende Besprechung gewidmet sein. Fassen wir nun zuerst die in Oster¬ reich in den letzten zehn Jahren zur Ausfiihrung gelangten oder begonnenen Hauptbahnen und wichtigen Lokalbahn- linien ins Auge und beginnen \vir mit dem im Herzen der Monarchie gelegenen Kronlande Niederosterreich, so erregen hier zwei zurzeit im Bau befindliche Bahnen unsere besondere Aufmerksamkeit: Die Linie Krems—Gr ein und die Wechselbahn. Die Konzession zur Erbauung der erstgenannten Linie wurde am 14. Dezember 1905, RGB. Nr. 190, erteilt. Sie fiihrt vonKrems am linkenDonau- ufer durch die wegen ihrer landschaftlichen Schonheit mit Recht bertihmte Wachau IO Josef Zuffer. iiber Diirrenstein, Spitz und Emmersdorf nach Kleinpochlarn und weiter Donau aufrvarts iiber Persenbeug und Sarming- stein nach Grein. Hier schliefit sie an die schon bestehende Lokalbahnlinie Maut¬ hausen—-Grein an und steht somit durch diese in unmittelbarer Verbindung mit dem wichtigen Eisenbahnknotenpunkte St. Valentin der Kaiserin Elisabeth-Westbahn. Der Bau der Bahn Krems—Grein verfolgt in erster Linie den Zweck, die Gebiete am linken Donauufer wirtsehaftlieh zu heben und den Fremdenverkehr des Donautales, insbesondere der Wachau, rvesentlich zu fordern. Nebstdem aber wird die genannte Linie auch in der Lage sein, einerseits den Verkehr von der West- bahn teilweise abzulenken und so zur Entlastung der ohnedies schon in hohem Grade beanspruchten Strecke Amstetten -—Wien beizutragen und anderseits eine giinstige Verbindung zwischen den ein- zelnen Verkehrswegen zu bilden, welche aus den linksufrigen Landgebieten zur Donau streben. Obwohl als Lokalbahn konzessioniert, hat die Linie dennoch die Richtungs- und Neigungsverhaltnisse einer Hauptbahn zrveiten Ranges erhalten. Die grofi te Steigung betragt io von Tausend, der kleinste Bogenhalbmesser 200 m. Die Lange der Strecke Krems—Grein mifit 77 km, von welchen rund 2850 m auf 14 ldeine Tunnel entfallen. Die Ent- fernung von St. Valentin iiber Grein und Krems nach Wien ist um 26 km grofier als jene der Westbahnstrecke. Die neue Linie diirfte voraussichtlich im Laufe des Jahres 1909 dem offentlichen Verkehre iibergeben werden. Unter der Wechselbahn ist die auf Grand des Gesetzes vom 19. Februar 1907, RGB. Nr. XXXV, in Ausfiihrung begriffene Linie As p ang—Friedberg zu verstehen. Sie steht in unmittel- barstem Zusammenhange mit der als Lokalbahn konzessionierten, aber als Hauptbahn zrveiten Ranges erbauten Strecke Friedberg—Hartberg, rvel- che am 15. Oktober 1905 dem offent¬ lichen Verkehre tibergeben \vurde. Die genannten Linien stellen in ihrem Zusam¬ menhange mit der Eisenbahn Wien— Aspang eine schon seit langem ange- strebte, zrveite — von der Siidbahn un- abhangige — Schienenverbindung Nieder- osterreichs mit Steiermark her und sind sonach berufen, dereinst Glieder einer rvichtigen Durchgangslinie zu rverden. Zur zrveiten unmittelbaren Eisenbahn- verbindung mit Graz fehlt allerdings noch die Linie Hartberg—Gleisdorf, die aber in Anbetracht ihrer Wichtigkeit von den Lokalinteressenten eifrigst angestrebt, rvohl auch bald verrvirklicht rverden diirfte. Die Wechselbahn nimmt in Aspang auf niederosterreichischem Boden ihren Ausgang. Sie rvendet sich nach Um- fahrung des Marktfleckens mit einer 3 km langen Entrvicldungsschleife in das Ungar- bachtal und steigt sodann mit 22’5 von Tausend durchschnittlicher Steigung am Westhangedes kleinen Hartberges zur Per- sonen-Halte- und Verladestelle Monnich- kirchen empor. Der Gebirgsstock des Wech- sels rvird mit einem den grofien Hartberg durchbrechenden, 2460 m langen Wasser- scheidentunnel unterfahren, dessen Scheitel- punkt in einer Seehohe von 675 m ge- legen ist.*) Jenseits der Wasserscheide steigt die Trasse mit einer grafiten Nei- gung von I3'4 von Tausend anfangs durch den Graben des Tauchenbaches, dann durch das Tal des Pinkabaches nach Friedberg ab. Zrvischen beiden Wasser- laufen rvird der Hochfeldrucken mit einem 1208 m langen Tunnel durchbrochen. Von Friedberg folgt die Bahn stellenrveise mit der von nun ab grafiten Neigung von 12'5 von Tausend dem Zuge der Bezirks- strafie bis Rohrbach, strebt hierauf dem Tale des Lungitzbaches zu und fuhrt in diesem bis St. Johann in der Heide, von rvo sie sich unmittelbar nach dem 4 km rvestlich gelegenen Hartberg rvendet. Hier schliefit sie zurzeit an die im Staats- betriebe stehende Lokalbahn Hartberg— Fiirstenfeld an. — Der angervendete klein¬ ste Bogenhalbmesser betragt 250 m, die Summe der erstiegenen Hohen von Aspang bis Hartberg 199'5 m, in umgekehrter Richtung 346 m ; die Entfernung beider Punkte mifit rund 49 Bahnkilometer. Beide Strecken, sorvobl die von Aspang bis Friedberg als auch jene von Fried¬ berg bis Hartberg, fiihren stellenrveise *) Scheitelpunkt des Semmeringtunnels 898 m iiber dem Adriatischen Meere. Trassierung, Unterbau und Brilckenbau. 11 durch schwieriges Gelande und weisen demgemafi auch eine ganze Reihe inter- essanter Kunstbauten — besonders gro- fierer Viadukte auf. Eine Anzahl technisch beraerkenswerter Lokalbahnen wurde in Niederosterreich durch das Landeseisenbahnamt ausgefiihrt. Besonderes Interesse unter diesen verdient die schmalspurige Bahn K i r c h b e r g a. d. Pielach — Mariazell — Gufiwerk, deren letzte Teilstrecke im Jahre 1906 schrankt sich daher in diesem Gebiete in den letzten zehn Jahren vornehmlich auf eine Verdichtung des vorhandenen Netzes und auf eine Verbesserung bereits bestehender Verbindungen. Trotzdem kamen aber auch hier einige neue Linien, deren Bedeutung erheblich iiber jene ein- facher Lokalbahnen hinausreicht, zum Bau. Im Nordwesten Bohmens verdient zu- nachst die auf Grand der Konzessions- urkunde vom 21. Mai 1896, RGB. Nr. 91, Abb. 5. Linie Hartberg—Friedberg; Trasse bei Kilometer 22-5 mit dem Thalberg-Viadukt. eroffnet wurde. Da diese Linie jedoch bereits im ersten Bande dieses Werkes in dem Abschnitte iiber Lokal- und Klein- bahirvvesen ihre Darstellung gefunden hat, so ist ein weiteres Eingehen auf sie an dieser Stelle nicht erforderlich. Wenden wir nun unsere Aufmerksamkeit den industriereichen Sudetenlandern zu. Hier, wo Handel und Gewerbe schon seit alters her in hoher Bliite stehen, hatte das Eisenbahnwesen naturgemafi schon vor Beginn des letzten Dezenniums eine \veitgehende Ausgestaltung erfahren. Der Zmvachs an neuen Schienenwegen be- als Hauptbahn zweiten Ranges erbaute, 54 km lange Linie Marienbad—Karls- b a d unsere Beachtung. Sie schafft durch Uberschreitung des Tepler Gebirges eine unmittelbare wertvolle Verbindung dieser beiden Weltkurorte, indem sie hiebei den friiheren Weg iiber Eger um mehr als 26°/ 0 abkiirzt. — Von der Staatsbahnlinie Pilsen—Eger abzweigend, steigt die Trasse im Osten Marienbads aus dem Tale des Amselbaches mit 23 von Tausend grofiter Neigung auf das 140 m hoher gelegene Teichplateau von Habakladrau, wendet sich dann ostlich dem Laufe der Tepi zu 12 Josef Zuffer. und folgt dieser mit mafiigem Gefalle bis nahezu nach Karlsbad. Am Fufie des Aberges wird die Tepi verlassen und mit Hilfe einer geringen verlorenen Steigung das breite fruchtbare Tal der Eger und damit der neuerbaute Zentralbahnhof Karlsbad gewonnen, in welchem nun die Ztige der k. k. Staatsbahnen und der Buschtehrader Eisenbahn gemeinsam ein- mtinden. Die neue Hauptbahn wurde am 17. Dezember 1898 dem offentlichen Ver- kehre ubergeben. Ein halbes Jahr spater folgte die Er¬ tl ffnung der letzten Teilstrecke der Linie Karlsbad — Johanngeorgenstadt, durch welche die vorerwahnte Bahn eine \vichtige Fortsetzung nach Norden und Anschlufi an das koniglich sachsische Eisenbahnnetz fand. Diese 36 km lange, auf Grund der Konzessionsurkunde vom 2. Dezember 1895 erbaute Linie stellt sich als eine landschaftlicb und technisch sehr bemerkenswerte Gebirgsbahn dar. Sie tiberschreitet den Kamm des Erz- gebirges in einer Seehohe von 914 m und mufi bis dahin von Karlsbad aus 538 Hohenmeter ersteigen. Auf eine Lange von 7 km , von Neurohlau bis Neudek, wird die Lokalbahn Chodau—Neudek be- niitzt. Um die Kammhohe des Erzgebirges zu gewinnen, ist trotz der angewendeten durchschnittlichen Steigung von 26 von Tausend eine erhebliche Entwicklung der Linie von Neudek ab notvvendig; wah- rend die Luftlinie Neudek — Johann georgenstadt nur i2 - 5 km betragt, weist die Bahnlinie zwischen diesen beiden Punkten 27 Betriebskilometer auf! — Die Strecke ist der Konzessionsurkunde ge- mafi als Hauptbahn zweiten Ranges mit einem Minimalhalbmesser von 180 m (aus- nahmsweise 150 m) erbaut. Im Zusammenhange mit der Eisen- bahnlinie Marienbad—Karlsbad—Johann¬ georgenstadt wurde schliefilich noch die imjahre 1899 konzessionierte Fliigelbahn von Schonwehr nach E 1 b o g e n zum Anschlufi an die schon 1877 erbaute Lokalbahn Elbogen—Neusattl hergestellt. Der wirtschaftliche Aufschwung, wel- cher in den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts eingetreten war, iibte natur- gemafi auch seine Wirkung auf das Eisen- bahnwesen aus. Die Leistungsfahigkeit der am meisten in Anspruch genommenen Bahnverbindungen mufite gehoben werden, was einerseits durch umfangreiche St ations- erweiterungen und durch die Legung zweiter Gleise erreicht wurde, ander- seits aber dort, \vo auch diese Mafi- nahmen nicht ausreichend erschienen, zum Baue neuer, den Verkehr ablenkender Linien fiihrte. Zu jenen neu erbauten Strecken, welche diesem letzteren Um- stande ihre Entstehung verdanken, ge- horen die Linien Beraun—Dušnik und Rak o nit z—Laun. Die erstere am 18. Dezember 1897 eroffnete 15*3 km lange Linie dient zur Entlastung der Bohmischen Westbahn, besonders der Station Smichow, — die letztere hat den Zweck, den fiir Siid- bohmen und die siidlichen Kronlander be- stimmten Gtiterverkehr von jenen Staats- bahnlinien, welche aus den nordwest- bohmischen Kohlenrevieren nach den Industriezentren Prag und Pilsen fiihren, abzulenken und auf die Linie Rakonitz— Protivin—Budweis tiberzuleiten. Die 45 km lange Linie Rakonitz—Laun wurde am 17. August 1901 konzessioniert und als Hauptbahn zweiten Ranges erbaut. Sie ftihrt von Rakonitz auf das Plateau von Wetzlau, tibersetzt bei Johannestal die Linie Prag—Eger der Buschtehrader Eisenbahn und iiberschreitet sodann nachst Mutowitz die sekundare Wasserscheide zwischen der Beraun und der Eger. Von hier erfolgt der windungsreiche Abstieg durch das Tal des Hriwitzerbaches nach Laun. Besonderes Interesse aus mehrfachen Griinden verdient endlich noch eine in Nordbohmen unter dem bescheidenen Titel einer Lokalbahn erbaute rund 150 km lange Linie: die Nordbohmische Trans- versalbahn von T e p 1 i t z nach R e i c h e n- b e r g. Sie dient als nun bester und kflrze- ster Weg zur Verbindung des Briix-Duxer Braunkohlenbeckens mit dem Reichen- berger Industriegebiete. Interessant ist sie zunachst durch den Umstand, dafi sie die einzige Bahn grofierer Bedeutung in Osterreich ist, die in letzter Zeit ohne jede finanzielle Untersttitzung des Staates, also vollstandig aus Privatkapital erbaut wurde, bemerkenswert auch dadurch, dafi zu ihrer Herstellung — im Zeitalter der Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 13 grofien Eisenbahnverstaatlichungen — eine bereits im Staatsbesitze befindliche Eisen- bahn, die vormalige Lokalbahn Bohm.- Leipa—Niemes, an ein Privatunternehmen verkauft wurde. Am 13. Juni 1896, RGB. Nr. 115, wurde die Konzession fur die genannte Linie an die Aussig-Teplitzer Eisenbahn- Gesellschaft erteilt. Trotz ihrer Bezeich- nung als Lokalbahn erhielt sie im Hin- blicke auf ihre kiinftige Entwicklung von vornherein die bauliche Ausriistung und Betriebseinrichtung einer Hauptbahn ! Sie ist eine Querbahn im vollsten Sinne des schritteneEisenbahnbetriebstechnik,welche auch vor derartigen Trassenfiihrungen nicht zuriickweicht, anderseits ein Beweis fur die hohe wirtschaftliche Stufe des von der Bahn durchzogenen Gebietes, welche dem Bahnunternehmen trotz der ungiin- stigen Anlageverhaltnisse ein entspre- chendes Ertragnis sichert. In dem zur Darstellung gebrachten Langenprofile fallen zwei Wasserscheiden, welche iiberschritten werden mussen, be- sonders auf: die des Bohmischen Mittel- gebirges und jene des Jeschkengebirges. Die Summe der erstiegenen Hohen betragt Langenschnitt der Nordbohmischen. TransversaTbahn Teplitz (Settenzj-Reidhenberg. Teplitz Settenz, lobositz Leitmeiitz. Auscha BohmLeipaUiemes T.Gabel BeiehenberfjA.T.E. St ali on en M»aooo 00 ao na o e a o bodo a □ b»d o o o o a 10 20 30 /±0 60 70 80 90 310 120 130 1^0 Betriebs-Km. |-1-1-1-1-j-1- l-l-1-1-■-'- 1 - 1 -1 0 50 100 150 Abb. 6. Wortes, indem sie an sieben fremde Bahnen mit 16 verschiedenen Verkehrsrichtungen anschliefit und auch gezwungen ist, ihre Trasse quer iiber Gebirge und Fltisse in standigem Steigen und Fallen zu suchen! Es konnte ihr daher auch nicht die vom Betriebe mit Recht so sehr gefiirchtete •Sageform des Langenschnittes erspart werden und ist sie damit der Typus jener Bahnen geworden, welche sich als »Nach- kommlinge« ihren Weg in ungiinstigem Gelande suchen mussen, nachdem die bequemen von der Natur gegebenen Ver- kehrswege schon von gliicklicheren Vor- gangern vorweggenommen worden sind. Die Erbauung einer derartigen Bahn ist einerseits ein Zeichen ftir die fortge- in der Richtung von Teplitz nach Reichen- berg 888 m , in der entgegengesetzten Richtung 743 m. Als grofite Steigung wurde 25 von Tausend, als scharfste Kriim- mung eine solche von R — 240 m ange- wendet.*) Bevor wir das Eisenbahnnetz der Su- detenlander verlassen, erubrigt es schliefi- lich noch die Lokalbahnen Deutsch- b r o d—S a ar und S a ar—T ischnowitz *) Eine eingehende Schilderung dieser auch bautecbnisch und geologisch Iiberaus bemerkenswerten Linie siehe in den Nr. 34, 35 und 36 des Jahrganges 1902 der Oster- reichischen Eisenbahnzeitung: „Hermann Ro- sche, Die Nordbohmische Transversalbahn von Teplitz nach Reichenberg.“ 14 Josef Zuffer. zu erwahnen, welche in den Jahren 1898 beziehungsweise 1905 dem Betriebe iiber- geben wurden. Sie dienen in erster Linie der Erschliefiung und vvirtschaftlichen Hebung des Bohmisch-mahrischen Hoch- landes, gewinnen aber auch infolge der Herstellung einer unmittelbaren kiirzesten Verbindung zwischen den beiden Landes- hauptstadten Briinn und Prag eine er- hohte Bedeutung. Wenden wir uns nun dem Osten unserer Reichshalfte, dem Konigreiche Galizien zu, so finden wir auch hier einen beachtenswerten Ausbau des ge- samten Eisenbahnnetzes. Neben einer stattlichen Anzahl von Lokalbahnen, welc,he sowohl hier als auch in der benachbarten Bukowina zur Ausfiihrung gelangten, ist es besonders eine Reihe neuer Hauptbahnen, die vor allem er- wahnenswert erscheinen. Die auf Grund des Gesetzes vom 21. Dezember 1898, RGB. Nr. 233, erbaute und im Jahre 1900 eroffnete 74/4 km lange Hauptbahn Prze- worsk—Rozwadow dient vornehmlich gesamtstaatlichen Interessen, in zweiter Linie aber auch der wirtschaftlichen Auf- schliefiung des nordlichen Sangebietes. Sie findet in Rozwadow Anschlufi an die bestehende Linie Dembica—Rozwad6w und steht somit liber Sobow auch in Verbindung mit dem an der Weichsel gelegenen Warenumschlagplatze nachst Nadbrzezie. Eine zweite fiir Ostgalizien bedeutsame Hauptbahn, deren Ausbau im letzten Dezennium vollendet wurde, bildet die Linie Stryj — Chodor6w-—Ostr6w (T a r n o p o 1 ). Dieselbe schliefit einer- seits an die Karpathenlinie Stryj—Beskid —Munkacs und somit an das Netz der kgl. ungarischen Staatsbahnen an, ander- seits an die zur russischen Grenze fuhrende Hauptbahn ersten Ranges Lemberg—Tarnopol—Podwoloczyska. In dem Bahnhofe Chodorow wird aufierdem noch die Verbindung der neuen 155 km langen Hauptbahn mit der Lemberg—■ Czernoveitz—Jassy-Eisenbahn hergestellt. Die Eroffnung der Strecke Chodorow— Podwysokie—Ostr6w fand im Laufe des Jahres 1897 statt, das restliche Stiick Stryj—Chodorow wurde am 22. Dezember 1899 dem offentlichen Verkehre iibergeben. In technischer Hinsicht bietet die Trassenfiihrung der genannten Linien keine besonders bemerkenswerten Er- scheinungen. Eine besondere Forderung erfuhr das galizische Eisenbahnnetz durch die Ver- mehrung der Karpatheniiberschienungen. Bis zum Jahre 1894 fiihrten aus Galizien nur vier Bahnlinien iiber den Riicken dieses Gebirges, dessen Kamm durch mehr als 500 km die Grenze des Kronlandes gegen Ungarn bildet. Die altesten dieser Bahnen waren die Linie Przemysl— Mezo-Laborcz, welche durch den Bes- kidpafi fiihrt und die Linie Tarnow— Orl6, welche den Popraddurchbruch be- niitzt. Ihnen folgten in den Jahren 1884 und 1887 die Linien Saybusch—Zwardon und Stryj—Lawoczne—Beskid. Im Jahre 1894 wurde als fiinfte Karpatheniiber- schienung die den Delatynpafi beniitzende Linie S t a n i s 1 a u—W oronienka dem offentlichen Verkehre iibergeben und eine sechste Verbindung im Jahre 1904 durch die Erbauung des von der Lokal- bahn Chab6wka—Zakopane ausgehenden Fliigels Neumarkt — Suchahora ge- schaffen. Endlich folgte als siebente Uberschreitung der Karpathen die Linie Lemberg—Sam bor—Sianki, deren letzte Teilstrecke am 15. Oktober 1905 eroffnet wurde. Diese letzte auf Grund des Gesetzes vom 6. Juni 1901, RGB. Nr. 63, erbaute Hauptbahn zweiten Ranges schafft eine unmittelbare Verbindung zwischen Lem¬ berg und Przemysl einerseits und dem ungarischen Eisenbahnknotenpunkte Csap anderseits. Ihre Erbauung dient sowohl den gesamtstaatlichen Interessen als auch jenen der Land- und Forstwirtschaft, vornehmlich des Holzhandels, welcher hier zufolge der von der Bahn durch- zogenen ungeheuren Waldungen eine hervorragende Rolle spielt. Die Bahn wendet sich von Lemberg (SeehOhe 316 m) siidwestlich und erreicht mit wechselnden geringen Neigungen den Lauf des Dniestr, dem sie iiber Sambor bis zur Station Strzylki-Topolnica folgt. Von hier strebt die Trasse dem Stryjtale zu, wobei sie die zwischenliegende Wasserscheide bei Wolosianka (Seehohe 619 m) tiberschreiten mufi. Die beiden Steilrampen weisen Nei- Trassierung, Unterbau und Brtickenbau. 15 gungen bis zu i 8'2 von Tausend auf. Mit der Station Jawora wird das Tal des Stryj erreicht, in welchem die Bahn nun mit geringen Neigungen bis zur Station Turka zieht. Bis Jablonka nižna bleibt die Trasse im Tal des Jablonkabaches; von da wendet sie sich mit einer neuerlichen Steilrampe von i 8’2 von Tausend grofiter Steigung einem neuen Flufigebiete, dem Oberlaufe der Sann zu und folgt schliefi- normalspurige Eisenbahn von Jaslo liber Žmigrod zur galiz.-ung. Grenze bei Konieczna auf Staatskosten aufzu- stellen. Der Anschlufi dieser Linie an das Netz der kgl. ungarischen Staatsbahnen wird in Bartfeld (Bartfa) erfolgen. Schliefilich sei noch von den fiir Galizien wichtigeren neueren Bahnen die noch im Bau befindliche 120 km lange Lokalbahn Lemberg—Podhajce er- Abb. 7. Linie Lemberg—Sambor—Sianki; Trasse bei Rozlucz mit dem Rikaviadukt. lich diesem aufwarts zu der in 835 m Seehohe noch auf osterreichischem Gebiete im Uszokpasse gelegenen Betriebswechsel- station Sianki. Die Lange dieser fiir hundertachsige Ziige erbauten Haupt- bahn betragt 170 km, der kleinste Radius 275 m und nur ganz ausnahmsweise wurde eine Kriimmung mit dem Halb- messer R = 250 m angewendet. Die Herstellung einer weiteren —- der achten — V erbindung Galiziens mitUngarn wurde durch das Gesetz vom 8. Marž 1907, RGB. Nr. 75, eingeleitet. In demselben wurde die Regierung er- machtigt, das Detailprojekt fiir eine wahnt, welche auf Grund des Gesetzes vom 15. Juli 1903, RGB. Nr. 154, zur Ausfuhrung gelangte. Sie fiihrt von Lemberg iiber Przemyslany, Brzezany und Potutory vorlaufig nach Podhajce. In Potutory findet sie Anschlufi an die bereits friiher besprochene Hauptbahn zweiten Ranges Stryj — Chodorow — Podwysokie — Ostrow (Tarnopol). Ihre Eroffnung ist noch im Laufe des Jahres 1908 zu gewartigen. In den stidlich der Donau gelegenen Kronlandern ist zunachst im karntisch- steirischen Gebiete der Ausbau der Linie Zeltweg—Cilli zu beachten. i6 Josef Zuffer. Die Herstellung dieser neuen Durch- zugslinie, welche Ober- und Untersteier- mark quer durch Karnten in eine unmittelbare von der Siidbahn unab- hangige Verbindung bringt, entspricht einem schon lange empfundenen Verkehrs- bediirfnisse. Durch den Bau der Linien Zeltweg — Wolfsberg und Unter- drauburg — W 6 11 a n erhielten die schon seit 1879 beziehungsweise 1891 bestehenden Lokalbahnen Unterdrauburg —Wolfsberg und Cilli—Wollan erhohte Bedeutung, indem sie nun nicht mehr blofi rein ortlichen Interessen dienen, \vie ehe- dem, da sie als Saugadern fiir das Netz der Siidbahn geschaffen wurden, sondern ihre Hauptaufgabe nun als Glieder einer 163 km langen, beiderseits an Hauptbahnen ersten Ranges anschliefienden Durchzugslinie zu erfiillen haben. Von der Linie Selztal—Villach der Kronprinz Rudolfs-Bahn in Zeltiveg ab- zweigend, wendet sich die Trasse der im Jahre 1900 eroffneten Strecke Zeltweg —Wolfsberg nach Ubersetzung der Mur nach Siiden, zieht im Tal des Granitzen- baches aufwarts zu dem an der kiirntisch- steirischen Grenze gelegenen Obdacher Sattel und steigt sodann im Lavanttale abwarts nach Wolfsberg. Zwischen den Stationen Preblau und Frantschach—St. Gertraud mufi hiebei eine felsige Flufi- enge durchfahren werden, die dem Bahn- baue mancherlei Schwierigkeiten bereitete. — Die seinerzeit als Sekundarbahn er- baute Strecke Wolfsberg—Unterdrauburg befindet sich zurzeit in einer durch- greifenden Umgestaltung, welche mit Rticksicht auf den nun zu bewaltigenden Durchzugsverkehr sich als notwendig er- wies. Sie folgt bis Unterdrauburg dem Laufe der Lavant; ihr schwierigster Teil, der nun auch bei den Umbauarbeiten im Vordergrunde steht, liegt zwischen den Stationen Ettendorf und Lavamiind in der »Lavantenge«, mit welcher sich vor Jahrtausenden der Flufi den Durchbruch in das Drautal erzwungen hat. — Nach Ubersetzung der Drau wird die Siidbahn- station Unterdrauburg erreicht. Als weitere Fortsetzung nach Siiden wurde gleichzeitig mit der Linie Zeltiveg —Wolfsberg die Strecke Unterdrau¬ burg— Wollan erbaut. Hiebei mufite die zwischen dem Drau- und Savetale gelegene Wasserscheide von Mifiling uberschient \verden. Bis zur Wasser- scheide folgt die Trasse dem Mifiling- bache, jenseits derselben bis Wollan dem Packbache. Von hier ab fiihrt durch das Pack- und Sanntal die schon seit 1891 bestehende Lokalbahn Wollan— Cilli. Nach Vollendung der Rekonstruk- tionsarbeiten auf der Strecke Unterdrau¬ burg — Wolfsberg wird der kleinste Kriimmungshalbmesser der ganzen Durch¬ zugslinie 200 m, die grofite Steigung 25 von Tausend betragen. Von Zeltweg bis Cilli miissen hiebei 522 m, in umgekehr- ter Richtung 926 Hohenmeter erstiegen werden.*) Besondere Aufmerksamkeit haben in jungster Zeit in der Offentlichkeit jene Verkehrsfragen erregt, welche darauf ab- zielen, unser stidlichstes Kronland Dal- matien inniger mit dem Herzen der Monarchie zu verbinden. Ganzlich abge- schnitten von der librigen zusammen- hangenden Landergruppe unserer Reichs- halfte, war die Herstellung einer unmittel- baren Schienenverbindung mit Dalmatien seit jeher an die Mitwirkung der Lander der ungarischen Krone gebunden, doch konnte diese trotz der nachdriicklichsten Bemtihungen unserer Regierungen bis in die jiingste Zeit nicht erlangt werden. Erst gelegentlich der im Jahre 1907 zwischen den beiderseitigen Regierungen geftihrten Ausgleichsverhandlungen war es gelungen, im Anschlusse daran eine Vereinbarung zu treffen, durch welche die in Rede stehende Eisenbahnfrage in giinstigem Sinne geregelt wurde. Der Inhalt dieser Vereinbarung war der, dafi beide Regierungen normalspurige Eisen- bahnverbindungen einerseits von Rudolfs- wert in Krain iiber Mottling zur Landes- grenze und von da nach Karlstadt, ander- seits von Ogulin oder einem anderen geeigneten Punkt der Karlstadt-Fiumaner *) In jungster Zeit haben sich in Interessentenkreisen Bestrebungen bemerkbar gemacht, welche eine Fortfiihrung der Linie von der Station Heilenstein (Wollan — Cilli) aus bis Laibach unter Bentttzung der schon bestehenden Lokalbahn Laibach — Stein im Auge haben. Dadurch wiirde Obersteiermark auch mit der Hauptstadt Krains in eine von der Siidbahn unabhangige Verbindung gebracht. Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 17 Abb. 8. Linie Knin—Pribudič; Lehnenstrecke im Radljevactale. 2 i8 Josef Zuffer. Bahn iiber Gospič, Gračač und Pribudič zur Landesgrenze und von da nach Knin in Dalmatien zur Ausfuhrung bringen. Im Zusammenhange mit den schon beste- henden normalspurigen Linien Laibach— Rudolfswert und Spalato—-Knin wird somit durch Erbauung des oberwahnten neuen Schienenweges eine unmittelbare ungefahr 520 km lange Verbindung Spalato—Lai¬ bach geschaffen. Hievon entfallen ungefahr 245 km auf osterreichisches Gebiet, der Rest auf Ungarn. Neu zu erbauen sind von Osterreich die Strecken: Rudolfs- wert— Mottling—Landesgrenze mit rund 46 km in Krain; Landes¬ grenze bei Pribudič — Knin mit rund 21 km in Dalmatien. Die erwahnte Vereinbarung der beider- seitigen Regierungen erhielt in Osterreich am 30. Dezember 1907, RGB. Nr. 281, Gesetzeskraft. Das Gesetz sieht hiebeiauch die Einbeziehung der in Unterkrain ge- legenen Stadt Tschernembl in den neuen Schienenweg vor, und zwar ent\veder durch Herstellung einer Abzweigung von Mottling nach Tschernembl oder aber durch Fiihrung der Hauptlinie iiber Tscher¬ nembl und Mottling zur Landesgrenze. Als Baubeginn wurde im gegenseitigen Einver- nehmen der Regierungen das Jahr 1908, als Vollendungstermin 1911 festgesetzt. Die neuen Linien werden mit Aus- nahme der allenfalls zur Ausfuhrung ge- langenden Abzweigung von Mottling nach Tschernembl als Hauptbahnen zweiten Ranges hergestellt. Demgemafi miissen auch die bereits bestehenden Strek- ken Laibach—Rudolfswert und Spalato—■ Knin eine entsprechende Ausgestaltung erfahren. Die Charakteristik der Linie Rudolfswert—Mottling ist die einer Mittel- gebirgsbahn, jene der Strecke Pribudič — Knin die einer ziemlich schwierigen Gebirgsbahn; sie ftihrt durch ein vege- tations- und wasserloses Karstgebiet und erfordert besonders in dem Abschnitte von Knin nach O cesto vo zahlreiche und be- deutende Kunstbauten. In den Abbildun- gen 8 und 9 kommt die Eigenart dieses Karstgebietes deutlich zum Ausdruck; beide Bilder lassen gleichzeitig auch die Miihen und Entbehrungen erkennen, welche der trassierende Ingenieur in solchen Gegenden zu gewartigen und zu iiberwinden hat. Auf beiden Linien ist zurzeit die Detailtrassierung im Zuge. Dalmatien knupft mit Recht grofie Hoffnungen an diesen neuen Schienen- weg, denn bisher war es in verkehrs- technischer Hinsicht nahezu allein auf den Seeweg angewiesen. Bestand doch bis zum Jahre 1901 sein ganzes Eisen- bahnnetz aus der Sackbahn Spalato—Knin mit der Abzweigung nach Sebenico! — Erst in dem genannten Jahre erhielt es neue, allerdings schmalspurige Bahnen, durch welche es mit seinem naturlichen Hinterlande, der Herzego\vina, in gunstige Verbindung gebracht wurde. — Am 16. und 17. Juli 1901 fand die Eroffnung der Linie G a b e 1 a—Z e 1 e n i c a mit den Ab- ziveigungen von U s k o p 1 j e nach Gra- vosa und von Hum nach Trebi nje statt. Uber Gabela, welches als Nachbar- station von Metkovich an der Linie Metkovich—Mostar—Saraj e wo gelegen ist, ivurden somit zwei der wichtigsten Seeplatze Dalmatiens, der Hafen von Ragusa und die Bocche di Cattaro an das Netz der Bosnisch-herzegowinischen Staatsbahnen angeschlossen. Auf osterr. Gebiet liegen von den genannten Strecken die Teile von Gravosa bis zur Landes¬ grenze bei Uskoplje und von der Landes¬ grenze nachst Glavska bis Zelenica mit Ausnahme jenes Stiickes, welches durch die herzegowinische Sutorina fiihrt. Die genannten Strecken sind als Ad- hasionsbahnen mit einem kleinsten Bogen- halbmesser von 100 m und einer grofiten Steigung von 25 von Tausend trassiert und ausgefiihrt; die Spuriveite betragt — entsprechend jener der Bosnisch-herze- gowinischen Staatsbahnen — 076 m.*) *' Die genannten Linien waren anfangs unter Zugrundelegung eines gemischten Be- triebes mit Lokomotiven des Systems Abt trassiert. Die Vermeidung der Zahnstange, deren Anwendung nur dann vorteilhaft ist, wenn sie sich auf nur eine oder wenige lange Steilrampen erstreckt, wurde erst mSglich, als es gelang, fUr das bosnisch-herzegowiniscbe Eisenbahnnetz Adhasionslokomotiven von bedeutend erhohter Zugkraft zu erbauen. Diese neuen Lokomotiven batten sich im Betriebe vollkommen bevvahrt und den Nach- weis geliefert, dafi ihre Leistungsiahigkeit vollkommen ausreicht, um einen voli belasteten 50acbsigen Zug iiber eine Steigung von 25 von Tausend zu fiihren. Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 19 Auf beiden Strecken mufite die Linien- fuhrung unter Heranziehung einer kiinst- lichen Entwicklung durchgefiihrt werden. Der interessanteste Abschnitt der Linie Glavska—Zelenica liegt zwischen der Station Cavtat—Ragusa vecchia und der Haltestelle Brotnica, welche in der Luft- linie blofi 3*5 km von einander entfernt sind, zwischen welchen aber die Bahn eine Hohe von 307 m ersteigen mufi; durch eine gewaltige 15 km lange Ser¬ pentine mit einem 418 m langen Kehr- matien wichtigen Verkehrsader, der Linie von Spalato nach Aržano mit einer Ab- zweigung von Dugopolje nach Sinj. Vor- aussetzung war hiebei der Abschlufi eines Ubereinkommens mit der ungarischen Reichshalfte, durch welches die Fort- setzung der Linie iiber die Grenze Dal- matiens hinaus bis Bugojno zum Anschlufi an das Netz der Bosnisch-herzegowinischen Staatsbahnen gewahrleistet werde. Bis heute ist jedoch der Abschlufi dieses Ubereinkommens nicht zustande ge- Abb. g. Trassierung der Linie Knin—Pribudič; Zeltlager der Bausektion Knin. tunnel wird dieser Aufstieg auf das Karst- plateau vollzogen. — Die Strecke von Gravosa bis zur Landesgrenze bei Uskoplje liegt fast durchaus in derMaximalsteigung von 25 von Tausend. Zwischen den in der Luftlinie nur i'3 km entfernten Halte- stellen Šumet und Brgat mufi die Bahn 120 HOhenmeter erklimmen, was ahnlich wie bei der vorgenannten Strecke mit einer 5 - i km langen Schleife und einem 275 m langen Kehrtunnel bewerkstelligt wird. Abb. 10 gibt ein anschauliches Bild dieses interessanten Bahnabschnittes. Zur Zeit, als die vorgenannten Linien noch im Baue standen, erfolgte die Sicherstellung einer weiteren fiir Dal- kommen, so dafi die Regierung sich veran- lafit sah, einstweilen blofi die rein ortlichen Zwecken dienende Strecke von Spalato nach S in j auszubauen. — Die Anlagever- haltnisse dieser Strecke sind die gleichen wie die der beiden suddalmatinischen Linien; auch sie zeigt stellenweise eine bemerkenswerte Linienfuhrung. Ihre Er- offnung erfolgte am 12. September 1903. Mit der Herstellung der bis nun ge- nannten Bahnen kann der Ausbau des dalmatinischen Eisenbahnnetzes keines- wegs als vorlaufig abgeschlossen be- trachtet werden. Dalmatien, das so lange das Stiefkind der Monarchie in verkehrs- technischer Hinsicht war, geht nun doch 2 ' 20 Josef Zuffer. einer freundlicheren Zukunft entgegen. Die notwendigen Mafinahmen zur \virt- schaftlichen Forderung dieses Kronlandes bilden zurzeit den Gegenstand ein- gehender und ernsthafter Erwagungen seitens der osterreichischen Regierung, und im Vordergrunde dieser Studien stehen die verkehrspolitischen Fragen, — die Forderung der maritimen Interessen Dalmatiens und der Ausbau seines Eisen- bahnnetzes. Mogen der eingangs er- wahnten Sicherstellung des Ausbaues einer normalspurigen Hauptbahnlinie von Laibach bis Spalato noch weitere Schritte gleicher Bedeutung folgen! In dem nordwestlich von Dalmatien gelegenen osterreichischen Kiistenlande sind es neben den neuerbauten Haupt- linien der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest zwei Bahnen, welche grofiere Beach- tung verdieiren: die 123 km lange schmal- spurige Lokalbahn Triest — Buje — Parenzo und die Linie Monfalcone — Cervignano — Italienische Grenze, deren letztes Teilstuck am 18. Oktober 1897 dem offentlichen Verkehre iiber- geben wurde. Durch diese Strecke ist ein weiterer Anschlufi des osterreichischen Eisenbahnnetzes an dasjenige des Konig- reiches Italien und eine neue wertvolle Verbindung unserer Monarchie mit dem Nachbarreiche, vor allem mit Venedig geschaffen worden. Was unsere westlichst gelegenen Staats- gebiete Tirol und Vorarlberg betrifft, so ist hier neben verschiedenen neuerbauten Bahnen geringerer Bedeutung besonders die im Jahre 1903 konzessionierte und am 1. Juli 1906 eroffnete Vintschgau- b a h n von M e r a n nach M a 1 s zu envahnen. Meran liegt in einem Kessel, in wel- chen die Etsch aus dem Vintschgau kom- mend mit gewaltigem Gefalle 190 m tief hinabstiirzt. Um diese Hohe zu iiberwinden, mufi die Bahn sofort nach der Ausfahrt aus der Station Meran mit einer durch- schnittlichen Steigung von anfangs 21 von Tausend und spater 25 von Tausend unter Zuhilfenahme einer 4'5 km langen Entwicklungsschleife an dem Bergeshang emporklimmen. Drerj Tunnel von zu- sammen 1866 m Lange sind in diesem 10 km langen Bahnabschnitte notwendig, um die Trassenfiihrung zu ermoglichen. Mit der Station Toll ist die Talstufe iiberwunden und nun folgt die Trasse mit mafiigen, wechselnden Steigungen dem breiten Talboden bis zu der 27 km von Meran entfernten Halte- und Verlade- stelle Kastelbell, dabei auf lange Strecken die Etschregulierungsdamme fur die Bahn- anlage beniitzend. — Hier beginnt der Talboden wieder steiler anzusteigen und zwingt die Bahn zu neuerlichen Steigungen von 24 bis 27 von Tausend. BeidemDorfe Schlanders wird die Etsch iibersetzt und nach einer neuerlichen kurzen Entwick- lungsschleife folgt die Trasse nun dem rechten Etschufer — die gewaltige Gadria- mur iiberschreitend ■— nach Laas und weiter nach Mals. Von der in 302 »i Seehohe gelegenen Station Meran aus miissen bis Mals 696 Hohenmeter er- stiegen werden. — Mals bildet vorlaufig den Endpunkt dieser 60 km langen Linie. Zurzeit steht die Fortsetzung dieser Linie iiber die Malser Heide und das 1510 m hohe Reschenscheideck bis zum Anschlusse an die Station Landeck, und weiterhin die Angliederung des Eisen¬ bahnnetzes der Schweiz an diese Bahn im Vordergrund der Tiroler Eisenbahn- fragen. Mit dem Gesetze vom 6. Marž 1907, RGB. Nr. 73, wurde der Kredit fur die Aufstellung des Detailprojektes der Linie M a 1 s—La n d e c k aus Staatsmitteln bewilligt, nachdem bereits schon friiher zur Vornahme von Studien eine besondere Trassierungsabteilung in Landeck errich- tet worden war. Durch den Ausbau der Vintschgau- bahn von Mals bis Landeck wiirde Tirol in den Besitz einer neuen ungemein wichtigen Hauptbahn gelangen, welche einerseits als wertvolle Durchzugslinie fiir den vom Bodensee iiber den Arlberg kommenden Personen- und Giiterverkehr zu dienen hatte, anderseits aber auch als Touristenbahn ersten Ranges geeignet ware, den Fremdenverkehr und damit den Wohlstand des Landes in weitestem Mafie zu fordern. — Von besonderer Bedeutung fiir diese letztere Bestimmung der Linie als Touristenbahn sind jene bereits erwahnten Bestrebungen, welche einen Anschlufi derselben an das Eisen- bahnnetz der benachbarten Schweiz im Trassierung, Unterbau und Brilckenbau. 21 Auge haben. Es handelt sich dabei um die Verbindung mit Zernetz, dem Mittel- punkte des E n g a d i n s, einer Station der projektierten Rhatischen Bahnen. Gelegentlich einer am 3. Mai 1906 auf Einladung des Eisenbahnministeriums stattgehabten internationalen Konferenz sprachen sich die Schweizer Delegierten zunachst fiir eine dem Innflusse folgende, Arlbergbahn ware auch die endliche Er- bauung der vielgenannten Fernbahn liber Imst nach Reutte von grofier Wichtigkeit, \veil hiedurch eine Entlastung der Brennerlinie der Siidbahn bei gleich- zeitiger Befruchtung der Vintschgaubahn stattfinden wiirde. Im Interesse Tirols, das an Natur- schonheiten so reich gesegnet ist, das Abb. 10. Linie Gravosa—Uskoplje; Kehre zwischen Šumet und Brgat. schmalspurige Linie in der Richtung nach dem nordlich des Reschenscheideck gelegenen osterreichischen Dorfe Pfunds aus. Eine zweite Bestrebung jedoch, welche von den Interessenten Siidtirols wesentlich gefordert wird, zielt dahin, gleichzeitig mit dem oberwahnten nord- lichen Anschlusse eine zweite siidliche unmittelbar von Mals ausgehende Ver¬ bindung herzustellen, und zwar durch Erbauung einer Schmalspurlinie (der Ofenbergbahn) durch das Miinstertal, den Ofenberg und das Spolltal. Fiir den Teil Tirols nordlich der aber mangels geeigneter Bahnverbin- dungen noch immer abseits des grofien Fremdenverkehres liegt, [ist (zu hoffen, dafi nicht nur die Hauptlinie von Mals nach Landeck, sondern auch die beiden Schweizer Anschlusse, durch welche eine unmittelbare Verbindung mit den welt- bekannten Kurorten St. Moritz, Samaden und Davos geschaffen wiirde, sowie die Fernbahn ihre Verwirklichung erfahren werden. — Beziiglich der Hauptlinie von Mals nach Landeck kann nach den bisherigen Trassierungsergebnissen nur gesagt werden, dafi sie sich als eine 22 Josef Zuffer. schwierige Gebirgsbahn allerersten Ranges erweist, was auch von der Fernbahn gilt, und dafi die Erbauung dieser beiden Linien den osterreichischen Ingenieuren neuer- dings schwere, aber ehrenvolle Aufgaben zmveisen wiirde. Trassierung, Unterbau und Briickenbau der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest. Schon wenige Jahre nach der am 15. Oktober 1857 erfolgten Vollendung der Siidbahn-Hauptstrecke Wien—Triest zeigte sich in den autonomen Korperschaften des Kiistenlandes und in den interessier- ten Handelskreisen eine lebhafte Bewe- gung, welche die Herstellung einer neuen wichtigen Schienenverbindung Triests mit seinem Hinterlande anstrebte. Und bereits im Jahre 1868 fanden diese Bestrebungen berechtigte Anerkennung, indem mit aller- hochster Entschliefiung vom 7. Februar d. J. die bezuglichen Adressen des Triester Stadtrates und des Landtages von Gorz und Gradiška dahin beschieden wurden, dafi eine direkte Verbindung der wich- tigen Eisenbahnpunkte Klagenfurt und Villach mit Triest notwendig erscheine. Ware die Bodengestaltung unserer Reichshalfte stidlich der Donau ahnlich jener nordlich derselben, so hatte es wohl kaum der langen Zeit bis zum Jahre 1901 bedurft, um diese fiir das Aufbliihen unseres Seehandels so wichtige Verkehrs- frage zu einer gedeihlichen Erledigung zu bringen. So aber brachen sich an den Gebirgsziigen der Hohen Tauern, der Karawanken und der Julischen Alpen gewissermafien die Wellen aller dieser Bestrebungen und eine hohe Summe von Arbeit, eine grofie Zahl von Studien, Gutachten, ja von fertigen Gesetzesvor- lagen mufite aufgewendet werden, bevor es gelang, diese Kernfrage des oster¬ reichischen Eisenbahnwesens einer allseits befriedigenden Losung zuzufuhren. Es ist selbstverstandlich, dafi die Trassierung einer so aufierordentlich wich- tigen Hauptbahnlinie nicht allein von tech- nisch-wirtschaftlichen Gesichtspunkten aus durchgefuhrt werden korinte. Gesamtstaat- liche Rucksichten, volkswirtschaftliche und kommerzielle Interessen und endlich die politischen Bestrebungen der einzelnen Kronlander und autonomen Korperschaften nahmen Einflufi auf die Linienfuhrung und wirkten derart mit an der Auswahl der endgiiltigen Trasse. Dem Techniker oblag es, alle diese Sonderbestrebungen hinsichtlich ihrer technischen Moglichkeit zu studieren, die Ergebnisse dieser Studien untereinander zu vergleichen und sie so- dann in bau- und verkehrstechnischer Hinsicht zu wtirdigen. Aufgabe der Re- gierung und des Reichsrates war es end¬ lich, ali diese politischen, wirtschaftlichen und technischen Einflusse zu einer mitt- leren Resultierenden zusammenzusetzen und damit endgultig den Weg fiir die neue grofie Eisenbahnverbindung zu weisen. Infolge der bereits eingangs erwahnten allerhochsten Bescheidung der Adressen des Triester Stadtrates und des Gorzer Landtages im Jahre 1868 und neuerlicher Kundgebungen der interessierten Kreise wurden in den Jahren 1869, 1870, 1872 und 1875 seitens der betreffenden Regierungen im Reichsrate Gesetzentwiirfe eingebracht, welche die Fortsetzung der Kronprinz Ru- dolf-Bahnbis nach Triest bezweckten. Alle diese Vorlagen jedoch, welche samtlich die Herstellung einer Eisenbahn von Tarvis iiber den Predil vorsahen, konnten eine verfassungsmafiige Erledigung nicht finden. In den folgenden 25 Jahren kam es zu keiner neuerlichen Einbringung eines Gesetzentwurfes, obwohl die Frage der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest standig den Gegenstand grofien Inter- esses und wertvoller Studien bildete. Zu Beginn der Achtzigerjahre zeigt sich bereits deutlich das Bestreben, nicht nur die Kronprinz Rudolf-Bahn bis Triest Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 23 Abb. 11. Linie Spalato—Sinj; Viadukt in der Strecke Salona—Clissa 24 Josef Zuffer. auszubauen, sondern auch Villach und Klagenfurt uber die Tauern nach Norden mit der Giselabahn zu verbinden. Im Anfange der Neunzigerjahre endlich kann man in den Petitionen und offentlichen Kundgebungen sowie in den Beschliissen der parlamentarischen Korperschaften und Gruppen bereits jene beiden Haupt- stromungen unterscheiden, welche im Wesen zu der heutigen Losung der Alpen- bahnfrage gefuhrt haben. Die eine dieser Stromungen sucht Triest vornehmlich den westlichen Gebietsteilen der Monarchie und einem Teile Siiddeutschlands naher zu riicken, strebt somit in erster Linie eine Uberschienung der Hohen Tauern und anschliefiend daran eine unmittel- bare Verbindung Villachs mit Triest an — die andere Stromung aber sieht die richtige Losung dieser Verkehrsfrage nur in der Erzielung einer kiirzeren Ver¬ bindung unseres Haupthafens mit Inner- Osterreich und steht der Herstellung einer w e s 11 i c h liegenden Tauernlinie ableh- nend gegeniiber. Diese Verschiedenheit in den Anschauungen iiber die Linien- fiihrung blieb bis in die jungste Zeit be- stehen und sie mufite wohl auch fur die Regierung von bestimmendem Einflufi sein, als diese im Jahre 1900 daran ging, durch Einbringung eines Gesetzentwurfes die Frage der zweiten Eisenbahnverbin- dung mit Triest der Verwirklichung zu- zufiihren. Es unterlag keinem Zweifel, dafi jeder der beiden genannten Bestre- bungen eine grofie handels- und verkehrs- politische Bedeutung zukomme, und es war demgemafi eine befriedigende Ldsung der Triester Bahnfrage auch nur durch eine Gesetzesvorlage zu erwarten, welche sowohl den Ausbau der Tauernbahn als auch die Herstellung einer stidlichen bis Triest ftihrenden Hauptbahnlinie, durch welche Inner-Osterreich der Kriste naher gebracht wird, zum Gegenstande hatte. Es ist das unbestreitbare und unver- gangliche Verdienst Sr. Exzellenz des Herrn Ministerprasidenten a. D. Dr. v. K o er b er und des Herrn Eisenbahn- ministers a. D. Dr. Ritter v. Wittek, diese Sachlage von vornherein richtig er- kannt und die Regierungsvorlage derart eingebracht zu haben, dafi ihre Annahme und damit die Verivirklichung dieses lang- ersehnten Zieles gesichert erschien. — Am 6. Juni 1901 erhielt der von beiden Hau- sern des Reichsrates einmiitig angenom- mene Gesetzentwurf die allerhochste Sank- tion. Dieser Tag bedeutet fur Osterreich einen der bedeutendsten Fortschritte in seiner Verkehrsentwicklung; er wurde auf das freudigste von allen beteiligten Landes- vertretungen und Korperschaften begriifit und diese Freude fand auch den lebhaf- testen Widerhall in den Herzen aller Staatsbiirger. Die Trassenstudien fur die neuen Alpenbahnen. Die auf Grund des Gesetzes vom 6. Juni 1901, RGB. Nr. 63, zur Aus- fuhrung beschlossenen neuen Hauptlinien sind: 1. Die Tauernb ahn zur Verbindung desSalzachtales mit demDrautaIe(Schwarz- aeh-St. Veit — Badgastein — Bockstein —• Mallnitz — Ober-Vellach—■ Spittal a. d. Drau). 2. Die Pyhrnbahn zur Verbindung des Kremstales mit dem Ennstale (Klaus- Steyrling—Spital a. Pyhrn—Ardning— Selztal). 3. Die Karawankenbahn mit je dnem Fliigel nach Villach und Klagen¬ furt zur Verbindung des Drautales mit dem Tale der Wurzener Save (Villach beziehungsweise Klagenfurt—Rosenbach —Afiling). 4. Die Wocheinerbahn zur Ver- bindung des Savetales mit dem Isonzotal (Afiling—Veldes—Feistritz i. d. Wochein •—Podbrdo—St. Lucia—Gorz) und 5. Die von der Sudbahn unabhangige Linie Gorz—-Triest (Gorz—Keifen- berg — St. Daniel — Opčina —Triest). Die vorgenannten fiinf neuen Haupt- bahnlinien lassen sich hinsichtlich ihrer verkehrspolitischen Bedeutung in drei be- sondere Gruppen teilen: Grup p e I: Tauernbahn vonSchwarz- ach-St. Veit nach Spittal a. d. Drau. Diese Linie dient ausschliefilich der schon friiher genannten Bestrebung, eine Ab- kiirzung des Schienenweges zwischen Triest und dem Westen der Monarchie, 25 Trassierung, Unterbau und Briickenbau. sowie dem Handelsgebiete Siiddeutsch- lands herbeizufuhren. Gr up p e II: Pyhrnbahn von Klaus- Steyrling nach Selztal. Diese Linie ver- folgt den Zweck, Inner-Osterreich giinsti- ger mit Triest zu verbinden, und Gr up p e III: Karawanlcenbahn, Wo- cheinerbahn und direkte Fortsetzung bis Triest (Villach beziehungsweise Klagen- furt—Afiling—Gorz—Triest). Diese Linien blofi die Pyhrnbahn, welche als Haupt- bahn zweiten Ranges zur Ausfiihrung vor- gesehen wurde. —■ In der nachfolgenden Darstellung, welche sich in allen wesent- lichen Angaben auf den technisch-kom- merziellen Bericht, der als Beilage zu dem Gesetzentwurfe dem Reichsrate vor- lag, stiitzt, erscheinen die verschiedenen Trassen angefuhrt und in Vergleich ge- bracht. Abb. 12. Tauernbahn-Sudrampe; Blick von der Trasse nachst Ober-Vellach auf das Molltal. dienen beiden von den Gruppen I und II erstrebten Zielen in gleicher Weise. Bei der grofien Bedeutung, welche den Linien der neuen Alpenbahnen zu- kommt, mufiten die Trassenstudien selbst- verstandlich auf breiterer Basis vorge- nommen werden; daraus erklart sich auch die grofie Zahl der in Vergleich ge- brachten Linien, welche zufolge ihrer Wichtigkeit samtlich als eingleisige Haupt- bahnen ersten Ranges unter Zugrunde- legung einer durchschnittlichen grofiten Steigung von 25 von Tausend studiert — beziehungsweise im Gesetze vorgesehen wurden. Eine Ausnahme hievon bildet In der dem Abschnitte »Allgemeine Entwicklungsgeschichte der osterreichi- schen Eisenbahnen seit 1897« beigegebe- nen Karte sind die einzelnen Trassen durch rote Ziffern • bezeichnet. Gruppe I. Tauernbahn. Fiir die Uberschienung der Tauern wurden neun verschiedene Trassen in Betracht gezogen. Die wesentlichsten Da- ten sind hieriiber aus der nachfolgenden Tabelle I zu entnehmen. Ware die Trassierung der Tauernbahn blofi vom rein okonomisch-technischen Standpunkte aus durchzufiihren gewesen, 26 Josef Zuffer. Tabelle I zum Vergleiche In den veranschlagten Baukosten der Linien 2 bis 9 sind die Kosten der Herstellung Tauernlinie inbegriffen. Bei Lime 10 ist in der Bausumme dasmit 8,000.000 Kronen Mtihlbach (Pinzgauer Lokalbahn) zur Hauptbahn enthalten. Bei der Gasteiner Linie im Jahre 1901 veranschlagt waren. Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 27 der moglichen Tauernlinien. 28 Jo sef Zuffer. Abb. 13. Pyhrnbahn; der Klaustunnel mit dem Schlosse Klaus. so hatte es gewifi geniigt, die Studien auf die Linien 3 bis 8 zu beschranken. Politische Riicksichten machten aber noeh die Einbe- ziehung der Linien 2, 9 und 10 erforderlich. Der Bau der Radstadter Linie (2) \vurde eifrigst von den Interessenten des Landes Salzburg angestrebt, um hiedurch in gtin- stigster Weise den durch den Tauern- kamm abgetrennten siidlichen Landesteil —den Lungau—zu erschliefien und mit dem Stammlande in Verbindung zu bringen. Die Vertreter des Landes Tirol aber suchten in erster Linie den Bau der Felber- tauern-Linie (10) — dann aber den der Fuscher Linie (9) zu erreichen. Die Ta- belle I zeigt jedoch deutlich, dafi die genannten drei Linien bei unverhaltnis- mafiig hohen Baukosten den Zweck der Tauernbahn nur in sehr unvollkommener Weise erfiillen wurden und dafi es darum notwendig war, die Interessen der ein- zelnen Lander dem Gesamtinteresse des ganzen von den neuen Bahnen beruhrten Gebietes unterzuordnen. Die grofite Wegkiirzung zwischen Salzburg und Villach mit 211 Betriebs- kilometern wilrde durch die Grofi-Arl- Linie (4) erreicht; es stellen sich jedoch die Anlagekosten der Linie fiir den Kilo¬ meter Wegkurzung so hoch, dafi diese L8- sung vom technisch-wirtschaftlichen Stand- punkte aus nicht in Vorschlag gebracht werden konnte. Das gleiche galt auch noch fiir die Linien 7 und 8 (Fraganter und Rauriser Linie), bei welchen die er- zielten Wegkiirzungen gleichfalls in kei- nem Verhaltnisse zu den bedeutenden Bau¬ kosten stehen wiirden. — Die Flattacher Linie (6) verdankt ihre Entstehung dem Bestreben, die neue Bahnverbindung auch der Bewohnerschaft des Molltales un- mittelbar zu gute kommen zu lassen. Eine 19 km lange Linienentwicklung wiirde im Gegensatz zu der hoch iiber dem Tale fuhrenden Gasteiner Linie (5) es ermoglichen, den Talboden bereits bei Ober-Vellach zu erreichen. Die grofie Bedeutung der Tauernbahn als Haupt- bahn ersten Ranges kann jedoch ein so weitgehendes Zugestandnis an beschrankte Lokalinteressen nicht zulassen und darum wurde auch die Flattacher Linie als nicht bauwtirdig bezeichnet.*) Es war sonach nur mehr die Ent- scheidung zwischen der Zederhauslinie (3) und der Gasteiner Linie (5) zu treffen. Der Vorteil der Zederhauslinie liegt vor- nehmlich in der Ersehliefiung des Lun- gaues (gleich der Radstadter Linie), dann aber auch in der Moglichkeit, die Mur- talbahn von Unzmarkt nach Mauterndorf durch Verlangerung bis St. Michael mit geringen Kosten an die Tauernbahn an- zuschliefien. Die Vorteil e der Gasteiner Linie dagegen liegen in der grofieren Wegktirzung und in den bedeutend ge- ringeren Baukosten, was besonders in den Kosten fiir 1 km Wegkiirzung deutlich zum Ausdruck gelangt. Die Ab\vagung dieser und noch anderer Vorteile auf beiden Seiten bildete in den letzten Jah- ren vor der Gesetzeswerdung den Gegen- *) Die bisherigen Erfabrungen bei dem Baue der Siidrampe der Tauernbahn lassen es auch unschwer erkennen, dafi angesichts der Verheerungen der bedeutenden Wildbache an den linksseitigen Gehangen des Molltales zvvischen Ober-Vellach und Muhldorf die Fuh- rung einer Hauptlinie von der Bedeutung der Tauernbahn im Talboden, als eine technisch durchaus verfehlte Anlage erscheinen wlirde. 29 Trassieruno;, Unterbau und Briickenbau. stand eifriger Erorterungen in der Offent- lichkeit. Die Regierung und nach ihr der Reichsrat entschieden sich endlich fiir den Bau der Gasteiner Linie, wobei es noch weiteren eingehenden Studien anheim- gestellt blieb, ob die in der Tabelle an- gefiihrte Variante I oder die Variante 2 zur Ausfuhrung gelangen solle. Die Ent- scheidung in dieser Hinsicht fiel schliefi- lich zu Gunsten der die grofiere Weg- kurzung aufweisenden Variante 2 aus. Rottenmanner Linie. Wengleich diese letz- tere Strecke zufolge ihrer orographischen Lage als Tauernlinie bezeichnet werden mufi, so erscheint es doch nicht angezeigt, sie mit den in der Gruppe I angefiihrten Linien in Vergleich zu bringen. Ihrer ostlichen Lage wegen ist sie ganzlich ungeeignet, die Verbindung Salzburgs mit Triest zweckmafiig zu verbessern, dagegen ist sie wohl befahigt, eine be- achtenswerte Abktirzung des Schienen- Abb. 14. Karawankenbahn; Maria Rain. Es waren hiefiir in letzter Linie die gleichen Gesichtspunkte mafigebend, wel- che, wie bereits oben erwahnt, zum Auf- geben der Flattacher Linie gefuhrt hatten. Gruppe II. Verbindung mit Inner- Osterreich. Zwei Linienfuhrungen sind es vor allem, welche, abgesehen von den spater zu besprechenden sudlichen Linien, ge- eignet sind, die Verbindung Triests mit Inner-Osterreich fiir letzteres giinstiger zu gestalten. Die Pyhrnbahn und die Linie Rottenmann—St. Georgen, die sogenannte weges nach dem Herzen der Monarchie herbeizufuhren. In der nachfolgenden Tabelle II sind die mafigebenden Daten fiir den Vergleich der hiehergehorigen Linien eingetragen. Aus der Tabelle II geht zunachst her- vor, dafi die Rottenmanner Linie so hohe Baukosten aufweist, dafi ihre Ausfuhrung vom wirtschaftlichen Gesichtspunkte aus nicht empfohlen werden konnte. Siehatvor der Pyhrnbahn wohl den Vorteil voraus, dafi sie nicht nur den Weg nach Linz und Siidbohmen, sondern auchjenen nach Wien erheblich abkurzt. Die Klirzung selbst ist aber dennoch nicht grofi genug, um einen 30 Josef Zuffer. E p - d p p fr P cr p 0q fr d £ p* 0Q r-t- cd d CD P C pr o co o p P- Cd 2 ►D cr p CfQ o <1 o d O O o d o" p D" S P* W a CD CTQ 3. d* CD d > c C/5 cr p d a CD EL cr cr d O OC O o o o o o o 4P vO S ct P co P St cd cd Cfq 00 a VO _ o 3 p CD § ? 0 q 7 g & 2 - s 3 S. w o st E o C CT B CD ^.r m B. p: CD Cl. P VI 3 d a - P fr d < P p’ CD > ^ B P VJ a. 5 - b 3 . 2 Ž °! 4b O O o o Linie Nummer > p •-h P P Gfq co I d P CP W £b ro p S* CD o cr p d p aq r p' O oj « CD £ d B B: ‘S sr g sr 2 H aq EL p: CD d t 4 crq _ CD O P 3: co cr CD * r P 3 '} d CD CD r co O d d - cr d d crq CP CD r: Betriebslange Hochste Erhebung liber dem Meere a 2 pj p* K M P; 55 Lange d. notwendi- gen grofien Wasser- scheidentunnel Veranschlagte Baukosten Linz und Villach Wien und Villach N ^ 3 TO « g H B s TO pr 2 : 3 « 5 » »■ 3 «? S (m n s? g 1-4 d" CD d > d pr d d crq Tabelle II zum Vergleiche jener Linien, welche ausschliefilich der Verbindung mit Inner-Osterreich dienen. Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 31 so bedeutenden Aufwand an Baukosten ohne weitere Grtinde zu rechtfertigen. -— Von den beiden Varianten der Pyhrnbahn ist unbedingt die Variante 1 die bau- wiirdigere. Sie ist nicht nur billiger und kiirzer, sondern infolge der um 100 m geringeren Erhebung iiber die Talsohle auch betriebstechnisch ungleich giinstiger. Sie wurde darum auch zur Ausfuhrung gewahlt.*) b) die Barengraben—Wochein — Op- čina-Linie, c) die Mangart—Opčina-Linie. Die Loibl-Lacker Linie (11 und 12) wurde von den Vertretern des Kronlan- des Krain eifrigst gefordert, doch zeigt ein Blick in die nachfolgende Tabelle und in die Ubersichtskarte, dafi sie keineswegs die bauwiirdigste der vorerwahnten drei Linien ist. Der Weg von Villach (Stid- Abb. 15. \Vooheinerbahn; Bild aus der Isonzoschlucht bei St. Lucia. Gruppe III. Verbindung von Villach und Klagenfurt mit Triest. Fiir die Abktirzung dieses Schienen- weges kamen wesentlich nur drei Haupt- linien in Betracht: a) die Loibl-Lacker Linie, *)Trotz der hohen Baukosten der Rotten- manner Linie solite doch der durch letztere in Verbindung mit der Pyhrnbahn zu erlan- gende Vorteil einer grofieren Wegkilrzung zwischen BOhmen u. dem Siiden der Monarchie nicht aufier acht gelassen und der seinerzeitige Bau dieser Linie angestrebt werden. deutschland) nach Triest wird nur in ganz ungenilgender Weise (31 km) gekurzt; infolge des Umstandes, dafi bis Triest sechs W asserscheiden tiberschritten werden mussen, ist auch die Linie betriebstech¬ nisch aufierordentlich ungtinstig, indem sich die Summe der erstiegenen Hohen bei ihr um 500—^600 m grofier erweist als bei den beiden iibrigen Linien. Endlich aber fallt noch ins Gewicht, dafi sie aufierordentlich nahe der Sudbahnlinie Laibach—St. Peter, nahezu parallel mit dieser fiihren und somit dem Eisenbahn- verkehre kein wesentlich neues Gebiet 32 Josef Zuffer. Tabelle III zum Vergleiche jener Linien, welche geeignet erscheinen, 0) a a s z ID 'S 3 n u. 12 15 16 17 u. 20 19 u. 20 Bei der Berechnung der Kosten fur I km Wegkiirzung vrarden jene Strecken, Osterreich) abkiirzen, nur mit den balben veranschlagten Baukosten fiir jede der beiden Bei der Barengraben—Wochein—Opčina-Linie sind des Vergleiches mit den waren. Die wirklichen Baukosten werden an anderer Stelle gegeben werden. Bezeichnung der Linie Anfangs- und Endpunkt Kurze Beschreibung der Linie Beniitzte Taler, Graben und Gebirgsubergange, beruhrte Stadte und Ortschaften « rt T 3 rt rt Trt II S O 'S U =3 CD 1 03 S S rt T3 , N Betriebs- lange km Loibl-Lacker Linie Klagenfurt—Divača Die Fortsetzung bis an die Kuste wird durch die be- stehende Staatsbahnlinie Divača—Herpelje—Triest vermittelt Klagenfurt S -B., Uberschrehung der Sattnitzer Wasserscheide, Uber- setzung der Drau, Loiblgraben, Unterfahrung des Loiblpasses, Feistritztal, Ubersetzung der Save, Krainburg St.-B.,Bischoflack St.-B., Pollandtal, Seirachtal, tjberschrei- tung der Wasserscheiden von Gram- bušek und Hrušica am ostlichen Birnbaumerwald, Wasserscheide nachst Prawald, Divača Bis Divača Bis Triest i65 einschliefilich der 9 km langen Strecke Krainburg — Bischoflack Barengraben —Wochein —Opčina-Linie Klagenfurt—Villach—Triest Fltigelgegen Fliigelgegen Klagenfurt Villach Klagenfurt, Was- Villach, Uber- serscheide __ bei setzung derGail, MariaRain,Uber- Faakersee, Ka- setzung d. Drau, rawankenan- Karawankenan- stieg, Baren- stieg, Barengra- graben ben Unterfahrung derKarawanken unter dem Hahnkogel, Tal der Wurzener Save, Afiling, Hochebene von Do¬ brava, Veldessee, Tal d. Wocheiner Save, Unterfahrung der Julischen Alpen unter dem Rindslochsattel, Bačatal, Idriatal, Isonzotal, Gorz, Wippachtal, St. Daniel, Opčina, Triest, Triest-St. Andra 187 179 Mangart— Op čina-Linie Tarvis—Triest Von Tarvis als zweites Geleise entlang der Linie Tarvis—Laibach; Weifienbachgraben, Unterfahrung des Mangartstockes, Coritenzatal, Unterfahrung der Flitscher Klause, Isonzotal, Woltschacb, Gorz, Wippachtal, St. Daniel, Opčina, Triest, Triest-St. Andra 138 Trassierung, Unterbau und Bruckenbau. 33 Villach und Klagenfurt giinstiger mit Triest zu verbinden. Mg a ■S S.g J-c 'O D W - .d c o „ nJ co Erstiegene Hohen von Nord nach Siid Siid nach Nord S 2- U >> • i tl bjo 521 813 652 770 632 Klagenfurt— Divača . 1043 1057 Klagenfurt—Triest 1150 1591 4680 CQ S s bfi s TŠ O O m K Wegkiirzung zwischen .rH §Wf§ gagapi »!Žo$pKjf sefe-VKV : • -• Hv.cAV.riiicfi;! išMA Wmoi;e^co:w< V.o; IHR ■7'/-//n s,.- /r 70 18 m® ( .) v / r * O; ■/>■•*/< t' ■” ,/;• V/;. Os p i xi o . i#*F* $ a*u* ggfs^ -O.- Ttiujjf& H-Zi/uh Maftstab i : 75.000. Parenzo *——- Zweite Triester Schienenverbindung. Die Schienenverbindungen von Triest. Wien Herpelje. Divača, Pola [Strecke Gorz—Triest. ] Trassierung, Unterbau und Brilckenbau. 49 und 2 grofie, tiefe Mulden mit Viadukten, darunter dem 165 m langen Guardiella- viadukt, iiberschritten. In diesem Strecken- teile liegt auch die Betriebsausweiche Guardiella und die Station Rozzol. Nach Durchfahrung des S. Giacomo-Tunnels werden noch einige Strafien von Triest iibersetzt und dann miindet die Trasse in ihren Endpunkt am neuen Hafen von Triest ein! Angaben aus der Baugeschichte und Baustatistik. Eine eingehende Baugeschichte und umfassende Baustatistik der z\veiten Eisen- bahnverbindung mitTriest konnen die nach- folgenden Zeilen wohl nicht geben, da zurzeit der Bau der Strecke Badgastein— Spittal a. d. Drau samt dem gewal- tigen Tauerntunnel noch nicht voll- endet ist und anderseits die Bauabrech- nungen der iibrigen, bereits dem Ver- kehre tibergebenen Linien noch keines- wegs volkommen abgeschlossen und aus- getragen erscheinen. Es sollen demnach hier nur die bemerkenswertesten Momente der allgemeinen Baugeschichte und die notwendigsten statistischen Angaben, so- weit sie uberhaupt zurzeit schon gegeben werden konnen, Erwahnung finden. Die Sicherstellung des Baues der neuen Hauptbahnlinien erfolgte durch das Gesetz vom 6. Juni 1901, RGB. Nr. 63. Es wurden fiir die Herstellung der neuen Linien zwei besondere Bauperioden vor- gesehen. In dem ersten, bis Ende des Jahres 1905 reichenden Bauabschnitte sollten die Pyhrnbahn, die Strecke Schwar- zach - St. Veit—Badgastein und die Linie Klagenfurt (Villach)—Afiling—Gorz —Triest vollendet werden, wahrend ftir die Fertigstellung des restlichen Stiickes der Tauernbahn von Badgastein bis Spittal a. d. Drau das Ende des Jahres 1908 in Aussicht genommen war. Der im Jahre 1901 vorgesehene Gesamtaufrvand fiir die Herstellung der neuen Linien betrug 190,000.000 Kronen; von diesen waren 135,825.000 Kronen fiir die erste Bau- periode einschliefilich der bereits ge- troffenen Vorarbeiten bestimmt. Die Trassenrevisionen und Stations- kommissionen fiir samtliche Linien der ersten Bauperiode fanden im Sommer des Jahres 1900 statt, jene fiir die Teil- strecke Mallnitz—Spittal a. d. Drau im November 1903. Die politischen Begehun- gen und Enteignungsverhandlungen er- folgten in der Zeit von April 1902 bis Oktober 1903 — jene fiir die Siidrampe der Tauernbahn im Juli 1905. Die poli¬ tischen Begehungen betreffend die Aus- fiihrung der Wasserbeschaffungsanlagen, der Zufahrtstrafien, der feuersicheren Herstellungen und zahlreicher Varianten wurden von Fali zu Fali \vahrend der Bauzeit vorgenommen. Zur Einleitung und Durchfiihrung der Bestimmungen des Gesetzes vom Jahre 1901 wurde mit Erlafi des Eisenbahn- ministers vom 6. Oktober 1901 im Rahmen des Eisenbahnministeriums eine eigene, dem Minister unmittelbar unterstellte Geschaftsabteilung — die k. k. E i s e n- bahnbaudirektion — errichtet; an die Spitze derselben wurde ein technisch vorgebildeter Sektionschef, mit zwei Hof- raten — ebenfalls Technikern — als Stellvertreter gestellt.*) War schon die Errichtung einer eigenen Zentralstelle fiir diese grofien Bahnbauten, welchen sich noch eine stattliche Reihe von Lokalbahnen im Laufe der Zeit an- schlofi, ein gliicklicher Gedanke, so war es noch mehr dieBerufung des leider zu friih verstorbenen Sektionschefs Ingenieur Karl Wurmb als Eisenbahnbaudirektor und der Hofrate, Ingenieure A. Millemoth und V. J a h o d a als dessen Stellvertreter. Die Diensteinteilung der neu gegrundeten Eisenbahnbaudirektion ist aus der Tabelle VI zu ersehen. Unter den Arbeiten, welche noch vor der Vergebung des Bahnbaues seitens dieser Zentralstelle durchgefiihrt werden mufiten, verdienen einige besonders hervorgehoben zu werden. So wurden beispielsweise die samtlichen aus einer frtiheren Zeit stammenden Bau- und Lieferungsbedingnisse einer eingehenden *) Diese neue BaubehOrde war nun schon die vierte ahnlicher Art, die, vom Staate zu verschiedenen Zeiten eingerichtet, nach wenigen Jahren Lebensdauer jedoch imrner wieder aufgelost wurden. 4 5° Josef Zuffer. Tabelle VI. Diensteinteilung der k. k. Eisenbahn- baudirektion. Priifung unterzogen, entsprechend um- gestaltet oder ganz neu aufgestellt und ebenso war es erforderlich, samt- liche Typenplane gemafi den im Laufe der Zeit im Eisenbahnbaue gesam- melten Erfahrungen umzuarbeiten, zu erweitern und durch neue Plane zu erganzen. Den aus den einzelnen Trassierungs- abteilungen hervorgegangenen Eisenbahn- bauleitungen oblag unterdes die Aufstel- lung des Detailprojektes, der Operate fur die politische Begehung und fur die Bauvergebung, die Detailabsteckung der Trasse und der wichtigsten Objekte, die Verfassung der Ausfuhrungsplane ftir die meisten Kunstbauten, kurz die Durch- fiihrung aller jener vorbereitenden Ar- beiten, welche der Bauinangriffnahme vorangehen miissen. Am 14. Dezember 1902 wurde zuerst die Linie Schwarzach-St. Veit—Badgastein an die Unionbaugesellschaft in Wien ver- geben und von da ab folgten die tibrigen Bauvergebungen in rascher Folge. Der ersten Linienvergebung ging, nebstbei be- merkt, die Vergebung der Stollenarbeiten bei den vier grofien Tunnels voraus. — Uber die Einteilung der einzelnen Bau- linien, ihre Vergebung und Vollendung gibt die Tabelle VII ausreichenden Auf- schlufi. Von besonderer Bedeutung fur die Anlageverhaltnisse der neuen Hauptbahn- linien war die Erweiterung des Bau- programmes, welche gelegentlich der Auf- stellung der Detailprojekte gegeniiber den betreffendengenerellenProjektenPlatz griff. Durch umfangreiche Erweiterungen und Vermehrungen der Stationsanlagen, welche es ermoglichten, beispielsweise die Pyhrn- bahn fur den Verkehr von 7oachsigen Guterziigen statt von 5oachsigen einzu- richten, desgleichen die Leistungsfahig- keit der Tauernbahn von 70 auf 80 Achsen und jene der Linie Klagenfurt—Villach— Gorz—Triest von 70 auf 100 Achsen zu steigern, wurde den dam ali gen For- derungen des Verkehres Rechnung ge- tragen. Plieher gehort auch die iiber den ursprtinglichen Rahmen weit hinaus- gehende Ausgestaltung der Bahnhof- anlagen in Triest-St. Andra — unter Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 51 gleichzeitiger Zuziehung des Holzlager- platzes von Servola, welche Erweiterung mit Riicksicht auf das inzwischen ge- nehmigte Projekt der neuen Hafenanlagen Triests notwendig geworden war und welche allein einen Mehraufwand von 7'1 Millionen Kronen erforderte. — Schliefi- lich mufiten als notwendige Folge ali dieser Mafinahmen auch den einzelnen grofien Tunnels wurde gleichfalls die Betriebssicherheit erhdht und durch den Bau von starkeren eisernen Briicken, zu- folge der im Jahre 1904 erlassenen neuen Briickenverordnung, sowohl die Sicher- heit des Betriebes als auch die Bestandes- dauer der Bahnanlage gefordert. Alle diese Mafinahmen erforderten einen betrachtlichen Mehraufvvand an Abb. 31. Motiv aus dem Bačatale; nach einer Radierung - von Prof. Ludwig Michalek. Linien wesentlich mehr Fahrbetriebsmittel zugewiesen werden. Auch die Betriebssicherheit erfuhr bei Aufstellung der Detailprojekte eine wesentliche Forderung. Wahrend unter anderem in den generellen Projekten noch zusammen 383 Strafien- und Wegiiber- setzungen in Schienenhohe vorgesehen \varen, wurde deren Zahl im Detail¬ projekte auf 168 verringert, was einer Verminderung dieser ftir Haupt- bahnen immerhin nicht ungefahrlichen Anlagen um 44°/ 0 gleichkommt. — Durch die Einftihrung des um nahezu 50"/„ teureren Stuhlschienen-Oberbaues in den Baukosten, welcher rund mit 20,000.000 Kronen eingeschšitzt werden kann und zu welchem schliefilich noch weitere 854.000 Kronen traten, als Beitrag des Staates zu der mit Gesetz vom 14. Juli 1903, RGB. Nr. 151, als Abzweigung von der Karawankenbahn sichergestellten Lokalbahn Weizelsdorf—Ober-Ferlach. Eine eigenartige Erscheinung des Wirtschaftslebens dieser Bauepoche ver- dient noch besonders hervorgehoben zu werden: das schnelle und unaufhaltsame Ansteigen ali er Lohne und Materialpreise, sowie stellenweise auch der ftir den Bahnbau in Betracht kommenden Grund- 4' 52 Josef Zuffer. T. abelle VIL Einteilung und Vergebung der einzelnen Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 53 Baulinien sowie Fertigstellung bezw. Eroffnung derselben. 54 josef Zuffer. werte. So stieg — um nur ein Beispiel herauszugreifen — nach amtlichen Er- hebungen der durchschnittliche Taglohn eines einfachen Erdarbeiters in der Zeit von 1902 bis 1904 von K 2'20 auf K 3'—, also um mehr als 36°/ 0 ! Eine ahnliche Entwicklung nahmen die Lohne aller iibrigen Professionisten und die Materialpreise. Wenngleich es nach alter Erfahrung not\vendig ist, bei allen grofien offentlichen Arbeiten (die Zahl der bei den Alpenbahnen gleich- zeitig beschaftigten Bauarbeiter stieg zeitweise iiber 70.000) mit einer Auf- wartsbewegung aller Lohne und Preise zu rechnen, so konnte doch eine derart sprungweise Verteuerung nicht voraus- gesehen werden.*) Auf die Bauokonomie mufite diese Erscheinung selbstverstand- lich in aufierordentlich ungiinstiger Weise einwirken. Eine Geschichte der zweiten Eisen- bahnverbindung mit Triest ist leider auch eine Geschichte der iibergrofien Bau- schwierigkeiten, welche allerorts auf- traten, die wohl mit eiserner Kraft be- waltigt \vurden, dabei aber manchmal ganz bedeutende Opfer an Geld erfor- derten. Auf eine Beschreibung dieser Schwierigkeiten soli spater noch zurtick- gekommen werden, hier sei nur kurz er- wahnt, dafi von den vier grofien Scheitel- tunnels nur einer — der Wocheiner- tunnel — die erwarteten Bauschwierig- keiten nicht ubertraf! Unter den einzelnen Linien war es die Wocheinerbahn, welche das grofite Mafi der Erschwernisse aufwies. Obenan steht hier naturlich die scbon von allem Anfang an gefiirchtete Strecke im Bača- tale. Um den gefahrlichen Rutschlehnen auszuweichen und ein Anschneiden *) Diese aufiergew 5 hnliche Steigerung aller LShne und Preise kann wohl zum Teil auf die ausgedehnte und auf einen kurzen Zeitraum zusammengedrangte Bautatigkeit zuruckge- fiihrt, dadurch aber nicht vollkommen erklart werden. Sie hat zvveifellos ihre Wurzel auch in einer mit der Zeit des Bahnbaueszusammen- fallenden allgemeinen Erscheinung des Wirt- schaftUebens, in der rasch fortschreitenden allgemeinen Teuerung, welche bis zum heu- tigen Tage noch anhalt, und welche zu gutern Teile als Folge derimmer mehr ausgebreiteten und immer tester ausgebauten Organisationen aller Art bezeichnet werden kann zu vermeiden, mufiten Kunstbauten in noch weit grofierem Umfange aus- gefuhrt werden, als sie ohnedies be- reits im generellen Projekte vorgesehen waren; das Erfordernis an Mortelmauer- werk (ausgenommen Tunnelmauerung) erhohte sich dadurch allein um mehr als 130 °/ 0 . Das Vermeiden der Rutschlehnen erwies sich eben als das sicherste, ja fast als das einzige Mittel, welches er- moglichte, die Bahn in diesem geologisch unfertigen Tale, bei diesen beispiellos un- gunstigen Bodengestaltungen dennoch zur Ausfiihrung zu bringen. Dadurch erklart sich nun auch die grofie Zahl der Varianten, welche auf der Wocheinerbahn zur Aus- fiihrung gelangten und die verhaltnis- mafiig grofie Vermehrung der Zahl der kleinen Tunnel und Galerien dieser Linie —• von 16 auf 31, beziehungs- weise von 4088 m auf 10.444 m Gesamt- lange.*) Es war selbstverstandlich das eifrigste Bestreben, sovvohl der den Bau leitenden Organe als auch der Bauunternehmungen, *) Ingenieure wie Geologen waren sich schon lange vor Inangriffnahme des Baues klar dariiber, da6 der Ftihrung einer Trasse im Bačatale fast uniiberwindbare Hindernisse entgegenstehen, und nur dem Umstande, dafi diese KompromiUlinie die einzige war, welche Aussicht auf die Zustimmung der grofien Mehrheit des Abgeordnetenhauses hatte, ist es zuzuscbreiben, dafi sie dennoch zur Aus- ftihrung gelangte. In seinem im Jahre 1899 an die Regierung erstatteten geologischen Gutachten sagt Professor Dr. Koch unter anderem wortlich: »Die Schwierigkeiten, welche dem Eisenbahnbaue auf der Nord- rarnpe der Wocheinerbahn, einschliefilich des grofien Tunnels entgegenstehen, erreichen nicht annahernd jenes Mafi, welches in dem engen, unbelebten Bačatale zu erwarten ist, wo schon heute Rutschungen des Gehanges im grofiten Stile zu konstatieren sind, ohne dafi noch das Terrain fiir Zwecke des Bahn- baues angeschnitten worden ist.« Und an einer anderen Stelle fafit er seine Unter- suchungen in die knappen, aber bezeichnenden Worte zusammen: »Das Bačatal eignet sich, kurz gesagt, nicht zur Ftihrung einer Haupt- bahn.« Wenn trotzdem das Werk gelang und die Strecke dem Betriebe in einem Zustande tibergeben werden konnte, der allen An- forderungen an den Bestand und die Sicher- heit einer Hauptbahn entsprach, so legt dies eben nur von neuem ein glanzendes Zeugnis ab fiir die Hohe der Entvvicklung, welche die čsterreichische Ingenieurkunst erreicht hat. 55 Trassierung, Unterbau und Brtickenbau. die im Gesetze vom Jahre 1901 allerdings von Haus aus sehr knapp bemessenen Vollendungstermine trotz aller Schwierig- keiten einzuhalten. Mittlerweile wurde jedoch bekannt, dafi die Gleisanlagen der neuen Station Triest-St. Andra zufolge der sich wider Erwarten verzogernden, durch die adria- tische Hafenbaugesellschaft zu bewirken- den Anschiittungen nicht im Jahre 1905 vollendet werden kdnnen und so -vvurde es moglich, auch die Bauvollendungs- arbeiten auf den einzelnen Strecken mit mehr Ruhe zu betreiben. Hiedurch wurde das ganze kuhne und stolze Werk zwar erst im Jahre 1906, aber noch immer zeitgerecht dem Verkehre iibergeben. Die naheren Angaben iiber die Eroffnung der einzelnen Baustrecken sind aus der Tabelle VII ersichtlich. Wenden wir uns nun den Gesamt- baukosten der neuen Alpenbahnen zu. Es mufi zunachst darauf hingewiesen werden, dafi mit dem Gesetze vom Jahre 1901 nur Baukredite fiir die Zeit der ersten Bauperiode, d. i. also bis zum Ende des Jahres 1905 erteilt worden waren; die Erfordernisse fiir die folgenden Jahre mufiten daher im gegebenen Zeitpunkte neuerlich im verfassungsmafiigen Wege angesprochen werden. Schon in dieser Form des Gesetzes bekundet sich die Erkenntnis, dafi es bei derart schwierigen Bahnbauten unmoglich erscheint, die erfor- derlichen Gesamtbaukosten im voraus mit voller Sicherheit anzugeben, welche Voraussicht bei der Bauinangriffnahme und Baudurchftihrung volle Bestatigung gefunden hat. Als die Regierung im Jahre 1905 — zur Zeit, da die Detailprojekte voll- standig ausgearbeitet vorlagen und die Bauten mitten im Zuge waren — an den Reichsrat behufs Bewilligung der weiteren Baukredite herantrat, war sie durch die schon friiher erwahnte Er- weiterung des Bauprogrammes sowie durch die Lohn- und Preissteigerungen und die aufierordentlichen Bauschwierig- keiten gezwungen, die schliefilichen Gesamtkosten der neuen Gebirgsbahnen wesentlich hoher einzuschatzen als im Jahre 1901, und zwar mit 279-5 Millionen Kronen. Das Bekanntwerden dieser grofien Mehrforderung erregte naturgemafi in der Offentlichkeit und in den gesetzgebenden Korperschaften unliebsames Aufsehen. Der Eisenbahnausschufi des Abgeord- netenhauses setzte einen eigenen Unter- ausschufi zur eingehenden Priifung des von der Regierung vorgelegten Gesetz- entwurfes ein und erstattete sodann aut Grund des Gutachtens dieses Unter- ausschusses seinen Bericht an das Ab- geordnetenhaus.*) Das Ergebnis war die Genehmigung der angesprochenen weiteren Kredite in einer von dem Regierungs- entwurfe einigermafien abweichenden Textierung. Wenngleich von der Mehrheit des Hauses gewisse Mafinahmen der Re¬ gierung in formaler Hinsicht nicht volle Billigung gefunden haben, so konnte man sich dennoch der Einsicht nicht verschlie- fien, dafi die angesprochenen Mehrerfor- dernisse durch die Natur der schwierigen Bauten und durch gewichtige betriebs- okonomische Riicksichten bedingt waren und somit volle Berechtigung erheischten. Ihren Ausdruck fand diese Uberzeugung unter anderem im Berichte des Eisenbahn- ausschusses an jener Stelle, an der es heifit: »dafi Vor\viirfe gegen die technischen Organe der Eisenbahnverwaltung nicht erhobenwordensind, dafi vielmehr die Tiichtigkeitsowie die opfervolle Hingabe derselben an die Sache allseits anerkannt wurde.* Eine endgiiltige Zusammenstellung der Baukosten ist zurzeit unmoglich, da, wiebe- reits bemerkt \vurde, die Strecke Ga- stein—Spittal a. d. Drau noch im Baue steht und die Abrechnungen der ubrigen bereits im Verkehre befindlichen Linien noch nicht vollkommen abgeschlossen und ausgetragen erscheinen. In die Ta¬ belle VIII konnten sonach nur jene Kosten aufgenommen werden, welche im Jahre 1905 festgesetzt wurden und welche fiir die Pyhrn- bahn durch das Gesetz vom 29. Juli 1907, RGB. Nr. 176, noch eine Erhohung auf K 21,787.100-— erfahren haben. Es lafit sich jedoch schon auf Grund der vor- liegenden, wenn auch noch nicht voll- standig abgeschlossenen Abrechnungs- operate sagen, dafi sich die wirklichen *) Naheres siehe Strach »AUgemeine Ent- wicklungsgeschichte«, Band I. 56 Josef Zuffer. Tab el le VIII. Zusammenstellung der Baukosten fiir die Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 57 einzelnen Linien der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest. 58 Josef Zuffer. und endgiiltigen Baukosten von den im Jahre 1905 ermittelten nicht weit ent- fernen und dafi darum auch die in der Tabelle VIII angegebenen Zahlemverte in Zukunft kaum nennenswerte Abanderungen erfahren werden. Tage hoher Festesfreude, \vie sie nicht oft im Leben des Eisenbahningenieurs wiederkehren, waren die Eroffnungen der einzelnen Baulinien. Den Anfang machte am 20. September 1905 die aus dem Tale der Salzach bis in die Bergwelt von Gastein fiihrende Linie Schwarzach- St. Veit—Badgastein; ihr wurde — als dem ersten Teile der wichtigen neuen Bahnen ■— die hohe Ehre zu teil, durch Se. Majestat den Kaiser Franzjosef I. in feierlichster Weise personlich eroffnet zu werden. Einen zweiten kaum gerin- geren Glanzpunkt in diesen festlichen Ereignissen aber stellte die Eroffnung der Linie Afiling—Gorz—Triest durch Se. kaiserliche Hoheit den Thronfolger Erz- herzog Franz Ferdinand dar. Die ganze Monarchie feierte den 19. Juli 1906 mit stolzer Freude und Genugtuung, den Tag, an dem zum erstenmal der neue von Krain bis zum Adriatischen Meere rei- chende Schienenstrang von dem festlich geschmuckten Eroffnungszuge befahren wurde. Von weit und breit entlang des ganzen gewaltigen Schienenweges war die Bewohnerschaft herbeigeeilt, um Zeuge dieses denkwiirdigen historischen Ereig- nisses zu sein, und heller, aus dem Herzen kommender Jubel begrufite den Vertreter unseres Kaisers allerorten! — Helle Freude erftillte aber auch die Herzen aller der- jenigen, welche Mitarbeiter an dem stolzen Werke gewesen waren und welche nun in den anerkennenden Worten des Thron- folgers Befriedigung und Genugtuung fur ihre unermiidliche Tatkraft und ihr selbstloses Wirken fanden. Das Bild dieses bedeutungsvollen Tages kann nicht besser gekennzeichnet werden, als durch die ge- treue Wiedergabe jener Worte, welche Erzherzog Franz Ferdinand in Afiling auf die Begriifiungsansprache des Eisenbahn- ministers erwiderte: »Da Se. Majestat unser allergnadigster Kaiser mich mit der Vertretung allerhochst Seiner Person bei der feierlichen Eroffnung der Bahnlinie Afiling—Triest betraut hat, war ich von aufrichtiger Freude dariiber erfullt, dafi es mir gegonnt sein solite, einem festlichen Ereignis beizmvohnen, welches einen weithin sichtbaren Mark- stein bilden wird in der aufsteigenden Entwicklung des Verkehrswesens und der Volkswirtschaft unseres Vaterlandes. »Gerne bin ich deshalb gekommen, um mich personlich davon zu uberzeugen, dafi dank dem patriotischen Zusammen- wirken aller berufenen Faktoren und dank der hingebungsvollen Arbeit unserer alt- bewahrten Technikerschaft ein Werk zu Stande gekommen ist, dessen Gelingen von neuem den hohen Stand unseres technischen Konnens bezeugt.« Und als der Eroffnungszug in Triest anlangte, da war es eine zweite inzwischen eingetroffene Nachricht, welche die Herzen aller Mitarbeiter freudig und stolz schlagen liefi : die Verleihung des Ehren- doktorates an die Sektionschefs W u r m b und M i 11 e m o t h durch die erste tech- nische Hochschule des Reiches! In seiner Sitzung vom 18. Juli 1906 hatte das Professorenkollegium dieser Hochschule den einstimmigen Beschlufi gefafit, diesen hochsten akademischen Ehrengrad zum erstenmal an Manner der Praxis, an die beiden Erbauer der neuen Alpenbabnen zu verleihen. In diesem glanzenden Beweise der hochsten Ehrung kam die Bewunderung zum Ausdrucke, welche die Wissenschaft den neuen gigantischen Schopfungen der Praxis entgegenbrachte, und in dieser seltenen Auszeichnung fuhlten sich auch alle diejenigen mitgeehrt, welchen es gegonnt war mitzuwirken an dem ge- waltigen Kulturwerke osterreichischer Technik. Am 17. November 1906 fand im Fest- saale des osterreichischen Ingenieur- und Architektenvereines die feierliche Uber- reichung der Diplome an die beiden neu ernannten Ehrendoktoren statt. In voller Gesundheit und tief bewegt wohnte Sektionschef a. D. Dr. Karl Wurmb der Festlichkeit noch bei und wenige Wochen darauf mufite ganz Osterreich den Heim- gang eines seiner genialsten Techniker betrauern! Am 30. Janner 1907 war Wurmb aus seinem tatenreichen Leben abberufen \vorden. Ein eiserner Wille, ein fuhrender Trassierung, Unterbau und Bruckenbau. 59 Abb. 32. Eroffnung der Wocheinerbahn; Ansprache an Se. k. und k. Hoheit Erzherzog Franz Ferdinand in Aftling. Geist, ein goldenes Herz war der Mensch- heit fiir immer verloren gegangen! »Der eine zieht auf seiner Balin sanfte Furchen gleich dem Schwan —• »Der andere meifielt seinen Tritt fiir ew’ge Zeiten in Granit!« W u r m b hat seine Špur mit eherner Schrift dem Vaterlande bis in die fernste Zukunft aufgepragt! Moge sein Stand- bild, das in kurzer Zeit in Salzburg er- richtet werden \vird, fiir die nachfolgenden jiingeren Generationen der Ingenieure ein Ansporn sein, in seinem Sinne mitzu- wirken, moge es in allen Reisenden auf der Fahrt von den »Gletschern bis zum Meere« das Bild desjenigen Mannes er- stehen lassen, der als der geniale Schopfer unserer neuen Alpenbahnen bezeichnet werden mufi, eines Werkes, das nicht nur in ganz Osterreich, sondern auch in ganz Europa seinesgleichen sucht. Noch steht die Eroffnung des letzten Teilsttickes der neuen Hauptbahnlinien — der Strecke Badgastein—Spittal a. d. Drau — bevor. Im Jahre X 909 wird auch diese Linie dem offentlichen Verkehre iibergeben werden und dann wird unser Vaterland in der Entwicklung seines Ver- kehrswesens einen machtigen Schritt nach vorwarts getan, dann wird das Eisen- bahnnetz der Monarchie eine Ausgestal- tung erfahren liaben, welche geeignet ist, einen bestimmenden Einflufi auf die Rich- tung des internationalen Reiseverkehres und Giitertransportes auszuiiben. Der Unterbau der neuen Alpenbahnen. Der Wanderer, der seine Schritte durch ein enges Gebirgstal lenkt und dort von den Bewohnern hort, dafi hier der Schienen- strang einer Hauptbahn hindurchgefiihrt werden solle, bleibt zagend stehen und zweifelnd mifit er das steile Gehange des Tales. Wie ist es moglich, diesem Engpasse das breite sichere Band einer Eisenbahn abzuringen? Wie soli hier Raum geschaffen werden fur die sanften Kriimmungen und leichten Neigungen der Bahn, wo doch die schmale 6o Josef Zuffer. enggewundene Gebirgsstrafie kaum Platz findet neben dem \vilden tosenden Bache ? Und doch braucht es nur wenige Jahre und derselbe Wanderer kann, be- quem im Eisenbahnvvagen sitzend, des scheinbaren Ratsels Losung an sich vortiberziehen sehen. Er sieht die Damme und Einschnitte, die Mauern, Briicken, Viadukte, Galerien und Tunnels, welche in Verbindung miteinander den schlanken, Abb. 33. Kara\vankenbahn; Bau des Hollenburger Viaduktes. schmiegsamen Bahnkorper bilden und welche in dem Sammelbegriffe »Eisenbahn- Unterbau« zusammengefafit werden. Der Unterbau der zweiten Eisenbahn- verbindung mit Triest weist mancherlei Eigenarten auf, welche die besondere Aufmerksamkeit des Fachmannes bean- spruchen konnen, und es diirfte nicht zu viel gesagt sein, wenn behauptet wird, dafi mit dem Bau der neuen Alpenbahnen in der Technik des Eisenbahnbaues wieder ein bemerkens\verter Schritt nach vorwarts getan wurde. Besonders kennzeichnend fiir die Durchbildung des Unterbaues der neuen Alpenbahnen ist die weitgehende Bevor- zugung der reinen Steinbauten gegentiber der Anwendung eiserner Tragwerke, wie solche von der k. k. Staatseisenbahnver- waltung zuletzt bei der in der ersten Halfte der Neunzigerjahre (1893 und 1894) erbauten Linie Stanislau—Woronienka getibt wurde, und ferner als voliš tan- dige Neuheit die ausgedehnte Einfiih- rung der Eisenbetonkonstruktionen. Die Vorteile, welche reine Steinbauten gegentiber den Eisenkonstruktionen auf- weisen, sind mannigfacher Natur und machen sich teils schon im Baue, teils in der Erhaltung und im Betriebe be- merkbar. Bautechnisch ist die Herstellung von gewolbten Durchlassen, Durchfahrten und Viadukten in der Regel ungleich ein- facher und zweckmalMger als jene eiserner Briicken. Sie erfordert keine besondere Vergebung an Spezialfirmen, sondern kann mit den oft an Ort und Stelle vor- findlichen Materialien (Sand, Stein und Holz) von der jeweiligen Unterbau-Unter- nehmung vollstandig und unabhangig ausgefuhrt werden. Fiir die Bahnerhaltung bedeutet die Herstellung reiner Steinbauten aber gegentiber solchen mit eisernen Tragwerken eine bedeutende Herabmin- derung der Erhaltungsarbeiten und Er- haltungskosten. Wahrend Eisenkonstruk¬ tionen im allgemeinen nur eine von ver- schiedenen Verhaltnissen abhangige be- schrankte Dauer besitzen, rvahrend ihres Bestandes einer unausgesetzten genauen und fachkundigen Uberwachung bedtirfen und eine oftere Erneuerung ihres An- striches und ihrer Bedielungen erheischen, verursachen Steinbauten nahezu gar keine Uberwachungs- und Erhaltungskosten; sie sind den Witterungseinfliissen in un¬ gleich geringerem Mafie ausgesetzt und zeigen demgemafi auch eine weit grofiere Bestandesdauer. — Ein Umstand verdient noch besonders hervorgehoben zu werden: Das Eigengervicht der Steinkonstruktionen ist in der Regel mehrfach grofier als die in Betracht kommende Nutzlast. Wah- rend die verhaltnismafiig leichten Eisen¬ konstruktionen bei einer erheblicheren Ver- grofierung der Achsdriicke unbedingt einer Verstarkung bediirfen oder sogar ausgewechselt werden mtissen, tritt diese betriebstechnisch oft recht unangenehme Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 61 Notwendigkeit bei Steinbauten nahezu nie- mals ein. Sachgemafi ausgeftihrte Steinbauten aus wetterfestem Material und anerkannt gutem Bindemittel sind somit nahezu fur die Ewigkeit gebaut. Schliefilich haben die Steinbauten auch noch den Vorteil, dafi sie ein durch- gehendes Schotterbett ermoglichen, dafi also der Gleisstrang an keiner Stelle eine Unterbrechung seiner elastischen Bettung erfahrt. Hinsichtlich der aufieren Erscheinung aber kann gewifi gesagt werden, dafi sie sich ungezwungener und schoner in das Landschaftsbild einftigen und dafi sie somit auch von diesem Stand- punkte aus den Vorzug verdienen. Mit diesen Darlegungen soli keines- wegs versucht werden, den hohen, uner- mefilichen Wert des Eisens als Bau- material zu leugnen oder in Frage zu stellen. Was ware die Welt — was ware die moderne Technik ohne die wunderbare K raft, Harte und Bildsamkeit des Eisens? — Wie soli ten anders breite Fltisse und ali die vielen Wege und Wasserlaufe bei Bahnbauten im Talboden, fur welche nur eine ganz geringe Konstruktions- hohe zur V erfugung steht, ubersetzt werden, als mit Zuhilfenahme eiserner Brticken ?—■ Das Eisen wird also stets den ersten Platz unter den Baumaterialien der mo- dernen Eisenbahntechnik einnehmen, es fand auch im Zuge der neuen Alpenbahnen hervorragende Amvendung, aber wo im- mer es mOglich sein solite, gebe man den Steinbauten trotz hoherer Anlage- kosten den Vorzug! In innigster Wechselbeziehung zu der enveiterten Anwendung des Steinbaues steht die bedeutende Entwicklung, welche die osterreichische Zementindustrie im Laufe des letzten Dezenniums genommen hat; sie ist — was den Eisenbahnbau anbelangt — durch einen nahezu ganz- lichen IJbergang vom Romanzement zum Portlandzement gekennzeichnet. Erst in- folge der allgemeinen Anwendung dieses vorziiglichsten Mortelbindemittels konnte man mit vollster Beruhigung an die Er- weiterung des Anwendungsgebietes der reinen Steinbauten schreiten und ander- seits wirkte eben diese Erweiterung wieder in gtinstigster Weise auf die Forderung unserer heimischen Zement¬ industrie zurtick. Roman- und Portlandzement unter- scheiden sich sowohl in der Fabrikation als auch in der Verarbeitung wesentlich von einander. Romanzement \vird aus tonreichen Mergeln mit einem Gehalt von 25 bis 40% Ton und 75 bis 6o°/ 0 kohlen- saurem Kalk gewonnen; das Rohmaterial wird unterhalb der Sinterungsgrenze bei einer Temperatur von 800 bis 1200° C gebrannt und hierauf bis zur Pulver- form zerkleinert. Seine Erzeugung ist an bestimmte Ortlichkeiten, an das Vor- handensein geeigneter Mergellager ge- bunden, wobei die natiirliche Ungleich- mafiigkeit des Rohmaterials auch eine gewisse Unsicherheit riicksichtlich der G-iite des Endproduktes im Gefolge hat. Weitaus giinstiger fiir die Erzielung eines stets gleichwertigen Bindemittels liegen die Verhaltnisse bei der Er¬ zeugung der Portlandzemente, indem diese — mit wenigen Ausnahmen — aus einem kiinstlichen innigen Ge- menge von kalk- und tonhaltigen Materialien hervorgehen. Hier kann das Verhaltnis zwischen den einzelnen Kom- ponenten der Rohmasse — 22 — 25 % Ton, der Rest kohlensaurer Kalk — stets genau iiberwacht werden und hier ist darum auch eine grofiere Sicherheit beztiglich der Giite des Erzeugnisses vorhanden. Die innig gemengten Roh- materialien werden genau bis' zur Sinterung (ungf. 2000° C) gebrannt und sodann bis zur Mehlfeinheit gemahlen. Beztiglich der hydraulischen Eigen- schaften und der Festigkeitsverhaltnisse ist der Portlandzement dem Roman¬ zement weit uberlegen. Die Roman- zemente gehoren durchwegs zu den sogenannten »Raschbindern«, d. h. sie zeigen die Eigenschaft, mit Wasser und Sand zu Mortel angemacht, schnell ab- zubinden und zu erharten. Sie erfordern daher auch am Bauplatze eine ziel- bewufite, rasche Verarbeitung, was einen der erheblichsten Nachteile dieses Binde¬ mittels darstellt. Schliefilich kommt ftir die Bevorzugung, welcher sich heute der Portlandzement erfreut, noch wesentlich in Betracht, dafi er bei gleichen Mischungs- verhaltnissen nahezu die doppelte Festig- 62 Jo sef Zuffer. keit erreicht, als sem Vorlaufer — der Romanzement. Wie bereits eingangs envahnt wurde, fallt der allgemeine Ubergang im Eisen- bahnbaue vom Roman- zum Portland- zement in den Beginn des letzten Dezenniums. Wahrend beim Baue der Wiener Stadtbahn noch viel Roman¬ zement venvendet wurde, finden wir ihn beim Bau der zweiten Eisenbahnver- bindung mit Triest nur mehr ganz ver- einzelt angewendet — fiir Verputz- arbeiten und fiir solche Zwecke, wo ein rasches Abbinden erwtinscht ist, wie bei Ausspritzungen nassender Tunnels u. a. m. Unmittelbaren Anstofi zu dem Ver- lassen des Romanzements diirften viel- leicht gewisse iible Erfahrungen gegeben haben, welcbe mit diesem Bindemittel beim Bau der Linie Marienbad—Karls- bad gemacht wurden. Die inneren Ur- sachen aber liegen wohl in dem Durch- bruch der Erkenntnis von den weitaus hochwertigeren Eigenschaften des Port- landzements und in den Fortschritten, welche die Erzeugung dieses Binde- mittels aufzmveisen hat, sowie endlich in dem Umstand, dafi sich das Kapital, in richtiger Beurteilung der Sachlage, fast ausnahmslos nur mehr der auf- strebenden Portland zementindustrie zu- gewendet,.hatte. Im Jahre 1897 kam in Osterreich die Erzeugungsmenge an Romanzement jener an Portlandzement noch vollstžindig gleich; seither aber ist die Fabrikation des letzteren auf weit mehr als das Doppelte gestiegen, wahrend gleichzeitig jene des Romanzements auf ungefahr ein Drittel ihres friiberen Mafies zuriickge- gangen ist. Heute also hat in Osterreich der Gesamtverbrauch an Portlandzement bereits jenen an Romanzement um das 7V2—8fache iiberfliigelt. Ein ernster Mitbewerber ist dem Port¬ landzement in letzterer Zeit im Schlacken- zement — und zwar in Osterreich im Konigsbofer und Witkowitzer Schlacken- zement — erwachsen. Schlackenzement ist ein Gemenge aus besonders verarbeiteter basischer Hochofenschlacke mit pulver- formigem Kalklrydrat. Die dtinnfliissige, geschmolzene Schlacke zerfallt, in das Wasser geleitet, zu einem grobkdrnigen Sand, der sodann zur Mehlfeinheit zer- mahlen und mit ebenso fein pulverisiertem Kalkhydrat gemengt, den Schlackenzement liefert. Der Schlackenzement kann als mittel- bis langsam bindend bezeichnet werden und erreicht, was seine Festigkeits- ziffern anbelangt, die besten aller Port- landzemente. Bei dem Baue der neuen Alpenbahnen wurden bereits grofie Mengen dieses Zements vervvendet, trotzdem die Ein- fiihrung eines neuen Mortelbindemittels in das Bauwesen bei seiner hervor- ragenden Wichtigkeit keine leichte Auf- gabe darstellt und die Verantwortlichkeit fiir eine solche Mafinahme eine bedeu- tende ist. Ermunternd fiir die umfangreichere Anwendung von Schlackenzement im Eisenbahnbaue wirkten die guten Erfolge, welche beim Bau der Pariser Stadtbahn mit den dortigen Schlackenzementen gemacht wurden. Und ebenso zufrieden- stellende Ergebnisse hatten die sach- sischen Staatsbahnen zu verzeichnen, weiters die Gemeinde Wien gelegentlich der grofien Wienflufiregulierungsarbeiten und endlich die Aussig-Teplitzer Eisen- bahngesellschaft beim Bau ihrer 150 km langen Linie von Teplitz nach Reichen- berg, bei welcher Strecke fast aus¬ nahmslos Schlackenzement von Konigs- hof Anwendung fand. Wenden wir uns nun der bereits eingangs erwahnten Einfiihrung des Eisenbetonbaues in den Unterbau der neuen Alpenbahnen zu. Die Anfange dieser neuen, machtig aufstrebenden Bauweise liegen schon weit zuriick. Grofiere Bedeutung im Bauwesen aber konnte sie erst mit der Vervollkommnung in der Zementerzeugung und mit ihrer theoretischen Erforschung und der darauf folgenden sachgemafi konstruktiven Durchbildung erlangen. So kann als Zeitpunkt der allgemeineren Einfiihrung des Eisenbetonbaues der Beginn der Neunzigerjahre des verflossenen Jahr- hunderts angesehen werden. Anfangs blieb das Anwendungsgebiet der neuen Bauweise vornehmlich auf den Hochbau und den Wasserbau beschrankt. All- mahlich aber wurden auch Strafienbrticken mit bestem Erfolge nach der neuen Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 63 .. 'isso bei H&uptbahnon.. <<300 bei vollspurigen Lokalbahnen Abb. 34. Querschnitt eines Plattenbalken-Trag\verkes aus Eisenbeton. Konstruktionsweise hergestellt und end- lich konnte sich auch der Eisenbahnbau nicht mehr langer den vielseitigen Vor- teilen des Eisenbetonbaues verschliefien. Nachdem bereits im Laufe der Neun- zigerjahre versuchsweise in der Schweiz kleinere Bahndurchlasse aus Eisenbeton ausgefiihrt worden waren und auch in Osterreich diese Konstruktionsweise ver- einzelt fiir den Bau kleiner Strafien- und Eisenbahnbriicken Anwendung gefunden hatte (k. k. priv. Siidbahn, Nieder- osterreichische Landeseisenbahnen), ent- schlofi sich im Jahre 1903 die k. k. Eisenbahnbaudirektion dazu, die Eisen- betonkonstruktionen in beachtenswertem Umfange beim Bau der z\vei- ten Eisenbahnverbindung mit Triestauszufuhren. Ausschlag- gebend hiefiir waren die un- gemein giinstigenErfahrungen, welche beim Bau der Wiener Stadtbahn mit den Eisen- betonkonstruktionen auf der Wientallinie und Donaukanal- linie gemacht worden waren. Hier waren durch die Beton- bauunternehmung G. A. Wayfi & Comp. bereits weite Strek- ken der Tiefbahn mit Plat- tenbalkendecken bis zu 14M Spanrrvveite fiir 39 Tonnen schwere Wagen mit dem gr 5 E- ten Erfolge ausgefiihrt worden. Die Emftihrung dieser Bau- weise in den Unterbau und Briickenbau von Hauptbahnen ersten Ranges sowie die Anwendung derselben in einem derart bedeutenden Umfange kann als vollstandige Neuheit und be- deutsamer Fortschritt bezeichnet werden.*) Gleich dem Steinbau weist auch der Eisenbetonbau vielfache Vorteile gegen- iiber den Eisenkonstruktionen auf: Ver- minderung der Erhaltungsarbeiten und *) Der Verfasser dieses Abschnittes kann fiir sich das Verdienst in Anspruch nehmen, die Anregung zu dieser Neueinfuhrung ge- geben und auch die zur Durchfiihrung der Bauten erforderlichen Leitsatze und beson- deren Bestimmungen als erster auf seine persbnliche Verantwortung hin verfafit zu Abb. 35. Karawankenbahn; Plattenbalkendurchlafi aus Eisenbeton. 64 Josef Zuffer. Erhaltungskosten, durchgehendes Schot- terbett und grofiere Bestandesdauer. Zu diesen tritt aber noch als wert- vollste Eigenschaft die Moglichkeit, die Eisenbetontragwerke nach der Art ein- facher Balkentrager mit verhaltnisma- fiig geringer Konstruktionshohe her- zustellen, wodurch die Anwendung von Eisenbetontragwerken da noch moglich wird, wo Steinbauten bereits ganzlich ausgeschlossen erscheinen. Aus der Ftille der interessanten Bau- werke in Eisenbeton seien nur ganz wenige herausgegriffen; im iibrigen wird auf die unten angefiihrte ausfiihrliclie Veroffentlichung iiber den gleichen Ge- genstand hirigewiesen.*) Die weiteste Anwendung fand der Eisenbetonbau bei der Herstellung kleiner Bahndurchlasse, fiir deren Uberbriickung friiher ausschliefilich Holz- oder Eisen- konstruktionen verwendet worden waren. Abb. 36. Wocheinerbahn; Eisenbetongalerie in Betriebskilometer 125 ,5 / 7 . Die Anwendung des Eisenbetonbaues bei den neuen Alpenbahnen erstreckte sich nahezu auf den gesamten Bereich des Unterbaues. Mauern, Durchlasse und Durchfahrten, Strafien und Weg- briicken, Bahniiberbruckungen und schliefilich auch eine Steinschlag- schutzgalerie wurden vollstandig in Eisenbeton ausgeftihrt und Eisen- betonplatten betrachtlicher Grofie bil- deten beim Baue zahlreicher grofierer Eisenbahnbriicken sogar das Fundament derselben. Abb. 34 zeigt den typischen Quer- schnitt eines Plattenbalkendurchlasses, Abb. 35 die Ansicht eines solchen. Die Auflagerbanke wurden der einfacheren einheitlicheren Konstruktion wegen meist gleichfalls in Beton (Stampfbeton) hergestellt. Der Vorteil der Eisenbeton- durchlasse tritt vor allem bei den schief z ur Bahnachse gestellten Objekten hervor, bei welchen die Konstruktion und Auf- *) A. Nowak: „Der Eisenbetonbau bei den neuen von der k. k. Eisenbahnbaudirek- tion ausgefiihrten Bahnlinien Osterreicbs.“ Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 65 lagerung eiserner Tragwerke besonders umstandlich wird und ferner bei An- haufung vieler kleiner Durchlasse in der Bahn, in welchem Falle die gebrauchliche Herstellung der Tragwerke aus Holz oder Eisen eine oftmalige ungiinstig wir- kende Unterbrechung des elastischen Schotterbettes bedingt. Samtliche Eisenbetontragwerke er- hielten eine Asphaltabdeckung mit zwei Gewebeeinlagen; um bei Bahnobjekten eine Verletzung der Abdeckung anlafilich des Unterkrampens der Schwellen zu verhiiten, wurde diese' noch mit einem 20 mm starken Betoniiberzug versehen. — Einfache Eisen- betonplatten fur die Uberdek- kung von tiberschiitteten oder nicht iiberschiitteten Durch- lassen bis i‘5 m Lichtweite fanden uberall da Anwendung, wo natiirliche Steinplatten ent- weder gar nicht oder nur zu hohen Preisen zu beschaffen waren. Im ganzen wurden auf den Linien der neuen Alpen- bahnen 73 Tragvverke aus Eisenbeton mit den Lichtweiten von 1 bis 6 m zur Ausfuhrung gebracht. Zu den bemerkenswerten Ei- senbetonbauwerken der neuen Linien gehort die Steinschlag- galerie nachst der Station Auzza in Betriebskilometer 125 -5 / 7 der Wocheinerbabn. Sie hat eine Lange von 132 m und dient zum Schutze des Bahnkorpers gegen das Herabfallen von Gerdlle aus der 20 m hohen Wand des aus gebundenem Schotter bestehenden Einschnittes. Es geniigte daher, in diesem Falle eine verhaltnismafiig leichte Bauweise zur Anwendung zu bringen und die Bau- kosten ftlr den Langenmeter auf rund K 500 herabzusetzen, gegeniiber den Durchschnittskosten von K iooo pro Langenmeter, welche die vollstandig in Stein ausgefuhrten typenmafiigen Galerien an anderen Stellen der Bahn erforderten. Abb. 36 und 37 geben ein anschauliches Bild dieses neuartigen Bauwerkes. Ganz besonders eignet sich die Eisen- betonbauweise auch noch fur Ubergangs- stege und Uberfahrtsbriicken. Die Rauchgase der Lokomotiven, welche den Olfarbenanstrich eiserner Tragwerke empfindlich schadigen und rasch zerstoren, iiben auf Eisenbeton- tragwerke keinerlei schadliche Wirkung aus.*) Beim Bau der zweiten Eisen- bahnverbindung mit Triest war man daher bestrebt, die Ubergangsstege und -briicken uberall dort, wo Steinbauten nicht in Anwendung kommen konnten, in Eisenbeton auszufuhren. Eine grofie Reihe derartiger Bauwerke gibt Zeug- nis von dem Erfolg dieses Be- strebens. Abb. 37. Wocheinerbahn; Eisenbetongalerie in Betriebskilometer 125* 5 / 7 . In dem Abschnitte iiber Briickenbau werden endlich auch noch die in Eisen¬ beton hergestellten grofien Briicken zweier Eisenbahnzufahrtstrafien sowie die Ver- wendung des Eisenbetons bei der Fun- dierung der grofien gewolbten Briicken eingehendere Erwahnung finden. Die Aus- fiihrung samtlicher Eisenbetonkonstruk- *) Dber Anregung der Generalinspek- tion der Osterreichischen Eisenbahnen liefi die k. k. priv. Siidbahngesellschaft in jiing- ster Zeit chemische Untersuchungen des Be- tons einiger Oberfahrtsbriicken aus Eisen¬ beton riicksichtlich der Einwirkung der Lokomotivrauchgase vornehmen. Die ubei- aus gunstigen Ergebnisse dieser von Prof. Josef Klaudy durchgefiihrten Untersuchungen sind in derZeitschrift des 5 sterr. Ing,- u. Arch,- Vereines, Jahrgang 1908, Heft 30 und3l,ver- Sffentlicht. D 66 Josef Zuffer. tionen im Zuge der neuen Alpenbahnen wurde durch die Betonbauunterneh- mungen G. A. WayC & Comp., Ed. Ast & Comp. und Eugen Comel in Triest besorgt. Schon in dem Abschnitte iiber Bau- geschichte und Baustatistik der neuen Alpenbahnen war auf die aufierordentlichen Schwierigkeiten hingewiesen worden, wel- che dem Bahnbaue uberall dort erwuchsen, wo die Trasse im Rutschterrain gefiihrt besondere Schwierigkeiten aufgetreten sind. In der ersten Teilstrecke.der Wocheiner- bahn — von Afiling bis Podbrdo — ver- dient der Bau des 200 m langen Dammes in der Nahe der Station Dobrawa, Be- triebskilometer 66 -5 / g , unsere besondere Aufmerksamkeit. Die Bahn ubersetzt hier nahezu senkrecht einenSeitengraben derbe- kannten Rothweinklamm, dessen Gelande, aus Lehm mit sehr geringen Beimengun- Abb. 38. Wocheinerbahn (Bačatal); Sicherung der Bahn im Rutschgebiet, Betriebskilometer 102•%. werden mufite. Dies war in hervorragen- dem Mafie bei der Wocheinerbahn, be- sonders im Bačatale der Fali, dessen ungiinstige geologische Beschaffenheit bereits in dem vorerwahnten Ab¬ schnitte besprochen wurde. In kurzen Worten ein erschopfendes Bild von der Gesamtheit der zu Tage getretenen Rutschungserscheinungen und ihrer Be- hebungen zu geben, ist wohl in Anbetracht der Vielfaltigkeit des Gegen- standes unmoglich; es soli im nachfol- genden daher nur kurz auf jene Ortlich- keiten hingewiesen \verden, in welchen gen von Sand und Grus bestehend, sich durchaus als ein in steter Bewegung befindliches schwieriges Rutschgebiet erwies. Pflocke der Linienabsteckung zeigten, beispielsweise in einem Zeitraum von 1 Monat oft talseitige Bewegungen bis zu 30 cm ! — Ausgedehnte Sondierun- gen ergaben zunachst ein verlafiliches Bild der ganzen Bodenbeschaffenheit; Ursache der immerwahrenden Boden- bewegung war eine ungemein machtige Schichte graublauen Tegels, der an den durchfeuchteten Stellen olglatte Rutsch- flachen zeigte. Auf Grand der Sondierungen Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 67 wurde der Schichtenplan der Tegelober- flache ermittelt und mit dessen Hilfe sodann das Projekt fiir die umfangreiche Entwasserung des Gebietes und fiir die weiteren Sicherungsbauten aufgestellt. Der im tiefsten Punkte der Schlucht ungefahr 15 m hohe Bahndamm wurde aus gutem schottrigen Einschnittsmaterial und aus dem Steinmaterial des benachbarten 1180 m langen Rothweintunnels geschiittet, wobei es sich stellenweise als notwendig Die Mehrkosten, welche die Linienfuhrung in diesem Rutschgebiete gegeniiber einer Dammberstellung von gleichem Umfange auf festem Grande erforderte, konnen annahernd mit K 130.000 beziffert werden. Wenden wir uns nun dem Bačatale zu. Bei den bedeutenden Schwierigkeiten, welche hier zu erwarten waren, mufite seitens der Trassierung ein besonderes Augenmerk darauf gerichtet werden, der jeweilig gefahrlichenTalseite auszuweichen Abb. 39. Wocheinerbahn (Bačatal); Bahnbau im Rutschgebiet, Betriebskilometer l05 ,0 / 3 , Bukovoviadukt. erwies, das Schiittungsmaterial in gleich- mafiigen horizontalen Lagen aufzubringen. Talseits wurde der Dammfufi zum Teil durch eine machtige Mortelsttitzmauer, zum Teil durch einen gewaltigen Steinsatz ge- sichert; die Fundamente beider Sicherungs- korper reichen tief bis in den festen Teil des Tegels hinein und sind auf 1 m starken Betonsohlen aufgesetzt. Eine Versicherung gegen die nagende Wirkung des Roth- \veinbaches wurde gegenwartig nicht durch- gefuhrt, da die Ubersetzungsstelle vom Fufie des durchfahrenen Grabens eine ver- haltnismafiig grofie Entfernung besitzt. und ein Anschneiden der unsicheren Rutsch- lehnen zu vermeiden. Wegen der Enge des Tales aber —■ oder weil Rutschungen oft auf beiden Seiten des Baches zu be- fiirchten waren, liefi sich vielfach eine Fiihrung der Trasse in ausgesprochenem Rutschterrain nicht umgehen. -—• Geo- logisch ist das Bačatal durch eine grofiere Anzahl jiingerer, von Wildbachen her- riihrender Schuttkegel gekennzeichnet und in seinem obersten, schwierigsten Teile durch das Vorherrschen palaozoischer Kalktonphyllite und kalkig mergeliger Glieder der Triasformation. Anlafi zu den 5 ’ 68 Josef Zuffer. Abb. 40. Wocheinerbahn (Bačatal); Sicherungsbauten am Eingange des Muhrgrabentunnels, Betriebskilometer 109*%. Rutschungen gab vorwiegend der un- giinstig geschichtete Schieferton, der bei Beriihrung mit Wasser zu einem dunklen schlupfrigen Brei aufquillt. Abb. 38 gibt ein charakteristisches Bild der Bahn in der Strecke Betriebskilometer iO2 -0 / 7 . Hier mulite das vollstandig durchweichte, zu Rutschungen geneigte Terrain mittels um- fangreicher Steinbauten — Entwasserungs- schlitze und -Stollen — trocken gelegt und sodann durch Stutz- und Futtermauern sowie durch gewaltige Steinrippen ge- sichert werden. Eine Fiihrung der Trasse auf der gegeniiberliegenden Talseite ware hier voraussichtlich auf noch groliere Schwierigkeiten gestofien. — 2 km unter- halb dieser Stelle nimmt die Bača ihren Lauf durch eine wilde Felsenklamm, in welcher Riesenblocke von der Grolie eines Wachterhauses und dariiber den Abflufi des Baches beeintrachtigen. Bei offener Fiihrung der Bahn langs der ungemein wasserreichen Lehne der Klamm waren stets neue Felsabstiirze zu beftirchten gewesen, so dali es geraten erschien, die Lehne ganzlich zu vermeiden und die Trasse in den Berg zu verlegen. Dermalien kam es zum Bau des 928 m langen Bukovotunnels; seine interessante, an Sch wierigkeiten reiche Baugeschichte findet im Abschnitte »Tunnelbau« eingehendere Wtirdigung. Unmittelbar nach der Ausfahrt aus dem Bukovotunnel muli die Bahn eine buchtartige Terrainmulde durchqueren, \velche das ausgesprochenste Rutschgebiet darstellt, das im Zuge der ganzen Bačalinie an- getroffen wurde. Das ganze Gehange ist nali und sumpfig und die daselbst auf tonigen Schiefern aufgelagerten Schutt- massen befinden sich, wie be- reits Prof. Dr. Koch fiir diese Ortlichkeit in seinem geologi- schen Gutachten feststellte, in einer stetigen Talfahrt. An ein Anschneiden des Terrains und eine haltbare Dammschiittung konnte hier nicht gedacht \ver- den. Man entschloli sich daher, das Gehange zu verlassen, die tiefe Mulde mit einem grolien Viadukt zu iibersetzen und die Pfeiler desselben bis auf festen unver- schieblichen Grand zu fiihren. Abb. 39 gibt eine Ansicht dieses bemerkensiverten 172 m langen Bauwerkes. Die fiinf mit Eisenkonstruktionen iiberspannten Haupt- offnungen weisen Lichtweiten von 27'35 bis 27'6 o m auf, die gemauerten Pfeiler zeigen Tiefen bis 8'8 w, ja im Gorzer Endwiderlager bis zu i6 - 25 m unter der Terrainoberflache; sie sind auf fest ge- lagerten Schotter fundiert. Als letztes der durch Rutschungen bedingten Bauwerke sei die Sicherung der Einfahrt des 168 m langen Muhrgraben¬ tunnels in Betriebskilometer I 09 ‘°/i er- wahnt. Nach Ubersetzung der Bača mit einer 60 m weiten eisernen Brucke durch- bricht, 1 km unterhalb der Station Gra¬ hovo, die Trasse mit dem vorgenannten Tunnel einen alten, spater teilweise ver- murten Bergsturz. Beim Vortrieb des Firststollens im Fruhjahr 1904 traten in der Zimmerung des Stollens bedenkliche Verschiebungen auf, welche die Gefahr einer Bewegung der ganzen Steillehne befurchten liefien. Die Ursache dieser Erscheinungen war in erster Linie in der unablassig am Bergfufie nagenden Tatigkeit des Bača- baches zu suchen. Einstmals hatte hochst- -vvahrscheinlich der Bergsturz das Bach- bett vollstandig verlegt und den AbflulJ des Wassers verhindert. Wie iiberall in solchen Fallen hatte auch hier die Bača den Durchbruch wieder vollzogen und Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 69 ihr Bett an dieser Stelle bis zur heutigen schluchtartigen Form vertieft. Das lirike felsige Gehange besteht aus Woltschacher Schichten, welche gegen die Bača hin abfallen und sich unter der Bachsohle gegen das jenseitige Ufer hin fortsetzen. Diese ungiinstige Schichtung im Vereine mit der scharfen Krummung des Baches hatten zum Verlassen der linken Talseite und zur Durchtunnelung der gefahrlichen Schuttmasse geftihrt. Um eine weitere Verbreiterung des Bachbettes gegen den Tunnel zu und eine Bewegung des ganzen rechtseitigen Gelandes zu verhiiten, mufite der Bergfufi in tiberaus kraftiger und unverruckbarer Weise gesichert werden. Es geschah dies durch die Herstellung von vier machtigen Bruchsteinpfeiiern mit dazrvischen eingehangten Eisenbetonplat- ten, auf welche Anlage schliefilich noch eine machtige Steinschlichtung als Be- lastungskorper aufgesetzt wurde. Den vorgenannten vier Bruchsteinpfeiiern, deren jeder eine Grundflache von rund 52 m 2 besitzt, reiht sich als funfter Stutzpfeiler das Gorzer Widerlager der 60 m weiten Bačabrucke an. Die Fundierung samt- licher fiinf Pfeiler mufite mit Hilfe von Luftdruck erfolgen und geschah bis auf den schon frtiher erwahnten, vom linken Ufer her abfallenden Felsen. Dabei er- reichten die vier Stutzpfeiler eine Tiefe von 6 bis 7’5 m unter dem Bačanieder- wasser, das Gorzer Bruckenwiderlager sogar eine solche von 15-3 m. — Nach Vollendung des ganzen mach¬ tigen Sicherungsbaues wurde keine weitere Bewegung in der Tunnelzimmerung mehr beobachtet. Abb. 40 zeigt die Pfeilerkopfe mit den dazwi- schen eingehangten Eisenbe- tonplatten, Abb. 41 zeigt die Tunneleinfahrt mit der bogen- fdrmigen Anordnung des gan¬ zen Sicherungsbaues. Um die besondere Eigenart des Unterbaues der neuen Al- penbahnen vollstandigzu kenn- zeichnen, mufi nochmals auf das Bestreben nach moglichster Vermeidung der Weguberset- zungen in Schienenhohe, fer- ner auf die Beschnarkung der Eingange trockenen Steinbauten auf das Gebiet des Karstes und auf den Bau gewolbter Via¬ dukte an Stelle hoher Damme mit langen Schlauchobjekten hingewiesen werden. Die Zahl der Wegiibersetzungen in Schienenhohe betragt in Summe bei allen Linien, wie bereits friiher erwahnt, 168 Stiick. Bei einer Gesamtlange von 338'4 km entfallt sonach auf 2 km Bahnlange ein solcher Schienentibergang. Im Vergleiche mit anderen Hauptbahnlinien Osterreichs — ja auch Europas — stellt sich dieses Ergebnis als eine tiberaus bemerkenswerte Forderung der Betriebssicherheit dar. — Die Amvendung von Trockenmauern und Steinsatzen zur Herstellung des Unter¬ baues konnte nur dort vorteilhaft erschei- nen, wo das erforderliche Steinmaterial besonders gut und billig zu beschaffen war, also im Karst. An allen anderen Orten konnte mit der Anwendung dieser Bauwerke gegeniiber den Mortelmauern wegen der ungleich starkeren Abmes- sungen, welche sie erfordern, keine so erhebliche Ersparnis erzielt werden, dafi dadurch die Ausschliefiung der bedeutend standfesteren und dauerhafteren Mortel- mauer gerechtfertigt gewesen ware. Trok- kenmauern und Steinsatze finden sich sonach in grofierem Umfange nur auf der Linie GorZ'—^Triest vor, wahrend sie auf allen tibrigen Strecken meist nur zur Herstellung von Flufi- und Uferschutz- bauten und von Nebenanlagen vervvendet wurden. Wocheinerbahn (Bačatal); Sicherungsbauten am ; des Muhrgrabentunnels, Betriebskilometer 109-%. fosef Zuffer. 70 D er Bau einer ganzen Reihe grofierer und kleinerer gewolbter Viadukte im Zuge der neuen Alpenbahnen ist auf das Be- streben zuriickzufiihren, die Herstellung hoher Damme liber steil abfallende Sei- tengraben mit starker Wasserfiihrung zu vermeiden. Die Erfabrung bei friiheren Bahnbauten hatte gezeigt, dafi die bei derartigen Dammen notwendigen Durch- lasse haufig Verstopfungen, Unterwaschun- gen und Brilchen der Objektsrohre aus- gesetzt gewesen sind und dafi darum die sogenannten Schlauchobjekte —• welche leicht eine Lange von 30 bis 60 m und dariiber erreichen — štete Gefahrpunkte fiir die Bahnanlage bedeuten. Wird aber der Durchlafi aus Griinden der Sicherheit mit einer erheblichen Lichtweite ausge- stattet und mufi aufierdem das erforder- liche Schiittungsmaterial erst durch eine besondere bergseitige Trassenriickung beschafft werden, dann geht iiberdies der wesentlichste Vorteil des Dammes, seine Billigkeit, nahezu ganzlich verloren. Abb. 42 zeigt den Porzenbach-Viadukt in Betriebskilometer 97' 6 / 7 der Wocheiner- bahn (Bačatal). Hier ware eine Damm- Abb, 42. Wocheinerbahn; der Porzenbach- Viadukt in Betriebskilometer 97‘°/r. Abb. 43. Wocheinerbahn; Galerieeinfahrt des Kumartunnels in Betriebskilometer 103 3 /^. herstellung auch schon wegen des Man- gels eines geeigneten zuverlassigen Schiit- tungsmaterials ausgeschlossen gewesen. — Dort, wo Schlauchobjekte dennoch zur Ausfuhrung kamen — es geschah dies nur in wasserarmen Mulden und Graben und bei Vorhandensein genugenden guten Schiittungsmaterials (z. B. Tunnelaus- bruch) —, wurde als g e r i n g s t e L i c h t- weite das Mafi von i - 50 m vorge- schrieben. Es geschah dies, um jede Verstopfung der Rohre hintanzuhalten und das Begehen sowie etwa notivendige Ausbesserungen zu erleichtern. Kennzeichnend fur den Unterbau der Alpenbahnen sind weiterhin auch die stellenweise weit vorgezogenen Tunnel- portale. In schwierigerem Gelande, in welchem grofiere Voreinschnitte bei Lehnentunnels nicht ausfuhrbar waren, empfahl sich diese Losung zur Sicherung des Tunneleinganges in hohem Mafie und meist wurden diese Tunnelverlan- gerungen sodann als typengemafie Stein- schlaggalerien mit talseitigen Lichtoffnun- gen ausgefiihrt. Auf der 54 km langen Strecke von Podbrdo bis Gorz finden sich allein neun solcher Tunnel-Ein- oder -Ausfahrtsgalerien. Abb. 43 zeigt die Galerieeinfahrt des Kumartunnels in Be¬ triebskilometer 103 -s / 4 der Wocheinerbahn (Bačatal). — Selbstandige, vollstandig in Stein ausgefuhrte Galerien zum un- mittelbaren Schutze gegen Steinschlage kamen gleichfalls hie und da zur Aus¬ fuhrung. Die grofiten liegen im Isonzo- tale am Hange des steilen und felsigen Monte Sabotino in Betriebskilometer i40 - 7/i4i'i. Die beiden interessanten Trassierung, Unterbau und Brtickenbau. 71 Abb. 44. Wocheinerbahn: Steinschlagschutz-Galerien in Betriebskilometer 140*7/141*1:, Bauwerke, deren Lange 82 und 143 m betragt, sind in der Abb. 44 wiedergegeben. Schliefilich sei auch noch darauf hin- gewiesen, dafi beim Bau grofierer Stiitz- oder Futtermauern mit Vorliebe die Aus- fiihrung der bereits bei der Donaukanal- linie der Wiener Stadtbahn vielfach hergestellten sogenannten »Sparbogen« angeordnet wurde, teils aus Grunden wirklicher Materialersparnis, vornehmlich aber wegen des schoneren lebhafteren Aussehens. Dort, wo die Beschaffung des notwendigen Steines auf Schwierigkeiten stiefi, wurde die Herstellung der Mauern mit grofiem Erfolge in Beton durchgefuhrt. Eigenartige Hilfsanlagen waren zur Herstellung des Bahnkorpers auf der Siidrampe der Tauernbahn erforderlich. Die Trasse liegt dort, wie bereits in fruheren Abschnitten mehrfach erwahnt und wie auch ein Blick auf den in Abb. 47 dargestellten Fels- einschnitt dieser Strecke zeigt, hoch iiber der Sohle des Moll- tales. Um die notwendigen Baumaterialien auf die mehr als 300 m hohergelegene Strecke zu schaffen, mufiten an ver- schiedenen Orten Bremsberge und Seilaufzuge der ver- schiedensten Art erbaut werden. Ein mustergiil- tiges Beispiel einer sol- chen Hilfsanlage ist der von der Firma Bleichert & Comp. in Leipzig- Gohlis fiir die Bauunter- nehmung Briider Redlich und Berger erbaute Seil- aufzug in Ober-Vellach. Er ist im ganzen 1400 m lang, tiberwindet 390 Ho- henmeter und ist fiir eine Hochstbelastung von 440 ^-eingerichtet. Erbesitzt z\vei T ragseile, deren grofite freie Spanmveite iiber dem Kapponigbache 472 m betragt. Der Auf- zug arbeitet mit 25 Pfer- dekraften und wird von der Tunnelkraftzentrale in Lassach aus elektrisch betrieben. Er befordert alle Arten von Baumaterialien, wie Holz, Zement, Sand, eiserne Schienen u. s. w., mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 3 m pro Sekunde. Seine Leistungsfahigkeit betragt zum Beispiel bei Zement in zehn Arbeitsstunden 150 Meterzentner. Eine ganz ahnliche interessante Anlage eines Seilaufzuges ist von der Bauunter- nebmung W. v. Doderer ungefahr 2 km unterhalb der Station Ober-Vellach in Tatigkeit. Dieser Aufzug dient vornehm¬ lich dem Transport von Grubensand, Abb. 45. Wocheinerbahn; Stiitzmauer mit Sparbogen in Betriebskilometer i 22 * 3 / 5 . 72 Joset Zuffer. Tabelle IX. Umfang und Verteilung der gesamten Unterbauarbeiten der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest. Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 73 Abb. 46. Wocheinerbahn ; Futtermauer mit Sparbogen im Bau. welcher ungefahr 150 m unterhalb der Trasse auf einer dem Berghange vorge- lagerten Kuppe gewonnen wird. Zu den Hilfsanlagen fur die Herstel- lung der neuen Bahnlinien sind schliefi- lich auch noch die Strafienbauten zu rechnen, welche an verschiedenen Orten vor Inangriffnahme der Bahnarbeiten ausgefiihrt werden mufiten. Die bedeu- tendsten dieser Arbeiten erforderte die Wocheinerbahn fur die Zuganglich- machung des Bačatales. Im Norden mufite der von Bischoflack in Krain kommende Strafienzug von Podrost bis Podbrdo verlangert werden, von Siiden her war der Bau einer rund 6 km langen schwierigen Gebirgsstrafie (mit Strafien- tunnel und sonstigen Kunstbauten) aus dem Idriatal durch das weglose Bačatal bis Kneza notivendig. Dieser letztere Verkehrsweg wurde nach seiner Fertig- stellung von den beteiligten Gemeinden als Bezirksstrafie in die Erhaltung und Verwaltung ubernommen. Erst nach Voll- endung dieser Herstellungen konnte mit dem Bau der Bahnlinie und dem sehr be- trachtlichen Frachtenzutransport begonnen werden. Im Isonzotale mufite die Bau- strecke von der Reichsstrafie Gorz—Tarvis aus durch mehrfache Flu6iiberbriickungen zuganglich gemacht werden, von welchen besonders der malerische Drahtseilsteg nachst der Station Auzza zur Verbindung mit der gegeniiber befindlichen, hoch- gelegenen Ortschaft Ronzina Errvahnung verdient. Nach Vollendung des Bahnbaues ging diese Hangebriicke in den Besitz der Gemeinde Ronzina liber. Umfangreiche Uferschutzbauten kamen bei samtlichen Linien der neuen Alpen- bahnen zur Ausfiihrung. Da jedoch bei diesen Baurverken keine wesentlichen technischen Neuerungen zu verzeichnen sind, so geniigt der kurze Hinweis auf ihre Herstellung. Eine gedrangte Ubersicht iiber den Umfang der gesamten Unterbauarbeiten und ihre Verteilung auf die einzelnen Baustrecken gibt die Tabelle IX auf Seite 72. Abb 47. Tauernbahn-Siidrampe; die Trasse bei Kilometer 53‘8 nachst Ober-Vellach. 74 Josef Zuffer. Der Briickenbau der neuen Alpenbahnen. A. Steinbriicken. Der Briickenbau, dieser vornehmste und von der technischen Wissenschaft mit Vorliebe gepflegte Teil des Eisenbahn- unterbaues, kam, wie bei jeder Ge- birgslinie, so auch bei den neuen Alpen bahnen zu grofier Geltung; hiebei fand, Abb. 48. Pyhrnbahn; die Steyrlingbriicke. wie bereits in dem Abschnitte iiber Unterbau eingehender erwahnt wurde, zum erstenmal neben den bewahrten Brtickenbaustoffen Holz, S tein und Eisen auch noch das neueste Baumaterial, der Eisenbeton, in erheblichem Mafie An- wendung. Welche Bedeutung der Briickenbau bei den neuen Alpenbahnen erlangt hat, kann annahernd aus der Tabelle X ersehen werden, welche eine Ubersicht iiber alle ausgefiihrten Briicken und Viadukte von mehr als 100 m Lange gibt. Schon bei der Besprechung des Unter- baues war auf die weitgehende Bevor- zugung der reinen Steinbauten hinge- wiesen worden; sie erstreckte sich jedoch nicht blofi auf die Herstellung kleiner Briicken, Durchlasse und Uberfahrten, sondern auch auf den Bau von Briicken bedeutender Lichtweite. Die Vorteile der steinernen Bamverke gegeniiber jenen mit Eisenkonstruktionen sind gleichfalls an frtiherer Stelle bereits eingehend erortert worden. Sie kommen mit wachsender Lichtweite mehr und mehr zur Geltung und zu ihnen tritt schliefilich noch ein \veiterer sehr erheb- licher Vorzug: die Vermeidung der Not- wendigkeit spaterer Auswechslungen der Tragkonstruktionen. Bekanntlich ist die Bestandesdauer eiserner Briicken eine ver- haltnismafiig beschrankte; nach Ablauf weniger Jahrzehnte erfordern sie fast durchweg eine betrachtliche Verstarkung oder ganzliche Erneuerung ihrer Trag- werke und diese ist dann oft nur unter grofien Schwierigkeiten und sch\veren Verkehrsbehinderungen durchfiihrbar. Je grOfier die Stiitzweite \vird, je hoher die Fahrbahn iiber der Talsohle liegt, desto schwieriger wird die Auswechslung der eisernen Briicken und schliefilich kann bei besonders ungiinstiger Lage des Bau- werkes die Einbringung einer derartigen Ersatzkonstruktion in der iiblichen Art durch Ausriickung des alten Tragwerkes und Einschiebung der neuen Briicke wahrend eines einzigen Zugsintervalles geradezu unmoglich werden. Einen Fali der letzt erwahnten Art hatte beispiels- weise die gewaltige Isonzobriicke nachst Salcano in Betriebskilometer I 46 ‘% der Wocheinerbahn ergeben, wenn an Stelle des 85 m weiten Steinbogens eine Eisen- konstruktion zur Ausftihrung gewahlt worden ware. — Die Tabelle XI gibt eine Ubersicht iiber alle bedeutenderen Steinbriicken der zweiten Eisenbahnver- bindung mit Triest. Eine grofie Ahnlichkeit beziiglich der aufieren Anlageverhaltnisse und auch der Ausfiihrung weisen die vier grofien ge- w8lbten Briicken der Pyhrnbahn auf. Trassierung, Unterbau und Brilckenbau. 78 Abb. 49. Pyhrnbahn; die Steyrlingbriicke. Zwischen den Stationen Klaus und Piefiling zieht die Trasse dieser Bahn iiber machtige, den Berghangen vor- gelagerte Schotterterrassen, welche steil gegen die Steyr und die Teichl ab- fallen. Die Zufliisse dieser beiden Wasserldufe—bei Betriebskilometer 63-9 die Steyrling und weiter nordlich zwischen Betriebskilometer 68’6 und 72'1 der Krenngraben, der Schalchgraben und der Palmgraben — sind tief in das Gelande eingerissen und miissen von der Bahn iibersetzt werden. Hier wiesen die ortlichen Verhaltnisse deutlich auf eine Uberbriickung dieser Hindernisse mit gewolbten Bauwerken hin. Die Trasse liegt vor allem hoch tiber der Grabensohle (28—46 m), so dafl weitaus geniigend Konstruktionshohe zur Verfugung steht, der gut gelagerte, mehr oder weniger festgebundene Schotter gibt zwar keine »unnachgiebigen«, aber immerhin doch giinstige Widerlager fur die grofien Briickengewolbe und die Enge und Steilheit der Schluchten endlich bringt es mit sich, dafi aufier dem jewei- ligen Hauptbogen nahezu keine Neben- oifnungen mehr erforderlich sind. Nur die Briicken iiber den Schalchgraben und den Palmgraben zeigen beiderseits des grofien Steinbogens noch je eine kleine gewolbte Offnung von 8 beziehungsweise 10 m Lichtweite. Nicht so giinstig lagen die Verhaltnisse riicksichtlich der Stein- beschaffung. Sie fiihrten dazu, dafi bei allen vier Briicken die viaduktartigen Aufmauerungen der Entlastungspfeiler und -bogen aus Stampfbeton mit einer Kunststeinverkleidung hergestellt wurden. Abb. 50. Pyhrnbahn; die Krenngrabenbrucke. 76 Josef Zuffer. I abelle X. Die grofien Briicken und Viadukte von mehr als Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 77 ioo m Lange der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest. 78 Josef Zuffer. Wocheinerbahn Tauernbahn Pyhrnbahn r 3' cd' po (n v o 3 N O Pa C & cr a>' O P 3 P o S 3 o> 3' cr* O o cr P O Ca O' 6 O p a" p (n P CK? J=b P cTO O OJ CO C« P cT cr ck? bj p 3 Gfq P cr 3 P QfQ a 1 Od &. pr S r p CK? 4^ 6 OJ to 6 o 6 ts) 6 'O 6 4^ O 6 op H-< \0 vO 6 i*r IH *~i cp n> eL cr Cfl ca Is) O OJ -U o E o' tr Pfeilhohe Scheitel- starke Kampfer- starke Groftte Fugen- pressung Scheitel- senkung wahr. der Ausriistung O pJ p M 2 P)?)“ td Sf S, O r+ -Z. P (P P) P P* H p: P a M ^ 0> o O td 5 ! p> o P cr D* P £ r ?r S S- 3 2 . (P 3 crq g (P 3 ^ 3 4 J£> ^ CP P M 2 N p 3 2 3 - Pi 3 D' 3 cp P CP 3 w p: 2 2.?? j? ra 3 Is? e “ S g. || S n W E g g 13 P' W P CP £S S «3 « 01 5 '£ K p p o 1 o ck? Ko p. & 3 P »1 w S O s o. c m B 0*1 w a-s Is s os” K ' g 'Sgog. r tr r cp ■—i 5* <; sr> p S;, a "*■ jj.o P jq | & n M < B 10 »' M* g o c=w H?2. 3 cl P CP w i g” p JU oo p C=td _ p) 2. O p p. 2. P cp P- p <-t n OP P . P C tf » 3.CP & £ p • 2, SB9PS 5 ses, & s CP t_i. P tTcp 3 _ °o ^ >-( o M. C: P £ p P* PiGpP poj p- p * ffq w cp p ^ 2 Q.%r o E B*OJ P* cp p 2 O P 3 f 2 : cp C FR O tO P- n:*-« P 2 1 » P 35 2 ffq P S? P CA P P cncmj p &«?o-g So „ 2. Sw • CP . p r< p j 5b O to P '0 : M P 35 CP n fs 5*3 p- p ~ <-*■ 00 e H*? 3 £ p *2. & 2* O -i 3 P ?& (Ki i*r po to CK? Tabeli e XI. Die gewolbten Briicken der neuen osterreichischen Alpenbahnen von mehr als 30 m Lichtweite. Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 79 Abb. 51. Pyhrnbahn; das Geriist der Steyrlingbrucke. Abb. 52. Pyhmbahn; die Schalchgrabenbriicke. 8o Josef Zuffer. Abb. 53. Tauembahn-Sudrampe; der Dossenbach-Viadukt, Trassierung, Unterbau und Briickenbau. Das Steinmaterial der Hauptbogen und deren Abmessungen sind aus der Ta- belle XI ersichtlich. Die Fundierung erfolgte bei der 70 m weiten Steyrlingbriicke beiderseits auf machtigen Stampfbetonplatten, welche den in der Kampferfuge mit 35 kg/cm 3 wirkenden Druck auf den Baugrund (festgebundener Schotter) mit 7'5 kg/cm 2 iibertragen. Die Druckverteilung zwischen Kampfer und Betonplatte wird durch je drei allseits stufenartig vorkragende Granit- Quaderschichten bewerkstelligt. An Geriist- holz erforderte die Herstellung dieses 46 m liber Niederwasser gelegenen Bau- werkes die grofie Menge von 866 m s . Unter den gew6lbten Briicken der Pyhrn- bahn weist die Steyrlingbriicke die ver- haltnismafiig geringste Pfeilhčhe auf; sie betragt rund nur zwei Neuntel der Lichtweite. Bei den Brucken liber den Krenn- graben, Schalchgraben und Palmgraben verdient noch die besondere Art der Fundierung weiter hervorgehoben zu werden. Der gebundene Schotter, auf dem die Griindung erfolgte, zeigte hier einen weniger festen Zusammenhalt als bei der Steyrlingbrucke und darum erschien es angezeigt, die unteren Teile der Fundamentplatten durch die Einbet- tung kreuzweise verlegter eiserner Doppel- »T«-Trager so zu gestalten, dafi der Druck von den Widerlagern gleichmafiig auf die Sohle der Baugruben iibertragen werden konnte und auch ein Brechen der Abb. 54. "IVocheinerbahn; das Lehrgeriist der Rothweinbriicke. Fundamentplatten ausgeschlossen war. Die Fundamentflachen wurden entspre- chend der geringeren Festigkeit des Baugrundes vergrofiert, wodurch bei- spielsweise bei der Krenngrabenbriicke ein Bodendruck von nur 3'5 kg/cm* erreicht wurde. Beziiglich des Dossenbachviadukts und der Brucken liber den Gratschacher Gra¬ ben und den Rothweinbach sei kurz auf die 82 Josef Zuffer. Abb. 56. Wocheinerbahn; Canalebrucke: Gesamtansicht. Angaben der Tabelle XI sowie auf die beigefiigten Abbildungen hingewiesen. Die Brucke iiber den Isonzo bei Canale zeigt, dafi der moderne Stein- briickenbau sowohl in technischer als auch wirtschaftlicher Hinsicht geeignet ist, auch breite Taler bei verhaltnismafiig geringer Konstruktionshohe zu iibersetzen. Das interessante Bamverk hat eine Lange von 242 m , ubersetzt den Isonzo mit drei Gewolben von 40 m, die Reichs- strafie Gorz—Tarvis mit einem Bogen von 30 m Lichtweite und besitzt beiderseits noch je zwei kleine Offnungen von 8 beziehungsweise 6 m Weite. Die Schwel- lenoberkante liegt rund 11*5 m tiber dem Hochwasser und 21 m iiber dem Nieder- wasser des Isonzo. Die Ubersetzung des Flusses erfolgt schief unter einem Winkel von beilaufig 41 °. Dieser Umstand erfor- derte eine besondere Ausbildungder beiden Flufipfeiler, welche mit Riicksicht auf die bedeutende Geschwindigkeit des Isonzo bei Hochwasser genau in die Richtung des Stromstriches gestellt werden mufiten, anderseits aber auch als Widerlager fur die unter einem sehr spitzen Winkel kommenden Bruckengewolbe zu dienen hatten. Um eine schiefe Wolbung mit ihren vielfachen Erschwernissen zu ver- meiden und billigeres rauhes Schichten- mauerwerk zu den Gewolben verwenden zu konnen, erhielten die Pfeiler einen annahernd eiformigen Grundrifi, wie er in Abb. 55 versinnlicht erscheint. Trotz der grofien Breitenabmessungen (9 - 6o ni) zeigen aber die Pfeiler kein plumpes Aussehen und die ganze Brucke bietet eine tiberaus gefallige Ansicht. Die Grundung der Briickenpfeiler erfolgte auf Kalkfels und wurde in offenen Baugruben bewerkstelligt. Letztere wurden bei den beiden Flufipfeilern durch Fang- damme geschutzt, welche aus doppelten Spundwanden mit einer Beton- und Lehm- zwischenfullung bestanden. Die Wasser- haltung innerhalb der Fangdamme wurde mit Hilfe von Zentrifugalpumpen bewirkt. §3 Trassierung, Unterbau und Briickenbau. Abb. 57 gibt ein anschauliches Bild von der Fundierung des Gorzer Strompfeilers. Die Baukosten der ganzen Briicke be- trugen rund 557.000 K. Das gewaltigste Bauwerk der offenen Strecken im Zuge der neuen Alpenbahnen ist unstreitig die 85 m weite Wolbbriicke iiber den Isonzo bei Salcano. Die Trasse vollfiihrt den Talwechsel mit einer gewaltigen »S«-Kurve, deren zwischen- liegende, auf der Briickenmitte befindliche Gerade nur eine Lange von 20^43 m besitzt; an die Gerade schliefien beider- seits Ubergangskurven und weiterhin Bogen mit dem Halbmesser R = 25o m an. Die Fahrbahn weist eine Neigung von 3 von Tausend auf und liegt rund 36'5 m iiber dem Niederwasser des Isonzo. Das ganze Bamverk besteht aus dem mit zehn Spargewolben von 3-40 bis 5-0 m Licht- weite iiberbauten Hauptbogen (Kreis- segment) und aus beiderseits anschliefien- den Viadukten von 41 m beziehungsweise 81 m Lange. Die Stirnflachen sind nicht vertikal, sondern mit 1 / 20 Anziigen aus- gefiihrt, die Bruckenbreite betragt in Fahrbahnhohe 5‘6 m. Die Vergebung der Bauherstellungen erfolgte in zwei Teilen: Die Ausftihrung des Hauptbogens einschliefilich der beiden iiber den Briickemviderlagern stehenden Haupt- pfeiler erstand bei einem beschrankten Wettbewerb zwischen den beiden Bau- unternehmungen Bruder Redlich & Berger und Sard, Lenassi & Comp. die erstere, wahrend die Herstellung der beiden an- schliefienden Viadukte durch die zweit- genannte Bauunternehmung erfolgte. ^ Bedeutende Schwierigkeiten ergaben sich zunachst bei der Fundierung des Hauptbogens. Das am linken Isonzoufer zu oberst liegende Konglomerat erwies sich als wenig machtig und ungemein kliiftig und auch am rechten Isonzoufer, des- sen Hang aus mittelgut gebundenem Konglomerat und dariiber lagerndem Berg- schutt aufgebaut ist, lagen die Boden- verhaltnisse nicht wesentlich besser. Trotz alldem erschien die Herstellung einer Wolbbriicke als die giinstigste Losung. Der gebundene Schotter wurde beider¬ seits als Stiitzpunkt fiir den gewaltigen Abb. 57. Wocheinerbahn; Canalebriicke: Fundierung des Gorzer Strompfeilers. 6* 8 4 Josef Zuffer. Abb. 58. Wocheinerbahn; Salcanobriicke: Gesamtansicht. Hauptbogen gewahlt und die gleichmafiige Ubertragung des Kampferdruckes auf den Baugrund mit nur 4 kg/cm 2 durch mach- tige Eisenbetonplatten von je 2 - 2 m Starke von 223 m 2 (linksufrig) bezie- hungsweise 320 m 2 Flache (rechtsufrig) bewerkstelligt. Die Armierung der ge- nannten Platten besteht aus je zwei Lagen gekreuzter eiserner Doppel-»T«- Trager nahe der Ober- und Unterflache der Platten. Vor der Herstellung der linksufrigen Fundamentplatte wurden die im Konglomerat befindlichen Risse und Kliifte unter Druck mit Beton ausgefiillt. Die Pressung des Gewolbes betragt im Scheitel 28 kg/cm 2 und in der Kampfer- fuge 40 kg/cm 2 und wurde durch unterlegte stufenformig ausgebildete Quaderplatten ahnlich wie bei der Steyrlingbriicke allmahlich vermindert. Abb. 59 zeigt die Einbetonierung der eisernen Trager, Abb. 60 einen Teil der fertigen Eisenbeton- platte am rechten Ufer mit den daruber- lagernden drei druckverteilenden Quader- schichten. In beiden Platten zusammen befinden sich rund 100.000 ^ Eisen. Die Grilndung der Pfeiler in den anschliefien- den Viadukten erfolgte in offenen Bau- gruben teils in Beton, teils in Bruchstein- mauerwerk. Ein ganz bedeutendes Kunstwerk filr sich allein stellte das Lehrgeruste der gewaltigen Brucke dar. Abb. 61 gibt seine Ansicht mit dem dartiber befind¬ lichen Versetzgeriiste. Zufolge der grofien Spannweite war die Ausfiihrung eines freitragenden Lehrgertistes unmOglich und wegen des machtigen bis zu 8'6 m ansteigenden Hochwassers konnte auch die Herstellung der notwendigen Mittel- unterstiitzung in der Art eines gewohn- lichen Pilotenjoches nicht erfolgen. Die Wichtigkeit des Bauwerkes und die ort- lichen Verhaltnisse zwangen schliefilich zur Ausfiihrung eines gemauerten Geriist- pfeilers, dessen Griindung mit Hilfe von Luftdruck bis auf den 9’2 m unter Nieder- wasser liegenden Felsen (Tonschiefer) Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 85 Abb. 59. Wocheinerbahn; Salcanobriicke: Herstellung der Eisenbeton-Fundamentplatte am linken Ufer. erfolgte. Landseitig 'stutzte sich das Geriiste noch auf je zwei Pilotenjoche, welche auf starken Betonunterlagen auf- safien. Unmittelbar nach Beendigung der Pfeilersenkung und nach Ausbetonierung der Arbeitskammer rifi ein plotzlich ein- getretenes Hochwasser das ganze Caisson- geriiste samt der in Abmontierung be- griffenen Luftschleuse fort. Gliicklicher- weise war die Herstellung des Pfeilers schon vollendet, so dafi dieser keinerlei Schaden erlitt. Das Lehrgeriiste bestand aus sieben gleichartigen Gesperren, welche in der rund 7 m iiber dem Kampfer liegenden Tren- nungsebene zwischen Unter- und Obergeriist je 17 Knoten- punkte aufwiesen. Jeder dieser Knotenpunkte trug eine Aus- losevorrichtung, welche — voll- kommen neuartig — Verfasser zum erstenmal beim Bau der neuen Alpenbahnen angewendet wurde. Diese Aus- losevorrichtungen, nur ausHolz bestehend, haben sich bei allen grofi en Wolbbriicken aufier- ordentlich gut bewahrt. In Summe waren fiir das Lehr- geriist 1x61 m 3 Holz erforder- lich. Dieser grofie Aufwand erklart sich vornehmlich da- durch, dafi man von der viel- fach iiblichen, aber theoretisch und praktisch nicht ganz ein- wandfreien »Wolbung in Rin- gen« keine Anwendung machte und demgemafi auch schon das Lehrgeriist fiir den Druck nahezu des ganzen Wolb- materials berechnen mufite. Die Herstellung des grofien Gewolbes erfolgte mit voll- gemauerten Scheitel und Kamp- fern, und dementsprechend war schon friiher die Berech- nung der Brucke nach der Elastizitatstheorie als dreifach statisch unbestimmter Bogen- trager erfolgt. Das Steinmaterial desHaupt- bogens der Salcanobriicke be- steht aus 0'3 bis 0'8 m 3 grofien Kalksteinquadern (Cava Ro¬ mana), welche nachst Nabresina gebro- chen und genau nach dem Fugenschnitt an- gearbeitet wurden. Die Druckfestigkeit des Steines betragt 1750 kg/cm 2 , seine Wetter- bestandigkeit erwies sich auf Grund wieder- holter Frostproben als aufierordentlich gut. Im ganzen waren fur den Hauptbogen 196(5 m 3 solcher Quadern erforderlich.*) *) Die Grofie dieser Kubatur kann durch einen naheliegenden Vergleich besonders anschaulicb gemacht werden: Aus dem glei- chen Steinmaterial werden in Nabresina vor- zugsweise Stiegenstufen erzeugt; die Menge von 1960 m 3 -wiirde hiebei ausreichen, um eine normalbreite Treppe von mehr als 6000 m Hcibe herzustellen. Abb. 60. Wocheinerbahn; Salcanobiiicke; die Eisenbeton.Fundamentplatte mit den drei druckverteilenden Quaderschichten am rechten Ufer. Josef Zuffer. Um eine moglichst gleichmafiige Belastung und Formanderung des Lehr- geriistes zu erzielen, wurde mit der Her- stellung des Hauptbogens gleichzeitig in acht Gewolbeabschnitten begonnen; die zwischen diesen einzelnen Bogenstucken ausgesparten sieben durchlaufenden Ge- wblbeliicken wurden — um spatere Rifi- bildungen im Bogen hintanzuhalten — erst unmittelbar vor Aufbringung der Quadern des letzten Gewolberinges geschlossen. Die Herstellung des ganzen Gewolbes erforderte nur 18 Arbeitstage; es blieb fiinf Wochen auf dem Lehrgeriiste ruhen, wahrend welcher Zeit die Pfeiler fiir die kleinen Entlastungs- oder Spar- gewolbe (in Bruchsteinmauerwerk) bis zur Kampferhohe aufgemauert wurden. Bei der am 8. August 1905 erfolgten Ausriistung des Gewolbes zeigte der Bogen eine Scheitelsenkung von blofi 6 mm. Um bei Plebungen und Senkungen des Quadergewolbes unter dem Einflusse verschiedener Luftwarmen dem liber dem Hauptbogen liegenden Briickenteil das »Mitgeben« zu ermoglichen, wurden auch hier, wie bei allen grofien Wolbbriicken der neuen Alpenbahnen — und wie schon friiher bei grofien Wolbbriicken auf deutschen Bahnen — zwischen den Wider- lagern und dem M.auerwerke iiber dem Hauptbogen kiinstliche Fugen geschaffen, welche, vorziiglich »arbeitend«, jede Risse- bildung in den kleinen Spargewolben bisher hintangehalten haben. Nach Vollendung der ganzen Brucke wurde das Versetz- und Lehrgeriiste ab- getragen und der gemauerte Gertist- mittelpfeiler durch Sprengung entfernt. Endlich kamen auch noch beiderseits des Flusses umfangreiche Uferschutzbauten zur vollkommenen Sicherung der Wider- lager zur Ausfiihrung. Abb. 61. Wocheinerbahn; das Lehr- und Versetzgeriiste der 85 m weiten Isonzobriicke bei Salcano (nach einer Radierung von Ludwig Michalek). Trassierung,' Unterbau und Briickenbau. 87 Seit der Erbauung steinerner Wolb- briicken hat man sich bemiiht, diese Bau- werke gegen die schadliche Einwirkung des Wassers auf das Gewolbematerial im verschiedentlicher Weise zu schiitzen, und viele Mittel versucht, um das Ein- dringen des genannten Elements in das Mauerwerk zu hindern. Bis in die jiingste Zeit ist alles erfolglos gewesen und die umfangreichen Auswechslungen, welche beispielsweise die Siidbahn an ihren aus Ziegeln hergestellten Tunnelauswolbungen und Viaduktgewolben vornehmen mufi, beweist die zerstorende Wirkung des in das Mauenverk eingedrungenen Wassers. Die Viadukte und steinernen Wolbbrucken im Zuge der neuen Alpenbahnen wurden nun nach einem Verfahren abgedeckt, welches sich bereits bei der Donaukanal- linie und der Verbindungskurve zur Giirtel- linie der Wiener Stadtbahn bestens be- wahrt hatte und der Hauptsache nach aus einer Unterlage aus Beton, einer Zwischenlage aus Naturasphalt mit ein- geprefiter Jute und einer Schutzlage wieder aus Beton besteht. Auch bei den Eisen- betonbriicken kommt diese Abdeckungs- weise zur Anwendung.*) In Hinsicht des Eisenbetonbaues im Zuge der neuen Alpenbahnen wird auf das in dieser Beziehung bereits friiher besprochene verwiesen und an dieser Stelle soli nur noch zweier Vertreter dieser neuartigen Bauweise Erwahnung getan werden. Die rund 100 m lange Strafienbriicke erster Klasse iiber den Idriaflufi im Zuge der Eisenbahnzufahrtstrafie zur Station St. Lucia-Tolmein ist vollstandig als Eisenbetontragwerk ausgefuhrt und iiber- setzt die tief eingerissene Idriaschlucht mit einem 55 m weiten Monierbogen, an welchen sich beiderseits Plattenbalken- offnungen von i2 - 5 m Lichtvveite an- schliefien. Die Pfeilhohe des Hauptbogens betragt 13'03 m, die Starke im Scheitel °’55 i m Kampfer 0-95 m. Die 6 m breite Fahrbahn liegt in einer Steigung von 25 von Tausend und wird beiderseits *) Fur die oben gescbilderte Abdeckungs- weise — das Leifi-Zuffersche Verfahren — wurden von der k. k. Eisenbahnbaudirektion eigene Ausfubrungsbestimmungen getroffen und veroffentlicht. der Briickenmitte durch vier auf dem Moniergevvolbe aufstehende Standerreihen von je drei Eisenbetonsaulen getragen. Der Hauptbogen ist beiderseits gleich- artig armiert, und zwar mit je zehn 14 mm Rundeisen fur den laufenden Meter der Briickenbreite. Abb. 63 gibt eine Ansicht des fertigen Bauwerkes, das von der Betonbauuntemehmung G. A. Wayfi & Comp. ausgefuhrt wurde. Abb. 64 zeigt das aus sechs gleichartigen Ge- sperren bestehende Geriiste der Brucke, deren Ausriistung mit Hilfe von Doppel- keilen entlang der inneren Bogenleibung bewirkt wurde. Die grofite Inanspruch- nahme des Betons betragt im Haupt¬ bogen 8’6 kg/cm 2 , in den Anschlufifel- dern 3C2 kg/cm 2 . Am 25. April 1906 wurde die fertige Brucke einer genauen Belastungsprobe unterzogen, welche hin- sichtlich der Formanderungen eine voll- standige Ubereinstimmung zwischen Rech- nung und Beobachtung ergab. Die Strafienbriicke zweiter Klasse im Zuge der Eisenbahnzufahrtstrafie zur Sta¬ tion Grahovo der Wocheinerbahn soli die Reihe der Eisenbetonbriicken schliefien. Die Brucke zeigt Plattenbalkenkonstruk- tion und weist zwei Lichtoffnungen von je i 7’39 m auf. B. Eiserne Briicken. Auf die eisernen Briickentragwerke im Zuge der neuen Alpenbahnen iiber- gehend, erscheint hier die Tatigkeit des Ingenieurs mehr auf die sorgsame Durch- bildung dieser Konstruktionen beschrankt, da der Mangel an breiten zu iibersetzen- den Flufiniederungen bei gleichzeitigem Fehlen guter Fundamente fur Zwischen- pfeiler keine Gelegenheit zur An- wendung neuartiger Tragsysteme gab, die auch nur in diesen Fallen technisch und wirtschaftlich berechtigt sind. Immer- hin kann auch der Eisenbriickenbau bei den neuen Alpenbahnen Anspruch auf Beachtung erheben, vor allem seines grofien Umfanges wegen, dann aber auch wegen der eigenartigen Gestaltung man- cher Einzelheiten der Konstruktionen sowie auch wegen der oft unter schwie- rigen Verhaltnissen durchzufiihrenden Aufstellungen der eisernen Briicken. 88 Josef Zuffer. Abb. 62 a. Wocheinerbahn; der Bau der 85 m weiten Wblbbrticke iiber den Isonzo bei Salcano. Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 89 Abb. 62 b. Wocheinerbahn; der Bau der 85 m weiten W 61 bbriicke iiber den Isonzo bei Salcano. 9 ° Josef Zuffer. Abb. 63. Wocheinerbahn; Zufahrtstrafienbrucke erster Klasse uber die Idria. (Eisenbeton.) Abb. 64. Wocheinerbahn; das Geriiste der Zufahrtstrafienbrucke iiber die Idria. (Eisenbeton.) 9i Trassienmg, Unterbau und Briickenbau. Bei den eisernen Tragwerken, mit Ausnahme der 11 o m weiten Z w e i g e - 1 e n k s b o g e n b r ii c k e tiber die A n g e r - schlucht auf der Nordrampe der Tau- ernbabn, wurde der frei aufliegen- de Balkentrager durchgehends als Haupttragwandsystem gewahlt. Bis zu Stiitzweiten von 21 m erscheint er als Volhvandtrager, dariiber hinaus jedoch als Fachwerk ausgebildet. Das letztere Zeigt auch die allgemeine Ausbildung der Tragwandsysteme keine wesentliche Anderung gegentiber den friiher bei Eisen- bahnbriicken tiblichen Konstruktionen, so fand doch eine gewaltige Umwalzung auf diesem Gebiete in der Art und Weise der Berechnung eiserner Briickentrag- werke durch die am 28. August 1904 vom k. k. Eisenbahnministerium erlassene neue Briickenverord- Abb. 65. Tauernbahn-Nordrampe; die Angerschluchtbriicke. fand im ausgedehntesten MalSe als Pa- ralleltržiger mit einfach gekreuzten Zug- und Druckstreben und Zwischenstan- dern Verwendung; doch wurden bei grofieren Stutzweiten und »unten« oder »zwischen« gelegener Fahrbahn, welche die Anbringung eines oberen Windver- bandes bei Paralleltragern schwer mog- lich macht, auch eine grofiere Anzahl von Halbparabeltragern als Haupttrag- wande angeordnet und diese im doppel- ten, aber steif gehaltenen Zugstreben- system mit Vertikalstandern zur Ausftih- rung gebracht. nun g statt, wodurch die Anderung einzelner Tragwerksteile und ihre kon- struktive Anpassung an die neuen Nor- men bedingt wurde. Diese Verordnung bestimmt die Einfuhrung dreier durch ihre Belastungen genau fixierter Be- lastungsnormen, und zwar: I. fiir Haupt- bahnen, 2. fur Lokalbahnen und 3. fiir Schm alspurbahnen von 760 mm Spur- weite. Der Belastungsnorm I ist ein Be- lastungszug bestehend aus zwei Maschinen und einseitig angereihten Wagen zu Grande gelegt, wovon die Maschine mit einem Gesamtgewicht von 80 t (fiinf Achsen zu 92 Josef Zuffer. BelastungsnormI G 0 ) •1-5-*-2-5—s I •Meter' 1*5-?-1'5tr5-f—4*0.?14r14*14m*2*5--*f j*i*5-t--3;0.?1’5*j f3 o "iS" 16 ' 8 .iV"iS""ti’’i¥"S. Tmm' "i b ° n ^ BelastungsnormI • i H'5 t "2'5 -H ; j .Meter ' j i i*1 '5 -1 *5f1’54 4 0. :(3*ret"2*5~f 1—2 ’2- 1 'Z^-1’2** 1 '24 2'2—i BelaslungsnormI Abb. 06. 16 t), der Tender mit 39 t (drei Achsen zu 13 t), der Wagen mit 22 t (zwei Achsen zu 11 t ) in Rechnung zu stellen ist. — Die Belastungsnorm II deckt sich in ihrer Wirkung nahezu mit der alten Vorschrift. — Eine wesentliche Neue- rung bildet die Beseitigung der aqui- valenten gleichformigen Belastung fur die Verkehrslast und Einfiihrung der tatsachlichen aus dem Einzellastenzuge abgeleiteten Momente und Querkrafte zur Berechnung der Haupt-, Quer- und Schwellentrager, wobei bei letzteren die Erhohung einer Lokomotivachslast statt- findet, wenn auf der Sttitzweite des be- treffenden Tragers nur ein Teil des Ge- samtlokomotivgewichtes zur Geltung kommen kann, und zwar wird der Achs- druck bei Belastungsnorm I von 16 Gauf 20 t, bei II von 14 t auf 16 t erhoht. Aufierdem wird in der neuen Briicken- verordnung den Wirkungen der Seiten- krafte grofie Aufmerksamkeit geschenkt. Als solche haben zu gelten die Flieh- kraft in Bahnkrummungen, der Wind- druck, die Seitenpressungen mit 5% der lotrechten Wirkungen der Lokomotiv- achsen und die Bremswirkungen in Ge- fallsstrecken oder im Sicherungsbereiche von Stationen mit io°/ 0 des Zugsge- Abb. 67. Pyhrnbahn; die obere Teichlflufibriicke. Trassierung, Unterbau und Brtickenbau. 93 Abb. 68. Karawankenbahn; die Brucke liber den grofien Suchagraben. wichtes. Alle diese Seitenkrafte sind nunmehr sowohl bei der Berechnung der Fahrbahn, wie auch der Haupttrager in Beriicksichtigung zu ziehen. Auch bei den Briicken der Zufahrtstrafien und Strafien- iiberfiihrungen wurden die Forderungen verscharft, indem bei Briicken I. Klasse Dampfstrafienwalzen von 18 t, bei sol- chen II. Klasse von 14 if Gewicht vor- geschrieben sind und aufierdem das Wagengewicht II. Klasse von 6 t auf 8 t erhoht erscheint. In eingehendster Weise \vurden sowohl die zulassigen Inanspruchnahmen fur die Eisenbahn- und Strafienbriicken wie auch die erforderlichen Festigkeitszahlen fur Bruckenmaterialien festgelegt. Ebenso wurde die Anarbeitung des Materiales in den Werkstatten, der Anstrich, die Aufstellung und Montierung am Bauplatze sowie die vorzunehmenden Uberpriifungen dieser Arbeiten und Erprobung der voll- endeten Briicken durch einschlagige Vorschriften genau geregelt. Aufierhalb des Rahmens der neuen Briickenverordnung wurde die Berechnung von gedrtickten und auf Knickung bean- spruchten Štaben neu behandelt, indem an Stelle der bis dahin angewendeten Schwarz-Rankinschen Formel die Methode von Prof. Tetmajer einge- fiihrt wurde. In den sich darauf beziehen- den Vorschriften wurden jedoch auch die Annahmen fiir die Knicklangenbestimmter Abb. čg. Pyhrnbahn; die untere Teichlfluftbriicke. 94 Josef Zuffer. Fachwerksglieder sowie die Ausfachung und Aussteifung von Streben und Standern, welche aus mehreren Konstruktionsele- menten bestehen, durch einheitliche Be- stimmungen festgelegt. Was den Einflufi der neuen Verord- nung auf die konstruktive Durch- b i 1 d u n g der einzelnen Tragwerksglieder anbelangt, so wurden die Fahrbahn- trager hievon am meisten betroffen. Die Beanspruchung der Sclrvvellen- und die wagrechten Krafte nicht ohne Einflufi. Bei grofieren Stiitzweiten iiber 70 m mufi auch bei gerader Fahrbahn fiir Dimensionierung der Gurte bereits auf den Winddruck und die Seitenschwan- kungen Rticksicht genommen werden, weil deren Einflufi bei dieser Stiitzweite bereits merklich zur Geltung kommt. Die Beriicksichtigung der Fliehkraft hingegen fiihrt zur Ausgestaltung verschieden starker Haupttrager an der Bogeninnen- Abb. 70. Pyhrnbabn; die Steyrflufibriicke. Quertrager durch Seitenkrafte ertordert ihre hohere Steifigkeit in wagrechtem Sinne und besonders die Obergurte dieser Trager miissen bei dem Um- stande, dafi einzelne der wagrechten Krafte nur auf diese Teile wirken, beson¬ ders stark ausgebildet werden. Den Fahr¬ bahn- und Haupttragerwindverbanden wird grofie Aufmerksamkeit geschenkt. Bei allen Briicken sind sie genau be- rechnet und konstruktiv sorgfaltig durch- gebildet. Auch auf die Berechnung und Aus¬ gestaltung der Haupttrager blieben und -aufienseite, da die Wirkung dieser Kraft namentlich bei grofieren Stiitz- weiten und kleineren Bogenhalbmessern eine sehr bedeutende ist. Fiir die Durchbildung der eisernen Tragwerke im Zuge der neuen Alpen- bahnen kamen aufier den Forderungen der neuen Briickenverordnung aber auch noch andere von der Eisenbahnbaudirek- tion aufgestellte Grundsatze in Betracht. So \vurde vor allem darauf Bedacht genommen, trotz der grofit zulassigen Ausniitzung des Materiales starke, wider- standsfahige und namentlich auch ver- Trassierung, Unter- und Briickenbau. 95 starkungsfabige Briicken zu erhalten. In diesem Sinne wurden die einzelnen Kon- struktionsglieder (Streben, Gurte u. s. w.) so ausgebildet, dafi sie durch Anbringung von Beilagen und durch ahnliche Mittel fiir den Fali grofierer Belastungen in einfachsterWeise verstarktwerden konnen; die Stofideckungen und Strebenanschliisse dagegen wurden kraftigst ausgebildet, da gerade in diesem Punkte eine Verstarkung der Brucke am schwersten durchzufiihren anderen Tragwerken beobachtet werden kann. Bei Briickentragwerken mit stark schiefen Endabschliissen, welche unter Umstanden die Giite der Vernietung an den betreffenden Anschlufistellen der Schwellen-, Quer- und Haupttrager in Frage stellen konnen, wurde die Fahrbahn bis zum Ende des einen Haupttragers in das Widerlager hinein fortgefuhrt und so ein senkrechter Fahrbahnabschlufi erzielt; Abb. 71. Karawankenbahn; die Gradschitzabachbriicke vor dem Eingang des grofien Karawankentunnels. ist. Kropfungen von Winkeln und Flach- eisen wurden ganzlich vermieden. Um bei dem Standerfachwerk mit einfach gekreuzten Streben die meist grofien Breitenunterschiede zwischen den Zug- und Druckstreben in den ersten Feldern zu vermeiden, wurden die Zug- bander in 3 — 4 facher Lage von Flach- eisen mit entsprechender Einbindung an den Knoten der Gurte ausgefuhrt und dadurch ein gefalligeres Aussehen der Brucke erzielt, wie dies bei der T e i c h 1- und Steyrflufibriicke und noch vielen die Abbildungen der Gradschitza- b a c h- und Belčabachbrilcke zeigen deutlich die Vorteile dieser Anordnung. Bemerkenswert erscheint ferner bei Viadukten mit einer Hauptoffnung und einseitig oder beiderseitig anschliefienden Nebenoffnungen die direkte Auflagerung der Nebenoffnung im Endquerrahmen der Hauptoffnung, wie sie bei der T e i c h 1- und Steyrflufibriicke, sowie bei der Brucke liber den Miihldorferbach angewendet wurde. Diese Tragwerke sind durchwegs als freiaufliegende Balken- Josef Zuffer. trager konstruiert und es ist daher in einigen Fallen die Notwendigkeit vor- handen gewesen, auch bewegliche Lager in dem Endquerrahmen der Hauptoffnung unterzubringen, was sich ohne besondere Schwierigkeiten durchfuhren liefi. Diese Anlage hat den grofien Vorteil, dafi aufier der Erzielung eines nur in der Pfeilerachse oder in ihrer unmittelbaren Nahe ivirkenden Druckes von der Kon- struktion und den Bahnziigen auch noch ein Ersparnis an Pfeilermauerwerk stattfindet, was namentlich bei grofien einer Spannweite von no m und einem Fertiggesamtgewichte von 5555 <7 an die Aktiengesellschaft R. Ph. Waagner, Briickenbauanstalt in Graz, vergeben worden war, erfolgte am 7. Dezember 1903 die Ausschreibung fiir die Briicken der Alpenbahnen, welche, durch einige im Verlaufe des Baues notwendig ge- wordene Nachtrage erganzt, die eisernen Briicken samtlicher Linien mit Aus- nahme der Siidrampe der Tauern- bahn und der Strecke Villach — Ro¬ se n b a c h umfafite. Durch diese Aus- Abb. 72. Wocheinerbahn; die Belčabachbriicke in der Werkstatte. Viadukthohen bedeutende technische und wirtschaftliche Vorteile bietet. Damit sind die bei den Briicken der Alpenbahnen mafigebenden Hauptgrund- satze im allgemeinen erschopft und werden weitere bemerkenswerte Konstruktions- anordnungen bei Besprechung der einzelnen Briickentragwerke im nachfolgenden behandelt werden. Vorher soli jedoch noch eine kurze Ubersicht iiber die Art und Weise und den Umfang der Vergebungen betreffend die Lieferung und Aufstellung der Briickentragwerke fiir die neuen Alpenbahnen an die Briickenbau- anstalten gegeben werden. Nachdem bereits am 24. Juni 1903 die Brucke iiber die Angerschlucht mit schreibung wurden 103 Blechbriicken, 35 Fachwerkbriicken unter, 22 Fachwerk- brucken iiber 50 m Sttitzweite und 3 Strafienbriicken zur Ausfiihrung an die osterreichischen Werke und Briickenbau- anstalten iibertragen. Das Gesamtgewicht der fertig montierten Briicken betrug bei den Blechbriicken 11.824 t 1 ®! ^en Fachwerkbriicken 71.089 q und bei den Strafienbriicken 4602 q. Es umfafite so- mit die Hauptausschreibung ein Gesamt- gewicht von 87.515 q (875 Waggons) an ausgefuhrten Briicken, eine Menge, welche bisher noch nie im Rahmen einer einzigen Briickenvergebung Platz ge- funden hat. Es folgte hierauf am 7. September 1905 die Ausschreibung der Eisenkonstruktionen Trassierung, Unterbau und Bruckenbau. 97 der Strecke Villach — Rosenbach mit io Blechbriicken im Gewichte von 379 q und 4 Fachwerkbriicken unter 50 m Stiitzweite im Gewichte von 4071 q und am 10. Dezember 1906 die Schlufi- ausschreibung fiir die eisernen Briicken der Stidrampe der Tauernbahn, der Linie Ga s tein—S pit tal a. d. Drau. Diese um- fafite 23 Blechbriik- ken, 5 Fachwerkbriik- ken unter und 3 Fach- werkbrilcken uber 5 ° m Sttitzweite. i Flievon hatten die fertig mon- tierten Blechbriicken einGe-vvicht von2474g, die Fachwerkbriicken von 12.693 q. Es ergibt sich daraus fiir samt- liche eisernen Trag- werke auf den Linien derneuenAlpenbahnen einGesamtgewicht von 112.687 q (1127 Wag- gons), ein sehr grofier Bedarf im Vergleiche zur Lange der Bahn- linie, welcher wieder zeigt, mit welchen Ter- rainschwierigkeiten die Anlage der neuen Alpenbahnen verbun- den gewesen ist. Aus der folgen- den Tabelle XII sind einige wissenswerte Einzelheiten iiber die eisernen Tragwerke mit Stiitzweiten von 50 m an zu ersehen. Es sollen nun noch im nachfolgenden kurz besondere Vorgange bei der Herstellung von Briickenwiderlagern oder der Mon- tierung der Briicken erwahnt werden, die teils durch die Schwierigkeit des Terrains, teils durch die besondere Art der Tragkonstruktion, teils durch Riick- sichten auf bestehende Verkehrswege bedingt, allgemeine Beachtung verdienen. Auf der Pyhrnbahn, zwischen Ar dnin g und S e lz tal, sind die Widerlager der Paltenbach- und Ennsflufibriicke in Moorgrund ge- bettet. Die Fundamente dieser Wider- lager wurden daher auf grofie Roste aus Beton mit kreuzweise gelegten I-Tragereinlagen aufgesetzt, die von einer 8'5o m tief eingetriebenen Spund- wand umgeben sind. Schon wahrend der Aufmauerung der Wi- derlager zeigten sich bedeutende Senkun- gen, welche nach Fer- tigstellung 1 o bis 2 5 cm (letzteres Mafi bei der Ennsbriicke) betrugen. Allmahlich trat in den Setzungen ein Still- stand ein und auch eine kunstliche Bela- stung der Widerlager verursachte keine wei- teren Senkungen, wor- auf die Auflagerqua- derhohen richtigge- stellt, die Widerlager vollendet und dieTrag- werke montiertwurden. Bei beiden Objekten zeigte die Belastungs- probe vollkommen un- nachgiebige Wider- lager. Im Zuge der Streck- ke Sch\varzach-St. Veit—G as te in auf der Nordrampe der Tauernbahn erregt vor allem die iiber die Angerschlucht (Lafennbach) 110 m weit und 85 m hoch uber der Bachsohle gespannte Zweige- lenksbogenbriicke be- sonderes Interesse. Diese Briicke wurde, wie bereits er- wahnt, von der Bruckenbauanstalt R. P h. WaagnerinGraz in vollkommen sachge- mafier Weise zur Ausfiihrung gebracht. Da bei dieser Art des Tragwandsystems ver- haltnismafiig kleine Ungenauigkeiten der Ausfiihrung schon grofien Einflufi auf die inneren Stabspannungen zur Folge haben, 7 Abb. 73. Pyhrnbahn; Die Steyrfluftbrucke, Auflagerung der Nebenoffnung auf der Hauptoffnung. Tabelle XII. Verzeichnis der bei den Alpenbahnen gebauten eisernen Brticken mit einer Stiitzweite von 50 m und dartiber. 98 Josef Zuffer. Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 99 7 IOO Josef Zuffer. Abb. 74. Wocheinerbahn; Viadukt liber den Feistritzgraben. wurden die Tragwande mit der bedeuten- den Lange von 110 m und einer End- standerhohe von i 6'5 m in vollstandig zusammengestelltem Zustande in der Werkstatte mittels Bohrkranen abge- bohrt, um ein vollkommen genaues Abb. 75. Pyhrnbahn; Brucke iiber den Ennsflufi. Trassierung, Unterbau und Briickenbau, IOI Abb. 76. Tauernbahn-Nordrampe; die Angerschluchtbriicke. 102 Josef Zuffer. Passen der Nietlocher auf dem Bau- platze zu erzielen. Die Stutzweite wurde durch ein mit bestimmten Gewichten belastetes Stahl- mefiband genau gemessen und am Bau- platze unter Berticksichtigung der Tem¬ peratur und der Durchsenkung des Mefi- bandes unmittelbar auf die Widerlager iibertragen. Von der urspriinglich vorgesehenen freitragenden Montierung mufite wegen der Bodenbeschaffenheit am Gasteiner Widerlager, welche eine Verankerung nicht zuliefi, Abstand genommen werden und kam daher ein festes Geruste mit einem Aufwand von ungefahr 1125 m 3 Holz zur Ausfuhrung. Nach erfolgter Zustreifung der ein- zelnen Konstruktionsteile auf den Bau- platz, welche sich infolge der Steilheit der Strafie und der bis 17 m langen und 4-5 t schweren Stiicke ziemlich schwierig gestaltete, begann die sorg- faltige Zusammenstellung der Tragwande auf dem Geruste, um allfallige durch die Montierung hervorgerufene Spannungen in den Fac.hwerkgliedern zu vermeiden. Nach vollendetem Aufbaue des Trag- werkes wurde die Lagerung des Bogens entsprechend der rechnungsmafiigenPfeil- hohe festgelegt, und zwar durch Heran- ziehung der Langenanderungen des Trag- werkes wahrend eines Tages. Unter dem Einflusse der Mittagswarme hob sich namlich der Bogen selbsttatig vom Geruste ab und stutzte sich auf die Widerlager; wurden nun die unter jedem Knoten auf dem Geruste befind- lichen Winden hochgeschraubt, so legte sich der Bogen tiber Nacht wieder auf das Gerust und die Auflager wurden entlastet. Die Lagerkeile konnten dann am Morgen beliebig angezogen oder nach- gelassen werden. So wurde allmahlich die richtige Hohenlage des Bogens erreicht, worauf dann die Entfernung der Winden und die vollstandige Entlastung des Ge- riistes folgte. Die am 30. August 1905 durchgefiihrte Probebelastung der Brucke hatte durchaus zufriedenstellende Ergeb- nisse. Bei dieser Brucke ist noch eine besondere Konstruktionsanordnung be- merkenswert. Urspriinglich war namlich zur Erzielung einer gesicherten Stand- festigkeit des Tragwerkes eine in solchen Fallen iibliche Schragstellung der Trag- wande vorgesehen, was natiirlich eine schwierige Anarbeitung der Eisenkon- struktion und breitere Widerlager zur Folgegehabt hatte. Dies und der weitere Umstand, dafi die Obergurte des Trag- werkes starken Windpressungen ausge- setzt gewesen waren und daher viel mehr Material erfordert hatten, liefi denGedanken reifen, die Haupttrager parallel und in eine Entfernung von einander zu stellen, welche die Gurtungen keinen iibermafiigen Inangriffnahmen durch die wagrechten Kržifte aussetzt. Um die Standfestigkeit des Tragwerkes jedoch vollkommen zu sichern, wurden die Obergurte beiderseits starr bis auf das Mauerwerk gefiihrt und dort frei in der Luft in Lager versenkt, welche wohl ein Auf- und Niedergehen der Konstruktion, jedoch keine bedeuten- den Seitenbewegungen gestatten. Ahnliche Sicherungen werden auch bei den Briicken mit versenkter Fahrbahn der Schmalspurbahn Trient—-Male ausgefuhrt. Zu einer der bemerkenswertesten Briickenaufstellungen wird die des P f a f- fenb erg-Zwe nb er g gr ab enviaduk- t e s auf der gegenwartig noch im Baue begriffenen Linie der Sudrampe der Tauernbahn wegen der aufierst schwie- rigen Zufuhrungsverhaltnisse ftir das Ma¬ terial gerechnet werden kdnnen. Die Bahn- trasse tibersetzt hier, aus dem Pfalfenberg- tunnel kommend, den tief eingeschnittenen Graben in einer Hohe von ca. 68 m iiber der Grabensohle und mit einem Bogen von 250 m Halbmesser, um sofort wieder im Tunnel durch den Zwenberg zu ver- schwinden. Die Lehnen des Grabens sind so steil, dafi an eine Weganlage nicht gedacht werden konnte und anderseits war die Zufiihrung auf der Bahnlinie selbst wegen der beiderseits befindlichen noch nicht ausgebauten Tunnels unmoglich. Die einzelnen Konstruktionsteile, Werk- zeuge und Plilfsvorrichtungen wurden daher auf der Landesstrafie von Mollbriicken- Sachsenburg bis Unter-Grat- s c h a c h und von hier auf einem Feldwege, der vorerst ftir die Befahrung mit schweren Fuhrwerken hergerichtet werden mufite, 103 Trassieruno;, Unterbau und Bruckenbau. Abb. 77. Tauembahn-Siidrampe; die Montierung des Pfaffenberg-Zwenberggrabenviaduktes. 104 Josef Zuffer. nach dem Weiler S t a m p f auf den Lager- platz gebracht. Der Plohenunterschied zwischen diesem und der Bahnnivellette betrug bei einer wagrechten Entfernung von 500 m noch immer rund Iio m. Um diesen bedeutenden Hohenunterschied zu uberwinden, wurde eine 460 m lange Rollbahn mit einer durchschnittlichen Steigung von 14 von Hundert und 790 mm Spurweite angelegt, welche das Material bis zum Fufie des Mon- tierungsgerustes brachte, von wo es hatte die Lieferung und Aufstellung der betreffenden Tragwerke die Gewerkschaft Witkowitz zu besorgen. Zum Schlusse sei hier noch eine be- sondere Montierung erwahnt, welche bei der Ubersetzung der Via S. M a r c o in Triest, einer zweigleisigen Briicke, sei- tens der ausfuhrenden Firma R. Ph. Waagner in Wien angewendet werden mufi te, um den Verkehr auf der Linie Triest — Herpelje Kosina nicht zu storen. Wie die Abbildung 78 zeigt, neue S.jVIarcohriicke zweigleisig altes Objekt der Linie linker unvollendeter Triest-Hej-pelje j Haupttrajjer j rechter Haupttrager Abb. 78. Gorz—Triest; die Montierung- der Brucke liber die Via S. Marco. mittels eines 35 m hohen lotrechten Aufzuges auf das Geruste selbst ge- schafft wurde. Die Fortschaffung des Materiales auf der Rollbahn erfolgte mittels eines zu diesem Zwecke aufge- stellten oberschlachtigen Wasserrades von 2*8 m Durchmesser, welches die Ladung von ungf. 1600 kg Hochstgewicht in 10 bis 12 Minuten beforderte. Der Bedarf an Geriistholz betrug fiir das Rollbahn- geriiste samt Aufzug und die drei Mon- tierungsgeruste rund 800 m & . Schon aus diesen wenigen Angaben erhellt die be- deutende Schwierigkeit der Aufstellung dieser Tragwerke, welche jedoch vielleicht noch klarer aus dem beigegebenen Bilde zu ersehen ist. Wie Tabelle XII zeigt, verschneiden sich das alte und das neue Objekt unter einem spitzen Winkel, so dafi der linkseitige Haupttrager des neuen Tragwerkes nur bis zum zweiten Stander von dem gegen Flerpelje zu gele- genen Widerlager aus aufgestellt werden konnte. In diesem Punkte wurden der un- vollendete Haupttrager wie auch die noch nicht angeschlossenen Quertrager vor- laufig unterstiitzt und die Ziige der Linie nach Herpelje liber das rechtseitige Gleis der neuen unvollendeten Brucke gefiihrt, ohne dafi nennenswerte Verdruckungen an den unterbauten Stellen zu verzeichnen gewesen waren. Erst nachdem die alte Brucke abgetragen worden war, konnte das neue Tragwerk mit voller Aufrecht- Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 105 A-bb. 80. 'VVocheinerbahn; der Idriaviadukt. io6 Josef Zuffer. erhaltung des Betriebes fertig gestellt wer- den, was ohne jedenUnfall von statten ging. Das Baumaterial fiir die Zwischenpfeiler und Widerlager der eisernen Brilcken auf den neuen Alpenbahnen bestand zumeist aus Bruchstein und nur in wenigen Aus- nahmsfallen aus Stampfbeton. Die Pfeiler wurden von der Sohle bis zur obersten Grenze ohne Einschaltung von Schichten aus besserem Mauerwerke — wie friiher iiblich — hergestellt, welche Ausfiihrungs- weise sich bestens bewahrt hat. Die Pfeilergriindung war nicht iiberall einfach und hatte man in vielen Fallen, namentlich auf der Linie Klagenfurt—Gorz, mit grofien Schwierigkeiten zu kiimpfen, so dafi oft unerwartet zur Luftdruck- griindung geschritten werden mufite. Auf diese letztere Weise wurde der Mittel- pfeiler der Draubrucke bei W e i z e 1 s- dorf, die Bačabriicke bei der Station Grahovo, die Muhrgrabenbriicke, wie bereits erwahnt, vor dem Muhr- grabentunnel, der Mittelpfeiler und Landpfeiler des Idriaviaduktes und andere fundiert. Unter den verwendeten Senkkorpern waren fiinf Stiick aus Holz. Diese interessante Neuerung wurde durch die Bauunternehmung Briider Red- lich & Berger aus Amerika iibernom- men und in Osterreich eingefiihrt. Bei Holzreichtum sind diese Senkkorper. den bisher iiblich gewesenen Eisencaissons in vielen Fallen vorzuziehen. Der Briickenbau fiir die Alpenbahnen hat durch seine Fiille von Arbeit, welche in verhaltnismafiig kurzer Zeit bewaltigt werden mufite, gezeigt, auf welch hoher Stufe die osterreichische Industrie auf die- sem Gebiete steht. Der Art und Weise, wie die Eisenwerke, Briickenbauanstalten und nicht zuletzt die Konstrukteure ihrer Aufgabe gerecht geworden sind, mufi das vollste uneingeschrankteste Lob ge- zollt werden. Moge es auch in der Zu- kunft so bleiben! Unterbau und Bruckenbau auf den iibrigen neuerbauten Bahnlmien. Der Unter- und Bruckenbau im Zuge der neuen Alpenbahnen hat uns ein grofi- artiges Bild der Ingenieurtatigkeit entrollt, aber auch auf den anderen in den Jahren 1898-—1908 hergestellten Bahnlinien sind Kunstbauten entstanden, die nicht unbeachtet bleiben diirfen. Die betreffen- den neuen Trassen selbst wurden bereits in dem Abschnitte iiber »Trassierung« beschrieben. Fassen wir zuerst die Linie der k. k. priv. Aussig-Teplitzer Eisenbahngesellschaft von Teplitz(Settenz) iiberLobositz — Leitmeritz — Bohm.-Leipa nach Reichenberg ins Auge. Diese Linie bot schon in der Teilstrecke von Teplitz bis Lobositz bei der Uberschreitung des Mittelgebirges infolge der dort vorhandenen ungiinstigen geologischen Verhaltnisse dem ausftihrenden Ingenieur zahlreiche Gelegenheit, durch umfang- reiche Sicherungsbauten fiir den Bahn- korper den durch die Natur geschaffenen Hindernissen entgegenzutreten. Bei Lobo¬ sitz erfolgt die bemerkenswerte U b e r- setzung des Elbeflusses mittels einer Brucke, bestehend aus drei Haupt- und vier Flutoffnungen symmetrisch zur Stromachse angeordnet mit einer Gesamt- liinge von 375 m\ diese Brucke bildet die bisher bestehende langste Uber- setzung des Elbeflusses auf osterrei- chischem Boden. Die Achse der Brucke liegt unter einem Winkel von 84° 17' schrag zum Stromstrich und die beiden Strompfeiler sind parallel zu diesem, die Landpfeiler senkrecht zur Briicken- achse ausgeftihrt. Der Pfeilerbau wurde von der Bauunternehmung Briider Redlich & Berger in Wien ausgefiihrt. Die beiden Strompfeiler \vurden mittels D r u c k 1 u f t- griindung unter Verwendung eiserner Senkkorper, und zwar bis auf ir6 m der rechtseitige und 12'6 m der linkseitige unter dem Nullwasserspiegel in den festen Tegel hinabgesenkt, die Landpfeiler da- gegen in offenen Baugruben in der 5 m machtigen, iiber dem Tegel fest- Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 107 Abb. 81. Bilder vom Bau der Linie Teplitz (Settenz)—Beichenberg. I. Westportal des Jeschkentunnels. — 2. Karbaviadukt. — 3. Elbebriicke bei Lobositz. 4. Hollengrabenviadukt. — 5. Neulander Viadukt. — 6 . Jagerhausviadukt. io8 Josef Zuffer. Abb. 82. Teplitz (Settenz)—Reichenberg; die Elbebriicke bei Lobositz. gelagerten Schotterschichte gegriindet. Fiir Pfeiler und Landwiderlager wurden insgesamt 2010 m 3 Beton, 2490 m 3 Bruchsteinmauerwerk aus festem Gneis und 1440 m 3 Quadermauerwerk aus hartem Elbesandstein verwendet. Was nun die Eisenkonstruktionen anbelangt, so sind die Haupttrager der Strom- bffnungen Halbparabeltrager mit dop- peltem Zugstrebensystem und Standern von 74'4 m Stiitzweite und io - 25 m grofi ter Tragerhohe, die der Flut- offnungen Paralleltrager mit einfach gekreuzten Zug- und Druckstreben und Zwischenstandern von 26^4 m Stiitzweite. Die Lieferung und Aufstellung samtlicher Tragwerke, welche einen Materialbedarf von ungf. 9220 q erforderten, wurde von der Prager Maschinenba u-A k t i e n- gesellschaft v or m. Ruston & Co., derPragerBriickenbauanstalt deri. b ohm.-mahr i schen Maschinen- fabrikund der Firma Briider Pra¬ šil & Co. besorgt. Ein weiteres besonders schones Bauwerk auf der genannten Linie bildet der ungefahr 250 m lange Karba- viadukt bei der Station Neugarten, welcher 24 m hoch liber der Talsohle zwei Taler, das Hollengrund- und Helenental, nahezu an ihrer Vereini- gungsstelle ilberbriickt. Die Ubersetzung des Hollengrundes besteht aus zwei 40 m Abb. 83. Teplitz (Settenz)—Reichenberg; der Neulander Viadukt. Trassierung, Unterbau und Brilckenbau. 109 \veiten Čffnungen, welche mit Eisenkon- struktionen uberbaut sind, und drei ge- w 5 lbten Bogen von je 12 m lichter Weite. Nur eine schmale Felsnase, die Scheide- wand beider Taler trennt, das besprochene Bauwerk vom Helenentalviadukte, welcher ebenfalls eine 40 m weite Offnung mit eisernem Tragwerke in der Mitte und beiderseits je eine 12 m \veite ge- wolbte Nebenoffnung besitzt. Die drei eisernen Tragwerke sind gleich, und zwar als Paralleltrager mit 41 m Stutzweite und versenkter Fahrbahn im Stander- system mit einfach gekreuzten Zug- und Druckstreben ausgebildet. Da die beiden Taler unter einem spitzen Winkel zu- sammenlaufen und jeder Viadukt mit Abb. 84. Lemberg-—Sambor—Uszok ; der Jaworkaviadukt. gerader Bahn senkrecht auf die Talachse angelegt ist, so war dazwischen die Anordnung eines Bogens von 240 m Halbmesser n 5 tig, welcher Umstand die schone Bauanlage auch bei der Eisen- bahnfahrt voli geniefien lafit. Bei dem dritten bemerkenswerten Bauwerke der Linie, dem Niemeser Viadukte, ist besonders die schwierige Fundierung der Pfeiler zu erwahnen, welche auf lehmigen Sand mittels Betonplatten bewerkstelligt \vurde. Ftir den Beton wurde Basalt- schlegelschotter und Konigshofer Zement im Mischungsverhaltnisse 1:3:5 ver- wendet. Die schwierigste Teilstrecke der ganzen Linie bildet jedoch unzweifel- haft diejenige von Kriesdorf nach Karlswald, welche auf einer Lange von 7 km nicht weniger als ftinf Tunnel und vier grofie Viadukte zu verzeichnen Abb. 85. Lemberg—Sambor—Uszok; die Strwic^žflufibriicke. IIO Josef Zuffer. hat; aufierdem fiihrt die Trasse in stark zu Rutschungen geneigtem Gelande. Von den erwahnten vier Viadukten ist der Neulander Viadukt 200 m lang, 30 m hoch mit elf gew 5 lbten Offnungen zu 12 m und drei Offnungen zu 6 m, der Jager- hausviadukt 127 m lang und 17 m hoch mit fiinf mittleren Halbkreisbogen zu 12 m und fiinf seitlichen Offnungen zu 6 m lichter Weite, sodann der Hollen- grabenviadukt 512 « lang, 20 m osterreichischen Ingenieur- und Archi- tekten-Vereines seitens des k. k. Regie- rungsrates H. R o s c h e, des General- direktors der k. k. priv. Aussig-Teplitzer Bahn, den weitesten Kreisen depTechniker- schaft zur Kenntnis gebracht. Der Bau der p: Linie L e m b e r g— Sambo r— U s z o k, dessen Durchftihrung und Uberwachung der k. k. Eisenbahn- baudirektionin Wien oblag^zeigt in vieler Hinsicht Ahnlichkeiten mit der Abb. 86. Lemberg - —Sambor—Lszok; der Turkavladukt. hoch und der Burggrafenviadukt 64 m lang und 20'5 m hoch. Alle vier Viadukte liegen in Bahnkriimmungen von 240 m Halbmesser. Die Griindungsver- haltnisse bei diesen Objekten waren jedoch im allgemeinen giinstig. Das Mauerwerk wurde nahezu ausschliefilich aus D i o r i t- Bruchstein mit Konigshofer Zement- mortel ausgefiihrt. In aufierst eingehender und ubersichtlicher Weise wurde die Anlage und der Bau dieser Linie sowie die hiebei gesammelten wertvollen Er- fahrungen durch eine Reihe von Ver- offentlichungen in der Zeitschrift des vorbeschriebenen Linie. Auch hier ftihrt die Trasse nur im Mittelgebirge und trotzdem ergab sich eine erhebliche Anzahl von grofieren Kunstbauten. Unter den gewolbten Viadukten seien hier nur die bedeutendstenbesprochen. So der Rikaviadukt in km 49' 4 / 7 , ungf. 170 m lang iiber das Tal des Rika- baches fiihrend, hat drei Offnungen zu 12 «, drei zu 15 m und vier zu 12 m Lichtweite. Der Jaworkaviadukt in km 56' s / 5 , ungf. 120 m lang, zeigt eine Hauptoffnung von 25 m Lichtweite mit einem grofien Trassierung, Unterbau und Brilckenbau. III Halbkreisbogen uberwolbt, mit vier Spar- offnungen zu 275 m Weite. An die Abb. 87. Lemberg—Sambor—Uszok; der Spisanyviadukt. Hauptoffnung schliefien sich beiderseits je drei Nebenoffnungen zu 12 m Licht- weite an. Der ganze Viadukt liegt in einer Bahnkriimmung vom Halbmesser von 275 m und im Gefalle von I5‘25 von Tausend. Der Turkaviadukt in km 63'6 bis 64^0 ist 360 m lang. Aus dem Tunnel kommend, geht die Linie auf dem Viadukte den Jablonkabach entlang und iiber- setzt die Reichsstrafie, welche dort Abb. 88. Lemberg—Sambor—Uszok; die Stryjflufibrucke. liber den Bach fuhrt, mit einem eisernen Tragwerk von 12 m Lichtweite und sodann den einmiindenden Litmierž- b a c h mit einer Eisenkonstruktion von 35 m Lichtweite. Die 24 je 10 m vraten Gewolbe des Viaduktes werden durch Halbkreisbogen iiberspannt. Da bei dem genannten Viadukte die notwendige Planumsbreite 5 ~m betragt, so vvurden zur Erzielung dieser Mehrbreite — der Viadukt ist nur mit einer Kronenbreite von 4 - 5 m ausgefuhrt — die Randdeck- quadern iiberkragend angeordnet, eine Mafiregel, die bei den von der k. k. Eisenbahnbaudirektion auszufiihrenden Bahnlinien grundsatzlich angevvendet wird. 112 Josef Zuffer. Grimdrtss nacti P 8.H.S. Abb. 89, Lemberg—Sambor—Uszok; Querschnitt der Kcichsstraišenbrilcke bei der Station Sambor. Hiedurch werden nicht nur Ersparungen an Mauerwerk gemacht, sondern die Kronen der Viadukte erhalten auch ein gefalligeres Aussehen. Der Spisanyviadukt in km 74^9 bis 75'1, ungefahr 110 m lang und 13 m iiber der Talsohle besteht aus drei Mitteloffnungen zu 15 m und beiderseits angeordneten je drei Seitenoffnungen zu 12 m Lichtweite. Was die eisernen Tragwerke auf dieser Linie anbelangt, so sind die grofieren Briicken wegen der durchweg vorhande- nen geringen Konstruk- tionshohen mit »unten« liegender Fahrbahn und als Halb parabeltrager ausgebildet. Mit einfachen Zugstreben sind die Trag- wande der Dniester- flufibriicke mit zwei Offnungen zu 4:1'4-m Stiitz- weite, mit zweifachen stei- fen Zugstreben die Haupt- triiger der Wereszyca- flufi- und der Strwiqi- flufibrucke mit je zwei Offnungen zu 51*5 m Stiitzweite versehen. Das- selbe System zeigen das Tragwerk der Hauptoff- nung der ersten Stryj- f 1 u fi b r u c k e in km 6cr 1 / s mit 61'6 m Stutzweite, welche mit noch zwei Ne- benoffnungen (Parallel- trager) von je 23 - 64 m Stutzweite eine gesamte Objektlange von ungefahr 120 m besitzt, und die beiden Offnungen der zweiten Stryjfluiž- brucke in km 6o - 7 / 8 mit Stiitzweiten vonje 46'50/M. Weitestgehendes Inter- esse nehmen aber auf die¬ ser Linie einige besondere Ausfuhrungen in E i s e n- beton in Anspruch, wel- che bei dem 190 m langen Viadukte der R e i c h s- strafieniiberfuhrung iiber die Station Sambor zu sehen sind. Der ganze Viadukt samt den anschliefienden Stiitzmauern, Pfeilern und Widerlagern fiir das eiserne Tragwerk derMitteloffnung besteht namlich ausEisen- beton. Die beigefugte kleine Querschnitts- skizze des Viaduktes zeigt die in zwei EinzelsaulenaufgelostePfeilerkonstruktion, auf denen ein Eisenbetonquertrager ge- lagert ist, der wieder die vier Langs- tršiger aufnimmt, welche die Fahrbahn- platten zu tragen haben. Die Gehstege sind auf besonderen Eisenbetonkrag- Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 113 tragern angebracht. Noch bemerkenswerter ist jedoch die Stutzmauer, vvelche nach dem schematischen Querschnitte (Abb. 90) ausgefuhrt wurde und bei rund 6'5 m Hohe nur 0'2 m Fleischstarke besitzt. Abb. 90. Lemberg—Sambor—Uszok ; Quer- schnitt der Eisenbetonstiitzmauer. Von 2 zu 2 m Entfernung ist eine Rippe eingebaut, welche mit der Fufi- platte verbunden ist und so eine feste Einspannung der Stutzmauer im Boden erzeugt, welche eben diese giinstige Materialausniitzung gestattet. Von 12 zu 12 m Abstand befindet sich eine Doppel- rippe, zwischen der eine mit Teerpappe ausgefiitterte stumpfe Fuge verlauft, um allfallige Risse, welche durch Warme- anderungen oder durch ungleiche Setzun- gen sich bei der grofien Mauerlange leicht ergeben konnten, hintanzuhalten.*) Auch bei den anderen, durch die k. k. Eisenbahnbaudirektion erbauten Lokal- babnen wurden viele beachtenswerte Kunstbauten ausgefuhrt. Im Zuge der Bahn Ji čin—Turnau erfolgte die Ubersetzung des Iserflusses mit einer Hauptoffnung von 61‘6 m, drei Nebenoffnungen von 36'3 m und eine Nebenoffnung von 2Č’4 m Stiitzweite. Die Etschflufibriicke auf der noch im Baue befindlichen schmalspurigen Linie T r i e n t—M a 16 zeigt eine Offnung von 91'63 m Stiitzweite. Weiters wurde auf der Lokalbahn Krainburg—Neu- marktl zur Ubersetzung des Save- f 1 u s s e s eine Brucke mit vier Offnungen, deren Tragwerke aus Parallel tragern von *) Die genauen Berechnungen und son- stigen Angaben liber diese Bauwerke wurden durch Ingenieur A. N o w a k in dem Biich- lein »Der Eis e nb e to nbau bei den neuen von der k. k. Eisenbahnbau¬ direktion ausgefuhrt e n Bahnlinien Osterreichs« in eingehender Weise be- handelt. Abb. qi. Lemberg—Sambor—Uszok; Eisenbetonstiitzmauer im Bau. Josef Zuffer. 114 Abb. 92. Hartberg—Friedberg; der Lafnitzviadukt. je 44'ii m Stiitzweite bestehen, zur Ausfiihrung gebracht. Von grofieren Viaduktbauten ist der Kampflufiviadukt auf der Linie Zwettl — Martinsberg mit ungefahr 270 m Lange und 20 m Hohe iiber der Talsohle zu erwahnen, welcher aus vier ge- wolbten Offnungen a 10 m Lichtweite und vier durch Paralleltragkonstruktionen uberspannten Hauptoffnungen zu 46‘64 m Stiitzweite besteht. Bedeutende Viadukt¬ bauten wurden auch auf der Linie Hart- berg — Friedberg ausgefiihrt. Vor allem erregt dort der Lafnitzviadukt besondere Aufmerksamkeit, welcher in einer Hohe von iiber 40 m von der Talsohle und mit einer Lange von unge¬ fahr 240 m das Lafnitztal iiberbriickt. Die Tragkonstruktion besteht aus drei Haupt¬ offnungen zu je 61 ‘6 m und beiderseitig angereihten zwei Nebenoffnungen zu 21'24 m Sttitzweite. Als Tragwandsystem ist hier der Fischbauchtrager gewahlt, vvelcher das aufiere Aussehen des Bau- werkes nicht ungunstig beeinflufit und ein Materialersparnis gegeniiber dem Parallel- triiger bietet. Dasselbe Tragwandsystem ist auch bei der Hauptoffnung von 43‘6 m Stiitzweite des unmittelbar angrenzenden Burggrabenviaduktes gewahlt, wel- cher sich beiderseits je eine NebenSffnung mit 21'24 m Stiitzweite anschliefit. Auf der Linie Stryj—Chodor6w ist die ungefahr 290mlangeStryj flufibrucke mit sechsBriickenoffnungen zu 46’6 m Stiitz- weite und auf der vom Landesausschusse des Konigreiches Bohmen erbauten Lokal- bahn Cerčan—Modran—Dobris die bei der Station Trnova'— Mechenic liegende Moldautibersetzung zu erwahnen. Namentlich letztere Brucke ist \vegen der aufiergewohnlichen Linienfuhrung auf der- selben bemerkenswert. Die Bahn, welche auf der Hauptoffnung gerade, jedoch unter einem Winkel von ungefahr 55 0 schief zum Stromstrich verlauft, geht auf den vier Nebenoffnungen in einen Bogen iiber, so dafi der zwischen Stromstrich und der jeweiligen Brtickenachse gebildete Winkel immer kleiner wird, bis er bei der vierten Nebenoffnung nur mehr ungefahr 32 0 be- tragt. Die Stiitzweiten der einzelnen Trae- O o Trassierung, Unterbau und Briickenbau. 115 Ansicht. Langenschnitt. 1 Draufsicht j Wagrechter Langenschnitt. i 1 i 0 1 5 10 15 20m Abb. 93. Agonitz—Klaus; die Brucke iiber den Tiefengraben. werke sind aufeinandertolgend 83-5, 36-69, 37-259, 37-300 und 12-9 m. Die Hauptoff- nung ist mitHalbparabeltragern, dieNeben- offnungen eins bis drei mit Paralleltragern und die Nebenoffnung vier mit Vollwand- tragern iiberbaut. Von ausgeftihrten Viadukten ist der auf der neuerbauten Linie N i x d o r f— S e b n i t z der k. k. priv. Bohmischen Nordbahn ausgefiihrte ungefahr 220 m lange Wolmsbachtalviadukt hervor- zuheben, welcher mit fiinf Hauptoffnungen (Paralleltrager) von 36-8 m Stiitzweite und beiderseits angereihten zwei ge- wolbten NebenSffnungen von 7 m Licht- \veite in einer Hohe von 30 m das Tal iibersetzt. Auf einer jiingst eroffneten Kleinbahn, der Stubaitalbahn, wurde, sowie seinerzeit auf der Ybbstalbahn, ein Viadukt mit Eisenpfeilern (Trustle Works) ausgefiihrt, der 34 m hoch iiber der Talsohle in einer Bahnkriimmung vom Halbmesser von 60 m den Klaus- bachgraben iibersetzt. Der Viadukt ist ungefahr 11 o m lang, hat acht Offnungen zu 10 m Weite, die durch Volhvandtrager iiberbruckt sind, und wird von fiinf 6 m breiten Geriistpfeilern und zwei Einzel- Abb. 94. Nixdorf—Sebnitz; der Wolmsbachtalviadukt im Bau. 8* n6 Josef Zuffer. pfeilern getragen. Jedes der kleinen Trag- werke folgt fiir sich der Warmeausdeh- nung in eigens entworfenen Gleitlagern. Auch die Eisenbetonkonstruk- t i o n e n finden auf den einzelnen Li- nien vielfache Anwendung. Eine grofie Zahl von kleinen Objekten und Durch- lassen wurde auf der Linie M e r a n — M a 1 s mit gutem Erfolge hergestellt. Die weitgehendste Verwendung dieser Kon- struktionsart tindet jedoch auf der gegen- wiirtig im Bau befindlichen Linie A go¬ li itz — Klaus statt, indem nicht nur zwolf kleine Objekte und Durchlasse, son- dern auch Betonstiitzmauern mit auskra- genden Eisenbetonkonsolen und -platten und vier grofiere Schluchtiibersetzungen in Eisenbeton zur Ausfiihrung gelangen. V on letzteren waren zu erivahnen die Brucke liber den Herndlgraben mit einer 17 m weiten Offnung, jene iiber den Finsterergraben mit einer Mittel- offnung von 10 m und beiderseits an- schliefienden Seitenbffnungen zu 4 m Lichtweite, ferner die Bogenbriicke iiber den Plangraben von 23 m Lichtiveite, ungefahr iO'5 m Pfeilhohe und beiderseits angereihten Seitenoffnungen zu 10 m beziehungsweise JO-j-8 m, zur Ganze in einer Bahnkrtimmung von 80 m Bogen- halbmesser gelegen, und schliefilich die Bogenbriicke iiber den Tiefengraben von 40 m Lichtweite, 18 m Pfeilhohe und mit Nebenoffnungen von 15 m einer- seits und 15 -j- 6 m Lichtweite anderseits. Wenn auch die vorliegende Zusammen- stellung zufolge des zur Verfiigung ste- henden Raumes nur eine unvollkommene sein kann, so zeigt doch dieselbe die aufierst kraftig entfaltete und unaufhalt- gam fortschreitende Weiterentwicklung unserer heimischen Technik. Moge diese auch ftirderhin stets reiches Feld ihrer Betatigung finden und rastlos wirken ftir die kulturelle Hebung der Gesamtheit der Volker Osterreichs; denn so lautete der Schlufi der Promotionsrede des nur zu friih verstorbenen Sektionschefs Dr. Karl Wurmb: »Technische Arbeit ist positive Arbeit, sie fordert Ha n del und W andel und gereicht dem La n de zumSegen.« Abb. 95. Stubaitalbahn; der Klausbachgrabenviadukt. Unterbau und Briicken auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. D ER machtige Aufschwung von Handel und Industrie im letzten Dezennium aufierte seine Rtick- wirkung auf das Eisenbahmvesen durch eine stetig fortschreitende Zunahme des Personen- und Gtiterverkehres. Die zahl- reichen neuerbautenLokalbahnen erschlos- sen auch neue Gebiete und fiihrten, Saugadern gleich, die Produkte des Bo- dens und des Gewerbfleifies den grofien Verkehrszentren zu. Die Erweiterung und Ausgestaltung der Stationen wurde zur zwingenden Notwendigkeit; der zwei- gleisige Ausbau mancher Strecken war unvermeidlich geworden und allenthalben machte sich das Bediirfnis nach Vergro- fierung der Zugsgeschwindigkeit und Inbetriebsetzung schwererer Lokomotiven geltend, eine Forderung, welche die Ver- starkung des Oberbaues und der eisernen Briickentragwerke, sowie den Umbau zahlreicber, eine ausreichende Betriebs- sicherheit nicht mehr verbtirgender Ob¬ jekte' bedingte. Daneben mufite der Konsolidierung des Bahnkorpers ein stetes Augenmerk zugewendet werden. Ufer- schutzbauten wurden vermehrt und erganzt, Rutschlehnen und Damme gesichert; um der fortschreitenden Ver- witterung der Felspartien unserer Gebirgs- strecken Einhalt zu tun, kamen neue Futter- und Verkleidungsmauern zur Aus- fiihrung. Die Sanierung der durch Hochwasser und sonstige Elementar- ereignisse hervorgerufenen Schaden an Unterbauobjekten gaben Anlafi zu oft weitgehenden, unter den schwierigsten Verhaltnissen durchzuftihrenden Rekon- struktionsarbeiten; der Bau neuer und die Verlangerung bestehender Schutz- wande gegen Lawinen und Steinschlag wurde in Angriff genommen. Die Ab- schrankungen der die Bahnen im Niveau ubersetzenden Strafienztige erfuhren zeit- gemafie Verbesserungen; vielfach aber wurden die Niveaukreuzungen durch Unter- beziehungsweise Uberfahrten er- setzt. Durch Ausfiihrung einer ganzen Reihe eiserner Gehstege tiber die Gleise zahlreicher Bahnhofe \vurde den Wiin- schen des Publikums in weitgehendem Mafie Rechnung getragen. Der Beginn des neuen Jahrhunderts ist durch die zielbewufite und den mo- dernen Bedurfnissen entsprechende Aus¬ gestaltung des Bahnkorpers charakterisiert. Der Bau neuer Gleise auf bestehenden Bahnlinien ist in vieler Beziehung leichter durchfuhrbar als ein vollstandigerNeubau, da das vorhandene Bahngleis wesentliche Transporterleichterungenschafft;anderseits aber bedingt die Notwendigkeit der Ver- kehrsfreiheit und der Betriebssicherheit auf dem bestehenden Gleise so vielfache Beschrankungen in der Bauausftihrung des zu erbreiternden Bahnkorpers, dafi die Aufgabe des Ingenieurs mit grofier Ver- antwortung verkniipft ist. Die im Zuge zweiter Gleise auszufiihrenden Kunst- bauten werden dem Bestand so viel als 118 Siegmund Kulka. moglich angepafit. Anderungen treten nur dann ein, wenn etwa mit Riicksicht auf die Abflufiverhaltnisse bei Durchlassen, Strom- und Inundationsbriicken die ur- spriinglich gewahlten Lichtweiten und Lichthohen sich als unzuliinglich erwiesen haben oder aber, ein nicht selten vor- kommender Fali, wenn die Fortschritte der Technik die seinerzeit gewahlte kon- struktive Losung als mit dem heutigen Stande der Wissenschaft nicht mehr vereinbar erkennen lassen. Die Eisenbahnlinie W ien—Eger der ehemaligen Kaiser Franz Josefs-Bahn war nur eingleisig erbaut worden. Schon im Jahre 1886 mufite auf der Lokalstrecke Wien—Tulln der Bau des zweiten Gleises in Angriff genommen werden. Die zweite Etappe folgte einige Jahre spater mit der Legung des zweiten Gleises in der Strecke Tulln—Absdorf und in den Jahren 1901 bis 1905 wurde auch in der Strecke Absdorf—Gmtind der zweite Gleisstrang hergestellt, so dafi die ganze 164 km lange Strecke Wien—Gmiind nunmehr zweigleisig ist. Zu den interessantestenBauten im neuen zweiten Gleis gehoren der Limberger und Eggenburger Viadukt. Die in der Strecke Ziersdorf—Siegmundsher- berg befindlichen Objekte sind Taliiber- setzungen von 25 bis 30 m Hohe; die offenen Briicken im bestehenden Gleis haben die verhaltnismafiig geringen Lichtweiten von nur 13*5 beziehungs- weise 15*5 wahrend die beiderseits anschliefienden Parallelflugel von aufier- gewohnlicher Lange und Hohe sind, somit eine Bauart aufweisen, die in statischer und konstruktiver Beziehung als nicht einwandfrei bezeichnet werden mufite. Nun wurde allerdings bei dem Bau dieser Objekte mit dem Steine so wenig ge- spart, dafi Widerlager und Flilgel nur ein massiver Steinkorper sind und Be- denken riicksichtlich der Sicherheit dieser Mauerwerkskorper nicht bestehen konnen. Es war aber klar, dafi fur das zweite Gleis ahnliche unzweckmafiige und unokonomi- sche Bauwerke nicht in Aussicht genommen wer- den durften. Der Limber¬ ger Viadukt konnte nun ohne weiteres als ge- wolbtes Objekt mit vier Offnun- gen zu je I4'6 m Lichtweite ausge- fiihrt werden, da die Fundierungs- verhaltnisse sehr giinstige waren und man tiberall felsigen Unter- grund antraf. Ganz anders beim Eggenburger Viadukt. Hier war blofi auf der Wiener Seite mit felsigem Baugrund zu rechnen; das Egerer Widerlager mufite schon seiner¬ zeit auf einem Pilotenroste fundiert werden, so dafi der sichere Bestand eines ge- wolbten Objekts nicht gewahrleistet er- schien. Die Staatsbahnverwaltung ent- schlofi sich daher zur Ausfiihrung eines Viadukts mit eisernem Uberbau und wahlte hiebei ein Konstruktionssystem, das, in Deutschland und Rufiland bereits angewendet, bei ungiinstigen Bodenver- haltnissen gewisse Vorteile bietet. Zwei gemauerte Mittelpfeiler im Ab- stand von 48 m bilden die Stutzpunkte gegitterter Haupttrager mit beiderseits uberhangenden Konsolarmen; auf den Enden dieser Konsolen einerseits, auf den Unterbau und Briicken auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. 119 Abb. 98. Zweites Gleis Beneschau—Nusle. (46 vi hohe Daminschiittung' bei Senohrad.) 120 Siegmund Kulka. Widerlagern anderseits ruhen 7 m lange Blechtrager. Die Widerlager haben bei dieser Anordnung nur dem Stiitzendrucke der kurzen Schlepptrager zu entsprechen und waren deshalb besondere Vorkeh- rungen fiir deren Griindung nicht zu treffen. Abgesehen von der spater zur eingehen- den Erorterung gelangenden Auswechs- lung der Tullner Donaubrucke sind in dieser Strecke noch die Thayabriicke bei Vitis und die Lainsitzbriicke bei Gmiind als grofiere Bauten zu erwahnen. Abb. 99. Zweites Gleis Beneschau—Nusle. (Objektverbreiterung- nachst Beneschau.) Im Jahre 1905 ist, gleichfalls im Zuge der Linie Wien—Eger, das zweite Gleis der 25 km langen Strecke Horaždo- witz—Nepomuk mit einem Kosten- aufwande von 2 'g Millionen Kronen aus- gefiihrt worden. Die Verlangerung des bereits seit einer Reihe von Jahren bestehenden zweiten Gleises der Strecke W i e n—• Wels bis Salzburg wurde im Jahre 1897 begonnen und am 18. August 1902 vollendet. Die Bahnlinie iibersetzt an fiinf Stellen die V o c k 1 a, einen Nebenflufi der T r a u n. Wahrend nun die sogenannte »erste Vocklabrlicke« blofi neue Tragwerke ftir das zweite Gleis erhielt, schritt man an den vollstandigen Umbau der iibrigen vier Objekte, die anlafilich der verhee- renden Hochwasser in den Jahren 1897 und 1899 als unzulanglich erkannt worden waren. Durch Eliminierung von Mittel- pfeilern, Hebung der Nivellette u. s. w. wurden die Abflufiverhaltnisse wesentlich verbessert. Die Betriebslange des zweiten Gleises Wels — Salzburg betragt ioo - 5 km, die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 8'6 Millionen Kronen. Durch den zweigleisigen Ausbau der Linie Wien—- Salzburg im Zusammenhange mit den durchgefubrten Stationserweiterungen, unter welchen die des Hauptknoten- punktes Attnang—Puchheim an erster Stelle steht, hat die Aufnahmsfahigkeit dieser wichtigen Verkehrsader eine be- deutende Steigerung erfahren. Im Bereiche der Staatsbahndirektion Linz wurde auch die Strecke W e 1 s — H a i- ding der Linie Wels—Passau im Jahre 1904 mit einem zweiten Gleis versehen, weil diese Strecke nicht nur von den Ziigen der genannten Hauptlinie, sondern auch von den Ziigen der Lokalbahn Wels—Aschach befahren wird. Die Linie Gmiind—Prag ist ein Teil der kiirzesten Bahnverbindung zwi- schen Wien und Prag und weist deshalb einen aufierst regen Personen-undLasten- verkehr auf, so dafi bei blofi einem Bahngleis zu kurze Intervalle verblieben, um den Lokalverkehr zwischen den ein- zelnen Mittelstationen anstandslos ab- wickeln und die notigen Manipulations- fahrten zu den zahlreichen Industriegleisen vornehmen zu konnen. Diese Erscheinung trat besonders in den zwischen Bene¬ schau und Nusle liegenden Stationen auf, weshalb an den Bau des zweiten Gleises in dieser 48 km langen Strecke geschritten \verden mufite. Die Aus- fiihrung erfolgte in zwei Perioden, im Mai 1905 war der Bau vollendet. Ungefahr die Halfte der Strecke liegt in stark kupiertem Terrain, so dafi bedeutende Erdarbeiten durchzufiihren und zahlreiche Objekte zu rekonstruieren waren. Die Gesamtkubaturen der beim Bau des zweiten Gleises Beneschau — Nusle geleiste- ten Arbeiten betrugen: Erdarbeiten 882.000 m 3 , Mauenverk 48.200 m 3 . Das grhfite Objekt ist die Sazawa- briicke bei Cerčan mit vier Haupt- und zwei Nebenoffnungen zu rund 31 m, beziehungsrveise 14 m lichter Weite; die neuen eisernen Tragwerke erforderten einen Materialaufwand von 373 t- Die Kosten des zweiten Gleises betrugen 6-9 Millionen Kronen, somit K 143 750 per 1 km. (Jnterbau und Briicken auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. 121 Die zahlreichen, im hiigeligen und be- waldeten Terrain der mittleren Bahnpartie gelegenen Stadtchen und Dorfer bilden vielbesuchte Ausflugsorte und Sommer- frischen der Prager Bevolkerung und kann nunmehr der starke Lokalverkehr nach diesen Ortschaften anstandslos bewaltigt werden. InfolgeUberlastung derStrecke Ober- n i t z— P i 1 s e n durch Kohlentransporte wurde schon im Jahre 1898 eine neue Verkehrsroute O b e r n i t z—R a k o n i t z—■ Zditz—Proti vin in Aussicht genom- men, welchem Zwecke der Bau der Linie L a u n—R a k o n i t z, sowie die Herstellung des zweiten Gleises in der Strecke Be¬ raun—Konigshof — Zditz dienen solite. Em wesentlicher Grund fur den gestellt; die Ausfiihrung erfolgte sukzessiv in den Jahren 1902 bis 1907. Die nunmehr doppelgleisige 47 km lange Bahnstrecke fiihrt, vom westlichen Ende der Station S m i c h o v ausgehend, an den beriihmten Barrandeschen Felsen vorbei, zunachst in das schongelegene Kuchelbad und weiterhin in das durch seine Zementindustrie bekannte R a d o t i n. In der Bahnpartie Smichov—Kuchelbad mufite eine Verlegung der Prag-Winter- berger Reichsstrafie vorgenommen werden, um Platz fur das neue Gleis zu schaffen. Zwischen den Haltestellen C e r n o š i c und Všenor wird der Beraunflufi mittels einer dermalen noch eingleisigen Brucke iibersetzt. Der Umbau dieser Brucke in ein zweigleisiges, allen neueren For- Abb. ioo. Moldaubriicke der Prager Verbindungsbahn. Ausbau des Doppelgleises Beraun—Zditz und seine Fortsetzung von Beraun nach Smichov war aber auch durch den Umstand gegeben, dafi die Bahn- anlagen der bezeichneten Teilstrecken dem wachsenden Lokalverkehre zwi- schen Prag und Zditz nicht mehr ge- niigten. Die Entwicklung des Personen- verkehrs in der Lokalstrecke S m i - chov—Beraun wird durch die Tatsache illustriert, dafi an Sonn- und Feiertagen des Sommers 1898 zwanzig personenfiihrende Ziige, darunter zwei Schnellziige verkehrten, wahrend die Sommerfahrordnung 1908 nach voll- endetem Ausbau des zweiten Gleises Smichov—Zditz 43 personenfiihrende Ziige, darunter acht Schnellzuge, aufwies. Durch das Bau- und Investitionsgesetz vom 6. Juni 1901, RGB. 63, wurde der Bau des neuen Gleises Smichov—Beraun sicher- derungen entsprechendes Objekt soli im Jahre 1909 erfolgen. Der Bau des zweiten Gleises in dem bei Karlstein beginnen- den, von hohen Kalkfelsen eingeschlossenen Berauntal bot besondere Schwierigkeiten, da stellenweise bis 20 m hohe senk- rechte Felswande abzunehmen und langs des Flusses kostspielige Versicherungen des Bahnkorpers durchzufiihren waren. Die friiher eingleisigen Tragwerke der Littavabriicke bei Zditz wurden im Jahre 1905 durch neue zweigleisige Konstruktionen ersetzt. Die Baukosten des neuen Gleises Smichov—Zditz betrugen 6'9 Millionen Kronen. Zur Entlastung der Linie P i 1 s e n— Dux kamen im Jahre 1903 auch das zweite Gleis Potscherad—Obernitz und die Verbindungsschleife nach Postelberg mit einem Ivostenaufwand von i'5 Millionen Kronen zur Ausfiihrung. 122 Siegmund Kulka. Die urspriinglich nur fiir den Frach- tenverkehr bestimmte P r a g e r Verbin- dungsbahn hat im Laufe der Jahre, namentlich infolge der Verstaatlichung eines grofien Teiles der in Prag einmiin- denden Bahnen eine immer wachsende Be- deutung gewonnen; der im Jabre 1901 /1902 bewirkten Herstellung eines zweiten Glei- ses zwischen der Abzweigstelle nach der Rangierstation Nusle-Vršovic und der Station Vyšehrad mufite auch die zwei- gleisige Ausgestaltung der Strecke V y š e- brad-Smichov und damit der scbwie- rige U m b a u der M o 1 d a u b r ii c k e, des hervorragendsten Objektes der Ver- bindungsbahn, folgen. Die alte eingleisige, im Jahre 1871 erbaute Brucke mit fiinf Offnungen zu je 56 - 9 m lichter Weite krankte an dem Ubel einer zu seichten Fundierung der Pfeiler. Trotz machtiger Steinwiirfe, die im Laufe der Jahre zum Schutze gegen Unterwaschungen hergestellt worden wa- ren, traten immer wieder Besorgnisse auf, ob die Pfeiler den zur Zeit der Hoch- wasser wildschaumenden Fluten der Moldau erfolgreich standhalten wiirden. Da auch die Qualitat des Eisenmaterials eine fiir die Dauer ausreichende Sicher- heit der Tragwerke vermissen liefi, so war die Herstellung des zweiten Gleises Vyšehrad-Smichov nur der unmittelbare Anlafi, das Objekt vollstandig umzubauen. Die neue Brucke erhielt drei Flufi- und vier Nebenoffnungen zu je 6c> - 7 m, be- ziehungsweise i"j”] m lichter Weite. In den Hauptfeldern kamen Halbparabel- trager, in den Nebenoffnungen Blech- konstruktionen zur Anwendung. An den Tragwerken befinden sich beiderseits eiserne Konsolen, welche zur Ftihrung je i*8 m breiter, fiir den offentlichen Verkehr bestimmter Gehwege und diver- ser Leitungen dienen. Die neuen Pfeiler vrarden teils pneumatisch, teils auf Piloten fundiert. Die Bahnnivellette liegt auf der umgebauten Briicke um 50 cm hoher als auf dem alten Objekte, da die Konstruk- tionsdicke der neuen zweigleisigen Trag- werke um dieses Ausmafi grbfier gewahlt werden mufite, anderseits aber die lichte Hohe der Flufioffnungen mit Riick- sicht auf die Schiffahrt nicht verringert werden durfte. Es war daher notwendig, j die alten Tragwerke vor Einschiebung der neuen Konstruktionen sukzessiv zu heben, eine schwierige Arbeit, die in Zugspausen ohne jeden Zwischenfall durchgefiihrt wurde. Das Gesamtgewicht des neuen eisernen Uberbaues betragt 1927 t\ der Umbau der Moldaubriicke erforderte einen Kostenaufwand von 2'i Millionen Kronen. Die nunmehr verstaatlichte Nord- bahn hat durch den im Jahre 1905/1906 erfolgten zweigleisigen Ausbau der Teil- strecke Ošwi§cim—Trzebinia das Doppelgleis ihrer Hauptlinie W i e n— Krakau geschlossen. Das grofite Objekt in dieser Strecke ist die Weichsel- briicke bei Ošwi§cim mit drei Haupt- und zwei Nebenoffnungen zu je 35'8 beziehungsweise 28’2 m Spamrvveite. Dermalen ist die Ausftihrung des 3 km langen zweiten Gleises Oderberg- Reichsgrenze gegen Annaberg mit der Odergrenzbrticke im Zuge. Die erwahnte Brucke besitzt eine 72^9 m weite Mitteloffnung, innerhalb welcher die Grenze zwischen Osterreich und Preufien fallt und auf der osterreichischen Seite ftinf, auf der preufiischen Seite drei Inundationsoffnungen zu je 17'5 m lich¬ ter Weite. Am Ende der Neunzigerjahre trat eine so betrachtliche Verkehrssteigerung auf der Linie Kufstein—Al a der Siid- bahn ein, dafi die Herstellung des zweiten Gleises, das bisher — allerdings mit einer kleinen Lučke, der Strecke M a t r e i - Steinach — nur auf der Nordrampe des Brenners und in der Talstrecke Innsbruck —Worgl vorhanden war, auch auf der Stidrampe des Brenners in Angrifif ge- nommen werden mufite. Die Strecken Brenner—Franzensfeste, Brixen —At z w ang und B 1 u m au—B o z en, zu- sammen 72^7 km lang, sowie die friiher genannte Liicke der Nordrampe wurden in den Jahren 1898 bis 1903 mit dem zweiten Gleis ausgestattet. In den Jahren 1907 und 1908 erhielten die Strecken Bože n— B r a n z o 11 und Atzwang — Blumau das zweite Gleis, so dafi nunmehr die ganze I96’8 km lange Linie Worgl— Branzoll ohne Unterbrechung doppel- gleisig ist. Da der Unterbau der Brenner- bahn schon seinerzeit zweigleisig herge- Unterbau und Brucken auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. 123 stellt wurde, so war nur die Ausfiihrung neuer eiserner Briickentragwerke notwen- dig. Durch den Aufschwung des Hiitten- werkes Donawitz bedingt, wurde in den Jahren 1901 bis 1903 die 16 km lange Linie Bruck—Leoben und die 5‘i lem lange Teilstrecke Leoben—St. Peter- Freyenstein der Linie L e o b e n— Vordernberg zweigleisig ausgebaut. Fiir diese Strecken war der ganze Unter¬ bau des zweiten Gleises herzustellen; als grfifites Objekt ist die Murbriicke bei Leoben mit 73^4 m Stiitzweite hervor- zuheben. Die Konzessionsurkunden der N o r d- westbahn enthalten die Bestimmung, dafi die Bahngesellschaft verpflichtet ist, unter gewissen, die Bruttoeinnahmen be- treffenden Voraussetzungen das zweite Gleis in besonders bezeichneten Strecken herzustellen. Auf Grand dieser Bestimmungen und den gesteigerten Bediirfnissen des Ver- kehres Rechnung tragend, ist die Nord- westbahn im Laufe der letzten Jahre an den zweigleisigen Ausbau der Strecken W i e n—Stockerau, Grol 3 -Wosek— Lissa, Schreckenstei n—T e t s c h e n, Časlau—Grofi-Wosek und Lissa— Melnik der Hauptlinie Wien—Tet- s c h e n geschritten. Der Bau des zweiten Gleises in den erstgenannten drei Strecken ist bis auf das Teilstuck Wien—Flo- ridsdorf vollendet; das zweite Gleis in den Strecken Wien—Floridsdorf, Časlau—Grofi-Wosek und Lissa— Melnik soli im Jahre 1909 dem Betrieb ubergeben werden Die rund 459 km lange Linie Wien— Tetschen wird dann auf eine Lange von 144 km doppelgleisig sein. Die Ge- samtkosten der neuen Gleise betragen ungefahr 16 Millionen Kronen. Die Herstellung des neuen Gleises Wien—Floridsdorf erforderte die zweigleisige Ausgestaltung der in dieser Strecke gelegenen Brucke liber die Donau. Dieses bedeutende Objekt um- faftt die Ubersetzung der Verbindungs- linie zur Donauuferbahn, die sogenannte Vorbriicke mit einer Lichtweite von22 - 2 m , die Donaukaibriicke, zugleich Inundations- briicke fiir das rechte Ufer, 79-8 m vveit, Abb. IOI. Nordwestbahnbrucke liber die Donau bei Wien. (Aufmauerung der Strompfeiler.) Abb. 102. Nordwestbahnbriicke liber die Donau bei Wien. (Dritter Strompfeiler. Schwimmendes Versetzgeriist.) 124 Siegmund Kulka. dami die eigentliche Strombriicke mit vier Feldern gleicbfalls zn je 79-8 m Lichtweite und schliefilich die linksufrige Inundationsbrticke mit 14 Offnungen zu je 29’6 m Weite. Die schon beim Babnbaue fiir zwei Gleise fundierten Briickenpfeiler mufiten auf die notwendige volle Hohe aufge- mauert werden. Der neue, aus parallel- gurtigen Gittertragern hergestellte eiserne Unterbau und Briicken auf' den im Betriebe befindlichen Bahnen. 125 Uberbau tragt strom- abwarts einen i - 9 m langen offentlichenGeh- steg, welcher eine sehr erwiinschte Fufiweg- verbindung iiber die Donau zwischen dem Handelskai am rechten Ufer und dem XXI. Wiener Gemeindebe- zirke am linken Ufer liefert. Das Gesamtge- wicht der Eisenkon- struktionbetragt305o t\ die Kosten des Um- baues belaufen sich auf 2'1 Millionen Kronen. Die Montierung bot recht interessante Mo¬ mente, namentlich des- halb, weil im ersten, rechtsufrigen Feld der Strombriicke eine 30 m weite Offnung freigehalten werden mufite. Unter Zuhilfe- nahme eines in derMitte der freizuhaltenden Offnung aufgestellten Sch\vimmjoches wurde ein am Lande ausgeftihrtes eisernes Abb. 103. Egerbriicke bei Tiirscbnitz. Montierungsgertist von 30 m Weite in der Langsrichtung der Brucke vorge- schoben und sodann auf friiher fertig- gestellte Pilotenjoche gelagert. Mit dem zrveigleisigen Ausbau der Strecke Časlau—Grofi-Wosek ist die Abb. 104. Nordwestbahnbriicke liber die Donau. (Fvinfter Trennungspfeiler am linken Ufer.) 126 Siegmund Kulka. Abb. 105. Rekonstruktion der Trockenmauer zwischen Danofen und Dalaas {km Ii8- 0 /,). im Zuge befindliche Umgestaltung der Elbebriicke bei Kolin 'in ein zwei- gleisiges Objekt verbunden. Die neue Strombriicke wird blofi zwei grofie Off- nungen erhalten und soli im Interesse der Elbeschiffahrt auch die Bahnnivellette in beiden Gleisen um 44 cm gehoben werden. Die Kosten des Umbaues sind mit K 680.000 veranschlagt. Die Buschtehrader Eisenbahn hat in den letzten zehn Jahren ihre Anlage durch die sukzessive Herstellung des zweiten Gleisstranges in den Strecken K 1 a d n o—S m e č n a—S ternberg, M i- 1 o s ti n—K o un o w a—M i c h e 1 ob, Kaa- dem—Chodau und Tiirschnitz— Eger den Forderungen des Verkehres angepafit. In diesen Strecken sind meh- rere Eger- und Wistritzbachbriik- k e n hervorzuheben. Die Arbeiten zur Rekon¬ struktion und Sicherung des Unterbaues sind mannigfal- tiger Natur. Ali die Maft- nahmen, die getroffen werden mtissen, um auftretende Man- gel zu beheben, den Bahn- korper gegen die verheerende Gewalt des Wassers, gegen hereinbrechende Schneemas- sen, absturzende Lawinen und Steinschlage zu sichern und dort, wo Elementarereig- nisse den Betrieb der Bahn storen, zielbewufit und rasch die V erkehrsunterbrechung zu beheben, fallen in dieses weite Gebiet, das mit einigen Streiflichtern beleuchtet wer- den soli. Namentlich unsere Ge- birgsstrecken, vor allem die an kiihnen Werken so reiche Arlbergbahn, weisen eine ganze Reihe solcher Schutz- und Sanierungsbauten auf. Das zwischen dem iiber- wolbten Fiinffingertobel und dem Aufnahmsgebaude lie- gende Ende der Station FI i n- tergasse und der anschlie- fiende Lehnenviadukt zeigten schon seit langem starke Be- wegungen gegen das Tal. Die Sanierung dieser Bahnpartie er- folgte auf Grand umfassender Sondierungs- bohrungen durch die ganzliche Ab- grabung des bergseitigen, in Rutschung befindlichen Tonschieferschuttes bis auf Fels und durch die Deponierung dieses Materials in der Talsohle arn Fufie der Lehne. Die letztere Mafinahme hatte den Zweck, fiir die Lehne eine feste St(itze zu schalfen. Aufierdem wurde unterhalb des Bahnkorpers in der Trennungsflache zwischen Fels und Uberlagerungs- material ein 150 m langer Stollen zur Entwasserung der Rutschflache getrieben. Die Materialbewegung umfafite 50.000 m 3 Erdmaterial; die Baukosten betrugen K 333.000. Abb. 105 zeigt die schwierige Rekon¬ struktion einer 7 m hohen Trockenmauer zwischen den Stationen Danofen und Unterbau und Brucken auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. .127 Abb. 106. Rutschlehne zwiscben Danofen und Dalaas (vor der Sanierung). Dalaas auf der Westrampe der Arlbergbahn. Im April 1903 erfolgte, gleich- falls zwischen Danofen und Dalaas durch eineFelsrutschung der Absturz von fiinf Wagen eines passierenden Guterzuges. Kraftige, stellemveise bis iiber 7 m hohe Wandmauern am Fufie des bergseitigen Terrains, Ab- pflasterung der zerklufteten, zur Verivitterung neigenden Fels- flache fuhrten zur notwendigen durchgreifenden Sicherung der Leline. In dem von Lawinen und Steinschlagen heimgesuchten Ge- biete der Westrampe wurden im letzten Jahrzehnt rund K 300.000 ftir Bauten zum Schutze desBahn- korpers aufgewendet. Die betref- fenden, durch eine Reihe von Bil- dern veranschaulichten Herstellun- gen umfassen Untermauerungen absturzgefahrlicher Felspartien, Schutzkorbe gegen Steinschlag, Trockenmauern und Schneerechen gegen Lawinen etc.; durch umfas- sende Aufforstungsarbeiten \vurde die Wirksamkeit der Lawinen- schutzbauten mit gutem Erfolge unterstiitzt. Auch die Berglehnen der S ii d- bahn erforderten kostspielige Erhaltungs- arbeiten. In dieser Richtung sind die unter Venvendung von Beton und Eisen ausgefuhrten Lassenmauern am Hanl- k o g e 1 nachst der Station Breiten- s t e i n am Semmering, die ausgedehnten Felsraumungen am Schwendkogel bei Frohnleiten, die teilweise neu herge- stellten, teilweise erganzten Schutzwande gegen Steinschlag und Lawinen an der Mortbtihellehne nachst L i e n z, dem Weilenstein am B r e n n e r, an der Fuchs- und P 1 a 11 e 11 e h n e bei A t z- wang u. s. w. zu erwahnen. Die im Jahre 1902 in Bewegung ge- ratene steile Berglehne in der Station Kindberg wurde durch eine am Fufie derselben hergestellte Stiitzmauer, be- stehend aus starken, mit Eisenbahn- schienen armierten und durch Sparbogen verbundenen Betonpfeilern, vollends zum Stillstand gebracht. Dem gleichen Zwecke dienen die an den Berglehnen der Stationen L e o b e n und Markt Tiiffer ausgefuhrten Schutzbauten. Bemerkenswert ist eine von der Nordwestbahn im Zuge der Zweig- linie Schreckenstein — Aussig durchgefiihrte Lehnensicherung. Die Bahn verlauft nachst Aussig an der gegen das Bielatal abfallenden Lehne der Ferdinandshohe. Der mit diesem Namen bezeichnete Hiigel besteht hauptsachlich aus Basalt- fels, welcher Zwischenlagen mit tuff- artigen oder schlackigen Ablagerungen aufvveist. Unterhalb der Bahnnivellette ist nun dieser Basaltfels von einer wasser- haltigen Schichte aus sandsteinartigem, gelblichen Letten durchsetzt. Im Sommer des Jahres 1899 trat nach heftigem mehrtagigem Regen in- 128 Siegmund Kulka. Abb. 107. Rutschlehne zwischen Danofen und Dalaas (nach der Sanierung). folge einer Bewegung der oberhalb der erwahnten tertiaren Schichte befindlichen Basaltmassen eine Verschiebung des Gleises in der Talrichtung auf, die nach und nach das Ausmafi von 16 cm pro 24 Stunden er- reichte.DieMafi- nahmen zur Sa¬ nierung der Leh- ne bestanden der Hauptsache nach in der Her- stellung einer Stollenanlage, und zwar eines Haupt- und eines Gabelstollens von je i‘5 m Hohe und 1 m Breite zur Ent- wasserung der die Rutschflache bildenden Lettenschichte und in der Aus- fiihruns: einer Stiitzmauer am Fufie der Abb. 108. Stiitzmauer in Kindberg. weise bereits durchgefuhrten, teihveise erst begonnenen Linienverlegungen am Paluggraben und Rankgraben bei Malborghet im Zuge der Linie A ms tet ten—Pontafel erwahnt. Das Bettdergenann- ten Wildbache wird durch die neuen Linien mit Tunnels von 243 m, beziehungs- weise 340 m Lange unterfah- ren, um der stan- digen Gefahrder Vermurung des Bahnkorpers an diesenStellen zu begegnen. Die Baukosten bei- der Trasseverle- gungen betra- gen rund n Millionen Kronen. Welche bedeutende Summen mit- Ferdinandshohe. Der Bahnkorper selbst wurde durch einen starken Steinsatz unter- fangen und bergseits durch eine Futter- mauer gesichert. Wieder in den Bereich der Staats- bahnen zuriickkehrend, seien die teil- unter die Erneuerung und Erganzung von Uferschutzbauten erfordern, moge durch das nachstehende, einem Berichte der k. k. Staatsbahndirektion Innsbruck entnommene Beispiel illu- striert werden: Unterbau und Briickeri auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. 129 Linie Jahi Salzburg—Worgl und Bischofshofen — Selzthal Kosten 1900 . 1901 . 1902 . 1903. 1904. 1905. 1906. 1907. . K 75.000 . » 40.000 . » 40.000 . » 300.000 . »J 285.000 . » 105.000 . » 303.000 . » 240.000 Grofiere Uferschutz- bauten wurden auch von der Siidbahn an der D r a u bei Nikolsdorf und in der LienzerKlause, an der R i e n z, dem Sili, dem E i s a c k und an der E t s c h durchgefuhrt. Be- Abb Iog sondere ErwS.h.nung‘ ver- Sicherung der Rutschlehne an der_Ferdinandsh6he bei Aussig. dient, dafi sowohl bei den Uferversicherungen an der S a 1 z a c h, als auch am E i s a c k und an der D r a u eisenarmierte Betonsinkvvalzen, System Feuerloscher, mit gutem Erfolge zur Anwendung kamen. Die Borastiirme, die im Winter in unseren Kiistenlandern wiiten, bedrohen auch die Sicherheifdes Bahnbetriebes, wes- halb an besonders exponierten Stellen der schmalspurigen Linien Triest—Parenzo und Spalato—Sinj eigene Boraschutz- wande errichtet werden mufiten. Diese 2'4 m hohen Wande sind durch kraftige, gegen die Bahn geboschte Steinpfeiler in Felder von 7 m Lange geteilt und bestehen aus senkrecht gestellten Bohlen, welche durch wag- Abb. 110. Lawine in km 111*4 der Strecke Langen—Danofen. rechte, in die Pfeiler ein- gemauerte Schienen ge- halten wer- den. V ersuchs- weise wurden aneinerStelle auch armierte Betonplatten zwischen ge- mauerten Pfeiler an- gewendet. Die ersten Schutzwande kamen im Jahre 1905 auf der Linie Triest — Pa- renzozurAus- fiihrung. Auf Grund der 9 130 Siegmund Kulka. Unterbau und Briicken auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. 131 Abb. 113. Schneebriicke im Wildentobel der Strecke Langen—Danofen. seits je drei gewolbte Off- nungen von 15 m Weite an- schliefien. Bald nach dem im Jahre 1886 vollendeten Bau des Viadukts wurden an mehreren Pfeilern Schaden beobachtet, die auf die Ver- wendung von nicht geniigend Avetterfestem Stein zuriickzu- fiihren waren; das Innere der Pfeiler erwies sich als gesund. Auf Grand dieses Befundes wurde eine eigenartige, in- teressante Sanierungsweise gewahlt. Die schadhaften Pfeilerpartien erhielten nam- licb eine o - 7 m starke, je nach Bedarf 8 bis 16 m hohe Um- mantelung aus Eisenbeton, durch welche der Bestand gesichert und Aveitere Fort- schritte in der Zerstorung des Mauercverkes hintangehalten Averden sollten. Das Eisen- gerippe des Mantels bilden Stander und Horizontalsta.be, die aus kraftigen Walzeisen bergestellt Avurden. Seit der Ausfiihrung der Arbeit sind ungunstige Wahrnehmungen an dem BauAverke nicht mehr gemacht Avorden. Auf Grand dieser giinstigen Erfahrung kam im Jahre 1904 dieselbe hiebei gemachten giinstigen Er- fahrungen Avurden seit dieser Zeit solche Wande an neun Stellen der Linie Spalato — Sinj mit einem KostenaufAvande Amn K 99.000 erbaut; im Jahre 1908 werden auf beiden Linien SchutzAvande, deren Kosten mit K 91.000 praliminiert sind, zur Vollendung gelangen. ZAvischen den Stationen Po¬ tu t o r y und K r z y av e der Linie Halicz—Tarnopol wird eine 36 m tiefe Terrainmulde durch den sogenannten G1 u c h a d o- 1 i n a-V i a d u k t iibersetzt. Das Objekt besitzt drei mit Ei- senkonstruktionen iiberbriickte Hauptoffnungen zu je 30 m Spannweite, an welche beider- Abb. 114. Glucha dolina-Viadukt der Linie Halicz—Tarnopol. (Geriist fiir die Rekonstruktion.) 9 ’ 132 Siegmund Kulka. Sanierungsart bei dem Paradzyn- viadukt der Linie S t a n i s 1 a u— Woronienka mit gleich gutem Er- folge zur Anwendung. Die Kosten der Rekonstruktion beider Objekte be- Z' liefen sich auf K 72.000. / Seit dem Jahre 1897 mufite dem J Sered-Viadukt im Zuge der Linie -.r H ali c z—Podwysokie ein stetes .4 Augenmerk zugewendet werden. Die- J ser Viadukt besteht aus einem 48 m weiten steinernen Hauptbogen und ~ i aus je zwei, beiderseits anschliefienden Gewolben zu 20 m Lichtweite. Uber dem Hauptbogen sind beiderseits je drei Sparoffnungen von 3'5 m Weite ange- ordnet. Unmittelbar nach der Betriebs- eroffnung wurde die Beobachtung ge- macht, dafi in den Scheiteln des zweiten und sechsten Sparbogens Risse auf- getreten waren, welche liber die ganze Lange des Gewolbes reichten. Bei an- haltenden Frosten erweiterten sich diese Risse, im Sommer dagegen, bei dauernd hoherer Temperatur, schlossen sie sich und waren dann nur als kaum wahr- nehmbare Haarrisse kenntlich. Im Winter 1899/1900 erreichte die Breite der Risse zur Zeit der grafiten Froste be- reits das Ausmafi von 12 bis 15 mm ; iiberdies traten zu den Defekten im Bogenscheitel noch Risse in den dariiber befindlichen Parapetmauern, so dafi die Gewolbe beider Sparbogen nunmehr nur aus je zwei konsolartigen Tedenbestanden. Dafi das Auftreten der Risse lediglich auf Temperatureinflusse zuriickzufiihren sei, unterlag bei der einwandfreien Be- schaffenheit des Steinmaterials und bei der seinerzeitigen sorgfaltigen Bauaus- fuhrung um so weniger einem Zweifel, als durch eingehende Beobachtungen und genaue Nivellements, die den jeweiligen Temperaturanderungen ents prechenden Bewegung;en des Bogenscheitels festge- stellt werden konnten. Behufs provi- sorischer Wahrung der Betriebssicherheit wurden nun zunachst iiber den schad- haften Gewolben holzerne Tragroste ein- gebaut. Zur endgiiltigen Sanierung des Bauwerkes erschien es aber notvvendig, die defekten, fest eingespannten Sparbogen durch neue Gewolbe zu ersetzen, welche der durch die Warmeschwankungen Abb. 115. Provisorium und Einrustung im sechsten Sparbogen des Sered-Viaduktes (Halicz—Ostrow). bedingten Ausdehnung und Zusammen- ziehung des Hauptbogens kein Plindernis entgegensetzen. Auf Grand des Er- gebnisses der im Fachdepartement des Eisenbahnministeriums gepflogenen Stu- dien wurde demr auch im Jahre 1907, und zwar vorlaufig nur versuchsweise, in der sechsten Spardffnung ein Drei- gelenkbogen aus Stampfbeton eingebaut, dessen Verhalten den gehegten Erwartun- gen bisher vollstandig entsprochen hat. Es dtirften daher auch der zweite schad- hafte Sparbogen des Sered-Viadukts und die Spargewolbe anderer ahnlicher Objekte in der gleichen Weise zur Rekonstruktion gelangen. Die Gelenke bilden gufi- eiserne Kipplager, welche in Entfernun- gen von rund 1 m angeordnet wurden. Alle Mittel der Technik werden zur Sicherung des Bahnbestandes aufgewendet. Wenn aber bei anhaltenden Regengiissen sonst trockene Bache zureifienden Stromen werden und wenn zur Zeit der Schnee- schmelze Lawinen und BergtrLimmer, alles mit sich fortreifiend, donnernd ins Tal Unterbau und Brticken auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. 133 Abb. 116. Dammrifi bei km 57*%, Neumarkt—Simbach. stiirzen: dann siegt leider zu oft die rohe Naturgewalt iiber das Werk des Menschen. Nur eine Aufzahlung dieser Ereignisse und der durch sie bedingten Arbeiten wiirde den Rahmen dieses Werkes weit iiberschreiten; die Bahnverwaltungen miissen bedeutende Summen opfern, der Ingenieur mufi Tatkraft, Mut und Ent- Abb. 117. DammrilS bei Ahing, Steindorf—Braunau. 134 Siegmund Kulka. schlossenheit aufbieten, um den durch die Elemente zerstorten Bahnkorper wieder herzustellen. Im 6. und 7. Hefte des 1. Jahrganges der von H. Strach redigierten verkehrstechnischen Zeitschrift »Die Reform« (Jahrgang 1900) entwirft Sektionschef Alois Stane ein anscham liches Bild der bedeutenden Hochwasser- verheerungen auf den osterreichischen Staatsbahnen in den Jahren 1897 und bildet. Dieses sonst an sich unbedeutende Wasser verursachte durch seine Hoch- fluten zwischen den Stationen Mauer- kirchen und Braunau (Staatsbahnlinie Strafiwalchen—Braunau) einerseits und zwischen den Stationen Minning und Braunau am Inn (Staatsbahnlinie Neu- markt—Simbach) anderseits den Einsturz der Mattigbriicken. Besonders umfangreich war die Sanieruncf Abb. 118.. Einsturz des Objektes bei km 57*'/2 (Dietfurth) der Strecke Neumarkt—Simbach.. 1899. Objekte, die durch 30 bis 40 Jahre allen Ereignissen standgehalten hatten. Die Trau n brucke der Lambach- G m und n er Bahn, die Enns brucke der Linie W i e n—S a 1 z b u r g, die A c h e- briicke bei Oberndorf u. v. a. fielen dem rasenden Elemente zum Opfer. Schwere Schaden verursachten die Hochvvasser der vom Sch\vemmbach ver- starkten Mattig, eines kleinen Neben- flusses des Inn, welcher seine Zu- fliisse aus dem Mattsee erhalt, ein Niederschlagsgebiet von blofi 449 km s besitzt und unter normalen Verhaltnissen einen Bach von 6 bis 10 m Breite der Zerstorungen, welche die Hoch\vasser der Trau n zwischen den Stationen Aussee und Obertraun der Salz- kammergutbahn verursacht hatten. Da diese Strecke seit jeher durch Hoch- \vasser und Lawinengange haufig Storun- gen ausgesetzt war, so entschlofi man sich, von der Wiederherstellung der alten Linie abzusehen und die Trasse derart zu verlegen, dafi sie den erwahnten Gefahren fiir immer entriickt wurde. Diese unter den schwierigsten Verhaltnissen durchgefiihrte Linionverlesruns: erstreckte sich auf eine Lange von etwa 4'5 km und auf eine Hoherlegung der gefahrdeten Unterbau und Briicken auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. 135 Strecke um rund 20 m. Es mufite durch den Saarstein ein 200 m langer Tunnel gefuhrt und der gebotenen raschen Fer- tigstellung wegen der Sohlstollen unter Beniitzung einer Kurbel-Stofibohrmaschine mit elektrischem Antrieb vorgetrieben werden. Wegen der lassigen Beschaffenheit und der raschen Verwitterung des durch- bohrten Gesteines erschien es notwendig, Vor mehr als zwanzig Jahren, fast un- mittelbar nach dem Einsturz der Brucke bei Hopfgarten in Tirol, war mit Ver- starkungen eiserner Briickentragwerke be- gonnen worden. Die Verstarkungsaktion nahm dann infolge der Forderungen der Briickenverordnung vom Jahre 1887 einen bedeutenden Umfang an. Nach den An- gaben in dem friiher erschienenen Teile dieses Werkes*) sind bis zum Ende des Abb. 119. Elektrischer Durchschlag des Saarsteintunnels (Aussee—Obertraun) durch Exzellenz Dr. Ritter von Wittek. den Tunnel in semer ganzen Lange mit Beton zu verkleiden. Am 3. Janner wurde mit den Arbeiten am Tunnel begonnen und am 18. April 1898 erfolgte bereits der Durchschlag des Sohlstollens, wobei die Sprengung der Teilungswand durch den Eisenbahnminister Dr. R. v. W i 11 e k vollzogen wurde. Im Juli 1900 stellten sich auch in Ostgalizien und in der Bukowina ver- heerende Hochwasser ein, die auf ein- zelnen Lokalbahnen umfassende Sa- nierungsarbeiten notig machten. * * * Jahres 1897 auf den Linien der k. k. Staatsbahnen die Tragwerke von 1681 Briickenoffnungen mit einem Kostenauf- wande von 6 - 4 Millionen Kronen, auf den Linien der Sudbahn 82 Gitter- und 648 Blechbriicken mit zusammen 1336 Off- nungen und mit einem Aufwande von 5 Millionen Kronen verstarkt worden. Diese Verstarkungen wurden im letzten Dezennium noch fortgesetzt und zum Ab- schlusse gebracht. Unter den in dieser Periode verstarkten grofieren Objekten waren besonders zu erwahnen: Die Brucke *) Siehe Geschichte der Eisenb. II. Band, J. Zuffer, Briickenbau, S. 314. 136 Siegmund Kulka. Abb. 120. Stiitzmauer vor dem Saarsteintunnel (Aussee—Obertraun). Abb. 121. Lehnenversicherung zwischeii Aussee und Obertraun. Unterbau und Briicken auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. 137 uber den Pruth bei Czerno- witz im Zuge der Linie Lem¬ berg — Czernowitz — I tz- kany mit vier, durch Halb- parabeltrager iiberbriickten Off- nungen zu je 57 m Lichtweite, die Wondrebbriicke der Linie Wien-Eger, dieFoiba- b achbrucke der Linie D i - v a č a— Pola, die Jadro-, Dabar- und Cicolabrucke im Zuge der norddalmati- nischen Linien, die Hagel- grabenbriicke der Linie W i e n — Bodenbach, die Adlerbriicke der Linie Cho- tzen—Halbstadt u. s. w. Die Siidbahn hat speziell bei allen grofieren Briicken die ur- spriinglich vorhandenen Holz- langschwellen durch eiserne Langstrager mit Querschwellen- oberbau ersetzt, wodurch eine wesentliche Erhohung der Be- triebssicherheit und geringere Erhaltungskosten erzielt wurden. Besondere Beachtung ver- dient die im Jahre 1903 durch- gefiihrte Verstarkung der Mar- burgerBogenbriicke iiber die Drau. Die dreigleisige Brucke be- sitzt drei Offnungen zu je 52 - 5 m Lichtweite, welche durch zwei aufiere und zwei innere Bogenfachwerke mit Kampfergelenken uber- spannt werden. Die Bo- genhohe betragt n'3 Die Rekonstruktion der Tragwerke umfafite die Verstarkung der aufieren Haupttrager durch Gurt- bleche und Stofilaschen, die Verstarkung der inne- ren Haupttrager gleich- falls durch Gurtlamellen und Laschen, sowie durch Einziehen neuer Fiillungs- glieder, die Erneuerung der Quer- und Windver- bande und schliefilich die Verbesserung der An- schliisse in der Fahrbahn. Abb. 122. Eiserne Brucke iiber den Lubiezna-Bach der Linie Dela-tyn— Kolomea—Stefanowka nach dem Einsturz (il. Juli 1900). Abb. 123. Abgestiirzte Maschine in k m l 4 - 8 / 9 der Strecke Teresin—Iwanic—Puste. Abb. 124. Marburger Bogenbriicke. 138 Siegmund Kulka. Auf die Dauer der Verstarkung \vurde das mittlere Gleis gesperrt und der Verkehr auf die beiden aufieren Gleise beschrankt. Fiir diese sehr umfangreiche und schwie- rige Verstarkung kamen 577 t Neu- material zur Verwendung. An die Verstarkung der Tragwerke reihen sich nun, und zwar noch vor dem Inkrafttreten der Briickenverordnung vom Jahre 1904, die Auswechslung einzelner, zur Verstarkung nicht geeigneter Kon- struktionen und der ganzliche Umbau einer ganzen Anzahl von Objekten an. Die Auswechslung der Tragwerke war teils durch die den veralteten Systemen anhaftenden konstruktiven Mangel, welche eine blofie Verstarkung nicht beseitigen konnte, teils durch die mindenvertige, eine dauernde Sicherheit nicht verbiir- gende Qualitat des Bestandmaterials bedingt. So wurden im Anschlusse an die Verstarkungsperiode eine betrachtliche Zahl alter Eisenkonstruktionen, wie die Tragwerke der E n n s- und Ybb s brucke der Linie Kastenreut h—A mstetten, des Eisackviaduktes bei Franzensfeste, der R i e n z- briicken bei Percha und V i n 1 1 , der Obrawabriicke im Zuge der Linie W i e n— Bodenbach, der P o 1 z e n- bachbriicke der Bohmi- schen Nordbahn u. s. w. durch neue Tragwerke ersetzt. Die E n n s- und Ybbsbrticke haben 56’5 m, beziehungsweise 56 - 9 m Lichtweite; die Kosten des neuen eisernen Uberbaues betrugen rund je K 95.000. Der Eisackviadukt bei Fran¬ zensfeste besitzt eine 50 in weite Hauptoffnung und beider- seits anschliefiend je drei, durch kontinuierliche Blechtrager von 20'2 -j- 24-2 -|- 20*2 m Stiitz- weite uberspannte Nebenoffnun- gen. Den Anlafi zum vollstandi- gen Umbau von Briicken bot vor allem die Ausfiihrung neuer zweiter Gleise; die betreffenden Objekte sind bereits frtiher er- wahnt worden. An Stelle der durch die Hochwasser der Jahre 1897 und 1899 zerstortSn Briicken im Bereiche der Staatsbahn- direktionen Linz und Wien mufi ten neue Objekte unter den schwierigsten Verhalt- nissen ausgefiihrt werden. Den gleichfalls schon frtiher genannten Briicken schliefien sich weiters noch die Miihlb ach- briicke bei Kleinmiinchen, die Inun- dationsbriicken des Frauenwei- fienbaches und der A g e r im Zuge der Linie Steinach — Scharding, die Brucke iiber die grofieErlauf der Linie Pbchlarn — Kienberg — G a m i n g, die Y b b s b r ii c k e bei Kem- m e 1 b a c h und die Traisenbriicke bei W i 1 h e 1 m s b u r g an. Die Traunbriicke bei Klein- miinchen war im Jahre 1858 mit sechs Offnungen zu je 25'6o m Lichtweite erbaut \vorden. Die ungiinstigen Abflufi- Unterbau und Brilcken auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. 139 Abb. 126. Polzenbachbriicke bei Franzental der Eohmischen Nordbahn. verhaltnisse in der untersten Traunstrecke, sowie die im Laufe der Zeit, namentlich aberanlafilich derletzterwahntenHochwas- ser gemachten Erfahrungen liefien es not- wendig erscheinen, das Durch- flufiprofil durch Entfernung dreier Mittelpfeiler zu vergro- fiern. Da der Bauzustand der restlichen Pfeiler, nament¬ lich aber ihre Fundierung, nicht die Gewa.hr dauernden Bestandes bot, so entschlofi man sich, diese durch neue, pneumatisch fundierte Strom- pfeiler zu ersetzen. Die alten Widerlager wurden nur in ihren oberen Partien rekon- struiert. Der bedeutende zwei- gleisige Verkehr mufi te wah- rend des Baues aufrechterhalten werden. Zu diesem Zwecke wurden die alten Brucken- tragwerke beider Gleise nach links beziehungsweise nach rechts ausgeschoben, auf Holz- jochen gelagert und durch Pro- visorien mit den beiderseitigen Dammen verbunden. Zwischen den verlegten Bahnstrecken konnte nun der Umbau der Brucke ohne weiteres erfolgen. Das neue Objekt hat drei Off- nungen zu je 537 m Licht- weite. Der bedeutende Bau wurde im Jahre 1902 vollendet und erforderte einen Kostenaufwand von rund K 890.000. — Das Durchflufi- profil der Iserbriicke im Zuge der Abb. 127. Mattigbachbriicke im Bau. (Neumarkter Widerlager vor der Betonierung.) 140 Siegmund Kulka. Zweiglinie N i m b u r g—J ungbunzlau der O s ter r ei chis ch en Nordwest- b a h n hatte sich wahrend der Hochwasser in den Jahren 1881 und 1888 als unzu- langlich erwiesen. Auf Grund einge- hender hydrotechnischer Erhebungen erfolgte im Jahre 1898 eine Erweiterung der Brucke in der Weise, dafi an Stelle der beiderseitigen Inundations- offnungen von je io'8 m Lichtweite konstruktionen, die zur Uberbruckung des Hauptrezipienten des Laibacher Moores, des Laibachflusses und des alten Laibachbettes dienten. Die Brucke iiber den Laibachflufi hatte 55‘9 jene iiber das alte Laibachbett 38'4 m Licht- weite. An die erstgenannte Brucke reihten sich beiderseits gewolbte Durchfahrten von 4'7 m Lichtweite an. Die Widerlager waren aus Bruchsteinmauerwerk mit Qua- Abb. 128. Mattigbachbriicke im Bau. neue Offnungen von je 30 m Weite an- geordnet wurden. Diese Profilerweiterung bedingte den vollstandigen Umbau der Brucke, der bei dem Umstand, dafi eine Verlegung der eingleisigen Bahnlinie mit hohen Kosten verbunden gewesen ware, mit Hilfe provisorischer Unter- stutzungen des die Baustelle iibersetzenden Gleises durchgefiihrt werden mufite. Besonderes Interesse darf wohl die im Jahre 1900 durchgefiihrte Rekonstruk- tion der Laibacher Moorbriicken im Zuge der Linie Wien—Trie st der Siidbahn fiir sich in Anspruch nehmen. Wir erinnern uns noch der machtigen alten Holz- Daisson des Braunauer Mitteipfeilers.) derverkleidung hergestellt und sehr solid auf Schwellen- und Pfahlrdsten fundiert worden. Besonders massiv ausgefiihrte Steinportale bildeten einen markanten Abschluft der Briicken und liefien diese Objekte schon von grofier Ferne erken- nen. Nach Herstellung der Widerlager sollten seinerzeit die Dammschuttungen bis zu diesen vervollstandigt werden. Hiebei traten jedoch bei der Laibachflufi- brucke derartige Bewegungen der Mauer- werkskorper auf, dafi von der Erganzung dieser Dammschuttungen abgesehen wer- den mufite und die Dammanschliisse beider¬ seits durch Provisorien ersetzt wurden, Unterbau und Briicken auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. 141 deren geringes Eigengewicht nicht mehr storend auf den Gleichgewichtszustand der Widerlager eimvirkte. Bereits in den Sechzigerjahren hatte die Siidbahn Projekte fiir den Umbau der Briicken ausgearbeitet; die Gesamtkosten waren mit K 800.000 veranschlagt. Diese Projekte wurden aber spater nicht weiter verfolgt, da die Briicken ein giinstiges Verhalten zeigten und keinerlei Bewe- gungen der Widerlager mehr konstatiert werden konnten. Die bedeutenden Erhaltungskosten der Holzkonstruktionen aber, sowie der Um- stand, dafi die Briicken nur mit einer verminderten Geschwindigkeit von hoch- stens 30 km pro Stunde befahren werden fundamente zu erzielen, \vesentlich grofier gewahlt, als es die Lichtweiten bedingt hatten. Sie betragen fiir die Hauptoffnung 61 m , fiir die Nebenoffnungen je l8'8 m. Aus dem gleichen Grande und um all- fallige ungleiche Setzungen der Pfeiler paralysieren zu konnen, ruhen die Kon- struktionen auf eigens konstruierten Kugel- lagern auf. Dafi der Umbau der Brucke iiber den Laibachflufi bei den eigentiim- lichen Bodenverhaltnissen nicht geringe Schwierigkeiten bot, braucht wohl nicht besonders hervorgehoben zu werden. Da das alte Laibachbett fiir die Abflufiverhaltnisse von ganz minimaler Bedeutung ist, \vurde die dariiber gehende Brucke vollstandig abgetragen und als Abb. 129. Laibacher Moorbriicke der Siidbahn. durften, veranlafiten schliefilich die Siid¬ bahn, an den Umbau der den modernen Anforderungen nicht mehr entsprechenden' Objekte zu schreiten. Da, wie envahnt, die Widerlager der alten Holzbriicke iiber den Laibachflufi zu Bedenken keinerlei Anlafi gaben, so wurden sie bei- behalten; an Stelle der den Bahndamm ersetzenden Provisorien kamen am linken Ufer zwei Inundationsbriicken von 14'7 m und 15’ 1 m Spannweite, am rechten Ufer eine Inundationsbriicke mit 15" 1 m Weite zur Ausfiihrung. Die neuen Landwider- lager wurden aus Beton hergestellt und erhielten behufs Verringerung des eigenen Gewichtes im Innern Hohlraume; die Fundierung derselben erfolgte auf grofien, durch kraftige Eisengerippe armierten Grundplatten. Die Stiitzweiten der neuen Tragwerke wurden in der Absicht, eine moglichst zentrale Belastung der Pfeiler- Ersatz hiefiir eine 5 m weite Durchfahrt hergestellt. Die neuen Tragwerke erfor- derten einen Materialaufwand von 685 G die Gesamtkosten des Umbaues betrugen rund K 600.000, so dafi gegen das er- wahnte urspriingliche Projekt ein Minder- erfordernis von 2 5°/o resultierte. Gleichzeitig mit der Rekonstruktion der Laibacher Moorbriicken wurde auch der Ersatz der LIoweschen Holzgitter- trager der Savebriicke bei P o gane k (drei Offnungen zu 53 ‘L 54 ’ 1 un d- 53 ' 1 m Spannweite) durch neue Eisenkonstruk- tionen bewirkt. Durch das Erscheinen der »Verord- nungdesEisenbahnministeriums vom 28. Augusti904, RGB. Nr. 97, betreffend die Eisenbahnbriik- ken, Bahnuberbriickungen und Zufahrtsstrafienbriicken mit ei- sernen oder holzernen Trag- 142 Siegmund Kulka. werken« erhielt die Sanierungsaktion unserer eisernen Briicken einen neuen kraftigen Impuls. In Erkenntnis der Notwendigkeit, den steigendenForderungen des Betriebes ent- sprechend, die Tragfahigkeit der Briicken zu erhohen, war der Ausschufi fiir tech- nische Angelegenheiten des Vereines Deutscher Eisenbahnverwaltungen der Frage der zulassigen Briickenbelastungen naher getreten und hatte schliefilich ver- Fiir vollspurige Bahnen sind in dieser Verordnung zwei Belastungsgrundlagen, Norm I und Norm II, vorgesehen, wah- rend fiir schmalspurige Bahnen die Be- lastungsnorm III aufgestellt erscheint.*) Da die bisher bei den osterreichischen Staats- bahnen angewendeten Typenplane eiserner Tragwerke den Bestimmungen der neuen Briicken verordnung nicht mehr entspra- chen, wurden im Departement fiir bau- technische Konstruktionen des Eisen- Abb. 130. Donaubriicke bei Talin. (Montierung- des funften Feldes.) bindliche Bestimmungen aufgestellt, wo- nach die Tragwerke auf Grand wesent- lich hoherer Belastungen zu dimensio- nieren seien als bisher. Die erwahnte Verordnung des Eisenbahnministeriums triigt nun diesen Bestimmungen sowohl hinsichtlich neuer als auch bestehender Briicken voli Rechnung und fordert iiber- dies in bestimmter Weise die Beriick- sichtigung einer Reihe von Kraftervir- kungen, welche bisher vielfach unbe- achtet geblieben sind, bei der wachsenden Geschwindigkeit der Eisenbahnzuge aber nicht mehr iibersehen werden konnten. bahnministeriums neue Plane fiir nor¬ male eiserne Briickentragwerke ent- worfen und hiebei wesentliche kon¬ strukti ve Verbesserungen vorgenommen. Hiebei verdienen die neu eingefiihrten Betoneisentragwerke (einbetonierte Walz- trager) mit durchlaufendem Schotterbett wegen ihrer einfachen Herstellung und billigen Erhaltung besonders hervorge- hoben zu werden. Der Umstand allein, dafi die neue Verordnung die Beriicksichtigung der *) Siehe Zuffer, Trassierung, Unterbau und Brtickenbau, Seite 92. Unterbau und Briicken auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. 143 wagrecht wirkenden Seitenkrafte in be- stimmter Weise vorschreibt, machte haufig denErsatz alterer Eisenbahnbriicken durch neue Konstruktionen erforderlich, und da die Verordnung auch noch verscharfte Bestimmungen iiber die Qualitat des Eisens enthalt, so mulite so manches veraltete Briickentragiverk, das aus einer Periode stammt, in welcher die Hiitten- technik ein den heutigen Anforderungen eisenbahnnetzes, der Donaubriicke bei T u 11 n, ais notwendig erscheinen. Die alte Brucke war in den Jahren 1869 bis 1871 als Ersatz einer viel- jochigen Holzbriicke unter Verwendung belgischen Schweilieisens erbaut worden; bei den Festlichkeiten anlalilich der Er- offnung des Verkehres iiber das neue Ob¬ jekt glaubte wohl niemand, dali nach ungefahr dreiliig Jahren schon der Umbau Abb. 131. Donaubriicke bei Tulln. (Montierung der Fach\vand.) voli entsprechendes Eisenmaterial noch nicht zu liefern vermochte, den Bediirf- nissen der Gegenwart zum Opfer fallen. Selbstverstandlich kamen hiebei in erster Linie die Briicken in den Hauptbahn- strecken, welche von Schnellziigen oder doch von schwereren Lastziigen befahren werden, in Betracht. Die im Eisenbahnministerium durch- gefiihrten Untersuchungen und Nach- rechnungen lielien nun vor allem die Aus\vechslung der eisernen Tragwerke einer der groliten Briicken des Staats- der Briicke notwendig sein wiirde. Bald aufierte sich namlich die sprode Natur des phosphorlraltigen, kaltbriichigen Eisens und bereits im Jahre 1890 mulite mit einem Kostenaufwand von K 72.000 eine Verstarkung der Schwellentrager vorge- nommen werden. Die Legung des zweiten Gleises in der Strecke Wien—Absdorf wurde der Anlali, die bautechnischen Verhaltnisse der Briicke eingehend zu untersuchen. Die hiebei vorgefundenen Materialschaden im Zusammenhalte mit dem Umstand, dali die im Interesse der 144 Siegmund Kulka. Betriebssicherheit verfugten Verkehrs- beschrankungen nicht mehr fur langere Zeit aufrecht erhalten werden konnten, veranlafiten die Staatseisenbahnverwal- tung, an die Auswechslung des eisernen Uberbaues zu schreiten, da eine Ver- starkung bei der so minderwertigen Ma- terialqualitat und bei den vorhandenen konstruktiven Mangeln von dauerndem Erfolge nicht begleitet gewesen ware. Die neuen zweigleisigen Konstruktionen iiberbriicken zwei Offnungen zu je 83'65 m und drei Offnungen zu je 86'i m lichter Spannweite und erforderten einen Material- aufwand von 4214 t Martinflufieisen, Stahl, Roheisengufi und Blei. Das Arbeits- programm war durch die eigenartigen ortlichen Verhaltnisse bedingt. Auf ge- meinschaftlichen Pfeilern lagerten ur- spriinglich stromabwarts die Tragwerke der alten, aufzulassendenEisenbahnbriicke, stromaufwarts der eiserne Uberbau einer dem niederosterreichischen Landesaus- schusse gehorigen Strafienbriicke. Die neuen Eisenkonstruktionen kamen nun an Stelle des vorher demontierten Tragwerkes der Strafienbriicke zur Ausfiihrung, wah- rend umgekehrt die alte Eisenbahnbriicke zur Strafienbriicke adaptiert wurde. Der- malen lagern also stromabwarts der Uber¬ bau der Strafienbriicke, stromaufwarts die Tragwerke der Eisenbahnbriicke. Da die neuen Konstruktionen eine grofiere Auf- lagerbreite benotigten als die Strafien- briicke, so mufite das iiber 442 m lange und 3400 t schwere alte Tragwerk der Eisenbahnbriicke um 40 cm stromabwarts verschoben werden — eine aufiergewohn- liche Manipulation, die in musterhafter Weise ohne jeden Unfall durchgefiihrt wurde. Trotz aller weiteren Schwierig- keiten (hier sei noch auf die Aufrecht- erhaltungdes starken Bahnverkehres, ferner auf die notwendige vollstandige Frei- haltung einer Offnung fur die Schiffahrt hingewiesen) war die Auswechslung nach verhaltnismafiig kurzer Zeit im Jahre 1904 beendet. Die Baukosten betrugen iiber 2 - 6 Millionen Kronen. Zum Schlusse sei noch der Auszugsvorrichtung ge- dacht, welche auf der Tullner Donau- briicke zur Anwendung kam. Auszugs- vorrichtungen miissen bei eisernen Balken- tragern von 60 m Stiitzweite und dariiber ausgefiihrt werden, um die Einfllisse der Warmeschwankungen gegenuber dem durchlaufenden Oberbau unschadlich zu machen. Der Hauptvorteil der hier an- gewendeten Auszugsvorrichtung besteht gegenuber alteren Typen darin, dafi durch die weichenartige Ausbildung eine Liicke zwischen den Schienen an der Dilatations- stelle vermieden wird und infolgedessen Schlagwirkungen beim Befahren der Di- latationsstelle nicht eintreten. Diese Kon- struktion hat sich sehr gut bewahrt und deshalb auch weitere Verbreitung ge- funden. ImZuge der durch den dichten Verkehr schwerer Lastziige ausgezeichneten Linie Eisenstein—Pilsen—Dux befinden sich eine Reihe alterer Briickentragwerke, welche schon vor Jahren ganz oder teil- weise verstarkt worden sind. Allein infolge der neuen Briickenverordnung ist auch die Auswechslung dieser Tragwerke, ins- besondere im Hinblicke auf die Beschaffen- heit ihres Eisenmaterials notwendig ge- worden. Die angedeutete Sanierungsaktion wurde im Jahre 1905 mit der Auswechslung der eisernen Tragwerke der Rybnitz- brucke nachst der Station P 1 a fi ein- geleitet; in den Jahren 1907 und 1908 folgte die Auswechslung des Uberbaues der Strelabriicke mit einer Offnung, dann der Egerbriicke bei Saaz mit zwei Offnungen zu je 57 m lichter Spanmveite. Die Rybnitzbriicke iibersetzt mit zwei Offnungen zu je 57 m lichter Weite das tief eingeschnittene, schluchtartige Seitental des Rybnitzbaches, welcb.es bei der Ortschaft Rybnitz beginnt und unter- halb der Brucke in das breitere Tal des Kasniauer Baches miindet. Die Bahn- nivellette liegt hier 40 m iiber dem tiefsten Punkte der Talsohle. Die Brucke liefert mit ihren fast 34 m hohen Steinpfeilern und dem dicht bewaldeten Hintergrunde vom Talausgang aus ein imposantes Bild von besonderer Schonheit. Infolge derbedeutendenHohenlage der Brtickentragwerke iiber der Talsohle ge- staltete sich ihre Auswechslung trotz aller modernen Hilfsmittel immerhin beson- ders schwierig und gefahrvoll. Es mufiten unter anderem Geriistungen mit einer Unterbau und Briicken auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. 145 Holzmenge von 1300 m z fiir die seit- lich der Bahn zu bewirkende Mon- tierung der neuen eisernen Tragwerke, dann fiir die Ausschiebung der alten und die Einschiebung der neuen Konstruktionen errichtet werden, eine Arbeit, deren Aus- fiihrimg insbesondere wegen der auf diesen machtigen Geriisten vorzunehmenden Manipulationen aufierordentliche Umsicht und Aufmerksamkeit erforderte. Die neuen fast senkrechten Felswanden gespannten Brucke die pittoreske Schlitzaschlucht, das alljahrige Ziel zahlreicher Touristen und Naturfreunde. Das eiserne Tragwerk dieserBrucke stammte aus demjahre 1872, wurde schon im Jahre 1891 verstarkt und mufite schliefilich, als den Vorschriften der neuen Briickenverordnung nicht mehr entsprechend, ausgewechselt werden. Die neuen parallelgurtigen Fachwerkstrager Abb. 132. Rybnitzbriicke der Linie Pilsen—Dux. (MoDtierungsgerust.) Eisenkonstruktionen haben 5182? Martin- flufieisen, Stahl, Roheisenguft und Blei erfordert. Die gesamten Ausfiihrungs- kosten betrugen rund K 266.000, wQvon K 210.000 auf die eisernen Tragwerke und K 56.000 auf die Montierungsgeriiste entfallen. Im Bereiche der siidlichen Staats- bahnen bietet die im Jahre 1906 rekon- struierte Schlitzabriicke bei Tarvis ein Seitenstiick zu dem eben besprochenen Objekte. Die Linie Tarvis—Laibach iibersetzt, nachdem sie die Station Tarvis verlassen hat, mittels einer in schwindeln- der Hohe iiber der Talsohle zwischen sind vollstandig steif ausgebildet und besitzen eine Stutzweite von 65'8 m und eine Hohe von 6 - 64 m. Die eingleisige Fahrbahn liegt zwischen den Obergurten der 4 m voneinander entfernten Trag- wande. Auf der rechten Bahnseite wurde ein fiir den offentlichen Verkehr bestimmter Gehsteg auf weitausladenden Konsolen ausgefiihrt und damit einem Verlan- gen Rechnung getragen, welches haupt- sachlich aus Touristenkreisen schon seit Jahren laut geworden war. Ein eigener, auf den Untergurten der beiden Haupt- trager laufender Fahrstuhl ermoglicht es, die einzelnen Konstruktionsteile der Brucke 10 146 Siegmund Kulka. jederzeit gefahrlos zu besichtigen und zu untersuchen. Das holzerne Montierungs- gertist, das auch der Demontierung der alten Konstruktionen zu dienen hatte, reprasentierte insofern ein interessantes Bauwerk (siehe Abb. 133), als zwei gegen die Felswande der Schlucht sich stiitzende, ubereinander liegende Sprengwerke aus- gefiihrt werden mufiten, um das 50 m liber der Talsohle benotigte Arbeitsplateau zu schaffen und dem wilden Sohne der Berge, dem Schlitzabache, freien Lauf zu gewahren. Dieser gewaltige Holzbau, der, von der Schlucht aus betrachtet, dem Be- schauer ein instruktives Bild technischen Schaffens darbot, hat 440 m 3 Holz in An- spruch genommen und einen Kostenauf- wand von K 28.000 erfordert. Die neue Eisenkonstruktion besitzt ein Gewicht von rund 300/1; die Gesamtkosten der Re- konstruktion, welche auch mit einer Ver- besserung der Bahnrichtungsverhaltnisse vor und hinter dem Objekte verbunden \var, betrugen K 210.000. Eine stattliche Reihe durchaus grttfierer Objekte, deren Tragwerke im Laufe der letzten Jahre kraftigeren, den geanderten Verhaltnissen gewachsenenKonstruktionen weichen mufiten, schliefien sich den vor- stehenden, ausfiihrlicher behandelten Brucken an. Die zahlreichen F r i t z b a c h- und Salzachbriicken im Bereiche der Staatsbahndirektion Innsbruck, die Innbriicke bei Landeck, die 111 - brucke zwischen L i n d a u und Bludenz, die M ur brucke n bei St. Lorenze n, Knittelfeld und U n z- markt, die Fella-, W agenbach- und Gailitzbriicke der Linie Amstetten — Pontafel, die Zayerbriicke der Linie Tarvis—Laibach, dieErlauf- b rile k e der Linie W ien—S al zb ur g, die 90 m weite Innbriicke bei P as s au mit ihren bemerkenswerten Bruckentiirmen u. s. w. haben neue Tragwerke erhalten. Nach Hunderten aber zahlen alle die kleinen Objekte, deren Eisenkonstruktionen oft unter schwierigen Verhaltnissen aus- gewechselt werden mufiten. Auch in der zweiten Halfte des letzten Jahrzehnts wurden mehrere grofiere Brucken ganzlich umgebaut. Zur Zeit der Erbauung der Eisenbahnen waren die Fundierungsmethoden noch sehr unent- wickelt und die unzultingliche Griindung wurde jetzt die Ursache der Rekonstruk- tion, weil im Laufe der Jahre durch die fortschreitende Erosion der Flufisohle die Sicherheit des Bestandes ernstlich gefahrdet erschien. Bei der Traisen- brucke nachst St. Polten und der Pielachbriicke bei Prinzersdorf waren die Steinpfeiler auf Pilotenrosten fundiert worden und obwohl die sorg- faltigste Erhaltung die Sicherheit des Bestandes zu wahren bestrebt war, so trat doch, verursacht durch aufierordent- liche Veranderungen der Flufisohle infolge exzessiver Hochwasser, die unabweisbare Notwendigkeit des vollstandigen Neu- baues der Pfeiler ein. Bei diesem Anlasse konnten dann auch die generellen Ver- haltnisse durch VergroCerung des Durch- flufiprofils wesentlich giinstiger gestaltet werden. Die neue Traisenbriicke be¬ sitzt vier Offnungen zu je 52'5 m Licht- weite; derKostenaufvvandbetrug i'2 Millio- nen Kronen, wovon ungefahr der vierte Teil auf die gemauerten, pneumatisch fundierten Pfeiler und der Rest auf den 1640 1 schweren eisernen Uberbau flir zwei Gleise entfallen. Die P i e 1 a c h- briicke hat drei Offnungen zu 28'2 m Lichtweite; mit ihrem Umbau war eine Verlegung der Bahntrasse auf eine Lange von 860 m verbunden. Als interessantes Moment ist hervorzuheben, dal! die neuen Pfeiler auf Senkbrunnen aus armiertem Beton fundiert wurden. Ahnliche Griinde wie die vorange- fiihrten waren auch fiir den Umbau der Bregenzer Achbriicke im Zuge der Linie Lindau—Bludenz mafi- gebend. Das Bett der wildbachartigen Ache hatte sich im Laufe der Zeit derart verandert, dafi die FluCsohle stellen- weise tiefer war als das Fundament- niveau der benachbarten Pfeiler. Da eine Versicherung der letzteren schwierig und kostspielig gewesen ware, so ent- schlofi man sich um so mehr zu dem Umbau der Brucke, als auch der Zustand des Pfeilermauenverkes zu wiinschen iibrig liefi und die Dimensionierung der alten Konstruktionen, sowie die Qualitat ihres Eisenmaterials den Bestimmungen Unterbau und Briicken auf den im Betriebe beftndlichen Bahnen. 147 Abb. 133. Briicke iiber die Schlitzaschlucht der Linie Tarvis - Laibach. (Montierungsgeriist fiir das neue Tragwerk ) der Briickenverordnung nicht entspra- chen. Mit dem Umbau wurde eine Hebung der Bahnnivellette verbunden, \veil Hochwasser schon bis zur Unter- kante der bestandenen Konstraktionen gereicht hatten. Die alte Brucke besafi vier durch kontinuierliche Tragwerke iiberspannte Offnungen zu 34^5 —[— 41 "3 —f— 4 r 3 -f- 34'5 m Lichtweite und zwei Inun- 10* 148 Siegmund Kulka. dationsoffnungen zu 36 und 37 m Licht- \veite, welch letztere erst im Jahre 1899 mit neuen Tragwerken als Ersatz hol- zerner Provisorien versehen worden waren. Der Umbau bezog sich daher nur auf die Flufioffnungen selbst und um- fafite in der Hauptsache die Herstellung zweier neuer, auf Caissons fundierter Mittelpfeiler und die Auswechslung des kontinuierlichen Uberbaues gegen drei Einzeltragwerke. Die neuen Pfeiler wurden namlich zwischen den bestehen- den Pfeilern eingebaut, so dafi die Brucke dermalen drei Hauptoffnungen zu 51 m die Zwischenpfeiler dagegen wurden aus dem Flufibette entfernt und durch neue Pfeiler in der dem Regulierungsprojekte entsprechenden Stellung ersetzt. Wahrend die alte Brucke vier nahezu gleiche Offnungen von durchschnittlich 37'7 m Lichtweite hatte, besitzt die neue Brucke zwei Inundations- und zwei Stromoffnungen zu je 26'5 m, bezie- hungsweise 49 m Lichtweite. Die Unter- kante der neuen Tragwerke wurde mit Rucksicht auf die kiinftige Schiffahrt in der Elbe um r6 m hoher gelegt als die der alten Konstruktionen. Bemerkenswert ist auch der im Zuge Abb. 134. Innbriicke bei Passau. Lichtweite aufvveist. Die Kosten des Umbaues betrugen K 515.000. Die urspriinglich in Aussicht ge- nommene Verstarkung des zu schwachen Tragwerkes der Elbebriicke bei Celakowitz im Zuge der Linie Lis s a—Prag konnte nicht zur Aus- fuhrung gelangen, weil die Erprobung des Bestandmaterials (belgisches Schweifi- eisen) ein zu ungiinstiges Resultat ergab. Da die Anordnung der Pfeiler des alten Objektes ein Hindernis fiir die Durchfiihrung der von der Direktion fiir den Bau der Wasserstrafien geplanten Regulierung und Kanalisierung der Elbe bildete, so muftte an die ganzliche Rekonstruktion der Brucke geschritten werden. Hiebei blieben lediglich die Widerlager des alten Objektes erhalten; befindliche Umbau des F avoriten- v i a d 11 k t s nachst dem S ii d b a h n- h o f e in W i e n, durch welchen einem langst gefiihlten Bediirfnisse des Bahn- und Strafienverkehres Rechnung ge- tragen wird. Dieser Umbau schliefit nicht nur den Ersatz der verstarkungsbediirf- tigen alten Tragwerke durch neue Eisenkonstruktionen in sich, sondern be- zweckt auch die Vermehrung der Bahn- gleise, weiters die teilweise Beseitigung der Zwischenpfeiler und schliefilich die Flerstellung einer neuen Briickenoffnung. Eine besondere Schwierigkeit bot der Umstand, dafi die Verlangerungen zweier Pfeiler iiber den dicht unter dem Strafienniveau sich hinziehenden Tunnel der Wiener Verbindungsbahn zu liegen kom- men. Es mufite deshalb die betreffende Unterbau und Brucken auf den im Betriebe befindlichen Bahnen. 1 49 Abb. 135. Elbebriicke bei Gelakowitz der Linie Lissa—; Tunnelpartie in einer Breite von 2 "j m unter Aufrechterhaltung des Betriebes durch Eisenbeton-Konstruktionen ersetzt werden, um die neuen grofien Lasten mit ge- niigender Sicherheit tragen zu konnen. Wahrend das Gewicht des alten Ober- baues nur 177 t betragt, werden fiir die neuen Tragwerke 736 t Eisen benotigt, wozu noch 40 t fiir die Tunneleinbauten kommen. Diese Zahlen zeigen deutlich, wie sehr die Anspruche an unsere Briickenbauten in neuerer Zeit gestiegen sind. Der architektonischen Ausbildung des Objektes wurde mit Rlicksicht auf dessen Lage im Weichbilde der Residenz eine besondere Aufmerksamkeit zugewendet. Anlafilich der in denjabren 1904 bis 1906 erfolgten Umgestaltung der die erste Teilstrecke der Pyhrnbahn bildenden Linie Linz—Klaus—Steyrling in eine Hauptbahn mufite eine grofiere Zahl von Briicken diessr Linie rekon- struiert werden. Das grbfite hier in Betracht kommende Objekt ist die neue Traunbrtičke bei Traun mit einer Prag-. (Montierung des Caissons fiir den Strompfeiler.) Mitteloffnung zu 99’4 m und zwei Seiten- offnungen zu je 58'5 m Lichtweite. Die neuen Eisenkonstruktionen wurden als Gerbersche Gelenktrager ausgebildet. Die Draubriicke bei Villach ist dermalen im Umbau begriffen. Das bestehende eingleisige Objekt der Linie Amstetten—Pontafel besitzt zwei, durch einen gemauerten Mittelpfeiler getrennte Felder zu 60 m Lichtweite. Infolge der projektierten Einmtindung der Tauernb ah n in den Staatsbahnhof Villach mufi neben der alten Brucke ein neues zweites Objekt ausgefuhrt werden. Da eine Verlangerung des bestehenden Pfeilers wegen seiner zu seichten und auch sonst unzulairglichen Fundierung nicht zweckmafiig erschien, wurden zwei neue Pfeiler, und zwar in der fiir das Doppelgleis notigen Breite auf holzernen Caissons in den Flufi ein- gebaut; der alte Pfeiler gelangt zur Demolierung. Das umgebaute zwei- gleisige Objekt wird drei, durch parallel- gurtigeFachwerke tiberspannte Offnungen zu je 38'6 m Lichtweite aufweisen. Die i5o Siegmund Kulka. Kosten der neuen Brucke sind mit K 440.000 praliminiert. Die von der Aktiengesellschaft der BukowinaerLokalbahnen aufihren Linien H a t n a—D orna Watra, H 1 i- boka—Berhometh und Karapcziu -—Czudin durchgefiihrten Umstaltungen holzerner Briicken in Objekte mit eisernem Uberbau sind \vegen ihres bedeutenden Umfanges bemerkenswert. Im Zuge dieser Linien wurden die Kon- struktionen von 35 Holzbrticken mit einem Kostenaufwande von l'5 Millionen Kronen gegen eiserne Tragwerke ausgewechselt. Wie bereits einleitend ervvahnt, war | in neuerer Zeit immer lebhafter das | Objekte im Zuge der Plain-, West- bahn- und Fiinfhauserstrafie in Salzburg, der Nepomukerstrafie und Kopernikusgasse in Pilsen u. a. Neue Ubergangsstege wurden in den Bahnhofen S t a d 1 a u, Bohmisch- Triibau, Pardubitz, Karolinental, L o b o s i t z der osterr.-ungar. Staats- eisenbahn-Gesellschaft, am Westbahn- hofe in Wien, in den Haltestellen Lainz undSpeising der Wiener Ver- bindungsbahn, in den Stationen Abs- dorf,Eggenburg, Budweis, Pilsen, Falkenau, Trient, Stanislauu. s. w. ausgefiihrt. Weiters sei noch, wenn auch streng Abb. 136. Elbebriicke bei Čelakowitz der Linie Lissa—Prag. (Allgemeine Ansicht.) Bediirfnis hervorgetreten, die allenthalben verkehrstorend wirkenden Niveauiiber- gange bei Eisenbahnen durch Unter- oder Uberfahrten zu ersetzen und damit ein wesentliches Gefahrmoment zu elimi- nieren. Diesfalls seien nur die neuen grofleren Objekte bei Weidlingau —Hadersdorf, Amstetten, Frei- \valdau, FIolleschowitz, Dzieditz, Ošwi§cim, Krakau (Lubiczer Unterfahrt, Baukosten K 660.000), die sogenannte Brucke am S p i t z der Linie Wien—Bodenbach etc. genannt. Bei kleineren Spanmveiten wurden haufig die Uberbauten der neuen Strafienbriicken sehr zweckmafiig aus einbetonierten Walz- tragern gebildet. Auch die Erweiterung von Stationen gab Anlafi zur Ausftihrung neuer und zum Umbau bestehender Durch- fahrten. Hieher gehoren die bedeutenden genommen nicht in den Rahmen der vorliegenden Ausfuhrungen gehorend, zweier hervorragender Bauwerke gedacht, die, in erster Linie \vohl fiir Strafienzwecke erbaut, auch dem Verkehre elektrischer Strafienbahnen zu dienen haben und daher in diesem Belange den Forderungen, die an Eisenbahnbriicken gestellt werden, geniigen mufiten. Die in der Verlangerung der Roten- turmstrafie ausgeftihrte Marie n brucke iiber den D o n a u k a n a 1 in W i e n hat den Z\veck, die ftir den Grofistadt- verkehr langst nicht mehr geniigende alte Ferdinandsbriicke zu entlasten. Das Problem zur Uberbrtickung des Donau- kanals bot infolge der eigenartigen ort- lichen Verhaltnisse ganz wesentliche Schwierigkeiten. Man war vor allem darauf bedacht, Unterbau und Briicken auf den im Betriebe befmdlichen Bahnen. 151 Abb. 137. Marienbrucke uber den Donaukanal in Wien. die Tragwerke ganz miter die Fahrbahn zu legen, also eine Brucke mit freier Bahn zu schaffen, um das unschone Bild, das boch emporragende Tragvverke im Weichbilde einer Stadt bieten, zu ver- meiden und den freien Ausblick auf den landschaftlichen Hintergrund zu wahren, Den Forderungen der Schiffahrt mufite selbstverstandlich voli entsprochen werden. Die grofite Komplikation ist aber durcb die am rechten Ufer befindliche Galerie der Wiener Stadtbahn entstanden, die durch den Briickenbau nicht in Mit- leidenschaft gezogen werden durfte, Diese Forderungen waren fiir die Wahl des ausgefuhrten Tragsystems mafigebend. Die Mitteloffnung wird von eisernen Bogen mit Kampfergelenken iiberspannt. An die Gelenke schliefien sich drehbar Krag- arme an, deren Enden durch Zugbander, die gleichzeitig als Fahrbahntrager zu dienen haben, verbunden sind. Bei diesem System wird die Grofie des von den Tragbogen ausgeiibten Schubes durch den Einflufi der Kragarme wesentlich vermindert, so dafi die Pfeiler die ver- langten schlanken Dimensionen erhalten konnten und bei Ausbildung der Funda- mente mit dem zur Verfugung stehenden, bis zurStadtbahngalerie reichenden Raume das Auslangen gefunden wurde. Die Brucke hat eine Breite von 19 m , wovon 11 m auf die Fahrbahn und je 4 m auf die seitlichen Gehivege entfallen. Das Pfeilverhaltnis der Bogen ist In der Reihe flachgespannter Bogenbriicken nimmt die Marienbrucke, was das Pfeil¬ verhaltnis anbelangt, die vierte Stelle ein. Sie wird in dieser Beziehung nur von drei franzosischen Bogenbriicken iiber- troffen, und zwar von der Alexanderbrucke mit einem Pfeilverhaltnis von die an erster Stelle steht, sodann folgen Pont Mirabeau in Pariš mit und Pont Morand in Lyon mit jg-gg Pfeilver¬ haltnis. Die Pfeiler wurden pneumatisch fundiert. Die gefallige architektonische Ausbildung des Objektes bringt die ungewohnlichen statischen Verhaltnisse auch in der aufieren Erscheinung zum Ausdrucke. Die Svatopluk Cech-Brucke iiber die Moldau im Prager Assa- nierungsgebiete, eine 16 m breite Strafienbriicke mit Trambahngleisen, hat drei Offnungen zu 47‘8, 53'1 und 5 q - 2 m lichter Spannweite. Die Fahrbahn wird von acht Fachwerksbogentragern mit Kampfergelenken getragen. Die machtigen, schongeformten Pfeiler wurden pneuma¬ tisch auf felsigem Untergrund fundiert. In der Briickenachse ist unter der Flufisohle der Diicker verlegt, \velcher die gesammelten Unratskanale der Alt- stadt an das jenseitige Ufer und weiter- hin durch den Belvederestollen zur Klar- station nach Bubenč fiihrt. Aus diesem Grande wurden die Pfeiler auf je zwei getrennten Caissons fundiert und erst ober Wasser durch ein Gewolbe verbun- 152 Sigmund Kulka. Abb. 138. Svatopluk Čech-Briicke iiber die Moldau in Prag. den. In den beiderseitigen Widerlagern sind die Ein- und Auslaufkammern des Dilckers untergebracht. Im April 1907 fand in Gegenwart Sr. Majestat des Kaisers die feierliche Schlufisteinlegung fiir den Unterbau statt; kurz darauf wurde mit der Montierung der Tragwerke, welche ein Gewicht von 1610 t reprasentieren, begonnen und im Juni 1908 konnte die Brucke schon dem offentlichen Verkehre tibergeben werden. Die gesamten Baukosten betragen 2'3 Millionen Kronen. Mit diesem Objekt ist Prag wieder um eine schone, allen neuen Forderungen beziiglich Tragfahig- keit und Soliditat entsprechende Brucke, welche den Vergleich mit ahnlichen modernen Bauten getrost aufnehmen kann, reicher geworden. Bei dem ausgedehnten Eisenbahnnetze Osterreichs bietet die Schilderung der wechselvollen Arbeiten, die, sei es im Interesse der Ausgestaltung, sei es zum Zvvecke der Erhaltung des Bahnkorpers im letzten Jahrzehnt durchgeftihrt wurden, eine solche Uberfulle des Stoffes, dafi die vorstehenden Mitteilungen nur ein unvollkommenes Bild dieser bedeutenden Tatigkeit bieten konnen. Die Aufgabe, die Tragfahigkeit des bestehenden Unter- baues der Eisenbahnen, dieses Grund- elements der Schienenwege, den gestei- gerten Bedtirfnissen der neuen Zeit anzu- passen, stellt um so hohere Anforderungen, als in allen Fallen der Verkehr aufrecht- erhalten und die Sicherheit des Betriebes gewahrt werden mufite. Die auf geist- reichen Forschungen basierenden Fort- schritte in der statischen Erkenntnis unserer Baukonstruktionen, die reichen Erfahrungen, welche durch Jahrzehnte auf dem Gebiete des Eisenbahn- und Briickenbaues gesammelt wurden, und nicht zuletzt die Ttichtigkeit und das Pflichtgefuhl der Ingenieure hab en sich vereinigt, um diese schwierige Aufgabe befriedigend zu losen. Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau. Von Hugo Koestler, k. k. Ministerialrat im Eisenbahnministerium. D AS Eisenbahnwesen des abgelau- fenen Jahrzehnts stand im Zeichen einer ungewohnlichenEntwicklung des Verkehres. Der durch eine hervorragende Ent- faltung der industriellen Tatigkeit und eine Reihe iiberaus giinstiger Erntejahre geforderte wirtschaftliche Aufschwung des Reiches stellte an die Eisenbahnen For- derungen, die blofi durch aufierste An- spannung ali er in ihrem Dienste stehen- den geistigen und korperlichen Krafte und durch Nutzbarmachung aller erprobten Fortschritte auf verkehrstechnischem Ge- biete erfiillt werden konnten. Wahrend der Bau neuer Linien mit den Vorjahren naturgemafi nicht ganz gleichen Schritt hielt, da das Hauptnetz des Reiches im ganzen und grofien aus- gebaut, die fur den Bahnbau geeigneten Taler meist schon demVerkehre erschlossen sind und grofiartige Neubauten, wie die zweite Eisenbahnverbindung mit Triest, erst nach Ubervvindung erheblicher tech- nischer und wirtschaftlicher Schwierig- keiten in Angriff genommen werden konnten, hat sich die Ausniitzung der bestehenden Bahnen derart gesteigert, dafi die Giiterbewegung des letzten Dezenniums um etwa 4 O°/ 0 Tonnenkilometer, der Per- sonenverkehr aber um fast 50°/ 0 Personen- kilometer zugenommen haben. Um diese Leistungen zu ermoglichen, mufiten dieF ahrbetriebsmittel ausntitzungs- fahiger, das heifit schwerer gebaut, die Zugsgeschwindigkeiten sowie die Achsbelastungen erhoht und der Betrieb verdichtet werden, Mafinahmen, welche einerseits die Verstarkung des Oberbaues, anderseits aber auch die Erweiterung der Stationsanlagen zur unbedingten Voraussetzung hatten. Oberbau. Die Anpassung des Oberbaues an derart gesteigerte Aufgaben erfolgte — wie ein Rlickblick auf die ein- schlagigen Bestrebungen lehrt — nicht so sehr durch epochale Erfindungen und tief einschneidende Neuerungen, als durch sachgemafie Ausgestaltung, stetige Ent- wicklungund rationelle Vereinheitlichung. Den wichtigsten Schritt auf dem eben angedeuteten Wege bildet der im Jahre 1903 von den Staatsbahnen im Einvernehmen mit der Sudbahn aufgestellte Entwurf einer neuen, 44 ' 1 5 auf das laufende Meter schweren und ftlr stark belastete Schnellzugstrecken bestimmten Breitfufischiene. Bis dahin besafien selbst die Haupt- bahnen Osterreichs — von der ortlich beschrankten und versuchsweisen Ver- wendung 43 kg/m schwerer Breitfufi- schienen und den mit 42 kg/m schweren Stuhlschienen belegten Probestrecken abgesehen — blofi Breitfufischienen von hochstens 36 kg Metergewicht, welche den wachsenden Anforderungen des Betriebes nur auf Kosten der Wirtschaft- lichkeit zu widerstehen vermochten. Hugo Koestler. J 56 Abb. 139. Schienen und Laschen des Schwerobetbaues, System A der k. k. Staatsbabnen. Alle am internationalen Verkehre beteiligten Bahnen des Reiches sahen sich dah er zu einer wesentlichen Ver- starkung ihres Oberbaues veranlafit, welche seitens der Nordwestbahn, der Staatseisenbahn-Gesellschaft, der Aussig- Teplitzer Eisenbahn und anderer Verwaltungen durch Verdichtung der Schwellenlage, Verstarkung der Schienen- stbfie, Vermehrung der Befestigungs- mittel sowie Verbesserung, VergroCe- rung und wo notig Entwasserung des Schotterbettes durchgefiihrt wurde. Die Staatsbahnen und die Siidbahn zogen es dagegen nach dem Beispiele fast aller namhaften auslandischen Bahnen vor, ihre Hauptschnellzug- strecken stufenweise mit den er- wahnten 44’ 15 kgfm schweren Breit- fufischienen auszuriisten, welche Achs- lastenvon 16 t bis zu Hochstgeschwin- digkeiten von 120 km in der Stunde mit Sicherheit Widerstand zu leisten vermogen (Abb. 139). Hiezu wurden diese beiden Ver- waltungen durch die Erkenntnis der Tatsache bewogen, dafi die wohl hohen Anlagekosten eines schweren Oberbaues reichlich entschadigt wer- den durch Ersparnisse in der Gleis- unterhaltung, durch Verlangerung der Lebensdauer der Schienen infolge grofierer Ab- und Ausnutzungsfahig- keit sowie durch Verbilligung der Traktionskosten im Hinblicke auf die ermoglichte Anwendung hoher Fahr- geschwindigkeiten, schwerer Lokomotiven und grofier Zugsbelastungen, zumal das seinerzeit riickzugewinnende Altmaterial immer noch mit einem Drittel seiner Neu- kosten verwertet werden kann. Das Gewicht der neuen Schiene halt sich ungefahr im Mittel der bei den beziiglichen Studien inBetracht gezogenen fremdlandischen Profile, da es nicht zweckmafiig schien, auf das bei einigen englischen, franzosischen und belgischen Bahnen verwendete Schienengewicht von 50 kgjm zu gehen, \veil die Richtungs- und Abb. 140. Stuhlplattenbefestigung des Systems A. Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau. 157 Steigungsverhaltnisse der osterreichischen Bahnen aus \virtschaft- lichen Riicksichten die Anwendung der bei eini- gen Flachlandbahnen dermalen iiblichen Hochstgeschwindigkeit ohnehin nicht ratlich erscheinen lassen. Die Profilabmessun- gen der in Normallan- gen von 15 m auf 19 oder 2i Sclrvvellen zur Verlegung Schiene sind der Ab- bildung 139 zu ent- nehmen. — Es ver- dient bemerkt zu werden, daft die Laseh enanlageflachen eine Neigung von 1 :4 besitzen und die oberen Flachen des Schienenfufies gerade (nicht wie friiher gebrochen) sind, womit eine breitere An- lageflache fiir die Laschen gewonnen, ihr genaues Anliegen und sicheres Sitzen gewahrleistet und die Moglichkeit des Nachziehens der Laschen nach erfolgter Abniitzung geboten werden soli. In den Abbildungen 140 beziehungs- weise 141 ist die bei den Staatsbahnen und der Sudbahn verschieden ausgefiihrte Stuhlplatten- beziehungsweise Spannplat- tenbefestigung der gegenstandlichen Schiene dargestellt. Mit diesen Stuhl- beziehungsweise Spannplatten, bei welchen wie ersichtlich die Befestigung der Schiene auf der Platte unabhangig von derjenigen der Platte auf der Sch\velle erfolgt, sind alle Stofi-, dagegen die Mittelschwellen bloC nach Bedarf (in geraden Strecken weniger, in Gleiskriimmungen mehr) ausgeriistet, wahrend die restlichen Mittelschwellen keilformige Unterlagsplatten, und zwar bei den Staatsbahnen mit je drei Schwellen- schrauben, bei der Sudbahn mit je drei Hakennageln erhalten. Sowohl die Stuhl- wie die Spann- plattenbefestigung haben sich sehr wirk- sam zur Bekampfung der bei grofien Zug- gewichten, Neigungen und Geschwindig- keiten auftretenden Langs- und Quer- heanspruchung des Gleises (Schienenwan- derung und Spurerweiterung) erwiesen. der Schienenwanderung Abb, 141. Spannplattenbefestigung des Schweroberbaues der Sudbahn. Den schwachsten Teil eines jeden Oberbaues bildet der Schienenstofi, fiir welchen trotz der zahlreichen auch in Osterreich mit Ruhe- und Schwebe- st6fien,Stofibrucken und Stofifangschienen angestellten Versuche noch keine vollkom- men einwandfreie Bauart gefunden wurde. Die Zusammenfassung aller Gesichts- punkte der Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Ruhe der Fahrt hat bei den Staats¬ bahnen zur Anordnung eines schwebenden Stofies (Abb. 142) mit 50 cm Schwellen- entfernung und 78 cm langen, sechs- lochrigen, kraftig profilierten Laschen ge- fiihrt, welche die Stuhlplatten mittels einer Einklinkung umgreifen und so zur V erhinderung herangezogen werden. Die durch diese neue Oberbauanord- nung (System A) erzielten Verbesserungen sind am klarsten aus der folgenden Zu- sammenstellung der statischen Verhalt- nisse der Schienen und Laschen zu er- sehen, in welche des Vergleiches halber auch der Stuhlschienenoberbau (System la) sowie der alte Oberbau System X (seit 1903 als verstarkter Oberbau System Xa in Verwendung) aufgenommen \vurden. Die Sudbahn hat seit 1900 schon den grofiten Teil ihrer Hauptstrecke Wien— Triest mit dem schweren Oberbaue aus- geriistet; auf den Staatsbahnen liegen der¬ malen 300 km solehen Oberbaues und die Linien Wien—Salzburg, Wien—Prag, Gmiind—Eger und Wien — Podwolo- czyska werden nach und nach mit einem 158 Hugo Koestler. Jahresfortschritte von etwa 200 km damit belegt werden. Nebst dem eben behandelten Breit- fufischienen-Oberbau wurden bei den Staatsbahnen auch die schon 1897 mit dem Stuhlschienen-Oberbau be- gonnenen Versuche in grofiem Umfange (es liegen bereits 250 km) mit einwand- freiem Erfolge und dem Ergebnisse fort- gesetzt, dafi die diesem Oberbau eigen- tiimlichen Vorziige (geringe Zahl der Be- festigungsmittel, Widerstand der Stiihle gegen das Rosten u. s. w.) in Ansehung seiner Gestehungskosten nicht dessen all- gemeine Einfuhrung, wohl aber dessen Verwendung in besonderen Fali en (langen Tunnels u. dgl.) gerechtfertigt erscheinen lassen. Ahnlich wie der Oberbau der Haupt- linien mufite auch jener der Nebenlinien den gesteigerten Verkehrsanforderungen angepafit werden, so dafi gegenwartig mit alleiniger Ausnahme des ftir Schmal- spurbahnen bestimmten Systems XXX alle Oberbauformen der Staatsbahnen (dem Stande vom Jahre 1898 gegeniiber) teilweise, und zwar besonders hinsichtlich der Stofiausrustung, in erheblich verstarkter Bauart zur Verlegung gelangen, wodurch auch die Nebenlinien in den Stand gesetzt werden, den gesteiger¬ ten Ansprtichen zu ent- sprechen und befruch- tend auf die Hauptlinien zuruckzuwirken. Der grofie Reich- tum des Landes an gutem Schwellenholz drangt die Eisenquer- schwelle vorlaufig noch in den Hintergrund. Es hat zwar nicht an Versuchen gefehlt, auch in Osterreich dem eisernen Oberbau Ein- gang zu verschaffen, besonders da bei uns eines jener Systeme ent- stand, welches, zu den besten gehorig, auch im Abb. 142. Stoftverbindung, System A. Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau. 159 Auslande Aufnahme fand. Der eiserne Oberbau Bauart Heindl wurde bei sechs Osterreichischen Bahnverwaltungen probeweise verlegt, aus den friiher er- wahnten eigenen Verhaltnissen konnte er sich nur bei den Weichen dauernd behaupten. Um die Holzschwellen vor rascher Zer- storung durch das Eimvirken der Witterung zu schiitzen, werden die weichenHolz- arten durch verschiedene Trankungsver- fahren \viderstandsfahig gemacht, von wel- chen sich die Trankung mit Teerol liesonders be\vahrt. In sehr starkbefahrenen Gleisen mit Hartholzschvvellen hat man weniger die Faulnis des Holzes wie die me- chanische Zerstorung zu furchten. Um die Haftkraft der Bindemittel zu erhohen und beschadigte Schwellen wieder gebrauchs- fahig zu machen, werden gegemvartig von der Staatseisenbahnverwaltung ausge- dehnte V ersuche mit S c h w e 11 e n- d ii b e 1 n durchgefiihrt. Zuletzt seien noch jene wichtigen Vor- kehrungen erwahnt, welche fast samtliche osterreichischen Bahnverwaltungen an- wenden miissen, um das W a n d e r n der Schienen zu verhiiten. Die Langsverschiebungen des Gleises als Folge der Verkehrseinwirkung sind die typischen Folgeerscheinungen grofier Geschwindigkeiten und hoher Achsdrucke. Als solche wohl keine unmittelbare Gefahr ftir den Betrieb bildend, sind sie infolge Lockerung des Gleisgeftiges, Vernichtung der Dehnungslucken und bei einseitiger Schienenwanderung infolge Verdrehung der Sto6schwellen und der damit ent- stehenden Spurverengung, die Ursache verschiedener unangenehmer Ei-scheinun- gen, die ein stetes Nacharbeiten und Richten des Gleises, also grofie Erhaltungs- ausgaben erfordern. Es liegt daher nahe, das Gleis selbst zur Aufnahme der Langskrafte wider- standsfahig zu gestalten, und wurde versucht, dies durch Anbringung von Vor- richtungen, welche ein Gleiten der Schiene auf den Sch\vellen verhindern, zu erreichen. Zur Festhaltung der Schienen auf den Schwellen eignet sich ganz besonders die Stuhl- und Spannplattenbefestigung des besprochenen Schweroberbaues der Staats- bahnen und der Siidbahn sowie die Hoheneggersche Spannplattenbefestigung der Osterreichischen Nordwestbahn. Von den eigentlichen Vorkehrungen zur Verhiitung der Schienenwanderung sei die vielfache Verwendung der Stemm- winkel und die Versuche mit der bereits im Auslande bewahrten Dorpmullerschen Keilvorrichtungbei den k. k. Staats- bahnen, dann die Versuche mit den Paral- p 1 a 11 e n, welche seit Jahren auf der Linie Wien—Krakau der Nordbahn liegen, und den V o g e 1 s chen Wanderschrauben ervvahnt, welche bei der Staatseisenbahn- Gesellschaft und bei den k. k. Staats- bahnen im Zuge sind. Weichen und Kreuzungen. War durch die Erhohung der Achsdrucke und der Geschwindigkeit die Verstarkung und Vervollkommnung des Oberbaues der kurrenten Strecke notwendig geworden, so durfte auch die Ausbildung der Weichen nicht im Ruckstand bleiben, um so mehr als diese naturgemafi den empfindlichsten Teil des Oberbaues bilden und ihre richtige Konstruktion die Betriebssicherheit im hochsten Mafie beeinflufit. Der Zeitraum liegt weit hinter uns, in welchem das Befahren einer Weiche nur mit grofiter Vorsicht stattfinden durfte und Zungenbriiche zu nicht seltenen Er- scheinungen gehorten. Die Ausbildung aller Teile der Weiche ist so weit vor- geschritten, der Anschlufi der Zunge an die Backenschiene derart verlafilich, dafi ein Befahren der Weiclien keine Gefahrsmomente mehr in sich birgt, insofern man bei Schnellziigen und bei der Fahrt in die Ablenkung eine dem kleinen Bogenhalbmesser ent- sprechende Geschwindigkeitser- mafiigung eintreten lafit. Im verflossenen Dezennium wurden bei den Staatsbahnen und vielen Privatbahnen einzelne Weichentypen wesentlichen Ver- besserungen und Verstarkungen unter- zogen, die sowohl die Tragfahigkeit der Zungenvorrichtung und des Weichen- bogens, wie die Sicherung des Zungen- anschlusses, die Ausbildung der Weichen- und Zungenstofie, sowie die Ermoglichung zweckmafiiger Gleisanlagen betrafen und sich bei den osterreichischen Staats- Hugo Koestler. 160 bahnen auf ali e vollspurigen Weichen- bauarten erstreckten, von denen einige wesentliche Neuerungen erwahnt werden so 11 en. Fiir das System Xa wurden alle Weichenarten mit der friiher besprochenen Schiene Xa ausgestattet. Weiters wurden die Zungen verstarkt und der Ab- stand des W eichenstofies von der Zungenspitze vergrofiert, um eine bessere Laschenverbindung zu erzielen. Von Wichtigkeit ist noch die Ver- kleinerung der Schwellenab- stande. Fiir die 44' 15 kg\m schwere Schiene System A hat die Staatsbahnverwaltung aufierdem eine Weiche mit federnden Zungen konstruiert, eine fiir Osterreich neue Anordnung. Der Umstand, dafi die Bewegung der Zungen bei der bisherigen Bauweise durch Drehung um eine vertikale Achse, den sogenannten Wurzelzapfen erfolgt, ist mit mannigfachen Nachteilen verbunden, von deren detaillierter Erdrterung hier abge- sehen werden mufi, deren Erkenntnis aber Mitursache der Vorschrift ist, dafi Weichen nur mit Geschwindigkeiten be- fahren werden diirfen, die geringer sind als die auf offener Strecke zulassigen. Nach dem giinstigen Ergebnisse von Versuchen, die auf auslandischen Bahnen und bei den osterreichischen Staatsbahnen mit sogenannten Federweichen vor- genommen wurden, geht nun die Staats- eisenbahnverwaltung daran, solche neu- artige Weichen zunachst auf den von Schnellziigen befahrenen Strecken einzu- fiihren. Das Wesentliche dieser Feder- weichen besteht darin, dafi die Zungen- schienen ihre Bewegungen nicht mehr wie bei den gewohnlichen Weichen durch Drehung um einen Zapfen, sondern, wie schon der Name andeutet, durch elastische Federung vollziehen. Nach dem von der Staatseisenbahn- verwaltung in j tingster Zeit ausgearbeiteten Normalplan fiir Weichen mit federnden Zungen auf eisernen Querschwellen \vird die Zungenschiene eine Lange von 10 m aufweisen, also um 3 bis 4 m langer sein als die gewohnlichen Weichenzungen. Am Wurzelende werden die neuen Zungen, deren Querschnitt, abgesehen von den besonders bearbeiteten Stellen, die Form des sogenannten Blockprofiles zeigt, nach demselben Profile ausgebildet, welches die vor einigen Jahren bei den oster- Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau. 161 reichischen. Staatsbahnen und bei der Siidbahn eingefiihrten Schienen schwerer Type aufweisen. Demgemafi wird die Verbindung des Wurzelendes der Zunge mit der anstofienden Schiene in derselben Weise erfolgen, wie dies bei gewohnlichen Schienen der erwahnten Type 'geschieht, so dali in dieser Hinsicht jeder Unterschied gegeniiber dem iibrigen Gleise entfallt. In einiger Entfernung von ihrem Wurzelende ruht die Zunge auf einer 2 - 7 m langen Platte und ist auf dieser gegen das Wurzelende hin in einer Lange von liber I m durch entsprechende Befestigungsmittel unbeweglich einge- spannt, wahrend der iibrige Teil der Platte der Zunge, welche an der betreffen- den Stelle besonders bearbeitet ist, den zur Vollfiihrung der Federbewegungen erforderlichen Spielraum gewahrt. Im iibrigen ruht die Zunge auf Gleitstiicken gewohnlicher Art und wird auf diesen je nach Bedarf durch Fernbedienung oder Stellhebel horizontal bewegt. Der Wegfall der mit der bisherigen Drehzapfenbefestigung verbundenen Nach- teile und die hervorragende Widerstands- fahigkeit der neuen Weichen im allge- meinen wird es in Hinkunft ermoglichen, die bisher ftir das Befahren von Weichen vorgeschriebenen Geschwindigkeits- beschrankungen ganz oder grofi- tenteilsfallenzulasse n,dieWeichen und Stationen in gerader Riehtung mit unverminderter Geschwindigkeit zu durch- fahren und die bisher mit der Verlang- samung der Fahrt vor jeder Station ver- bunden gewesene Vernichtung der teuer erkauften lebendigen Kraft des Zuges zu vermeiden. Bei mindestens gleicher Sicherheit wird sich der Z u g s v er k ehr somit in Hinkunft dank der neuge- wonnenen technischen Errungenschaft schneller und okonomischer ab- wickeln. Die Bauart der neuen Weichen wirdFahrgeschwindigkeitenbis zu lookm pro Stunde selbst fiir Achslasten von i 6 t gestatten. Die Einfiihrung der Federweichen ist in erster Linie auf den Strecken W i e n —Salzburg, Wien — Eger, Wien — Podwoloczyska und Gmiind — Prag in Aussicht genommen und wird seitens der Staatseisenbahnverwaltung vorlaufig die Bestellung von tausend solcher Weichen beabsichtigt, deren Lieferung sich nach den bisherigen Annahmen auf sechs Jahre verteilen soli. In Anbetracht der mit der Einfiihrung der neuen Weichen voraussichtlich ver¬ bundenen Vorteile steht” zu gewartigen, dafi auch jene Privatbahnen, welche auf eine Beschleunigung ihres Personenver- kehres Wert legen, der Angelegenheit bald ihre Aufmerksamkeit zuwenden werden. Abb. 144. Neuer Personenbahnhof Lemberg 1 . II 162 Hugo Koestler. Die Bahnhofsanlagen un Die erhebliche Steigerung: des Ver- kehres erforderte in vielen Fallen eine Erweiterung, oft aber auch einen voll- standigen Umbau der nicht mehr aus- reichenden Bahnhofsanlagen sowohl auf dem Netze der Staatsbahnverwaltung als auch bei den Privatbahnen. Derartige Umbauten erfolgten stets unter Anwendung der Grundsatze fiir den modernen Bahnhofsbau. Insbesondere werden alle Stationen mit grofierem Ver- kehr und Abzweigungen nach verschie- denen Richtungen, durch Anordnung von Inselbahnsteigen und T u n n e 1 s so ausgestaltet, dafi jede Gleisiiber- schreitung seitens der Reisen- den vermieden wird; wo dies mog- lich war, sind die Gleise derart gefiihrt worden, dafi Kreuzungen in Schie- nenhohe bei den Ein- und Ausfahrten personenfiihrender Ziige nicht v o r- kommen. VerschubbahnhOfe wur- den meist mit Abrollanlagen ver- sehen und aus wirtschaftlichen Griinden getrennt von den iibrigen Bahnhofsteilen aufierhalb des verbauten Stadtgebietes angelegt; diese Anordnung hatte teil- weise zur Folge, dafi auch die Zug- forderungsanlagen fiir den Personen- und Gtiterverkehr getrennt werden mufiten. In kleineren Bahnhofen konnten diese Grundsatze nicht immer Anwendung iinden, doch \vurde bei allen Neuanlagen grundsatzlich auf die Ausfiihrung m o- derner Sicherungsanlagen Be- dacht genommen. Die osterreichischen Staatsbahnen. Die umfangreichen baulichen Ver- anderungen, welche die Staatsbahnver- waltung in den letzten zehn Jahren innerhalb ihres ausgedehnten Netzes durchfiihren mufite, erstreckten sich einerseits auf die Vergrofierung und Vervollstandigung zahl- reicher Bahnhofsanlagen, anderseits auf die Errichtung neuer Betriebsausweichen und Stationen und auf den doppelgleisigen Ausbau bestehender Hauptlinien. Hatte die Zunahme der Dichte und die Erhohung der wirtschaftlichen Leistungs- d der Eisenbahnhochbau. fahigkeit der Bevolkerung als solche die Verkehrsverhaltnisse im gimstigen Sinne beeinflufit, so kam fiir die osterreichischen Staatsbahnen noch der Umstand in Be- tracht, dafi in den vergangenen Jahren einige bedeutende Privatbahnen dem Staatsbahnnetze angegliedert wurden und durch den Bau neuer grofier Bahnlinien neue Verkehrsgebiete erschlossen rvurden. Die Tauern-, Karawanken-, Wocheiner- und P y h r n b a h n, deren Bauten an anderer Stelle von berufener Seite gewiirdigt rverden, jedoch in bezug auf ihren Hochbau hier ervvahnt werden sollen— erforderten den Umbau der be- stehenden Bahnhofe Salzburg, Selzthal, Amstetten, Schwarz- ach-St. Veit, Bischofshofen, V i 11 a c h, A fi 1 i n g und den voll- standigen N e u b a u des Staatsbahn- hofes in Triest. Die erwahnten Bahn- bauten waren weiters auf die Ausgestaltung vieler kleinerer Stationen der Zufahrtslinien Salzburg — Schwarzach-St. Veit und St. Michael—St. Veit a. d. Glan Einflufi nehmend, die letztere Strecke sowie die Linie Bischofshofen—Schwarzach werden gegemvartig doppelgleisig ausgebaut. Die verkehrsreichste Staatsbahnlinie der Alpenlander, die Linie Wien— Salzburg, ist im Jahre 1902 mit der Eroffnung des zweiten Gleises in der Teilstrecke V ocklabruck — Fran- kenmarkt in ihrer ganzen Lange dem doppelgleisigen Betriebe libergeben wor- den; viele ihrer Zwischenstationen sind durch die Neulage von Vorfahrgleisen aufnahmsfahiger gestaltet worden. Von den friiher erwahnten grofien Bahnhofsumbauten der Alpenlander seien Triest, Salzburg und Bischofs¬ hofen ihrer hoheren Bedeutung \vegen eingehender betrachtet. Der alte Bahnhof Triest-St. An¬ dr a, der Ausgangspunkt der Linien Triest—Herpelje und der Schmal- spurbahn Triest—Parenzo, mufite mit der Eroffnung der zweiten Eisen- bahnverbindung einer grofien, modern ausgestalteten Anlage rveichen. Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbabnhochbau. 163 164 Hugo Koestler. Der neue Bahnhof besteht aus einem ge- trennten Personen- und Gliterbahn- hof, einem Verschubbahnhof und einer Zugforderungsanlage. Der Verschub- und Zugforderungs- bahnhof bedeckt heute annahernd das Gebiet des alten Bahnhofes Triest-St. Andra, nur ist seine Flache dem Meere zu bedeutend erbreitert worden; der Per¬ sonen- und Giiterdienst wickelt sich hin- gegen auf einem ganz neuen der Stadt naher geriickten Terrain ab, welches vollstandig dem Meere abgerungen werden mufite. Der neue Personenbahn- hof ist an das stadtseitige Bahn- hofende verlegt. Diese Anordnung bringt dem Personenverkehr den Vorteil geringer Entfernung vom Stadtmittelpunkt, erforderte aber innerhalb des Bahnhof- gebietes eine kostspielige Linienfiihrung der Personenzugsgleise. Letztere mufiten zur Vermeidung von Kreuzungen mit den Gleisen der Verschub- und Giiterdienst- anlage an die Bergseite des Bahnhofes verlegt werden, was die Anlage einer hohen und langen Futtermauer bedingte, da man den prachtigen Passeggio di St. An¬ dra nicht schmalern wollte. Was die einzelnen Teile des Bahn¬ hofes betrifft, so besteht der Zug- forderungsbahnhof aus einem runden Lokomotivschuppen mit vorlaufig zehn Stiinden, die auf 26 vermehrt werden konnen, aus den notigen Maschinen- und Abstellgleisen und aus Kohlenlagerplatzen. Der Verschubbahnhof enthalt gegemvartig 16 Aufstellungs- und Verschubgleise, die von einem Auszugsgleis mit Ab- rollriicken bedient werden. Vom Afilinger Ende des Verschubbahnhofes zweigt das Normalspurgleis der Industriebahn Triest —S. Sabba ab, welches in das Schmalspurgleis der Parenzobahn mtindet und zu den Hochofen von Servola und dem grofien Holzum- schlagplatz fiihrt. Innerhalb der Gebiete des Ver¬ schub- und Zug- forderungsbahn- hofes vurde ein elektrisches Kraft- werk, das den Strom fflr die Beleuch- tungsanlage des Bahnhofes liefert, und ein grofies Betriebsgebaudezwischen den Personenzugsgleisen und dem Ver¬ schubbahnhof an Stelle des alten nun abgetragenen Auf- nahmsgebaudes er- baut. Der Zugang vom ersten Stock zur hochgelegenen Stra- fie wird durch eine Brucke vermittelt. Zrvischen dem Personen- und dem Guterbahnhofe liegt der Parenzobahn- h o f, aus einigen Gti- tergleis en, einem klei- nen Lokomotiv- und einemGuterschuppen nebst Umladebrihne bestehend. Der Per¬ sonenverkehr wickelt sich an dem in der V erlangerung des seeseitigen Fliigels des Aufnahmsgebau- des gelegenen ge- deckten Bahnsteige ab. Abb. 147. Triest, k. k. St.-B. (Neue Anlage.) Oberbau, Bahnbofsanlagen und Eisenbahnhochbau. 165 Abb. 148. Ansicht des neuen Bahnhofes in Triest, k. k. St.-B. Abb. 149. Triest, k. k. St.-B., Ansicht des Aufnahmsgebaudes. i66 Hugo Koestler. Personenbahnhof zweigt stadtseitig die alte R i v a b a h n zum Siidbahnhof ab, welche, gemeinsam mit der Verbindungs- bahn zwischen dem Staats- und Siidbahn- hof Opčina, den Giiteraustausch dieser beiden Bahnen vermittelt, den Giiter- verkehr der Riva und der kleinen Moli ubernimmt und bis zum Ausbau des neuen Freihafens den Staatsbahnhof mit den Lagerhausern des bestehenden Hafens verbindet. An der Stirnseite des Aufnahmsge- baudes fiihrt eine 30 m breite Zufahrt- strafie zu den Giiterschuppen und Massen- gutplatzen, die sich entlang des Kais ausdehnen. Auf diesen Platzen kommen die zur See beforderten nicht zollpflichtigen Massengtiter zur Verladung, ihre Gleise sind in den Guterbahnhof eingebunden. den iibrigen Hafengleisen und dem Bahn- hofe verbunden werden konnen. Von den Triester Hochbauten sind die beiden grofien Giiterschuppen und das Aufnahmsgebaude Gegenstand be- sonderen Interesses. Die beiden Giiterschuppen stehen ganzlich, das Aufnahmsgebaude zum Teil auf urspriinglichem Meeresgrunde. Um sie von den Setzungen des frisch ge- schtitteten Bodens unabhangig zu machen, wurden sie auf Pfahle gegriindet, deren Kopfenden in eine x m hohe Schicht aus Santorinbeton eingebettet sind. Von den beiden Giiterschuppen ist der grOfiere 144 m lang bei einerinneren Nutzbreite von 20 m , zu welcher noch die Flachen der sageformigen Ladebiihnen hinzukommen. An der Stirnseite schliefit Abb. 150. Triest, k. k. St.-B., Giiterschuppen. (Grundrifi.) Die Fortsetzung der Zufahrtstrafie fuhrt in das neue Freihafengebiet. Eine weitere Zufahrt zum Freihafen ist am nordlichen Ende des Bahnhofes durch Uberfuhrung der Bahngleise hergestellt. Der neue Hafen ist gegenwartig im Bau. Mit dem Staatsbahnhof im engsten Zusammenhange, bilden seine Kai- mauern den seeseitigen Abschlufi der Verschub- und Zuforderungsanlage. Drei grofie Moli, von welchen der langste 800 m lang und jeder 160 m breit ist, ver- grofiern die Anlageflachen der Schiffe und nehmen die Hangars und Krane auf. Die Moli sind unter einen Winkel von 37 0 zur Riva in die Richtung der Bora gestellt, damit die Schiffe den Stiirmen moglichst kleine Flachen bieten. Diese Schragstellung hat auch fiir die Gleisanlage den Vorteil, dafi die Gleise der Moli ohne Drehscheiben nur durch einfache Weichenverbindungen mit sich ein stockhohes Kanzleigebaude fiir den Giiterdienst an. Die Schuppen und offenen Laderampen erštrecken sich zu- sammen liber eine Lange von mehr als 500 m. Um die Ladearbeiten vor den Un- bilden der Witterung zu schiitzen, sind die Verladegleise in die Schup¬ pen hineingefiihrt. Diese hi er zum erstenmal angevvandte Anordnung hat sich bei den heftigen Borastiirmen, die in Triest wiiten, als sehr vorteilhaft erwiesen. Das Dach des Laderaumes hat eine be- merkenswerte Eisenkonstruktion auf Pendelstiitzen mit weit ausragendem Dachvorsprung auf der Strafienseite und mit einer auf die ganze Lange des Schup- pens durchgehenden Oberlichte am First. Die sageformige Ladebiihne und die Gleis- stutzen sind von einem nach innen ge- neigten Holzzementdach liberdeckt. Die Einfahrtstore werden mit Rollbalken aus Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau. 167 Stahlblech durch Kurbelantrieb abge- schlossen. Auf das Aufnahmsgebaude waren die beengten Raumverhaltnisse einflufi- nehmend, welchen sich die Grundrifi- ausbildung anpassen mufite. Die Abfahrtsraumlichkeiten befinden sich auf der stadtwarts gelegenen Lang- seite. Die geraumige Empfangshalle mit den Schalteranlagen und der Gepacksaufgabe fiihrt auf den in gleicher Hohe gelegenen Bahnsteig und ist rechts durch einen bahnseitigenGang mit den Wartesalen und der Gastwirtschaft ver- bunden. Die Verlegung des Verbindungsganges auf die Innenseite des Gebaudes hat den Vorteil, dafi durch die Verminderung der Bahnsteigzugange bei erhohter Ubersichtlichkeit und Be- quemlichkeit fiir die Reisenden eine Er- sparnis an Kontrollorganen erzielt wird. Die Stirnseite des Kopfgebaudes ent- halt die Ausgangshalle und die Gepacks- abgabe sowie die Raumlichkeiten fiir den Allerhochsten Hof. Neben dem Ausgange stehen dem Reisenden vornehm einge- richtete Toiletteraume mit Badern zur Verfiigung. Der seeseitige Fltigel des Gebaudes ist fur Verkehrszwecke be- stimmt, der erste und zweite Stock des Stirngebaudes aber Dienstraumen und Wohnungen ge\vidmet. Die von den Seitenfliigeln und der Štirne des Gebaudes eingeschlossene 97 m lan g e Halle, welche die vier Personenzugsgleise und die Bahnsteige . enthalt, ist von einer 35 m weiten Eisen- ! konstruktion iiberspannt, welche aus voll- ! wandigen Bogentragern mit Zugstangen besteht und mit Wellblech eingedeckt ist. Die offene Seite der Halle ist durch eine Glasschiirze halb geschlossen, die im Vereine mit der Oberlichte des Hallen- daches und den Seitenfenstern dem Innenraume die notige Helligkeit verleiht. Anschliefiend an diese Darstellung des Triester Bahnhofes, welcher als End- punkt der eingangs erwahnten grofien Abb. 152. Triest, k. k. St.-B., GrundrilB des Aufnahmsgebaudes. i68 Hugo Koestler. Abb. 153. Aufnahmsgebaude in Gorz, k. k. St.-B. Alpenbahnen, wie diese unter der Leitung der k. k. Eisenbahnbaudirektion erbaut wurden, soli aufdas Wesentliche der iibrigen kleineren Hochbauten der Alpenbahnen eingegangen werden, Abb. 154. Zweite Eisenbahnverbindung mit Triest; Erdgeschoft des Aufnahmsgebaudes in Spital am Pyhrn. wenigstens in bezug auf jene Merkmale, in welchen sie sich von sonst iiblichen Bauten auf Eisenbahnen vorteilhaft unter - scheiden. Fiir die Aufnahmsgebaude der Mittelstationen, welche alle ziemlich gleichen Umfang und gleiche Bedeutung haben, sind hauptsachlich zweierlei Typen zur Anwendung gelangt: eine schmale und lange, bei welcher die Raume in der Langsrichtung angeordnet sind und eine kilrzere in der Tiefen- ausdehnung doppelraumige Anord- nung. Die schmalere Type wurde bei jenen Bahnhofen angewendet, die an Lehnen gelegen sind, wo mit Riicksicht auf die Baukosten eine moglichst geringe Erdbewegung, also geringe Bahnhofbreite angestrebt werden mufite. Bei der aufteren Ausgestaltung \vurde mit Erfolg darauf Bedacht genommen, die Bauten unter Anlehnung an die hei- mischen Bauformen und entsprechende Farbengebung h a r m o n i s c h d e r L a n d- I schaft anzupassen; sie bilden da- j durch einen wohltuenden Gegensatz zu der fiir Gebaude kleinerer Stationen bis- her iiblichen niichternen Ausgestaltung und haben allseitig Anerkennung ge- funden. Die nachfolgenden Abbildungen stellen einige der ausgefiibrten Empfangs- gebaude dar, der Eindruck wird in der Natur noch durch die kraftige Schatten- wirkung der weitvorspringenden Dacher und Gesimse und durch geeignete Wabl der Farben fiir die Wandflachen, Dach- giebel sowie Ttiren und Fenster erhoht. Oberbau, Bahnhofsanlagen und Iiisenbahnhochbau. i6g Was die Ausfiihrung der Hochbauten betrifft, so ist, wenn nur irgend moglich, der Grundsatz verfolgt worden, das im Lande vorfindliche Bau- material zu verwenden. Bei der ausgesprochenenNord- siidrichtung der neuen Eisenbahnlinie, die aus den holzreichen, schneeigen Tauern bis an den steini- gen Karst fuhrt, war dadurch schon von selbst die Moglichkeit der Abwechslung in der aufieren Form und die Vermeidung jeder Einformigkeit gegeben. Am Karste sind die Bauten der kleineren Stationen durchvvegs im Steinrohbau ausgefuhrt. Diese Bauweise schmiegt sich vorziiglich dem umliegenden Gelande an und besitzt den Vorteil kiihler Raume bei Sonnenglut, Schutz vor den Borastiirmen und wesent- lich geringerer Erhaltungskosten. Eine Besonderheit an der siidlichen Teilstrecke Gorz—Triest bilden die Zi- s ter n en, welche im wasserarmen Karst die Stationen und Wachterhauser mit Trink- und Nutzwasser versehen miissen. 5 Das Niederschlagswasser wird von den Dachern der Aufnahmsgebaude oder anderer Bahnhofbauten gesammelt und in Tonrohren iiber kleine Ablagerungs- schachte zu den Sandfiltern der Zisternen geleitet, die je nach dem Bedarfe einen Fassungsraum von 60 bis 80 m 3 ent- halten. Wenn die vorhandenen Dach- flachen zur Fullung der Zisterne nicht ausreichten, mufite eine eigene abge- grenzte und gepflasterte Flache zur Samrn- lung des Wassers herangezogen werden. Die Zisternen der Wachterhauser wurden nur ftir io oder 20 m 3 Fassungsraum erbaut. Zur Wasserversorgung ftir Zugforde- rungszwecke werden Zisternen nicht ver- wendet. Die Wahl des Punktes einer Wasserstation kann sich — wenigstens innerhalb gewisser Grenzen — nach ort- Abb. 156. Aufnahmsgebaude in Badgastein. 170 Hugo Koestler. Abb. 157. Aufnahmsgebaude in Steyrling. lichen Verhaltnissen richten, so dafi immerhin die Moglichkeit gegeben ist, jenen Stellen, welche einer Wasser- beschaffung ganz besondere Schwierig- keiten bieten, auszu\veichen. Trotzdem erforderte die Wasserbe- schaffung fiir St. Daniel-Kobdil eine sehr kostspielige Anlage, die Wassergewin- nung in Opčina dagegen ist nur aus dem Grunde bedeutend vereinfacbt \vorden, weil die Gemeinde Triest im Eroffnungs- jahre der Eisenbahn in Opčina einen grofien Hochvvasserbehalter erbaute, in welchem das Wasser der stadtischen Quellenleitung von einem Triester Reser- voir hinaufgepumpt wird. Vom neuen stadtischen Hochbehalter bezieht der Ort Opčina und der Behalter der Statior das VVasser durch natlirlichen Druck. Fiir die hochgelegene Wasserstation St. Daniel - Kobdil am Karst wird das Wasser im tief eingeschnittenen Braniza- flusse gewonnen, in einem Filter gereinigt und durch ein Druckwerk von der Kote Abb. 158. Aufnahmsgebaude in Spital am Pyhrn. Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau. 171 120 mittels einer 1500 m langen Rohr- leitung zu dem 287 m iiber dem Meere gelegenen 1000 m 3 fassenden Feldbehalter gepumpt, der mit den Kranen in Ver- bindung steht. An dem Umschwunge, der in ver- kehrstechnischer Hinsicht durch die Er- bauung der z\veiten Eisenbahnverbindung mit Triest eingetreten ist, nimmt Salz¬ burg als Knotenpunkt zahlreicher Ver- bindungen hervorragenden Anteil, so dali Personen- und Guterbahnhof, wogegen ftir den Verschubdienst aufier- halb des Stadtgebietes in der Richtung gegen Worgl eine ausgedehnte und noch erweiterungsfahige A n- lage geschaffen wurde. Mit Ausnahme des Personenbahn- hofes ist der Salzburger Umbau voll- standig abgeschlossen, doch \vird auch dieser letzte Teil im Jahre 1909 voll- endet sein. Abb. 159. Aufnahmsgebau.de mit Riicksicht auf seine Lage und den zu gewartigenden, groften Durchgangs- verkehr fiir Personen und Giiter zwischen den nordlichen Kronlandern und dem siidlichen Deutschland einerseits, wie dem Hafen von Triest anderseits auf eine diesem voraussichtlichen Auf- schwunge entsprechende Ausgestaltung und Vergrofierung der derzeitig beste- henden Bahnhofsanlagen gedacht werden mulite. Auf dem einstigen Bahngebiet, auf welchem frilher Personen-, Giiter- und Verschubdienst gemeinsam abgewickelt wurden, erhebt sich heute nur der St. Daniel-Kobdil am Karste. Verschub- und Personenbahnhof sind ganzlich neu erbaut. Dagegen sind an der Guterdienstanlage nur weni- ge Veranderungen vorgenommen wor- den, die in Vergrofierungen und Um- bauten der bsterreichischen und bay- rischen Schuppen und Gleisanlagen be- stehen; die urspriingliche Heizhaus- und Werkstattenanlage konnte ebenfalls im wesentlichen erhalten bleiben. Die eingangs erwahnte Trennung des Verschubdienstes v o m Per¬ sonen- und Guterdienste erforderte die Errichtung eines neuen Lokomotiv- schuppens am Verschubbahnhofe, wodurch 172 Hugo Koestler. ^SlSTSTSlS TSl^ Abb. 160. Stationszisterne fur 60 m 3 Inhalt. unverhaltnismafiig lange Maschinen- fahrten vermieden werden. Der vorhan- dene, zwischen Werkstatte und Personen- bahnhof gelegene Lokomotivschuppen wird nunmehr ausschliefilich fiir den Personendienst verwendet. Die Abtren- nung erforderte weiters den Bau einiger Durchfahrten und Uberbruckungen sov/ie einer Verbindungskurve zur Linie Salzburg—Wien, um Kreuzungen in Schienenhohe zwischen den Personen- und Giiterzugsgleisen zu vermeiden. Die Zu- und Abfabrt der Guterziige geht nun in folgender Weise vor sich: Die bayrischen Giiterziige umfahren den Personenbahnhof und gehen zwischen dem Giiterbahnhof und den W6rgler Personenzugsgleisen durch. Die Giiter- ziige der Richtung Worgl schliefien im Siiden an den Verschubbahnhof an, jene von und nach Wien beniitzen die neu erbaute Verbindungsbahn, welche nachst der Einmtindung in den Verschubbahn¬ hof die Personenzugsgleise der Linie Salzburg—Worgl mit einer 45 m weiten Brucke ubersetzt. Zwischen Verschubbahnhof und Werk- statte besteht ebenfalls eine Verbindung, die mittels einer 44 m weiten Durch- fahrt unter die Hauptstrecke Salzburg—■ Wien gefiihrt ist. Dieses Bauwerk wird nun auch von der Ischler Lokalbahn benUtzt, welche fruher die Hauptbahn kreuzen mufite. Am dringendsten war die Um?e- staltung und Ervveiterung des Personen- bahnhofes, dessen nutzbare Bahnsteig- langen bisher 230 m betrugen, wahrend sie durch den Umbau auf rund 2700 m gesteigert werden; noch auffallender kommt das Verhaltnis der alten und neuen Anlage in den nutzbaren Bahn- steigfliichen zum Ausdruck, indem 1265 m 2 alter Nutzflache 18.400 m 2 neu verfiig- barer Nutzflachen gegenilberstehen. Diese aufierordentlich bedeutende Stei- gerung der Nutzlangen und Flachen konnte nur durch die Anlage eines M i t- telbahnsteiges mitanschliefien- den Zungenbahnsteigen erreicht werden. Diesem Zwecke entsprechend wird das derzeitige Aufnahms- Clvv^-i-uoivvn-s^jcllaacela.. 64 Abb. 161. Teil des Personenbuhnhofes Salzburg. Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau. 173 gebaude unter Auflassung der dort bestehenden Restaurationsraume, \Varte- sale etc., die naturgemafi auf dem Mit- telbahnsteige untergebracht werden mufi- ten, in der Weise umgebaut, dafi eine den Bedurfnissen entsprechende Abfahrtshalle geschaffen und an Stelle der aufgelassenen bisher von den Reisen- den beniitzten Raume Dienst- und Wohn- raume fiir Bahnbedienstete untergebracht werden konnten. Der Reisende betritt nun in Strafien- hohe die geraumige Abfahrtshalle, deren Wande bis zum Bahngeschofi, den Naturschatzen Salzburgs Rechnung tra- gend, mit rotem Untersberger, soge- nanntem Lienbacher Marmor verkleidet sind. Die mit Aluminium belegten eiser- nen Personen- und Gepackskassen- Vorbauten fiigen sich harmonisch in das Gesamtbild moderner, ansprechender Ar- chitektur. Erwahnt sei hier die zum zwei- tenmal auf den Osterreichischen Staatsbah- nen zur Ausftihrung gelangte eiserne Dachkonstruktion dieser Halle nach dem SystemZimmermann, welchesdieUber- tragung der auf. das raumliche Fachwerk wirkenden Windkrafte in die Langsrich- tung der Aufienmauern bezweckt. Wahrend das Gepack des Reisenden durch den Gepackstunnel zu den Aufziigen und von hier auf das Bahngeschofi befordert wird, fiihrt ein 6 m breiter Per- sonentunnel die Reisenden auf den Mittel- bahnsteig. Inmitten desselben erhebt sich das 25 m breite und 46 m lange Re- staurationsgebaude, welches im Bahngeschofi die den heutigen Bedurf¬ nissen in bezug auf Behaglichkeit und vornehmen Geschmack vollkommen ent- sprechenden Speise- und Wartesale be- herbergt. Im Untergeschosse smd die Wirt- schaftsraume des Restaurateurs unter¬ gebracht, wahrend im ersten Stocke die Restaurationskuche, deren Anrichteraum durch vier Aufzuge mit den Speisesalen in Verbindung steht, sowie die zur Kliche gehorigen Nebenraume angeordnet wur- den. Im Obergeschofi wurden Wohnraume fiir die Bediensteten der Restauration vorgesehen. An die beiden Schmalseiten des Ge- baudes anschliefiend, bedeckt eine drei- Abb. 162. Salzburg; Restaurationsgebaude am Mittelbahnsteig. schiffige eiserne Halle den Bahnsteig, dessen mittlerer Teil durch 25 - i m in der Stiitzweite messende Dreigelenk- bogenbinder iiberspannt wird, wahrend die niedriger gehaltenen Seitenhallen 1 3'85 m bis zur Bahnsteigkante messen und durch Zweigelenkbogen mit uberkragenden Armen, auf gufieisernen Pendelstiitzen lagernd, gebildet werden. Ausgiebige im Ausmafie von 850 m angeordnete Ober- und Seitenlichtverglasungen geben den Hallen das erforderliche Licht. Zwischen dem Mittelgebaude einer- seits und den osterreichischen Zungen- bahnsteigen anderseits mufite aus ver- kehrstechnischen Grunden der Verkehrs- pavillon unter der Halle angeordnet Abb. 163. Salzburg ; Schnitt durch die Hallen des Mittelbahnsteiges. 174 Hugo Koestler. Abb. 164. Mittelbahnsteig' Salzburg; Montierungsstand am 22. August 190S. Verschiebung eines Montierungsfeldes der Mittelhalle. werden, in welchem die Blockapparate, ein Telegraphenzimmer, Gepacks- und Personenkasse fiir den Lokalverkehr sowie Dienstraume fiir die Verkehrs- beamten untergebracht sind. Auf der Munchener Seite ist die Zollsperre durch die Zollrevisionshallen durchgefiihrt, die beiderseits durch die einstockhohen Zoll- gebžiude, mit den erforderlichen Dienst- raumen ausgestattet, begrenzt werden. Unmittelbar der osterreichischen Schmalseite des Restaurationsgebaudes vorgelagert, wurde ein Abortanbau vor- gesehen. Zollrevisionshallen, Verkehrs- pavillon sowie Abortanbau wurden in Eisen- riegelbau mit Kimststein-Plattenfiillungen ausgefuhrt. Die Bahnhofsanlage des wichtigen Knotenpunktes Bischofshofen war bis gegen 1898 an der Stelle des heu- tigen Personenbahnhofes zwischen der Ortschaft und dem Salzachflusse zusam- mengedrangt. Die wenigen dem Personen- verkehr dienenden Gleise, welche Gleis- tiberschreitung erforderten, die Gtitergleise mit dem Auszugsstutzen und die flufi- seitig gelegene Zugforderungsanlage bil- deten drei parallele Bahnhofsteile, die sich im Verkehr gegenseitig behinderten. Schon 1898 ging die Staatsbahn- verwaltung daran, den nicht mehr ent- sprechenden Bahnhof durch die Anlage eines anfanglich kleinen, doch allmahlich erweiterten gegen Worgl ge- legenen V erschubbahn- h o f e s zu entlasten; eine voll- standige Ausbildung deš Ver- schubbahnhofes und ein ganz- licherUmbau der anderen Bahn¬ hofsteile blieb jedoch erst den jiingsten Jahren vorbehalten. Die Staatsbahnverwaltung hat vorerst das Gebiet des alten Bahnhofes bedeutend er- weitert, indem sie einerseits durch kostspielige Uferschutz- bauten an der Salzach das Plateau fiir den neuen Perso- nenbahnhof erbreiterte, ander- seits auf der Selztaler Seite durch Grunderwerb den Raum fiir eine Zugforderungs¬ anlage und fiir eine kleine Werkstatte schuf. Der Personenver- kehr wickelt sich nach dem neuen Projekte am Bahnsteige des beibehaltenen, doch vergrofierten Aufnahmsgebaudes und an dem 26 m breiten Mittelbahnsteig ab, welcher durch einen Tunnel mit dem Aufnahmsgebaude verbunden ist. Der Mittelbahnsteig ist beiderseits durch Zun- genbahnsteige verlangert, die eine staffel- formige Aufstellung der Ziige ermogli- chen; zwischen den Zungenbahnsteigen sind Lokalzugs- und Depotsgleise ange- ordnet. Auf dem Mittelbahnsteige wurde — ahnlich wie in Salzburg — ein Gebaude mit Restaurationsraumen und Wartesalen sowie ein Verkehrsgebaude errichtet, das Aufnahmsgebaude enthalt daher nur die Kassen und die fiir die Gepacks- und Verkehrsmanipulation dienenden Raum- lichkeiten. Die neue Zugforderungsanlage besteht aus einem runden Lokomotivschup- pen mit vorlaufig zwolf Standen und aus einigen Kohlengleisen und Kohlenlager- pliitzen. Die weitaus grofite Anzahl der Bahn- hofsumbauten entfallt auf die Sudeten- lander und G a 1 i z i e n. Die westliche Halfte Bohmens, des reichsten Landes der Monarchie, ist von einem dichten Staatsbahnnetz umspannt, in dessen Knotenpunkten der gewaltige Wirtschaftsaufschwung der letzten Jahre besonders zum Ausdrucke gelangte: es war ein Gebot der Notwendigkeit, einige Oberbau, Bahnhotsanlagen und Eisenbahnhochbau. 175 der bedeutendsten Bahnstrecken durch den Bau zweiter Gleise aufnahmsfahiger zu machen und fast samtliche grofieren Bahnhofe den bedeutend gestiegenen An- forderungen entsprechend umzugestalten. Die wichtigste Staatsbahnlinie Boh- mens, die Linie W i e n — E g e r, wird gegemvartig doppelgleisig ausge- baut. 1898 ist mit der Strecke Tulln—Gmtind begonnen worden. Der Bau dieses Teiles wurde allmahlich in durchftihren, sind besonders Pil s e n, Budweis, Marienbad, Prag und Jagerndorf, der Gemeinschaftsbahnbof E g e r und das nahe der Grenze gele- gene G m ti n d hervorzuheben. Der Bahnhof Pil s en hat schon im II. Bande (S. 358) der Geschichte der Eisen- bahnen des osterr.-ungar. Monarchie Erwahnung gefunden. Zur Zeit des Er- scheinens der genannten Werkes war nur der Verschub- und Zugforderungsbahnhof Abb. 165. Mittelbahnsteig Salzburg; Montierung der Seitenhallen. fiinf Abschnitten durchgefuhrt, so dafi Wien—Gmtind im Jahre 1905 bis auf die Tullner Donaubriicke dem doppel- gleisigen Verkehre tibergeben werden konnte; daran anschliefiend wurde die Donaubriicke neu erbaut. Ein weiterer Teil der Linie Wien — Eger, namlich Horaždovi c—N e p o m u k, ist nun eben- falls vollendet, dessen Fortsetzung nach P i 1 s e n gegenwartig im Bau. Uber weitere Teilstrecken liegen bereits die Projekte vor. Von den grofien Bahnhofsumbauten, welche die Staatsbahnen in den Sudeten- landern durchfiihrten oder gegenwartig vollendet, die Ausfiihrung des Werkstat- ten-, des Gtiter- und des Personenbahn- hofes erfolgte erst in den Jahren 1898 bis 1908. Ftir die erste in Pilsen einmundende Bahn, die Bohmische Westbahn (Linie Prag—Furth), wurde 1862 ein Bahnhof erbaut. Erst spater, 1868, 1873 und 1876, kamen die Kaiser Franz Josefs-Bahn (Wien—Eger) und die Pilsen-Priesner Bahn hinzu. Die Kaiser Franz Josefs-Bahn vergrofierte den Westbahnhof, die Pilsen-Priesner Bahn errichtete gegentiber eine eigene Anlage Hugo Koestler. 176 Abb. 167. Neue Bahnhofsanlage in Pilsen. Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau. 177 mit eigener Werkstatte. Begreiflicherweise wiesen diese allmahlich entstandenen Bahnhofe grofie Mangel auf, der beengte Raum hinderte ihre Erweiterung, unge- niigende Provisorien mufiten die immer mehr notwendig gewordene Zusammen- fassung notdiirftig ermoglichen. Als dann Abb. 168. Pilsen; Aufnahmsgebaude. am 1. Janner 1895 auch die Bohmische Westbahn verstaatlicht wurde, also samt- liche Pilsen beriihrenden Eisenbahnen in einer Hand vereint waren, mufite die Staatsbahnverwaltung zur ganzlichen Neu- regelung der Pilsner Verkehrsverhalt- nisse schreiten, um den Bediirfnissen der emporstrebenden Industriestadt ge- recht zu werden. Auf dem Grande der alten Bahn- anlage, welcher, von Hausern umklam- mert, keine wesentliche Vergrofierung mehr zuliefi, entstand der n e u e P e r- s o n e n b a h n h o f. Die alte Werkstatte der Pilsen-Priesner Bahn mufite der Gii- terdienstanlage weichen. Fiir den Verschubbahnhof und Zugforde- r u n g s b a h n h o f fand sich aufierhalb des alten Bahnbereiches und aufierhalb des Stadtgebietes in der Richtung ge- gen Dux geeignetes Terrain, um eine den modernen Verhaltnissen entspre- chende erweiterungsfahige Anlage zu schaffen. Als Ersatz fiir die abgetragene Werkstatte der Pilsen-Priesner Bahn wurde neben der umgebauten Werkstatte der Bohmischen Westbahn in der Rich¬ tung gegen Wien eine neue grofie An¬ lage hergestellt. Der neue Verschub- undZugforderungs- bahnhof wurde 1898 eroffnet; darauf be- gann der Bau des Werkstattenbahnhofes. Mit dessen Vollendung im Jahre 1904 konnte der Giiterbahnhof und schliefilich der letzte Teil des grofien Umbaues, die Personendienstanlage in Angriff genom- men werden, die 1907 vollendet wurde. Bezeichnend fiir den Personen- b a h n h o f ist die zentrale Stellung des grofien mit einer Kuppel gekronten Empfangsgebaudes, dessen V orplatz von der Bahnhof- und Nikolaistrafie durch Unterfahrung der hoher gelegenen Zufahrtslinien erreicht wird. Im Strafien- Abb. 169. I^ilsen; Aufnahmsgebaude. (Strafiengeschofi.) 12 i 7 8 Hugo Koestler. geschofi des Gebaudes sind aufier einer geraumigen Empfangshalle die Kassen- und Gepacksraumlichkeiten angeordnet, im Bahngeschofi liegen die Wartesale, Restaurationen und die Zugange zum grofien Mittelbahnsteig, welcher dem Ver- kehr der Richtungen Wien—Eger und Prag—Furth dient. Die Inselbahnsteige der iibrigen Lini en und der Vorfahrgleise sind durch Tunnels direkt zuganglich, so dafi Gleisuberschreitungen vermieden werden. Die Lokalzugsgleise, fiir welche Pilsen Kopfstation ist, sind von der Stirnseite des Empfangsgebaudes er- reichbar. Die Gleislange des Zentralbahnhofes betragt jetzt 78.000 m, es ist dies ungefahr die dreifache Lange des alten Bestandes. wurde durch das Belassen der ubrigen Teile des Bahnhofes, besonders des neuen mit Abrollriicken ausgestatteten Verschub- bahnhofes in urspriinglicher Hohe die Moglichkeit giinstiger Linienftihrung bei Vermeidung von Gleiskreuzungen ge- geben. Das neue stattliche Aufnahmsgebaude ist gegeniiber dem friiheren in der Rich- tung gegen Prag verschoben. Vom Bahn- hofvorplatz gelangt man in die gerau- mige Mittelhalle, von dieser in die Warte- und Restaurationsraumlichkeiten, die alle durch mehrere Stockwerke hindurch- gehen. Von der Achse des Gebaudes geht ein Abfahrtstunnel zu den drei hoch- gelegenen Inselbahnsteigen. Der Ankunft dient ein eigener Tunnel, welcher durch Abb. 170. Aufnahmsgebaude Budweis. (Strafiengeschoft.' Eine weitere den modernen Anfor- derungen gerecht werdende Anlage zeigt der seiner Vollendung entgegengehende Bahnhofumbau von Budweis. Der alte Budweiser Bahnhof diente den beiden als Privatbahnen entstandenen Hauptlinien, namlich der KaiserFranz Josefs-Bahn (Wien—Eger) und der Kaiserin Elisabeth-Bahn (Linz— Budweis) fiir den Personendienst als Gemeinschaftsbahnhof,wahrend der Giiter- verkehr getrennt abgervickelt wurde. Von diesem alten Bahnhofe sind nur we- nige Gleise, z\vei Lokomotivschuppen, ein Teil des Giitermagazins und das nun zum Wohnhaus umgebaute Auf¬ nahmsgebaude stehen geblieben. Der neue Personenbahnhof sowie dessen Zufahrtslinien sind innerhalb des Bahnhofgebietes um 6 m gehoben \vorden, um die den Bahnhof kreuzenden Strafien unterftihren zu konnen, weiters die Ausgangshalle unmittelbar ins Freie fiihrt. Der neue Marienbader Bahnhof ist eine kleinere Mittel- und Abzweig- station, die hauptsachlich einem starken Personenverkehr dient. Die alte Anlage erforderte die Uberschreitung der Gleise. Heute fiihrt ein Tunnel aus dem vergro- fierten und umgebauten Aufnahmsgebaude zum Inselbahnsteig, an welchem sich der Verkehr Wien—Eger abwickelt, wahrend das nachst dem Empfangsgebaude lie- gende Gleis fiir den Verkehr der Linie Marienbad—Karlsbad dient. Die weiters vorhandenen vier Gleise sind dem Giiter- verkehre bestimmt. Der Franz Josefs-Bahnhof in Prag, welcher in Zukunft voraussicht- lich Zentralbahnhof fiir den Prager Per¬ sonenverkehr sein wird, ist gegemvartig im Umbau begriffen. Das Aufnahms¬ gebaude und die Halle sind vollendet, Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau, 179 Abb. 171. Aufnahmsgebaude Budweis. Abb. 173. Aufnahmsgebaude Marienbad. (Erdgeschofi.) 12* r8o Hugo Koestler. die iibrigen Teile des Bahnhofes wurden vorlaufig, abgesehen von kleinen Ande- rungen, welche die Erhaltung des Ver- kehres wahrend des Ubergangs vom alten zum neuen Zustand erforderte, in ihrem bisherigen Umfange belassen. Auf die zukunftige Gesamtanlage kann heute nicht naher eingegangen wer- Abb. 174. Aufnahmsgebaude Marienbad. (Bahnseitige Ansicht.) den, da sich das Projekt, namentlich in bezugr auf die Errichtung eines grofien Verschubbahnhofes noch in Ausarbeitung befindet. Auch die Bahnhofe E g e r und J a- gerndorf sind gegemvartig im Bau. E g er erhalt einen neuen grolien Verschubbahnhof, einen erweiterten Per- sonenbahnhof und ein n e u e s Aufnahms¬ gebaude, das noch Ende dieses Jahres vollendet werden soli. Die Lange der gesamten Gleisanlage wird nach dem vollstandigen Ausbau mehr als 50 km be- tragen. Die Kosten des Bahnhofumbaues werden von den Verwaltungen der bay- rischen, sachsischen und osterreichischen Staatsbahnen sowie der Buschtehrader Eisenbahn gemeinsam getragen. Der Umbau des Bahnhofes Jagern- dorf geht einem vorlaufigen Abschlusse entgegen. In Jagerndorf wurde die Per- sonen- und Giiterdienstanlage erweitert, ein neuer Zugforderungsbahnhof errichtet und das alte Aufnahmsgebaude den ge- iinderten Anforderungen entsprechend umgebaut und bedeutend vergrofiert. Fiir die Bezirksstrafie und die Reichs- stralie, welche im alten Bestand die Bahn- linie an den beiden Bahnhofsenden in Schienenhohe kreuzten, werden nach den neuesten Projekten Uberfahrten aus- gefiihrt, durch \velche Strafie wie Bahn von unvermeidlichen Verkehrsstorungen befreit werden. Galizien und Bukowina sind fast ausschliefilich Gebiet der oster¬ reichischen Staatsbahnen. Wie in Bohmen hat auch in diesen Provinzen besonders durch den Auf- schrvung der industriellen Tatigkeit der Verkehr in auffallender Weise zuge- nommen, was am besten aus dem Um- stande zu ersehen ist, dafi in den letzten Jahren in Galizien liber die Halfte der bestehenden Bahnhofe mehr oder minder erweitert oder selbst ganzlich umgebaut werden mulite. Von den bemerkenswertesten Er- weiterungen, die zum Teil auch durch den Bau der Hauptbahn Lem¬ berg — Sambor — ungar. Grenze und durch den Anschluli neuer Lokal- bahnen bedingt wurden, seien T a r n o w, Stryj, N e u-S and e c, Rzeszow, Przemysl, Sambor und Stanislau besonders hervorgehoben; bei den bau- lichen Veranderungen, welche die Bahn¬ hofe der Linie Lemberg—Itzkany be- trafen, ist auf die zukunftige doppel- gleisige Ausgestaltung dieser Strecke bereits Riicksicht genommen. Auch die Abb. 175. Auliiahmsgebaude Marienbad. (Straftenseite.) Bahnhbfe der beiden Landeshauptstadte Lemberg und Czernowitz sind in den letzten Jahren umgebaut worden. Da durch diese Neubauten moderne und sehenswerte Anlagen entstanden sind, seien diese beiden hauptstadtischen Bahnhofe eingehend behandelt und durch Abbildungen veranschaulicht. Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau, 181 Abb. 176. Montierung der Halle in Prag, k. k. St.-B. Abb. 177. Montierung der Halle in Prag, k. k. St.-B. 182 Hugo K o es tl er. Nach Verstaatlichung der beiden galizischen Bahnen, der Karl Lud- wigs-Bahn und der L e m b e r g— Czernowitz—Jassy-Bahn, wurde der Bahnhof der Karl Ludwigs-Bahn in Lemberg zum Gemeinschaftsbahnhof fiir den Personenverkehr ausgestaltet und der Bahnhof der Lemberg—Czernowitz —Jassy-Bahn nur mehr fiir den Giiter- verkehr verwendet. Nachdem trotz mehrfacher Erweiterungen und Anpas- alten Lemb erg—Czerno witz—Jassy-Bahn- hofes ab, dessen Schuppen und Gleis- anlagen durch štete Erweiterungen den allmahlich steigenden Anforderungen an- gepafit werden. Seit dem Friihjahre 1908 befindet sich ein grofier Schuppen mit sageformigen Ladebiihnen im Bau, wel- cher der Giiteraufgabe dienen wird, so dafi nach seiner Vollendung die bisher der Auf- und Abgabe dienenden Schuppen ausschliefilich der Giiterabgabe zugewen- Abb. 178. Ansicht des neuen Aufnahmsgebaudes Lemberg. sungen an die sich stetig erhohenden Bediirfnisse diese Anlagen endlich nicht mehr ausreichten, wurde im Jahre 1901 zu einer durchgreifenden Umgestaltung des ganzen Bahnhofes geschritten, deren erster Bauabschnitt im Jahre 1904 mit der Eroffnung der neuen Zugforderungs- anlage und des Personenbahnhofes voll- endet wurde. Von dem alten Bestande ist nur der Giiterbahnhof und der Werkstattenbahn- hof erhalten geblieben. Der Giiterverkehr wickelt sich auch heute, wenn nicht ausschliefilich, so doch zum grofiten Teil, auf dem Gebiete des det werden konnen. Dem Giiterbahnhof sind eine Reihe von Aufstellgleisen vor- gelagert, in welche die Giiterztige der Richtungen Stanislau, Stryj und Sambor direkt einfahren. Der Werkstattenbahnhof ist durch die Errichtung einer grofien Loko- motivmontierung nebst den zugehorigen Gleisanlagen, welche 1903 dem Betriebe ubergeben wurde, erweitert worden; die Anlage wird durch den Bau einer neuen Wagenmontierung, die 1909 vollendet sein wird, noch vervollstandigt. Die Staatsbahnverwaltung stattete die Werk- stattenanlage auch mit denjetzt gebrauch- Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau. 183 Abb. 179. Aufnahmsgebaude Lemberg. (Straflengeschoft.) Abb. 181. Aufnahmsgebaude Lemberg. (Schnitt durch die Halle.) 184 Hugo Koestler. lichen Wohlfahrtseinrichtungen aus, von welchen die ausschliefilich der Arbeiter- schaft zur Beniitzung stehenden Speise- sale und Bšider besonders der Erwahnung wert sind; endlich errichtete sie eine grofie Anzahl von Arbeiterwohnhausern. Der Personenbahnhof und die Zug- forderungsanlage sind auf dem Grunde der ehemaligen Karl Ludwigs-Bahn neu entstanden und zwischen ihnen liegt eine Der Personenbahnhof ist inner- halb einer Lange von iooo m iiber die Flache der iibrigen Anlagen gehoben w o r d e n, um die fiir die Verbindung der einzelnen Bahnhofsgruppen notigen Gleise unterfiihren zu konnen und den Zugang der Reisenden zu den einzelnen Bahnsteigen zu erleichtern. Das monumentale Empfangs- g e b a u d e, wohl eines der schonsten in Abb. 182. Aufnahmsgebaude Lemberg 1 . (Innenansicht der Halle.) grofiere Anzahl von Aufstellgleisen mit Ausziigen, die insolange als Verschub- bahnhof verwendet werden mussen, bis die aufierhalb des heutigen Bahnhofge- bietes geplante Abrollanlage ausgefiihrt sein wird. Von den nach Lemberg ge- langenden Gliterziigen fahren die der Richtungen Krakau, Podwoloczyska und Belzec auf diese Gleise ein, doch mufi die fiir Lemberg bestimmte Fracht auf den Giiterbahnhof iiberfiihrt werden, da nur dieser Lagerhauser und Schuppen enthalt. der Monarchie, bedeckt ungefahr die Flache des alten Gebaudes der Karl Ludwigs-Bahn; es ist ein in seiner aufie- ren Gestaltung weithin sichtbarer, von Kuppeln gekronter Renaissancebau, des- sen Innenraume der ganzen Anlage ent- sprechend in grofien Ausmafien gehalten sind. Vom Bahnhofvorplatze betritt man iiber wenige Stufen eine Vorhalle mit seitlich eingebauten Post- und Zeitungs- schaltern, von dieser eine grofie fast quadratische Empfangshalle, an deren Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau. 185 Seiten sich die Kassen befinden, wahrend die Gepacksaufgabe gegeniiber dem Ein- gange angeordnet ist. Von letzterer wird das Gepack durch einen eigenen Tunnel zu den Bahnsteigen befOrdert. Links und rechts der Halle fiihrt je ein breiter Gang in die Warteraume und Restaurants, wobei der I. und II. Klasse die linkeSeite, der III. die rechte Seite eingeraumt ist. Rechts liegt auch die grofie Ausgangs- halle, in welche der Ausgangs- und der Gepacksabgabetunnel miinden, so dafi der Ankommende durch diese Halle un- mittelbar ins Freie gelangt. Aus dem Strafiengeschofi fiihren sieben Tunnel s zu den Bahnsteigen. An der Bahnseite des Aufnahms- gebaudes erheben sich zwei grofie H ali en, aus Fachwerkstragern mit halb- kreisformigen Innengurten gebildet, wel- che mit je 33‘5 m Stutzweite acht durch- gehende Gleise und die vier Hauptbahn- steige, ferner vier Dienstbahnsteige iiber- spannen. Der Bahnhof der Landesliauptstadt Czernowitz ist in den letzten Jahren ebenfalls neu erstanden, wobei von der urspriinglichen Anlage kein Teil unge- andert geblieben ist. Die Flache des gesamten alten Be- standes, welcher sich nur aus wenigen Personenzugs- und Giitergleisen und Abb. 183. Neue Bahnhofsanlage Czerncnvitz. Drei dieser Tunnels vermitteln durch je drei Stiegen den Personenverkehr getrennt nach Ein- und Ausgang und nach Wagen- klassen, der Gepacks-Aufgabe- und -Ab- gabetunnel sowie der Post- und Eilgut- tunnel sind mit elektrischen Aufziigen ausgestattet. Das erste Stockwerk des Gebaudes — das Bahngeschofi — enthalt in seinem linken Flligel die Raume fur den Aller- hbchsten Hof, \velche durch ein eigenes Stiegenhaus vom Bahnhofvorplatz zu- ganglich sind, wahrend im rechten Fltigel Raumlichkeiten fiir den Verkehrsdienst untergebracht sind. Der zweite Stock enthalt vornehmlich Dienstwohnungen. Fiir den Post- und Telegraphen- dienst ist seitlich ein eigenes, von den Bahnsteigen direkt zugangliches Gebaude errichtet worden. einer kleinen Zugforderungsanlage mit rechteckigem Lokomotivschuppen zu- sammensetzte, bedeckt nun, wesentlich erbreitert, der Personen- und Giiterbahn- hof allein. Der ursprunglich ebenfalls auf der Stadtseite gelegene Giiterbahnhof liegt jetzt gegeniiber dem Aufnahmsge- baude, wodurch sich die Notwendigkeit der Anlage einer neuen Giiterzufahrts- strafie ergab, welche den Bahnhof an seinem Itzkany zu gelegenen Ende mit einer Brucke iibersetzt. Das Aufnahms- gebaude wurde durch einen Neubau ersetzt. Der Verschubbahnhof liegt nach dem neuen Projekte zwischen den Personen- und Giitergleisen. Er besteht aus einer der Ein- und Ausfahrt dienenden Gruppe und einer kleinen Verschubanlage mit beiderseitigen Auszugsstutzen. Als Ersatz fiir das abgetragene Heizhaus ist aufier- 186 Hugo Koestler. halb des Bahngebietes in der Richtung gegen Itz- kany eine erweiterungs- fahige Zugforderungsan- lage mit rundem Lokomo- tivschuppen erbaut wor- den, der sich eine kleine Werkstatte anschliefit. Die grofien Bahnhofs- bauten der Kaiser Fer- dinands - Nordbahn, der nunmehrigen Nord- bahndirektion, wie Preran, Briinn und Mahrisch-O strau, wurden schon in den letzten Jahren des ver- flossenen Dezenniums be- gonnen, doch im gegen- wartigen vollendet; sie sind in der Gescbichte der Eisenbahnen der osterr,- ungar. Monarchie bereits behandelt worden. Der von der Nordbahn ausgefiihrte Umbaudes Briinner Bahnhofes umfafite die Errichtung eines grofienKohlenbahn- hofes, einer Heizhaus- anlage und eines Giiter- bahnhofes, welche Bauten im jahre 1900 vollendet worden sind. Mit diesem Zeitpunkte konnte dann gemeinsam mit derStaats- eisenbahn - Gesellschaft der Personenbahnhof neu erbaut werden, welcher b ei Beschreibung der Bauten der Staatseisenbahn-Ge- sellschaft eingehend be¬ handelt werden soli. 1903 wurde der grofie GuterbahnhofinOderberg erbaut. Im Jahre 1906 konnte die Nordbahn das zweite Gleis auf der Strecke OšvG^cim— Trzebinia dem Ver- ltehre ubergeben und seit diesenTZeitpunkte ist so- mit die Linie Wien — Krakau doppelgleisig aus- gebaut. Im Augenblicke der Verstaatlichung war der Verkehr auf dieser ohne- hin stark beanspruchten Bahnlinie so gestiegen, dafi mit den vorhandenen Stationsanlagen das Aus- langen nicht mehr ge- funden werden konnte, so dafi die Staatsbahnver- waltung zur Aufstellung eines grofien viele Mil- lionen umfassenden Bau- programmes gezwungen war. Einige der drin- gendsten Arbeiten, wie die E r w e i t e r u n g der Stationen Szczako- w a, Trzebinia und Ošwi§cim, wurden so- fort durchgefiihrt. Das erwahnte grofie Bauprogramm erstreckt sich vorlaufig auf Mah- r i s ch-O s tr au, Oder- berg, P r e r a u und Strafihof. In Mahrisch - Ostrau wurde in den Jahren 1907 und 1908 der Vorbahnhof bedeutend enveitert und die Abrollanlage vervoll- standigt, weitere Ausge- staltungen, wie die Er¬ richtung einer vor dem Vorbahnhofe gelegenen Gleisanlage, werden dem- nachst durchgefiihrt. Die Vergrofierung der Bahnhofe Oderberg und Prerau ist gegenwartig im Zuge, und zwar wird in Oderberg innerhalb dreier Jahre mit einem Kostenaufvvande von an- genahert K 8,500.000 ein neuer modern eingerich- teter Verscliubbahnhof und eine zweigleisigeVer- bindung nach Annaberg, in Prerau aber gegeniiber dem 1898 erbauten Ver- Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau. I8 7 schubbahnhof eine zweite ausgedehnte Abrollanlage ausgefiihrt. Besondere Aufmerksamkeit verdient der neue Verschubbahnhof Strafihof, der 22 km von Wien entfernt an der offenen Strecke Wien—Krakau mit einem Kosten- v o n der Rangierung des L e e r- materials zu entheben und ihm die Rangierung aller g e g e n N o r d e n verkehrenden Leer- und Giiter- ziige tiberhaupt abzunehmen. Weiters dient er zur Vorbereitung der ftir aufwand von K 4,500.000 erbaut wird. Der Bahnhof wurde anfangs 1908 begonnen und wird noch in demselbenjahre demVer- kehre tibergeben. Es ist dies eine in jeder Hinsicht den hochsten Anforderungen ent- sprechende moderne Anlage, weshalb sie hier eingehend besprochen \verden soli. Dieser neue Verschubbahnhof hat den Zweck, den Bahnhof Wien Wien ankommenden Guterziige, damit die mit diesen in Wien ein- treffenden Transitgiiter direkt auf den Donauuferbahnhof und auf die Ver- bindungsbahn iibergehen, die Lokogiiter aber ohne zeitraubende Verschubarbeiten gleich nach der Ankunft zu den Maga- zinen und Entladeplatzen gestellt werden konnen. i 88 Hugo Koestler. Die Gesamtanlagen in Strafihof glie- dern sich der Hauptsache nach in drei Teile, und zwar: 1. Abrollanlage links der B a h n, 2. Abrollanlage rechts der B a h n und 3. Vorfahrbahnhof samt den An- lagen fiir den Personen- und Giiter- d i e n s t. Abb. 186. Verschubbahnhof Strafihof. (Erdgeschoft eines Wohngebaudes.) ad 1. Diese Anlage ist dazu bestimmt, die Bmttoziige aufzunehmen, welche aus dem Bahnhof Wien beziehungsweise von der Verbindungs- und Donauuferbahn an- langen, und aus diesem vollig unran- gierten Brutto, ferner aus dem von Florids- dorf, Siifienbrunn und Wagram in der Richtung gegen Norden sich ergebenden Brutto, die erforderlichen Sammelgiiter- ziige bis Lundenburg, weiters die Tran- sitogiiterziige nach Krakau, Ošwi§cim, Dzieditz, Oderberg, Ostrau, Briinn und Marchegg zu bilden. Sie enthalt fiinf Einfahrtsgleise und zwolf Abrollgleise. Die Ver- bindung zwischen den Einfahrts- und Abrollgleisen bildet ein zweigleisiger Abrollkopf. Vom Einfahrtsbahnhof zweigt in der Richtung gegen Norden ein kurzes Stutzgleis fur Lokomotiv- bedienung und ein Lokomotiv- durchfahrtsgleis ab. Auf der Siid- seite des Einfahrtsbahnhofes ist ein Auszugsgleis zu dem Zwecke vorgesehen, um alle jene Wagen, welche nicht ab- rollen diirfen, aus den einfahrenden Ziigen abstellen zu konnen, wahrend auf der Nordseite des Abrollbahnhofes fiir Zwecke der DetailrangierungdreiStumpf- g 1 e i s e und ein Auszugsgleis vor¬ gesehen sind. Zwischen dem Einfahrtsbahnhofe und den kurrenten Gleisen ist unter Beriick- sichtigung der Boschungen eine Flache fur neun Gleise, zwischen dem Loko- motivdurchfahrtsgleis und dem Vorfahr¬ bahnhof eine Flache fiir vier Gleise nebst einem Vorfahrgleis fiir eine zukiinftige Erweiterung ausgespart. ad 2. Diese Anlage ist dazu bestimmt, die Giiterzuge aus der Richtung von Nor¬ den aufzunehmen und derart vorzuran- gieren, dafi die Transitguter in Wien direkt auf die Donauuferbahn und Ver- bindungsbahn (zur Siidbahn) iibergehen und die Lokogtiter sogleich nach dem Eintreffen in Wien ohne zeitraubende Verschubarbeiten zu den Magazinen und Entladeplatzen beigestellt werden konnen. Sie besteht aus fiinf Einfahrts- gleisen und vierzehn Abrollglei¬ sen. Die Verbindung zwischen dem Einfahrts- und Abrollbahnhofe bildet auch hier ein zweigleisiger Ab¬ rollkopf. Vom Einfahrtsbahnhofe zweigen in der Richtung gegen Siiden ein L o k o- motivdurchfahrtsgleis und die Zufahrt zum Lokomotivschuppen ab. Der Lokomotivschuppen ist mit vor- lautig zwei Lokomotivstanden fiir die auf dem Verschubbahnhofe tatigen Lokomo- tiven vorgesehen. Schuppen fiir Zugs- lokomotiven sind in Strafihof nicht not- wendig, weil die Maschinen der eintref- fenden Zuge sofort fertig rangierte Ztige in derselben Richtung weiter befordern werden. Auf der Nordseite des Einfahrtsbahn¬ hofes ist ein Auszugsgleis zu dem Zwecke vorgesehen, um von den eingefahrenen Ziigen jene Wagen abstellen zu konnen, welche nicht abrollen diirfen. Auf der Siidseite des Abrollbahnhofes sind fiir Detailrangierungen drei Stumpfgleise und ein Auszugs¬ gleis vorgesehen. Zwischen dem Vorfahr- und dem Ein¬ fahrtsbahnhof sowie zwischen dem Loko- motivdurchfahrtsgleis und dem kurrenten Gleis II ist Raum fiir je vier Gleise aus¬ gespart. Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau. 189 ad 3. Aufier den bereits 1907 ausge- fuhrten Vorfahrgleisen III und IV wurde noch ein Vorfahrgleis VI aus- gefuhrt und der Raum fur ein weiteres Vorfahrarleis V freigelassen. Fur Zwecke des linkseitigen Ein- und Aussteigens der Reisenden sind neben den Gleisen I und II Bahnsteige mit Auf- und Abgangsstiegen vorgesehen. Der Zu- und Abgang nach und von den Bahnsteigen erfblgt von der Uberfahrt in Kilometer Vom nordlichen Auszugsgleis der Anlage rechts der Bahn zweio;t das Magazins- und Strafienladegleis ab, an welchem eine Ladestrafie und ein Giiter- schuppen mit Kanzleianbau und Lade- rampe erbaut wurde. Von den in Strafihof errichteten Hoch- bauten ist das zweistockige Bediensteten- wohnhaus im Grundrisse dargestellt; es \vurden drei solcher einander in den Aus- mafien ahnlicher Bauten ausgefuhrt, da infolge des Fehlens jeglicher in der Nahe gelegener Niederlassung erst eigene Wohn- raume geschaffen werden mufiten. Aufier- dem sind in Strafihof unter anderem drei Kaserngebaude, ein Dienstgebaude, eine Verkehrsfiliale und ein elektrisches Kraftwerk errichtet worden. Die Sudbcihn. Die allgemeine Verkehrssteigerung, der vom Staat durchgefiihrte Bau der grofien Alpenbahnen, welche an zwei Stellen die Stidbahn beriihren, und der Bau kleinerer Anschlufibahnen erforderten auch bei der Sudbahn die Erweiterung oder den volligen Umbau einer grofien Empfangshalle c = Ausgangshalle e = Wartesaal III. KI. g = Restauration II. KI. Gepacksaufgabe d = Gepacksaufgabe / = Wartesaal II. KI. h — Restauration III KI. Abb. 188 Aufnahmsgebaude Klagenfurt, Siidbahn. (Erdgeschoft.) 190 Hugo Koestler. Abb. 189. Neues Aufnahmsgebaude Klagenfurt, Siidbahn. (Schnitte EF und ON der Abb. 188.) Anzahl von Bahnhofen, an anderen Stellen die Errichtung neuer Stationen. Von den grofieren Bauten neuer An- schlufistationen sind insbesondere zu nennen: Der Ubergangsbahnhofin Op¬ čin a am Kreuzungspunkt der neuen Staatsbahnlinie V i 11 a c h— beziehungs- weise Klagenfurt—Triest mit der Stidb ahnlinie W i e n—■ Triest, welcher hauptsachlich aus Ubergangs- und Giiter- abstellgleisen besteht. Von diesem neuen Bahnhof zweigt eine von den Staats- bahnen ausgeftihrte Verbindungskurve zum neuen Staatsbahnhof Opčina ab, welche den Giiteraustausch der beiden Bahnen vermittelt. Der Zentralbahnhof in Klagen¬ furt, der an der Kreuzungsstelle der ob- genannten neuen Staatsbahn mit der Siidbahnlinie Marburg—Franzensfeste als Gemeinschaftsbahnhof entstanden ist. Dieser Bahnhof gliedert sich in den getrennt angelegten Personen- und den Abb. 190. Ansicht des neuen Mittelbaues gegen die Stadt. Giiterbahnhof, zwischen welch letzteren eine kleine Zugsforderungsanlage einge- schaltet \vurde. Der im Bereiche des urspriinglichen Siidbahnhofes erbaute Personenbahnhof besteht aus einem umgebauten, erheblich erweiterten und modern ausgestatteten Aufnahmsgebaude und einem mit diesen durch einen Personen tunnel verbundenen gedeckten Zwischenbahnsteig und ist derartig ausgestaltet, dafi die gleichzeitige Aufstellung von Zilgen nach Marburg, St. Veit a. d. Glan, Franzensfeste und Afiling moglich ist. Der neue Giiterschuppen ist mit zahnformigen Ladebiihnen versehen. Die erst im Jahre 1898 vergrofierte Station Božen, die aus Anlafi der Eroffnung der Vintschgaubahn, dann in- folge des Ausbaues der Uberetscherbahn bis zur Mendelhbhe, in ausgiebiger Weise durch Herstellung einer neuen Zugfor- derungsanlage und Erweiterung der Per¬ sonen- und Giiterdienstanlage vergrofiert werden mufite. Dieser Umbau ist zurzeit bis Abb. 191. Halle des neuen Gebaudes in Klagenfurt. Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau. 191 Abb. 192. Aufnahmsgebaude Klagenfurt; Wartesaal II. Klasse (neu). Abb. 193. Aufnahmsgebaude Klagenfurt; Restaurant lil. Klasse (neu). zur Halfte gediehen und \vird im Laufe von zwei Jahren zum grofiten Teile voll- endet sein. Die Station B r u n e c k, welche aus Anlafi der Einmundung der Lokalbahn Bruneck— Sand erweitert und umgestaltet wurde. Mit der Einmundung der Wippach- talbahn wurde die Station Gorz voll- standig- umgebaut. Ebenso erfuhren die Stationen L e i b n i t z (Linie Wien—Triest) und Polfing—-Brunn (Linie Graz— Kdflach) durch den Bau der Sulmtalbahn eine entsprechende Vergrofierung. Neue Stationen wurden hergestellt: In Bruck a. M. nordlich vom be- stehenden Bahnhof eine nur dem Giiter- verkehre dienende Station, Bruc k-F rach- t e n b a h n h o f, und anschliefiend daran eine Zugforderungsanlage mit Werkstatte. Dadurch kann der gesamte ursprungliche Bahnhof •— der in nachster Zeit in mo- derner Weise ausgestattet werden wird — nur ftir die alleinige Abwicklung des Personendienstes benlitzt werden. Zur Entlastung der Station F r a n- zensfeste wurde unter gleichzeitiger Vergrofierung dieser Station am linken O o Eisackufer der neue V erschubbahn- hof Aicha erbaut, welcher nur dem Verschubdienste gewidmet ist. In Grobelno (nachst Cilli) wurde aus Anlafi der Eroffnung der normal- spurigen Lokalbahn nach Rohitsch- Sauerbrunn eine neue Station errichtet. In Verd, sudlich von Laibach, wurde eine neue Station ftir den Gesamtverkehr erbaut. An sonstigen Stationserweiterungen waren Donawitz, Miirzzuschlag, Spiel- feld, Trifail, Cilli, dann Divača, Triest, Sagrada und Cormons zu envahnen, aufierdem wurde eine grofiere Anzahl von Betriebsausweichen ausgefuhrt. Im Bilde sind weiters die neue Z o 11- abfertigungsstelle des Siidbahn- hofes in Wien und der P e r s o n e n- tunnel des Bahnhofes Meidling dargestellt. Trotzdem die Frachtenstation Matz- leinsdorf in Wien, sowohl was die Gleis- anlagen als auch was die Freiladeanlagen anbelangt, in durchgreifender Weise er- weitert \vurde, ergab sich die Notwen- digkeit, zur Entlastung dieser Station nachst dem Siidbahnhofe in Wien eine Abb. 194. Wien, Siidbahn; neuer Giiterschuppen und Zollabfertigungsstelle nachst dem Favoritenviadukt. IQ2 Hugo Koestler. Abb. 195. Grundrift des Zollabfertigungsgebaudes in. Wien, Siidbahnhof. Abb. 196. Schnitt durch die Halle des Zoll- abfcrtigungsgebaudes in Wien, Siidbahnhof. neue, in modernster Weise ausgestattete Giiterverladestelle samt Zollexped.it zu schaffen. Der zugehorige Hochbau besteht aus einem Keller-, -einem ParterregeschoG und ersten Stockwerke. Gegen den Fa- voritenplatz zu mit entsprechenden Zu- fahrten und Vorplatzen befinden sich die erforderlichen Zoll- und Bahnbureauraume und eine grofie I-Ialle, in welcher sich der Parteienverkehr abwickelt. Anschlie- fiend an diese Bureaus sind ebenerdig, im ersten Stock, dann im Keller Beschau- raume und Magazine vorhanden, elek- trische Aufziige vermitteln die Auf- und Abgabe der Frachten. Ein geraumiger Freiladeplatz mit Verladerampen und Stockgleisen schliefit sich nord- und ost- warts an das Gebaude an. Mit diesen bisher durchgefuhrten Bauten ist erst ein Teil des Programms erledigt, welches die Siidbahn zur Aus- gestaltung ihres umfangreichen Netzes aufgestellt hat. Den nachsten Jahren bleibt die Ausfuhrung einer Reihe grofier Ar- beiten vorbehalten, die zum Teil schon begonnen, zum Teil im Projekte vor- liegen. Es sind dies die Bahnhofe: Wien - Matzleinsdorf - Meidling, Leo- bersdorf, Wr.-Neustadt, Bruck-Personen- bahnhof, Graz, Marburg Plauptbahnhof, Laibach, Villach, Kufstein, Innsbruck,Fran- zensfeste, Trient, Rovereto, Mori und Ala. Die Osterreichische Nordwestbahn und ■die Siid-Norddeutsche Verbindungs- o bahn. Die Osterreichische Nordwestbahn hat in den letzten Jahren mit dem doppel- gleisigen Ausbau der Hauptlinie Wien — Tetschen begonnen und bis 1907 die Teile G r o C-W o s s e k—Lissa und Schreckenstein—T etschen voll- endet. Wien—Stockerau, Časlau— Grofi-Wossek und Lissa—^Melnik sind gegenwartig in Ausfuhrung und kommen noch 1908 zur Eroffnung, so dafi damit zusammen 144 km doppel- gleisig ausgebaut sind. Von den ubrigen Strecken liegt ein Teil im Projekte vor, der Rest ist in Ausarbeitung begriffen. Der Bau des zweiten Gleises erfor- derte naturgema.fi verschiedene Ande- rungen innerhalb der Stationen, doch sind auch viele Bahnhofe der noch ein- gleisigen Strecken durch Ausfuhrung von Vorfahrgleisen aufnahmsfahiger gemacht worden, um schon fiir die Zeit bis zum vollstandigen zweigleisigen Ausbau den gegenwartigenVerkehrsbedtirfnissen Rech- nung zu tragen. In den Jahren 1905/06 ist durch die Siid-Norddeutsche Verbindungs- b a h n der Reichenberger Bahnhof umgebaut worden. Abb. 197. Bahnhof Meidling, Siidbahn, Schnitt durch den neuen Personentunnel. Oberbau, Bahnhofsanlagen imd Eisenbahnhochbau. 193 13 Abb. 198. Zollabfertigungsgebaude Wien, Siidbahn. Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau. '95 Abb. 201. Reichenberg; Grundrisse der Hochbauten am Personenbahnhofe. a Wartesaal I. KI. — b Wartesaal II. KI. — c Wartesaal und Restauration III. KI. — d Restauration I. und II. KI. Der Bahnhof Reichenberg wurde im Jahre 1858 als Durchgangsstation fiir die Pardubitz-Reichenberger und dieZi11au-ReichenbergerBahn und gleichzeitig als osterreichischer und sach- sischer Grenzzollbahnhof in der damals allgemein iiblichen Weise erbaut, so dalj fast samtliche dem Verkehr dienenden Anlagen an die stadtseitig gelegene Zufahrtstrafie gelegt waren, was bei der allmahlichen Steigerung des Ver- kehres zu gegenseitigen Behinderungen Veranlassung gab. Obgleich die Bahnhof- anlage im Laufe der Jahre wiederholt enveitert und umgestaltet wurde, hab en die Verkehrsverhaltnisse zufolge des Aus- baues der Linie Reichenberg — Sei- d e n b e r g durch die Siid-Nord- deutsche Verbindungsbahn im Jahre 1875, ferner durch den Anschlufi der Reichenberg-Gablonz-Tann- walderEisenbahnim Jahre 1888 und durch den Anschlufi der Aussig-Tep- litzer Eisenbahn (Linie Teplitz— Settenz—Reichenberg) im Jahre 1903 eine so wesentlicheVeranderung und Steigerung erfahren, dafi im Jahre 1905 zu einem durchgreifenden, der Einfiihrung von nun- mehr funf Bahnlinien Rechnung tragen- den Umbau geschritten werden mufite. Es wurde ein neuer gemein- schaftlicher Personenbahnhof mit einem Inselbahnsteig gegen- tiber dem alten Aufnahmsgebaude ge- schaffen, das alte Aufnahmsge¬ baude aber, in dem nur die Kassen- und die Gepacksabfertigung belassen wurden, mit dem neuen Hauptgebaude auf dem Inselbahnsteig durch funf Tunnels verbunden. Das Hauptgebaude enthalt eine Vorhalle, die Warte- und Restaurationssale und Verkehrsbureaus. In seinem Untergeschofi sind die Wirt- schaftsraume der Bahnhofrestauration un- tergebracht. Dreizehn elektrisch betriebene Aufziige besorgen die Weiterschaffung des Gepacks, des Eilgutes und der Post- stiicke. Der Personen verkehr wickelt sich hiebei in folgender Weise ab: Die Rei- senden betreten bei der Abreise zunachst das alte Aufnahmsgebaude, losen dort die Fahrscheine, geben das Gepack auf und gehen durch den Personeneingangs- tunnel entweder in das neue Gebaude und von dort aus auf die anschliefienden Bahnsteige zu den Richtungen: Tann- wald—Schumburg, Teplitz und Wien oder sie gelangen direkt, ohne das neue Ge¬ baude zu betreten, zu den Zwischenbahn- 13* 196 Hugo Koestler. Abb, 202 Reichenberg; Wartesaal I. Klasse. steigen fur die Ziige der Richtungen Sei- denberg und Zittau. Auf diesen beiden Zwischenbahn- steigen ist je ein eigener Warteraum und je eine Kasse fur Ubergangsreisende angeordnet. Die in Reichenberg Ankom- menden verlassen den Bahnhof durch den Personenausgangstunnel, welcher in die strafienseitig gelegene Ausgangshalle fiihrt. Die Abbildung 207 stellt den Grundrifi und die Schlufivignette eine Ansicht der n e u e nW a c b t e r h a u s t j' p e der O s t e r- reichischen Nordwestbahn dar, welche 1907 in der Lokalstrecke Wien — Stockerau zum erstenmal ausgeftihrt wurde; bei dieser Type sind die Forderun- gen des Dienstes und der Hygiene dadurch besonders beriicksichtigt, dafi das Wachterhaus einen Vorplatzund ei- nen Dienstraum mit eigenem Eingang und aufier Zimmer und Ktiche noch eine Kammer besitzt. Auch aufier- lich fallt die neue Type gegeniiber alteren Bauten dieser Art auf, da sie sich von ihnen in angenehmer Weise durch gefallige moderne For- men unterscheidet. an anderen durchgreifende Um- bauten vorgenommen. Von diesen letzteren seien ins- besondere Stadlau, Skalit z- Boskowitz, Zwittau, B.-Trii- bau und Poričan genannt. In Pardubitz und L i e b e n wurden aufier der Umgestaltung der Gleis- anlage neue Aufnahmsgebaude ge- schaffen, jenes von Pardubitz ge- meinschaftlich mit der Siid-Nord- deutschen Verbindungsbahn. W eiters sind die Anlagen von H u š o v i t z und R a u d n i t z vergrofiert \vorden. Im Jahre 1900 hat die Staats- eisenbahn-Gesellschaft mit d. Kaiser Ferdinands - Nordbahn die beiden Briinner Personenbahnhofe zu einem grofien gemeinschaftlichen Persone n bahnhof umgebaut. Durch Ausbau des neuen Giiterbahn- hofes der Kaiser Ferdinands-Nordbahn und Abtragung der Guterschuppen des alten Bahnhofes wurde Raum fur die neuen Personenzugsgleise geschaffen; zur Ermoglichung einer direkten Einfahrt fur die aus der Richtung Wien kommenden Ztige der Staatseisenbahn-Gesellschaft in diesen Bahnhof mufite zwischen der Linie Wien—Briinn der Staatseisenbahn- Gesellschaft und der Kaiser Ferdinands- Nordbahn eine Verbindungsschleife aus- gefiihrt werden. Der Personenbahnhof besteht aus dem Aufnahmsgebaude, aus zwei Insel- und zwei Endbahnsteigen und dem diese Die Stacttseisen balin- Gesellscli aft. Die Staatseisenbahn-Gesellschaft hat ebenfalls eine Reihe von Sta- tionen durch Anlage von Vorfahr- gleisen und Vergrofierung der Nutz- langen aufnahmsfahiger gemacht, Abb. 203. Reichenberg; Restauration III. Klasse. Oberbau, Bahnhofsanlagen und Eisenbahnhochbau. 197 einem und das Aufnahmsgebaude verbindenden Personentunnel. Das Aufnahmsgebaude enthalt eine an Stelle des urspriinglichen Mittel- traktes erbaute in grofien Mafien gehal- tene Mittelhalle mit den Personen- und Gepackskassen. Das Strafiengeschofi des alten Aufnahmsgebaudes der Kaiser Fer- dinands-Nordbahn wurde zu einer Aus- gangshalle und jenes im alten Auf¬ nahmsgebaude der Staatseisenbahn-Ge- sellschaft zu Wartesalen und zu einer Restauration III. Klasse umgewandelt. Die Verkehrskanzleien beider Bahnver- waltungen wurden in Gebaude untergebracht. Der Ausgangshalle und dem Dienstgebaude ist strafienseitig ein ge- deckter Bahnsteig und den Wartesalen ein Gang vorgebaut. Die alte Restauration der Staatseisenbahn wurde abgetragen und an deren Stelle ein neuer Restaurationssaal I. und II. Klasse errichtet. Aus der Mittelhalle fiihrt eine Stiege in ein.en tie- fergelegenen Raum, durch welchen man auf den Bahnsteig I und in die Ausgangshalle ge- langt; der anschliefien- de Tunnel vermittelt den Zugang zu den beiden Inselbahnsteigen und zum Endbahnsteig. Von den Bauten der iibrigen Privatbahnen ware noch die Aus- fiihrung des zweiten Gleises der Buschte- hrader Bahn hervor- T zuheben. 8 Diese Bahnverwal- ž tung hat 1890 mit der ^ Legung des zweiten Gleises innerhalb der Linie K o m o t a u— E g er begonnen und Ende 1895 die 367 km lange Strecke Tirschnitz—Chodau dem Doppelgleisbetriebe ubergeben. 1897 wurden die Bauarbeiten wieder fortgesetzt, bis 1907 das zweite Gleis auf der gan- zen Linie Komotau—Eger in 113 km Von der Linie Lange vollendet wurde. 198 Hugo Koestler. Abb. 206. Briinn; Ansicht des gemeinschaftlichen Aufnahmsgebaudes. Prag—Komotau ist bis 1908 erst Krupa—Saazmit ca. 36 km ausge- b a u t, so dafi zur doppelgleisigen Aus- gestaltung der ganzen Strecke noch Abb. 207. Osterreichische Nordwestbahn; Erdgeschofi der neuen Wachterhaustype. 89 km fehlen, von welchen ein Teil be- reits in Angriff genommen wurde. Grofie Bahnhofumbauten filhrte die Buschtehrader Bahn in diesem Jahrzehnte nicht durch; doch hat sie wie die B 6 h- mische Nordbahn und die A u s s i g- Teplitzer Eisenbahn eine Reihe klei- nerer Bauten ausgefuhrt, die sich auf die Herstellung neuer Vorfahrgleise, Vergro- fierung der Giiterdienstanlagen und bei der Bohmischen Nordbahn auf die Errichtung neuer Aufnahmsgebaude erstreckten. Die vorstehenden Ausfiihrungen ver- folgen den Zweck, die umfangreichen Ver- anderungen und Vervollkommnungen zu veranschaulichen, welche im verflossenen Dezennium zur Erhohung der Leistungs- fahigkeit der osterreichischen Bahnen zur Durchfiihrung gelangt sind; eine einge- hendere Darstellung dieser Bauarbeiten war wegen des zur Verfiigung stehenden Raumes nicht moglich. Der kommenden Zeit ist noch ein weites Arbeitsgebiet vorbehalten. Noch immer bewegt sich der Verkehr in aufsteigender Linie und demgemafi wachsen die Anspruche, die an die bau- lichen Anlagen der Bahnen gestellt werden, denen aber entsprochen werden mufi, wenn die Abwicklung des Ver- kehres nicht gehemmt und dadurch unwirtschaftlich werden soli. Tunnelbau. Von JOSEF HANNACK, k. k. Oberbaurat. S EIT der Vollendung des Arlberg- tunnels und der Eroffnung des Ver- kehrs auf der Arlbergbahn, \velche am 21. September 1884 erfolgte, bis zum Beginne des Baues der mit dem Gesetze vom 6. Juni igoi sichergestellten »zweiten EisenbahnverbindungmitTriest«, u. zw. der Karawanken- und Wocheiner-Bahn (Kla- genfurt — Wochein —Gorz — Triest), der Tauernbahn (Schwarzach — Badgastein — Spittal a. d. Drau) und der Pyhrnbahn (Klaus-Steyrling—Selztal), das ist in einem Zeitraume von 17 Jahren, wurden in Osterreich, wie aus dem nachstehenden, der »Osterreichischen Eisenbahnstatistik fiir dasjahr 1906« des k. k. Eisenbahn- ministeriums entnommenen tabellarischen Ausweise hervorgeht, fast ausschliefilich nur eingleisige und nur Tunnels von ge- ringer Lange, u. zw. nur 113 eingleisige Tunnels von zusammen 21.592 m Lange und 4 zweigleisige Tunnels von zusammen 1680 m Lange, im ganzen somit 117 Tunnels mit zusammen 23.272 m Lange erbaut. Wird diese Gesamttunnellange wegen des Vergleiches mit der in der Zeitperiode vomEnde 1901 bisEnde 1908 hergestellten Tunnels auf die Leistung eines Jahres umgerechnet, so entfallt auf ein Jahr 23.272 17 - = 1369 m Tumiel. Erst mit dem Baue der zweiten Eisen- bahnverbindung mit Triest, deren Weg sich mitten durch die von hohen Gebirgen durchzogenen Alpenlander bahnt, ge- langte der Tunnelbau zu neuem Auf- schwunge und eroffnete sich fur die osterreichischen Tunnelbauingenieure ein neues Feld fruchtbringender, umfang- reicher Betatigung. Handelte es sich doch um die Durch- brechung von nicht vveniger als v i e r Alpemvallen: der Karawanken bei Afi- ling, der sudlichen Auslaufer derjulischen Alpen bei Wocheiner Feistritz, der nord- lichen Kalkalpen bei Spital am Pyhrn durch den Stock des grofien Bosruck und der Gebirgskette der Hohen Tauern bei Badgastein. Aufier diesen vier grofien Alpentunnels kamen im Linienzuge der zweiten Eisen- bahnverbindung mit Triest und bei an- deren Bahnen noch zahlreiche eingleisige Tunnels zur Ausfiihrung, von welchen einzelne fiir den Ingenieur nicht minder interessante Bauobjekte bilden und bei vvelchen nicht geringe Schwierigkeiten zu iibervvinden waren. Seit Ende des Jahres 1901, somit seit Inangriffnahme der Bauarbeiten fiir die zweite Eisenbahnverbindung mit Triest bis zur Zeit der Fertigstellung dieser Bauarbeiten mit Ende 1908 (der Tauern- tunnel miteingerechnet), sind dem nach¬ stehenden, mit Ausnahme der Angaben tiber die Tauernbahn Badgastein—Spittal a. d. Drau ebenfalls der osterreichischen Eisenbahnstatistik entnommenen tabel¬ larischen Ausweise zufolge, in dieser siebenjahrigen Bauperiode in Osterreich 126. eingleisige Tunnels mit zusammen 42.417'6« Lange und 3 zweigleisige Tun¬ nels mit zusammen 22.865 - 4 m Lange, somit im ganzen 129 Tunnels von 65.283 m Lange erbaut worden. Wird diese Gesamttunnellange wieder wie vorher auf die Leistung eines Jahres umgerechnet, so ergibt dies auf e in Jahr (> ^ . 2S ' m — 9326 m Tunnel, wahrend in der Zeitperiode von Ende 1884 bis 202 Josef Hannack. Tunnels, erbaut von Ende 1884 bis Ende 1901. T unnelbau. 203 204 Josef Hannack. Tunnels, erbaut von Ende 1901 bis Ende 1908. *) Hiezu waren auch die 17 eingleisigen Tunnels der Lokalbahn Krerns a. d. Donau—Grein mit zusammen 3024 m Lange und die 6 eingleisigen Tunnels der Wechselbabn Aspang—Friedberg mit zusammen 5053 m Lange zu zahlen, welche jedoch hier noch nicht einbezogen erscheinen, weil der Bau aieser Tunnels erst im Jahre 1908 in Angriff genommen wurde. Tunnelbau. 205 Ende 1901, wie vorher berechnet, auf ein Baujahr nur 1369 m entfallen. Uber den Bau der Alpentunnels der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest, als der baugeschichtlich und technisch interessantestenTunnels dieser Bauperiode, moge nun nachstehendes im Rahmen des hi er zur Verfiigung stehenden Raumes angefiihrt werden. Um den im Gesetze vom 6. Juni 1901 vorgeschriebenen Termin fur die Betriebs- eroffnung der zweiten Eisenbahnverbin¬ dung mit Triest einhalten zu konnen, erheischten nur die vier grofien Al¬ pentunnels wegen ihrer besonderen Lange die Anwendung von maschineller Bohrung fiir den Vortrieb des Richt- stollens und die Anlage umtangreicher und kostspieliger maschineller Einrich- tungen ftir die Bohrung, die kiinstliche Ltiftung der Tunnels, die Material- forderung in und aufierhalb der Tunnels, fiir den Betrieb der Werkstatten und der elektrischen Beleuchtung des Baubetriebs- platzes und der Gebaude und fur die Beschaffung des Trink- und Nutzwassers in und aufierhalb der Tunnels. Aufier den Gebauden fiir die Unter- bringung der angefiihrten maschinellen Anlagen mufiten beiderseits der Tunnel- miindungen eine grofie Anzahl von Ge¬ bauden fiir Unterbringung und Ver- pflegung der Beamten und Arbeiter, ferner Spitaler, Werkstatten, Magazine, Lokomotivremisen, Sagen u. s. w. erbaut werden, Lagerplatze fur Baumaterialien und ausgedehnte Gleisanlagen vor den Tunneleingangen hergestellt und Platze fiir die Ablagerung der Tunnelausbruch- massen beschafft, sowie Zufahrtswege zu den Baubetriebsplatzen und Fahrwege auf diesen Platzen hergestellt werden. 206 Josef Hannack. Was die eigentlichenTunnelbauarbeiten bei den grofien Alpentunnels betrifft, wird im allgemeinen folgendes bemerkt: In Ansehung der glanzenden Erfolge, welche die Anlage des Sohlstollens statt des Firststollens alsRichtstollen beim Baue des Arlbergtunnels bewirkte, und in Erkenntnis der besonderen Vorteile dieses Bauvorganges wurde bei allen vier grofien Alpentunnels die Anlage des Sohlstollens als Richtstollen gewahlt und im Bauvertrage vorgeschrieben. Das Vorgehen mit Sohlstollen kon- zentriert die gesamten zur Herstellung des Tunnels zu bewirkenden verschieden- artigen Arbeitsleistungen, wie den Vortrieb des Sohi- und Firststollens, die Vollaus- bruch- und Mauerungsarbeiten der Tunnel- rohre auf nur eine Forderbasis, das ist die Rollbahn in der Sohle des Tunnels, erleichtert die Forderung des Ausbruch- materials in der oberen Tunnelprofil- halfte und ermoglicht die Verwendung kleiner Forderlokomotiven, wie Benzin- oder Prefiluftlokomotiven zur Forderung des Ausbruch- und Mauerungsmateriales in der in Arbeit befmdliehen Tunnel- strecke. Zudem wird hiebei durch den Sohlstollen das ganze Tunnelprofil ent- wassert und das Gebirgswasser in der Tunnelsohle abgefuhrt. Weiter sei noch auf die schwerwiegen- den Nachteile beim Mangel eines Sohl¬ stollens in druckhaften Gebirgsstrecken hingewiesen, der bei manchen Tunnel- bauten schon zu Katastrophen fiihrte und oftmalige und kostspielige Rekonstruk- tionen der Tunnelrohre erforderte. Die Frage, ob der Sohlstollen oder der Firststollen als Richtstollen angelegt werden soli, war daher bei Beginn der Bauarbeiten fiir die grofien Alpentunnels zu Gunsten des Sohlstollens langst gelost. Auch die Frage, ob aufier dem einen Richtstollen noch ein zweiter Sohlstollen als Parallelstollen, wie beim Simplon- tunnel, ausgefiihrt werden solle, sowie der durch Professor Dr. H e n n i n g s und Ingenieur W e b e r in der Schweiz ge- machte Vorschlag, den Richtstollen tiefer, und zwar unter der eigentlichen Tunnel¬ sohle (Unterstollen) anzulegen,*) war beim *) Dies kOnnte wohl nur bei durchwegs standfestem Gebirge durchgefiihrt werden. Bau der grofien Alpentunnels der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest nicht in Erwagung zu ziehen, weil diese Tunnels nur eine Lange bis hochstens 87 2 km aufweisen, nur eine mafiig hohe Gesteins- temperatur zu erwarten und das Einblasen besonders grofier Luftmengen in den Tunnel nicht vorzusehen war, so dafi alle Rohrleitungen fiir die Tunnelliiftung, die maschinelle Bohrung und fiir die Trink- und Nutzwasserleitung, sowie etwa erforderliche Kabelleitungen in dem einen Hauptstollen (Richtstollen), durch welchen auch die gesamte Materialforderung ge- leitet wird, neben dem Fordergleise untergebracht werden konnten. Bei der Wahl der beim Vortrieb des Sohlstollens anzuwendenden Bohr- maschinensj’steme mufite vor allem auf die mehr oder minder standfeste Be- schaffenheit und Harte des zu durch- fahrenden Gebirges Bedacht genommen werden. Die Stofibohrmaschinen, gleichgiiltig, ob sie mit Prefiluft oder elektrisch be- trieben werden, erzeugen wegen der ge- ringen, in rationeller Weise noch an- wendbaren Breite der Bohrerschneide nur Bohrlocher von 30 bis 35 mm Durch- messer an der tiefsten Stelle des Bohr- loches, wiihrend die Brandtsche Dreh- bohrmaschine, \velche aufier den ver- schiedenen Stofibohrmaschinen allein noch in Betracht kommt, und bei welcher ein dreizackiger Stahlbohrer durch Wasser- druck von 80 bis 100 Atmospharen bei langsamer Drehung in das Gestein ge- prefit wird, Bohrlocher von 70 mm Durch- messer herstellt. Die in die Bohrlocher der Brandtschen Bohrmaschineeingebrachte Dynamitmenge ist daher gegeniiber jener bei den Stofi¬ bohrmaschinen funfmal so grofi; dement- sprechend ist auch die Sprengwirkung eine ungleich grofiere, wobei das Gebirge in weitem Umfange erschuttert wird, wenn es keine besondere Standfestigkeit besitzt. Aus diesem Grunde wurde unter Be- riicksichtigung der verschiedenartigen geo- logischen Beschaffenheit des Gebirges bei den grofien Alpentunnels, welche an an- derer Stelle noch besprochen werden soli, fiir den Vortrieb des Sohlstollens beim Karawanken-, Wocheiner- und Bosruck- Tunnelbau. 207 tunnel die Anwendung von Stofibohr- maschinen vorgesehen, dagegen beim Tauerntunnel wegen der grofien Harte des Gesteins daselbst und der bisherigen glanzenden Erfolge dieser Bohrmaschine beim Albula- und Simplontunnel in der Schweiz die Anwendung des Brandtschen Bohrmaschinensystems ftir den Stollen- vortrieb im Bauvertrage ausdriicklich vor- geschrieben. paraturkosten und waren daher fur die forciert zu betreibende Auffahrung des Sohlstollens bei den grofien Alpentunnels nicht verwendbar. Den eingehenden Studien und uner- miidlich angestellten Versuchen des Ober- ingenieurs Theodor Hauber der Elektrizitatsgesellschaft Siemens & Halske (heute »Siemens-Schuckert-Werke«), wel- cher hiebei von dem damaligen Eisen- Abb. 208. Elektrische Bohrmaschine, Systein Siemens & Halske. (Nordseite Kararvanken- und Nordseite Wocheinertunnel.) Die Fortschritte der Elektrotechnik brachten auch dem Tunnelingenieur auf dem Gebiete der Bohrmaschinen eine aufierst wertvolle Errungenschaft: Die Konstruktion einer in rationeller Weise mit Erfolg anzuwendenden elektrischzu betreibenden Stofibohrmaschine. Die elektrischen Bohrmaschinen alter Konstruktion, welche vornehmlich in Berg- werken und Steinbriichen zur probeweisen Amvendung gelangten, befanden sich zur Zeit der Inangriffnahme der Bauarbeiten bei den Alpentunnels noch in den ersten V ersuchsstadien, erforderten grofi e Re- bahnbaudirektor Sektionschef Karl W u r m b tatkraftigst unterstiitzt und er- muntert wurde, gelang es jedoch, das alte Modeli einer elektrischen Bohr¬ maschine dieser Firma in eine kraftig wirkende Maschine umzugestalten. Vier dieser Maschinen wurden, auf einem Bohrwagen angebracht, ftir die Bohrung vor Ort verwendet. Die von Hauber durchgefiihrten wesent- lichen Verbesserungen an dem alten Bohr- maschinenmodell bestanden hauptsachlich darin, dafi der Elektromotor nicht mehr abseits von der Bohrmaschine frei auf 208 Josef Hannack. der Stollensohle aufgestellt war, sondern mit der Bohrmaschine in fester Verbin- dung stand, wodurch die kraftiibertragende flezible Welle wegbleiben konnte. Der Motor der neuen Bohrmaschine war urspriinglich fur Gleichstrom kon- struiert, Die bedeutende Lange der Kabel im Tunnel, welche mit dem Vorrticken des Sohlstollens stets grofier wird, notigte spater jedoch dazu, den Gleichstrommotor durch einen Drehstrommotor zu ersetzen, um das teure Gleichstromkabel durch ein billigeres Hochspannungs-Drehstromkabel mit geringerem Kupferquerschnitt zu er¬ setzen und um die Aufstellung eines Dreh- strom-Gleichstrom-Umformers im Tunnel zu vermeiden. Ein soleh er Umformer hatte mit dem Fortschritte des Stollens zeit- weise umgestellt und gegen das Tunnel- innere vorgeschoben werden mussen, was nur aufierst schwierig, zeitraubend und kostspielig durchzufiihren gewesen ware. Aufier wesentlichen Verbesserungen in der Konstruktion und im Material der Rtickschlagfeder der Bohrmaschine wurde spater auch der Bohrwagen, auf welchem die vier Bohrmaschinen ange- bracht sind, entsprechend umgestaltet, wodurch ein leichteres Vor- und Riick- schieben zum und vom Stollenorte er- moglicht wurde. Ferner wurden die Si- cherungskasten, welche am Bohnvagen aufsitzen, derart abgedichtet, dafi das etwa von der Stollenfirste tropfendeWasser nicht in das Innere des Sicherungs- gehauses gelangen kann, wahrend frtiher durch das Eindringen von Wasser nicht selten Kurzschliisse hervorgerufen wurden. Die mit diesen verbesserten Bohrmaschinen im Sohlstollen der Nordseite des Kara- wankentunnels und der Nordseite des Wocheinertunnels durchgefiihrten Arbeiten hatten sehr gute Erfolge aufzuweisen, ins- besondere im Triaskalke der Nordseite des Karawankentunnels, bei welchem in der Stollenstrecke von iooo m bis 4000 m Entfernung vom Tunneleingang, mithin far eine Stollenlange von 3000 m , ein durchschnittlicher Tagesfortschritt von 5'5 * erreicht wurde. Wenn auch die Kosten der Instand- haltung der Bohrmaschinen und der Kraft- zufiihrungsleitungen bisher sich etwas hoher stellten und diese Maschinen einer aufmerksameren Bedienung durch geschulte Leute bedtirfen, als die pneumatisch zu betreibenden Stofibohrmaschinen, so ist bei der Wahl der verschiedenen Sy- steme von Bohrmaschinen bei einem Tunnelbau als Hauptfaktor mitbestim- mend, welche Kraft zum Betriebe der Bohrmaschinen, der Tunnelluftungsmaschi- nen, der maschinellen Forderung, zum Betriebe der Werkstattenmaschinen und zur elektrischen Beleuchtung bei den Tunneleingangen zur Verfiigung steht. Ist die Betriebskraft in ausreichendem Mafie vorhanden, so konnen, wenn die Gebirgsbeschaffenheit oder andere Um- stande es gestatten, sowohl hydraulisch als auch pneumatisch oder elektrisch zu betreibende Bohrmaschinen verwendet werden; wo dies aber nicht der Fali ist, oder die Beschaffung der notigen Betriebs¬ kraft nur mit unverhaltnismafiig groLen Kosten verbunden ware, dort ist, wegen des weit geringeren Kraftbedarfes der elektrischen Bohrmaschine vorteilhaft diese zur Bohrung zu verwenden und steht ihr schon aus diesem Grunde eine aussichts- volle Zukunft bevor. FJiezu wird bemerkt, dafi eine elek- trische Bohrmaschine Siemens & Flalske neuer Konstruktion einen Antriebsmotor von nur 2'5 bis 3 PS benotigt, was einem Kraftbedarfe von 5 PS an der Welle der den Strom erzeugenden Maschine ent- spricht. Es sind somit fiir den gleich- zeitigen Betrieb von vier Bohrmaschinen auf einem Bohrwagen 12 PS vor Ort des Stollens, beziehungsweise 20 PS an der Kraftwelle im Maschinenhause erforder- lich, wahrend eine pneumatisch zu be¬ treibende Bohrmaschine grofterer K011- struktion 18 bis 20 PS an der Maschine und 25 bis 30 PS an der Kraftvvelle be- darf, somit fur vier gleichzeitig arbeitende Bohrmaschinen vor Ort 80 PS beziehungs- weise an der Kraftwelle 120 PS erfor- derlich sind. Eine hydraulische Bohrmaschine Sy- stem Brandt benotigt zum Betriebe un- gefahr 50 PS an der Welle des Antriebs- motors der Prefipumpen und ist somit fiir den gleichzeitigen Betrieb von drei bis vier solehen Bohrmaschinen eine Betriebskraft von 150 beziehungsweise Tunnelbau. 209 200 PS an der Kraftwelle im Maschinen- hause erforderlich. Der Bauvorgang bei Herstellung der Tunnelrohre der grofien Alpentunnels der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest war im allgemeinen der gleiche wie beim Arlbergtunnel: Vortrieb des Sohlstollens als Richtstollen, Herstellung von Auf- briichen vom Sohlstollen aus bis zur Firste des Tunnelprofils, sodann Vortrieb des Firststollens; vom Firststollen aus, diesem in gewissen Abstanden nachfolgend, die Herstellung von Vollausbruch-Aufbruch- ringen in der Lange von 8 bis 10 m als Angriffsstelle ftir die Herstellung der Tunnelrohre und nach Fertigstellung die- ser Aufbruchringe anschliefiend daran die Ausfuhrung des Vollausbruches und der Mauerung der zwischen den Aufbruch- ringen liegenden drei Ringe, das ist der Anschlufiringe und des Schlufiringes, dann ringweise Herstellung der Sohlen- gewolbe, wo solche einzuziehen waren, und schliefilich, der eigentlichen Arbeits- strecke ftir die Herstellung der Tunnel¬ rohre schrittweise nachfolgend, der Einbau des Tunnel - Sohlenkanals und der Betonabdeckung der Tunnelsohle in der bereits fertiggemauerten Tunnel- strecke. Bemerkt wird noch, dafi der Sohl¬ stollen beim Karawanken-, Wocheiner- und Bosrucktunnel, bei welchen die Boh- rung mittels elektrischer, beziehungsweise pneumatischer Bohrmaschinen bewerk- stelligt wurde, mit einer Breite von 2-5 m und 2*2 m lichter Hohe; der Sohlstollen beim Tauerntunnel \vegen der grofieren Lange der horizontalen Spannsaule, auf welcher gleichzeitig drei, selbst vi er Brandt- sche Bohrmaschinen angebracht werden, mit 3 - o m Breite und 2'2 m Hohe her- gestellt \vurde. Der Firststollen wurde bei den genannten Tunnels mit einer Breite von 2 m und einer Hohe von 2-2 m ausgeftihrt. Von diesem im allgemeinen skizzier- ten Bauvorgange mit Vollausbruchringen wurde bei den grofien Alpentunnels nur in einzelnen Strecken des eingleisigen Bosrucktunnels abgewichen, in welchem nach Herstellung des Sohi- und First¬ stollens die sogenannte »belgische Bau- weise« zur Amvendung gelangte, bei welcher, dem Vortrieb e des Firststollens folgend, vorerst nur der Ausbruch ftir das Tunnelge\volbe und das Tunnel- gew 5 lbe selbst hergestellt wird, und erst nach der ringweisen Fertigstellung des Tunnelgewolbes, diesem in ge\vissen Ab¬ standen nachfolgend, stuckweise der Aus¬ bruch und die Mauerung der Widerlager (nach provisorischer Unterfangung des Gewolbes) ausgeftihrt wird. Uber diesen Bauvorgang beim Bosruck¬ tunnel werden noch an anderer Stelle einige Mitteilungen folgen. Auch das bei dem Bau der grofien Alpentunnels angewendete Holzeinbau- system ftir den Vollausbruch der Tunnel- ringe war bei den drei zweigleisigen Alpentunnels im Wesen das gleiche, wie das auf der Ostseite des Arlbergtunnels angevvendete, \velches iibrigens schon bei den meisten Aufbruchringen (jedoch ohne Unterziige) des im Jahre 1874 erbauten 300 m langen Laidecktunnels der Windauer Bahnschleife bei Hopfgarten in Tirol zur Amvendung gelangte: Es ist dies der Einbau der Vollausbruchringe mit Joch- zimmerung (Kronbalken), Einbau von Brust- und Zwischenschwellen inKampfer- hohe des Gevvolbes, auf welche die Kron¬ balken abgesttitzt werden, Anbringung von Unterzugen unter den Querschwellen, wo dies der Gebirgsdruck zulafit, und Abstempelung der Schwellen und Unter- ziige durch Hauptstander bis zur Tunnel¬ sohle. Dieser starre, in sich versteifte Einbau entspricht allen Anforderungen an Sicher- heit und Standfestigkeit, ist mit wenig Ausnahmen bei jeder Gebirgsbeschaffen- heit anwendbar, gestattet eine einheit- liche und gleichmafiige Art der Aus- fiihrung bei verschiedenen Mauerstarken und Druckverhaltnissen, kann rasch und von eingeschulten Mineuren leicht aus- gefiihrt werden, erfordert keine unnčtigen Mehrausbriiche wie beim sogenannten »englischen Einbausvstem* (bei welchem die einzelnen Ringlangen iiberdies noch vom Gebirgsdrucke abhangig sind); auch wird mofflichst wenig Holz unniitz ver- schnitten und es ist bei geringem Gebirgs¬ drucke eine mehrmalige Venvendung des Einbauholzes und bei der Mauerung eine rasche und sachgemafie Aus\vechslung der 14 2 10 Josef Hannack. Einbauholzer in einfacher und sicherer Weise gestattet. Uie Vorteile dieses Einbausystems gegeniiber den anderen bekannten Holz- und Eiseneinbausystemen sind so bedeu- tend, dafi dieser Einbau bei allen Tunnel- bauten der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest und aueh bei allen anderen Tunnelbauten in Osterreich fast ausschliefi- lich gewahlt wurde, welche seit dem Bau des Arlbergtunnels zur Ausfiihrung ge- langten, insofern nicht nach »belgischer Bauweise« vorgegangen wurde. Man konnte diese Einbaumethode in Verbindung mit der Auffahrung des Sohl- stollens als Richtstollen und der Herstel- lung von Vollausbriichen nach dieser Ein- bauart als moderne osterreichische Tunnelbauweise zum Unterschiede von den von Professor Franz Ržiha in seinem Lehrbuche der gesamten Tunnel- baukunst als »deutsche«, »englische«, »belgische« und »osterreichische« be- nannten Baumethoden bezeichnen, welche Bezeichnung auch Dr. techn. josef Fischer in seinen Mitteilungen iiber den Bau der Nordseite des Karawanken- tunnels (Teplitz, »ZentralverbandderBerg- bau-Betriebsleiter Osterreichs«) wahlte. Bei der Wahl der anzuwendenden Mauerwerksprofiltype der Tunnelrohre \vurde aufier auf die Beschaffenheit des Gebirges und die Druckverhaltnisse darauf Bedacht genommen, dafi sowohl zum Mauerwerk fiir die Widerlager als auch fiir die Gewolbe, wenn nicht besonders starker Gebirgsdruck vorhanden und wo- fern ein lagerhaft brechender, druckwider- stiindiger Bruchstein zur Verfiigung stand, welcher ohne besonders grofie Kosten aus nicht zu weit vom Tunnel entfernten Stein- briichen beschafft werden kann, Bruchstein- mauerwerk angewendet werde. Quader- mauerwerk wurde nur dort hergestellt, \vo dies entweder die Druckverhaltnisse im Tunnel unbedingt erforderten oder \vo ein lagerhaft brechender Bruchstein nur schwer oder sehr kostspielig zu be- schaffen war. Liber andere technische und bau- geschichtliche Belange sowie iiber beson- dere Vorkommnisse bei dem Baue der Alpentunnels sei nachstehendes ange- fiihrt. Karavvankentunnel. Der Karawankentunnel, dessen Lage durch eingehende Forschungen und Studien der Fachgeologen BergratDr. Friedrich T e 11 e r und Professor Dr. GustavKoch ermittelt wurde, ist 7976 m lang und durch- bricht das Karawankengebirge in fast genau nord-siidlicher Richtung in einer Geraden mit Ausnahme von ganz kurzen Bogenstucken beim Tunnel-Ein- und -Aus- gange. Das Nordportal des Tunnels liegt bei Rosenbach in Karnten, das Siidportal bei Birnbaum unweit Afiling in Krain. Die Trasse steigt von einer Schwellen- hohe von 626 m iiber dem Meere beim Nordportal mit 3 pro Mille auf eine Lange von 3768 m bis zur Meereshohe von 6377 m , bleibt 250 m lang horizontal und Talit sonach mit 6 pro Mille auf eine Lange von 3958 m bis zu dem auf einer Meereshohe von 614 m befindlichen siidlichen Tunnelaus- gange, der in dem anmutigen, von herr- lichenHochgebirgslandschaftenumsaumten Savetale liegt. Der geologische Aufbau des Kara- wankengebirges stellt nach den For¬ schungen der Fachgeologen ein gefaltetes Kettengebirge dar, welches mancherlei Storungen durch Langs- und Querbriiche, sowie durch Verschiebungen einzelner Gebirgsteile erlitten hat. Der Sockel der Karawanken wird von palaozoischen Schie- fern, Kalken, Sandsteinen und Konglo¬ meraten gebildet. Uber den palaozoischen Gebilden, dem Grundsockel der Kara- wanken, bauen sich nach obenhin die Schiefer, Kalke, Mergel und Dolomite der Triasformation auf. Nach den durch den Tunnelbau erhal- tenen Aufschliissen durehfahrt der Kara- wankentunnel vom Nordeingange aus gegen Suden auf eine Lange von 4 km teils gut gebankte, teils massigkliiftige, dolomitische Triaskalke (unterer und obe- rer Muschelkalk), in \velchen zahlreiche Quellen, wenn auch nur von geringer Wassermenge, aufgeschlossen wurden. Diese Kalke wurden im zweiten Tunnel- kilometer durch eine 950 m lange Zone von grauem und buntem Werfener Schiefer unterbrochen. An die oberen Muschelkalke des vierten Tunnelkilometers reihen sich Wengener Tunnelbau. 211 Schichten, bunte Schiefer und Breccien, dann ein Aufbruch karbonischer Ton- schiefer von zumeist diinnblattriger Struk¬ tur, mit einer Langenerstreckung von 330 m. An diese schliefien sich gegen Ende des fiinften Tunnelkilometers der Nordseite auf eine Strecke von 119 m nochmals dolomitische Triaskalke und Anhydrite. Jenseits dieser eingeklam- merten Triaszone folgen auf fast 2 km Lange die aufierst druckreichen, blahenden, vielfach gefaltelten Schiefer des Ober- karbons mit Einlagerung einzelner Schich¬ ten von quarzitischen Sandsteinen und zer- driickten massigen Quarzkonglomeraten, sowie einzelner Schichten von dunklen F usulinenkalken. Diese karbonischen Schiefer haben aufier der grofien Druckhaftigkeit, welche ali ein schon beim Baue des Tunnels ganz enorme Schwierigkeiten bereitete, noch die Eigenschaft, dafi die Kliifte und Spalten des Gebirges mit Methangasen gefiillt sind, welche, wenn sie durch Ein- griffe des Tunnelbaues in das Gebirge blofigelegt werden und sich mit der Luft in einem gewissen Verhaltnisse mengen, die beim Bergbau und Tunnelbau gefiirch- teten und aufierst gefahrlichen Schlag- wettergase erzeugen. An die karbonische Formation schlie- fien sich in einer Langenausdehnung von ungefahr 97 5 m stellenweise \vasserfiihrende Werfener Schichten, denen bis zum Tunnel- ausgange auf eine Strecke von ungefahr 120 m Lange lehmiger, zum grofien Teil nasser Bergschutt mit grofieren Kalkfind- lingen vorgelagert erscheint. Die grofke Hohe der Gebirgsiiber- lagerung liber dem Tunnel betragt an- nahernd 960 m. Die hochste Gesteins- temperatur im Tunnel wurde bei 2800 m vom Nordeingange mit I7'5° C bei einer Gebirgsiiberlagerung von nur 580 m ge- messen, wahrend an der Stelle der hoch- sten Uberlagerung bei 43°° m vom Nord¬ eingange die Gesteinstemperatur nur 14 0 C betrug. Diese auffallendeErscheinung in der ungesetzmafiigen Entwicklung der geother- mischen Kurve steht wohl im Zusammen- hange mit der Abkiihlung durch Tag- und Schneeschmelzwasser, welches in zahl- reichen kleinen Spalten durch das Gebirge fliefit. Auf der Siidseite des Karawanken- tunnels wurde die hochste Temperatur mit i5 - 2° C im Karbonschiefer bei 2600 m Entfernung vom Stidportal gemessen und zeigte die geothermische Kurve auch auf dieser Tunnelseite keine der Hbhe der Gebirgsiiberlagerung des Tunnels ent- sprechende gleichmafiige Entwicklung. An dieser Stelle sei noch hervor- gehoben, dafi die kaiserl. Akademie der Wissenschaften aus Anlafi des Baues der grofien Alpentunnels der zweiten Eisen- bahnverbindung mit Triest und der da- durch zu geivinnenden umfassenden Auf- schliefiungen des Aufbaues der Alpen beschlofi, eine eigene Tunnelkommission zu bilden, welche geologische Beobach- tungen durchzufiihren und die betreffenden wissenschaftlichen Arbeiten zu leiten und zu beaufsichtigen hat. Mit diesen Arbeiten wurden seitens der kaiserl. Akademie der Wissenschaften die Geologen der k. k. geologischen Reichs- anstalt Bergrat Dr. Friedrich Teller fiir den Karaivankentunnel, Dr. Franz Kofimat fiir den Wocheinertunnel, Ge- org Geyer fiir den Bosrucktunnel, und fiir den Tauerntunnel Universitatsprofessor Dr. Friedrich Becke, wirkliehes Mit- glied der kaiserl. Akademie der Wissen- schaften, so\vie Professor Dr. Friedrich Berwerth, Direktor der mineralogischen Abteilung des k. k. naturhistorischen Mu- seums, betraut. Bei diesen Arbeiten \vurden die Geologen von einzelnen Ingenieuren der k. k. Tunnelbauabteilungen eifrigst untersttitzt. Die Ergebnisse dieser Forschungen und wissenschaftlichen Arbeiten fiir den Wocheiner- und Bosrucktunnel sind in dem LXXXII. Bande der Denkschrift der mathematisch-natunvissenschaftlichen Klasse der kaiserl. Akademie der Wissen- sehaften veroffentlicht; jene fiir den Kara- wanken- und Tauerntunnel werden gleich- falls in diesem Bande erscheinen. Sofort nach Sanktionierung des Ge- setzes vom 6. Juni 1901 iiber den Bau der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest wurden fur den Bau der grofien Alpen¬ tunnels und sohin auch fiir den Bau des Karawankentunnels die erforderlichen Stu- dien fiir die Aufstellung eines Baupro- grammes durchgeftihrt und nach seiner Feststellung noch vor der defini- 14 ' 212 Josef Hannack. tiven Vergebung des Baues mit der Aus- fiihrung der zunachst erforderlichen Bau- betriebsanlagen und anderer Vorarbeiten, sowie mit der Auffahrung des Richtstollens mittels Handbohrung begonnen. Da der Tunneleingang auf der Nord- seite in dem fiir Fuhrwerke fast unzu- ganglichen Rosenbachtal liegt, das auch keine Unterkunft bietet, mufite in erster Linie auf die ehetunlichste Herstellung einer von St. Jakob im Rosental bis zum Tunnel ftihrenden Zufahrtstrafie und auf die Anlage von Baubetriebsplatzen, sowie auf die schleunige Herstellung von Ge- bauden fur Unterbringung und Verpfle- eungf von Beamten und Arbeitern Bedacht genommen werden. So wurde binnen klirzester Zeit der grofi te Teil der Baubetriebsplatze und die Zufahrtstrafie hergestellt und es er- standen das Wohn- und Kanzleigebaude fiir die Beamten der k. k. Tunnelbau- leitung, sechs grofie einstockige und ein grofies zweistockiges gemauertes Wohn- haus fiir Arbeiter, ein Umkleidehaus, ein Restaurationsgebaude, ein Haupt- und ein Isolierspital, einige Magazine und ein Gebaude, in welchem ein Lokomobil fiir 25 PS fur den provisorischen Betrieb des Ventilators und einer Dynamo- maschine zum Zwecke der elektrischen Bohrung im Sohlstollen aufgestellt \vurde. Da als Kraftbeschaffung fiir den Be¬ trieb der definitiven Baubetriebseinrich- tungen in erster Linie die Wasserkraft des Rosenbaches in Aussicht genommen worden war, wurde auch sofort an die Ausfiihrung dieser Wasserkraftanlage ge- schritten, welche gewohnlich 1000 Se- kundenliter, wahrend der wasserarmen Zeit jedoch nur 600 Sekundenliter Wasser liefert und ein Nutzgefalle von 72 m , somit 960 bis 575 Bruttopferdekrafte be- sitzt. Die Kraftwasserleitung in Rosenbaeh besteht aus einer 1810 m langen Druck- rohrleitung von 800 mm Durchmesser. Weiters wurden noch vor der Bauver- gebung samtliche Maschinen fiir die Kraft- anlage und fiir die Liiftung des Tunnels bei verschiedenen Fabrikfirmen bestellt. Mit der Auffahrung des Richtstollens wurde am 2i.Juni 1901 mittels Hand¬ bohrung begonnen, und zwar in der Haupt- geraden des Karawankentunnels und nicht in der Achse des Eingangsbogens der Tunnelrohre, um die genaue Einhaltung der Richtung der Tunnelachse zu er- leichtern. In der Bogenstrecke beim Tunnel- eingange wurde die Herstellung des Sohl- stollens erst im Februar 1902 sowohl vom Tunneleingange aus als auch von der Einmiindungsstelle des Bogens im Richt- stollen in Angriff genommen. Erst nach Durchschlagung dieses Stollenteiles wur- den die Fordergleise des Tunnels mit den Gleisanlagen der Baubetriebsplatze in Verbindung gebracht und die gesamte Materialforderung fiir den Tunnel durch diesen Sohlstollenteil geleitet. Am 26. Janner 1902 wurde im Richt- stollen bei einer Stollenlange von 264 m versuchsweise mit der elektrischen Boh¬ rung, vorerst mit zwei Bohrmaschinen und der provisorischen Lokomobilkraft- anlage begonnen und spater nach Ein- schulung der Bohrmannschaft und nach durchgeftihrten Verbesserungen an den Bohrmaschinen und am Bohrwagen der Bohrbetrieb mit vier Bohrmaschinen auf- genommen und weitergefiihrt. Die provisorische Kraft- und Liiftungs- anlage vor dem Tunneleingange bestand aus einem Lokomobil von 25 PS und einem Gleichstromgenerator mit einer Leistung von 19 KW bei 330 Volt Span- nung, ferner aus einem Zentrifugal- ventilator fiir 100 m 3 Luft in der Minute, rvelcher von einem Gleichstrommotor von 10 PS angetrieben wurde. Nach Fertigstellung des Bauver- gebungsoperates erfolgte im Marž 1902 die offentliche Bauausschreibung und auf Grand der Ergebnisse der hiebei ge- stellten Angebote die Vergebung des Baues beider Seiten des Karawanken- tunnels am 14. April 1902 an die Bau- unternehmung E. Grofi & Co. Die Grundziige und Grundbestim- mungen des Angebotes, welches getrennt fiir die Nord- und Siidseite des Tunnels, das ist vom Nordeingange bis zur Durch- schlagstelle des Sohlstollens und vom Siideingange bis zur Durchschlagstelle zu stellen war, und welches Angebot nach dessen Annahme durch das k. k. Eisen- ! bahnministerium als Bauvertrag zu gelten ! hatte, waren im wesentlichen folgende: Tunnelbau. 213 Die Bauvergebung erfolgte beim eigent- lichen Tunnelbau auf Grund von Einheits- preisen fiir die Herstellung von 1 m Sohl- stollen, 1 m Firststollen und 1 m Tunnel- rohre nach den verschiedenen von der k. k. Eisenbahnbaudirektion aufgestellten Profiltypen der Normalblatter fiir Tun¬ nelbau (vod. beispielsw. beigegebene Ta- feln Blatt 6—9). Der Anbotsteller hatte die Einheitspreise fiir die einzelnen Arbeitsgattungen in dem der Staatsbahnverwaltung weiters herzu- stellenden Baubetriebsanlagen wurden der Bauunternehmung fiir die Dauer des Ver- tragsverhaltnisses leihweise unentgeltlich zur Beniitzung beim Baue des Karawanken- tunnels iibergeben. Weiters \vurde auch der Bau der im Bereiche der Baubetriebsplatze, und der Dammanschiittungen auf der Nord- und Siidseite liegenden offenen Bahnanschlufi- strecke an die vorgenannte Bauunter- Abb. 209. Ausblick aus dem Karawankentunnel nordseits auf Arbeiterhauser. Preisverzeichnisse, und zwar besondere Preise fiir jeden Tunnelkilom. s e 1 b s t ein- zustellen, was bei derVergebung derBauar- beiten des Arlbergtunnels nicht der F ali war. Die Vervollstandigung der Baubetriebs¬ anlagen findet durch die Bauunternehmung innerhalb der im Bauvertrage als Grenze bestimmten Hochstbetrage auf Rechnung der k. k. Staatsbahnverwaltung statt und diese Anlagen gehen sofort nach deren Fertigstellung in das Eigentum der Staats- bahnverwaltung iiber. Samtliche zur Zeit der Bauvergebung bereits hergestellten und beschafften sowie die auf Rechnung nehmung iibertragen, um spaterhin nicht eine andere Bauunternehmung in das Arbeitsgebiet der Tunnelbauunternehmung einstellen zu miissen. Behufs Sicherstellung eines bestimmten Baufortschrittes \vurde im Bauvertrage vorgeschrieben, dafi die Herstellung der Baubetriebsanlagen und der eigentliche Tunnelbau derart zu betreiben sind, dafi vom 1. Juni 1902 angefangen bis zum Durchschlage des Sohlstollens ein durch- schnittlicher Fortschritt von wenigstens 390 cm an jedem Kalendertag im Sohl- stollen erzielt werden mufi und dafi langstens 214 Josef Hannack. sieben Monate nach dem Durchschlage des Sohlstollens der Timnel einschliefilich der Beschotterung ganzlich zu vollenden ist. Die Arbeiten an der offenen Bahn- strecke der Nord- und Stidseite des Tun- nels waren derart durchzuftihren, dafi die zur ganzlich en Vollendung erforderlichen Unterbau- und Beschotterungsarbeiten bis I.September 1905 hergestellt seinmufiten. Bei Nichteinhaltung dieser Vertrags- bestimmungen fiir die Baufristen rvaren bestimmte Konventionalstrafen festgesetzt. Die Bauunternehmung hatte fiir eine ausreichende Luftung des Tunnels zu sor- gen und solite die auf jeder Tunnelseite in jeder Minute einzublasende Luftmenge, auf den gewohnlichen Luftdruck gebracht, bei vollem Arbeitsbetriebe mindestens 350 m 3 zu betragen.*) Ferner war die Bauunternehmung ver- pflichtet, drei Monate nach Annahme des Angebotes einvernehmlich mit der k. k. Eisenbahnbauleitung einen Arbeitsplan fiir den Bau jeder Seite des Karawanken- tunnels auszuarbeiten und diesen jederzeit nach Mafigabe des Standes der Bau- arbeiten im Einvernehmen mit der k. k. Eisenbahnbauleitung abzuandern; aufier- dem blieb der Staatsbahnverwaltung das Recht gewahrt, hinsichtlich des Betriebs- systems und der Geschaftseinteilung be¬ stimmte Auftrage zu erteilen. Behufs weitererSicherstellung derBau- arbeiten hatte die Bauunternehmung eine Kaution in namhafter Hohe zu erlegen. Die Haftzeit der Bauunternehmung fiir die hergestellte Tunnelstrecke betrug zwei Jahre, vom Tage der anstandslosen Uber- nahme an gerechnet. Was die Bauausfiihrung des Kara- wankentunnels betrifft, wird nun nach- folgendes ausgefuhrt: Nach erfolgter Bauvergebung schritt die Bauunternehmung auf der Nordseite des Tunnels sofort an die Vervollstandi- gung der Baubetriebsanlagen. Es wurden ein weiteres gemauertes Arbeiterwohnhaus und drei grofie zweistockige Baracken hergestellt, ferner eine Warmehalle fiir die Arbeiter beim Tunneleingange, ein Post- und Gendarmeriegebaude, einWohn- *) Beim Baue des 10.250 m lan ge n Arlberg- tunnels wurden auf jeder Tunnelseite nur 180 m 3 Luft verlangt. und Kanzleigebaude fiir die Bauunter¬ nehmung (auf deren eigene Kosten), weiters Magazine und Lokomotivremisen, eine Sage, ein grofies Werkstattengebaude und eine Schmiede, schliefilich das Ma- schinengebaude fiir die Wasserkraftanlage am Rosenbach und das Ventilatorenhaus beim Tunneleingange. Samtliche Gebaude sowie die Baubetriebsplatze vrurden elek- trisch beleuchtet. Auch die Privatspekulation hatte sich an der Errichtung von Arbeiterunter- kunftshausern und Gasthausern beteiligt und es erstanden auch auf diese Weise eine nicht geringe Anzahl von Baracken, so dafi von der Herstellung weiterer Arbeiterwohnhauser im Rosenbachtal ab- gesehen werden konnte. Nach der Bauvergebung wurde auch sofort mit der Legung der 1810 m lan- gen Druckrohrleitung von 800 mm Durch- messer fiir die Wasserkraftanlage am Rosenbach begonnen. Sofort nach Fertigstellung der Ma- schinengebaude gelangten auch die von der k. k. Staatsbahnverwaltung bereits bestellten maschinellen Anlagen zur Auf- stellung, und zwar: In der Kraftzentrale am Rosenbach drei von der Maschinenfabrik A n d r i t z gelieferte Hochdruckturbinen zu je 300 effektiven PS, ferner drei Drehstromge- lieratoren fiir eineLeistung von 270 KV A, 5200 Volt Spannung bei 500 Umdrehungen in jeder Minute. Im Maschinenhause beim Tunneleingange waren sechs Ventilatoren, je drei zu ein er Gruppe gekuppelt, mit 1450 Umdrehungen in der Minute und einer Gesamtleistung von 350 m 3 Luft pro Minute bei einer Atmosphare Pres- sung aufgestellt worden. Zum Antriebe der beiden Ventilatoren- gruppen dienten zwei Drehstrommotoren mit einer Leistung von je 180 PS bei einer Spannung von 5000 Volt und bei 1450 Umdrehungen in der Minute. Um bei vorzunehmenden Reparaturen an diesen Motoren noch eine geniigende Reserve zu besitzen, gelangte spaterhin zu jeder Ventilatorengruppe noch ein weiterer Drehstrommotor von 180 PS zur Aufstellung. Die Verbindung zwischen der Kraft¬ zentrale am Rosenbach und den Ventila- Tunnelbau. 215 toren im Maschinenhause beim Tunnel- eingange wurde durch eine 2300 m lange Freileitung ftir 5500 Volt Spannung be- hufs Ubertragung der elektrischen Kraft bewerkstelligt. Samtliche vorangefiihrten elektrischen Einrichtungen wurden von den osterreichischen S i e m e n s-S chuckert- W e r k e n geliefert. Von den Ventilatoren vor dem Tunnel- eingange fiihrte eine Luftrohrleitung bis vor Ort des Sohlstollens mit Abzweigungen in messer we°:en des Raummaneels ohne tibermafiige und kostspielige, bei Druck- erscheinungen im Gebirge sogar sehr sehadlich wirkende Verbreiterung des Stollens nur aufierst schwierig unter- bringen und wurden deshalb die 700 mm weiten Rohre nur in der jeweilig fertig- gestellten Tunnelstrecke verlegt. Die Rohre fiir die Luftleitung wurden von der Maschinenfabrik L. Moschner in Klagenfurt geliefert. Abb. 210 . Eibreiterung des Sohlstollens fiir eine Stollenausweiche auf der Nordseite des Karatvankentunnels. (Stollenmeter 4530.) die Firststollenaufbruche und in die vorder- sten Vollausbruch-Aufbruchringe. Die Lei- tung bestand aus Rohren von 500 mm Durchmesser und 6 mm Blechstarke, welche je nach dem Fortschreiten der fertig- gestellten Tunnelrohre in dieser Strecke gegen eine solche von 700 mm Durch¬ messer und 3 mm Wandstarke ausge- wechselt wurde, um dadurch die Wider- stande in der Rohrleitung mhglichst zu verringern und die vorgesehene Luft- menge von 350 m 3 in der Minute in die Arbeitsstrecke fordern zu konnen. In der' Arbeitsstrecke selbst, beson- ders im engen Sohlstollen, lassen sich Rohre von mehr als 500 mm Durch- Die Rohre ftir die Trink- und Nutz- ■vvasserleitung im Tunnel hatten 64 mm Durchmesser und wurden von der Bau- unternehmung auf Kosten der Staatsbahn- verwaltung beigestellt. Die Werkzeugmaschinen in der Re- paraturwerkstatte wurden von J. M ti 11 e r in Wien und die beiden Drehstrommotoren, wovon einer mit 3 - 75 PS die Schmiede- feuerventilatoren und einer von 12 PS mit 1420 Umdrehungen in der Minute die Werkzeugmaschinen antrieb, von der Firma Kolben in Prag geliefert. Die elektrischen Beleuchtungsanlagen fiir die Baubetriebsplatze und Gebaude wurden von der Firma Siemens & 216 Josef Hannack. Halske in Wien geliefert und auf- gestellt. Der grofie Bedarf an Bausteinen zur Herstellung des Mauerwerkes der Tunnel- rohre konnte aus einem bei Schlatten aufgeschlossenen Steinbruche gedeckt werden. Die Bauunternehmung hatte zum Zwecke der Verfuhrung dieser Stein- massen eine eigene 4 km lange Roll- bahn vom Steinbruche bis zum Tunnel mit der bei allen Gleisanlagen ange- wendeten Spurweite von 760 mm an- gelegt und war selbstverstandlich darauf bedacht, wegen der kostpieligen Beschaf- fung von Kohle die Bahn elektrisch zu betreiben und auch fur diesen Betrieb eine Wasserkraft zu beschaffen, da die Kraftzentrale am Rosenbach beim gleichzeitigen Betriebe aller maschinellen Einrichtungen ftir den Tunnelbaubetrieb nicht hingereicht hatte. Eine solche Wasserkraft bot das Wasser des in der Nahe des Tunneleinganges in den Rosenbach einmundenden Barengraben- baches, an welchem auch die zweiteWasser- kraftanlage hergestellt und Anfang Bezem- ber 1902 in Betrieb gesetzt wurde. Diese Anlage bestand aus einem Wehr, einem Absatzkasten und einer 620 m langen, von L. Moschner in Klagenfurt ge- lieferten Kraftwasserleitung von 500 mm Durchmesser mit 78 m Bruttogefalle und einer Wassermenge von 110 bis 440 Sekundenlitern, was einer effektiven Kraft von 75 bis 290 PS entspricht. In der Kraft¬ zentrale war eine von der Maschinenfabrik A n d r i t z beschaffte Hochdruckturbine fur eine Wassermenge von 440 Sekunden¬ litern bei 350 Umdrebungen in der Minute und einer Leistung von 290 effek¬ tiven PS eingebaut und ein von Kolb en in Prag gelieferter Drehstromgenerator fur eine Leistungsaufnahme von 210 KVA bei 750 Umdrehungen in der Minute und einer Spannung von 5000 Volt samt Be- leuchtungsanlagen aufgestellt. Mit dieser Kraftzentrale am Baren- grabenbache wurde dann auch die Frei- leitung ftir die elektrische Forderung im fertigen Tunnelteile in Verbindung gesetzt und diese von dort aus mit Kraft versorgt. In der Barengraben-Kraftzentrale war iiberdies auch noch ein dreipoliger Hoch- spannungsumschalter samt Sicherungen aufgestellt, welcher es ermoglichte, die Barengrabenanlage an die Fernleitung der Hauptzentrale am Rosenbach auszuschalten und hiedurch im Falle eines, wenn auch nur kurze Zeit andauernden Untauglich- werdens der Hauptzentrale die fur den Tunnelbau wichtigsten Betriebe, das ist die Liiftung und Bohrung, vor ganzlicher Unterbrechung zu schutzen. Bemerkt wird noch, dafi b e i d e Wasserkraftanlagen samt Kraftzentralen auch nachFertigstellung des Tunnels noch weiter erhalten und betrieben werden. Die Kraftanlage am Rosenbach dient ftir den Betrieb der beiden, von der Sudseite des Karawankentunnels zum Nordein- gange tiberstellten zwei Kompressoren, welche durch eine neu gelegte Rohr- leitung im Tunnel Luft in die Kammern und Nischen des Karawankentunnels zu pressen haben, um den im Tunnel be- schaftigten Oberbauarbeitern und dem Bahnaufsichtspersonale die Moglichkeit zu bieten, sich bei etwaigen ungtinstigen Luftverhaltnissen im Tunnel zeitweise in den Kammern und Nischen in frischer Luft aufhalten zu konnen. Die Vorsorge ftir die Zuleitung einer gewissen Menge von Frischluft in den Tunnel war aber hauptsachlich aus dem Grunde notwendig, um ktinftig bei etwa erforderlich werdender Rekonstruktion ein- zelner Ringe oder Ringteile der Karbon- schieferstrecke der Sudseite des Tunnels, bei welchen Arbeiten das Ausstromen von Schlagwettergasen zu gewartigen ist, sofort frische Luft behufs Unschadlich- machung der Gase in die Arbeitsstelle zufiihren zu konnen. Die Rosenbach-Kraftzentrale wird auch noch als Kraftquelle ftir die in Aussicht genommene elektrische Beleuchtung des Bahnhofes Rosenbach und der Gebaude zu dienen haben. Die Kraftanlage im Barengraben \vurde als Entschadigung fur die Uberlassung von Grundstiicken, welche zu Baubetriebs- zwecken beniitzt wurden, in das Eigentum der Ftirstlich Lichtensteinschen Giiter- verwaltung zum Zwecke des Betriebes eines grofieren Seigewerkes iibergeben. Die Anlage fur die elektrische For¬ derung auf der Steinbruchbahn und im fertigen Tunnelteile, welche den Dreh- Tunnelbau. 2X7 strom von 5000 Volt Spannung auf 350 Volt transformiert und diesen auf Gleich- strom von 550 Volt Spannung umformt, war in einem Anbau zwischen der Reparatur- \verkstatte und der Schmiede beim Tunnel- eingange untergebracht.- Der weitaus grofite Teil der Forderung aufierhalb des Tunnels und auf eine grofie Strecke im Tunnel erfolgte mit elektrischen Doppellokomotiven, welche ein Adhasions- gewicht von 18.000 kg hatten und bei 500 Die elektrische Forderung konnte hiebei im engen Stollen wegen der Un- moglichkeit der Anbringung und Erhal- tung der elektrischen Fahrleitung nicht in Betracht kommen, wohl aber erwies sich die Verwendung von kleinen Benzin- motoren als vollkommen entsprechend, und zwar standen vier Benzinlokomotiven von je 14 PS in Verwendung. Die Sohlstollenbohrung wurde mit elektrischen Bohrmaschinen des Systems Abb. 211. Elektrische Bohrung im Sohlstollen der Nordseite des Kararvankentunnels. bis 550 Volt (Gleichstrom) 90 PS leisteten. Die Forderung der Tunnelausbruch- massen vom Rangierbahnhof beim Tun- neleingange auf die Bahndamme und den Bahnhof Rosenbach der offenen Bahn- anschlufistrecke wurde wegen der Setzun- gen des frisch angeschutteten Materials und der oftmaligen Verrtickungen des Schiittungsgleises ausschliefilich durch Dampflokomotiven bewerkstelligt. Ferner wurde darauf Bedaclit genom- men, dafi auch die Forderung in der Arbeitsstrecke des Tunnels nicht von Arbeitern oder Pferden, sondern von Lo- komotiven besorgt werde. Siemens & Halske, welches eingangs bereits besprochen wurde, bewerkstelligt. Die Kraftzufiihrung fiir die elektrische Bohrung vor Ort des Sohlstollens erfolgte mittels eines Drehstrom-Hochspannungs- kabels fiir 5000 Volt Spannung, welch.es unmittelbar vor dem Tunnel andas Ende der Fernleitung der Zentrale angeschlossen war und je nach dem Stande der fertigen Tunnelrohre allmahlich verlangert wurde. Dieses Kabel erreichte zur Zeit des Stollen- durchschlages eine Lange von 2800 m. Am jeweiligen Ende dieses Kabels war im fertigen Tunnelteile ein Trans¬ formator fiir eine Leistung von 25 KW 2l8 Josef Hannack. mit einem Umsetzungsverhaltnisse von 5000 auf 280 Volt Spannung eingebaut und der niedrig gespannte Strom \vurde vom Transformator mittels eines Nieder- spannungskabels durch die Arbeitsstrecke und den Stollen den Bohrmaschinen zuge- fiihrt. Dieses Niederspannungskabel hatte bis zu der 4892 m vom Portale entfernt liegenden Durchschlagsstelle des Sohl- stollens eine Lange von etwa 2150 m. Die Auffahrung des Sohlstollens auf der Nordseite des Tunnels ging bei Ver- wendung der elektrischen Bohrmaschinen nach Einschulung der Arbeiter und Be- seitigung der Ursachen gewisser in der ersten Zeit nicht selten eingetretener Sto- rungen durch Kurzschliisse trotz stellen- \veise regenartigen Eindringens von\Vasser aus der Firste des Stollens in derart befrie- digender Weise von statten, dafi wahrend der Zeit vom November 1902 bis gegen Ende Juli 1904 in der Sohlstollenstrecke von 800 m bis 4030 m Entfernung vom Tunneleingange, das ist bis zum Gefalls- bruchpunkte, bei welchem der Tunnel in das Gegengefalle von 6 pro Mille der Siidseite ubergeht, eine durchschnittliche Tagesleistung von 5 bis 6 m erzielt werden konnte. In der darauffolgenden Stollenstrecke der Breccienkalke traten kleinere und grofiere Quellen auf, deren Wasser bei Stollenmeter 4376 gesammelt und mittels zweier elektrisch angetriebener Zentri- fugalpumpen und einer 150 mm weiten Druckleitung iiber den Gefallsbruchpunkt gegen Norden gefordert wurde. Die Pumpenmotoren wurden vom Bohrkabel mit Betriebsstrom versorgt. Durch ein Schadhaftwerden des Bohr- kabels am 1. November 1904 war der Betrieb dieser Pumpen bis zur Auffindung der schadhaft gewordenen Stelle und Behe- bung des Fehlers durch drei Tage unmog- lich, weshalb der ganze im Gefalle liegende Stollen bis zum Gefallsbruchpunkte voll- standig ersaufte. Die beiden Pumpen und die Motoren konnten noeh rechtzeitig aus dem Stollen zuriickgezogen werden. Um das Wasser aus der absteigenden Stollenstrecke wieder abzusaugen, wurde eigens ein Pumpenzug aus Rolhvagen zusammengestellt, auf dessen vorderstem die 6zollige Pumpe samt Drehstrommotor und auf weiteren Wagen eine Druckrohrleitung angebracht war. Dieser Zug wurde in die Anfangsstrecke des ersauften Stollens gestellt, die Pumpe in Bewegung gesetzt und dem Fortschreiten der entwasserten Stollenstrecke entspre- chend weiter vorgeschoben, bis man nach acht Tagen wieder zur urspriingliehen Stelle der Pumpenanlage bei Stollen¬ meter 4376 gelangte. Nach weiteren sechs Tagen, also am 14. November 1904 war der ganze Stollen so weit wieder vom Wasser frei, dafi der Vortrieb mittels Handbohrung aufge- nommen \verden konnte. Nun wurde bei Stollenmeter 4452 ein neuer Sumpf angelegt, eine 8zolligeZentri- fugalpumpe mit einem 15 PS-Drehstrom- motor aufgestellt und an eine 200 mm weite Druckleitung, welche bis iiber den Gefallsbruchpunkt reichte, angeschlossen. Am 22. Dezember 1904 wurden bei Stollenmeter 4476 neue machtige Quellen angefahren, deren Wasser mit der 8zolligen Pumpe kaum mehr zu bewaltigen waren. Dieser neue Wass ereinbruch und die nahe bevorstehende Schneeschmelze, welche einen weiteren Wasserandrang und da- durch ein nochmaliges Ersaufen des Stollens befiirchten liefien, fiihrten zu dem Entschlusse, noch zwei neue Zentri- fugalpumpen mit 50, beziehungsweise 130 Sekundenliter Leistung bei dem in Stollenmeter 4465 angelegten Sumpf auf- zustellen und an eine neu verlegte 400 mm weite, bis iiber den Gefallsbruchpunkt reichende Druckleitung anzuschliefien. Die neuen Pumpen 'wurden von Gleichstrommotoren von 26, beziehungs- weise 40 PS angetrieben. Um ein Wiederersaufen des Stollens infolge Schad- haftwerdens des Bohrkabels zu vermeiden, wurde der 26 PS-Motor von der Fahr- leitung ftir die elektrische Fbrderung mit Kraft versorgt; der 40 PS-Motor blieb an das Bohrkabel angeschlossen. Es waren somit nach Fertigstellung dieser Wasserhaltungsanlage ftir die Be- waltigung des Wassers im Sohlstollen eine iozollige, zwei 8zollige und eine 6zollige Zentrifugalpumpe mit einer Gesamt- leistung von 250 Sekundenlitern zur Verfiigung und war damit eine weit- reichende Reserve geschaffen, um in allen Tunnelbau. 219 Fallen bei einem Schadhaftvverden der einen oder der anderen Stromzufuhrung noch immer eine Wassermenge von 50 bis 200 Sekundenlitern bewaltigen zu konnen. Von Stollenmeter 4527 angefangen, von Avelchem Punkte ein Schlitzkanal bis zur Sohle des Pumpensumpfes bei Stollenmeter 4465 fiihrte, wurde der Sohl- stollen weiter nicht im Gefalle von 6 pro Mille, sondern in der Steigung von 1 pro Mille bis zum Durchschlage mit dem First- stollen der Siidseite des Karawanken- tunnels vorgetrieben, so dafi die Gebirgs- Avasser dieser Strecke frei bis zum Pumpensumpfe abfliefien konnten. Der Durchschlag des Sohlstol-- lens der Nordseite mit dem First- stollen der Siidseite erfolgte am 17. Mai 1905 bei Stollenmeter 4892 der Nordseite (4892 - 4 m Entfer- nung vom Nordportal des Tunnels) in klagloser, praziser Weise. Die durch das Ansteigen des Sohlstollens entstandene Sohlen- stufe wurde vor Inangriffnahme der Vollausbrucharbeiten in dieser Strecke vorerst durch seitliches Ver- breitern und dann durch Tiefer- schlitzung des Sohlstollens auf die richtige Tiefe nachgenommen. Das Uberleiten der Gebirgs- Avasser von der Nord- auf die Siid- seite des Tunnels konnte erst nach vollstandiger Fertigstellung der Tunnelrohre und aller Rekon- struktionsarbeiten, sowie nach ganzlicher Vollendung des Tunnelhauptkanales der Sudseite bewerkstelligt werden, da die blahenden Karbonschiefer der Sudseite vor dem aufierst schadlichen Einflusse des Wassers geschiitzt werden mufi ten. Wegen derStorungen bei derWasser- haltung im absteigenden Sohlstollen der Nordseite konnten Avahrend der Zeit vori Ende Juli 1904 bis zum Durchschlags- tage des Sohlstollens (17- Mai 1905) nur 762 m Stollen aufgefahren Averden. Der Firststollen der nordlichen Tunnel- strecke wurde von Aufbruchen des Sohl¬ stollens aus mittels Handbohrung her- gestellt. Der Vollausbruch samt Einbau sowie die Mauerung der TunnelrOhre erfolgte nach der beim Arlbergtunnel durehgefiihrten Bauweise mit jedem vierten Tunnelringe als Aufbruchrmg und drei dazwischen liegenden Ringen. Der Voll¬ ausbruch des Nachbarringes (Anschlufi- und Schlufiring) durfte erst nach Fertig¬ stellung des Mauervverkes des vorher- gehenden Ringes in Angriff genommen werden. Die Lange der einzelnen Ringe betrug 8 bis 8'5 m. Die Forderung erfolgte, \vie bereits friiher erwahnt, innerhalb der Arbeits- strecke mit vier Benzinmotoren und im fertigen Tunnelteil mit elektrischen Doppel- lokomotiven in strammer, praziser Weise unter Einhaltung einer bestimmten Fahr- ordnung. Wahrend einer achtstiindigen Arbeits- schicht im Tunnel wurden funf aus 50 bis 60 Wagen bestehende Ziige in den Tunnel eingefahren, welche leere Material- wagen zum Aufladen des Ausbruch- materiales, soAvie mit Bausteinen, Sand und Zement, mit Stahlbohrern und anderen Werkzeugen, Rohren u. s. av. beladene Wagen in den Tunnel brachten und eben- soviele Ziige mit ungefahr der gleichen Anzahl von Wagen aus dem Tunnel ge- fahren, welche die mit Tunnelausbruch- material beladenen Wagen soAvie die ab- geladenen Baustehrvvagen aus dem Tunnel beforderten. Die Arbeitsschichten im Tunnel Avaren in der Weise eingeteilt, dafi fiir die Her- Abb. 212. Pumpenzug zum Auspumpen des Wassers iin ersauften Sohlstollen der Nordseite des Karawankentunnels. 220 Josef Hannack. stellung des Sohi- und Firststollens je drei Mineur- und Schuttererpartien mit taglich je achtstiindiger Arbeitszeit ein- gestellt waren, welche einander um 6 Uhr fruh, 2 Uhr nachmittags und io Uhr nachts ablosten. Die beim Vollausbruch, bei der Mauerung und bei der Forderung beschaftigten Arbeiterpartien arbeiteten taglich in zwei Arbeitsschichten von je 8 Stunden, welche die Arbeit im Tunnel um 6 Uhr fruh und 6 Uhr abends antraten und um 2 Uhr nachmittags, beziehungs- weise 2 Uhr nachts die Arbeitsstelle ver- liefien. Die oben erwahnte achtstiindige Arbeitsschicht fur Vollausbruch, Mauerung und Forderung wurde zu einer Zeit einge- ftihrt, als die Vollausbruch- und Mauerungs- arbeiten im dritten Tunnelkilometer in An- griff genom men wurden, wahrend friiher, als die Arbeitsstrecke noch nahe dem Tunneleingange lag, an der Herstellung der Tunnelrohre wie im Freien taglich mit je zwei Schichten von 12 Stunden mit zweisttindiger Arbeitspause gearbeitet wurde. Im ganzen waren auf der Nord- seite des Karawankentunnels zur Zeit des vollen Baubetriebes 1900 bis 2000 Arbeiter beschaftigt, von denen ungefahr 1300 im Tunnel arbeiteten. Das Mauerwerk der Tunnelrohre der Nordseite wurde in uberwiegender Aus- dehnung nach den Profiltypen Fig. 4, 5 und 6 des Tunnelbau-Typenblattes 2 a*) aus Bruchsteinmauerwerk hergestellt und nur in der druckhaften Tonschieferstrecke des fiinften Tunnelkilometers und in eini- gen kurzen druckhaften Strecken des tibri- gen Tunnelteiles der Nordseite sind die starkeren Profiltypen 8 und 9 angewendet worden. Das Firstgewolbe des zuletzt herge- stellten Tunnelringes bei Tunnelkilometer 4'8 o 5—4'8i3 wurde am 24. November 1905 und das letzte Stiick Sohlengewolbe, von welchem 844 m zur Ausftihrung ge- langten, EndeDezember 1905 geschlossen. Dann folgte noch die Herstellung der letzten Strecke des Tunnelsohlenkanals und des Kabelkanals sowie dieLegung des Oberbaues (Stuhlschienenoberbau), so dati die Tunnelrohre der Nordseite samt Ober- bau anfangs Juni 1906 fertiggestellt war. ®) Vergl. die beigegebenen Tafeln. Bezuglich des Mauerwerkes der Tunnel¬ rohre auf der Nordseite des Karawanken- tunnels sei noch nachgetragen, dafi bei Herstellung der Widerlager, der First- und Sohlengewolbe von der Ausfiihrung eines Quadermauerwerks (mit Ausnahme des Tunnelportales und der Sohlen- gewolbefufJquader) ganz abgesehen werden konnte, zumal aus dem bei der Ortschaft Schlatten aufgeschlossenen Steinbruche ein vorziigliches lagerhaft brechendes. Bruchsteinmaterial (Urkalk) in ausreichen- der Menge beschafft werden konnte. Auch waren die Druckerscheinungen im Gebirge der Nordseite nirgends derart grofje, dalj das Mauerwerk aus Quadern hatte hergestellt werden miissen. Aus dem 4 km entfernten Steinbruche in Schlatten, in welchem 200 bis 250 Mann beschaftigt waren, gelangten taglich ungefahr 165 m* Bausteine in den Tunnel und es konnte die Steinzufuhr vom Bruch bis zum Rangierbahnhof beim Tunneleingange auf die Zeit von morgens bis zum Einbruche der Dammerung be- schrankt werden. Beim Siidausgange des Tunnels mulJte wie auf der Nordseite ein grofJer Komplex von Baubetriebsanlagen zum Zwecke der Unterbringung und Verpflegung der Beamten und Arbeiter, ftir die maschinelle Bohrung im Stollen, fur die Ltiftung des Tunnels, ftir die Forderung und Beleuch- tung, ftir den Betrieb der Werkstatten u. s. w. geschaffen werden. Da sich der Siideingang des Tunnels in unmittelbarer Nahe der k. k. Staats- bahnlinie Tarvis—Laibach und der k. k. ReichsstralJe in einem offenen, flach an- steigenden Gelande bei Birnbaum be- findet, konnte ein grofJer Baubetriebsplatz mit allen Baubetriebsanlagen unmittelbar beim Tunneleingange geschaffen werden. Dieser Baubetriebsplatz konnte durch Rollbahngleise unmittelbar mit einem Stockgleise der Haltestelle Birnbaum, welche zu diesem Zwecke errichtet worden war, in Verbindung gebracht werden. Es war daher die Zufuhr von Bedarfs- materialien fur den Tunnelbau, wie Kohle, Eisen, Stahl, Holz, Inventar und Werk- zeuge, Zement, Sprengmittel u. s. w., unvergleichlich leichter und billiger als auf der Nordseite des Karawanken- Tunnelbau. 221 tunnels. Wegen der Konzentration ali er Baubetriebsanlagen auf einem Platze war auch die Leitung, Beaufsichti- gung und Beniitzung der Baubetriebs¬ anlagen eine weit weniger umstandliche als bei den zerstreut und in grofier Lan- genausdehnung situierten Baubetriebsan¬ lagen im engen Rosenbachgraben der Nordseite des Karawankentunnels. Als Kraftquelle fiir den Betrieb der maschinellen Einrichtungen auf dem Die zugeftihrte Wassermenge betragt 2500 bis 3200 l in der Sekunde bei einem Nutzgefalle von 26 m, was einer effek- tiven Kraftleistung von 625 bis 800 PS entspricht. Im Turbinenhause waren drei von der Maschinenfabrik A n d r i t z beigestellte Spiralturbinen mit liegender Welle fiir eine Leistung von 400 PS bei 750 Um- drehungen in der Minute eingebaut und ferner drei von Siemens & Halske in Wien Abb. 213. Nordportal des Karawankentunnels. Baubetriebsplatze beim Tunneleingange diente die Wasserkraft des Rothwein- baches, welcher durch eine wiIdromantische Schlucht der Save zustiirzt. An einer geeigneten Stelle dieser Klamm wurde ein Betonwehr eingebaut, von welchem aus das Wasser teils in einem offenen Gerinne, teils im Stollen zum Wasserschlofi (Sammelbassin) und sodann in einer 150»? langen, steil ab- fallenden schmiedeisernen Druckrohr- leitung von 1500 mm Weite zu dem in der Nahe des Ausganges der Klamm hergestellten Turbinenhause geleitet wird. gelieferte Drehstrommotoren fiir eine Leistung von 320 KW bei 5000 Volt Spannung und 750 Umdrehungen in der Minute aufgestellt. Von der Kraftzentrale fiihrte eine 9 - 5 km langeFernleitung behufs Ubertragung der elektrischen Kraft zu den maschinellen Baubetriebsanlagen beim Tunneleingange, von welchen jene fiir die Liiftung des Tunnels, fiir die elek- trische Fbrderung in und aufierhalb des Tunnels, fiir die elektriscbe Beleuchtung der Baubetriebsplatze und der Gebaude sowie fiir den Betrieb der Werkzeug- maschinen und der Sage in gleicher oder 222 Josef Hannack. ahnlicher Weise eingerichtet waren wie auf der Nordseite des Tunnels. Auch die Gebaude zur Unterbringung und Verpflegung von Beamten und Ar- beitern, die Spitaler, das Gebaude fiir die Post- und Telegraphenstation, das Um- kleidehaus, die Magazine, Werkstatten- gebaude und Remisen sowie die Forder- und Rangiergleisanlagen waren in ahn¬ licher Weise und annahernd gleichem Umfange \vie auf der Nordseite, nur naher aneinander gruppiert, hergestellt. Nur bei den Gebauden ftlr sanitare Einrichtungen war gegeniiber der Nord¬ seite eine Vermehrung notwendig ge- worden, nachdem imDezember 1904 durch mazedonische Arbeiter schwarze Blattern eingeschleppt worden waren, weshalb dann noch eine Isolier- und Desinfektions- baracke fiir neuaufzunehmende Arbeiter, eine Beobachtungsbaracke fiir infektions- verdachtige Kranke und eine Korkstein- baracke zur Unterbringung von Blattern- kranken errichtet wurden. Ein grofier. Teil der Baubetriebs- anlagen war ebenso wie auf der Nordseite schon vor der definitiven Vergebung des Tunnelbaues durch die k. k. Staatseisen- bahnverwaltung ausgefiihrt worden. Wesentlich abweichend von den An- lagen der Nordseite waren nur die Ein¬ richtungen fiir die maschinelle Bohrung im Stollen, fiir welehe wegen der in der ausgedehnten Karbonschieferstrecke zu erwartenden Ausstrdmungen von Schlag- wettergasen (Methangasen) nicht elek- trische, sondern pneumatische, mit Prefi- luft von 5 bis 7 Atmospharen zu betreibende Bobrmaschinen verwendet wurden. Auf die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Gašen hatte Berg- rat Dr. Friedrich T e 11 e r noch vor An- fahren dieser Gebirgszone hingewiesen, aufierdem waren schon in dem vormals betriebenen, aber schon langst aufge- lassenen Karl-Bergbau-Stollen der Kraini- schen Eisenindustriegesellschaft Erfah- rungen gesammelt worden, welche iiber die Menge und Gefahrlichkeit der Gase einigen Aufschlufi gaben. Die Verwendung von pneumatisch zu betreibenden Bohrmaschinen im Sohl- stollen war deshalb auch im definitiven Bauvertrage ausdriicklich vorgeschrieben. Zum Zwecke der pneumatischen Bohrung im Sohlstollen wurde ein von der Maschinenfabrik A n d r i t z gelieferter Verbundkompressor fiir eine Leistung von 25 m 3 angesaugter atmospharischer Luft aufgestellt, welcher durch einen von der Firma Kolb en in Prag beigestellten Drehstrommotor mit einer Leistung von 200 effektiven PS bei 5000 Volt Spannung und 425 Umdrehungen in der Minute angetrieben wurde. Zwischen dem Kompressor und dem Anfang der Luftleitung waren zwei Druck- windkessel mit zusammen I0’8 m 3 Inhalt fiir 7 Atmospharen Betriebsspannung samt Absperrschiebern und Sicherheitsventilen eingebaut, welche von L. Moschner in Klagenfurt geliefert wurden. Diese Kompressoranlage wurde spater, als sich die Notwendigkeit herausstellte, auch den Firststollen in der Karbonschieferstrecke mittels maschineller Bohrung vorzutreiben, woriiber an anderer Stelle noch gesprochen werden wird, mit einer zweiten Anlage derselben Grofie und Leistungsfahigkeit verstarkt, wobei der Kompressor von Brand&Lhuillierin Briinn, der Dreh¬ strommotor wieder von Kolben in Prag und die beidenWindkessel vonL.Mosch- n e r in Klagenfurt geliefert wurden. Die Rohrleitungen im Tunnel zum Zwecke der Durchfiihrung von Prefiluft bis vor Ort der Stollen bestanden fiir den Sohlstollen aus Mannesmannrohren von 143 mm Weite und fiir den First¬ stollen aus einer eigenen, von der Sohl- stollenleitung unabhangigen Bohrleitung von 94 mm weiten Mannesmannrohren. Der mit der Bauunternehmung E.G r o 6 & C o. abgeschlossene Bauvertrag, mit welchem der genannten Unternehmung aufier dem Bau der Nordseite auch die Bauausfiihrung der Siidseite des Kara- wankentunnels samt der offenen Anschlufi- strecke, soweit diese im Bereiche der Dammanschiittung aus Tunnelausbruch- materiale liegt, am 14. April 1902 auf Grund der Ergebnisse einer offentlichen Bauausschreibung iibertragen wurde, ent- hielt beziiglich der Herstellung der Bau- betriebsanlagen und des Tunnels sowie der Anschlufistrecke dieselben Bestim- mungen und Grundziige wie jener fiir die Nordseite des Karawankentunnels. Tunnelbau. 223 Der Vortrieb des Sohlstollens auf der Siidseite war nach Herstellung eines kurzen Voreinschnittes schon am 10. Juli 1901 in Regie der k. k. Staatsbahn- verwaltung vorerst mittels Handbohrung: o C> begonnen worden. Um die Stollenauffahrung tunlichst zu beschleunigen, wurde noch vor Fertig- stellung der Kompressorenanlage, welche zum Betriebe der pneumatischen Bohr- maschinen erforderlich war,in provisorischer Weise eine Kraft- und Bohranlage fur die Bohrung im Sohlstollen mittels elek- trisch zu betreibender Solenoid-Bohr- maschinen der osterreichischen Union- Elektrizitats-Gesellschaft einge- richtet und zu diesem Zwecke ein Wechsel- stromgenerator aufgestellt, welcher von einem Dampflokomobil von 95 PS ange- trieben wurde. Die maschinelle Bohrung wurde am 2. April 1902 bei einer Stollen- lange von 391 m zunachst in eigener Regie der Staatsbahnverwaltung mit zwei Bohr- maschinen begonnen und dann von der Bauunternehmung E. Grofi & C o. mit sechs gleichzeitig arbeitenden Bohrmaschi- nen fortgesetzt. Wegen der zu geringen Schlagkraft der Solenoid-Bohrmaschinen beim Stofi und der dadureh bedingten zu geringen Leistungsfahigkeit wurde die Bohrung mit diesen Maschinen im August 1902 eingestellt, einstweilen die Handbohrung wieder aufgenommen und Vorsorge ge- troffen, um so bald als moglich den Bohr- betrieb mit elektrischen Bohrmaschinen SystemSiemens & Halske beginnenzu konnen, mit welchen Maschinen seit April 1902 im Sohlstollen der Nordseite mit gutem Erfolge gearbeitet worden war. Diese Bohrung \vurde am 15. Oktober 1902 mit vier Siemensmaschinen auf¬ genommen und mit durchschnittlichen Tagesleistungen von anfangs 3 m, spater bis 4 - 5 m in befriedigender Weise bis zu jener Zeit fortgesetzt, in welcher mit dem Sohlstollen der Siidseite des Tunnels die gebrachen Karbonschiefer bei einer Stollen- lange von 1090 m angefahren wurden. Von diesem Zeitpunkte an mufite die maschinelle Bohrung sehr haufig durch Handbohrung ersetzt werden, weil die Sprengung tiefer, mit Maschinen herge- stellter Bohrlocher das gebrache Gebirge zu sehr gelockert und zu Verbriichen gefiihrt hatte und auch der jeweilig auf- geschlossene Stollenteil sofort bis zur Stollenbrust mit kraftigem Holzeinbau versehen werden mufite. Haufig wurden Bohrungen und Sprengungen ganzlich iiberflussig. Sie hatten zu Verbriichen gefiihrt, weil das Gebirge derart gebrach war, dafi es mit der Spitzhaue allein gelost werden konnte. ^__ DiemaschinellenBohrungenbeschrank- ten sich daher nur auf die Durchbrterungf o Abb. 214. Pneumatische Bohrung im Sohlstollen der Siid- seite des Karawankentunnels. der zahen Kohlenkalke, der harten Quarz- konglomerate und Quarzsandsteine der Karbonformation. Die durchschnittlichen Tagesleistungen bei Auffahrung des Stollens in der Karbonzone gingen daher nicht viel iiber 2 m hinaus. Nach Fertigstellung der Kompressoren¬ anlage wurde aueh die Bohrung mit den elektrischen Bohrmaschinen Siemens & Halske aufgelassen und nach Durch- fahrung einer langeren Druckstrecke, welche nur mit Handbetrieb aufgeschlossen werden konnte, die maschinelle Bohrung mit Druckluftbohrmaschinen am 11. Juli 224 Josef Hannack. 1903 bei Stollenmeter 1600 begonnen und abwechselnd mit Handbohrung, wo dies die gebrache Beschaffenheit des Ge- birges erforderte, fortgesetzt. Zur pneumatischen Bohrung wurden ab- wechselnd Stofibohrmaschinennach System Schwarz, Ingersoll and R. M ayer verwendet, doch konnte iiber die Leistungs- fahigkeit der einzelnen Bohrmaschinen- systeme wegen der stets wechselnden Gesteinsbeschaffenheit kein abschliefien- des Urteil gewonnen werden. Urspriinglich waren vier Bohrmaschi- nen auf einem Bohrwagen an zwei Spannsaulen befestigt. Spaterhin mufite jedoch von der Verwendung eines Bohr- wagens wegen der Verengungen und Verdriickungen des Stollens durch iiber- mafiigen Gebirgsdruck abgesehen und nur mit zwei Bohrmaschinen, welche an zwei senkrecht stehenden Spannsžiulen befestigt waren, gearbeitet werden. Trotz dieser Verringerung der Anzahl der Bohrmaschinen konnten bei einzelnen Stollenstrecken, bei welchen der Vortrieb nicht durch Handbohrung unterbrochen werden mufite, in den iibrigens nicht harten Gebirgsschichten durchschnittliche Tagesleistungen bis zu 4'5 m erzielt werden. Am 8. Oktober 1904 war der Sohl- stollen nach Durchfahrung der aufierst druckreichen und gasftihrenden, 1920 m langen Karbonzone, welche urspriinglich in einer Langenausdehnung von ungefahr 3000 m erwartet wurde, in die Triasgesteine eingetreten und wurde in diesen von der Siidseite aus nur bis Stollenmeter 3039, das ist bis zu jener Stelle, an welcher der Durchschlag des Sohlstollens am 17. Mai 1905 von der Nordseite aus erfolgte, vorgetrieben und dann eingestellt. Diese Einstellung wurde von der k. k. Eisenbahnbaudirektion aus dem Grunde angeordnet, weil beim Weitervortriebe in den Triaskalken und Anhydriten die Gefabr des Aufschlietiens von grofieren Quellen bestand und die noch nicht ausge- mauerten Karbonschieferstrecken der Stidseite unter allen Umstanden vor der aufierst gefahrlichen Ein- wirkung des Wassers, welches die Schiefer breiartig erweichte, geschiitzt werden mufiten. Um der Gefahr eines etwaigen Durchbruches von Wasser aus dem Stollen der Nordseite bei einem allfalli- gen Versagen der elektrischen Pumpen- anlage der Nordseite zu begegnen, wurde noch vor dem Durchschlage des Sohl¬ stollens, und zwar schon Ende Dezember 1904, bei Stollenmeter 3030 eine wasser- dichte Abschluftmauer aus Beton her- gestellt, welche bis zur vollstandigen Fertigstellung der Tunnelrohre der Karbon- formation erhalten blieb. Der Einbau des Sohlstollens der Karbonschieferzone mufite sehr kraftig gehalten werden, trotzdem war wiederholt in verschiedenen Strecken eine Erneuerung des Einbaues wegen Verdriickungen und Zerbrechen der Einbaubolzer erforderlich. Die mit einem eisernen Einbau des Stollens und dazwischen angebrachten Betonaus- mauerungen angestellten Versuche be- wahrten sich nicht, da der Eiseneinbau durch den aufiergewohnlich grofien Ge¬ birgsdruck verbogen und der Stollen derart verengt wurde, dafi die Roll- wagen in dieser Stollenstrecke nicht mehr verkehren konnten. Die Beseitigung des eisernen Stolleneinbaues und des- sen Ersatz durch einen Mann an Mann gestellten Holzeinbau gestaltete sich aufierst schwierig, da die Eisengespiirre an den Verbindungsstellen stuckweise herausgestemmt werden mufiten. Tunnelbau. 225 Sehr nachteilig fiAr die Erhaltung des Stolleneinbaues wirkten auch die Roll- wagenausweichstellen, welche im Stollen eingelegt werden mufiten. In diesen stark erbreiterten Stollenstrecken trat die Ver- drtickung des Einbaues friihzeitig und in besonderem Mafie ein. Diese Erscheinungen brachten die Bau- unternehmung auf den Gedanken, das Ausweichen von beladenen gegen leere Feinde, den Schlagwettergasen, zu kamp- fen, die beim Aufschliefien des Gebirges allerdings nur sporadisch an einzelnen Stel- len und in ganz geringen Mengen, wie dies bei der nicht flozfiihrenden Karbon- formation der siidlichen Alpenlander iiber- haupt nur der Fali sein kann, aus Ritzen und Kltiften drangen. Als gefahrlich erwiesen sich diese Gas- austritte namentlich bei Herstellung der Abb. 216. Verdriickter Holzeinbau im Sohlstollen der Siidseite des Kara\vankentunnels. Materialwagen im Stollen nieht neben- einander, sondern iibereinander zu bewirken und dadurch die Verbreiterung des Stollens zu vermeiden. Zu diesem Zwecke \vurde der Stollen an den Ausweichstellen erhoht eingebaut, an der Firste Flaschenziige angebracht, die leeren Wagen mittels dieser Hebe- vorrichtung in die Hohe gezogen und die beladenen Wagen sodann unter den leeren am Fordergeleise aus dem Bereiche der Firstweiche zuriickgeschoben. Aufier dem ganz gewaltigen Gebirgs- drucke hatte man bei den Stollenarbeiten noch mit einem gefiirchteten, tiickischen Firststollenaufbrtiche, welche vom Sohl¬ stollen aus nach aufwarts auszubrechen sind, wegen der schvvierigen Ltlftung dieser Aufbrilche, in welchen sich auch das Methangas, weil es leichter als die Luft ist, nach dem Abschiefien der Minen an- sammelt. Es wurde deshalb auch ange- ordnet, von der Herstellung der Firststollen- aufbriiche ganz abzugehen und den First- stollen nur von einer Seite aus wie den Sohlstollen mittels maschineller Bohrung vorzutreiben, damit eine ausreichende Liiftung und strenge Kontrolle der Stollen- wetter auf Gasgehalt moglich war. Die Schuttlocher zur Verladung des Ausbruch- 15 226 Josef Hannack. materials des Firststollens konnten dann in ungefahrlicher Weise vom Firststollen gegen den Sohlstollen von oben nach abwarts hergestellt werden, wobei die Gase, wenn solche austraten, mit Luft reichlich gemischt, ungehindert durch den Firststollen abzieben konnten. Aus Anlafi kleiner Unfalle, wobei zwei- mal je zwei Arbeiter bei Herstellung von FirststollenaufbruchenBrandwunden durch Entziindung geringer Mengen von Schlag- eines forciert zu betreibenden Tunnelbaues, der ja von den Bergbaubetrieben wesentlich abweicht, wurde seitens des genannten Experten als sofort einzufiihrende Mafi- regel empfohlen: Die Einfiihrung einer standigen Wetteraufsicht durch zwei mit Schlagwettern vollstandig vertraute Gru- benaufsichtsorgane, welche die Luft vor Ort des Stollens und auch an anderen Arbeitsstellen, insbesondere vor und nach dem Abschiefien der Minen auf ein Abb. 217. Verdriickter Eiseneinbau im Sohlstollen der Siidseite des Karawankentunnels. wettergasen erhielten, wurde im Marž 1903 seitens der k. k. Eisenbahnbaudirektion das Mitglied des standigen Komitees zur Untersuchung der Schlagwetterfragen, Oberingenieur Franz Brzezowski, ein- geladen, uber die Gasverhaltnisse und Be- wetterung der Arbeitsstrecke der Karbon- formation des Karawankentunnels ein Gutachten zu erstatten. Zu dieser Zeit waren ungefahr 200 m in den Karbon- schieferstrecken durch den Sohlstollen aufgefabren. Nach genauer Prufung aller Verhalt- nisse und unter Riicksichtnahme auf die Eigenart des Bauvorganges bei Ausfuhrung etwaiges Vorhandensein von Methangasen mit der Benzinsicherheitslampe zu unter- suchen hatten, ferner die Vorbefahrung der Arbeitsstellen mit der Benzinsicher¬ heitslampe nach jedem Stillstande der Ventilation und nach jedem mit Unter- brechungen der Arbeit verbundenen Wechsel der Mannschaft und die An- wendung eines Lettenbesatzes bei den Bohrlochern vor Ort des Stollens. Diese Mafiregeln wurden sofort durchgefiihrt und bewahrten sich in der Folge voll- kommen. Bemerkt moge noch werden, dafi der maschinelle Vortrieb des Firststollens Tunnelbau. 227 nicht immer gleichen Schritt mit dem Sohlstollen halten konnte und schliefilich so weit zurtickblieb, dafi in der ersten Halfte des dritten Stollenkilometers an drei Stellen Firststollenaufbriiche vom Sobl- stollen aus unter Einhaltung ganz be- sonderer Vorsichtsmafiregeln und Durch- fiihrung einer Saugventilation vom Auf- bruche in das Sohlstollen-Lichtraumprofil hergestellt werden mufiten, um in der Aus- fuhrung der Vollausbrucharbeiten fiir die Tunnelrohre nicht aufgehalten zu werden. Beim maschinellen Vortriebe des First- stollens ereignete sich durch Aufieracht- lassung der Vorschriften, wahrscheinlich aber, wie die Ortlichen und gerichtlichen Erhebungen ergaben, durch ein Mifiver- standnis seitens des Vorarbeiters der First- stollenarbeiterpartie, rvelche vorzeitig den Gang zur Arbeitsstelle vor Ort des First- stollens mit offenem Geleuchte antraten, am 21. November 1904 eine Explosion schlagender Wetter, ein sclnveres Un- gliick, dem 15 Menschenleben (die ganze Firststollenarbeiterpartie samt den beiden Wetterkontrolloren) zum Opfer fielen. Dieses Ereignis ist um so tragischer, als es kurz vor Beendigung der First- stollenarbeiten der ganzen Karbonzone, namlich 70 m vor der Erreichung der Triasformation der Nordseite eintrat, somit nach der Durchorterung der ganzen fast 2 km langen Karbonformation durch den Sohlstollen und ganz kurze Zeit vor der ganzlichen Auffahrung des ebenfalls fast 2 km langen Firststollens. In betreff der eingetretenen Not- wendigkeit, auch den Firststollen nur von einer Seite aus wie den Sohlstollen maschinell vorzutreiben, sei noch hervor- gehoben, dafi der Tunnelbauingenieur hiebei insofern in ein sclrvveres Dilemma geriet, als der ungeheure Gebirgsdruck der Karbonschiefer es vom fachlichen Standpunkte aus erheischt hatte, den Firststollen bei jedem Ausbruchringe der Tunnelrohre nur so weit vorzutreiben, als dies fiir die Herstellung des Tunnelringes oder zum Ausziehen der Kronbalken des in Mauerung befindlichen Ringes unbe- dingt notwendig ist. Wegen des Auf- tretens von Schlagwettergasen konnte aber dieser sonst einzig richtige Bauvorgang nicht eingehalten \verden, wenn die Voll- endung des Karawankentunnels nicht auf unabsehbare Zeit hinaus verschoben vverden solite. Durch das langandauernde gleich- zeitige Vorhandensein des Solil- und Firststollens in Strecken, bei welchen das Mauenverk der Tunnelrohre, das dem Gebirge eine unnachgiebige Stiitze bietet, nicht sofort nach dem Aufschlusse durch den Firststollen hergestellt werden kann, wie dies bei den zwischen den Aufbruch- ringen liegenden zwei Anschlufiringen Abb. 218. Firstweiche im Sohlstollen der Siidseite des Karawankentunnels. (Rollwag-en oben.) und beim Schlufiring der Fali ist, wird das Gebirge in \veitem Umkreise um das Tunnelprofil noch mehr gelockert und in Bewegung gebracht, welche Erscheinung durch die nicht sehr machtige und bei gebrachem Gebirge nicht geniigend wider- standsfahige Gebirgszwischendecke zwi- schen der Sohle des Firststollens und der Firste des Sohlstollens nur begiinstigt wird. Der Gebirgsdruck wird vom First¬ stollen auch auf den Sohlstollen iiber- tragen und hat dort noch grofiere Ver- drtickungen, noch mehr Auswechslungen und Erneuerungen des Stolleneinbaues zur Folge, als dies beim Sohlstollen sonst der Fali gewesen ware. I 5 : 228 Josef Hannack. Vollausbruch und Mauerung der Tunnelrohre wurden in regelmafiiger Auf- einanderfolge wie auf der Nordseite des Tunnels mit jedem vierten Tunnelring als Aufbruchring und drei dazwischen liegenden Ringen ausgefiihrt. Die For- derung nach und aus der Arbeitsstrecke des Tunnels wurde mit je sechs Ziigen wahrend einer achtstiindigen Arbeitsschichte be- werkstelligt, wofern sie nicht durch Ein- bauverdrtickungen und Sohlenauftrieb oder Rekonstruktionen des Stolleneinbaues behindert \var. Die einzelnen Ringe waren mit wenigen Ausnahmen 8 bis g m lang. Die Vollausbruch- und Mauerungs- arbeiten wurden jedoch in der Karbonzone, welche sich auf nahezu 2 km Tunnel erstreckt, durch ganz aufiergewohnlich grofien Gebirgsdruck, der sich auch in der Tunnelsohle durch starke Sohlenauf- triebe iiufierte, in einer Weise und Starke beeintrachtigt, wie dies in solcher Langen- ausdehnung wohl noch niemals bei einem anderen Tunnelbau vorgekommen ist. Diese Umstande und die beklemmende Sorge, ob dieser Kampf mit dem Gebirgs- drucke in zahlreichen Ringen einer Tunnel- strecke von 3 km Lange, wie dies damals noch angenommen werden mufite, zu be- stehen sein wiirde, fiihrten zum Studium der Frage, ob es nicht geboten sei, den sonst zweigleisigen Tunnel in der Karbon- strecke blofi eingleisig auszufiihren. Hiefiir waren folgende sehr gewichtige Bedenken mafigebend: Einerseits war es fraglich, ob die Beschaffung einer so grofien Menge von Quaderbausteinen, wie sie bei einem Mauerwerk von i'8m bis 2 m Widerlagerstarke und 13« bis i - 5 m Gewolbestarke fiir eine grofie Tunnellange erforderlich sind, in der zur Verftigung stehenden Zeit uberhaupt moglich sei; anderseits war zu be- sorgen, dafi , selbst die sehr schweren Mauerwerksprofile bei der grofien Flache des freizuhaltenden Lichtraumes eines zweigleisigen Tunnels dem Gebirgs- drucke nur kurze Zeit standhalten wiirden, dann aber wahrend des Bahnbetriebes durch viele Jahre hindurch rekonstruiert werden miifiten; und schliefilich war zu beftirchten, dafi das zweigleisige Profil in der Karbonstrecke uberhaupt erst nach mehrjahriger Bauzeit fertiggestellt werden wiirde, so dafi die LinieRosenbach-Afiling um mehrere Jahre spater hatte eroffnet werden miissen. Fiir den Bau eines eingleisigen Tunnels in der Druckstrecke sprach iibrigens noch der nicht hoch genug an- zuschlagende Vorteil, dafi zur Ausflihrung von Vollausbruch und Mauerung der Tun¬ nelrohre nach der Auffahrung von Sohl- und Firststollen nur die halbe Zeit wie bei einem zweigleisigen erforderlich ge- \vesen ware. Es \vare daher dem Gebirge weniger Zeit zu iibermafiiger weitaus- greifender Lockerung und Betatigung gewaltigen Druckes gegeben worden, wodurch fiir die Zukunft mit viel grofierer Wahrscheinlichkeit auf den ungefahrdeten Bestand des eingleisigen Tunnels ge- rechnet werden komite als auf den des zweigleisigen Tunnels. Das Studium und die Erorterung der Frage einer Durchfahrung der Karbon¬ strecke mit eingleisigem. Tunnelprofile war daher so wichtig und von so weit- tragender Bedeutung, dafi diese Angelegen- heit in ernsteste Erwagung gezogen werden mufite. Vom Standpunkte des Tunnelbaues sprachen die vorangefiihrten sehr ge- wichtigen Griinde fiir die Ausfiihrung des eingleisigen Profils innerhalb der Karbon¬ strecke; um aber auch den Bediirfnissen des Verkehres zu entsprechen, \var ge- dacht, die eingleisige Tunnelstrecke in der Hauptachse auszufiihren und den Bau des zweiten eingleisigen Paralieltunnels innerhalb der Karbonzone dann in An- griff zu nehmen, wenn beim Haupttunnel der Umfang der Arbeiten sich bereits verringert hatte und die vorhandenen Arbeiter, Baubetriebsanlagen, Steinbriiche u. s. w. fiir die Herstellung des eingleisigen Paralieltunnels zur Verfiigung stiinden. Dieser Paralleltunnel durch die Karbon¬ zone, samt der anschliefienden gerad- linigen Fortsetzung bis zurAus- miindung gegen Siiden ware im ganzen 3 km lang geworden und hatte noch vor Fertigstellung der Tauernbahn, zu wel- cher Zeit erst das zweite Gleis in derKarbon- strecke des Karawankentunnels wegen des grbfieren Verkehres erforderlich ist, vollendet werden konnen. Tunnelbau. 229 Gew6lbemauerung im verdriickten Ring" N? 99 des TI Tkm der Sudseite des KarawaukeuTiiioiels (Kkrd)omzone). Mafist&b 1:200. Abb. 2T9. Um diese hochivichtige einschnei- dende Frage eingehend zu studieren und auch die Meinung anderer Fachmanner einzuholen, wurdenvom damaligen Eisenbahnbaudirektor Sektionschef Karl Wurmb, der gegemvartige Hofrat und k. k. Staats- bahndirektor Karl J. W a g n e r, der o. Professor der deutschen techn. Hochschule in Briinn August Steinermayr und der Inšpektor der k. k. Staatsbahnen Anton Fritz im November 1903 zu einer Expertise und Abgabe eines Gutachtens ein- geladen. Nacb eingehender Besichtigung der Tunnelarbeiten und nach Er- wagung der einschlagigen Verhalt- nisse fiir den Bau des Tunnels und des Bahnbetriebes lautete das Gut- achten der Experten dahin, von dem zweigleisigen Ausbau des Tunnels nicht abzugehen, was sie haupt- sachlich mit dem Hinweise auf die Sclvvvierigkeit und Unzulanglichkeit der naturlichen Ventilation des Tunnels wahrend des Bahnbetriebes begriindeten, welche Behinderung der naturlichen Liiftung namentlich in dem von der Tunnelgeraden in einem Bogen abzwei- genden Paralleltunnel zu befiirchten ge- wesen ware. Die Experten machten in dankens- werter Weise auch einige Vorschlage zur Verstarkung des Einbaues der Aus- bruchringe, wie die Verwendung von hartem Holz fiir die Brust- und Zwischen- schwellen und die Einschaltung eines weiteren Zwischengesparres, so dafi bei den Ausbruchringen, welche durchwegs mit Ausnahme des 7 m langen, bei der Expertise eingehend besichtigten Ringes Nr. 63 des zvveiten Tunnelkilometers eine Lange von 8 bis 8'5 m aufweisen, nun- mehr fiinf Gesparre zur Ausfuhrung kommen sollten. In Wurdigung der Ergebnisse der Expertise und im Hinblicke auf die grofie Ausdehnung der bereits fertiggestellten zvveigleisigen Tunnelrohre der Sudseite des Karawankentunnels entschlofi sich nun die Eisenbahnbaudirektion trotz der zu erwartenden aufierst schwierigen Bauverhaltnisse, bei der zweigleisigen Herstellung des Tunnels unter allen Um- standen zu verbleiben und wurden dem- entsprechend auch sofort die erforder- lichen Schritte behufs Deckung des Quaderbedarfes u. s. w. getroffen. In der Nahe des Tunneleinganges stand nur der oberhalb Afiling gelegene, nicht besonders ergiebige »Mirza-Stein- bruch« zur Verfugung, aus welchem ein nichts weniger als lagerhaft brechender, rotgelber Kalkkonglomeratbaustein ge- wonnen wurde. Dieser Steinbruch war mit dem Baubetriebsplatze beim Tunnel- eingange durch eine elektrisch betriebene, iiber steile Gelande und Schluchten fuh- rende Rollbahn verbunden. Die Bauunternehmung schritt nun mit anerkennenswerter Tatkraft und grofier Umsicht zur Erwerbung anderer Stein- brtiche behufs Beschaffung der erforder- lichen ganz enormen Quadermengen, deren Bedarf sich spaterhin infolge aus- gedehnter Rekonstruktionsarbeiten im Tunnel noch mehr steigerte. Da sich in der Nahe kein brauchbarer Baustein vor- fand, mufiten die Quader aus Bischoflack, aus der Bucht von Muggia bei Triest, aus St. Ruprecht bei Villach und Mauthausen an der Donau bezogen werden. 230 Josef Hannack. Strenge Winter behinderten uberdies noch in empfindlicher Weise die Stein- metzarbeiten. Um ein annahernd richtiges Bild der schwierigen Steinbeschaffung zu geben, sei erwahnt, dafi auf der Siidseite des Karawankentunnels, abgesehen von der nicht geringen Menge von Bruchsteinen, welche zur Herstellung der Widerlager der Tunnelrohre des ersten Tunnelkilo- meters und der Widerlager einer grofieren Anzahl von Ringen der Karbonzone Ver- wendung fanden, an Quadern (ein- schliefilich des Erfordernisses fur Rekon- struktionen der Tunnelrohre) vermauert und beschafft wurden, und zwar: Aus dem Steinbruche von Bischoflack.42.000 rn 3 Muggia bei Triest . . 15.000 » Mirza bei Afiling . . 10.000 » St. Ruprecht bei Villach 2.600 » Mauthausen a. d. Donau 700 » aus verschiedenen Brii- chen in Krain . . . 2.700 » , somit zusammen . . 73.000 m s , wozu noch bemerkt \vird, dafi zur Zeit des starksten Baubetriebes ta gli c h 100 bis 140 m 3 Quader vermauert \vurden. Die Schwierigkeit der sofortigen Be- schaffung ausreichender Quadermengen fur die zu Ende des Jahres 1903 in Arbeit gestandenen und in nachster Zeit herzustellenden, im Mauerwerk stark dimensionierten Tunnelringe war auch der Anlafi, der Bauunternehmung zu gestatten, fiir die Herstellung einzelner Ringwiderlager und statt der drei bis vier letzten Quaderfirstgewolbescharen hart gebrannte, gerippte Klinker zu ver- wenden, welche aus Bohmen, Nieder- osterreich, und wo solche sonst noch zu beschaffen waren, mit tunlichster Be- schleunigung beigestellt und dann auch vermauert wurden. Es zeigte sich jedoch bald, dafi die Klinkergewolbeschliisseund einige Klinker- \viderlager dem Gebirgsdrueke nicht stand- hielten, weshalb sie spaterhin gegen Quader- mauerwerk ausgewechselt werden mufiten. Bei Ausfiihrung der Tunnelrohre ge- langten im ersten Tunnelkilometer zunachst die Profiltypen Fig. IX, 16 und 18 des Tunnelbautypenblattes 2 b mit einem Quaderfirstgewolbe von o - 6o m bis 1 m und mit Bruchsteinwiderlagern von o - 95 m bis 1 m Starke zur Anwendung, wahrend in der Karbonstrecke des zweiten und dritten Tunnelkilometers mit Ausnahme einer kurzen Strecke der ersten Halfte des des zweiten Tunnelkilometers, wo Tunnel¬ ringe mit 1 m starkem Quadergewolbe und i - 50 m starken Bruchsteinrviderlagern aus- gefuhrt \vurden, Profiltypen mit i‘30 bis 1-50 m starkem Quadergewolbe und i'8o«x bis 2 m Widerlagerstarke teils aus Bruch- stein, zumeist aber aus Quadern nach Fig. 19, 19 a und 19 b des Tunnelbautypen- blattes 2 d der k. k. Eisenbahnbaudirektion zur Anwendung gelangten. Trotz dieser grofien Mauerwerks-: dimensionen und der Verwendung eines guten Bausteines zeigten sich manchmal bald nach der Fertigstellung verschiedener Tunnelringe Abschalungen einzelner Qua- der oder grofier Flachen des Mauervverkes, sowie Risse und Sprtinge im Gewolbe und Widerlager und nicht unbedeutende Ver- schiebungen der Widerlager gegen das Lichtraumprofil des Tunnels. Die Mauenverkszerstdrungen nahmen stetig zu und erreichten weiterhin einen derartigen Grad und eine so grofie Aus- dehnung, dafi zur teihveisen oder ganzen Auswechslung und Neuherstellung des Mauenverkes dieser Ringe noch wahrend der Bauzeit des Tunnels geschritten werden mufite. Solche Auswechslungen mufiten zum Teile auch noch nach der erstmaligen Fertigstellung der Tunnel¬ rohre der Siidseite vorgenommen werden. Wegen weitgehender Verschiebungen und Zerstorungen des Mauerwerkes wurde in verschiedenen Tunnelringen auf eine Tunnellange von 480 m entweder nur das Gewolbe oder aufier diesem auch Teile des Widerlagers und in einzelnen Ringen das ganze Widerlager abgetragen und wiederhergestellt, wahrend in einer Lange von 134 m nur der obere Teil des First- gewolbes, der Gew 5 lbeschlufi, zur Aus- wechsluna; g-elanete. Die Rekonstruktion der einzelnen Ringe wurde ebenso wie die erste Herstellung in der ganzen Ringlange, ohne Teilung der Ringe in Rekonstruktionsstiicke durch- gefuhrt und wurde jeweilig erst in An- griff genommen, wenn die betreffende T unnelbau. 231 Tunnelstrecke auf eine entsprechende Lange vollstandig, einschliefilich des Sohlengewolbes, ausgemauert war, um nicht nach der zum grofiten Teile ein- getretenen Beruhigung des Gebirges neuerliche Bewegungen hervorzurufen. Die Rekonstruktionsarbeiten wurden im Mai 1905 in Angriff genommen und im Juni 1906 beendet. Seit diesem Zeitpunkte herrscht beim Mauerwerk der ganzen Tunnelrohre des am 1. Marž 1906 abgetragen veorden war. Die Pumpanlage im funften Tunnelkilo- meter der Nordseite blieb jedoch bis 16. Juni 1906 in Betrieb, an velchem Tage das Wasser der Tunnelstrecke des fiinften Tunnelkilometers auf die Sudseite ilbergeleitet wurde, nachdem der Tunnel- hauptkanal der Sudseite vollstandig fertig- gestellt war. Nach Durchfiihrung der Rekonstruk¬ tionsarbeiten wurde mit aller Kraft an Abb. 220. Siidportal des Karawankentunnels. Karawankentunnels vollstandige Ruhe und es sind nicht die geringsten Anzeichen vor- handen, die auf den Beginn nenerlicher Mauerwerkszerstorungen hinweisen wurden. Bei dem zuletzt ausgefuhrten Ring (Tunnelkilometer 3030 bis 3039) der erst- maligen Herstellung der Tunnelrohre der Sudseite, welcher unmittelbar vor der Durchschlagstelle des Sohlstollens liegt, wurde am 22. Marž 1906 der letzte Schlufi- stein in das Firstgewolbe eingefiigt, nach¬ dem noch vorher nach Fertigstellung der letzten Sohlengewolbe der Sudseite das Abschlufitor bei Tunnelkilometer 3030 der Herstellung des restlichen Stiickes das Kabelkanals und Hauptkanals und der Vollendung der Beschotterung und des Oberbaues gearbeitet und der Bahnver- kehr im Karawankentunnel gleichzeitig mit der ubrigen Bahnstrecke Klagenfurt— Afiling und dem Fliigel Villach—Rosen- bach am 30. September 1906, somit ein Jahr nach dem fruher mit 1. Oktober 1905 in Aussicht genommenenEroffnungs- termine in feierlicher Weise durch Se. Exzellenz den Eisenbahnminister Dr. Julius Derschatta E d le n von Standhalt eroffnet. 232 Josef Hannack. Zum Schlusse mogen noch die wirk- lichen Baukosten des Karawankentunnels angefiihrt werden. Diese betrugen: Nordseite (4937 m Tunnel): Baubetriebsanlagen . . K 1,953.445' — Eigentlicher Tunnelbau . » 13,935.074'— Zusammen Nordseite . K 15,888.519'— (fur i m Tunnel der Nordseite: ■LL S£8_8 . ž .o^-. = K 4937 m Sudseite (3039 m Tunnel): Baubetriebsanlagen . . K 1,760.216' — Eigentlicher Tunnelbau: Erstmalige Herstellung . » 15,528.497' — Rekonstruktionen . Zusammen Sudseite (fur 1 m Tunnel der K 20,871.373'— 3039 m Gesamtkosten . . oder fur I m Tunnel K 36,759-892'— 7976 m . . » 3,582,660' — . . K 20,871.373'— Sudseite: = K 6868'—) • K 36,759-892'- = K 4609'—. Wocheinertunnel. Der Tunnel unter der »Kolba« zwi- schen Wocheiner Feistritz in Krain und Podbrdo im oberen Bačatal im Kiisten- land war zur Zeit der Gesetzesvorlage fur die zweite Eisenbahnverbindung mit Triest als »Zwillingstunnel« — zwei eingleisige Paralleltunnels in entsprechen- den Abstanden von einander — gedacht, da bei der Herstellung dieses Tunnels nach den geologischen Aufnahmen un- giinstigere Gebirgsverhaltnisse als bei den iibrigen Alpentunnels zu gewartigen waren. Insbesondere gaben die an der Nordab- dachung des Gebirgskammes gegen Feist¬ ritz vorgelagerten, stark gestorten ter¬ tiaren Bildungen, welche in grolJerer Machtigkeit zu durchfahren und bei welchen starke DruckaulJerungen zu be- fiirchten waren, die Veranlassung, dalj schon in dem technisch-kommerziellen Berichte zur Gesetzesvorlage liber die zweite Eisenbahnverbindung mit Triest von der Herstellung eines zweigleisigen Tunnels abgeraten wurde. Um jedoch iiber die Beschaffenheit der tertiaren und palaozoischen Gebirgs- schichten beim Ein- und Ausgange des Tunnels rechtzeitig sichere Aufschlusse fur die Wahl eines zweigleisigen Tunnels oder der eingleisigen Zwillingstunnels zu erhalten, wurde auf der Nordseite nach Ausschlitzung eines kurzen Stollenvorein- schnittes schon am 6. November 1900 und auf der Sudseite am 25. Oktober 1900 mit der Auffahrung eines Probestollens in der Tunnelsohle begonnen, der in den Abmessungen von 2-50 m Breite und 2*20 m Hohe gehalten wurde, um spater beim Baue des Tunnels als Sohlstollen beniitzt werden zu konnen. Anfangs September des Jahres 1901, somit drei Monate nach gesetzlicher Sicher- stelluns; der zweiten Eisenbahnverbinduno: o tr> mit Triest, hatte der Probestollen der Nordseite bereits eine Lange von 443 m und jener der Sudseite eine Lange von 295 m erreicht, ohne dafi in den Stollen irgend welche nennenswerte Druckerschei- nungen eingetreten waren. Der gefiirchtete Sandstein- und Kalk- mergel der Nordseite war auf eine kurze Strecke vom Stolleneingange wegen der atmospharischen Einfliisse etwas verwit- tert und von Lettenschichten durchzogen, so dafi ein starker Plolzeinbau angewendet werden mufite, wahrend die weitere Strecke des Stollens zumeist festgelagerte, dichte, trockene Mergelschichten durchfahrt, wel- che bei Herstellung eines zweigleisigen Tunnels vorsichtshalber wohl einer etwas starkeren Ausmauerung bedurften, jedoch trotz’des Aufschlusses des grofieren Tunnel- profils keine Besorgnisse fur ein nicht sicheres Gelingen des Tunnelbaues oder besonders hoher Baukosten einflofien konn- ten. Auch war die Annahme gerechtfertigt, dalj die tertiaren Ablagerungen im Innern des Gebirges gleich giinstige Eigen- schaften wie im Probestollen zeigen werden. Mit Rlicksicht auf diese in den Stollen gewonnenen Aufschlusse, sowie mit Rtick- sieht darauf, dalj sich die Baukosten eines zweigleisigen Tunnels niedriger stellen als die des Zwillingstunnels, wurde be- schlossen, von der Herstellung der projek- tierten Zwillingstunnels abzusehen und den Wocheinertunnel mit zweigleisigem Tunnelbau. 233 Profile auszufilhren, Dementsprechend wurden auch alle weiteren Vorarbeiten fur die Projektierung und Herstellung der Baubetriebsanlagen und fur den eigent- lichen Tunnelbau durchgefiihrt und der Tunnel zweigleisig hergestellt. Der Wocheinertunnel, 6339 m lang, durchfahrt in fast nordsiidlicher Richtung den Gebirgszug der ostlichen Auslaufer der Julischen Alpen, welcher die Wasser- scheide zwischen dem Adriatischen und Schwarzen Meere bildet. Der Nordeingang liegt zunachst des Dorfes Wocheiner Feistritz auf der Meeres¬ hohe von 525'4 m in dem flachgeneigten Vorlande der Kolba und dem breiten, landschaftlich herrlich schonen Savetal angesichts der imposanten Triglavgruppe. Von Norden aus steigt der Tunnel mit 2'5 pro Mili e auf eine Lange von 3557 m bis zur Meereshohe von 5347 m und fallt dann nach Einschaltung einer 212 m langen Ubergangsrampe von 2 pi-o Mille mit 10 pro Mille auf eine Lange von 2570 m bis zu dem auf der Meereshohe von 508 m im oberen, ziemlieh engen Bačatale vor dem Dorfe Podbrdo befind- lichen Sudausgange. Der Tunnel liegt bis auf ein 120 m langes Bogensttick bei der Tunnelausmiindung in einer Geraden. Der Probestollen beim Ausgange — gleich- zeitig Sohlstollen — wurde wegen der genaueren Achsabsteckung des Tunnels selbstverstandlich nicht im Bogen, sondern in der Tunnelhauptgeraden angeschlagen. In geologischer Hinsicht durchfahrt der Wocheinertunnel vom Nordeingange aus gegen Stiden bis zur Durchschlags- stelle des Sohlstollens bei 3545 m Ent- fernung vom Nordeingange folgende Formationen: Auf eine Lange von 1600 m dunkel- graublauen Tonmergel, mehr oder weni- ger feinkornigen Sand mit kalkigem Binde- mittel und Lettenlassen. Diese tertiaren Ablagerungen sind in der folgenden an Dachsteinkalke angrenzenden Strecke mit Kalkgerolle konglomeratartig vermengt. Von 1600 m bis 2852 m werden dichte Dachsteinkalke, Breccienkalke und Oolithe der oberen Trias durchfahren, welche von steil stehenden Kliiften und Kaminen bis zu Tag durchzogen sind. Diese Kliifte sind teils mit Erde ausgefiillt, teils offen und von Tagwassern durchflossen. Die durch diese Kliifte des Kalkmassivs in den Tunnel rieselnden Wasser wechselten mit den Niederschlagen iiber Tag zwischen 150 bis 1500 Sekundenliter und verur- sachten bei Auffahrung des Sohlstollens, namentlich bei Stollenmeter 1890, 2580 und 2620 bedeutende Wassereinbruche. Die niedrigste Temperatur der Wasser betrug 67 0 C. Gegen Ende dieser Triaskalke, in der Strecke vom Stollenmeter 2835 bis 2850 trat »Knallendes Gestein« auf, welches sich dadurch kennzeichnete, dafi einzelne Platten und Blocke unter dumpfem, auf Entfernungen bis zu 100 m horbarem Knalle mit grofier Gewalt plotzlich ab- sprangen, wodurch beim Vollausbruche dieser Strecke mehrere starke Kronbalken gebrochen und bei Beginn der Mauerung die eben erst versetzte unterste Schar des Mauerwerks samt den Fufiquadern des Sohlengewolbes plotzlich umo'40« gegen das Lichtraumprofil des Tunnels vorge- schoben wurden. Das Gestein dieser Tunnelstrecken war dicht und sprode und blatterte bald nach der Auffahrung durch den Sohlstollen stellenweise auf. Die Ursache des Auf- tretens von »Knallgestein« besteht jeden- falls in der Auslosung von Spannungen, welche durch den tektonischen Aufbau des Gebirges entstanden. Von Stollenmeter 2852 der Nordseite bis 1995 m Entfernung vom Stideingange, das ist auf eine Lange von 1492 m, wur- den graue, manchmal plattige, hornstein- fiihrende Kalke und Kalkschiefer durch- ortert, welche Gesteine der Juraformation angehčren. Von 1995 m der Sudseite wurden bis 1280 m vom Siideingange palaozoische, schwarzgraue, sehr diinn geschichtete und diinnspaltige Tonschiefer durchfahren. Diesen folgen graue Flyschschiefer und Woltschacher Plattenkalke, dann wieder Flyschschiefer, Sandsteine und Kalke bis zum Siideingange, welche Gesteine der Kreideformation angehoren. Die hochste Gesteinstemperatur betrug 13 0 G in den palaozoischen Gesteinen bei 1600 m Entfernung vom Siidportal und einer Uberlagerung von 400 m. An der Stelle der hochsten Gebirgsiiberlagerung 234 Josef Hannack. von iooo m bei 3000 m Entfernung vom Nordeingange betrug die Gesteinstempe- ratur nur 9 0 C, welche Erscheinung jeden- falls mit der Abkiihlung durch die das Gebirge durchfiiefienden Tagwasser im Zusammenhange steht. Vom Bau des Tunnels sollen unter Hinweis auf die allgemeinen Angaben iiber den Bau der Alpentunnels noch folgende Einzelheiten hervorgehoben werden. In Anbetracht der nur 6339 m be- tragenden Lange des Tunnels und der giinstigen Lage des nordlichen Tunnel- einganges im offenen Wocheiner Save- tale bei Feistritz, welches nur 27 km von dem Staatsbahnhof Lees-Veldes ent- fernt und mit diesem durch eine gut fahr- bare Strafie verbunden ist, ferner in Anbetracht des Vorhandenseins einer entsprechend grofien Wasserkraft des Feistritzbaches, wahrend der Siideingang des Tunnels bei Podbrdo im engen Bača- tal gelegen und von der nachst befind- lichen Bahnstation Gorz 65 km entfernt, eine genilgende Wasserkraft vermissen lafit, ergab sich der Grundgedanke fiir das Bauprogramm dieses Tunnels von selbst: Forcierter Baubetrieb mit maschi- neller Bohrung im Sohlstollen der Nord- seite und geringere Leistung mit Hand- bohrung im Sohlstollen von der Siidseite aus. Dies Bauprogramm wurde auch noch durch das Vorkommen entsprechend grofier Mengen guten Bausteines auf der Nordseite um so mehr beeinflufit, als auf der Siidseite Mangel daran herrschte. Dementsprechend wurde auch das Bauvergebungsoperat und der Bauvertrag aufgestellt und die Baubetriebsanlagen auf beiden Tunnelseiten projektiert, wel- che teils vor, teils nach der Bauvergebung ausgeftihrt wurden. Die Bauherstellung des Wocheiner- tunnels wurde von der Bauunternehmung G. v. Ceconi, welche in der Zeit von 1880 bis 1884 auch den Bau der Ost- seite des Arlbergtunnels in riihmlicher Weise durchgefiihrt hatte, erstanden und der Bauvertrag, der fiir beide Tunnel¬ seiten lautete, am 1. Mai 1902 genehmigt. Dem Bauvertrage nach war die Her- stellung der Baubetriebsanlagen und die Durchfiihrung der eigentlichen Tunnel- bauarbeiten derart zu betreiben, dali der Durchschlao- des Sohlstollens bis langstens I. Februar 1905 erfolgen und langstens sieben Monate nach dem Durchschlage des Sohlstollens der Tunnel einschliefilich der Beschotterung ganzlich vollendet sein solite. Zu diesem Zwecke war die Bauunter¬ nehmung verpflichtet, die Auffahrung des Sohlstollens derart zu betreiben, dafi in der Zeit vom I. Juni 1902 bis zum 1. Februar 1905 im Sohlstollen der Nord- und Siidseite zusammen an jedem Ka- lendertage ein durchschnittlicher Fort- schritt von wenigstens 490 cm erzielt werde. Auch \venn der Durchschlag des Sohlstollens vor dem 1. Februar 1905 erfolgen solite, war die Frist von sieben Monaten fiir die ganzliche Vollendung des Tunnels einzuhalten. Fiir den Fali einer Uberschreitung dieser Baufristen waren entsprechend hohe Konventionalstrafen festgesetzt. In betreff ‘der Tunnelltiftung war die Bestimmung getroffen, dafi die in jeder Minute in den Tunnel einzublasende Luft- menge, auf den gewohnlichen Luftdruck gebracht, bei vollem Arbeitsbetriebe auf der Nordseite mindestens 350 m 3 , auf der Siidseite mindestens 100 m 3 pro Minute betragen solite. Als Wasserkraft konnten auf der Nord¬ seite des Tunnels nur die beiden ivestlich vom Tunneleingange befindlichen Quell- ausfliisse des grofien und kleinen Feistritz¬ baches in Betracht kommen, da der Save- flufi ein zu geringes Gefalle aufweist. Die Wassermenge des Feistritzbaches betragt fiir gewohnlich 800 und in wasserarmer Zeit 500 Sekundenliter, das Bruttogefalle 93 «ž, was 720 beziehungs- weise 450 effektiven PS entspricht. Die Wassermenge von 500 Sekunden- litern wurde jedoch durch die in der Kalk- zone der Nordseite des Wocheinertunnels erfolgten Wassereinbriiche wesentlich be- eintrachtigt. Von der Quellfassung des Feistritz¬ baches weg wurde das Wasser in einem 2500 m langen Holzgerinne von 0'8 m 2 Querschnitt bis zum Sammel kasten ober- halb des Turbinenhauses gefiihrt und von dort in einer 856 m langen, steil ab- Tunnelbau. 235 fallenden Druckrohrleitung v von 750 mm Weite bis zu den Tur- binen im.Maschinetihause geleitet. Im Maschinenhause waren eine Hochdruckturbine mit einer Lei- stung von 450 effektiven PS zum Betriebe des Bohrgenerators, des Beleuchtungsgenerators und der beiden Generatoren fiir die Kraft- iibertragung nach Podbrdo und zwei Hochdruckturbinen mit einer Leistung vonje 90 PS eingebaut, letztere zum Betriebe von vier im Maschinenhause aufgestellten Ventilatoren, wovon je zwei unter- einander zu einer Gruppe ge- kuppelt \varen. Die Ventilatoren lieferten eineLuftmenge von 3 50 m 3 angesaugter Luft pro Minute. Von den Ventilatoren wurde die Luft in einer 800 mm weiten und 852 m langen Rohrleitung bis zum Tunneleingange geftihrt, woselbst sich Rohre von 700 mm Weite anschlossen, welche im fertigen Tunnelteile verlegt wurden, wahrend zur Weiterftihrung der Luft durch die Ar- beitsstrecke Rohre von 500 mm Weite zur Verwendung gelangten. Fiir die maschinelle Bohrung im Sohl- stollen der Nordseite wurde, da die elektrischen Bohrmaschinen des Systems Siemens & Halske auf der Nordseite des Karawankentunnels bereits vorztig- liche Erfolge aufvviesen, dieses Bohr- system gewahlt. Zu diesem Zwecke war im Maschinenhause ein Drehstromgene- rator mit einer Leistung von 34 KW und 2200 Volt Spannung in Verwendung, von welchem eine 830 m lange Freileitung bis zum Tunneleingange fiihrte. Im Tunnel leitete ein Hochspannungskabel fiir 2200 Volt den Strom zu dem in einer Tunnel- nische aufgestellten und dem Stollenfort- schritte entsprechend vorzuschiebenden Drehstromtransformator, von \velchem aus ein Niederspannungskabel fiir 250 Volt Spannung bis vor Ort des Sohlstollens zu den vier Bohrmaschinen fiihrte, die an zwei auf einem Bohrvvagen montierten horizontalen Spannsaulen befestigt waren. Behufs Ubertragung von elektrischer Kraft zur Verstarkung der Betriebskraft fiir die gesamten maschinellen Ein- richtungen der Siidseite wurde im Ma¬ schinenhause bei Wocheiner Feistritz eine Primarstation eingebaut, bestehend aus zwei Drehstromgeneratoren von je 90 KW Leistung und fiir 6000 Volt Spannung, welche abwechselnd in Betrieb waren. Von den Generatoren fiihrte eine nahezu 9 km lange, auf 450 Holzmasten an- gebrachte Freileitung iiber das Gebirge bis zum Maschinenhause der Siidseite bei Podbrdo. Die Fernsprechleitung war an den Holzmasten der Starkstromleitung angebracht. In die Hochspannungsleitung war auf der Nordseite auch ein Trans¬ formator mit einem Ubersetzungsverhalt- nisse von 6000 auf 2200 Volt einge- schaltet, welcher mit der Leitung fiir den elektrischen Bohrmaschinenbetrieb ver- bunden war und als Reserve fiir den Bohrbetrieb diente. Den Strom fiir die Beleuchtung auf den Baubetriebsplatzen und in den Gebauden auf der Nordseite lieferte eine Gleichstrom-Dreileitermaschine fiir io - 6 KW Leistung. Den Betrieb der Werkstatteneinrichtungen besorgte ein an die Aufienleitung des Lichtnetzes ange- schlossener Gleichstrommotor von 10 PS. Die Einrichtungen fiir Nutz- und Trink- rvasser so\vie fiir die Beleuchtung waren in ungefahr gleicher Weise und gleichem Umfange wie beim Karawankentunnel aus- gefiihrt. Die Turbin en, Ventilatoren und die Druckwasserleitung wurden von der 236 ■ Josef Hannack. Maschinenfabrik A n d r i t z bei Graz, die elektrischen Einrichtungen fur Bohrung, Beleuchtung und den Antrieb der Werk- stattenmaschinen von der Aktiengesell- schaft Siemens & Halskein Wien und die Generatoren fur die Kraftiibertragung nach Podbrdo sowie die Freileitung dahin von der Firma Franz Pichler in Weiz beigestellt. Die Rohrleitungen fur die Liiftung und fur die Trink- und Nutz- wasserleitung wurden von der Firma R. P h. Waagner in Wien und von der Maschinenfabrik LudwigMoschnerin Klagenfurt beschafft. Die Baubetriebsplatze, Spitaler, Arbei- ter-Wohngebaude, die Restauration, Wohn- und Kanzleigebaude derBauunternehmung, Werkstatten und Magazine sowie die Gleisanlagen am Baubetriebsplatze und zu den Abladestellen des Tunnelausbruch- materials waren ungefahr in gleicher Weise und Ausdehnung wie beim Kara- wankentunnel hergestellt. Die Wohnungen und dieKanzlei derstaatlichenFunktionare waren in bereits friiher bestandenenHausern untergebracht. Den im Bauprogramme und im Bau- vertrage angenommenen geringeren Lei- stungen im Baufortschritte der Siidseite (Handbohrung im Sohlstollen) entspre- chend, sind auch die Baubetriebsanlagen dieser Tunnelseite gegentiber jener der Nordseite in geringerem Umfange aus- gefiihrt worden. Als Wasserkraft konnte nur der west- lich. vom Tunneleingange in den Bača- bach einmiindende Katzenbach inBetracht kommen, der zwar die Ausniitzung eines grofieren Gefalles ermoglicht, jedoch den grofiten Teil desjahres liber wenig Wasser ftihrt; die normale Wassermenge von 60 Sekundenlitern sinkt in den Winter- monaten auf 26 Sekundenliter. Das Nutz- gefalle betrug 100 m , so dafi fiir die Wasserkraftanlage 26 bis 60 effektive PS zur Verfiigung standen. Die Druck- rohrleitung bestand aus 1 50 mm weiten, geschweifiten Rohren von zusammen 1300 m Lange. Im Maschinenhause am Katzenbach waren zwei Peltonmotoren eingebaut, welche zwei unmittelbar ge- kuppelte Ventilatoren in Betrieb setzten. Um die geringe und unverlafiliche Kraftanlage am Katzenbache zu verstar- ken, wurde — wie bereits friiher erwahnt — elektrische Kraft von der Nordseite liber das Gebirge zur Siidseite iibertragen und die Fernleitung an die Sekundar- station, bestehend aus zwei im Turbinen- hause aufgestellte, von F. Pichler in W eiz gelieferte Drehstrommotoren fiir 6000 Volt und mit einer Leistung von je 75 PS, ange- schlossen. Die Drehstrommotoren wurden jedoch spater auf 190 Volt umgewickelt und ein Transformator von 6000 auf 190 Volt zwischengeschaltet. Im Maschinen¬ hause standen drei Ventilatoren in Ver- wendung; zwei derselben konnten durch Turbine oder Elektromotor, einer nur durch eine Turbine angetrieben werden. Die Verstarkung der Kraftanlage der Siidseite durch Kraftiibertragung von der Nordseite und die Aufstellung des dritten Ventilators wurde um so notwendiger, als die Fortschritte bei der Auffahrung des Sohlstollens mittels Handbohrung un- geahnte glanzende Ergebnisse hatten, und die Siidseite des Tunnels daher eine unerwartete Ausdehnung erreichte. Die Turbinen und Ventilatoren der Siidseite wurden von der Maschinenfabrik Andritz und die 500 mm \veiten Ltiftungs- rohre von den Firmen L. Moschner in Klagenfurt, R. P h. Waagner in Wien sowie von der Villacher Maschinenfabrik Egger, Moritsch & C o. geliefert. Die Beleuchtungsanlage wurde von einem Gleichstromdynamo fiir 8 KV A Leistung mit Strom versorgt. Die Unterbringung der Gebiiude an der Siidseite des Tunnels, wie Arbeiter- hauser, Spitaler, Magazine und Werk- statten, war, trotzdem solche in geringerem Umfange als nordseits hergestellt wurden, in dem engen Tale immerhin schrvierig, und es waren die Zufahrtsverhaltnisse beim Tunneleingange sowohl infolge der ge- ringen Breite der Strafie im engen Tale als auch deshalb mifilich, weil die Strafie knapp neben dem herzustellenden Tunnel- portale und den daselbst auszufiihrenden sonstigen grofien Mauerwerksanlagen vor- iiberfiihrte. Um den Strafienverkehr von dieser Stelle einigermafien abzulenken und auch die Zufahrtswege von der bestehenden Bahn zum Tunnel zu kiirzen, \vurde mit ziemlich grofien Kosten eine 3 m breite Tunnelbau. 237 Strafie von Podbrdo liber den Petrovo- brdosattel nach Krain zum Anschlusse an die bestehende Bezirksstrafie, welche von Podrost nach Bischoflack fiihrt, her- gestellt, wodurch der Weg gegentiber der Zufahrt von Gorz um 25 km ge- kiirzt wurde. Bei Auffahrung des Sohlstollens der Nordseite mittels Handbohrung wurden bis April 1902 durchschnittliche Tages- fortschritte von i’3 bis i*8 m erzielt, welche sich durch energische Leitung und Verwendung tiichtiger, stramm geschulter Arbeiter derart steigerten, dafi vom April 1902 bis Ende Dezember 1902, das ist in der Mergelstrecke bis zur Anfahrung der Kalkzone, durchschnittliche Tagesfortschritte von 3*6 bis 4-1 m erreicht wurden. Selbst in den dem Mergel fol- genden dichten, ziemlich harten und zahen Kalken wurde ivahrend der nachsten vier Monate noch ein durchschnittlicher Tagesfortschritt von 2'4 m mittels Handbohrung erzielt. Diese guten Erfolge und die fast noch glanzenderen Ergebnisse der Handbohrung im Sohlstollen der Siidseite erweckten bei der Bau- unternehmung den Gedanken, von der im Bauvertrage vorgesehenen, jedoch weit kostspieligeren maschi- nellen Bohrung auf der Nordseite ganz absehen und die vorgeschrie- beneBaufrist trotzdem einhalten zu konnen. Die Bedenken vor allfalligen, spater bei der weiteren Auffahrung des Stollens eintretenden Hindernissen und Storungen, wie: Wassereinbriichen in der Kalkstrecke oder Auftreten grofierer Druckerschei- nungen in den Schiefern der Siidseite und damit etwa verbundener Schwierigkeiten und Verzogerungen des Baufortschrittes, sowie die Befiirchtung einer zu grofien Ausdehnung der Siidstrecke bei dem daselbst bestehenden Mangel an geniigen- dem Bausteinmaterial zwangen die Eisen- bahnbaudirektion jedoch, auf der vertrags- gemafien Einfiihrung der maschinellen Bohrung auf der Nordseite zu bestehen. Deshalb wurde schon im Mai 1903 eine provisorische Bohranlage fiir den elektri- schen Betrieb von Bohrmaschinen des Systems Siemens & Halske eingerichtet, welche aus einem Lokomobil von 45 PS, einem Gleichstromgenerator fiir 23 KW sowie den im Tunnel erforderlichen Kabeln und Bohrmaschinen bestand. Das Lokomobil hatte vor Fertig-stellung o to . der definitiven Liiftungsanlage auch die Kraft fiir den Antrieb eines Gleichstrom- motors von io PS fiir einen Ventilator von 100 m 3 Luft pro Minute zu beschaffen. Nach Fertigstellung der definitiven Bohrbetriebsanlage wurde die provisorische Bohranlage aufier Betrieb gesetzt. Die maschinelle Bohrung im Sohl¬ stollen wurde am 27. Mai 1903 bei Stollen- meter 1960 aufgenommen und bis zum Durchschlage mit dem Sohlstollen der Siidseite fortgesetzt, rvelcher am 20. Mai 1904 bei Stollenmeter 3543*4 (Tunnel- kilometer 3 * 5475 ) der Nordseite be- ziehungsweise bei Stollenmeter 2789*7 (Tunnelkilometer 2*7915) der Siidseite erfolgte. Die taglichen durchschnittlichen Lei- stungen bei Auffahrung des Nordstollens mittels vier elektrischen Bohrmaschinen betrugen 4*0 m bis 5*40 m , welche Fort- schritte jedoch nicht selten durch das Eindringen kleinerer oder grofierer Quellen aus dem Gebirge beeintrachtigt wurden. So \vurde, abgesehen von kleineren Quellen, bei Stollenmeter 1820 im Marž 1903 eine Quelle von ungefahr 150 238 Josef Hannack. Abb. 223. Quellen bei Stollenmeter 1820 im Wocheinertunnel, Nordseite. Sekundenlitern, bei Stollenmeter 1890 im April 1903 eine Quelle von ungefahr 10 Sekundenlitern, bei Stollenmeter 2582 anfangs Oktober 1903 eine Quelle von ungefahr 50 Sekundenlitern und schliefilich bei Stollenmeter 2620 am 13. Oktober 1903 eine Quelle von ungefahr 200 Sekundenlitern durch den Vortrieb des Sohlstollens aufgeschlossen, wodurch bei dem geringen Gefalle des Tunnels von nur 2 - 5 pro Mille die ganze Stollensohle, die Fordergleise und auch die in Arbeit befindlichen Fundamente der Tunnelrohre iiberflutet wurden, so dafi am 13. Oktober 1903 alle Tunnelarbeiten eingestellt und mit aller Kraft an die Behebung dieser Ubelstande geschritten werden mufite. Diese Vorkehrungen wurden von der Bauunternehmung auch in energischer Weise in Angriff genommen und durch- gefiihrt und bestanden zunachst darin, dali die bestehende Luftleitung des Tunnels zur Ableitung des Wassers ver- wendet und eine neue Ventilationsleitung gelegt wurde. Aufierdem mufite noch eine zweite Rohrleitung zur Abfiihrung der Gebirgswasser, und zwar von 700 mm Weite im Stollen verlegt werden und, um auch diese Rohre in dem nur 2'5 m breiten Sohlstollen unterbringen zu konnen, der Stollen auf eine bedeutende Lange unter grofien Schwierigkeiten erbreitert und durch Auffirstung erhoht, das Forder- gleis umgelegt und gehoben werden. Am' 24. November 1903 -vvaren die Sanierungsarbeiten so weit fertiggestellt, dafi die Tunnelbauarbeiten zu diesem Zeitpunkte ivieder aufgenommen werden konnten. Auf der Sudseite betrug der durch- schnittliche Tagesfortsehritt im Sohlstollen mittels Handbohrung bis zum Mai 1902, das ist bis zu einer Stollenlange von 6co m , nur ro m und in der Kreide- strecke bis zu Stollenmeter 1160 Ende Dezember 1903 durchschnittlich 2 - 5o m , erreichte jedoch in der palaozoischen Zone bei Stollenmeter 1995 bis Ende Juli 1903 eine Tagesleistung von durch¬ schnittlich 4’0 m, wahrend in den darauf- folgenden Jurakalken bis zu d.em bei Stollenmeter 27897 erfolgten Durch- schlage mit dem Sohlstollen der Nord¬ seite der Uigliche Tagesfortsehritt sich wieder auf durchschnittlich 3 - o m ver- ringerte. Hier sei noeh erwahnt, dafi der am 20. Mai 1904 erfolgte Stollendurchschlag acht Mo n ate vor dem vertrags- mafiigen Termin (1. Februar 1905) stattfand. Es war somit Grund genug vorhanden, sich uber diesen schonen ersten Erfolg herzlich zu freuen und diesen wichtigsten Abschnitt beim Bau eines der vier neuen grofien Alpentunnels festlich zu begehen. Die am 31. Mai 1904 stattgefundene erhebende Feier des Durchschlages des Sohlstollens, dessen letzte, Krain und das Kustenland trennende, 1 m dicke Scheide- wand durch Se. kaiserliche und konigliche Hoheit Flerrn Erzherzog Leopold Salvator mittels elektrischer Ziindung \ gesprengt wurde, \vird jedem Teilnehmer j in schonster Erinnerung bleiben. Durch aufrichtige Wiirme und Herzlichkeit ge- mahnte die Feier an das Durchschlagsfest beim ersten grofien Alpentunnel Oster- reiehs, dem Arlbergtunnel. Tunnelbau. 239 An der schonen Feier beteiligten sicb auch Se. Exzellenz der damalige k. k. Eisenbahnminister Dr. Heinrich Ritter von W i 11 e k, der k. k. Statthalter von Triest Exzellenz Leopold Graf Goefi, der Landesprasident von Krain Exzellenz Viktor Freiherr von H e in und der geniale Schopfer der zweiten Eisenbahn- verbindung mit Triest, der damalige Eisenbahnbaudirektor Sektionschef Karl Wurmb, der an dieser Feier noch in ungetriibter Stimmung mit der ihm eigenen, fast jugendlich zu nennenden Begeisterung lebhaften Anteil nahm, sowie dessen da- maliger Stellvertreter und gegenwartiger Leiter der k. k. Eisenbahnbaudirektion Sektionschef Dr. techn.AntonM i 11 emoth. fjber die Herstellung von Vollaus- bruch und Mauerung beim Wocheiner- tunnel ist nichts Besonderes anzuftihren. Es sei nur erwahnt, dafi in der ziemlich standfesten Kalkstrecke des Tunnels haufig Doppelringe von je 16 m statt 8 m Lange zur Ausfuhrung gelangten. Die Forderung wickelte sieh in nor¬ mal er praziser Weise mit je sechs Ein- und Ausfahrtsziigen in jeder der beiden taglichen achtstiindigen Arbeitsschichten ab. In der Arbeitsstrecke der Nordseite (mit 2'5 pro Mille Steigung) erfolgte die Materialforderung mit Menschenkraft, auf der Siidseite (mit 10 pro Mille Steigung) mittels Pferden und in den jeweilig fertiggestellten Tunnelstrecken auf der Nordseite mittels Dampflokomotiven, auf der Siidseite jedoch zumeist mit Pferden, da die Vervvendung von Lokomotiven im fertigen Tunnel- teile dieser Strecke durch not- wendige Behebungsarbeiten in- folge einer Berglehnenrutschung beim Siidportale und durch die Herstellung grofier Mauerwerks- anlagen daselbst bis fast zum Schlusse der Bauzeit behindert war. Die Materialforderung zu den Ab- lagerungsplatzen auf beidenTunnel- seiten und zum Steinbruche der Nordseite sowie die Rangierung der Ziige auf den Baubetriebs- pltitzen erfolgte ebenfalls mitDampf- lokomotiven. »*#;'• Die Nichtverwendung von elek- trischen Lokomotiven im fertigen Tunnelteile und zum Steinbruche der Nord¬ seite war teihveise dureh den Mangel an Wasserkraft veranlafit, welcher durch die im Sohlstollen der Nordseite eingedrun- genen Gebirgswasser und die gleichzeitige Abnahme der Quellen der beiden Feist- ritzbache verursacht wurde. Samtliche Rollbahnanlagen in und aufierhalb des Tunnels hatten eine Spur- weite von 60 cm. Als Baustein wurde auf der Nord¬ seite des Tunnels fast ausschliefilich der in hohen Felswanden in der Nahe des Wocheinersees anstehende dichte Dach- steinkalk verwendet, zu welchem von der Bauunternehmung eine 7 km lange Steinbruchbahn mit zwei Holzprovisorien iiber die Save gebaut worden \var. Da der sonst sehr gute Stein nicht lagerhaft war, mufite fiir die Herstellung der Tunnelfirstgewolbe die Verwendung von rauhen Quadern in Aussicht genommen und durchgeftihrt werden. Nach dem Durchschlage des Sohl- stollens wurde eine nicht unbedeutende Menge von Bausteinen aus dem Stein¬ bruche am Wocheinersee auf die Siidseite des Tunnels gefordert und in dieser Tunnelstrecke hauptsachlich zur Her¬ stellung des Gewolbes verwendet. Auf der Siidseite waren drei Stein¬ bruche (Kalksteine und dichte Schiefer) von geringer Ausdehnung und Ergiebig- keit in Betrieb, von welchen das Bau- steinmaterial mittels Pferdefuhrwerken Abb. 224. Material-Ab]adekran beim Wocheinertunnel, Nordseite. 240 Josef Hannack. zum Steinlagerplatz in der Nahe des Tunnels verfiihrt wurde. In den einzelnen Strecken des Tunnels kamen je nach der Gebirgsbeschaffenheit nachstehende Profiltypen zur Anwendung: In der auf 1600 m Lange sich er- streckenden Mergelzone, so\veit geeignetes Bruchsteinmaterial zur Mauerung von Firstgewolben vorhanden war, auf eine geringe Ausdehnung die Profiltype Fig. 8 des Tunnelbautypenblattes 2 a; fiir den grofiten Teil dieser Tunnelstrecke jedoch die Profiltype Fig. 16, 17 und weiter im Innern des Tunnels auch die Profiltype Fig. 14 des Tunnelbautypenblattes 2 b. In der ganzen Tertiarzone hat das Mauerwerk der ausgefiihrten Tunnelrohre vorziiglich gehalten, es zeigt nicht die geringste Špur einer Verdriickung oder Zerstorung. Die Ausfiihrung eines zweigleisigen Tunnels statt zweier Zwillingstunnels fiir den Wocheinerdurchstich hat sich somit glanzend bewahrt. In den Trias- und Jurakalken von Tunnelkilometer r6oo der Nordseite bis Tunnelkilometer i - 995 der Siidseite ge- langten mit Ausnahme verschiedener Tunnelringe in kliiftigen Gebirgsstrecken, welche nach Profiltype Fig. 13 und 15 ausgefiihrt wurden, zum tiberwiegenden Teile die Profiltype Fig. 10 und fiir die Aufbruchringe die Profiltype Fig. 11 des Normalblattes 2 b zur Anwendung. In der palaozoischen Gebirgsstrecke wurde die Tunnelrohre bis Tunnelkilometer r6oo der Sudseite nach Profiltype Fig. 13 und 14 des Tunnelbautypenblattes 2b und weiter bis zu Tunnelkilometer 0700 nach den Profiltypen Fig. 6, 7, 8 und 9 des Blattes 2 a ausgefiihrt. In den Woltschacher Kalken gelangte von Tunnelkilometer 0700 bis 0710 der Siidseite die Verkleidungsprofiltype Fig. 4 des Blattes 2 a zur Anwendung, wahrend \veiter gegen die siidliche Tunnelmiindung die Profiltypen Fig. 6, 7, 8 und 9 aus¬ gefiihrt wurden. Die an das Portal anschliefienden Tunnelringe von 22 m Lange wurden abnormal nach besonderen Zeichnungen im Anschlusse an die grofien Mauerwerks- anlagen zur Sanierung der Rutschung der Berglehne ausgefiihrt. Der letzte Firstgewolbeschlufistein bei dei Mauerung der Tunnelrohre des Wocheinertunnels wurde am 1. Marž 1905 in dem Doppelring Tunnelkilometer 2788 bis 2‘404 der Sudseite versetzt. Es soli nun noch auf die im vor- stehenden bereits wiederholt erwahnte Rutschung der Berglehne beim Siid- portale und die dagegen getroffenen Mafinahmen und Sanierungsarbeiten naher eingegangen werden. Bald nach dem Auffahren des Firststollens hatten sich beim siidlichen Tunneleingange an der Berglehne 30 bis 40 m oberhalb der Bahn Risse und Spriinge im Terrain und merkliche Verschiebungen der drei ersten Geviere des Holzeinbaues des First¬ stollens gezeigt. Es bestand die Gefahr, dafi beim Weitervortriebe des Firststollens die ganze Berglehne in Be- wegung geraten und grofie Material- massen abrutschen wiirden, was aufierst mifilich und um so bedenklicher war, als durch das Abrutschen grofierer Erd- und Gesteinsmassen in dem ohnehin engen Bačatale der Bačabach sarnt der Strafie und der Eingang des Sohlstollens, welchen die einzige Verbindung mit der Arbeits- strecke im Innern des Tunnels bildete, verlegt und somit der ganze Tunnelbau- betrieb unterbrochen worden ware. Die eigentliche Ursache der einge- tretenen Terrainbewegung bildete wohl das schiefe Anschneiden des steilen, nicht besonders festgelagerten Berggelandes durch den im Ausgangsbogen in der Tunnelachse angelegten Firststollen. Wie sich spater bei Ausfiihrung der Tunnelrohre am Eingange zeigte, er- streckte sich die Bodenbewegung auf 6 bis 7 m Tiefe unter der Oberflache und auf eine horizontale Ausdehnung von 70 bis 80 m. Die Rutschung wurde noch durch kleine Quellen im Innern der Berg¬ lehne wesentlich begiinstigt. Um dieser Rutsehungsgefahr zu be- gegnen und den ungestorten Baubetrieb des Tunnels nach Tunlichkeit sicherzu- stellen, wurde der weitere Vortrieb des Firststollens sofort eingestellt und Mafi- nahmen zur' Sanierung in Erwagung ge- zogen. Ein sonst wohl sicher zum Ziele fiih- render Vorgang, namlich die Auflassung Tunnelbau. 241 der Bogentrasse des Tunnels beim Siid- eingang und die Ftihrung der Tunnel- ausmiindung in der Hauptgeraden des Tunnels, wo auch der Richtstollen (Sohl- stollen) angelegt war, der gar keine Be- wegung zeigte, erwies sich als nicht empfehlenswert, weil dann die Gleis- fiihrung vom Tunnel zu dem nahe ge- legenen Bahnhofe Podbrdo ungunstig 105 m langen Hilfsstollens. Mit dem zu Weihnachten 1903 erfolgten Durchschlage dieses Hilfsstollens, der spater auch als Forderstollen diente, war fiir die im Tunnel Arbeitenden die Gefahr beseitigt, durch plotzlich abrutschendes Material im Tunnel abgesperrt zu werden. Um jedoch die im Tunnel beschaf- tigten Arbeiter bereits vor der Fertig- Abb. 225. Portal und Mauerwerksanlagen am Siideingange des Wocheinertunnels zur Zeit der Bauausfuhrung. geworden ware und aufierdem der Bahn- hof zu weit in die Berglehne hatte ver- schoben werden miissen, wodurch wieder dort das Eintreten von Rutschungen gro- fierer Ausdehnung zu befiirchten war. Es wurde daher beschlossen, unter allen Umstanden an der projekti erten Lage der Tunnelachse beim Stideingange festzuhalten und dementsprechende Ver- fugungen zu treffen. Die erste Anordnung betraf die An- lage eines aufierhalb des Rutschgebietes westlich vom Tunneleingange situierten, stellung des Hilfsstollens von einer all- falligen Rutschungsgefahr oder drohenden Verschuttung moglichst rasch verstandigen zu konnen, waren aufien an der Rutsch- lehne Wachtposten bei Tag und Nacht aufgestellt und war aufierdem das Tunnel- innere durch den Richtstollen mittels telephonischer Leitung mit dem Freien in Verbindung gebracht. Behufs Sanierung der Rutschung und Herstellung des Tunnelportales sowie der Tunnelrohre und der ubrigen Mauervverks- anlagen beim Tunneleingange waren um- 16 242 Josef Hannack. fangreiche Bauarbeiten erforderlich, deren Durchfiihrung einen besonderen Vorgang erheischte, um eine sichere Vollendung der Arbeiten zu ermOglichen und nicht noch weitere Bewegungen der Berglehne hervorzurufen. Die Grundziige dieses Bauvorganges bestanden darin, dafi noch vor Herstel- lung der eigentlichen Tunnelrohre beim Tunneleingange vorerst eine Unterfangung und Abstiitzung der in Rutschung be- heit Sr. kaiserlichen und koniglichen Hoheit des Herrn Erzherzogs Franz Ferdinand und Sr. Exzellenz des Eisen- bahnministers Dr. Julius Derschatta Edlen von Standhalt erfolgte, dem offentlichen Verkehre iibergeben. Die wirklichen Baukosten fur den Wocheinertunnel betrugen, und zwar fur Baubetriebsanlagen . . K 1,700.000’ — Eigentlichen Tunnelbau » 17,905.000'—• Gesamtkosten . . K 19,605.000’—■ Abb. 226. Querschnitt durch die Tunnelrohre und die Mauertverksanlacen beim Siideingang des Wocheinertunnels. MaBstab 1 400. griffenen Berglehne durch machtige, 6500 m 3 Mauerwerk erfordernde Stiitz- mauern durchgefiihrt wurde, welche Mauerwerksanlagen am Fufie der Berg¬ lehne an der Bačastrafie begonnen und in einzelnen 4 bis 6 m langen terrassen- formig fundierten Abschnitten bis zur Hohe des Firstes der spiiter auszufiihrenden Tunnelrohre gefiihrt wurden. Nach Fertigstellung dieser Mauer- •vverksanlagen konnte erst an die Her- stellung der eigentlichen Tunnelrohre (ohne Sohi- und Firststollen) in gefahr- loser Weise geschritten werden. Der Wocheinertunnel, durch welchen am n. November 1905 der erste Material- zug verkehrte, wurde gleichzeitig mit der Bahnstrecke Afiling—Gorz—Triest, deren Eroffnung am 19. Juli 1906 in Anwesen- oder fur 1 m Tunnel K 19,605.000’— 6339 m K 3093'—- Bosrucktunnel. Der Bosrucktunnel durchbricht die nordlichen Kalkalpen nahezu unter dem Gipfel des grofien Bosruck zwischen Spital am Pyhrn in OberOsterreich und Ardning bei Selztal in Steiermark in 21 0 nordwest- licher Richtung in einer Geraden, an welche sich nur beim nordlichen Tunneleingange ein kurzes Bogenstiick anschliefit. Der Tunnel ist eingleisig und 4766 m lang. Der Nordeingang im Teichltale liegt auf einer Meereshohe von 719 m ; von Tunnelbau. 243 hier steigt der Tunnel mit 3 pro Mille auf eine Lange von 1876 m und weiter mit 6 pro Mille auf eine Lange von 319 m bis zur Meereshohe von 726'7 m, dann fallt er mit 4 pro Mille auf 327 m Lange und weiter mit 13 pro Mille auf 2244 m Lange zum Siidausgange im Ardningbach- graben auf die Meereshohe von 696 m. Die Einlegung des Zwischengefalles von 6 und 4 pro Mille in der Scheitel- Strecke wasserftihrende dolomitische Kalke zu gewartigen waren. Nach den durch den Tunnelbau auf- geschlossenen geologischen Verhaltnissen wurden von Norden aus auf eine Langen- erstreckung von 197 m Gosauschichten durchortert, welche aus Mergeln, Kalken, Breccien und Konglomeraten bestehen, an welche sich nach einem 7 m mach- tigen Faltenreste von Triasdolomit die rsMCiScojo: Abb. 227. Portal und Mauerwerksanlagen am Siideingange des Wocheinertunnels. strecke war durch die beim Vortriebe des Sohlstollens aufgeschlossenen Wasserver- haltnisse geboten. Der, geologische Aufbau des vom Bosrucktunnel durchfahrenden Gebirgs- stockes rvurde von dem Chefgeologen der k. k. geologischen Reichsanstalt, Dr. Bittner, vor Inangriffnahme des Baues in einem geologischen Langenprofile dar- gestellt, wonach im wesentlichen die Durchfahrung von Gosaubildungen der unteren Kreideformation und auf die grofite Langenerstreckung Werfener Schichten, eventuell auch auf eine kurze Werfener Schiefer und Haselgebirge an- schliefien, welche bis Stollenmeter 1165 reichen. In dieser Zone sind bis Stollen¬ meter 524 mergelige Schiefertone mit Gips und Alabastereinschliissen und Ein- lagerungen von dolomitischem Kalk und Haselgebirge vorherrschend, wahrend in der restlichen Strecke das Haselgebirge die Hauptmasse bildet, das von Anhy- driten, dolomitischen Kalken, Mergeln und Werfener Schiefern durchbrochen wird. Im Haselgebirge kommen stellen- weise auch Einschliisse von Gips und gegen das Ende der Formation ver- 16 * 244 Josef Hannack. Abb. 228. Wassereinbrucb im Firststollen der Nord- seite des Bosrucktunnels bei Stollenmeter 1455. (Abflufi io den Sohlstollen.) einzelt auch diinne Schmitzen von Stein- salz vor. Bei Stollenmeter 1165 wurde der meist lichtgraue Hochgebirgskorallenkalk des Bosruckkammes angefahren, der in ziemlich gleichmafiiger Beschaffenheit bis Stollenmeter 1630 reicht, woran sich bis zur Durchschlagsstelle des Sohlstollens bei Stollenmeter 2292 der Nordseite (2471 m der Siidseite) und weiter bis Stollen¬ meter 2330 der Siidseite, somit auf wei- tere 803 1 n dunkle dolomitische Kalke, schwarze Dolomite und im siidlichen Teile Guttensteiner Kalke schliefien. Die ganze von Stollenmeter 1165 der Nordseite bis 2330 der Siidseite reichende 1268 m lange Kalkzone ist von zahl- reichen mit Wasser erfiillten Kluften und Spalten durchzogen, die im siidlichen Teile noch aufierdem sandig lehmiges Material enthielten und zahlreiche klei- nere und grofiere Wassereinbriiche und Arbeitsunterbrechungen beim Vortriebe des Sohlstollens zur Folge hatten. Insbesonclere bei Stollenmeter 2470 der Siidseite erfolgte am 17. Mai 1905 ein machtiger Wassereinbruch von unge- fahr 800 Sekundenliter Wasser vor Ort des Sohlstollens. Das ausstromende Wasser legte dann mit Methangas ausgefiillte Kliifte des Gebirges frei, wodurch ein massenhaftes, monatelang andauerndes Ausstromen dieser explosiblen Gase in die Arbeitsstrecke stattfand. Diese Gase stammten zweifellos aus dem die Dolomite unterlagernden Hasel- gebirge, wahrend die kliiftigen, unter Wasser stehenden Kalke den Behalter fiir die aus dem Haselgebirge aufstei- genden Gase bildeten. Fliezu moge noch bemerkt werden, dafi bei Auffahrung des Sohlstollens im Haselgebirge der Nord¬ seite bei Stollenmeter 702 und auch auf der Siidseite an einer Stelle ein kleiner Blaser von Kohlemvasserstoffgas aufge- schlossen wurde, der mit kurzer Stich- flamme brannte und sehr bald erlosch, wie dies manchmal auch in Salzlager- statten vorzukommen pflegt. Grofiere Gasausstromungen und da- durch veranlafite grofiere Unfiille sind in den Salzbergwerken, wie aus der ein- schlagigen Literatur zu entnehmen ist, trotz des mehrhundertjahrigen Betriebes dieser Werke niemals vorgekommen. Von Stollenmeter 2330 der Siidseite durchfahrt der Tunnel bis zu seinem siidlichen Ausgange wieder Werfener Schichten, in welchen Werfener Schiefer, Haselgebirge und Anhydrite, von dolo- mitischen Kalken begleitet, wechseln. Von Stollenmeter 580 bis zum Siidportal stehen griinlichgraue, plattige, harte Quarzitschiefer an. Die Werfenerschichten der Siidseite waren an einigen Stellen von einem stark wasserftihrenden Rauchwackenzuge durch- brochen, in welchem der am 14. August 1902 bei Stollenmeter 582 der Siidseite erfolgte machtige Wassereinbruch von liber 800 Sekundenliter einen grofien Verbruch des Gebirges in der Stollen- firste verursachte. Die Gesteinstemperaturen zeigen auch im Bosrucktunnel kein regelmafiiges An- steigen, sondern nehmen im Gegenteile gegen das Berginnere hin stark ab, was jedenfalls wieder mit dem Wasserreichtum des Gebirges im Zusammenhange steht. So wurde die hochste Gesteins- temperatur schon bei Stollenmeter 500 Tunnelbau. 245 der Nordseite mit iO'5° C bei einer Uber- lagerung von nur 250 m gemessen, wahrend die niedrigste Gesteinstempera- tur mit 6’5° C bei Stollenmeter 1500 bei einer Uberlagerung von 900 m be- obachtet wurde. Unter dem Bosruckgipfel, der 2008 m Meereshohe hat, betrug die Gesteinstemperatur nur 9 0 C. Der erste Spatentisch zum Bau des Bosrucktunnels erfolgte nordseits am nahme, nordseits den Sohlstollen mittels maschineller Bohrung und sudseits nur mittels Handbohrung aufzufahren. Als Betriebskraft der maschinellen Anlagen fur die Liiftung, Bohrung und Beleuchtung war auf der Nordseite die Wasserkraft des »Schreienden Baches« in Aussicht genommen, der oberhalb der Pyhrnstrafie, weit abseits von der Tunnel- achse, als machtige Quelle entspringt und Abb. 229. Wassereinbmcix vor Ort des Sohlstollens der Sudseite des Bosrucktunnels bei Stollenmeter 2470. 1. Juli, sudseits am 22. Juli 1901 und bald darauf wurde mit der Stollenauf- fahrung beiderseits des Tunnels in eigener Regie der k. k. Staatsbahnverwaltung begonnen. Die Vergebung des Baues des ganzen Tunnels samt einer kurzen Anschlufi- strecke auf der Nord- und Sudseite er¬ folgte auf Grund einer offentlichen Offert- ausschreibung am 21. Oktober 1902 an die Bauunternehmung F a 11 e t ti, Zateranda & C o m p. Das dem Bauvertrage zu Grunde liegende Bauprogramm fufite auf der An- ein ausniitzbares Gefalle von 211 m aufwies. Ftir den Antrieb der kleinen Ven- tilatorenanlage auf der Sudseite des Tunnels war die kleine Wasserkraft des Ardningbaches in Aussicht genommen. Die Herstellung der in keinem grofien Umfange im Bauvertrage vorgesehenen Baubetriebsanlagen hatte auch beim Bos- rucktunnel auf Kosten der k. k. Staats- bahnverwaltung zu erfolgen. Nur die etwa notwendigen Gebaude ftir die Unter- bringung und Verpflegung der Arbeiter sowie die Spitalgebaude hatte, wofern 246 Josef Hannack. hiefiir nicht anderweitig Vorsorge ge- troffen werden konnte, der Bauunter- nehmer auf eigene Kosten auszufiihren. Fiir die Liiftung des Tunnels war im Bauvertrage nordseits eine in den Tunnel einzublasende Luftmenge von mindestens i5om s pro Minute, siidseits von min¬ destens 75 m 3 vorgeschrieben. Hinsichtlich der Baufristen bestimmte der Vertrag, dali auf der Nordseite die Ftir den Sohlstollen des siidlichenTun- nelteiles war ein Fortschritt von wenig- stens 140 cm an jedem Kalendertag vor¬ geschrieben. Fiir den Fali der Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Baufristen waren fiir jede Tunnelseite getrennt, entsprechend hohe Konventionalstrafen festgesetzt. Zur Zeit der Ubernahtne der Bau- arbeiten durch die Bauunternehmung Abb. 230. Baubetriebsplatz auf der Nordseite des Bosrucktunnels. Herstellung der Baubetriebsanlagen und die eigentlichen Tunnelbauarbeiten derart zu betreiben waren, dali vom 1. Dezember 1902 bis zum Durchschlage des Sohl- stollens ein durchschnittlicher Fortschritt von wenigstens 280 cm an jedem Kalender- tage erzielt wiirde, dali langstens sieben Monate nach dem Durchschlage des Sohl- stollens der Tunnel einschliefilieh der Beschotterung ganzlich vollendet sei und alle auf der offenen Bahnstrecke erfor- derlichen Unterbau- und Beschotterungs- arbeiten mindestens gleichzeitig mit dem Tunnel fertiggestellt rviirden. Falletti, Zateranda & Comp. war der Sohlstollen der Nordseite auf eine Lange von 702 m und siidseits auf eine Lange von 582 m aufgefahren. Nordseits konnte die Auffahrung des Soblstollens kraftigst weiter betrieben werden, dagegen mulite der Weitervor- trieb des Siidstollens infolge des grolien Wassereinbruches und Firstverbruches am 14. August 1902 so lange eingestellt blei- ben, bis die Behebungsarbeiten in der Verbruchhohle vollendet, der Wasser- spiegel in den wasserfiihrenden Kliiften des Gebirges bis zur Tunnelsohle gesenkt Tunnelbau. 247 und der Tunnelhauptkanal bis Stollen- meter 576 fertiggestellt war, wodurch eine Ableitung der Gebirgswasser und die Trockenlegung der Tunnelsohle und des Fordergleises erfolgen konnte. Um die in den Kliiften des Gebirges und in der Verbruchhohle aufgestauten Wassermengen rascher zum Abflusse zu bringen und die Gewasser auch seitlich von der Tunnelrohre abfiihren zu konnen, Avurde mit grofiem Erfolge seitlich des Sohlstollens ein Entwasserungsstollen an- gelegt, der dann nach Anfahrung der der Siidseite mittels elektrischer Kraft- iibertragung von der Nordseite zu nehmen; auch wurde die Bohrung im Sohlstollen der Siidseite nicht mittels Hand, sondern maschinell bewerkstelligt. Diesem Bau- vorgange entsprechend, wurden auch die maschinellen Baubetriebsanlagen auf bei- den Tunnelseiten hergestellt. Im April 1903 Avurde zum Bau der Kraftanlage am »Schreienden Bache« ge- schritten, bei welcher eine Wassermenge von 150 Sekundenlitern und ein ausnutz- bares Gefalle von 211 m, somit eine Abb. 231. Pneumatische Bohrmaschine, System Gatti (Sohlstollen der Nordseite des Bosrucktunnels). \vasserfuhrenden Gebirgsschichten, aller- dings unter grofien Schwierigkeiten, so weit vorgetrieben wurde, bis der Haupt- Avassersack angeschnitten und so eine ergiebige Entwasserung ermoglicht war. Durch diesen Entwasserungsstollen fliefit noch gegenwartig, also nach sechs Jahren, eine Wassermenge von stetig 200 Sekundenlitern ab. Die Arbeiten im Sohlstollen dieser Tunnelseite konnten erst am 21. Marž 1903 wieder aufgenommen Averden. Die Bauunternehmung hatte die Ab- sicht, von der Herstellung . der im Bau- vertrage vorgesehenen Wasserkraftanlage am Ardningbache ganzlich abzusehen und die Kraft fiir den Antrieb der Ventilatoren Kraft von 300 effektiven PS zur Ver- ftigung stanci. Der »Schreiende Bach« Avurde unter- halb des sogenannten »Schreibachfalles« in der Seehohe von 930 m durch ein ge- mauertes Uberlaufswehr und einen unmit- telbar daranschliefienden Wasserbehalter gefaftt. Von dem letzteren ging die Druck- Avasserleitung aus, welche aus 400 mm Aveiten, genieteten Rohren von 5, 6, 7, 8, 9 und 10 mm Blechstarke bestand und eine Lange A T on 2130»« hatte. Das Turbinenhaus stand etcva 60 m vom Nordportale entfernt auf dem Baubetriebs- platze und Avaren daselbst die Turbinen und die Arbeitsmaschinen fiir den Bau- betrieb auf der Nordseite des Tunnels Josef Hannack. 248 sowie die elektrische Primarstation fiir die Baubetriebsanlagen auf der Sudselte untergebracht. Im Laufe des Sommers 1903 wurde die Wasserkraftanlage fertiggestellt und es erfolgte die Aufstellung der Baubetriebs- maschinen fiir beide Tunnelseiten sowie die Errichtung der elektrischen Fernlei- tung von der Nord- auf die Sudseite des Tunnels iiber den Ardningsattel. Die maschinellen Baubetriebsanlagen auf der Nordseite gelangten in folgendem Umfange Anfang September 1903 in Betrieb: Fiir die Tunnelliiftung standen zwei miteinander gekuppelte Hochdruck- ventilatoren, System Andritz, in Hinter- einanderschaltung in Vervvendung; sie wurden von einer 35pferdigen Hochdruck- turbine angetrieben und lieferten bei normalen 2000 Umdrehungen in der Minute und einer Endpressung von 95 cm Wasser- saule eine Luftmenge von 150 m 3 . Die Liiftungsleitung bestand in der fertigen Tunnelrohre und in der Arbeitsstrecke aus genieteten Blechrohren von 500 mm lichter Weite, im Sohlstollen aus Rohren von 300 mm lichter Weite. Die Liiftung des Firststollens wurde durchSteigleitungen von 150 mm lichter Weite bewerkstelligt. Es konnte die fiir den Firststollen bestimmte Luftmenge durch Drossel- klappen, welche am Abzweigstutzen von der Hauptleitung anmontiert waren, reguliert werden. Mit Riicksicht auf die besonderen, beim Bosrucktunnel herrschenden Gesteinsver- haltnisse gelangte fur den Vortrieb des Sohlstollens die maschinelle Bohrung mit Druckluftbohrmaschinen zur Anwendung. Zur Erzeugung der Druckluft stand im Maschinenhause ein horizontaler Verbund- kompressor fiir 12 m 3 angesaugte Luft in der Minute bei 210 Umdrehungen im Betriebe. Er wurde mittels Riemen- iibertragung von einer Peltonturbine mit 90PS Nutzleistung angetrieben. DieDruck- leitung vom Kompressor zu den Bohr- maschinen vor Ort bestand aus gezogenen Flanschenrohren von 90 mm lichter Weite. Im ersten Stadium der maschinellen Boh- rung wurde nur im Sohlstollen maschinell gebohrt und vor Ort mit vier auf einem Bohrwagen aufmontierten Gesteinsbohr- maschinen, System Gatti, gearbeitet. Diese Bohrmaschine ist charakte- risiert durch eine kraftige, geringe Repa- raturen erfordernde Bauart und besitzt eine einfache Steuerung, welche aber trotzdem die selbsttatige Vor- und Riick- laufbewegung der ganzen Maschine auf gezahnten, am Bohrwagen nach ver- schiedenen Richtungen einstellbar ange- brachten Fiihrungsschienen ermoglicht. Hinsichtlich des Kraftbedarfes der Gatti- Bohrmaschine ist zu bemerken: Bei einer Eintrittsspannung der Luft in die Bohr¬ maschine von 5 - 5 bis 6 Atmospharen Uberdruck betrtigt der tatsachliche Luft- verbrauch einer Maschine 3000 bis 3700 l in der Minute, in welcher Zeit die Ma¬ schine 400 Stofie gegen das Gestein aus- tibt. Fur vier Bohrmaschinen stellt sich also der Luftbedarf auf 12 bis 15 m 3 in der Minute. Dementsprechend stellt sich der Kraftbedarf fiir den Kompressor auf 90 bis 120 PS. Die urspriingliche Bohr- anlage auf der Nordseite des Bosruck- tunnels war auf die untere Grenze von 90 PS angelegt. Sonach stellte sich das Bruttoerfordernis fur eine Gattimaschine im Maschinenhause auf 22 PS; die Be- rechnungen haben jedoch ergeben, dafi an der Bohrmaschine nur 18 PS abge- geben wurden : demnach ist der Wirkungs- grad des Kompressors und der Druckluft- leitung mit 4 =070 zu bewerten. Der Gesamtwirkungsgrad der Gatti-Bohr- maschine betragt rund s = o - 2 5 bis o^o.*) Der Dauerbetrieb der Liiftungs- und Bohranlage erforderte weiters die Auf¬ stellung einer Werkstatte. Diese wurde mittels Deckentransmission von einer Hochdruckturbine fiir 20 PS-Leistung angetrieben und hatte alle notwendigen Arbeitsmaschinen. An die Werkstatte schloft sich eine Bohrerschmiede und eine kleine Giefierei. Die Beleuchtung des gesamten Ma- schinenhauses und des Baubetriebsplatzes wurde durch eine von der Werkstatten- transmission angetriebene Gleichstrom- *) Ausfiihrliches iiber den Druckluft- Bohrbetrieb mit der Bohrmaschine, System Gatti, sowie die spater erwahnten Bohrsysteme »Ingersoll-Sergeant«, »Hofmann« und »Wahr- wolf« siehe »Osterr. Wochenschrift fiir den offentlichen Baudienst«,Heft 35, 1906: »Die maschinelle Bohrung im Bosrucktunnel« von Ingenieur Rudolf Heine. Tunnelbau. 249 Abb. 232. Baubetriebsplatz auf der Siidseite des Bosrucktunnels. dynamo (150 Volt Spannung und 6 KV A) besorgt. Der Baubetrieb erforderte auch die Zuleitung von Trink- und Nutzwasser in den Tunnel. Zu diesem Behufe wurde die Kraftwasserleitung vom »Schreienden Bache« angebohrt und eine Abzweig- leitung aus Mannesmannrohren von 50 mm lichter Weite in den Tunnel zu den Ver- brauchsstellen gefiihrt. In einem besonderen Raume des Maschinenhauses war die elektrische Primarstation fiir die Siidseite des Bos¬ rucktunnels untergebracht, welche aus einem Drehstromgenerator fiir 6000 Volt Spannung und eine Leistung von 120 KW bestand. Der Generator war direkt ge- kuppelt mit einer Hochdruckturbine fiir 180 PS Hochstleistung bei 1000 Um- drehungen in der Minute. Die Fernleitung zum Maschinenhause auf der Siidseite des Tunnels hatte 3 X 20 — 60 mm 1 Querschnitt und eine Lange von 7200 m. Auf ihren Masten waren die Drahte fiir die Fernsprechleitung montiert, welche die Maschinenhauser der Nord- und Siidseite miteinander verband. Die maschinellen Baubetriebsanlagen auf der Siidseite hatten genau denselben Umfang wie die eben beschriebenen An- lagen auf der Nordseite. Nur wurde der Antrieb der Arbeitsmaschinen von Elektro¬ motoren gleicher Leistung wie derTurbinen auf der Nordseite bewerkstelligt. Ein Trans¬ formator von 120 KW iibersetzte den Dreh¬ strom von 6000 Volt auf die Betriebs- spannung von 190 Volt. Der Ventilations- motor lief mit 1450 Umdrehungen und hatte wie alle iibrigen Motoren einen F 1 iissigkeitsanlasser. Ein Unterschied gegeniiber der Nord¬ seite bestand im System der ver- wendeten Bohrmaschinen. Auf der Siid- seite standen im Sohlstollen vier Druck- luftbohrmaschinen, System »In g er s o 11 - Sergeant«, je zwei auf einer stehenden Spannsaule montiert, im Betriebe. Wegen derplumpenSpannsaulen, deren Aufstellung viel Zeit erforderte, sowie wegen der haufigen Keparaturen dieser Bohr¬ maschinen wurde spaterhin noch eine An- Josef Hannack. 250 zahl anderer Bohrmaschinen des Systems >Hoffmanm undeinesahnlichenSystems » W a h r w o 1 f« in Verwendung genommen. Diese beiden Systeme unterscheiden sich nur durch Einzelheiten in der Steuerung der Druckluft, sie sind leicht gebaut und in ihren Leistungen gleichwertig. Die Vor- und Rlicklaufbewegung erfolgt bei allen drei erwahnten Systemen mittels Dreh- kurbel von Hand aus. Samtliche maschinellen Einrichtungen wurden noch im September 1903 fertig- gestellt, so dafi dann der Tunnelbaubetrieb in vollem Umfange aufgenommen und mit der maschinellen Bohrung auf der Nordseite am 24. September 1903 bei Stollenmeter 1170 und auf der Sudseite am 30. September 1903 bei Stollenmeter 821 begonneti werden konnte. Wie schon bei Besprechung der geologischen Verhaltnisse der Nordseite des Bosrucktunnels erwahnt wurde, traten bei der Durchfahrung der 1268 m langen Strecke der Triaskalke und Dolomite im Sohlstollen der Nord¬ seite zahlreiche Quellen auf und es zeigte sich bald, dafi diese mit dem »Schreien- den Bache« im Zusamenhang standen, dessen Wassermenge stetig und um so vi el geringer wurde, als Wasser aus dem Gebirge in den Stollen eindrang. Anfang Oktober 1903 betrug die Wassermenge des »Schreienden Baches« noch 150 Sekundenliter, fiel bis gegen Ende Dezember 1903 auf 85 Sekunden¬ liter und EndeJanner 1904 auf ungefahr 40 Sekundenliter. Zur Zeit der Schnee- schmelze im April 1904 stieg die Wasser- menge allerdings auf kurze Zeit bis 140 Sekundenliter, sank aber dann fast plOtz- lich wieder herab und im Juli 1904 ver- siegte der »Schreiende Bach« vollstandig. Die rasche Wasserabnahme im »Schreienden Bache« fiihrte schon im Dezember 1903 zur Erkenntnis, dafi mit der Schreibachanlage die Kraftversorgung fiir die Sudseite auf die Dauer nicht auf- rechterhalten werden konne. Es wurde daher, um den Liiftungs- und maschinellen Bohrbetrieb auf der Sudseite nicht zu unterbrechen, zu Beginn des Jahres 1904 in einem Anbaue an das Maschinen- haus der Sudseite eine Dampfkraftanlage aufgestellt, welche einen den Betriebs- strom liefernden Drehstromgenerator an- trieb. Der Bau dieser Anlage dauerte nur sechs Wochen und es konnte die neue An¬ lage bereits Mitte Februar 1904 die Kraft¬ versorgung auf der Sudseite ubernehmen. Die Dampfkraftanlage bestand aus einer stehenden Verbund-Kondensations- Dampfmaschine von 350/500 mm Zy- linderdurchmesser und 400 mm Hub, mit einer Leistung von normal 130 effek- tiven PS bei 180 Umdrehungen in der Minute und einer Eintrittsspannung von 9 Atmospharen; ferner einem Tischbein- dampfkessel fiir 120 m 2 Heizflache und 10 Atmospharen Dampfspannung samt einem Uberhitzer fiir 15 m 2 Heizflache und dem sonstigen Zugehor. Der Drehstromgenerator war fiir 190 Volt und 50 Perioden bei 6000 Um¬ drehungen in der Minute gebaut und leistete 120 KVA. Die Kraftiibertragung von der Dampfmaschine zum Generator erfolgte mittels Riemen. Die Schaltanlage \var derart eingerichtet, dafi der Generator und der von der Nordseite gespeiste Trans¬ formator allein oder beide teihveise auf das Netz arbeiten konnten. Das rviederholte Auftreten von Quellen im Sohlstollen hatte im Vortriebe erhebliche Storungen hervorgerufen und es verursachten grofiere Was- sereinbriiche oft wochenlang an- dauernde Unterbrechungen des Stollen- vortriebes, bis jeweils die Wasserab- leitung in der Arbeitsstrecke fiir die Herstellung der TunnelrShre und im fertigen Tunnelteile wieder durchgefiihrt war. Die mit den Wassereinbriichen ver- bundene Abnahme des Betriebswassers des »Schreienden Baches« hatte auch zur Folge, dafi die Ventilation des Tunnels nur sparlich betrieben und der maschinelle Stollenvortrieb nur mit sehr grofien Unterbrechungen und ganz ge- ringen Leistungsergebnissen erhalten werden konnte. Am 24. Juni 1904 mufite die ma¬ schinelle Bohrung auf der Nordseite bei Stollenmeter 1528 ganzlich eingestellt und der Vortrieb mit Handbohrung auf¬ genommen werden. Wegen ungeniigender Luftzufiihrung vor Ort mufite jedoch auch dieser Vortrieb gegen Ende Juli 1904 Tunnelbau. 251 eingestellt werden und war es notwendig, die iibrigen Tunnelbauarbeiten fiir die Herstellung der Tunnelrohre entsprechend einzuschranken. Diese mifilichen Verhaltnisse erfor- derten nun auch auf der Nordseite die schleunige Beschaffung einer entsprechend grofien Dampfkraftanlage, mit deren Auf- stellung anfangs Juli 1904 begonnen wurde. Ende Oktober 1904 war die neue Dampfkraftanlage betriebsfahig fertig- gestellt und am 2. November konnte der Betrieb samtlicher maschinellen Ein- richtungen und somit auch der Vollbetrieb im Tunnel wieder aufgenommen werden. Die neue Dampfkraftanlage war in ihrer Leistung von insgesamt 410 effek- tiven PS so bemessen, dalj sie sowohl die Kraft fur die bestehenden und, wie im folgenden noch angegeben wird, ervveiterten Baubetriebsanlagen der Nordseite liefern, wie auch im Falle von Storungen an der Dampfkraftanlage der Siidseite die ge- samte Betriebskraft fur die Siidseite iibernehmen konnte. Sie hatte folgenden Umfang: Eine stehende Verbund-Kondensations- Dampfmaschine von 300/475 wwZylinder- durchmesser und 400 m Hub mit 200 effek- tiven PS bei 210 Umdrehungen in der Minute; eine liegende Verbund-Konden- sations-Dampfmaschine von 330/520 mm Zylinderdurchmesser und 700 mm Hub, mit einer Leistung von 210 effektiven PS bei 100 Umdrehungen in der Minute und zwei Rohren-Dampfkessel mit je 110 m 2 Heizflache und io - 5 Atmospharen Dampfspannung samt zwei Uberhitzern fur je 20 m ' 1 Heizflache und dem erforder- lichen Zugehor. , Da das Kraftwasser aus dem »Schreien- den Bache« nicht mehr zur Verfugung stand, so mufite behufs Beschaffung des Speisewassers fiir die Dampfkessel sowie des Nutz- und Trinkwassers fiir den Baubetrieb im Tunnel eine eigene Wasser- leitung aus dem nahe gelegenen Teichl- bache geschaffen werden. Die zahlreichen Quelleneinbruche im Sohlstollen der Nordseite, welche den Fortschritt der gesamten Tunnelbau¬ arbeiten wesentlich beeintrachtigten, zwangen spaterhin, um diese Verzoge- rungen wenigstens teihveise nachzuholen, zur Einfiihrung der maschinellen Bohrung im Firststollen auf der. Nord- und Siid¬ seite und erforderten, da sich die Bau- unternehmung mit Genehmigung der Eisenbahnbaudirektion schon friiher hin- sichtlich des Sohlstollenvortriebes fiir die V erwendung vonLuftdruck-Bohrmaschinen entschieden hatte, die Aufstellung eines zweiten Kompressors auf der Nordseite. Weiters ergab sich mit Riicksicht auf den damjt verbundenen intensiveren Bau¬ betrieb im Tunnel, der sich in der Ver- wendung einer hoheren Anzahl von Ar- beitern aufierte, auch die Notwendigkeit der Verstarkung der bestehenden Liif- tungsanlagen auf der Nord- und Siid¬ seite. Diese Erweiterungen hatten folgendes Aus m ali : Im vergroflerten Maschinenhause auf der Nordseite gelangte ein liegender Verbundkompressor - fiir 16 m ' d ange- saugte Luft pro Minute bei 150 Um¬ drehungen, 7 Atmospharen Betriebsdruck und einem Kraftbedarfe von 120 PS zur Aufstellung. Dieser Kompressor lieferte also geniigend viel Luft, um die Gatti- Bohrmaschinen bis zur hochsten Leistung —• entsprechend dem Kraftbedarfe im Maschinenhause von 30 PS pro Bohr- maschine — beanspruchen zu konnen. Der Antrieb durch die liegende Dampfmaschine erfolgte mittels Riemen- iibersetzung. Zur Verstarkung der Liiftung wurde im Maschinenhause ein dritter Hoch- druckventilator der gleichen Grofie und Leistung wie die bestehenden zwei Ven- tilatoren aufgestellt und mit diesen ge- kuppelt. Der Antrieb des ganzen Ventilatoren- systems wurde durch Riemeniibertragung von der stehenden oder liegenden Dampf- maschiire aus bewerkstelligt. DadieVen- tilatoren bei normalem Betriebe 2000 Umdrehungen machten, so kamen infolge der hohen Riemengeschwindigkeit und des ununterbrochenen Betriebes oft Be- schadigungen der Riemen und Lager vor, \velche die maschinelle Betriebsfiihrung dieser Anlage sehr miihselig gestalteten. Auch der Antrieb des mit 1000 Um¬ drehungen laufenden Drehstromgenerators fiir die Kraftlieferung auf die Siidseite erfolgte durch Riemeniibertragung von 25)2 Josef Hannack. der stehenden Dampfmaschine und ver- ursachte ebenfalls haufig Betriebsunter- brechungen wegen Riemendefekten. Zur Verstarkung der Ltiftung auf der Sudseite wurden zwei neue Ventilatoren der gleichen Type wie die iibrigen auf- gestellt und von einem Drehstrommotor mit 35 PS Normalleistung und 190 Volt angetrieben. Erwahnt sei hier noch, dali behufs regelrechter Ableitung der grofien Wasser- mengen der Nordseite aus dem Tunnel auch der Tunnelkanal mit grolJerer Hohe des Lichtraumprofils als vorgesehen ausgefiihrt werden mulite. In dem bereits fertiggestellten Tunnel- teile mufiten zu diesem Zwecke die Kanahviderlager durch eine Aufmauerung erhoht werden, was wieder eine Hebung der Bahnnivellette bedingte, wie diesinder Profilskizze fur die Rekonstruktion einzel- ner Ringe in der Haselgebirgsstrecke der Nordseite eingezeichnet erscheint (Blatt 7). Es ist leicht einzusehen, dali unter den geschilderten Verhaltnissen die durch- schnittlichen Tagesleistungen der Gatti- schen Bohrmaschine weit hinter ihrer Leistungsfahigkeit zuriickblieben. In der durch Wassereinbriiche weniger gestorten Stollenstrecke von Stollenmeter 1569 bis 2105 betrug der durcbschnittliche Tagesfortschritt 4 - o m und von Stollen¬ meter 2172 bis 2292 4 - 4 m. Einzelne Tagesleistungen bis zu 5'5 m wurden nicht selten erreicht. Den Vortrieb des Sohlstollens der Nordseite betreffend, sei noch angefiihrt, dali zur Zeit des am 17. Mai 1905 er- folgten grolien Wassereinbruches auf der Sudseite, iiber welchen an anderer Stelle noch Mitteilungen folgen werden, die beiden Stollenorte der Nord- und Sud¬ seite nur mehr 122 m von einander entfernt waren. Um der Gefahr vorzu- beugen, dali beim Weitervortriebe des Nordstollens gegen Siiden auch auf der Nordseite ein verhangnisvoll wirkender Wassereinbruch stattfinden konnte, der dann auch die gesamten auf der Nord¬ seite noch auszufiihrenden Tunnelbau- arbeiten behindert oder arg beeintrachtigt hatte, wurde am 19. Mai 1905 die An- ordnung getroffen, den Weitervortrieb des Nordstollens bei Stollenmeter 2i7r8 einzustellen, die Tunnelrohre einschlieli- lich des Tunnelhauptkanales bis nahe zum Stollenorte vorerst fertig auszu- ftihren und die Weiterauffahrung des Nordstollens erst nach Beendigung dieser Arbeiten wieder aufzunehmen. Um in der Hauptzone der wasser- fiihrenden Schichten eine rasche Ableitung des Wassers zu bewirken und insbesondere die Fundamente fur die Widerlager der Tunnelgewolbe wasserfrei zu erhalten und den Tunnelsohlenkanal wie die Tunnel¬ rohre bis nahezu vor Ort fertig mauern zu konnen, gelangte eine eigene Druck- 1 uft-Wasserforderungsanlage zur Aufstellung. In einem spaterhin als Kammer aus- gebauten Ausbruchraume wurde ein Sumpf von 275 m Tiefe und i‘3 m Durch- messer angelegt, in welchem die aus der hinteren Tunnelstrecke kommenden Ab- wasser zusammenflossen. Vor demSumpfe wurde ein zylindrischer Windkessel von 1 m lichter Weite und i'2 m Hohe aufmontiert. Ein Abzweigrohr fiihrte von der im Tunnel liegenden Druckluftleitung in den Wind- kessel; der Kesseldruck konnte durch ein Reduzierventil auf einer bestimmten, der beabsichtigten Leistung entsprechenden Hohe gehalten \verden. Durch eine Lei- tung von 91 mm 1 . W. wurde die Druck- luft vom Windkessel zu dem auf dem Grunde des Sumpfes gelegenen Forder- topfe gefiihrt. Daran schlofi sich eine Steigleitung von 400 mm 1 . W., welche das Wasser aus dem Sumpfe in einen Entluftungssammelbehalter und von da durch eine lange Rohrleitung von 500 mm 1 . W. bis zum Tunnelportale fuhrte. Beim Durchgange durch den Fordertopf wirkte die Druckluft stofi- weise auf die Steigleitung wie ein pressender Kolben und die erzielte Leistung betrug 150 l in der Sekunde. Die Anlage wurde taglich einige Stunden hindurch wahrend des Stillstandes der maschinellen Bohrung betatigt und hat sich vorziiglich bewahrt. Am 25. Oktober 1905 konnten die Arbeiten im Sohlstollen der Nordseite wieder aufgenommen werden, da zu dieser Zeit auch die Behebungsarbeiten aus Anlafi des Wassereinbruches auf der Sudseite so weit vorgeschritten waren Tunnelbau. 253 und die Gasausstromungen so^weit nach- gelassen hatten, dafi jede weitere Gefahr fiir die Stidseite beseitigt erschien. Der Durchschlag des Nordstollens mit dem Stidstollen erfolgte am 22. November 1905 bei Stollenmeter 2291-6 der Nord- seite (2470-7 der Sudseite), nachdem von der Sudseite aus die letzte dimne Stollen- wand durchbrochen wurde. Nach dem Durchschlage des Sohl- stollens -wurden die bei der Wasserein- bruchstelle austretenden Gebirgswasser der Stidseite durch Stauung des Wassers in der Stollensohle auf die Nordseite ge- leitet und im fertigen Tunnelkanal ab- gefiihrt. Auf der Sudseite war, wie be- reits eingangs erwahnt, aus Anlafi des am 14. August 1902 erfolgten Wassereinbruches bei Stollen¬ meter 582 die Einstellung des Sohlstollenvortriebes und dieDurch- fiihrung langwieriger Behebungs- arbeiten erforderlich geworden, nach deren Beendigung der Stollen- vortrieb am 21. Marž 1903 mittels Handbohrung wieder aufgenommen werden konnte. Die Bauunternehmung hatte sich jedoch, wie schon erwahnt, mit Genehmigung der Eisenbahn- baudirektion auch auf der Sudseite zur Verwendung von pneuma- tischen Bohrmaschinen entschlos- sen und es konnte am 30. Sep¬ tember 1903 bei Stollenmeter 821 der ma- schinelle Bohrbetrieb eingeleitet werden, wobei vor Ort des Stollens vier gleichzeitig arbeitende Bohrmaschinen System Hoff- mann-Wahrwolf zur Verwendung kamen. Der Bohrbetrieb erlitt anfangs wegen Ein- schulung der Mannschaft und kleiner Mangel an den mechanischen Baubetriebs- anlagen sowie wegen Kraftmangel einige Storungen, konnte dann aber von Stollen¬ meter 1024 mit nur geringen Unter- brechungen, welche durch gebraches Ge- stein und den dadurch bedingten Vorgang mit Handbohrung verursacht wurden, anstandslos weiter gefiihrt \verden und wies ziemlich giinstige Erfolge auf, indem in den Werfener Schiefern und Anhydriten durchschnittliche Tagesleistungen von un- gefahr 4-5 m und in der a.llerdings leicht zu bohrenden Haselgebirgszone durch¬ schnittliche Tagesleistungen von ungefahr 6"2 m zu verzeichnen waren. Am 17. Mai 1905 fand bei Stollen¬ meter 2470 der Sudseite jener grofie Wassereinbruch statt, welcher, wie bereits bemerkt, auch eine Einstellung des Stollenvortriebes der Nordseite erforderte. Die Wassermassen, die beim Durch- bruch aus dem Gebirge iiber 1000 Sekundenliter betragen haben diirften, walzten sich durch den siidlichen Sohl- stollen in die fertige Tunnelstrecke und iiberfluteten diese vollstandig. Auch die 500 mm weite Ventilationsleitung, welche fast bis vor Ort des Sohlstollens reichte, wurde vollstandig mit Wasser gefilllt und teihveise durch die vom Wassereinbruche mitgerissenen Schottermassen vermurt. Nur die Rohrleitung ftir die Zufiihrung der Prefiluft zu den Bohrmaschinen blieb unversehrt und funktionsfahig, so da£ die durch diese 90 mm weite Rohr¬ leitung zugefiihrte Luftmenge von unge¬ fahr n m' d Luft vorlaufig die einzige Ventilation des Tunnels der Sudseite bildete. Ein Vordringen bis vor Ort war nur Einzelnen unter aufierordentlichen Schwie- rigkeiten moglich. Der Wassereinbruch vor Ort des Sohlstollens hatte jedoch noch ein weiteres tief bedauerliches Er- eignis im Gefolge, indem das aus dem Gebirge ausstromende Wasser nach einigen Tagen, \vie bereits ervvahnt, mit 254 Josef Hannack. Methangasen ausgefiillte Kliifte des Ge- birges frei legte, wodurch ein massen- haftes Ausstromen dieser explosiblen Gase in den Stollen und die in Arbeit gestandene Firststrecke der Tunnelrohre stattfand. Das Ausstromen von Schlagwetter- gasen in der Kalkzone, in welcher der Wassereinbruch erfolgte, war nach menschlicher Voraussicht nicht zu ge- wartigen und, wie schon bemerkt, nur dadurch erklarlich, dafi die Gase aus dem die Dolomite unterlagernden Hasel- gebirge in die kluftigen, unter Wasser stehenden Kalke aufstiegen und sich dort ansammelten. Eine am 22. Mai 1905 in den Tunnel eingefahrene Arbeiterpartie von 16 Mann, welche die im Stollen zuriickgebliebenen Eollwagen und Dynamitreste heraus- schaffen solite, betrat auch die obere, nach belgischer Bauweise in Ausfuhrung be- griffene Arbeitsstrecke, das »Bogenort« (die Kalotte). In diesem Augenblicke entziindeten sich die Schlagwetter, wo- durch eine Explosion erfolgte und alle 16 Mann samt dem Aufseher den Tod fanden. Die Explosionskatastrophe zerstorte auch ein en grofien Teil des Stollen- einbaues und des Einbaues der First- gewolbeausbrtiche, sowie der damals in Mauerung befindlichen Ringe. Zur Zeit der Schlagwetterkatastrophe war die Tunnelrohre auf der Stidseite bis Stollen- meter 1864 fertiggestellt, der Firststollen und, diesem nachfolgend, der Kalotten- ausbruch bis 2090 in Arbeit, und fiinf an den fertigen Tunnelteil anschliefiende Gewolberinge von je 8 m Lange waren in Mauerung begriffen. Von dem bei Stollenmeter 2216 an- gelegten Firststollenaufbruche aus war der Firststollen nordseits bis 2268 und stidseits bis 2160 hergestellt, so dafi dieser Firststollenteil einen fur sich ab- geschlossenen, mit der Stidstrecke noch nicht in Verbindung stehenden Sack bildete, der nach der Explosion von den auf- steigenden Methangasen vollstandig aus- gefiillt wurde. Der Wassereinbruch und die Schlag- wetterexplosion notigten zur Durchfiihrung umfangreicher und kostspieliger Sanie- rungsarbeiten fur die Ableitung des Wassers, dieEntgasung der Arbeitsstrecke und die Wiederherstellung des zerstorten Einbaues. Zunachst wurde die im fertigen Tunnel- teile liegende 500 mm weite, unter Wasser gesetzte Luftrohrleitung vor dem Ubergang in den Sohlstollen bei Stollen¬ meter 1800 unterbrochen und auf Geriist- holzunterlagen gehoben. An diese Leitung wurden sodann Rohre von 300 mm Weite angeschlossen, welche bis zum Beginne der hoher gelegenen, mit Gašen erfilllten Arbeitsstrecke gefiAhrt wurden, in der ein Grubengasgehalt bis zu 5% festgestellt wurde. Nach Inbetriebsetzung der Ven- tilation wurde das Weitervorlegen der 300 mm weiten Rohrleitung fortgesetzt, welche Arbeit nur schrittweise, mit einem taglichen Fortschritte von ungefahr 20 bis 24 m unter ausschliefilicher Verwen- dung von Sicherheitslampen und strenger Kontrolle von fachkundigen Wetterauf- sehern vor sich gehen konnte. Welch ungeheure Menge von Gruben- gasen in den Kluften bei der Wasser- einbruchstelle aufgespeichert gewesen sein mag, lehrt die Tatsache, dafi zur Zeit der Explosion der Firststollen und die ganze Arbeitsstrecke des Bogenortes bis zum fertigen Tunnelteile mit Grubengasen erfiillt, dafi ferner — wie festgestellt wurde — kurze Zeit nach der Katastrophe die ganze Arbeitsstrecke neuerdings mit Gašen angefiillt war und dafi die Gas- austritte noch monatelang danach an- dauerten. So wurde erhoben, dafi noch am 17. Juni 1905 der Gasgehalt vor Ort des Sohlstollens 3 °/ 0 betrug und dafi an der Firste des Sohlstollens bei Stollenmeter 2010 noch Gas — allerdings in sehr geringen Mengen —- vorhanden war. Am 1. Juli 1905 betrug der Gasgehalt vor Ort des Sohlstollens noch r 5 0 /o- kurzen Unterbrechungen der Ventilation infolge notwendiger Reparaturen stieg der Gasgehalt vor Ort, erreichte am 11. August 1905 wieder 472 °/o und betrug am 15. Oktober noch 2 °/ 0 , worauf er stetig sank, so dafi am 4. Dezember 1905, 14 Tage nach er- folgtem Durchschlage des Sohlstollens, und auch spaterhin nirgends mehr ein Tunnelbau. 255 Auftreten von Grubengasen beobachtet werden konnte. Der verhangnisvolle Gassack war somit erst nach č 1 ^- monatiger Dauer der Gasaus- stromungen vollstandig entleert und erst von da ab war jede weitere Gefahr fiir den Bau- und Bahnbetrieb geSchwunden. Da der Sohlstollen der Sudseite bis zur Zeit des Durchschlages mit dem Nordstollen und Uberftihrung der vor Ort ausstromenden Wassermassen auf die Nordseite fur die Forderung voll- durchzufiihrenden, bedeutenden Vergrofie- rung der Ventilationsanlage auf der Siid- seite getroffen. Die urspriingliche Anlage war fiir die friiheren Verhaltnisse mehr als ausreichend, geniigte jedoch weitaus nicht, um die stetig ausstromenden Grubengase durch Zufiihrung reichlicher Luftmengen entsprechend zu verdiinnen und so unschadlich zu machen. Die neue Ventilationsanlage lieferte 350 m s Luft in den Tunnel und wurde am 1. Oktober 1905 dem Betriebe iiber- Abb. 234. Portal auf der Nordseite des Bosrucktunnels. standig unbeniitzbar war, mufite auch eine Anderung des Arbeitsvorganges bei Herstellung der Tunnelrohre der Sudseite durchgefiihrt, eine neue Forderbahn samt Rampenaufstieg in die Bogenortsohle gelegt und die gesamte Forderung fiir den Weitervortrieb des Firststollens, fiir den Vollausbruch und die Mauerung iiber diese Rollbahn geleitet werden. Sofort nach Feststellung der Tatsache, dafi das Ausstromen von Grubengasen aus den Kluften der Wassereinbruchstelle auch noch nach der Explosionskatastrophe andauere, wurden die notigen Einleitungen zu einer weiteren und moglichst rasch geben. Sie machte den Bau einer neuen groCen Dampfkraftanlage undElektrizitats- zentrale erforderlich, welche hinsichtlich ihrer Hochstleistung von 350 PS so bemessen war, dafi sie den Betrieb der ganzen erweiterten Baubetriebsanlagen ^auf der Siidseite allein zu bewaltigen vermochte. Da auf dem Bauplatze beim Tunnel kein verfiigbarer Raum mehr vor- handen war, so wurde die neue Anlage etwas abseits, vom Baubetriebsplatze durch den Ardningbach geschieden, in einem ge- raumigen Maschinenhause untergebracht. Die neuen Anlagen hatten folgende Aus- dehnung: 256 Josef Hannack. Eine liegende Verbund-Kondensations- Dampfmaschine mit 450/700 Zylinder- durchmesser, 800 mm Hub, 125 Um- drehungen in der Minute und einer Leistung von 300 effektiven PS; zwei Tisch- beindampfkessel fiir je 140 m 2 HeizflžLche und 10 Atmospharen Betriebsspannung; zwei Uberhitzer fiir je 30 m 2 Heizflache; zwei Worthingto« - Dampfspeisewasser- pumpen fiir 4500 1 Wasser pro Stunde; eine Wasserhaltungsanlage aus dem Ardning- bache mit einer Wasserreinigungsanlage, Patent Derveaux-Reifiert, fiir eine Stunden- leistung von 5 m a Wasser; ein Dreh- stromgenerator, 220 Volt, 50 Perioden, 125 Umdrehungen in der Minute, 200 KVA Leistung; zwei Hochdruckventilatoren fiir eine Leistung von 350 m a Luft pro Minute bei 1400 Umdrehungen und einer Endpressung von 110 cm Wasser- vsaule; ein Drehstrommotor zum Antriebe der beiden Ventilatoren, 1400 Um¬ drehungen in der Minute, 5000 Volt, 180 PS Normalleistung und ein Dreh- stromtransformator fiir die Ubersetzung des Betriebsstromes von 220 Volt auf die Spannung des Ventilatormotors von 5000 Volt. Diese Abnormitat wurde deshalb ausgefiihrt, weil der 180 PS- Ventilator beim Karawankentunnel ver- fiigbar geworden war und sofort fiir diese Anlage verwendet werden mufite. Die Verbindung der bestehenden mit der neuen Ventilationsanlage war derart, dafi entweder die eine oder die andere fiir sich oder alle sechs Ventilatoren beider Anlagen in Hintereinanderschaltung arbeiten konnten. Durch die im Laufe des Baubetriebes durchgefiihrten Ausgeštaltungen der ma- schinellen Anlagen war nunmehr den sclnvierigen Anforderungen eines ununter- brochenenTag- undNachtbetriebes vollauf Geniige getan. Insbesondere auf der Siid- seite mufite wegen des zu befiirchtenden Anwachsens der Schlagwettergase jede Be- triebsunterbrechung vermieden werden. Demnach ergab sich fiir die dortige elek- trische Anlage der bemerkenswerte Fali, dafi eine Motorenanlage entsprechend den Bediirfnissen des Betriebes von je einer der drei Primarstationen — eine auf der Nordseite und zwei auf der Siid- seite — angetrieben werden konnte. Hinsichtlich der maschinellen Anlagen wird noch bemerkt, dafi die verschiedenen Lieferungen an folgende Firmen vergeben wurden: die elektrischen Anlagen zum grdfiten Teile an Franz Pichler in Weiz, zum geringeren Teile an die Union E. G. in Wien; die Turbinen und ein Teil der Ventilatoren, Kom- pressoren und Rohre an die Maschinen- fabrik A. G. Andritz bei Graz, die iibrigen Ventilatoren und Kompressoren so\vie alle Dampfkraftanlagen an Bro- movsky, Schulz u. Sohr in Konig- gratz, die Werkstatteneinrichtungen an J. Milil er in Wien und T h. Grebi in Wien, die Rohre fiir Liiftung, Bohrung, Trinkwasser und Kraftwasser an die Firmen Villacher Maschinen- fabrik, L. Moschner in Klagenfurt, R. P h. Waagner, Witkowitzer Walzwerk und F. X. Komarek in Wien. In betreff der Herstellung der Tunnel- rohre \vird noch bemerkt, dafi auf beiden Tunnelseiten sowohl die moderne oster- reichische Bauweise mit Vollausbruch wie auch die »belgische« Methode zur Anwendung gelangte, wobei selbstredend (mit alleiniger Ausnahme der auf der Siidseite wahrend der Zeit vom 17. Mai 1905 bis zum Durchschlage der beiden Sohlstollen ausgefiihrten Ausbruch- und Mauerungsarbeiten) stets der Sohlstollen als Forderbasis diente. Auf der Nordseite wurde fast aus- schiiefilich, mit Ausnahme einzelner Auf- bruchringe in den ersten 500 Metern vom Tunneleingange, nach belgischer Bauweise vorgegangen. Auf der Siidseite wurde in der Strecke vom Tunneleingange bis zur ersten grofien Wassereinbruchstelle bei Stollen- meter 582 nach belgischer Bauweise mit jedem neunten Ringe als Vollausbruch- ring (Aufbruchring) vorgegangen, wahrend von Stollenmeter 582 bis 1864 nur mit Vollausbriichen gearbeitet wurde, da bei der grofitenteils standfesten Beschaffenheit und Harte des Gebirges (besonders im Anhydrit) diese Abbau\veise rationeller als die »belgische« war. Fiir die Herstellung der Tunnelrohre wurden die Normalprofiltypen des Tunnel- baublattes 1 d fiir Tunnels iiber 1000 m ■Tunnelbau. 257 Lange in Anvvendung gebracht. Das Licht- raumprofil dieser Typen ist gegeniiber jenem der kiirzeren eingleisigen Tunnels der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest um C30 m iiberhoht und hat eine lichte Hohe von 6'0 m. In den Werfener Schiefern und Anhy- driten der Siidseite gelangten zumeist die Profiltypen Fig. 4 und 5 zur Ausfiihrung; nur einzelne Ringe in gebrachen oder stark kliiftigen Strecken wurden nach Profiltype Fig. 7, 9 und 10 hergestellt. Im festen, dolomitischen Kalk gelangte die Type Fig. 4 und 5, in den kliiftigen, wasserreichen Gutensteiner Kalken die Type Fig. 7 zur Anwendung. In den Haselgebirgsstrecken derNord- und Siidseite wurde die Tunnelrohre nach den Profiltypen Fig. 8, 9 und 10 herge¬ stellt, wobei auf der Nordseite bei einer grofieren Anzahl von Ringen das aus Bruchsteinmauerwerk bestehende First- gewolbe durch Einschalten von 6 Quader- scharen mit einer Hohe von C25 bis C30 m verstarkt wurde, um mit Riicksicht auf das zur Verfiigung stehende, nicht besonders lagerhaft brechende und etwas sprode Bruchsteinmateriale eine gleich- mafiige Druckverteilung und einen besseren Mauerwerksverband herzustellen. In den Rauchwackenzonen wurden die Profilfypen Fig. 9 und 10 und unter der Verbruchhohle bei Stollenmeter 582 eine besonders verstarkte Profiltype mit Betonfundamenten und Quadergewolben ausgefiihrt. Der Baustein fiir die Tunnelmauerung wurde auf der Nordseite von einem aus dolomitischen Kalken bestehenden Fels- sturz der westlichen Berglehne gegeniiber dem Tunneleingange bezogen. Auf der Siidseite wurden die Bausteine aus mehreren kleineren Bruchen gewonnen, da dort ein grofierer Steinbruch nicht vorhanden war. Es kamen feste, plattige Quarzitschiefer, Gosaukonglomerat-Find- linge aus dem Ardninggraben und Grau- wacke vom Blaberger Steinbruche jenseits der Enns zur Verwendung. Es sei noch erwahnt, dafi m der Haselgebirgsstrecke der Nordseite bei einzelnen Tunnelringen, die nach den Profiltypen Fig. 8, 9 und 10 hergestellt worden waren, fast zwei Jahre nach Fertigstellung der Ringe Druckerschei- nungen auftraten, welche sich in Gestalt von Mauerwerksabblatterungen und kleinen Rissen und Spriingen bemerkbar machten. Es mufite daher das Mauerwerk bei vierzehn Ringen von je ungefahr 8 m Lange bis auf das Sohlengew 51 be aus- gewechselt werden; bei weiteren sechzehn Ringen wurden Rekonstruktionen von geringerem Umfange vorgenommen. Fiir neun Rekonstruktionsringe wurden die Gewolbequader aus Mauthausen a. d. Donau beschafft, wahrend das Gewolbe der iibrigen Ringe aus plattigen Quarzit- schiefern der Siidseite hergestellt wurde. Die Widerlager samtlicher Rekonstruk¬ tionsringe wurden aus dem Kalkstein der Nordseite ausgefiihrt. Die Rekonstruktions- arbeiten wurden im Dezember 1905 be- gonnen und im Mai 1906 vollstandig beendet. Bei der ersten Herstellung der Tunnel¬ rohre wurde der letzte Gewolbering (belgisch) bei Stollenmeter 2408 bis 2416 der Siidseite am 23. Marž 1906 ge- schlossen und am 22. Juni 1906 das letzte Stiick Tunnelwiderlager (belgisch) her¬ gestellt. Am 20. August 1906 wurde durch den Herrn k. k. Eisenbahnminister Dr. Julius Derschatta Edlen von Standhalt die Bahnlinie Klaus-Steyr- ling—Selztal feierlich eroffnet und damit war auch der Bosrucktunnel dem offent- lichen Verkehre iibergeben. Die Baukosten des Bosrucktunnels be- trugen: Baubetriebsanlagen ... K 1,214.700'— Eigentlicher Tunnelbau . » 8,211.700'— Gesamtkosten.K 9,426.400'— oder fiir 1 m Tunnel K 9,426.400 4766 m K 1977 '—- Tauerntunnel. Dieser zweigleisige Tunnel bildet die Scheitelstrecke des weitaus wichtigsten Teiles der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest, der Tauernbahn, und durch- 17 258 Josef Hannack. bricht den machtigen, von West nach Ost streichenden Gebirgszug der Hohen Tauern in nahezu nordstidlicher Richtung in einer Geraden zvvischen Bockstein bei Badgastein im Kronlande Salzburg und Mallnitz in Karnten. Der Tunnel ist nach der projektierten Lage der Tunnelportale 855C4 m lang. mit4pro Mille auf eine Lange von 733’5 m und weiter mit 2 pro Mille auf eine Lange von 1896'3 m bis zu dem auf der Meeres- hohe von 12 i9 - o m liegenden Stidausgange des Tunnels bei Mallnitz in Karnten. Die Zwischengefalle von 37 und 4 pro Mille in der Scheitelstrecke waren urspriinglich nicht projektiert, sondern mufiten wegen U"b er siclit sl ang enpr ofil der G.elDirgsiLberlageruiig' 'beim Tauerutunnel. Nord. VergleichsebKOe : 860 0 m u. d M. -o-o-o— 0 1 Z larraen) 3 11:75.000 Hohen. I 6esteinswanne:l%=i°c. 1 Stid. SctaittiniierTuimelaxe. Kammlinie 4-500m ostlich der Axe- Bett des Hdhkaafbaches "bis 1300mwest.(i Jkxe. Linde der Gesteinswarme. Ubersiditslanjenprofil der Sefallsverhaltniss e. Der Tunneleingang der Nordseite schliefit unmittelbar an den in herrlicher Alpenlandschaft angelegten Bahnhof Bock¬ stein im Anlauftale an und liegt auf der Meereshohe von II72'8 m. Von hier aus steigt der Tunnel mit 10 pro Mille auf eine Lange von 50027 m und weiter mit 37 pro Mille auf eine Lange von 9i7'9 m bis zum Scheitelpunkte des Tunnels auf der Meereshohe von 12257 ' m -> fallt dann der bei der Stolienherstellung aufgeschlos- senen Gebirgswasser und der spater auch notwendig gewordenen Verlangerung der nordlichen Stollenstrecke nachtraglich ein- gelegt werden. Der Tunnel durchfahrt vom Nordein- gange aus auf 350 m Lange den Schutt- kegel des Hohkaarbaches, welcher aus Bachgeschieben und Bergschutt mit grofien Blocken besteht, deren Zwischenraume Tunnelbau. 259 mit losem verwitterten Material aus- gefiillt sind. Im ersten Teile des Schutt- kegels tritt zur wasserreichen Zeit nach der Schneeschmelze Grundwasser auf, wahrend im folgenden Teile die unter gewohnlichen Verhaltnissen kleinen Quel- len bedeutend anwachsen. Bei Stollenmeter 350 wurde der Gneis- gebirgsstock der Tauernkette angefahren. Bis Stollenmeter 2300 wurde feinkorniger, ausgesprochen gebankter Granitgneis richtung ist sel ten zu erkennen. Zwischen den Knallgesteinszonen ist das Gebirge zumeist stark gekliiftet und deutlich gebankt. Bis Stollenmeter 5900 der NordseiG war der Wasserzuflufi im Urgestein un- bedeutend; bei Stollenmeter 5949, 6090 der Nordseite und Stollenmeter 2238 der Siidseite (6288 Nord) traten jedoch drei starke Quellen mit urspriinglich 6o, be- ziehungsweise 40 und 50 Sekundenlitern Abb. 236. Wassereinbruch vor Ort des Sohlstollens der Nordseite des Tauerntunnels (Stollenmeter 5Q4Q) durchortert, welcher wegen der typischen Ausscheidung von Muskowitflasern auf den Schieferungsflachen als Forellengneis bezeichnet wird. Dann wurde auf 5676 m Lange, somit bis auf eine kurze Strecke beim Tunnel- ausgange, sehr harter, biotitreicher, por- phyrartiger Granitgneis durchfahren, iu welchem einige Knallgesteinszonen er- scheinen. Stellenweise erfolgten unter heftigem Knalle schalenformige Abblatte- rungen des kompakten Gesteines. In diesen Knallgebirgszonen ist das Gebirge fast kluftlos und selbst eine Flaserunprs- o Wasser auf, deren Zuflufi sich spaterhin sehr verringerte. Die Quelle bei Stollenmeter 6090 der Nordseite (2436 Siid), die eine um 4 0 C hohere Temperatur als die Gesteinswarme aufweist, erscheint auf dem Hangendblatt der 60 m machtigen Verwerfungszone, welche von Stollenmeter 2436 bis 2200 der Siidseite reicht. Von Stollenmeter 550 der Siid- seite bis zum siidlichen Tunnelausgange durchfahrt der Tunnel harten zahen Glimmerschiefer, welcher den noch vor- handenen Rest einer einstens den gan- 17 * 26 o Josef Hannack. zen GneisstockiiberlagerndenSchieferhiille bildet. Der ganze Tunnel bedarf trotz der anscheinend standfesten Beschaffenheit des grofiten Teiles des durchfahrenen Gebirges einer Ausmauerung, \veil sonst entweder Bergschlage oder Lassen- ablosungen zu gewartigen waren. Die grofite Uberlagerung des Tunnels betragt 1567 m bei Stollenmeter 5000 der Nordseite mrvveit des 2878 m hohen Gipfels derGamskaarspitze, dieGesteinstemperatur an der Stelle der hochsten Uberlagerung zeigte 22*4 <1 C. Die geothermische Kurve verlauft beirn Tauerntunnel ziemlich regelmafiig. Bei Stollenmeter 700 betragt die Gesteins- temperatur 7 - 6°, steigt dann gleichmafiig bis Stollenmeter 2000 auf 197 0 und er- reicht bei Stollenmeter 3400 die grafite Hahe mit 23'8°, verlauft von hier mit Ausnahme einer Einsenkung der Kurve bei Stollenmeter 4000 (22 - 6°) ziemlich gleichmafiig bis 4600 auf 23 - 6° und bis 5800 der Nordseite auf 2O‘i 0 C. Von hier aus sinkt die Gesteinstemperatur infolge der Nahe der grofien Quellen allerdings ziemlich rasch und betragt bei Stollen¬ meter 6000 nur mehr i6’8°, bei Stollen¬ meter 1800 der Siidseite (6726 der Nord¬ seite) 12‘3° C und nahe dem Siidausgange (bei Stollenmeter 200 der Sudseite) 9 0 C. An der Stelle der hachsten Gesteins¬ temperatur in Stollenmeter 3400 der Nord¬ seite hat die Hahe der Uberlagerung 1150 m . Nach den beim St. Gotthard- und Arlbergtunnel beobachteten Gesteinstem- peraturen waren beim Tauerntunnel, der Hahe der Uberlagerung entsprechend, ungefahr 27 0 bis 28° C Gesteinstemperatur zu gewartigen, die jedoch — wie vorhin angefuhrt — nicht erreicht wurden. Die Vorstudien iiber die geologischen Verhaltnisse des Tauerntunnels wurden schonimjahre 1885 durch den verstorbenen Geologen der k. k. geologischen Reichs- anstalt Heinrich Freiherrn v. Foullon angestellt und in einem ausfuhrlichen, ftlr die Bauunternehmung G. v. Cecconi verfafiten Gutachten behandelt. Die im Gesetze vom 6. Juni 1901, RGB. 63, vorgesehenen Kredite reichten nicht mehr zur Deckung der Baukosten der ganzen Tauernstrecke aus. Die Ver- gebung der Arbeiten beim Tauerntunnel mufite verzogert werden, bis durch das Gesetz vom 24. Juli 1905, RGB. 129, die weiteren Kredite zur Durchfiihrung des Bau- und Investitionsprogrammes der Regierung zur Verfiigung standen. •Erst nach dieser Kreditgewahrung konnte die Vergebung des Baues des Tauerntunnels an Bauunternehmer durch- geftihrt und der Vollbetrieb beim Baue aufgenommen werden. Die Fertigstellung der ganzen Tauernbahn und die Be- triebseroffnung war fiir Oktober 1908 in Aussicht genommen. Die Vorarbeiten fiir den Bau des Tauerntunnels wurden zwar schon im Herbste 1901 in Angriff genommen, konnten jedoch in Anbetracht der beim Baue des Karawankentunnels, der Teil- strecke Schwarzach—Gastein und der anderen Linien der zweiten Eisenbahn- verbindung infolge der ungeheuren Bau- schwierigkeiten eingetretenen Uberschrei- tung der Baukredite nicht im geplanten vollen Umfange ausgefiihrt werden, ob- wohl der fiir den Tauerntunnel bis Ende 1905 praliminierte Teilkredit hiezu aus- reichend gewesen ware. Der Bau des Tauerntunnels kann daher nicht als Muster eines von vornherein planmafiig angelegten Tunnelbaues ange- sehen werden. Es soli deshalb, zumal der Tunnel noch nicht vollstandig fertig- gestellt ist, seine Baugeschichte nur kurz beleuchtet und auf einige besondere Vor- kommnisse bei dessen Herstellung hin- gewiesen werden. Vor Inangriffnahme der Stollenarbeit auf der Nordseite des Tauerntunnels mufite ein Teil des Voreinschnittes vor dem Tunnel eingange im Schuttkegel des Hohkaarbaches ausgehoben werden, vrorauf mit der Stollenauffahrung in dem vorlaufig stehengebliebenen Teil des Voreinschnittes, 70 m vor dem eigentlichen Tunneleingange, am 6. Juli 1901 begonnen wurde. Die Stollenarbeiten wurden zunachst mittels Handbohrung betrieben und ge- stalteten sich in dem mit grofien Stein- blocken erfiillten und wasserreichen Teile Tunnelbau. 26r des Hohkaarbach-Schuttkegels oftmals recht schwierig, weshalb nur eine durch- schnittliche Tagesleistung von 1 m zn verzeichnen war. Mitte Mai 1902 wurde im Sohl- stollen der Fels des Tauerngebirgsstockes angefahren und der Weitervortrieb da- selbst mittels Handbohrung bei einer durchschnittlichen Tagesleistung von 0‘6 stollen gewonnenen Ausbruchmaterials bis zum Sohlstollen abgeteuft. Da sich voraussehen liefi, dafi die Herstellung der Tunnelrohre im Schutt- kegel des Hohkaarbaches mit betracht- lichen Schwierigkeiten verbunden sein und die Fertigstellung dieser Tunnel- strecke eine geraume Zeit in Anspruch nehmen werde, so wurde mit der Aus- Abb. 237. Baubetriebsplatz auf der Nordseite des Tauerntunnels. bis o - 8 m bis 12. September 1903 bis zu Stollenmeter 633 fortgesetzt. Mittlerweile wurde von zwei bei Stollenmeter 41 und 233 angelegten Schachten aus, bei ersterem Mitte Au- gust 1902 und beim zweiten Schachte Mitte Oktober 1902, mit dem Vortriebe des Firststollens begonnen. Die Anlage der Schachte wurde deshalb notwendig, weil sich die Herstellung von Firststollen- aufbrtichen vom Sohlstollen aus wegen der im Schuttkegel eingebetteten Triimmer- gesteine ungemein schwierig und gefahr- voll erwies. Die Schachte wurden wegen derleichterenForderung des aus demFirst- fiihrung dieser Arbeiten durch Herstellung des ersten Aufbruchringes bei Stollen¬ meter 92 bis 98 schon Mitte November r902 begonnen und die Vollausbruch- und Mauerungsarbeiten wurden in der Schutt- kegelstrecke planmafiig weiter gefuhrt. Die Ausfiihrung dieser Arbeiten sowie die Auffahrung der Stollen wurde im Akkordwege gegen vorausbedungene I4tagige Ktindigung der Bauunterneh- mung Briider Redlich & Berger provisorisch iibertragen. Wegen Herstellung verschiedener Bau- betriebsanlagen fur den Vollbetrieb des Tunnelbaues, wie der Herstellung von 262 Josef Hannack. Zufahrten, Baubetriebsplatzen, ferner von Gebauden zur Unterbringung von Be- araten und Arbeitern, Herstellung der Maschinengebaude und einzelner drin- gend erforderlicher Magazine u. s. w. wurden mit der genannten Bauunterneh- mung Vereinbarungen von Fali zu Fali abgeschlossen. Bis zur definitiven Bauvergebung des Tauerntunnels solite auf der Nordseite ein grofier Teil der Baubetriebsanlagen her- gestellt und der vollstandige Ausbau der Tunnelrohre in der Schuttkegelstrecke durchgefiihrt sein. Aufierdem solite der maschinelle Vortrieb des nordlichen Sohlstollens frtihzeitig aufgenommen wer- den, da die Anlageverhaltnisse des Tunnels mit einer Steigung von io pro Mille auf mehr als 5000 m Lange der Nordseite eine grbiJere Ausdehnung der nordseits aufzufahrenden Tunnelstrecke bedingten. Ein Vortreiben des siidlichen Sohl¬ stollens im Gegengefalle tiber den Ge- fallsbruchpunkt der Tunnelscheitelstrecke hinaus solite nach Tunlichkeit vermieden werden. Am 13. September 1903 ereignete sich nordseits eine Hochwasserkatastrophe des Anlauf- und ITohkaarbaches, welche, seit Menschengedenken die grofite in dieser Gegend, bei den im Bau begriffen gewe- senen Baubetriebsanlagen sowie an den bestehenden Zufahrtswegen von Bockstein zum Tunnel und im Tunnel selbst be- deutende Schaden verursachte. Der Hoh- kaarbach hatte sein Bett verlassen, drang teilweise durch den Schacht in die Arbeits- strecke des Tunnels und flofi mit einer Wassermenge von 4000 Sekundenlitern aus dem Sohlstollen iiber den Baubetriebs- platz ab; am 19. September betrug die aus dem Sohlstollen fliefiende Wasser- menge noch 800 und am 26. September noch 250 Sekundenliter. Mit dem 13. September 1903 mufiten die gesamten Arbeiten fur die Herstellung der Baubetriebsanlagen und des Tunnels eingestellt und nach Ablauf des Hochwas- sers an die Wiederherstellung der fast ganz- lich zerstorten Zufahrtswege und die Behe- bung der Schaden bei den Baubetriebsanla¬ gen und im Tunnel geschritten werden. Die Vollausbruch- und Mauerungs- arbeiten in der Schuttkegelstrecke konnten erst Mitte Oktober 1903, der Weiter- vortrieb des Sohlstollens erst nach Behebung der Hochwasserschaden im Tunnel am 21. Janner 1904 wieder aufge- nommen werden, und zwar unter Anwen- dung maschineller Bohrung mit Brandt- schen hydraulischen Bohrmaschinen, da inzwischen die erste Gruppe der maschi- nellen Anlagen fur die Bohrung 1 her- gestellt war. Der maschinelle Bohrbetrieb konnte dann nahezu ungestort bis zur Zeit des ersten Wassereinbruches in der Scheitelstrecke des Tunnels weiter fort- gesetzt werden. Auf der Siidseite des Tunnels bei Mallnitz wurde die Auffahrung des Sohl¬ stollens mittels Handbohrung am 27. Sep¬ tember 1902 in Angriff genommen. Es war beabsichtigt, auf dieser Tunnel- seite vor der definitiven Vergebung der Bauarbeiten nur die Wasserkraftanlage am Mallnitzbache bei Lassach, die hiezu gehorigen Gebaude und maschinellen Einrichtungen, die elektrische Starkstrom- leitung zum Baubetriebsplatze beim T unnel- eingang, die maschinellen Anlagen fiir den Betrieb von mindestens einer Ven- tilatorengruppe und einige wichtige Hochbauobjekte am Baubetriebsplatze fertig zu stellen; die Herstellung aller iibrigen Baubetriebsanlagen war jedoch erst nach der erfolgten Bauvergebung durchzufiihren. Wegen der eingetretenen Kostenilber- schreitungen bei den im Bau begriffenen Linien der zweiten Eisenbahnverbin- dung mit Triest konnte jedoch dieses Bauprogramm nicht eingehalten werden und man mufite sich auf die Herstel¬ lung der Wasserkraftanlage und der Gebaude der Kraftzentrale sowie auf den Bau des Ventilatorenhauses beim Tunnel- eingange beschranken. Nach Sicherstellung der weiteren Baukredite erfolgte die Bauausschreibung fiir beide Seiten des Tauerntunnels. Der Bau wurde im Jahre 1905 auf Grund der Ergebnisse einer offentlichen Bauausschrei¬ bung am 22. Dezember 1905 an die Bauunternehmung Briider Redlich& Berger vergeben. In dem mit der Bauunternehmung ab- geschlossenen Bauvertrage ist fiir die maschinelle Bohrung im Sohlstollen auf Tunnelbau. 263 beiden Seiten des Tunnels die Verwendung BrandtscherBohrmaschinenvorgeschrieben und wegen der grofien Harte des Ge- steins die Bestimmung enthalten, auch den Firststollen maschinell vorzutreiben, wenn nach dem Ermessen der k. k. Eisen- bahnbaudirektion die Notwendigkeit hiezu eintreten solite. Als Baufristen bestimmt der Vertrag fur die Nordseite, dafi die Herstellung beziehungsweise die Ver- die BetriebserOffnung anstandslos erfolgen kann. Fur die Siidseite des Tauerntunnels bestimmt der Bauvertrag, dafi im Sohl- stollen vom Tage der Ubergabe der Baustelle bis zum i.Juli 1906 ein durch- schnittlicher Fortschritt von wenigstens 70 cm und vom I. Juli 1906 an ein durchschnittlicher Fortschritt von wenig- stens 400 cm an jedem Kalendertag zu er- Abb. 238. Maschinelle Bohrung im Sohlstollen der Nordseite des Tauerntunnels mittels Brandtscher Bohrmaschinen. (Nach einer Radierung von Prof. Ludwig Michalek.) vollstandigung der Baubetriebsanlagen und der eigentliche Tunnelbau derart zu betreiben sind, dafi im Sohlstollen vom Tage der Ubergabe der Baustelle an ein durchschnittlicher Fortschritt von wenigstens 400 cm an jedem Kalender- tage erzielt wird, dafi die TunnelrOhre einschliefilich des Sohlenkanals am 1. Juni 1908 fertiggestellt und die Be- schotterung sowie die Oberbauherstellung mindestens fiir ein Gleis derart gefOrdert wird, dafi vom 1. August 1908 ange- fangen durchlaufende Materialzuge ver- kehren konnen und am 1. Oktober 1908 zielen ist, dafi die TunnelrOhre einschliefi- lich des, Sohlenkanals langstens am i.Juni 1908 fertigzustellen sei, so dafi vom 1. August 1908 angefangen durchlaufende Materialzuge verkehren konnen und am 1. Oktober 1908 die BetriebserOffnung erfolgen kann. Zur Zeit der Bauvergebung war aut der Nordseite der Sohlstollen bereits bis zur Lange von 4008 m aufgefahren, der Firststollen reichte bis Stollenmeter 1411 und es waren aufier den in Ausftihrung begriffenen Tunnelringen 1200 m Voll- ausbruch und 1130 m TunnelrOhre ein- 264 Josef Hannack. schliefilich der Sohlengewolbe in der Tunnelstrecke des Hohkaar-bachSchutt- kegels fertiggestellt. Auf der Siidseite war der Sohlstollen bis Stollenmeter 1127 hergestellt. Wie schon erwahnt, war nordseits be- reits vor der Bauvergebung auch ein grofier Teil der Baubetriebsaiilagen ausgefuhrt worden. Im nachsten Baujahre wurden die weiteren Baubetriebsanlagen her¬ gestellt. Die Vervollstandigung der gesamten maschinellen Anlagen zum Zwecke der maschinellen Bohrung, der Liiftung des Tunnels, der elektrischen Forderung und Beleuchtung und der Werkstatteneinrichtungen, sowie die Her- stellung der Trink- und Nutzwasser- leitung in und aufierhalb des Tunnels war in ktirzester Frist durchgefiihrt. Ftir die Unterbringung von Arbeitern mufiten zahlreiche Arbeiterhauser und Wohnbaracken in dem engen, iiberdies noch an vielen Stellen von Lawinen be- drohten Anlauftale hergestellt und wegen der Nahe des Weltkurortes Badgastein in iiberreichem Mafie ftir Wohlfahrtseinrich- tungen in den Arbeiterhausern, Wasch- und Umkleideraumen und Spitžilern vor- gesorgt werden. Ftir die Kraftbeschaffung aul der Nordseite des Tauerntunnels wurde in erster Linie auf die Ausniitzung der Wasserkraft des Anlaufbaches Bedacht genommen. Zu diesem Zwecke wurde in den Anlaufbach auf Kote 1320 ein Beton- wehr mit anschliefiendem Zuleitungskanal und Wasserbehalter eingebaut; von diesem fiihrte eine 2010 m lange, 400 mm weite, schmiedeiserne Rohrleitung bis zu einem Abzweigstiicke ftir die even- tuell anzuschliefiende Kraftwasserleitung aus dem Hohkaarbache; daran schlofi sich eine 145 m lange, 500 mm weite Rohrleitung, die in das Maschinenhaus zu den Turbin en und Prefipumpen fiihrte. Bei dem Bruttogefalle von 148 m und einer normalen Wassermenge von 250 Sekundenlitern wurde eine Leistung von 370 effektiven PS erreicht. Es sinkt je- doch das Wasser im Anlaufbache in den Wintermonaten auf 120 Sekundenliter herab, was einer Leistung von nur 180 effektiven PS entspricht. Von der ur- spriinglich vorgesehenen Einbeziehung des Hohkaarbaches in die Wasserkraftanlage wurde wegen der geringen Wassermenge des Baches und der hohen Kosten dieser Wasserkraftanlage abgesehen. Ftir die maschinelle Bohrung mit der hydraulischen Bohrmaschine System Brandt wurde eine Prefipumpenanlage, bestehend aus zwei Pumpenpaaren und einem Gewichtsakkumulator, ftir eine Pres- sung von 100 bis 120 Atmospharen her¬ gestellt. Der Antrieb der beiden Pumpen- gruppen erfolgte durch eine 200pferdige Peltonturbine. Das Druckwasser wurde den hydraulischen Bohrmaschinen im Tun- nel durch eine 80 mm weite, aus gezo- genen schmiedeisernen Rohren herge- stellte Leitung zugefuhrt, welche auf der Nordseite eine maximale Lange von 6400 m erreichte. Die Bohrung im Sohlstollen wurde mit drei bis vier auf einer Spannsaule aufgesetzten hydraulischen Bohrmaschinen System Brandt betrieben, welche behufs leichtenTransportes zu und von der Arbeits- stelle auf einem eisernen Bohrwagen mit Gegengewichten aufmontiert waren. Vom Endstiicke derHochdruckleitung fiihrte eine 50 mm weite, 22 m lange Endleitung und ein ebenso weiter eiserner Ketten- schlauch bis zu dem am Bohrwagen be- findlichen Verteiler. Behufs Beschaffung des Betriebswassers fiir die Bohranlage wurde ein Brunnen gebaut, aus welchem das Wasser mittels einer elektrisch angetriebenen Hochdruck- Zentrifugalpumpe in den Saugkanal der Pumpenanlage geleitet wurde. In der ersten Bauperiode vor der defi¬ nitiven Vergebung des Tunnels standen fiir die Liiftung zwei gekuppelte Hoch- druckventilatoren fiir 350 m‘ A angesaugte Luft pro Minute, die von einer i2opfer- digen Turbine angetrieben wurden, in Verwendung. Die Werkstatte hatte die- selbe Ausdehnung wie jene beim Kara- wankentunnel und wurde von einer 2 5pfer- digen Turbine betrieben. An der Werk- stattentransmission hing auch ein Gleich- stromgenerator fiir die Beleuchtung des Maschinenhauses und des Bauplatzes. An die Werkstatte schloC sich eine grofiere Tunnelbau. 265 Bohrerschmiede und eine Giefierei. Nach Fertigstellung dieser Einrichtungen wurde, wie bereits erwahnt, mit der maschinellen Bohrung auf der Nordseite begonnen. Nach der definitiven Bauvergebung des Tauerntunnels an die Bauunternehmung Briider Redlich & Berger mufi ten die maschinellen Anlagen bedeutend er- weitert werden. Insbesondere mufiten die elektrische Beleuchtungs- und dieLiiftungs- anlage verstarkt und Anlagen fiir die elektrische Firststollenbohrung sowie fur Maschinenhause wurden die stehende Dampfmaschine fiir 200 effektive PS und die beiden liegenden Dampfmaschinen von 210 beziehungsweise 300 effektiven PS vom Bosrucktunnel aufgestellt. Die 200 PS-Dampfmaschine besorgte falhveise den Antrieb der Prefipumpen fur die hydraulische Bohrung, so dafi diese je nach Bedarf mit Wasser oder Dampf- kraft betrieben werden konnte. Die Verstarkung der Ltiftungsanlage bestand aus zwei neuen Gruppen von je Abb. 239. Ein Turbogenerator in der Lassacher Zentrale. (Siidseite Tauerntunnel.) die elektrische Forderung in der fertigen Tunnelrohre und auf dem Baubetriebsplatze geschaffen werden. Da fiir diese geplanten Erweiterungen die bestehende Wasser- kraftanlage aus dem Anlaufbache nicht hinreichte, wurde die Aufstellung von Dampfkraftanlagen notig, fiir welchen Zweck die damals bereits frei gewor- denen Kessel und Maschinen vom Bos¬ rucktunnel herangezogen wurden. Samtliche ftinf Dampfkessel vom Bosrucktunnel mit einer gesamten Heiz- flache von 620 w 3 wurden in einem grofien Kesselhause untergebracht. Drei dieser Kessel standen immer im Betriebe und zwei in Reserve. Im erweiterten zwei Hochdruckventilatoren derselben Type wie die im Betriebe befindlichen Ventilatoren. Jede Gruppe hatte doppelten, direkten Antrieb: auf der einen Seite eine Hochdruckturbine fiir 130 PS, auf der anderen einen Drehstrommotor gleicher Leistung. Alle Ventilatoren liefen mit 1450 Umdrehungen in der Minute und waren so geschaltet, dafi jede Gruppe allein oder zwei beliebige Gruppen oder auch alle drei Gruppen in flintereinander- schaltung ins Luftnetz arbeiten konnten. Die Luftleitung im Tunnel bestand aus genieteten Blechrohren von 800, 750, 700 und 500 mm 1 . W. Der Betriebsstrom fiir die Ventilationsmotoren wurde durch 266 Josef Hannack. Abb. 240. Kraftzentrale Lassach an der Siidseite des Tauemtunnels. g den von der Siidseite des Bosrucktunnels herbeigeschafften Schwungradgenerator und die zugehorige 300pferdige liegende Dampfmaschine geliefert. Die elektrische Firststollenbohrung wurde mit den bereits beim Karawanken- und Wocheinertunnel erprobten Stofibohr- maschinen der Siemens-Schuckert-Werke durchgefiihrt, wobei fiir die Stromlieferung ein Drehstromgenerator von 43 KW und 2000 Volt im Betriebe stand. DieHochspan- nungskabel fiihrten zu einem Transformator im Tunnel und von diesem gingen die Niederspannungskabel von 220 Volt zu den Bohrmaschinen. Die Forderung auf dem Baubetriebs- platze und in der fertigen Tunnelrohre hatten drei elektrische Doppellokomotiven zu bewaltigen, die von einem Gleich- stromgenerator mit 250 KW Leistung den Betriebsstrom mit 550 Volt erhielten. Die beiden Generatoren fiir die elektrische Bohrung und Forderung wurden mittels Riemeniibertragung von der 2iopferdigen liegcnden Dampf¬ maschine angetrieben. Behufs Versorgung der Ge- baude und Arbeiterwohnungen so- wie der Arbeitsstellen im Tunnel mit Trink- und Nutzwasser wurden Quellen im Hohkaarbachgebiete gefafit und mittels 100 mm weiten Rohren auf den Bau- betriebsplatz geleitet, von wo die Zweigleitungen ausgingen. Fiir Feuerloschzwecke gelangten neun Hydranten zur Aufstellung. Auf der Siidseite konnte die Anzahl der auf Kosten der k. k. Staatsbahnverwaltung herzustel- lenden Arbeiterhauser wesentlich eingeschrankt werden, da zahllose kleine Baracken aus Privatspeku- lation errichtet wurden. Ferner konnte auf dieser Tunnelseite auf die Mitbeniitzung von Dampf- kraftmaschinen ganz verzichtet werden, weil der Mallnitzbach mit einem ausniitzbaren Gefalle von betrachtlicher Hohe zur Ver- fiigung stand, was um so wert- voller war, da die Zufuhr von CKohle liber die steilen und schlech- ten Wege bis zum Baubetriebsplatze bei Mallnitz nahezu ausgeschlossen er- scheinen mufite und auch ungemein teuer zu stehen gekommen ware. Die geeignetste Kraftquelle fiir den Betrieb samtlicher maschinellen Anlagen beim Tunnel, der Mallnitzbach, wurde am Ende der Malinitzer Talstufe auf Kote 1165 mittels eines Stauwehres aus Stampfbeton gefafit; der Oberwasserkanal hat o-8 m 2 Querschnitt und 570 m Lange und mtindet in ein Wasserschlofi, von welchem die 567 m lange, schmiede- eiserne Leitung mit 5 00 mm !• W. zum Turbinenhause fiihrt. Diese Wasserkraft- anlage hat den grofiten Teil des Jahres hindurch eine Wassermenge von 1200 Sekundenlitern und somit bei einem Nutz- gefalle von 150 m eine normale Leistung von 1800 effektiven PS. In den Winter- monaten sinkt die Leistung der Anlage bei 600 Sekundenlitern bis auf 900 effek- tive PS. Tunnelbau. 267 Das Gebaude der Kraftzentrale in Lassach wurde fiir vier Turbogeneratoren angelegt, doch gelangten im Jahre 1906 nur zwei zur Aufstellung. Jede Gruppe besteht aus einer Peltonturbine mit 615 effektiven PS und 750 Umdre- hungen in der Minute bei 400 Se- kundenlitern Wassermenge. Der mit der Turbine gekuppelte Drehstromgenerator hat eine Leistung von 512 KV A bei 5500 Volt und 5 ° Perioden. Fiir Zwecke der Montierung und der wahrend des Be- triebes erforderlichen Ausbesserungsar- beiten ist im Maschinenhause ein Lauf- kran fiir 4000 kg Belastung aufgestellt. Im September 1906 iibernahm dieseZen- trale den Betrieb der gesamten, inzwischen fertiggestellten Baubetriebsanlagen der Siidseite. Schon im April 1907 ergab sicb infolge Durchbrennens eines der beiden Drehstromgeneratoren die Notwendigkeit, den dritten Turbogenerator einzubauen, da eine Gruppe nicht im stande war, die gesamte Kraftversorgung der Bau¬ betriebsanlagen sowie der nachtraglich fiir besondere Zweclce der Bauunterneh- mung errichteten Anlagen (Steinbruch- bahn u. s. w.) zu bewaltigen. Es mufite also durch Schaffung einer Reservegruppe den Anforderungen der ununterbrochenen Betriebfiihrung der Baubetriebsanlagen entsprochen werden. Um rasch zum Ziele zu gelangen, wurde ein Drehstromgenerator der fiir den Bau- betrieb der Siidseite des Karawanken- tunnels inVerwendung gestandenen Roth- weinzentrale mit einer Leistung von 400 KVA bei 5500 Volt und 750 Um- drehungen in der Minute erworben und mit einer Turbine obiger Type im Ok¬ tober 1907 zur Aufstellung gebracht. Das wiederholte Durchschlagen der ersten zwei Drehstromgeneratoren und ihre hau- figen Reparaturen fuhrten noch im Jahre 1907 zu der Erkenntnis, dafi auch die einfache Reserve nicht geniige, um den vollen ununterbrochenen Baubetrieb mit der Lassacher Zentrale aufrecht erhalten zu konnen. Es wurde daher im Friihjahre 1908 ein vierter Gene¬ rator fiir 520 KVA samt zugehoriger Turbine aufgestellt und am 1. Mai 1908 dem Betriebe iibergeben. Die Fernleitung von der Lassacher Zentrale auf den Bau- betriebsplatz ist 5200 m lang und hat 3X50 = 150 mm 2 Querschnitt. An den Masten sind auch die Fernsprechleitun- gen angebracht. Abb. 241. Prefipumpenanlage fiir die hydraulische Bohrung auf der Siidseite des Tauerntunnels. 268 Josef Hannack. Abb. 24. Werkstatte auf der Siidseite des Tauerntunnels. Im Transformatorenraume des Ma- schinenhauses auf dem Baubetriebsplatze wurde der Strom von 5000 Volt durch acht Transformator en auf die Betriebsspan- nungen von 350 und 110 Volt iibersetzt. Die maschinelle Bohrung erfolgte auf der Siidseite sowohl im Sohi- als auch Firststollen durch hydraulische Bohr- maschinen System Brandt, fur deren Betrieb drei Paare von Prefipumpen zur Verwendung gelangten. Der Antriebs- motor jeder Pumpengruppe hatte 120 PS, 350 Volt und 750 Umdrehungen in der Minute und liefi eine 50°/ O ige Herab- minderung der Tourenzahl zu. Die 80 mm weite Druckleitung im Tunnel erreichte eine Gesamtlange von 2400 m. Im Sohl- stollen wurde mit drei bis vier, im First¬ stollen nur mit zwei Brandtschen Ma- schinen gebohrt. Die Wasserbeschaffung besorgte ein Brunnen, von welchem das Wasser durch eine Pumpe von 25 Sekundenlitern mittels eines 25pferdigen Motors in den Reinwasserbehalter gepumpt und sodann durch eine 100 mm weite Rohrleitung der Prefipumpenanlage zugefiihrt wurde. Von dieser Leitung zweigten auf dem Bau¬ betriebsplatze die verschiedenen Leitungen fur Nutz- und Trinkwasser — insgesamt 3800 m lang — ab. In dieses Leitungs- netz waren sechs Auslaufbrunnen und zehn Hydranten fur Feuerloschzwecke eingebaut. Fiir die Liiftung wurden sechs vom Wocheinertunnel herbeigeschaffte Ventila- toren fur 350 m 3 angesaugte Luft pro Minute verwendet, welche von drei Mo¬ toren fiir 180 PS und 5000 Volt an- getrieben wurden. Die Liiftungsleitung bestand aus 700 und 500 mm weiten Rohren und erreichte eine Lange von 3100 m. Fiir die elektrische Forderung in der fertigen Tunnelrohre, auf dem Bau¬ betriebsplatze sowie auf der Steinbruch- bahn standen drei elektrische Doppel- lokomotiven im Betriebe. Der Strom \vurde vorerst von 5000 auf 350 Volt transformiert und dann durch einen Umformer fiir 250 KW auf Gleichstrom von 550 Volt gebracht. Die umfangreichen Anlagen der Werkstatte, der Maschinen- und Hand- bohrerschmiede, der Giefierei und Harte- anlage, sowie die weitverzweigte Be- leuchtungsanlage gelangten ungefahr im gleichen Ausmafie zur Ausfiihrung wie auf der Nordseite. Fiir die Erzeugung der erforderlichen grofien Mengen von Schnittholz wurde eine Gattersage aufgestellt, welche von einem 25pferdigen Benzinmotor, System Banki, oder einem Drehstrommotor gleicher Leistung angetrieben wurde. Wie bereits bemerkt, war der grofite Teil der maschinellen Anlagen auf der Nord- und Siidseite des Tauerntunnels von den anderen bereits vollendeten drei grofien Alpentunnels beschafft worden. Die neuen Anlagen wurden an folgende Firmen vergeben: Die Turbinenanlagen auf der Nordseite an die Maschinen- fabrik Andritz, A. G. bei Graz und an J. M. V o i t h in St. Polten, an letzteren auch die Turbinen auf der Siidseite; die hydraulischen Bohranlagen und Prefi¬ pumpen an die Erste Brtinner Maschinenfabrik; die Kraftwasser- leitung.rohre an die Villacher Ma¬ schinenfabrik Egger, Moritsch & Cie., die verschiedenen anderen Rohr- leitungen an L. M o s c h n e r in Klagen- furt, die Witkowitzer Rohrenwalz- werke und H. Bab lik in Wien; die beiden oben erwahnten, ersten Dreh- stromgeneratoren in Lassach samt Schaltanlagen an F. K fizik in Prag; die zwei anderen Generatoren in Las¬ sach, sowie alle iibrigen elektrischen An¬ lagen auf der Nord- und Siidseite des Tauerntunnels an die Siemens-Schu- ckert-Werke. Tunnelbau. 269 Den eigentlichen Tunnelbau betreffend, sei noch angefiihrt, dafi auf der Nord- seite die Auffahrung des Sohlstollens in normal er, nahezu ungestorter Weise weiter gefiihrt wurde, bis der bei Stollenmeter 5949 am 27. April 1907 vor Ort des Sohlstollens erfolgte Wassereinbruch von 60 Sekundenliter die vorlaufige Einstellung des Weitervortriebes zur Folge hatte. Erst nach Hebung der Forderbahn, Nach- sprengen der Stollenfirste vor Ort und An- bringung von Blechschutzwanden konnte die Weiterarbeit im Stollen, zwar nur mittels Handbohrung und unter schwie- rigen Verhaltnissen wieder aufgenommen werden. Nachdem man auf diese Weise eine weitere Lange von 5 m i m Stollen er- schlossen hatte, war die wasserfiihrende Kluft durchortert und es konnte an die Weiterauffahrung des Stoli ens mittels maschineller Bohrung geschritten werden. Vorher mufite jedoch die kliiftige Stollenstrecke bis vor Ort mit einem kraftigen Holzeinbau versehen werden, um Gesteinsablosungen, welche die Ar- beiter gefahrdet hatten, vorzubeugen. Die vor Ort des Stollens ausfliefienden Gebirgswasser hatten jedoch nicht nur die Arbeitsstelle vor Ort des Stollens, sondern auch nahezu die ganze auf- geschlossene Stollenstrecke, die Forder¬ bahn und die in Arbeit befindliche Strecke ftir Herstellung von Vollausbruch und Mauerung iiberflutet. Diese Mifistande wurden. dadurch be- hoben, dafi der Sohlstollen auf seine ganze Lange durch Nachsprengen der Firste erhoht und die Forderbahn um o - 30 m sowohl im Sohlstollen als auch in der iibrigen Arbeitsstrecke gehoben wurde, wodurch das Fordergleis trockengelegt und aufierdem neben diesem ein ent- sprechend tiefer Kanal fiir die Wasser- ableitung ohne kostspieliges und zeit- raubendes Tiefersprengen des bestehen- den provisorischen Stollenkanals ge- echt werden konnte. Die Behebungsarbeiten waren noch in vollem Gange begriffen, als am 14. Juni 1907 bei Stollenmeter 6090 vor Ort des Nordstollens neuerdings eine starke Quelle von annahernd der gleichen Wassermenge wie friiher auf- geschlossen wurde, die abermals eine einwocbige Unterbrechung des Stollen- vortriebes zur Folge hatte und auch die Durchfiihrung der Behebungsarbeiten zur Trockenlegung der Forderbahn wesent- lich verzogerte und erschwerte. Nach Wiederaufnahme des Stollen- vortriebes erfolgte sodann bei Stollenmeter 6164 der Nordseite (2362’5 der Siidseite) am 21. Juli 1907 der Durchschlag des Nordstollens mit dem Sohlstollen der Siid- seite. Zur maschinellen Bohrung im Sohl¬ stollen \vurden ftir gewohnlich nur drei auf einer horizontalen Spannsaule ange- brachte Brandtsche Bohrmaschinen be- niitzt, wobei die Spannsaule auf einem am Gleis verschiebbaren Bohrwagen be- festigt war. Es wurden hiebei zumeist durch- schnittliche Tagesleistungen von 5 bis 6 m erzielt, wenn die Arbeiten nicht, wie in der Tunnelscheitelstrecke, durch Wasser- zudrang oder die notwendig gewordene Verbauung von Stollenstrecken in den Quetschzonen behindert wurden. Nach dem Durchschlage des Sohl¬ stollens wurde die nordliche Tunnelstrecke von jener der Siidseite durch Anbringung eines luftdichten Tores im Sohlstollen abgeschlossen, um die kiinstliche Liiftung der Arbeitsstrecken beider Tunnelseiten unabhangig von den natiirlichen Luft- stromungen wie vor dem Stollendurch- schlage bewerkstelligen zu konnen. Durch ungefiihr sechs Wochen wurde allerdings der Versuch unternommen, das Tor offen zu lassen, um die kiinstliche Ventilation 270 Josef Hannack. durch den natiirlichen Luftzug zu unter- I stiitzen. Solange der natiirliche Luftzug kraftig und gleichmafiig von einer Seite aus an- hielt, wirkte die natiirliche Liiftung iiber- aus giinstig. Diese Wirkung schlug jedoch sofort in das Gegenteil um, wenn ein Wechsel in der Windrichtung oder eine sonstige Stagnation der natiirlichen Wetter eintrat; es mufite daher auf die Mithilfe der natiirlichen Liiftung ganz verzichtet und das Tor wieder luftdicht verschlossen werden, wie sich dies auch beim Baue anderer grofier Tunnels zumeist als not- wendig herausgestellt hat. Ende Juni 1906 wurde bei Stollen- meter 2414 der Nordseite mit der maschi- nellen Bohrung im Firststollen begonnen, und zwar wurden hiezu zwei auf je einer senkrechten Spannsaule befestigte elek- trische Bohrmaschinen System Siemens & Halske beniitzt. Spater wurde der First¬ stollen auch an einer zweiten Stelle auf die gleiche Weise maschinell vorgetrieben. Nach dem Durchschlage des Sohlstollens wurde im -August 1907 die Brandtsche Maschinenbohrgarnitur in den Firststollen verlegt und mit dieser Einrichtung der Firststollen in einer Breite von iiber 3 m vorgetrieben, wodurch die Vollausbruch- arbeit mit Flandbohrung im Bogenorte und die Arbeitsdauer fiir die Vollausbriiche in vorteilhafter Weise verringert wurden. Nach Einfiihrung der Brandtschen Bohrung im Firststollen wurden die elek- trischen Bohrmaschinen grofitenteils zur Verbreiterung der frtiher hergestellten Firststollenstrecken mit gutem Erfolge ver- wendet, da hiedurch die zeitraubende Hand- bohrung beim Vollausbruche des Bogen- ortes noch weiter eingeschrankt wurde. Die Verbreiterung des Firststollens mit maschineller Bohrung erfolgte beider- seits um 1 bis i'2 m. Die Vollausbruch- und Mauerungs- arbeiten wurden in der iiblichen Bauweise mit Aufbruch- und Zwischenringen be- werkstelligt, wobei die Zwischenringe in Anbetracht des standfesten Gebirges zumeist als 20 m lange Doppelringe aus- gefiihrt werden konnten. Hier sei noch eingeschaltet, dafi die Arbeiten fiir die Herstellung der Tunnel- rohre auf der Nordseite in der Bauperiode I nach der definitiven Vergebung des Tunnel- baues rascher fortschritten als auf der Siidseite, wo diese Arbeiten erst spater in Angriff genommen werden konnten und aufierdem durch den Wassereinbruch auf der Siidseite und die damit verbun- denen zeitraubenden Sanierungsarbeiten sowie durch das Nachnehmen der beim Durchschlage entstandenen Sohlstollen- stufe und die hiebei notwendig gewordenen Holzeinbauten behindert und verzogert wurden. Dies hatte den Nachteil, dafi die Arbeits- strecke fiir die Herstellung der Tunnel- rohre der Nordseite iiber das nach dem Arbeitsplane vorgesehene Mafi gegen Siiden erstreckt werden mufite, um die auf der Nord- und Siidseite des Tunnels vorhandenen Arbeitskrafte in gleicher Weise wie bisher bis zur Fertigstellung der ganzen Tunnelrohre beschaftigen zu konnen und die Arbeiten auf der einen Tunnelseite nicht friiher als auf der anderen einstellen zu miissen. Die grofiere Aus- dehnung der nordlichen Arbeitsstrecke, wie tiberhaupt die schon von vornherein gegebene grofie Lange des von der Nord¬ seite aus herzustellenden Tunnelteiles notigten auch dazu, die 700 mm weite Luftrohrleitung im fertigen Tunnelteile der Nordseite noch um weitere 1500 m nach Siiden zu verlangern und gegen die bereits verlegten, nur 500 mm weiten Luftleitungsrohre, welche iiberdies bei Herstellung des Vollausbruches schon manche Beschadigung erlitten hatten und mehrfach undicht geworden waren, aus- zutauschen. Hiedurch war erreicht, dafi der Luftdruck trotz der langen Rohr- leitung nicht verringert, vielmehr eine moglichst grofie Luftmenge der Arbeits¬ strecke zugefiihrt wurde. Tatsachlich ge- langten nach den wiederholt und periodisch am Ende der 700 mm weiten Rohrleitung (kurz vor Beginn der Arbeitsstrecke der N ordseite) angestellten genauen Messungen der Luftmenge trotz der grofien Lange der Rohrleitung noch immerhin 300 bis 315 m s Luft in der Minute beim Betriebe von zweiV entilatorengruppen in dieArbeits- strecke. Eine der drei Ventilatorengruppen diente wegen allfalliger Reparaturen an irgend einem Motor oder an anderen Maschinen zumeist nur als Reserve. Tunnelbau. 271 Z ur weiteren Vermehrung der Luft- zufuhr in die vorderste Arbeitsstrecke der Nordseite wurde aufierdem die Luft- rohrleitung der Siidseite durch das Ab- schlufttor zwischen der nordlichen und siidlichen Arbeitsstrecke durchgefiihrt und hiebei 30 bis 40 m 3 Luft in der Minute von der Siid- auf die Nordseite abgegeben. Die iiberzuleitende Luftmenge wurde durch angebrachte Drosselklappen jeweilig ge- regelt. sind, so dafi zwischen jeder Arbeits- schichte fiir die Herstellung der Tunnel- rohre und die gesamte Materialforderung je vier Stunden Ruhepause ein- treten, wahrend welcher die Ventilation selbstverstandlich n i c h t unterbrochen wird. In jeder dieser vierstiindigen Ruhe- pausen wird die Luft im Tunnel, \venn die vorgeschriebenen 340 bis 350 m 3 Luft in der Minute zugefiihrt werden, wenigstens in jener Arbeitsstrecke des Tunnels, in Abb. 244. Gewolbemauerung im Ring Nr. 22 des I. Im ganzen wurden somit auf der Nord¬ seite 340 bis 350 m 3 Luft in der Minute eingeblasen, wie dies auch der Bauvertrag vorschreibt. Weiters sei noch bemerkt, dafi auch beim Tauerntunnel sowie beim Kara- wanken- und Wocheinertunnel die acht- stiindigen Arbeitsschichten fiir Herstellung von Vollausbruch und Mauerung der Tunnelrohre derart eingeteilt wurden, dafi die Arbeiter der Tagschicht im Tunnel von 6 Uhr morgens bis 2 Uhr nachmittags und die Arbeiter der Nachtschicht von 6 Uhr abends bis 2 Uhr nachts beschžiftigt Tunnelkilometers der Nordseite des Tauerntunnels. welcher noch Minen zu sprengen sind, nahezu vollstandig erneuert, selbst wenn die wahrend der achtstiindigen Arbeits- schicht eingeblasene Luftmenge nicht in Rechnung gezogen wird. Die wenigen Mineure, welche im First- stollen arbeiten, sind allerdings auch wahrend der vierstiindigen Ruhepause im Tunnel beschaftigt, da hier drei acht- stiindige Schichten einander unmittelbar ablosen, von welchen die erste Schicht von 6 Uhr friih bis 2 Uhr nachmittags, die zrveite von 2 Uhr nachmittags bis 1 o Uhr nachts und die dritte Partie von 10 Uhr 272 Josef Hannack. nachts bis 6 Uhr morgens vor Ort des Firststollens beschaftigt ist. Die Lufttemperatur im Tunnel ist in den Firststollenautbriichen und in der Firste der Vollausbruch- und Mauerungsringe stets um einige Grade hoher als die Gesteinstemperatur, dagegen im Sohl- stollen und in den unteren Profilteilen des Tunnels meistens et\vas geringer als die Gesteinstemperatur, wofern die einzelnen Arbeitsstellen nicht zu nahe aneinander gedrangt sind. Die auf der Nordseite des Tunnels verwendeten Benzinmotoren, die friiher beim Bau des Karawankentunnels in Ver- wendung standen und dort vorziigliche Dienste geleistet hatten, verursachten bald nach der Aufnahme des vollen Tunnel- baubetriebes in einzelnen Fallen stellen- weise eine merkliche Verschlechterung der Tunnelluft. Die Bauunternehmung war eifrigst bemiiht, diesem Ubelstande durch eheste Beschaffung neuer Benzin¬ motoren bester Konstruktion abzuhelfen, doch waren diese Maschinen nicht sofort erhaltlich. Sie kamen erst langere Zeit nach der Bestellung zur Ablieferung. Die Bauunternehmung hatte auch inErwagung gezogen, fur die Forderung in der Arbeits- strecke Lokomotiven zu verwenden, die mit hochgespannter Prefiluft zu betreiben sind, und setzte sich zu diesem Zwecke mit Schweizer Firmen in Verbindung, welche solche Maschinen fur den Bau des Simplontunnels *) beschafft hatten. Da jedoch keine Luftlokomotiven — weder alte noch neue — vorratig waren und fur die Ablieferung neuherzustellender Maschinen zu lanove Lieferfristen gefordert wurden, iiberdies fiir den Betrieb der zur Erzeugung von Prefiluft notwendigen Kompressoren erst eine Verstarkung der Dampfkraftanlage im Maschinenhause beim Tunneleingange hatte beschafft werden miissen, wurde der Gedanke, zur Forderung Luftlokomotiven zu verwenden, bald ganzlich fallen gelassen. Die Forderung erfolgte sowohl auf der Nord- als auch auf der Siidseite im *) Der Simplontunnel ist 19.800 m lang und wies eine Gesteinstemperatur bis zu 50" C auf, weshalb dort die Verwendung von Luft¬ lokomotiven in der Arbeitsstrecke unbedingt notwendig war. fertigen Tunnelteile mittels elektrischer Lokomotiven und in der Arbeitsstrecke mittels Benzinmotoren. Auf der Siidseite wurde der Weiter- vortrieb des Sohlstollens bald nach der definitiven Bauvergebung, namlich An- fang Marž 1906, bei Stollenmeter 1179 eingestellt, da der beim Stolleneingange aufgestellte Ventilator, der anfangs durch ein Wasserrad von einer Zuleitung des \Veifienbaches betrieben und spater (am 30. April) durch zwei elektrisch betriebene Ventilatoren ersetzt vvurde, nicht mehr ausreichte, um gleichzeitig auch die beim Tunneleingange anzu- legenden Firststollen mit Luft zu ver- sehen. Die Herstellung der Firststollen war wegen der ehestens zu beginnenden Vollausbruch- und Mauerungsarbeiten fiir die Tunnelrohre dringend notwendig ge- worden. Der Sohlstollenvortrieb konnte erst Mitte September 1906 nach ganzlicher Fertigstellung der Kraftzentrale, welche in der Nahe der 5'2 km vom Tunnel- portale entfernten Ortschaft Lassach er- richtet wurde, und nach Inbetriebsetzung der definitiven Liiftungsanlage beim Tunneleingange wieder in Angriff ge- nommen werden. Hiebei gelangten, da die erste Gruppe der Pumpenanlage fiir die maschinelle Bohrung bereits betriebsfahig war, sofort hydraulische Bohrmaschinen des Systems Brandt zur Anwendung, mit welchen auch der Durchschlag des Sohlstollens mit dem Nordstollen, wie schon erwahnt, bei Stollenmeter 2362 - 5 der Siidseite (6164 der Nordseite) am 21. Juli 1907 erfolgte. Die bei Stollenmeter 2238 der Siidseite am 12. Juni 1907 angefahrene grofie Quelle von ungefahr 50 Sekundenlitern, die dem Stollenorte beim Vortriebe des Stollens auf weitere 25 m nachging und auf diese Stollenlange stets vor Ort aus- flofi, hatte zwar die Stollenarbeiten nicht sonderlich beeintrachtigt, iiberschvvemmte jedoch die Forderbahn im Stollen und in der Arbeitsstrecke der Tunnelrohre derart, dafi auch auf dieser Tunnelseite zurDurch- fuhrung umfassender Sanierungsarbeiten geschritten werden mufite. Dies war um so notwendiger, als in dieser Arbeitsstrecke auch zahlreiche kleinere Quellen austraten, Tunnelbau. 273 welche der provisorische Kanal bei dem Gefalle von nur 2 pro Mille kaum fassen konnte. Die Behebungsarbeiten \vurden auf der Siidseite zum Teile wie auf der Nord- seite durch Auffirsten des Sohlstollens und I-Ieben der Fordergleise, zum grofieren Teile jedoch dadurch bewerkstelligt, dafi im Sohlstollen noch vor Inangriffnahme der Vollausbrucharbeiten der definitive Tunnelsohlenkanal mit Verwendung von Brandtschen Bohrmaschinen ausgebrochen und dann bis auf die Steindeckplatten, welche vorlaufig durch eine Holzabdek- kung ersetzt wurden, fertig gemauert wurde. Damit hiebei die Arbeit nicht durch abfliefiende grofiere Wassermengen gestort werde, wurde das bei Stollen- meter 2238 ausstromende Wasser im Stollen durch eine wasserdichte Wand abgedammt und auf die Nordseite iiber- geleitet. Nach streckenweiser Fertigstel- lung des Kanals wurde die Forderbahn, vvelche vorher ebenso wie die Luft- leitungsrohre jeweilig entfernt werden mufite, wieder riickverlegt. Der solcherart hergestellte Kanal reichte von Stollen- meter 1560 bis zu der grofien Quelle bei Stollenmeter 2238. Der geschilderte Sanierungsvorgang bot zwar den nicht zu unterschatzenden Vorteil einer grilnd- lichen Abhilfe bei Ableitung der Gebirgs- wasser, weil nun auch die Vollausbruch- und Mauerungsarbeiten der sanierten Tunnelstrecke auf trockener Tunnelsohle und die Tunnehviderlagerfundamente im Trockenen ausgeflihrt werden konnten, hatte jedoch den Nachteil, dafi er einen grofieren Zeitaufwand als auf der Nord¬ seite erforderte und das regelmafiige Vorschreiten der Vollausbriiche fiir Her- stellung der Tunnelrohre beeintrachtigte. In einem grofien Teile der Arbeits- strecke fiir Vollausbruch und Maucrung wurde die Sanierung dadurch bewerk- stelligt, dafi in dem bestandenen provi- sorischen Stollenkanal eine Rohrleitung von 500 mm Weite verlegt, das Wasser am vorderen Ende der Rohrleitung mit- tels einer kraftigen Pumpe bis zur Rohr- offnung gehoben und dann durch die Rohre bis zum Tunnelsohlenkanal der fertiggemauerten Tunnelrohre gemauert wurde. Bemerkt wird noch, dafi. der Sohl¬ stollen von der Nordseite aus gegen Siiden auf eine betrachtliche Lange iiber den Gefallsbruchpunkt der Scheitelstrecke des Tunnels statt im Gegengefalle der Siid- seite mit einer Steigung von i - 5 pro Mille vorgetrieben wurde. Hiedurch entstand nach dem Durchschlage eine Stufe in der Sohle des Sohlstollens, welche nach Be- endigung der Behebungsarbeiten fiir die Ableitung des Wassers auf der Siidseite nachgenommen werden mufite. Diese Arbeiten fiir Tieferschlitzung der Stolien- sohle, welche wegen des kliiftigen Ge- steines stellenweise einen sehr kraftigen Holzeinbau erforderten, dauerten bis An- fang April 1908. Nach deren Beendi- gung wurde auch die auf der Nordseite bei Stollenmeter 5950 austretende Quelle nach der Siidseite abgeleitet. Der Firststollen der Siidseite wurde im zweiten und dritten Tunnelkilometer mit Ausnahme kurzer Strecken, die mit Handbohrung hergestellt wurden, mittels Brandtscher Bohrmaschinen aufgefahren, deren zwei auf einer Spannsaule und einem Bohrwagen befestigt waren. Die maschinelle Auffahrung des Firststollens erfolgte jeweilig von zwei Angriffsstellen aus. Gegen Ende Juli 1908 wurde die letzte Firststollenstrecke des Tauerntun- nels durchgeschlagen. Die nicht von vornherein schon mit einer grofieren Breite aufgefahrenen First- stollenstrecken wurden spaterhin durch Brandtsche Bohrmaschinen rechts und links noch um ungefahr einen Meter erbreitert und auf diese Weise dem Voll- ausbruche mittels maschineller Bohrung vorgearbeitet, wie dies auch auf der Nordseite mit elektrischen Bohrmaschinen b ewerkstelligt wurde. Um die maschinelle Arbeit beim Aus- bruch des Bogenortes noch weiter zu venvenden, wurde in einer Strecke von guter, standfester Beschaffenheit des Ge- birges der Firststollen in vorteilhafter Weise um ungefahr 1 m tiefer als in normaler Hohenlage angelegt und bei Beginn der Vollausbruch-Arbeiten nicht nur die seitliche Verbreiterung des First¬ stollens mit maschineller Bohrung her¬ gestellt, sondern auch die Firste des 18 274 Josef Hannack. Stollens mit Brandtschen Bohrmaschinen angebohrt und dann gesprengt. Vollausbruch und Mauerung sowie die Forderung gingen in gleicher Weise wie auf der Nordseite von statten. Die Zufuhr von Inventar, Werkzeugen, Zement, Stahl und Eisen und anderen Verbrauchsmaterialien zum Baubetriebs¬ platze erfolgte an der Nordseite des Tunnels vom Bahnhof Badgastein aus auf einer bis zum Baubetriebsplatze langs der Bahn- strecke Badgastein—Anlauftal gelegten schmalspurigen Rollbahn mittels Dampf- lokomotiven. Auf der Sudseite des Tunnels mufite das Inventar und Material von der Station Mollbrucken-Sachsenburg bis zur Ortschaft Lassach mit Fuhrwerken zuge- streift werden, von da gelangte es mittels elektrischen Aufzuges auf die Tauernbahn- trasse und langs dieser mit Dampf- lokomotiven bis zum Baubetriebsplatze beim Tunneleingange. Fiir die Mauerung stand sowohl auf der Nord- als auch auf der Sudseite ein vorziiglicher plattiger Granitgneis zur Verftigung, der nordseits zum grofiten Teile unweit des Baubetriebsplatzes aus den Felseinschnitten der offenen Bahn- strecke gewonnen wurde, siidseits mittels eigens angelegter elektrischer Schmal- spurbahn aus einem 3 km entfernten Stein- bruche am Stapitzer See zugefuhrt wurde. Die Tunnelrohre des ganzen Tauern- tunnels ist mit Ausnahme der Sohlen- quader und der Tunnelkanaldeckel aus Bruchstein in Portlandzement hergestellt, wobei in den standfesten Felsstrecken des Tunnels zumeist nur die leichteren Profiltypen nach Fig. 4 und 5 des Tunnel- bautypenblattes 2 e und nur in einzelnen kliiftigen Gebirgspartien die Druckprofil- type Fig. 6 zur Anwendung gelangte. Die Tunnelrohre im Schuttkegel des Hohkaarbaches beim Nordeingange des Tunnels wurde nach den Druckprofiltypen Fig. 8 a und 9 a (mit Sohlengewolbe) hergestellt. Bei einer grofieren Anzahl dieser Tunnelringe, besonders bei den in der Nahe des zweiten Firststollenschachtes und des anstehenden Gneisfelsgebirges liegenden Ringen drang auch nach der Fertigstellung Wasser regenartig aus dem Schuttkegel durch ausgewaschene Fugen des Gewolbemauerwerkes in den Tunnel, welchem Ubelstande in sehr wirksamer Weise durch Ausspritzen der Fugen des Mauervverkes mit dunnfliissigem Portland- zementmortel und Einspritzen solchen Mortels hinter das Gewolbe begegnet wurde. In der Quetschzone der Sudseite ge- langten einzelne Tunnelstrecken nach den Druckprotilen Fig. 8 und 9 zur Aus- fuhrung. Bei den stark kltiftigen und zerquetschten Gebirgsschichten zwischen Stollenmeter 2433 und 2455 der Sudseite, aus welchen beim Auffahren des Nord- stollens seinerzeit die grofie Quelle aus- gestromt war, mufite sogar die besonders starke Profiltype Fig. 12 b angewendet und gegen Stiden anschliefiend noch eine Anzahl von Ringen nach Fig. 12 a her¬ gestellt werden. BeiHerstellung der abnormalen Tunnel¬ ringe nach Profil Fig. 12 b mufite ein ganz aufiergewohnlicher Bauvorgang ein- gehalten werden, der kurz geschildert werden soli. Das Hangende der bei Stollenmeter 2440 vom Wasser ausgewaschenen Kluft ist ziemlich standfester Granitgneis, das Liegende dagegen vollstandig zerquetsch- ter Granitgneis, dessen kleine Spalten mit zersetztem, zu Rutschungen Anlafi bietendem Feldspat ausgefiillt sind. Da bei der Herstellung des Vollausbruches in der Kluftstrecke nach dem gewohn- lichen Bauvorgange mit Ausbruch des ganzen Profiles ein Nachsinken oder Ablosen grofierer Gesteinsmassen des Hangenden der Kluftpartie zu befurchten war und dadurch die Gefahr eines voll- standigen Verbruches des Holzeinbaues im Ausbruchringe bestand, mufite der Ausbruch und die Mauerung dieser Tunnelstrecke in der Weise erfolgen, dafi vorerst das Widerlager und ein Teil des Firstgewolbes samt Nachmauerung an der Kluftseite des Tunnels stollenartig und in zwei, auch in der Ausftihrungszeit getrennten Hohenstufen hergestellt wurde. Hiebei wurde auch der Lichtraum des Tunnels von der Stollenwand bis zum Mauerwerk des Tunnelprofils proviso- risch mit spater wieder leicht zu entfer- nendem Fiillmauerwerk ausgemauert. Tunnelbau. 275 Ausbrach und Mauerung des kluft- seitigen Tunnelprofils wurden jeweilig nur in Langen von je A. m her- gestelit, wahrend erst nach Ausfiihrung des ganzen 12 m langen kluftseitigen Mauerwerkes der linke Teil des Ring- profils, und zwar in halber Ringlange von 6 m als Vollausbruch ausgebrochen und gemauert wird. Seit 15. August 1907, das ist seit Behebung des grofiten Teiles der Schaden des Wassereinbruches der Nordseite, nehmen die Arbeiten des Vollausbruches und der Mauerung fiir die Herstellung der Tunnelrohre des Tauerntunnels einen durchaus befriedigenden Fortgang. Es wurde seither nordseits eine durch- schnittliche Monatsleistung von 150 m Tunnelrohre (Vollausbruch und Mauerung) und auf der Siidseite eine solche von 125 m Tunnelrčhre erzielt. Nach vollstandiger Beendigung der Sanierungsarbeiten auf der Siidseite (Her¬ stellung des Tunnel-Sohlenkanals im Stollen) und der Arbeiten beim Nach- nehmen der Stollenstufe vor der Durch- schlagsstelle hat sich die Monatsleistung bei Herstellung der Tunnelrohre auch auf dieser Tunnelseite auf 130 bis 150 m gehoben. Es sind dies bei einem zweigleisigen Tunnel im Hinblicke auf die Harte des Gesteins und die dadurch bedingten be- deutenden Bohr- und Sprengarbeiten ganz ansehnliche Leistungen, die allerdings erst in der spateren Bauperiode erreicht wurden und in einem nicht geringen Mafie der teihveisen Amvendung von maschineller Bohrung beim Vollausbruche zu verdanken sind. Die ganze Tunnelrohre des Tauern¬ tunnels wird anfangs Februar 1909 ein- schliefilich der abnormal herzustellenden Tunnelringe in der Quetschzone bei Stollenmeter 2440 der Siidseite fertig- gestellt sein. Die Aufnahme des offent- lichen Bahnverkehrs nach Fertigstellung der Nebenarbeiten im Tunnel, wie des Tunnel- und Kabelkanales, der Betonierung der Tunnelsohle sowie der Beschotterung, des Legens des Oberbaues und der Signal- kabel, ferner nach Fertigstellung der in Ausfuhrunp; begriffenen Mauerwerksan- lagen beim Siidportal fiir die kiinstliche Liiftung des Tauerntunnels nach dem »System Saccardo« wahrend des Bahnbetriebes, wird auf der ganzen Tauern- bahn Schwarzach-St. Veit—Badgastein— Mallnitz—Spittal a. d. Drau anfangs Juli 1909 stattfinden. Damit wird das letzte, aber wichtigste, leider in die zweite Bauperiode geriickte grofie Teilstiick der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest den bereits eroffneten Teilstrecken ange- gliedert werden. Das grofie technische Werk, das in der Geschichte des oster- reichischen Eisenbahnbaues einen hervor- ragenden Platz einnehmen wird, ist voll- endet und die Aufgabe, welche der Staat mit dem Gesetze vom 6. Juni 1901 den osterreichischen Ingenieuren stellte, gelost. Der erfolgte Durchbruch des Tauern- gebirgsstockes wird aufier der hohen Bedeutung fiir den vaterlandischen Haupt- seehafen und Handelsplatz an der Adria auch fiir die beiden Kronlander Salzburg und Kamten von besonderem wirtschaft- lichen Werte sein, insbesondere fiir das mit reizenden Seen geschmiickte Karnten, nach welchem sich der von Norden kommende Fremdenstrom, der sich bisher an der Tauernkette staute, nach der Eroffnung der Tauernbahn ergiefien wird. Das liebliche, in prachtiger Gebirgs- landschaft eingebettete Alpendorfchen Mallnitz wird dann allerdings seiner intimen Reize als ruhiger Sommerfrischort beraubt \verden, denn es wird durch den Tauerntunnel einem weltberiihmten Kurorte nahegeriickt und zu einem von Fremden gern und stark besuchten Sommeraufenthaltsort emporgehoben wer- den, insbesondere dann, \venn den Be- suchern durch geschaftskundige und tiich- tige, mit den Bediirfnissen des Fremden- verkehres vertraute Wirte der Aufenthalt daselbst angenehm gemacht wird. Der Bau der grofien Alpentunnels, insbesondere des Tauerntunnels, brachte eine sehr wichtige Frage ins Rollen, namlich die einzuleitenden Mafinahmen behufs ausreichender Liiftung der langen Tunnels wahrend des Bahnbetriebes. Die bisherigen Erfahrungen haben er- wiesen, dafi die Rauchentwicklung im Tunnel und die damit verbundene Aus- 18* 276 Josef Hannack. stromung von gesundheitsschadlichen Gašen (Kohlenoxyd und Kohlensaure) das Zugpersonal — besonders auf den Giiterziigen — erheblich belastigt und die Ausiibung des Dienstes erschwert. Auch wirken die Auspuffdampfe und die in ihnen enthaltene schweflige Saure, welche sich an den kalten Tunnehvan- dungen zu Schwefelsaure und Wasser niederschlagen, auf den eisernen Oberbau ungemein zerstorend ein. Diese Ubel- stande werden durch die beim Arlberg- tunnel eingefiihrte Blauolfeuerung in ihrer schadlichen Wirkung zwar gemildert, doch wird bei einzelnen Tunnels eine griindliche Abhilfe nur durch die Ein- fiihrung des elektrischen Bahnbetriebes oder, falls dieser in absehbarer Zeit nicht verwirklicht werden konnte, durch aus- giebige kunstliche Liiftung erzielt werden. Dieser letztere Fali kommt besonders fiir den Tauerntunnel in Betracht. Die Staatseisenbahnverwaltung hat sich daher auf Grund eingehender Erhebungen und Studien fiir die kunstliche Liiftung diesesTunnelsnachderBauart Saccardo entschieden. Dafur war auch der Umstand mafi- gebend, dafi die im Innern langer Scheiteltunnels herrschende, oft bedeu- tende Tunnelfeuchte bei elektrischem Betriebe der Tunnelstrecke haufige Sto- rungen infolge der schwierigen Isolation der stromfiihrenden Teile auf den Loko- motiven hervorruft. Diese Schwierigkeiten konnen dauernd nur durch kunstliche Liiftung des Tunnels beseitigt werden, weshalb auch bei mehreren auslandischen Tunnels nach der Einfiihrung des elek¬ trischen Betriebes an den Bau von grofien Liiftungsanlagen nach der Bauart Saccardo geschritten werden mufite. Die baulichen Arbeiten fiir diese Anlage beim Tauerntunnel sind, soweit sie mit der Tunnelrohre in Verbindung stehen, im Herbste 1908 fertiggestellt; das Maschinenhaus und die maschinellen Anlagen gelangen im Sommer 1909 zur Ausfuhrung. Die Wirkungsweise der Anlage besteht darin, dafi die von einem grofien Ven¬ tilator angesaugte Luftmenge durch einen Luftzufiihrungskanal in eine den Tunnel- querschnitt ringformig umschliefiende Luftkammer getrieben wird, die sich im Tunnel wenige Meter vom Portale ent- fernt befindet. Von dort gelangt die ge- prefite Luft durch eine ringformige Diise, deren aufiere Wandung in das Tunnel- profil iibergeht, in die Tunnelrohre und erzeugt in dieser einen gegen das ent- ferntere Portal gerichteten Luftzug. (Siehe Tafel, Blatt 10.) Die Ringdiise zieht infolge ihrer Injektorwirkung Luft aus der freien Atmo- sphiire vor dem Portale in den Tunnel nach, welche Stromung den durch die Prefiluft erzeugten Wind noch verstžirkt. Die Ringduse zerfžlllt durch radiale Scheidewande in eine Anzahl von Kam- mern. Die inneren polygonalen Begren- zungsstiicke der Diise sind beweglich an die Luftkammer angeschlossen und ge- statten eine kleine Veranderung des Diisenquerschnittes. Infolgedessen miissen diese inneren Begrenzungsflachen und die erwahnten Scheidewande der Diise aus Eisenblech hergestellt werden. Die aufiere, feste Umgrenzung der Ringduse sowie die Luftkammer werden in Beton- eisen zur Ausfuhrung gelangen. Zur Beschaffung der betracbtlichen Luftmengen wird ein Ventilator von 5‘5 Fliigelraddurchmesser und 2 m Fliigelradbreite herangezogen werden; ein zweiter Ventilator gleicher Grofie wird behufs Aufrechterhaltung eines un- unterbrochenen Betriebes als Reserve aufgestellt werden. Das Ansaugen der Luft in den Ven¬ tilator \vird beiderseitig und konzentrisch durch Ansaugetiirme aus Eisenblech er- folgen, welche bis iiber das Dach des Maschinenhauses hinausreichen. Die beiden, von jedem Ventilator aus- gehenden grofien, gemauerten Druckluft- kanale vereinigen sich vor der Luft¬ kammer; jeder besitzt behufs Schaltung und Regulierung der Luft einen grofien Absperrschieber. Entsprechend den jeweiligen Wind- verhaltnissen vor den beiden Tunnel- portalen und dem dabei herrschenden Zugsverkehre lafit sich die Ventilator- geschwindigkeit von 100 Umdrehungen bis auf 200 Umdrehungen pro Minute steigern. Innerhalb dieser Grenzen werden 8000 bis hochstens 16.000 m n Luft in der Tunnelbau. 277 Minute in den Tunnel geprefit und unter der Annahme von Windstille vor den Portalen eine kiinstliche Luftbewegung von 3 bis 6 m in der Sekunde in der Tunnelrohre erzeugt. Herrscht im Tunnel ein natiirlicher Windzug derselben Rich- tung wie die kiinstlich erzeugte Luft- bewegung, so kann der Ventilator mit geringerer Leistung arbeiten; im Falle der Windstille oder eines naturlichen Gegenwindes mufi der Ventilator bis zu einer grofieren, beziehungsweise bis zur hochsten Leistung von 16.000 m 3 in der Minute beansprucht werden und ist dann in der Lage, selbst eine entgegengesetzte Luftstromung bis zu 3 m in der Sekunde zu iiberwinden. Den Grenzleistungen von 3 beziehungsweise 6 m Windge- schwindigkeit entspricht ein Kraftbedarf an der Ventilatorwelle von 220 bezie- hungsweise 1100 PS. Die obere Leistungs- grenze diirfte jedoch nur aufierst selten und dann nur einige Minuten hindurch in Anspruch genommen werden. Fiir den gewohnlichen Betrieb werden 4 bis hochstens 5 m in der Sekunde kiinst- liche Luftbewegung im Tunnel genugen, \velche Leistungen einen Kraftbedarf von 400 beziehungsweise 680 PS erfordern. Da die grofie Steigung von 11 pro Mille auf der Nordseite des Tunnels liegt und es sich empfiehlt, den auf der gro¬ fieren Steigung emporfahrenden Ziigen entgegenzublasen, so wurde die Ltiftungs- anlage auf die Siidseite zum Mallnitzer Portale verlegt. Die bereits vorher beschriebene, fiir den Baubetrieb auf der Siidseite des Tauerntunnels verwendete Wasserkraft- anlage in Lassach wird zur Lieferung der Betriebskraft fiir die neue Luftungs- anlage herangezogen werden. Die elektrische Sekundarstation, welche den Antrieb der Ventilatoren besorgt, soli in folgender Art zur Ausfuhrung gelangen: Der in Lassach erzeugte Drehstrom ge- langt ins neue Maschinenhaus fiir die Liiftungsanlage mit 5 000 Volt Spannung und wird dort durch Umformer auf Gleich- strom gebracht, der im Spannungsbereiche von 250 bis 500 Volt den Ventilator- motoren zugefiihrt wird. Die beiden Ventilatoren sitzen auf einer durchgehenden Welle; jeder Ventilator kann an der Aufienseite von einem Gleich- strommotor mit 680 PS Hochstleistung angetrieben werden. Zwischen den beiden Ventilatoren befindet sich noch ein dritter Gleichstrommotor von 680 PS, der nach Bedarf mit jedem der beiden Ventilatoren direkt gekuppelt und sowohl als Reserve als auch im Falle der Hochstbeanspruchung des Ventilators zur Verstarkung der An- triebskraft eines Motors herangezogen werden kann. Das Anlassen derV entilations- motoren erfolgt nahezu verlustlos durch Anderung der aufgedriickten Ankerspan- nung im Bereiche von o bis 250 Volt, das Regeln der Umdrehungszahl durch Spannungsanderung mittels Nebenschlufi- regelung im Bereiche von 250 bis 500 Volt. Die Umformeranlage besteht aus drei Aggregaten, deren jedes bei 580 Um- drehungen in der Minute 450 KW leistet; bis zu einem Kraftbedarfe von 580 PS gentigt also eine Umformergruppe, fiir hohere Leistungen bis zur Hochstgrenze miissen zwei Gruppen im Betriebe stehen. Die Schaltung ist derart vorgesehen, dafi jeder der drei Ventilationsmotoren von jedem der drei Umformer mit Strom ver- sorgt werden kann. Die gesamten maschinellen und elek- trischen Anlagen im Maschinenhause beim Tunnel und in der Kraftzentrale Lassach werden demnach so ausgestaltet sein, dafi ein ununterbrochener Tag- und Nacht- betrieb der Liiftungsarlage gewahr- leistet ist. Die kleineren Tunnels der zweiten Triester Schienenverbindung. Von den iibrigen Tunnels der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest waren hervorzuheben: Der Obernetunnel in der Strecke Afiling—Wocheiner Feistritz der Wochei- nerbahn, 1295»« lang, war im ursprung- lichen Projekte nicht vorgesehen und es ergab sich erst spater aus bautech- nischen Grunden die Notwendigkeit, die Linie daselbst im Tunnel zu fiihren. Die politische Begehung dieser Variante konnte erst im Oktober 1904 stattfinden, wodurch die Bauzeit fiir den Tunnel auf nur i x / 2 Jahre beschrankt wurde. Aller- 27B Josef Hannack. dings \var mit Riicksicht auf die Kurze der Bauzeit bereits Ende April 1904 mit dem Vortriebe' der Sohlstollen bei beiden Mundlochern und zweier, gleichfalls in der Hohe der Tunnelsohle liegender Seitenstollen vonje 140 m Lange begon- nen worden; doch bereitete der Ausbau des Tunnels, welcher einen alten, an vielen Stellen von Wasser durchtrankten Bergsturz durchfahrt, derartige Schwierig- keiten, dafi seine rechtzeitige Fertigstel- lung wiederholt in Frage gestellt war. Insbesondere zur Zeit der Schneeschmelze und lang andauernder Regenzeiten zeigte sich im Tunnel ein uberaus heftiger Was- serzudrang. Es traten daher bedeutende Auswašchungen des rolligen und sandigen Gebirges und infolgedessen starke Druck- erscheinungen, Briiche der Kronbalken und Verdrtickungen des nach der modernen osterreichischen Einbauweise hergestellten Einbaues im Vollausbruche in langen Strecken des Tunnels ein, dessen termin- gemafie Vollendung (September 1905) nur mit dem Aufgebote aufiergewohnlicher Kraftentfaltung ermoglicht wurde. Fiir die Mauerung wurde das Typen- blatt x g aufgestellt, wonach die Wider- lager aus Bruchstein, die Firstgewolbe aus Quadern oder Klinkern, die Sohlen- gew 5 lbe teils aus Quadern, teils aus Bruchstein zur Ausfiihrung gelangten. Die Quadern mufiten aus dem 20 km entfernten Steinbruche am Wocheinersee, welcher fiir die Herstellung des Wocheiner- tunnels angelegt worden war, herbeige- geschafft werden. Wegen der Kiirze der Bauzeit und der notwendigen For- cierung der Arbeiten war es aber nicht mbglich, das gesamte erforderliche Quader- material durch diesen umstandlichen Transport rechtzeitig zu beschaffen, wes- halb auch die Verwendung druckfester Klinkerziegel an Stelle der Quader ge- stattet wurde. Der Bukovo tunnel, 928 m lang, liegt zwischen den Stationen Hudajužna und Grahovo der Linie ACling—Gorz. Sowie beim Obernetunnel ist auch die Anlage des Bukovotunnels auf eine nach- tragliche \vesentliche Trassenverlegung zuriickzufiihren. Der Tunnel liegt auf etwa 270 m Lange vom Nordportal in dolomitischen und plattigen Kalken mit stellenweiser starker Wasserfuhrung; der iibrige grofiere Teil des Tunnels durch¬ fahrt in einer Langenerstreckung von 660 m schwarzen stellenweise stark driickenden Tonschiefer, der im Aussehen und in seinen Eigenschaften dem Karbon- schiefer des Karawankentunnels ahnelt. Es traten auch beim Vortriebe der Sohl- und Firststollen in der Mittelstrecke hie und da Grubengase auf. Abb. 245. Arbeitsvorgang bei der Rekonstruktion des Ringes Nr. 54 des Bukovotunnels, (i—8. Reibenfolge der Ausfiihrung.) Der Tunnelbetrieb erfolgte von der Nordseite innerhalb des Kalkgebirges nach dem belgischen, in Tonschiefer nach dem modernen osterreichischen Bau- system. Zur Gewinnung von weiteren Angriffspunkten wurde gleichzeitig ein Seitenstollen in Angriff genommen, der ungefahr in der Tunnelmitte einmundete und 120 m lang war. An der Nordseite wurde weiters am Ende der Kalkstrecke ein schmaler, 124 m langer Seitenstollen angelegt, um die aus einzelnen Schichten des Kalkgebirges zufliefienden Quellen abzuleiten und vom Tonschiefergebirge fernzuhalten, weil eine schadliche Eimvirkung der Wasser auf den Ton¬ schiefer zu befiirchten war. Indessen hatte sich der Baubetrieb durch starke Bliihungen des Tonschiefers in der Mittelstrecke des Tunnels aufier- ordentlich verzogert und es waren wiederholt Rekonstruktionen des Sohl- und Firststollens erforderlich geworden. Es mufiten sehr starke Mauerwerksprofil- Tunnelbau. 279 typen zur Anwendung gelangen, wobei ein Teil der Tunnelgewolbe wegen des bedeutenden Gebirgsdruckes und mangels geeigneten Bruchsteinmaterials aus Qua- dern hergestellt wurde. Der Versuch, in den Widerlagern einzelner Tunnelringe an Stelle des schwer zu beschaffenden Bruchsteines Stampfbeton zu verwenden, bewahrte sich nicht; die solcherart her- gestellten Ringe mufiten binnen kurzem ausgewechselt werden. Noch wahrend der Herstellung der letzten Tunnelringe zeigten sich in verschiedenen, bereits fertiggestellten Ringen des Tonschiefergebirges in ein er Erstreckung von ungefahr der halben Tunnellange grofiere Abblatterungen an Mauersteinen und Risse und Sprunge im Widerlager und Gewolbe. Besonders in der Tunnelmitte traten infolge aufierge- wohnlich starken Gebirgsdruckes derartige Verdriickungen und Zerstorungen des Mauerwerkes ein, dafi die Rekonstruktion dieser Ringe mit grofiter Beschleunigung und unter aufierst schwierigen Arbeits- verhaltnissen in Angriff genommen werden mufite. Wahrend der Rekonstruktionsarbeiten war iiberdies im Ring Nr. 54 durch plotzliche Ablosung groCerer Gebirgs- massen auf einer Rutschlasse im Berg- innern ein Verbruch des ganzen Holzein- baues dieses Ringes eingetreten, wodurch der Ring Nr. 54 ganz, die beiden Nachbar- ringe zum Teile verschiittet wurden. Der Verbruch im Ring Nr. 54 bewirkte auch eine weitere Vergrofierung des Gebirgs¬ druckes in den unmittelbar anschliefienden Tunnelringen, vrelche eine zweite Re¬ konstruktion dieser Ringe erforderlich machte. Besondere Sorgfalt erheischte hiebei die Neuherstellung des Verbruchringes Nr. 54, welche nur in kleinen Partien vorgenommen werden durfte und wobei der Holzeinbau im Lichtraumprofil dureh ein druckwiderstandiges Fullmauerwerk provisorisch ersetzt wurde. Die Rekonstruk¬ tion wurde in einzelnen Teilen nach der in Abbildung245 mit 1 bis 8 bezeichneten Rei- henfolge ausgeflihrt, und zwar in der Weise, dafi die Arbeiten nicht auf die ganze Ring- lange, sondern immer nur auf je ein Drittel derselben zur Durchfiihrung gelangten. Das Mauerungsmaterial fiir die Re¬ konstruktionsarbeiten, und zwar Quader- und Bruchsteine \vurden sowohl aus dem in der Nahe des Tunnels befindlichen Steinbruche wie auch aus den Briichen bei Merna und Plava auf der mittlerweile provisorisch eroffneten Bahnlinie zuge- fiihrt. Die Fertigstellung der Arbeiten erfolgte gegen Ende Mai 1906, also nur wenige Wochen vor der Betriebser- offnung. Ungefahr 1 km nach der Station Grahovo der Linie Afiling—Gorz—Triest setzt die Bahn schrag iiber die Bača und tritt im 168 m langen Murgrab en- tunnel in das Gebiet einer machtigen Mure, deren Material aus zahem Ton mit vielen Gesteinstriimmern besteht. An dem im Marž 1903 an der Nord- seite begonnenen Sohlstollen zeigten sich zunachst keinerlei Bewegungserscheinun- gen. Erst im Frtihjahr 1904 nach Inan- griffnahme des Firststollens traten in diesem bedenkliche Bewegungen und Verschiebungen des Holzeinbaues auf. Diese Bewegungen waren hauptsachlich durch die vom Bačabache bewirkten Unterwaschungen des Gelandefufies ver- ursacht und es wurde daher in erster Linie die Herstellung von Versicherungen dieses Fufies notwendig. Zu diesem Zwecke wurde eine starke Uferschutzmauer ausge- fuhrt, bestehend aus fiinf pneumatisch fun- dierten Pfeilern, zwischen welchen lotrecht stehende Betoneisenplatten eingefugt sind, wodurch einer weiteren Unterwaschung des Bergschuttkegels vorgebeugt und der eingetretenen Gebirgsbewegung Einhalt getan wurde.*) Oberhalb dieses Stiitz- korpers gelangte ein machtiger Belastungs- korper aus Trockenschlichtung zur Aus- fuhrung. Inzwischen waren auch in der gefahrdeten Tunnelstrecke die Arbeiten wieder aufgenommen worden. Der Einbau der Zimmerung erfolgte daselbst ab- weichend von der im ubrigen Tunnel angewendeten modernen osterreichischen Baumethode nach einem besonderen, den ortlichen Verhaltnissen angepafiten Ver- fahren mit Anwendung von Bockgestellen *) Siehe Zuffer, Trassierung, Unterbau und Briickenbau, Seite 68 ff. 28 o Josef Hannack. im Sohlstollen und zentraler Abstiitzung der ubrigen Einbauholzer, wobei noch vor dem Ausbruch des Bogenortes und der Mauerung des Gewolbes die Wider- lager in einzelnen kurzen Stucken zur Ausfiihrung kamen. Die ubrigen kleinen Tunnels der bereits demBetriebe ubergebenen Strecken der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest boten wahrend des Baues keine besonderen Schwierigkeiten und es ging der Baubetrieb teils nach dem modernen osterreichischen, teils nach der belgischen Bauweise ohne namhafte Zwischenfalle und Storungen von statten. Die Mauerung der Tunnelrohre wurde nach den Profil- typen des Tunnelbaublattes I c hergestellt. Auf der Siidrampe der Tauernbahn, welche erst im Sommer 1909 eroffnet werden soli, liegen zwolf ldeine ein- gleisige Tunnels von zusammen 4396 m Lange, deren grofiter der 881 m lange, siidlich der Station Mallnitz gelegene Dossentunnel ist. Das von diesem durchfahrene Gestein besteht teils aus mafiig gekltiftetem Hornblendeschiefer, der nur leichten Einbau erforderte, teils aus den mit Lehm vermischten Gesteins- trilmmern eines gewaltigen, stellenweise wasserfiihrenden Bergsturzes, in welchem starker Gebirgsdruck auftrat, der eines besonders kraftigen Einbaues bei Her- stellung der Tunnelrohre bedurfte. Der Bau des Tunnels wurde anfangs Februar 1906 mit dem Vortriebe des Sohlstollens an beiden Seiten begonnen und war anfangs Februar 1908 vollendet. Die Herstellung der ubrigen Tunnels dieser Teilstrecke ging in normal er Weise vor sich, wobei, den jeweiligen Ver- haltnissen entsprechend, sowohl die mo¬ derne osterreichische wie die belgische Einbauweise angewendet wurde. Die Mauerung wurde grofitenteils nach dem Tunnelbau-Typenblatt 1 c an- geordnet; nur auf etwa 900 m der Gesamtlange der Tunnels wurden die Widerlager und der untere Teil des First- gewolbes wegen Mangel eines geeigneten Bausteinmaterials nach dem Beiblatt zum Tunnelbau-Typenblatt i c mit Zuhilfenahme von Stampfbeton ausgefilhrt. Hiebei mufite jedoch fiir jene Tunnels, welche nach belgischer Bauweise her¬ gestellt wurden, der Gevrolbefufi bei Unterfangung des Firstgewolbes sorg- faltig in Bruchstein hergestellt werden. Tunnelbauten auf den ubrigen osterr. Eisenbahnen. Aufier den Tunnelbauten der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest sind noch die gleichfalls unter der Leitung der Eisenbahnbaudirektion ausgefuhrten Tun¬ nels der Vintschgaubahn zu erwah- nen, von denen der Marlingertunnel durch die Schwierigkeiten der Bau- ausfiihrung besonderes Interesse bietet. Dieser 598 m lange Tunnel liegt auf der Anstiegstrecke Meran—Toll der Vintsch¬ gaubahn in der Kehre oberhalb der Station Marling. Im Anfang Mai des Jahres 1904 war mit dem Vortriebe des Sohlstollens an beiden Tunnelseiten begonnen worden. Zunachst wurden trockene tiberla- gernde Moran enschuttschichten durch- ortert. Diese erstreckten sich an der Tunneleingangseite auf 187 m Stollen- lange, worauf eine Felsnase auf 20 m Stollenlange und sodann eine stark wasserflihrende Mulde durchfahren wurde, welche von schlammigem Moranenschutt erfullt ist. Nach 120 * Tunnellange wird die Moranenmulde, in welcher sich dem Baue die grafiten Schwierigkeiten ent- gegenstellten, wieder verlassen und neuer- dings standfester Gneisfels angefahren, welcher nun auf rund 200 m Lange an- steht. Die kurze Endstrecke des Tunnels liegt wieder in trockenem Moranenschutt. Wahrend nun im standfesten Gneis und im trockenen Moranenschutt die Her¬ stellung des Stollens und der Tunnel¬ rohre ohne nennenswerte Schwierigkeiten moglich war, traten innerhalb der Mo¬ ranenmulde sowohl bei Auffahrung des Sohi- und Firststollens wie bei Her¬ stellung des Vollausbruches durch Druck- erscheinungen, Schlamm- und Material- nachbriiche bedeutende Bauschwierig- keiten ein. Der Sohlstollen mufite infolge Auftretens von Schlamm in der gefahr- Tunnelbau. 281 deten Strecke mit halber Querschnitts- breite vorgetrieben werden und vor In- angriffnahme des Vollausbruches mufiten zur Aufklarung der Gebirgsbeschaffenheit und Trockenlegung der einzubauenden Fundamente der Tunnelrohre einzelne Sondier- und Entwasserungsstollen her- gestellt werden. Sodann wurde der Voll- ausbruch mit Amvendung eines aufier- gewohnlich starken Holzeinbaues und unter Einhaltung eines besonderen Bau- vorganges bewerkstelligt. Die in der Druckstrecke nach dem Tunnelbautypenblatt 1 k einzubauenden Tunneltypen wurden, der Beschaffenheit des Gebirges und den herrschenden Druckverhaltnissen entsprechend, um- gestaltet und mit starken Betonfunda- menten gegen den Wasserzudrang ver- sehen. Dabei konnte die Herstellung der Mauerung nur in kurzen Ringen von 4 bis 6 m erfolgen. Trotz dieser Schwierig:- keiten gelang es, den Tunnel bis Ende April 1906 zu vollenden. Unweit des Marlingertunnels der Vintschgaubahn liegt auch der 584 ' tn lange Josefbergtunnel, ein nach- traglich in die Linie eingeschalteter Tunnel, dessen Bau erst im Fruhjahre 1905 in Angriff genommen wurde. Dank der gunstigen Gebirgbeschaffenheit ging die Bauausfulirung mit Ausnahme des schwierigen Teiles beim Tunneleingange rasch von statten und es konnte der Tunnel in der kurzen Bauzeit von nur einem Jahre fertiggestellt werden. Von den weiter noch unter der Leitung der k. k. Eisenbahnbaudirek- tion im Bau begriffenen Tunnels der Lokalbahn Krems a. d. Donau—Grein und der Wechselbahn Aspang—Friedberg wird der 2459 m lange Grofi e Hart- bergtunnel in der Scheitelstrecke der Wechselbahn ein grofieres Interesse und einige Schwierigkeiten bieten, weil ftir die Auffahrung desSohlstollens maschinelle Bohrung vorgesehen werden mufite und auf der Siidseite des Tunnels auf eine nicht unbedeutende Langenerstrecltung teilweise nasser, mit Lehm und Sand durchsetzter, druckhafter Bergschutt zu durchortern ist. Der 1208 m lange Wiesenhofer- tunnel der Wechselbahn sowie die iibrigen Tunnels dieser Bahn und der Lokalbahn Krems—Grein, von welch letz- terer bereits alle Tunnels .durchgeschlagen sind, dtirften bei der weiteren Bauaus- fuhrung keine besonderen Schwierigkeiten bereiten. Bei diesem Tunnel ist ftir den ma- schinellen Sohlstollenvortrieb auf einer Abb. 246. Elektro-pneumatische Bohrmaschine System Ingersoll-Rand. Tunnelseite die in jiingster Zeit mit Vorteil verwendete elektro-pneumatische Bohr¬ maschine der Ingersoll-Rand C o. in Aussicht genommen. Dieses Sj'stem beruht auf der unmittelbaren Verbindung der pneumatischen Bohrmaschine mit einem vor Ort aufgestellten transpor- tablen Kompressor, der von einem Elektro¬ motor angetrieben wird. Die Auspuffluft der Bohrmaschine gelangt wieder in den Kompressor zurtick, fiihrt mithin einen Kreisprozefi durch, weshalb durch dieses System ein grofier Nutzeffekt erzielt wird. Die Bohrmaschine verbindet somit zweck- 282 Josef Hannack. entsprechend die Vorteile der pneuma- tischen Bohrmaschine mit denen der elektrischen Kraftiibertragung zur Arbeits- stelle. Der Vortrieb im harten Gestein erfordert zwei bis drei Maschinen von je fiinf bis sechs Pferdekraften, welche ein Gewicht von je 130 kg haben. Von den aufierhalb des Einflufi- bereiches der Eisenbahnbaudirektion durchgefiihrten grofieren Tunnelbauten in Osterreich ist zunachst besonders der 2368 m lange, schmalspurige Gosing- t u n n el derNiederosterreichischen Landes- bahn St. Polten—Mariazell—Gufiwerk hervorzuheben.*) Der Sohlstollenvortrieb dieses Tunnels wurde auf beiden Tunnelseiten im Spat- herbste 1904 begonnen, gleichzeitig wurde der Bau und die Einrichtung der Maschinenhauser ftir die einzufuhrende elektrische Bohrung im Sohlstollen beim Nord- undSiidportal in Angriff genommen. Zur Schaffung entsprechender Platze ftir den Baubetrieb waren Sprengarbeiten notig. Diese sowie der Bau der Ma¬ schinenhauser und die Aufstellung der Lokomobile und Werkzeugmaschinen nahmen jedoch infolge des zeitlichen Eintrittes des Winters einen verzogerten Verlauf. Immerhin konnte mit der elek¬ trischen Bohrung bereits im Februar 1905 sowohl an der Siid- wie Nordseite be¬ gonnen werden. An beiden Tunnelportalen gelangte je ein Hochdrucklokomobil von 2 5 PS, j e ein Drehstromgenerator und j e drei einpferdige Kurbelstofibohrmaschinen mit elektrischem Antriebe der Osterreich i- schen S i e m en s - S chucker t-Werk e auf senkrecht aufgestellten Spannsaulen zur Verwendung. Weiters wurde an der Siidseite eine Reparaturwerkstatte einge- richtet und zu dieser vom Nordportale eine fahrbare Strafie angelegt. Die Ventilation der Stollen erfolgte vermittels je eines Ventilators, \velcher frische Luft durch genietete Flanschen- rohre von 30 cm Durchmesser bis vor Ort prefite. Beide Maschinenhauser wur- den telephonisch miteinander verbunden *) Die Mitteilungen tiber diesen Tunnel sind Herrn Ingenieur Ottokar Blaschek, Bauinspektor der Niederdsterreichischen Lan- deseisenbahn-Baudirektion zu verdanken. und von diesen je eine Telephonlinie bis vor Ort gelegt. Das durchfahrene Gebirge bestand teils aus kompaktem, teils plattigem, stellenvveise zerkliiftetem Kalkstein, wel- cher stark dolomitische Eigenschaften aufwies. Auf der Siidseite wurden auch eine Sandsteinschichte, Kohlenschiefer und eine verhaltnismafiig schwache Gips- schichte angefahren; doch nur in den Kohlenschiefern zeigte sich grofierer Druck und war der Einbau einer starken Bolzung sowie die Anwendung von Druckprofilen mit Sohlengewolbe notig. Der grofite Teil des Tunnels dagegen (1600 m) ist nicht ausgemauert. Die Arbeiten wurden beim Nord¬ portale durch den Wassereinbruch des Nattersbaches, welcher sich oberhalb des Tunnels befindet, stark behindert, gingen aber von der Siidseite aus rasch vor sich, so dafi infolge dieses rascheren Arbeitsfortschrittes der siidliche Sohl¬ stollen liber den Scheitelpunkt hinaus vorgetrieben werden und zur Abfuhr der reichlich zufliefienden Wasser vom Sohl¬ stollen in die Hohe des Firststollens iiber- gegangen werden mufite. Der Stollendurch- schlag erfolgte am 4. Dezember 1905. Die durchschnittliche Tagesleistung im Sohl¬ stollen betrug 3'6 m , wahrend stellen- weise eine grofite Tagesleistung von 5 m erreicht wurde. * * * Aufier den vorerwahnten, in jiingster Zeit hergestellten Tunnelbauten soli nun noch kurz auf die wichtigsten Tunnel- bauausfiihrungen hingewiesen werden, welche in der Zeit von der Vollendung der Arlbergbahn bis zum Baubeginn der zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest, das ist in den Jahren 1884 bis 1902, bewerkstelligt wurden. Hiehergehoren: derPlattentunnel, 1392 m lang, auf der Eisenerz-Vordern- berger Bahn, mit schwieriger Partie am ostlichen Ende; ebendaselbst der Pra- bichltunnel, ungefahr 600 m lang, bei welchem einige Ringe wahrend des Baues rekonstruiert werden mufiten; der Tiirkenschanz- und der Breitensee- I tunnel der Wiener Stadtbahn, beide in Tunnelbau. 283 sehr druckhaftem Gebirge; d er J e s c h k e n- tunnel, 816 Meter lang, auf der Linie Niemes—Reichenberg der Nordbohmi- schen Transversalbahn gelegen, iiberdessen Bauausftihrung die Zeitschrift des oster- reichischen Ingenieur- und Architekten- vereines in Nr. 9 des Jahrganges 1901 einen interessanten Aufsatz des General- direktors Regierungsrates A. R o s c h e brachte; endlich in den Karpathen der Beskidtunnel, ungefahr 1800 m lang, der Woronienkatunnel, 1233 m lang, und der Mesticanestictunnel von 1621 m Lange, welcher zum Teile in derart druckhaftem Gebirge lag, dafi bei Herstellung der Tunnelrohre das Lichtraumproiil provisorisch mit Fiill- mauerwerk trocken ausgemauert werden mufite. Der letztgenannte Tunnel ist der langste in Osterreich, der in der an- gefiihrten Zeitperiode gebaut wurde. Die meisten der vorgenannten Tun- nels waren in mehr oder weniger driik- kendem Gebirge herzustellen und es wurde hiebei im allgemeinen das mo¬ derne osterreichische Einbausystem an- gewendet. Tunnelrekonstruktionen. Von besonderem Interesse sind noch die Rekonstruktionsarbeiten, welche bei alteren Tunnels im Betriebe befindlicher Bahnen, insbesondere der k. k. priv. Siid- bahngesellschaft in jtingster Zeit zur Aus- fiihrung kamen.*) Die sehr starke Vemitterung und Ab- blatterung der Ziegel in den Sem- meringtunnels, hervorgerufen insbe¬ sondere durch die schadlichen Wirkungen des Frostes in den nassen Stellen und durch die • Einwirkung der Rauchgase, welche schweflige Saure in ganz be- trachtlichen Mengen enthalten, notig- ten zu einer steten Erneuerung, welche seit dem Jahre 1900 in grofierem Um- fange unter Anwendung von Portland- zement - Stampfbeton in den Widerlagern und Stampfbetonwerkstiicken in den Ge- wolben zur Durchfiihrung gelangt. *) Diese Mitteilungen sind dem bereit- willigen Entgegenkommen der Raudirek- tion der k. k. priv. Siidbahngesell- s c h a f t zu verdanken. Diese Werkstucke werden im Mi- schungsverhaltnisse 1 : 4 und in der Grofie von vier gewohnlichen Mauerziegeln im Freien hergestellt und nach gentigender Erhiirtung auf eigenen Geriisten in die Viaduktgewolbe und in jene der Tunnels, welch letztere das Lichtraumprofil frei- lassen, eingebracht. Das Widerlagsmauer- werk im Mischungsverhaltnisse von 1 :8 wird an Ort und Stelle nach partieweisem Abtrag des Ziegelmauerwerkes und nach Abbolzung des Gewolbemauerwerkes ein- gestampft. Die Auswechslung des Gewolbe- mauerwerkes erstreckt sieh zumeist auf eine Tiefe von 60 cm, und nur dort, wo der Zustand des bestehenden Ziegelmauer- werkes es zulafit, begnugt man sich mit einer inneren Verkleidung des Gew 5 lbes aus Betonziegeln von 30 cm. Starke. Im Semmering-Haupttunnel, bei dem infolge der normalen Luftstromung aufierhalb des Tunnels die Luftung eine mangelhafte ist und sich der zer- storende EinfluC der Rauchgase auf das Baumaterial ganz besonders fuhlbar machte, wurden auch Klinkerverklei- dungen entlang der ganzen Leibung an- gewendet. Die Rekonstruktionsarbeiten erstreck- ten sich insbesondere auf den Wein- zettelfeld-, Weber-, Wolfsbergkogel-, Karntner- und Semmering-Haupttunnel. Die Gesamtlange der bis Ende 1907 ausge- wechselten Tunnelstrecken betragt 1030 m. Fur die Jahre 1908 und 1909 sind neuerdings 450 m zur Erneuerung in Aussicht genommen. In dem zwischen den Stationen Pofi- nitz und Marburg H. B. der Linie Wien— Triest gelegenen Leitersbergtunnel erfolgte die Auswechselung des Ziegel- mauerwerkes unter sonst gleichen Um- standen in Bruchsteinmauerwerk mit Portland-Zementmortel, da die Beschaffung des Steinmaterials aus dem Lorenzer Steinbruche giinstiger war. In den drei Tunnels zwischen Prager- hof und Ponigl erfolgte die Auswechselung des Ziegelmauerwerkes ebenfalls in ganzen Ringen. Im Kerschbach- und Kreuz- bergtunnel, deren Profil demjenigen des Semmeringtunnels ahnelt, werden die Widerlager aus St. Lorenzer Bruchstein, 284 Josef Hannack. die Gewolbe aus Portlandzementstampf- beton-Werkstiicken neu hergestellt, wah- rend beim Lipoglavatunnel, dessen Profil analog dem des Leitersbergtunnels ist, das Ziegelmauerwerk ausschliefilich durch Bruchsteinmauerwerk ersetzt wird. Endlich ware noch zu erwahnen die Einwolbung nicht ausgemauerter Partien des Biviotunnels nachst Nabresina und die Durchfiihrimg zahlreicher Ent- wasserungs- und kleiner Erneuerungs- arbeiten des Mauerwerkes im Innern und an den Portalen der tibrigen Tunnels. * * * Und nun noch ein Wort iiber die Zukunft des Tunnelbaues in Osterreich! Unser Vaterland ist ein ausgespro- chenes Bergland, in welchem sich der machtige Gebirgszug der Alpen und ihrer Auslaufer von der Ortlerspitze bis zur ungarischen Tiefebene und von der Donau bis zu den sildlichen Reichsgrenzen und zu den Gestaden des Adriatischen Meeres erstreckt, wozu im Norden noch die Karpathen- und Sudetenlander kommen. Die zweite Eisenbahnverbindung mit Triest war sicher nicht die letzte Bahn in Osterreich, bei welcher Tunnelbau- ten in grofierem Umfange ausgefiihrt wurden. Bei so mancher, in unserem Berg- lande noch anzulegenden neuen Bahn- linie wird man den geraden und kurzen Durchbruch durch den Berg, manchmal selbst bei Bahnen niederer Ordnung, nicht mehr scheuen und das fur den Bahn- betrieb sehr kostspielige Klettern tiber den Berg oder grofie, den Bahnverkehr ebenfalls verteuernde und den wirtschaft- lichen Wert der Bahn vermindernde Um- wege moglichst vermeiden, um so mehr, als die aufierordentlichen und stetigen Fortschritte im In- und Auslande die Lehren der Tunnelbaukunst fortwahrend bereichern und den Tunnelbauingenieur immer mehr befiihigen, den Kampf mit der Natur aufzunehmen und zu einem gliicklichen Ende zu fiihren. Die sorg- faltige Pflege der Lehren der Tunnel¬ baukunst an den technischen Hochschulen Osterreichs, eingehende geologische Stu- dien und die Vorausbestimmung der" wahrscheinlich zu durchorternden Gebirgsschichten vor Festlegung der Tunneltrasse und vor Beginn des Baues ist von hohem nationalokonomischen Werte. Auf die Wichtigkeit der Beziehungen der Geologie zu den Ingenieurwissenschaften hat iibrigens schon Hofrat Ingenieur K a r 1 J. W a g n e r in seiner im Jahre 1884 erschienenen, diesen Gegenstand betref- fenden Abhandlung hingewiesen. Der Bau neuer Bahnen wird in Osterreich noch fiir sehr lange Zeit, wie bisher, ein Gebot der wirtschaftlichen Entwicldung sein und wird damit auch fernerhin flir die Tunnelbauingenieure das treffliche Losungswort: »Durch!« noch sehr oft zur Wahrheit werden, wenn auch der Reisende, der die zweite Eisenbahn¬ verbindung mit Triest benutzt und tief in der Erde Schofi in wenigen Minuten die Statte ehemaliger angestrengter Arbeit durchfahrt, langst nicht mehr der Auf- regungen, Miihen, Gefahren und Sorgen gedenken wird, welche mit diesen Tunnel- bauten fur Ingenieure und Arbeiter ver- bunden waren. Lokomotiv- und Wagenbau. Von Karl Golsdorf, k. k. Oberbaurat im Eisenbahnministerium. Lokomotivbau. I M Jubilaumsjahre 1898 war ein halbes Sakulum verflossen seit jenem Tage, an dem die e r s t e Lokomotive, ein- gefiihrt aus England, in Osterreich in Dienst gestellt wurde. Und nur drei Jahre weniger lang war es her, dafi die Ma- schinenfabrik der Wien-Gloggnitzer Bahn, derzeit Maschinenfabrik der Staatseisen- bahn-Gesellschaft, die erste brauchbare Lokomotive, fast zur Ganze aus heimi- schem Material, mit heimischen Arbeits- kraften, fertiggestellt hatte. Kaum 50 Pferdekrafte leisteten diese Lokomotiven, und 5 ° Jahre mufiten ver- gehen, bis die Leistung auf 1000 Pferde¬ krafte gesteigert werden konnte. Nur ein Dezennium ging seither ins Land: heute steht die Dampflokomotive da, mit Lei- stungen von 1500 bis 1600 Pferdekraften. Mag ihr auch noch so oft der Untergang, die Ablosung durch die elektrische Loko¬ motive prophezeit werden, mag noch so oft die Behauptung aufgestellt werden, sie ware an der Grenze der Leistungsfahigkeit angelangt, so gibt jede neue Type immer wieder die Antwort: die Leistung der Dampflokomotive ist nur durch d a s be- schrankt, was von ihr verlangt wird. Dem Daniederliegen der industriellen Tatigkeit Mitte der Neunzigerjahre folgte international ein grofter Aufschwung. Die den Lokomotivexport in grofiem Stile pflegenden Nachbarstaaten konnten den Auftragen nicht mehr nachkommen. Da traten auch Osterreichs Lokomotivbau- anstalten wieder als Exporteure auf und errangen, wie schon so oft, die vollste Zufriedenheit und Anerkennung wegen Giite des Materials und untibertroffener Giite der Arbeit. So verheifiend waren die Aussichten fiir Inlandverbrauch und Ausfuhr, dafi im industriereichsten Kron- lande, in B o h m e n, eine neue Loko- motivfabrik entstand. Die Erste Boh- m i s c h-m ahrische Maschinenfa¬ brik — Prvni Ceskomoravska Tovarna na stroje vPraze — ge- griindet im Jahre 1871 als Fabrik fiir allgemeinen Maschinenbau, bestbekannt seit vielen Jahren durch die von ihr iiber die ganze Welt gelieferten Einrichtungen fur Zuckerfabriken, durch Briicken- und Tragerkonstruktionen aller Art und durch den Bau schwerer Stabilmaschinen, nahm im Jahre 1899 den Bau von Lokomo¬ tiven auf. Mit den modemsten Einrichtungen ausgestattet, hat die Lokomotivabteilung unter ihrem Direktor W. M ari k den ersten, von Seite der osterreichischen Staatsbahnen ihr zugekommenen Auftrag — sechs Tenderlokomotiven Serie 97*) — in so zufriedenstellender und mustergiil- tiger Weise ausgefuhrt, dafi weitere grofie Bestellungen von genannter Verwaltung bald folgten: Lokomotiven Serie 59, 73 und 9.**) Als sich im Jahre 1900 bei den oster¬ reichischen Staatsbahnen die Notwendig- keit herausstellte, fur die Strecke Wien— Prag eine starkere Type zu schaffen als die bekannte Serie 106,***) wurde die Erste Bohmisch-mahrische Maschinenfabrik mit dem Baue betraut. Diese als Serie 108 bekannt gewor- dene funfachsige Schnellzuglokomotive, *) Geschichte der Eisenbahnen der osterr,- ungar. Monarchie, II. Band, Abb:3o6, Seite 461. **) Geschichte der Eisenbahnen der bsterr,- ungar. Monarchie, II. Band, Tafel XVII, Abb. 3, Tafel XIV, Abb. 2, und Tafel XX, Abb. 2. ■***) Geschichte der Eisenbahnen der bsterr.- ungar. Monarchie, II. Band, Tafel XX, Abb. I. 288 Karl Golsdort. Abb. 247 undTafell,*) nach den Entwiirfen des Verfassers als Verbundlokomotive mit vier Dampfzylindern ausgefuhrt, ist die e r s t e vierzylindrige Verbund-Schnell- zuglokomotive Osterreichs und die e r s t e vierzylindrige Verbundlokomotive uber- haupt, an der, bei gegenlaufigem Trieb- werke (Kurbeln einer Seite unter 180 0 versetzt) solche Verhaltnisse von Zylinder- durchmesser, Verbinderinhalt und schad- lichen Raumen vorgesehen sind, dafi nur eine Steuerung filr je eine Maschinen- seite erforderlich ist. Diese Anordnung, 1903 auch auf der Osterreichischen Sud- bahn eingefiihrt. Zu derselben Anordnung der Achsen — vorderes zweiachsiges Drehgestelle, zwei gekuppelte Triebachsen und hintere Laufachse — ging auch die Oster- reichische Nordwestbahn ilber, als sie im Jahre 1901 eine starkere Loko¬ motive als ihre bisherigen vierachsigen Schnellzuglokomotiven beschaffen mufite. Diese in der Maschinenfabrik der Oster¬ reichischen Staatseisenbahn-Gesellschaft ausgefiihrte zweizylindrige Verbundloko- Abb. 247. Schnellzuglokomotive Serie 108; k. k. osterreichische Staatsbahnen. bei der iiberdies alle Zylinder in einer Ebene liegen und auf eine Achse \virken, \vurde vorbildlich filr die bald darauf entstandenen Vierzylinder -Verbundloko- motiven Siiddeutschlands (Baden und Bayern) und filr viele spater in der Schweiz und Ungarn gebauten Lokomotiven. Gelegentlich von Schnellfahrversuchen erreichte die Serie 108 mit Leichtigkeit Geschwindigkeiten bis 140 km pro Stunde und bei den Leistungsproben entwickelte sie zwanglos 1500 Pferde- krafte. Nur in unwesentlichen Teilen ver- schieden, ist diese Type seit dem Jahre *) Auf den Tafeln bedeutet: d Zylinder- durchmesser, 1 Kolbenhub, D Treibraddurch- messer, p Dampfdruck in Atm. eff., R Rost- flache, H totale wasserberilbrte Heizflache, G Dienstgewicht, A Adhasionsgewicht. motive (Abb.248) hat die Anfahreinrichtung des Verfassers. Diese Anordnung der Achsen ist, obwohl filr Lokomotiven mit derselben, nach spateren amerikanischen Ausfiih- rungen, der Name Atlantic sich ein- gebiirgert hat, doch osterreichischen Ur- sprunges.*) Atlanti c-Lokomotiven konnen, unter Einhaltung des mit Tonnen be- schrankten Achsdruckes, den der in Osterreich (mit Ausnahme der Sudbahn, die unter strenger Befolgung der im Jahre 1900 aufgestellten bindenden Be- stimmungen der technischen Verein- barungen Neulagen des Oberbaues mit ■*) Geschichte der Eisenbahnen der osterr,- ungar. Monarchie, II. Band, Seite 463. Lokomotiv- und Wagenbau. 289 schwerem Schienenprofile vornimmt) leider immer noch vorhandene und leider weiterverlegte schwache Oberbau hoch- stens zulafit, mit Kesseln von mehr als 200 Heizflache gebaut werden; sie sind daher fiir grofie Pferdekraftleistungen geeignet. Das Verwendungsgebiet dieser Type ist aber, da die Einstellung schwerer vierachsiger Wagen immer mehr zunimmt, ebenso die Einstellung von Speisewagen und direkten Kurswagen, heute nur mehr auf eigentliche Flachlandstrecken be- schrankt. Da ferner die osterreichischen Schnellziige, mit wenigen Ausnahmen — pro Stunde schon seit Mitte der Neun- zigerjahre auf vielen Bahnen Osterreichs Eingang gefunden hatte,*) auch fiir die Befčirderung ihrer raschest fahrenden Schnellziige einzufuhren. Diese funfachsige Lokomotive, Abb. 249 und Tafel II, wurde in der gesellschaftlichen Lokomotivfabrik nach deri Plan en des im Jahre 1904 in voller Manneskraft vom Tode ereilten Vorstandes des Konstruktionsbureaus E. Beutel als vierzylindrige Verbundloko- motive mit getrennten Steuerungen fiir Hoch- und Niederdruckzylinder ausge- fiihrt. Dieselbe Anordnung der getrennten Abb. 248. Schnellzuglokomotive der Osterreichischen Nordwestbahn. in zu weitgehendem Entgegenkommen der Bahnverwaltungen — vielmehr Zwischen- aufenthalte nehmen miissen als im Aus- lande, ist bei den steigenden Zugbe- lastungen die aus der Adhasion von nur zwei gekuppelten Achsen sich ergebende Zugkraft nicht mehr grofi genug, um den fiir die notige Beschleunigung (rasche Erreichung der Geschvvindigkeit) erforder- lichen Uberschufi zu geben. Das Bediirfnis nach grofierer Zugkraft, die hier nur durch Vermehrung der ge¬ kuppelten Achsen erzielt werden kann, fiihrte daher im Jahre 1902 die Staats- eisenbahn-Gesellschaft dazu, den Sechs- kuppler mit vorderem zweiachsigen Dreh- gestelle, der fiir Gebirgsstrecken und Zuggeschtvindigkeiten von 70 bis 75 km Steuerung, die sich wohl nur durch theo- retische Griinde verteidigen lafit, im Be- triebe aber zu manchen Unzukommlich- keiten fiihrt, findet sich auch an den mit gleicher Achsanordnung im Jahre 1903 gebauten Schnellzuglokomotiven der Oster¬ reichischen Nordwestbahn, von denen vier Stiick mit vier Zylindern und vier Stiick mit drei Zylindern ausgefiihrt wurden (Abb. 251). Die in England schon seit den Vierzigerjahren des verflossenen Jahr- hunderts bekannten radial einstellbaren Laufachsen kamen in Osterreich zum erstenmal an den Lokomotiven der Wiener *) Geschichte der Eisenbahnen der osterr,- ungar. Monarchie, II. Band, Tafel XIX, Abb. 12, und Tafel XX, Abb. 2. 19 290 Karl Golsdorf. Abb. 249. Schnellzuglokomotive der Osterreichischen Staatseisenbahn-Gesellschaft. Stadtbahn (1895), und von da ab fast an allen Giiter- und Gtitereilzugloko- motiven in Anwendung, und zwar nach dem Auslandvorbilde mit Riickstell- federn. Die Konklusion aber, dafi die Riick- stellvorrichtung bei gutem Oberbau nur dann fiir die Ruhe des Laufes notwendig sei, wenn diese bei nicht richtig ausge- mittelten Gegengewichten in den Radern und bei grofiem Uberhange erzwungen werden miisse, fiihrte die osterreichischen Staatsbahnen bald dazu, diese Riickstell- vorrichtungen an ihren mit richtigen Gegengewichten ausgefiihrten Loko- motiven bei Neubau nicht mehr anzu- bringen und bei bestehenden Loko- motiven nachtraglich zu entfernen. Auf Grund des durchaus giinstigen Verhaltens dieser nunmehr zivanglos frei einstellbaren Radialachsen wurde bei den Personenzug-Tenderlokomotiven, \velche im Jahre 1902 die LokomotivfabrikFlorids- dorf fiir die osterreichischen Staatsbahnen ausfiihrte, diese einfache Laufachsenkon- struktion angenommen, trotzdem diese Maschinen, welche fiir die Beforderung von Personenziigen im Lokalverkehre von Wien und fiir Personen- und leichte Schnellziige auf Gebirgsstrecken bestimmt sind, mit Geschvvindigkeiten bis 80 km pro Stunde fahren mussen. An diesen Lokomotiven (Abb. 252) wandte der Ver- fasser auch zum erstenmal Achslager- gehiiuse mit solcher Formgebung der Fiihrungsleisten an (Abb. 250), dafi die Fiihrung an den Lagerbacken nur in einem Punkte (Schnittpunkt der Abschragung der Leisten) erfolgt, wodurch dem Raderpaare voll- kommen zwangloses Anschmiegen an Gleisunebenheiten ermoglicht ist und harte Stofie, die oft mit Bruch der Tragfedern begleitet sind, vermieden werden. Diese zweizylindrigen Verbund- Tenderlokomotiven bewahrten sich so gut, dafi sie fiir fast alle Staats- bahnlinien verlangt wurden. Fine universelle Verwendung fanden sie ferner dadurch, dafi an den Liefe- rungen ab 1904 unter Zufiigung Lokomotiv- und Wagenbau. 291 einer hinteren radial einstellbaren Lauf- achse die Wasser- und Kohlenbehalter auf fast denselben Inhalt gebracht wurden, den die alteren dreiachsigen Tender auf- weisen (Abb. 253 und Tafel III). In dieser Form wurde sie auch von der Osterreichischen Siidbahnfur die schweren Personen- u. Postzuge auf der Strecke Wien —Gloggnitz in vielen Exemplaren gebaut. Dieselbe Achsanordnung wurde auch gewžihlt, als imjahre 1904 die osterreichi¬ schen Staatsbahnen an Stelle der Serie 9*) eine starkere Type beschaffen mufiten. Fiir die Wahl dieser Achsfolge war der Umstand besonders mafigebend, dafi das fiir den Rahmen eines zweiachsigen Drehgestelles erforderliche Gewicht fiir die Vergrofierung des Kessels dienlich gemacht werden konnte. Abb. 254 und Tafel IV zeigen diese nach den Planen des Verfassers in der Lokomotivfabrik Floridsdorf gebaute vier- zylindrige Verbund-Schnellzuglokomotive, fiir die sich nach in Amerika im Jahre 1895 mit gleicher Achsfolge gebauten Lokomotiven die Typenbezeichnung »Prai- rie« eingebiirgert hat.**) *) Geschichte der Eisenbahnen der Osterri- ungar. Monarchie, II. Band, Tafel'XX, Abb. 2. **) Auch diese Achsanordnung ist nicht amerikanischen Ursprunges; vgl. Geschichte der Eisenbahnen der osterr.-ungar. Monarchie, II. Band, Tafel VI, Abb. I. An dieser die Serienbezeichnung 110 tragenden Lokomotive findet sich dieselbe Anordnung der Zylinder und Steuerung wie an den Lokomotiven nach Abb. 247.*) Der Kessel hat, trotzdem der Achsdruck 14^2 t nicht uberschreitet, Abmessun- gen, die nahe an die der amerika¬ nischen Prairielokomotiven heranreichen, welche Achsdriicke von 22, ja selbst 27 t aufweisen. Im regularen Zugdienste werden Leistungen von 1300 bis 1400 Pferdekraften entwickelt. Ganz dieselbe Type, nur in Armatur und in der Bremse verschieden, fand auch auf der Osterreichischen Siidbahn und Ka- schau-Oderberger Bahn Eingang. Die guten Ergebnisse dieser osterreichischen Lokomotive mogen wohl mit Ursache ge- wesensein, dafi die vierzylindrige Prairie- Verbund-Schnellzuglokomotive auch in Italien (1907) und Ungarn (1908) in vielen Exemplaren gebaut wird. Bei der Konstruktion der Serie 110 \vurde die grofite Sorgfalt darauf verwendet, alle Bestandteile, die untergeordneten Zwek- ken dienen, so leicht als moglich aus- zufrihren, und jede so erzielte Gewichts- ersparnis fiir die Vergrofierung des Kessels zu venvenden. In Verbindung mit'der vierzylindrigen Verbundanordnung ist ■*) Die Serie 110 ist die erste vierzy- lindrige Verbund-Prair ielokomotive. Abb. 251. Schnellznglokomotive der Osterreichischen Nordwestbahn. 19* Karl Gčlsdorf. 292 Abb. 252. Tenderlokoinotive Serie 129; k. k. osterreichische Staatsbahnen. diese Type auf eine Leistung ge- bracht worden, die vorlaufig als die Grenze des bei einer fiinfachsigen Lokomotive Erreichbaren angesetzt werden soli. Ghe ga hatte im Jahre 1851 die Uber- schienung des Semmering vollbracht, mit Steigungen von 25 pro Mille, und diese Steigung gewahlt, nicht weil schon Lo- komotiven vorhanden waren, die auf diesen Steigungen die in Aussicht ge- nommenen Lasten fordern konnten, son- dern in der felsenfesten Uberzeugung, dafi der Maschinenbauer diese Lokomo- tiven schaffen konne und miisse. Keine der Preislokomotiven*) fafite am Sem¬ mering Fufi und auch nur wenige Jahre lang konnten sich die Lokomotiven von Engerth-Fischer von Rosler- *) Geschichte der Eisenbahnen der osterr,- ungar. Monarchie, II. Band, Seite 435. Abb. 253. Tenderlokoinotive Serie 229; k. k. osterreichische Staatsbahnen. Lokomotiv- und Wagenbau. 293 Abb. 254. Schnellzuglokomotive Serie HO; k. k. osterreichische Staatsbahnen. 4 4 o s tam m halten. Nach wenigen Jahren wurden sie in Achtkuppler umgebaut mit Schlepptendern, nach dem Vorbilde der von Haswell 1855 gebauten Loko¬ motive Wien—Raab.*) Fast fiinfzig Jahre hindurch hat sich der einfache osterreicbische Achtkuppler auf dem ganzen Kontinent als die beste Giiterzuglokomotive ftir Hiigelland und *) Geschichte der Eisenbahnen derOsterr.- ungar. Monarchie, II. Band, Seite 441, Gebirge bewahrt. Der von Zeit zu Zeit gemachte Versuch, mehr als vier in einem gemeinsamen Rahmen gelagerte Raderpaare durch Kuppelstangen zu ver- birden,*) fiihrte nur zu Bauarten, die wegen Komplikation oder schlechter Eig- nung fur das Befahren von Kriimmungen *) Petiet, Franzosische Nordbahn 1862, Forquenot, Franzosische Orleansbahn 1866, Klose, Wurttembergische Staatsbahnen 1889 u. s. w. Abb. 255. Giiterzuglokomotive Serie 180; k. k. osterreichische Staatsbahnen. 4 IS 294 Karl GSlsdorf. keine Verbreitung fanden und keine Wiederholung erfuhren. Die Losung dieses Problems war aber angebahnt durch die im Jahre 1884 veroffentlichten tlieoretischen Arbeiten von R. von Helmholtz, Chefkonstrukteur der Lokomotivfabrik Kraufi & Co. in Miinchen. Auf Grand dieser Theorie wurden vom Verfasser im Jahre 1901 die Plane fur den e r s t e n osterreichischen Zehnkuppler angefertigt; die Aus- fuhrung erfolgte in der Lokomotivfabrik Floridsdorf (Abb. 255 und Tafel V). D as zwanglose Durchfahren der auf den osterreichischen Gebirgsbahnen vor- auch auf der Osterreichischen Siidbahn Eingang fand, ist die Grundform ge- worden fiAr alle Zehnkuppler, die seither in Wiirttemberg, Sachsen, Preufien, Frank- reich und Schweden zur Ausfiihrung kamen. Fast alle in den letzten Jahrzehnten zur Erhohung der Leistungsfahigkeit und Sicherheit angewandten Hilfsmittel lassen sich in den Grundformen bis in die ersten Entwicklungsperioden des Lokomotiv- baues zuruckfiihren. So stammt die erste Anregung zur Verbundlokomotive her von H o r n b 1 o w e r, Mitarbeiter von W att, aus dem Jahre 1784, niedergelegt Abb. 256. Guterzuglokomotive Serie kommenden Krummungen von 180 m Halbmesser ist durch einfache seitliche Verschiebbarkeit der ersten, dritten und fiinften Achse erreicht, durch entspre- chende Verkiirzung der Achslager und entsprechende Verlangerung der Kuppel- zapfen an den verschiebbaren Achsen. Wiederholt vorgenommene Nachmessun- gen der Laufflachen und Spurkranze der Rader ergaben Abniitzungen, die im Ver- gleich zu dem bei allen anderen, unter gleichen Verhaltnissen laufenden, drei- und vierachsigen Giiterzuglokomotiven konsta- tierten Verschleifie verschwindend sind. Diese Lokomotive, Serie 180, von der heute fast dreihundert Stiick auf den osterreichischen Staatsbahnen laufen, die ; k. k. osterreichische Staatsbahnen. M in seiner Patentschrift fur einen Dampf- wagen. Die ersten Anregungen ftir den Injektor fiihren zuriick bis zum Beginn des verflossenen Jahrhunderts, in den wissenschaftlichen Arbeiten von Manourit d’Ectot. Jahrzehnte mtissen meistens ver- gehen, bis die Fortschritte in der Detail- durchbildung aus der I d e e eine 1 e b e n s- fahige Neuerung machen. Ein halbes Jahrhundert zuriick reichen die Versuche, die Uberhitzung des D a m p f e s auch an Lokomotiven anzu- wenden.*) Unter den osterreichischen Technikern ist hier \vieder H as w e 11 zu *) Oberhitzer von Quillacq-Monche- nil, 1850, ELenbahn Monterau Troyes, Vor- laufer des Schmidtschen Oberhitzers. Lokomotiv- und Wagenbau. 295 nennen, der schon im Jahre 1852 pro- j ektierte, den Dampf durch eine in der Feuer- kiste gelagerte Rohrspirale zu erhitzen. Der Mitte der Neunzigerjahre in Deutschland von W. Schmidt ausge- fiihrte Rauchkammeriiberhitzer zeigte so viele neue, im Betriebe noch nie erprobte, zu Bedenken Veranlassung gebende Ein- zelheiten, dafi die osterreichischen Bahnen, und zwar zu ihrem Vorteile, eine zu- vvartende Stellung einnahmen. Die theoretischen Vorteile des tiber- hitzten und selbst des nur vollkommen trockenen Dampfes sind aber so grofi, nung und eine nicht unbetrachtliche Uberhitzung erreicht wird. Diese in der Anschaffung billige und gar keine Reparaturkosten bedingende Einrichtung hat beztiglich wesentlicher Verminderung des Brennstoffverbrauches und Erhohung der Leistung so entspro- chen, dafi sie auch an anderen Typen der osterreichischen Staatsbahnen zur An- wendung kam, so an Serie 180, Abb. 257, und Serie 110. Auch die Buschtehrader Bahn hat diesen Dampftrockner an eini- gen Lokomotiven mit bestem Erfolge in Venvendung. Abb. 257. Giiterzuglokomotivei. Serie 1S0; k. k. osterreichische Staatsbahnen. ' ^3r dafi die osterreichischen Staatsbahnen im Jahre 1904 eine Giiterzuglokomotive mit Dampftrockner versahen. Diese vom Verfasser gemeinschaftlich mit der Lo- komotivfabrik Floridsdorf entworfene ein- fache Einrichtung (Abb. 256 und Tafel VI), deren Grundgedanke schon im Jahre 1863 von dem Amerikaner Cravvford nieder- gelegt vvurde, besteht in einer Unter- teilung des zylindrischen Kessels durch eine zweite Rohrwand. Der vordere, nur mit Dampf gefiillte Teil des zylindrischen Kessels steht durch ein weites Rohr mit dem Dome in Verbindung. Nach Offnen des Regulators stromt der aus diesem Rohre kommende Dampf, gez\vungen durch eine Ablenkplatte, um die Siede- rohre, Vobei eine vollstandige Trock- Dem Beispiele der osterreichischen Staatsbahnen folgten auch die Gotthard- bahn und die badischen Staatsbahnen durch Anbringung eines dem beschriebenen ahnlichen Dampftrockners, an den vom M a f f e i in Mtinchen (Direktor H a m- mel) 1906 und 1908 gebauten Giiterzug- lokomotiven. Der Dampftrockner kam auch in An- vvendung an einer zum erstenmal in Floridsdorf 1907 gebauten starken »Prairie« - Personenzuglokomotive der osterreichischen Staatsbahnen, die auch fiir die Beforderung von Gtiter- und Giitereil- zugen im Flachlande Vervvendung findet. Diese Type, Serie 329, die im Wesen nur eine vveitere Ausgestaltung der Serie 229 ist, vvurde im Jahre 1908 von den oster- 296 Karl Golsdorf. Abb. 258. Personenzuglokomotive Serie 329; k. k. osterreichische Staatsbahnen. 1 o 7 reichischen Lokomotivfabriken in grofierer Anzahl auch fiir die ungarischen Staats¬ bahnen gebaut (Abb. 258 und Tafel VII). Der Schmidtsche Uberhitzer hatte in- zwischen eine solche prinzipielle Aban- derung und Ausgestaltung in allen mit ihm in Zusammenhang stehenden Teilen —- Kolbenschieber, Stopfbtichsen u. s. w. — erfahren, dafi die dauernde Betriebs- sicherheit nicht mehr in Prage stand. Als im Jahre 1904 an die Lokomotiv- fabrik Kraufi in Linz die Aufforderung erging, fiir die Bukowinaer Lokalbahnen unter Einhaltung eines gegebenen Achs- druckes eine dreiachsige Tenderlokomotive mit au£>ergewohnlicher Leistung zu bauen, wandte sie den neuen Schmidtschen Siede- rohriiberhitzer an. Diese erste normal- Abb. 259. Tenderlokomotive der Bukowinaer Lokalbahnen. Lokomotiv- und Wagenbau. 297 Abb. 260. Personenzuglokomotive der Bohmischen Nordbahn. spurige Schmidtsche Heifidampflokomotive Osterreichs ist dargestellt in Abb. 259 und Tafel VIII. Unter den osterreichischen Hauptbahnen war die BohmischeNordbahn die erste, die diesen Uberhitzer einftihrte, und zwar an Personenzuglokomotiven mit drei gekuppelten Achsen und vorderer Laufachse, die im Jahre 1905 von der Ersten bohmisch-mahrischen Maschinen- fabrik gebaut vvurden (Abb. 260 und Tafel IX). Es folgte im nachsten Jahre die Aussig-Teplitzer Bahn mit einerjsi Prairietype (Abb. 261 und Tafel X), die J in der Lokomotivfabrik Wiener-Neustadt s gebaut wurde, und die nunmehr verstaat-'" lichte Nordbahn, mit Sechskupplern mit Drehgestelle, die Anfang 1907 ebenfalls von Neustadt geliefert wurden (Abb. 262). Abb. 261. Schnellzuglokomotive der Au.ssig-Teplitzer Bahn. 298 Karl Golsdorf. Abb. 262 . Schnellzuglokomotive der Nordbahn. Zur gleichen Zeit bestellte die Oster- reichische Staatseisenbahn-Gesellschaft in ihrer Fabrik viele Sechskuppler mit vorderer Radialachse, teils fur Giiter- und Gutereilziige (Abb. 263 und Tafel XI), teils fur Personenziige (Abb. 264) mit Schmidtschem Uberhitzer. Diese Heifidampflokomotiven be- wahrten sich gegentiber den in der Achsanordnung gleichen dreizylindrigen Giiterzug-Verbundlokomotiven (Abb. 265 und Tafel XII), gebaut 1903, und den vier- zylindrigen Verbund-Schnellzuglokomo- tiven nach Abb. 249 (beide Typen mit ge- trennten Steuerungen) so gut, dafi die genannte Verwaltung auch bei den im Jahre 1908 in der eigenen Maschinen- fabrik gebauten Schnellzuglokomotiven mit drei gekuppelten Achsen und vor- derem zweiachsigen Drehgestelle die Pleifidampfeinrichtung zur Anwendung brachte. Diese Lokomotive (Abb. 266 und Tafel XIII) ist insbesondere beachtenswert durcli das im Verhaltnis zur Grofie des Kessels geringe Eigengewicht. Auch die Osterreichische Nordwest- bahn hat seit 1906 eine grofiere Anzahl von Heifidampf-Giiterzuglokomotiven — Sechskuppler mit vorderer Radialachse — von der Lokomotivfabrik Floridsdorf be- zogen (Abb. 267 und Tafel XIV). Als die osterreichischen Staatsbahnen im Jahre 1902 in Wiener-Neustadt eine Bestellung auf zweizylindrige Verbund- Schnellzuglokomotiven machten, wurde dieser Ausfiihrung die Serie 106 zu Grande gelegt, jedoch solche auf eine Verminderung des Gewichtes abzielende Anderungen vorgenommen, dafi die Unterbringung der hauptsachlich die Laufachsen belastenden Uberhitzereinrich- tung bei spateren Lieferungen moglich gemacht war. Von dieser im Laufwerke und Mechanismus mit Serie 106 voll- kommen gleichen Type, die mit Serie 206 bezeichnet wurde (Abb. 268 und Tafel XV), sind in wenigen Jahren mehr als 70 Stiick gebaut worden; auch die Osterreichische Siidbahn ging auf diese Ausfiihrung iiber. Auf Grand der inzwischen im Aus- lande und in Osterreich gesammelten guten Erfahrungen mit dem Schmidtschen Siederohrtiberhitzer, wurde diese Type im Jahre 1908 mit diesem ausgefiihrt, jedoch unterBeibehaltung der Verbundanordnung. Diese e r s t e zweizylindrige H e i 6 d a m p f- V er bund - Schnellzuglokomotive (Abb. 269 und Tafel XVI) hat als er s ter Versuch in Osterreich eine Kesselverschalung aus russischem Glanz- blech erhalten. Lokomotiv- und Wagenbau. 299 Auch der im Auslande vereinzelt angewandte P i e 1 o c k sche Uberhitzer fand bei den osterreichischen Staats- bahnen 1908 an einigen Giiterzug- lokomotiven Anwendung (Abb. 270 und Tafel XVII). Dieser Uberhitzer ist ge- kennzeichnet durch eine in den Wasser- raum eingebaute, mit dem Dampfdome in Verbindung stehende Kammer, in der sich zvvischen den Siederohren Ablenk- bleche befinden, so dafi der Dampf auf seinem Wege zum Regulator die Siede- rohre auf langem Wege umkreisen mufi, wobei die Uberhitzung stattfindet. Hand in Hand mit der Entwicklung der einzelnen Typen zu immer grofierer Leistungsfahigkeit geht die Durch- bildung der Einzelteile der Lokomotive zu immer steigender Betriebssicherheit und steigender Widerstandsfahigkeit ge- gen die einwirkenden Krafte und zer- storenden sonstigen Einfiusse. Die in den industriearmen Kronlandern Krain und Dalmatien vorfindliche Kohle hat einen so grofien Schwefelgehalt, dafi bei der — aus volkswirtschaftlichen Griin- den unvermeidbaren ■— Verwendung fiir Lokomotiven, die kupfernen Feuerkisten in kurzer Zeit teils durch Abzehrung, teils durch Abscheuerung zur Auswechs- lung kommen miissen. Der Einbau von Feuerbiichsen aus Flufieisen, vvelches der schadlichen Einwirkung des Schwefels gut widersteht, fiihrte zu keinem be- friedigenden Ergebnisse, da diese Feuer¬ kisten \vegen Auftreten von Rissen, aus- gehend von den Stehbolzen, auch nur eine geringe Lebensdauer zeigen. Die Moglichkeit, derartige Kohlen ohne ernste Gefahrdung der Sicherheit und mit ertraglichen Geldopfern zu ver- feuern, bieten die Kessel nach der Bau- art von B r o t a 11, an denen die tibliche Feuerbiichse durch aus Wasserrohren ge- bildete Wande ersetzt ist. Diese Wasser- rohre sind unten in einem rohrartigen Grundrahmen, oben in einer zylindrischen Verlangerung eines auf dem Langkessel aufgesetzten Dampfsammlers eingewalzt. Auf Grand einiger bei den oster¬ reichischen Staatsbahnen in den eigenen Werkstatten vorgenommenen Probe- ausfilhrungen dieses Kessels an alteren dreiachsieren Giiterzuadokomotiven und vierachsigen Personenzuglokomotiven wurde diese Kesselform bei Neubau zum erstenmal an zwei in Floridsdorf fiir die osterreichischen Staatsbahnen gebauten Achtkupplern (1906) angevvandt. Bei einer grofieren Lieferung dieser Lokomo¬ tiven imjahre 1908 erfuhr dieser Kessel, der wegen des ki einen Wasserspiegels naturgemafi nassen Dampf liefert, durch Einbau des Seite 295 beschriebenen Dampftrockners eine Vervollkommnung (Abb. 271 und Tafel XVIII). Diese Brotanschen Rohrboxkessel, die in fast gleicher Form schon in den Abb. 263. Guterzuglokomotive der Osterreichischen Staatseisenbahn-Gesellschaft. 300 Karl Golsdorf. Abb. 264 . Personenzuglokomotive der Osterreichischen Staatseisenbahn-Gesellschaft. Sechzigerjahren von Inšpektor L i n d n e r der Osterreichischen Staatseisenbahn-Ge¬ sellschaft in Prag projektiert waren, finden in neuesler Zeit auch auf Auslandbahnen (Ungarn, Deutschland, Rufiland, Schweiz u. s. w.) probeweise Amvendung. Grofi sind die Schaden, die im Lokomotivkessel durch die Ablagerung und das Festbrennen des aus dem Speise- wasser ausgeschiedenen Kesselsteines verursacht werden. Es hat daher nicht an Bestrebungen gefehlt, Einrichtungen im Kessel unterzubringen, in denen der Kesselstein sich niederschlagt und aus denen er in geeigneter Weise leicht ent- fernt werden kann. Die von H a s w e 11 in den Sechziger¬ jahren eingeftihrten Sammeltaschen und die spater von F r i e d m a n n - S c h a u angewandten Sammeltopfe haben nur zur Fallung der dem Wasser beigemengten festen Teile, nicht aber zur Fallung der im Wasser gelosten Kalkarten und des Gipses gefuhrt. Eine von Inšpektor Brazda (oster- reichische Staatsbahnen) im Jahre 1903 Abb. 265. Guterzuglokomotive der Osterreichischen Staatseisenbahn-Gesellschaft. Lokomotiv- und Wagenbau, 301 Abb. 266. Schnellzuglokomotive der Osterreichischen Staatseisenbahn-Gesellschaft. entworfene Einrichtung, die im Wesen in einem mit diversen automatisch wir- kenden Fiill- und Entleervorrichtungen versehenen, auf den Dampfkessel auf- gebauten Oberkessel besteht, hat sich bei einigen an Lokomotiven und Stabil- kesseln angrebrachten Probeausfiihrungen vorziiglich bewahrt. Das grofie Eigen- gevvicht dieser Einrichtung ist aber ein Hindernis fiir eine ausgedehnte Anwen- dung bei den Lokomotiven; sie findet aber eine voraussichtlich rasch zunehmende Verwendung bei Stabilkesseln. Eine einfache, leichte und billige Einrichtung zur Fallung des Kesselsteines, die auch im Auslande sehr viel aus- gefiihrt wurde, ist vom Verfasser im Jahre 1904, auf Grand eingehender Vor- versuche bei Stabilkesseln, an Lokomo¬ tiven angebracht worden. Diese Ein¬ richtung, bestehend aus einem im Wasser- raum des Kessels gelagerten Kasten, in den das vom Injektor kommende Wasser eintritt und der an der Oberseite mit engen Schlitzen versehen ist, am tiefsten Punkte einen Ausblasehahn tragt, basiert Abb. 267. Giiterzuglokomotive der Osterreichischen Nordwestbahn. 302 Karl Golsdorf. auf der Tatsache, dali das aus engen Schlitzen oder Offnungen in den eigent- lichen Wasserraum eintretende Speise- wasser beim Passieren der Schlitze einen grofien Teil der gelosten Salze aus- scheidet; die ausgeschiedenen Teile bil- den einen pulverigen, durch den Ablafi- hahn leicht zu entfernenden Niederschlag (Tafel XV). Die in Osterreich zur Lokomotiv- feuerung verwendeten Kohlensorten sind, mit wenigen Ausnahmen, so leicht oder so stiickarm, dafi besondere Einrichtungen zur Verhtitung des Funkenwerfens erfor- entwerfen (Tafel XVII), der bei befriedi- gender Verhinderung des Funkenfluges die Dampferzeugung nur unwesentlich herabzieht. Dieser Funkenfanger hat bei vielen Lokomotiven der osterreichischen Staatsbahnen und osterreichischen Privat- bahnen Anwendung gefunden; auch im Auslande sind die ersten Anzeichen der Einfuhrung erkennbar. Osterreich, ftir den Weltverkehr und den Welthandel das Durchzugland von Nord nach Stid, von Ost nach West, mit seinen Gebirgsbahnen in jeder Rich- tung der Windrose, war und jist*Tiihrend Abb. 268. Schnellzug-lokomotive Serie 206; k. k. osterreichische Staatsbahnen. derlich sind. Fast 60 Jahre hindurch hat der von dem in vvurttembergischen Staatsdiensten stehenden Osterreicher Klein entworfene Funkenfanger-Rauch- fang in allen Landern und besonders in Osterreich vielfache Anwendung ge¬ funden. Dieser Klein sche Funkenfanger — ein liber demRauchrohre in entspr echendem Abstande angebrachter flacher Kegel mit turbinenartigen Leitschaufeln — ver- mindert aber, ebenso wie die in den Siebzigerjahren von den Osterreichern Ressig und Elsner entworfenen Mo- difikationen, betrachtlich die Dampf- entwicklung. Unter Anlehnung an die KI e in sche Grundform gelang es aber vor kurzem Rihosek (Baurat im Eisen- bahnministerium), einen Funkenfanger zu im Baue von Gebirgslokomotiven, die immer steigende Zuglasten mit immer steigender Geschwindigkeit zum Gipfel fiihren. Und an der Spitze steht auch Osterreich in der Ausbildung der durch- gehenden Bremse, die durch den Loko- motivfiihrer betatigt, auf den ganzen Zug einwirkend, diesen sicher zu Tale rollen lafit. Die von England her ubernommene, auf der einfach wirkenden H a r d y schen Vakuumbremse aufgebaute automatisch wirkende Vakuumbremse*) wurde Mitte der Neunzigerjahre von der Firma Gebriider Hardy in Wien so ver- *) Automatisch werden solche Bremsen genannt, die bei Zugtrennungen selbsttatig in Wirkung treten. Lokomotiv- und Wagenbau. 303 bessert, dafi sie, nach eingehenden am Arlberge 1901 durchgefiihrten Ver- gleichen mit Druckluftbremsen ver- schiedener Systeme, fur die Schnell- und Personenziige a 11 e r osterreichischen Bahnen vorgeschrieben wurde. Es war daher selbstverstandlich, dafi die osterreichischen Staatsbahnen, als Mitglied des vom Vereine Deutscher Eisenbahnverwaltungen eingesetzten Aus- schusses zur Priifung der Frage »Ein- fiihrung einer selbsttatig wirkenden Giiterzugbremse«, die selbsttatig wir- kende Vakuumbremse ihren Versuchen zu 1908 im Flachlande in der Nahe von Wien mit 100 Wagen vor einer aus den mafigebenden Vertretern samtlicher kon- tinentaler, englischer und auch iiber- seeischer Staaten zusammengesetzten Kommission durchgefiihrten, glanzend verlaufenen Probefahrten werden dauernd ein Ruhmesblatt in der Geschichte der osterreichischen Eisenbahnen bilden. Rund 2,000.000 kg oder 200 Wagen, jeder beladen mit 10 t, erreicht die-Menge des Schmieroles, das allein von den Loko- motiven der osterreichischen Staatsbahnen in e in e m Jahre verbraucht wird. Es ist Abb. 269. Schnellzuglokomotive Serie 30Č; k. k. osterreichische Staatsbahnen. Grunde legten, da nur d i e s e Bremse nach den Arlbergversuchen die fiir die osterreichischen Gebirgsbahnen unerlafi- liche, vollkommene Regulierfahig- keit unter gleichzeitiger ebenfalls un- erlafilicher Schnellwirkung in sich vereinigt. Von der Staatseisenbahn- verwaltung (Eisenbahnministerium) kraf- tig gefordert, insbesondere durch die Mitwirkung von Seite des Baurates R i h o s e k gelang es der Firma G e- bruder Hardy, die bei den Eilziigen in Verwendung stehende Bremse so auszusmstalten, dafi mit ihr Guterziig-e von 150 bis 200 Achsen stofilos ge- bremst werden konnen. Die im Jahre 1907 am Arlberge mit 75 Wagen, im Jahre daher naheliegend, dafi die Einrichtungen, welche das Schmierol sparsam an be- stimmte Stellen fiihren sollen, seit jeher die grofite Beachtung gefunden haben und dafi auch auf diesem Gebiete Oster- reichs Techniker bahnbrechend wirken. Die durch ihre Injektoren und die Fabrikation der von Amerika her iiber- nommenen Nathanschen Lubrikatoren (Sichtoler) zur Schmierung der Kolben und Schieber weltbekannte Firma A. Friedmann in Wien hat die Kon- štruktion der vom Mechanismus (Kreuz- kopf oder Kulisse oder irgend einem schwingenden Gestangteile) angetriebenen Schmierpumpen so vollkommen ausge- bildet, dafi diese Schmierpumpen die 304 Karl Golsdorf. Abb. 270. Guterzuglokomotive Serie 60; k. k. osterreichische Staatsbahnen. 4 M auslandischen mit manchen Nachteilen behafteten Schmierpressen weit tiber- treffen. Diese aufierst sparsam und wirk- sam schmierenden Pumpen finden sich an fast samtlichenneueren osterreichischen und an vielen der neueren grofien Loko- motiven des Auslandes. Sechzig Jahre zuriick reichen die Be- strebungen, durch Verwendung kleiner Lokomotiven oder von Fahrzeugen, in welchen Lokomotive und Personenwagen vereinigt sind, die Rentabilitat von Seiten- linien mit schwachem Verkehre zu er- zvvingen.*) Die neueste, Mitte der Neun- zigerjahre einsetzende Bewegung in dieser Richtung zeitigte die verschiedenen Systeme der sogenannten Motorwagen, die im Wesen nur ein Wiederaufleben der Dampfomnibusse aus den Siebziger- jahren darstellen, mit dem einzigen prinzipiellen Unterschiede, dafi an Stelle der damals meist verwendeten gewohn- lichen Siederohrkessel Wasserrohrkessel traten. Abgesehen von den in Oster- *) 1846 Bau von leichten ungekuppelten Lokomotiven von Ingenieur En gl and in London und Dampfwasen von Adams. In den Siebzigerjahren Auftauchen der Dampf¬ omnibusse von Rowan, Weifienborn, Thomas, Belpaire, Brown, Kraufi u. s. w., der Gepackraum - Lokomotive nach Elbel-Golsdorf und der meist zwei- achsigen Sekundarzug-Tenderlokomotiven. reich 1905 nur in Probeexemplaren ge- bauten oder vom Auslande bezogenen Motorwagen nach Serpollet, Tiirgan und S t o 1 1 z hat nur der von K o m a r e k in Wien gebaute Motorwagen (richtiger Komareksche Kessel bei derartigen Fahr¬ zeugen) grfifiere Verbreitung, auch im Auslande, gefunden. Bei dem Umstande aber, dafi die grofien Steigungen fast aller osterreichischen Lokalbahnen die Beigabe von Giiterwagen an den lratur- gemafi schvvachen Motorwagen aus- schliefien, ist die universelle Tenderloko- motive vom Motorwagen nicht verdrangt worden. Auf manchen Strecken der oster¬ reichischen Staatsbahnen verkehren die nurinwichtigerenKnotenpunkten haltenden Schnellziige in so dichter Folge, dafi leichte, iiberall haltende Personenziige zur Vermittlung des Zwischenverkehres nur dann durchgebracht werden konnen, wenn sie ebenso rasch fahren wie die Schnellziige. Um fiir die Fiihrung dieser leichten Lokalschnellziige, deren Ein- fiihrung voraussichtlich bald erfolgen wird, eine geeignete erprobte Lokomotiv- gattung zu besitzen, wurden im Jahre 1907 vorerst zwei Stiick leichte Schnell- zug-Tenderlokomotiven nach den Planen des Verfassers bei Kraufi in Linz ge- baut (Abb. 272 u. Tafel XIX). An diesen Lokomotiv- und Wagenbau. 305 ungekuppelten, zweizylindrigen Verbund- lokomotiven, welche vierleichte Personen- wagen auf ebener Bahn mit 100 km Ge- schtvindigkeit befordern konnen, kam zum erstenmal in Osterreich die Uberhitzung des den Receiver durchstromenden Dampfes in Anwendung, und zwar dadurch, dafi in analoger Weise wie in Sachsen von K1 i e n und in Oldenburg von R a n a f i e r der Receiver in eine grofiere Anzahl von den Rauchkasten durchziehenden Rohren zerlegt wurde. Ein Gegenstiick zu dieser leichten ungekuppelten Schnellzug-Tenderlokomo- tive bilden die schweren fiinfachsigen Tenderlokomotiven mit vier gekuppelten Achsen und hinterer Radialachse, die 1908 fiir Verschubzwecke von der oster- reicbischen Staatseisenbahn-Gesellschaft aus der eigenen Maschinenfabrik bezogen wurden (Tafel XX). Abgesehen von vereinzelten Aus- fiihrungen mit zwei. oder vier Achsen, ist der dsterreichische Tender auf drei Achson gelagert. Die nur in den einzel- nen Teilen Verschiedenheiten aufweisen- den Tendertypen aller osterreichischen Bahnen sind jedoch dadurch bemerkens- wert, dafi infolge guter allgemeiner An- ordnung das Verhaltnis zwischen Leer- gewicht und Fassungsraum an Wasser und Kohle weitaus giinstiger ist als an fast allen Auslandtendern. Weit zuriick reichen die Bestrebungen, die Wasserkrane, aus denen der Wasser- vorrat der Tender erganzt wird, so aus- zugestalten (durch drehbare Ausleger und besondere Formgebung der am Ausleger angebrachten Fiilltrichter), dafi mit einer Krantvpe die an den vielen Tendertypen in ebenso vielen verschiedenen Lagen angebrachten Fiilloffnungen er- reicht werden konnen. Die von der osterreichischen Siidbahn zuerst eingefiihrten, am Ausleger verschieb- bar angebrachten Fiilltrichter erleichtern wesentlich die rasche Nachfiillung der Tender. Eine allen Anforderungen ent- sprechende Losung dieses Problems ist aber erst dadurch geschaffen worden, dafi nach Entwurf des Verfassers die Tender mit Fiilloffnungen versehen werden, die sich iiber die ganze Lange des Ten- ders erstrecken, so dafi das fiir den Ftihrer aufierst schwierige Halten des Zuges auf einer ganz bestimmten Stelle nicht mehr erforderlich ist. Diese Einrichtung kam zum erstenmal im Jahre 1901 an einem von R i n g h o f f e r in Prag fiir die osterreichischen Staatsbahnen gebauten vierachsigen Tender (mit zwei Dreh- gestellen) zur Anvvendung. Von da an werden alle Tender der Staatsbahnen mit dieser Einrichtung, die auch auf den anderen osterreichischen Bahnen und im Auslande (Baden und Danemark) Abb. 271. Guterzuglokomotive Serie 174; k. k. osterreichische Staatsbahnen. 20 3°6 Karl Golsdorf. vielfach angenoramen wurde, versehen (Abb. 273). Bis zum Jahre 1906 fand man bei Lokomotiven mit Schlepptendern das Auslangen mit fiinf Achsen : bei Schnell- und Personenzuglokomotiven als A t- lantic- oder Prairietype oder Sechskupplermit Truckgestelle, bei Giiterzuglokomotiven als Zehn- kuppler. Das alte Motiv: »Steigerung der Belastung und der G e- schwindigkeit« drangte aber gebie- vordere radial einstellbare Laufachse (Abb. 274 und Tafel XXI). Der Kessel — zur Zeit der Erbauung — der grofite jemals auf dem Konti¬ nent ausgefuhrte, hat den Seite 295 be- schriebenen Dampftrockner. Diese Loko¬ motive, Serie 280, die auf giinstigen Strecken mit 70 km Geschwindigkeit fahren kann, zieht iiber die in26proMille Steigung liegende Ostrampe des Arl- berges Ziige von 300 t mit 30 bis 34 km Geschwindigkeit. Auch diese Type fand Abb. 272. Tenderlokomotive Serie II2; k. k. osterreicbische Staatsbahnen. terisch zum Bau von sechsachsigen Loko¬ motiven. Als die osterreichischen Staats¬ bahnen im genannten Jahre eine starkere Type als die Serie 170*) fur den Arl- berg einftihren mufiten, gelangten zum erstenmal sechs Achsen zur Anwe,ndung. Diese vom Verfasser entworfene, in der Maschinenfabrik der Staatseisenbahn- Gesellschaft 1906 ausgefuhrte vierzylin- drige Verbundlokomotive (mit gleichen Zylindern und Steuerung wie Serie 110) hat fiinf gekuppelte Achsen und eine Geschichte der Eisenbahnen der osterr.- ungarischen Monarchie, II. Band, Tafel XIX, Abb. 3. bei der Osterreichischen Siidbahn 1908 Aufnahme. Mit Rucksicht auf die Arlbergbrucken konnte dieser Lokomotive ein Achsdruck von leider nur I3’8 t gegeben werden. Nach Durchfiihrung der in Aussicht stehenden Verstarkung und Auswechs- lung der in Betracht kommenden Objekte wird diese Type durch entsprechende Vergrofierung des Adhasionsgewichtes einer weiteren Steigerung der Zugbe- lastung (auf rund 340 t ) gewachsen sein. Auch auf den westlichen und nord- lichen Hauptlinien der osterreichischen Staatsbahnen macht sich das Bediirfnis Lokomotiv- und Wagenbau. 307 nach einem Sechs- kuppler fur die mit 90 bis 100 km Ge- schwindigkeit fahren- den Schnellziige gel- tend, da auf diesen sonst giinstig tras- sierten Strecken viele und lange Steigungen voniopro Mille vor- kommen,welche in der Reisezeit zur Beigabe von Vorspannlokomo- tiven und Teilung der Ztige Anlafi geben. Zur Vermeidung dieser den Betrieb ver- teuernden Mafinah- men fiihrten die oster- reichischen Staatsbah- nen im Jahre 1908 eine neue sechsachsi- ge Schnellzuglokomo- tive ein (Abb. 275 und Tafel XXII). Diese Type, Serie 210, die in bezug auf Achsanordnung ein Novum ist (vor- dere Laufachse mit der ersten Kuppel- achse in ein Helmholtz - Drehgestell vereinigt, drei gekuppelte Achsen und hinteres zweiachsiges Deichselgestelle, in dem die erste Achse seitliche Verschieb- barkeit hat) ging, nach den Planen des Verfassers, aus der Lokomotivfabrik Floridsdorf hervor. Der Kessel, welcher mit Dampftrockner versehen ist, weist die grofiten bisher auf dem Kontinent vorkommenden Abmessungen auf. Die vier Dampfzylinder sind so angeordnet wie bei Lokomotive Serie 108. An Stelle von je einem Flachschieber fur jeden der Zylinder ist aber fur je eine Maschinen- seite n ur ein Doppelkolbenschieber vor- gesehen, mit der geringsten bis jetzt aus- gefuhrten Anzahl von Dichtungsflachen (nur vier, gegenuber sechs bis zwblf, bei anderen fremdlandischen Ausftih- rungen). Abb. 274. Gebirgsschnellzuglokomotive Serie 280 ; k. k. osterreichische Staatsbahnen. 20 * 3°8 Karl Golsdorf. Eine weitere Steigerung der Zugkraft der modernsten osterreichischen Loko- motiven ist nur moglich, wenn nach der, bei der Osterreichischen Sudbahn auf den Hauptstrecken fast ganz durchgefiihrten, bei den anderen Bahnen im Zuge befind- lichen Auswechslung des schwachen Ober- baues und nach Verstarkung vieler Briicken, ein Achsdmck von 16 Tonnen zur An- wendung kommen kann. Fur eine weitere Steigerung der Ge- schwindigkeit auf den vielen Rampen, bei gleichbleibender Zugbelastung, sind aber die Mittel gegeben durch Anbrin- gung von Dampfiiberhitzern an den vier- zylindrigen Verbundlokomotiven. Die der- fahrzeuge. Mit Ausnahme der in der Jury vertretenen, somit hors concours er- klarten Firma Kraufi in Linz, errangen, wie 1900 in Pariš, samtliche osterrei¬ chischen Lokomotivfabriken den Grand Prix, und zwar die Erste bohmisch- mahrische Maschinenfabrik fur eine Loko¬ motive Serie 108, die Lokomotivfabrik Floridsdorf fur eine Lokomotive Serie 110, die Maschinenfabrik der Staatseisen- bahn-Gesellschaft fur eine Lokomotive Serie 280 und die Lokomotivfabrik Wiener-Neustadt fur eine Lokomotive Serie 180. Die osterreichischenLokomotivfabriken waren im letzten Jahrzehnt im allgemeinen Abb. 275. Schnellzuglokomotive Serie 210; k. k. osterreichische Staatsbahnen. zeit fur die osterreichischen Staatsbahnen im Bau befindlichen Lokomotiven Serie 110 und Serie 280 erhalten daher auch den Schmidtschen Uberhitzer, so dafi Lei- stungen, die an 2000 Pferdekrafte heran- reichen, demnachst zu erwarten sind. Auf den im letzten Jahrzehnt veran- stalteten grafiten europiiischen Ausstellun- gen, in Pariš 1900 und Mailand 1906, traten nicht die osterreichischen Bahnen, wohl aber die osterreichischen Lokomotiv¬ fabriken als Aussteller auf, und zwar hauptsachlich mit Typen der osterrei¬ chischen Staatsbahnen. Fur den Fachmann besonders inter- essant und bei allen Gebildeten Aufsehen erregend war in Mailand 1906 die in einer besonderen Halle untergebrachte Aus- stellung der osterreichischen Eisenbahn- so gut beschaftigt, nicht allein fiir das Inland, sondern auch fiir andere Staaten (Ungarn, Italien, Frankreich, Agypten, Rumanien und Bulgarien), dafi in etwa ein bis zwei Jahren die Lokomotivfabriken Neustadt, Maschinenfabrik der Staats- eisenbahn-Gesellschaft, Floridsdorf, Kraufi und Erste bohmisch-mahrische Maschinen¬ fabrik auf die Fertigstellung der 5000., 4000., 2000., 1000. und 500. Lokomotive zuriickblicken konnen. Nahezu eine Milliarde betragt der Anschaffungswert der bisher aus Osterreichs Fabriken hervor- gegangenen Lokomotiven. Trotz Steige¬ rung des Preises ali er Rohmaterialien, Steigens der Lohne und der von den Fabriken zu tragenden Abgaben und Zu- schiisse fiir Wohlfahrtseinrichtungen ist der fiir die Gewichtseinheit gezahlte Preis Lokomotiv- und \Vagenbau. 309 im letztenj ahrzehnt fast stationar geblieben, infolge der Verbesserungen, die alle Fabrikenin den maschinellenEinrichtungen vornehmen, und der Bestrebung der Kon- strukteure, den Einzelteilen solche Formen zu geben, dafi deren Fertigstellung unter moglichster Vermeidung der teuren Hand- arbeit fast ausschliefilich auf den Werk- zeugmaschinen erfolgen kann. Den richtigsten Mafistab aber ftir den gewaltigen Fortschritt im Lokomotivbau gibt der Vergleich des in den einzelnen Entwicklungsstufen fur die Leistungs- einheit — Pferdekraft •— aufgewandten Gewichtes. Mehr als 300 kg Eigengewicht waren an den altesten Ssterreichischen Lokomotiven fur dieLeistung einer Pferde¬ kraft erforderlich; bei den heutigen vier- zylindrigen HeiMampfriesen ist dieser Wert auf 40 kg gesunken. Dreifiigmal leistungsfahiger, fiinfmal schwerer im ganzen, jedoch siebenmal leichter auf die Leistungseinheit bezogen sind die heutigen Lokomotiven im Ver- gleiche zu denen aus dem Anfang der Vierzigerjahre. Zwei Generationen von Technikern haben an ihrer Entwicklung das beste Wissen und Konnen eingesetzt. In der Aufstellung neuer Typen war und ist Osterreich bahnbrechend und vorbildlich sind viele Einzelteile und Anordnungen fur den ganzen Kontinent ge\vorden. Eingeengt in der Ent\vicklung durch einen nur 14V2 Tonnen Achsdruck zu- lassenden Oberbau, gez\vungen zuKesseln grofiter Abmessungen durch einen nur mittehvertigen Brennstoff und behindert in der Entfaltung grofiter Leistungsfahig- keit durch eine Reihe lahmender behord- licher Vorschriften, steht die osterrei- chische Lokomotive da, in der Gesamt- leistung selteniibertroffen durch die schwersten Auslandlokomotiven, aber ni e erreicht beziiglich des geringen ftir die Leistungseinheit erforderlichen Eigen- gewichtes. Wenn auf irgend einem Gebiete des menschlichen Ringens und Schaffens, so ist auf dem Gebiete des Lokomotiv- baues das Wort am Platze: p er as'pe’ra ad astra! 3io TAFEL I TAFEL II. ti 1—1 Q &K K O -< o o O ~T~^ . • i—< O CN M VO .H vo ^-r o h« n n 1-1 H vO rf ■a ~ Q KOC 2800,-4--1215.-«+*-1000. 314 TAFEL V T 3 a 3 m o ) vO CO iti o S 4-* <1 | «&« M O O O 'nT ro o O o 'O VO 04 vO vO ^ ~ Q &«KO< I 3 M -^-CtoIZ TAFEL VI. 315 2233 316 TAFEL VII. TAFEL VIII. 317 ~ q p-ianjotc TAFEL X 319 £ - 8 8 o r? ■o g. vQ ^ o m h- O vp p fo '•b On ffi S " I s o ^0 Q p*X X O 22 t3-q a« k o <( 21 * 324 TAFEL XV. 3385 . .■4650 326 TAFEL XVII. TAFEL XVIII. 327 328 TAFEL XIX TAFEL XX. 329 330 TAFEL XXI 3f20--p-5236 TAFEL XXII. 331 n ^ S T 0 O O 3 . Selz- tal, weiters kamen die vom Staate ein- geloste Kaiser Ferdinands-Nordbahn und die von ihr betriebenen Bahnlinien in die staatliche Betriebsfuhrung. Endlich sind in dem in Rede stehenden Jahrzehnt 95 Lokal- bahnen im Staatsbetriebe zur Eroffnung gelangt. Die Betriebslange ist demnach mit Be- ginn des Jahres 1908 auf 15.033 km ge- stiegen; die Zu¬ nahme betragt 46%. Die Ent- wicklung des staatlichen Jahr 1856 1860 1865 1870 1875 1880 1885 1890 1895 1900 1905 1907 Abb, 278, Entwicklung des mit Ende 1907 im Staatsbetriebe gestandenen Bahnnetzes. 1. mit Riicksicht auf die BetriebserofFnung der einzelnen Bahnlinien; 2. mit Riicksicht auf die Einbeziehung der einzelnen Linien in den Staatsbetrieb. Entwicklung des Betriebes. 353 Millionen Kronen 500 Abb. 279. Finanzielle Ergebnisse der k. k. osterreichischen Staatsbahnen in den Jahren 1898—1907, h6here Leistung. Diese Steigerungen er- scheinen unverhaltnismafiig hoch, weil durch den Zuwachs der Nordbahnlinien mit ihrem ganz hervorragend grofien Verkehre die ftir das Jahr 1907 erstellten Daten iibertrieben grofi ausfallen. Ein richtigerer Vergleich der Betriebsleistun- gen ergibt sich bei Reduktion auf den Kilometer Betriebslange. Danach entfallen: 1898 1907 1335 1826 Auf 1 km Tausend Br.-Tonnklm. Betriebslange 1898 i9°7 5798 6861 Zugkilometer. Die daraus sich ergebenden Zu- nahmen ftir 1907 gegeniiber 1898 machen bei den Brutto-Tonnenkilometern 37 °/ , bei den Zugkilometern 18°/ 0 aus. Zur Bewaltigung dieser Leistungen waren im Jahre 1898 2226, im Jahre 1907 3865 Lokomotiven zur Verfiigung. Die durchschnittliche Belastung der Ziige im allgemeinen ist von 230 auf 266 Tonnen gestiegen. Bei der Steigeruno- des durchschnittlichen Zuggewichtes ist besonders jene der Schnellziige von 126 auf 170 Tonnen und der Personen- ziige von 105 auf 125 Tonnen pro Zug hervorzuheben. Zu den wichtigsten Verfrachtungs- artikeln der osterreichischen Staatsbahnen gehOren Braun- und Steinkohle, Getreide und Holz. Im Jahre 1898 wurden 10 Millionen Tonnen Kohle und 5 - 8 Millionen Tonnen Getreide und Holz verfrachtet. Im Jahre 1907 betrugen (exklusive Nordbahn) diese Men- gen 13’7 Millionen Tonnen ftir die Kohle und 6'8 Millionen Tonnen an Getreide und Holz. Im Jahre 1907 wurden 4004 Millionen Achskilometer auf dem Gesamtnetz der osterreichischen Staatsbahnen geleistet; 1898 betrug diese Ziffer nur 2167. Durch Reduktion auf den Betriebskilometer er- geben sich 26.600 gegen 22.600 Achs¬ kilometer. Der Personenverkehr hat besondere Pflege durch Vermehrung der ih m ge- widmeten Ziige gefunden. Die Vorsorgen ftir diesen Verkehr sind aber auch von Jahr zujahr gestiegen; 1898 wurden in- folge Zugsvermehrungen 830.000, 1907 23 354 Heinrich Graf. aus demselben Anlasse 2,135.000 Zug- kilometer mehr geleistet als in d en be- treffenden Vorjahren. Die Zahl der Reisenden hat 1898 51'5 Millionen, 1907 8o‘2 Millionen betragen; die hieraus erzielten Einnahmen haben im Jahre 1898 55 ' 3 , im Jahre 1907 ior6 Millionen Kronen ergeben. Ins- besondere bei den Schnellziigen hat sich in den letzten Jahren die Frequenz be- sonders gehoben; auch die Lange des durchschnittlich von jedem Reisenden durchfahrenen Weges ist gestiegen; sie betrug 1898 38, im Jahre 1907 46 km. Die Frequenzzunahme betrifft vor- nehmlich die dritte Wagenklasse und steht mit der vermehrten Fuhrung dieser Wagenklasse bei den Schnellziigen der osterreichischen Staatsbahnen im Zu- sammenhange. Die Schnelligkeit der Personen- beforderung hat ebenso wie die den Reisenden gebotene Bequemlichkeit an- erkennenswerte Fortschritte gemacht. Vor zehn Jahren gab es nur einzelne Luxusziige, welch.e mit der Hochst- geschwindigkeit von 90 Stundenkilometern in Verkehr gesetzt wurden, die durch Vorschriften normierte Hochstgeschwin- digkeit betrug damals 80 Stundenkilo- meter. Heute ist die Geschwindigkeit von 90 Stundenkilometern bei Schnell- ziigen allgemein angewendet und der Weg bereits betreten, um dariiber hinaus bis 100 Stundenkilometer zu gehen. Die Konstruktion derWagen fiir den Schnell- verkehr wurde ohne kleinliche Bedenken auf die damit verbundene VergrčLerung des Wagengewichtes verbessert; in den Schnellziigen sind bis auf wenige Aus- nahmen nur mehr vier- oder noch mehr- achsige Wagen zu finden. Der Kurs von Speise- und Schlafvvagen fand besondere Verbreitung, die Exprefi- und Luxus- zugverbindungen zweckmafiige Aus- gestaltung. Die Beschaffungskosten der Personen- wagen sind 1898—1907 von 58 auf 104 Millionen Kronen gestiegen, jene der Giiterwagen von 141 auf 281 Mil¬ lionen Kronen. Allerdings ist in diesen Ziffern pro 1907 jene Wertvermehrung enthalten, welche durch Hinzurechnung des Fahrparkes der Nordbahnlinien sich ergibt. Es wird deshalb empfehlenswert sein, den Vergleich mit dem Jahre 1906 anzustellen, in welchem derBeschaffungs- wert der Personemvagen der Staats¬ bahnen ohne Nordbahn 80 Millionen, der Giiterwagen 195 Millionen Kronen betragen hat. Die graphische Darstellung (Abb. 279) zeigt die Entwicklung der Gesamt- einnahmen, Ausgaben und des Rein- ertrages fiir die letzten zehn Jahre. Bei ansteigenden Einnahmen hat der Uber- schufi in den Jahren bis 1900 einen Riickgang gezeigt, befindet sich aber seither in stetigem Ansteigen und be- ziffert sich fiir 1907 mit I22'8 Millionen Kronen, gleich 25 - 6°/ 0 , die Ausgaben beziffern sich fiir das letzte Jahr mit 355’9 Millionen Kronen und stellen sohin 74 - 4°/ 0 der Gesamteinnahme dar. Bei der grofien Bedeutung, welche den Lokalbahnen schon wegen ihrer finanziellen Riickwirkung auf die mit- interessierten Kronlander zukommt, war es eine der vornehmsten Sorgen der staatlichen Eisenbahnverwaltung, die Betriebfiihrung auf den von ihr ver- walteten Lokalbahnen — und dies ist die iiberwiegende Mehrzahl aller aus- gefiihrten Bahnlinien solcher Art — unter tunlichster Wahrung der Okonomie einzurichten. Die in dem letzten Jahr- zehnt zu verzeichnende Ausdehnung des Netzes solcher Lokalbahnen, deren Be- trieb nach den einschlagigen gesetz- lichen und Konzessionsbestimmungen dem Staate zufiel, hat die Wahrnehmung dieser Vorsorgen zur unabweisbaren Pflicht gemacht. Die in dem Zeitraume von 1898 bis 1907 erzielten Resultate konnen aber auch mit Befriedigung ent- gegengenommen werden. 1898 waren 1733 km solcher Bahnen im Betriebe, die eine Gesamteinnahme von 9’5 Millionen Kronen aufwiesen, wahrend die Ausgaben 6 - 9 Millionen Kronen erforderten; der Uberschufi be- trug 2'6 Millionen Kronen und der Betriebskoeffizient — berechnet nach den Gesamtausgaben im Verhaltnisse zu den Gesamteinnahmen — war 72. 1907 standen 4363 km Lokalbahnen im Staatsbetriebe, die Gesamteinnahme belief sich auf 28^9 Millionen Kronen, Entwicklung des Betriebes. 355 _£. 6 *' n* Abb, 280. Auf das Bahnkilometer pro Tag durchschnittlich entfallende Bruttotonnen aut der Nordbahn (1907). 356 Heinrich Graf. die Ausgaben betrugen i 8‘9 Millionen Kronen, der verbleibende Uberschufi be- zifferte sich mit io Millionen Kronen und der Betriebskoeffizient ist auf 65'7 herabgesunken. DieLinien derKaiserFerdinands- Nordbahn weisen in der mit demjahre 1897 beginnenden zehnjahrigen Periode eine stetige, nur durch mafiige Ruck- schlage unterbrochene Entwicklung auf. Auf Grand des Gesetzes vom 31. Ok¬ tober 1906, RGB. Nr. 212, wurden diese Bahnlinien vom Staate ins Eigentum ubernommen oder sind — soweit sie nicht Gegenstand der Nordbahnkon- zession waren, wie die Montanbahn, die Ostrau-Friedlander Eisenbahn und mehrere in privatem Besitze befindliche Lokalbahnen — in die staatliche Betrieb- fiihrung iibergegangen. Dieses Gesetz war mit ruckwirkender Kraft ausgestattet, so dafi ab 1. Janner 1906 bis zum Schlusse dieses Jahres die Privatverwaltung der Nordbahn die Betriebfiihrung fiir Rechnung und Ge- fabr des Staates weiterbesorgt hat. Am 1. Janner 1907 begann die neuerrichtete k. k. Nordbahndirektion ihre Wirksamkeit. An die Spitze dieser Verwaltungs- stelle wurde ein Direktor gestellt und ihm drei Stelivertreter, je einer fiir den technischen, administrativen und kommer- ziellen Dienst beigegeben. Das Liniennetz der Nordbahn hat in dem Jahrzent 1897/1906 eine nur ganz geringfugige Erweiterung erfahren; im Jahre 1898 ist die Lokalbahn Petrowitz- Karwin, im Jahre 1900 die Linie von Lundenburg bis an die ungarische Grenze bei Kutti zugewachsen. Die im Jahresdurchschnitte gerechnete Betriebslange ist von 1356 (Jahr 1897) auf 1381 km (Jahr 1906), also nur um i'9°/ 0 gestiegen. Auch die Erweiterungen, welche in den Stationen und auf den Manipulations- platzen durchgefiihrt worden sind, waren durchweg in sehr bescheidenem Umfange gehalten und entsprachen durchaus nicht den von Jahr zu Jahr gesteigerten Anspriichen des Personen- und Sachen- transports. Fiir den Personendienst sind an gro- fieren Bahnhofsbauten jene in Floridsdorf, Lundenburg, Ungar.-Hradisch, Briinn, Olmiitz, Oderberg und Krakau erwah- nenswert, ohne dafi jedoch diese Bauten in einer den Vorsorgen fiir die wachsenden Anspriiche der nachsten Jahre entspre- chenden Art zur Ausfiihrung gelangt waren. In der zweigleisigen Strecke Wien—Krakau war bis 1906 das 24 km lange Stiick Ošwi§cim—Trzebinia ein- gleisig. Mit der im September dieses Jahres erfolgten Betriebseroffnung des letzten Teilstiickes von Ošwi§cim nach Chelmek ist endlich dem langverfolgten Wunsche der Regierung Rechnung getragen und eine durchgehende zwei- gleisige Verbindung von Wien iiber Krakau und Lemberg bis Zloczow geschaffen worden. Das Zuriickbleiben der Bahnanlagen gegeniiber den Bedtirfnissen ist in erster Linie der Taktik der Privatverwaltung zuzuschreiben, welche angesichts dermog- lichen und 1906 auch eingetretenen Ein- losung der Nordbahnlinien vermeiden zu miissen glaubte, Investitionen in grofierem Umfange zu machen, deren Kosten die Privatunternehmung b elasten, deren Nutzen aber erst dem Staate als Nachfolger im Besitze zu gute kommen wiirde. Es ist hier nicht der Platz zu untersuchen, inwieweit diese ziemlich allgemein ver- breitete Anschauung berechtigt ist; der Anlafi darf aber nicht versaumt werden zu dem Himveise, dafi die Verzogerung notwendiger Investitionen die Privatver- waltung bemiifiigt, jahrelang auf unzurei- chenden Manipulationsplatzen mit un- geniigenden Mitteln einen aus diesen Ursachen unrationellen und deshalb teueren Betrieb zu fiihren, hiedurch dem eige- nen Interesse — eine moglichst hohe Rente zu erzielen — wirksam entgegen zu arbeiten. Die Wirkungen der nicht rechtzeitig gemachten Investitionen sind um so empfindlicher, als die Nachholung des Versaumten geraume Zeit erfordert, inner- halb welcher das natiirliche Wachstum des Transportbediirfnisses weitere Fort- schritte macht. Daraus entstehen tiefe wirtschaftliche Schaden, welche in den Klagen der industriellen Vereinigungen, in parlamentarischen Interpellationen etc. Ausdruck finden. Entvvicklung des Betriebes. 357 Innerhalb der zehn Jahre 1897 bis 1906 ist die Leistung an Zugkilometer um 26%, jene der Brutto-Tonnenkilometer um 39 °/o) der Wagenachskilometer um 31% und der Personenkilometer um 27°/ 0 auf der Nordbahn gestiegen. Die Einnahmen sind in dieser Periode von 76'7 Millionen auf io 4'8 Millionen, d. i. um 37% hinaufgegangen. Die Verkehrssteigerung betrifft, wenn- gleich dieZunahme des Personenverkehres keine unwesentliche war, der Hauptsache nach den Giiterdienst und vornehmlich den Kohlenverkehr. Im Jahre 1906 betrug die Einfuhr aus Preufien 3'2 Millionen Tonnen, die Verfrachtung aus dem Ostrau-Karwiner Reviere 3'4 Millionen Tonnen, auf son- stige Kohlensorten aus dem Ausland und dem Ruhrgebiete entfielen o - 2 Millionen Tonnen, so dafi der gesamte Kohlen¬ verkehr 6'8 Millionen Nettotonnen oder 544.000 Wagenladungen ausgemacht hat. Gegeniiber dem Vorjahre 1905 haben die Kohlentransporte allein ein Amvachsen um 10% aufgewiesen, und das fol- gende Jahr 1907 (Zunahme i6°/ 0 ) wie auch das zurzeit nicht abgeschlossene Jahr 1908 gehen von der stark anstei- genden Tendenz nicht ab. Dieser wichtigste Teil des Frachten- verkehres wickelt sich von den Einbruch- stationen, als deren bedeutendste Ostrau und Oderberg in Betracht kommen, in der Richtung gegen Wien ab. Dadurch ergeben sich sehr verschiedene Belastungen der einzelnen Teilstrecken der zwei- gleisigen Hauptbahn. Die geringste Belastung weist die Strecke Oderberg—Krakau auf, fiir welche die transportierte Bruttolast zwischen 5*1 und 9'6 Millionen Tonnen betragt; am meisten in Anspruch genommen ist die Strecke M.-Ostrau—Schonbrunn mit 17-4 Millionen Tonnen, dann folgen die ubrigen Teilstrecken bis Wien mit 17-3 bis 13-4 Millionen Tonnen. In der graphischen Darstellung auf Seite 355 sind fiir das Jahr 1907 jene t a g 1 i c h e n Belastungen an Bruttotonnen angegeben, welche auf die einzelnen Teil¬ strecken, nach dem Durchschnitte berechnet, entfallen. Auch aus dieser Darstellung ist zu ent- nehmen, dafi die Strecke Mahr.-Ostrau— Prerau die hochste Inanspruchnahme auf- weist. Allein auch die ubrigen Teil¬ strecken der Hauptlinie, insbesondere gegen Wien, weisen ganz erhebliche Be¬ lastungen auf. Schon die oberflachliche Besichtigung dieser Darstellung diirfte, wenn man sich die Leistungsquoten auf anderen zwei- gleisigen Linien vor Augen halt, den Ge- danken wachrufen, dafi eine weitere Ver- kehrsentwicklung die Bewaltigung auf nur zwei Gleisen in Frage stellen wird. Die im Zuge befindliche Ausgestal- tung der Nordbahnlinien, zunachst der zweigleisigen Hauptlinie, wird die Schaf- fung einer neuen Stationsanlage mit beider- seitigen Verschubbahnhofen in Strafihof, die Herstellung eines neuen Rangier- bahnhofes in Prerau, den Bau eines neuen Vorbahnhofes in Oderberg und Erwei- terungen in Mahr.-Ostrau, Dzieditz und Krakau, wie endlich die Einschaltung neuer Stationen durch Umgestaltung von Haltestellen in voli ausgestattete Ver- kehrsstationen in sich schliefien. Andere Erweiterungen auf den Seiten- linien, insbesondere auf solchen, welche im Falle der Bedrangnis der Hauptbahn als Hilfswege zu funktionieren berufen sind, sollen sich anschliefien. Die Verkehrsverhaltnisse der Nord¬ bahn lassen jedoch heute schon erken- nen, dafi mit diesen Erweiterungen und Erganzungen, so notwendig sie sich er- weisen, nicht jener Zustand geschaffen wird, welcher die klaglose Abwicklung des Betriebes auf einige Jahre hinaus als gesichert erscheinen lafit. Die friiher angegebenen Verkehrs- intensitaten werden von keiner anderen zweigleisigen Eisenbahnlinie erreicht. Die derzeit ins Auge gefafiten Vergrofierungen bestehender oder Anlage neuer Stations- platze bieten nach ihrer Fertigstellung doch immer nur S t a t i o n s anlagen, auf welchen die Zuge manipuliert und bis zu ihrer Abfahrt bereitgestellt werden konnen. In kurzem mufi aber der Zeitpunkt ein- treten, zu welchem die Inbewegung- setzung der Ziige daran ein Hindernis finden wird, dafi auf der z w e i gleisigen Linie die aus dem Anwachsen des Trans- 358 Heinrich Graf. portbedurfnisses sich ergebende grofiere Zahl von Ziigen nicht mehr durchgefilhrt werden kann. Wie nahe dieser Zeitpunkt liegt, mag aus den Schwierigkeiten ersehen werden, mit welchen an einem Tage der hochsten Verkehrsmtensitat die Abwicklung des Zugverkehres in der starkstbelasteten Strecke zu kampfen hatte. Die nebenstehende Darstellung (Abb. 28 j) stellt den Verkekr der Ziige fur beide Fahrtrichtungen der Strecke Prerau — Mahr.-Ostrau dar, wie er am 15. Marž 1908 tatsachlich erfolgt ist. Diese auf Grund der Stundenpasse der einzelnen Ziige verfafite Darstellung zeigt die zahlreichen Verhaltungen, Verzogerungen und Sto- rungen, welche ausnahmslos auf alle Giiterzuge, aber auch auf die Personen- und vereinzelt selbst auf Schnellztige sich erstreckten. Es lassen sich in diesem Bilde wieder- holt Stellen finden, welche zwischen zwei Stationen eine soleh dichte Aufeinander- folge von Ziigen aufweisen, dafi die An- haltung des ersten Zuges vor dem Ein- fahrsignal einer Station automatisch eine Reihe von Anhaltungen der nachfahrenden Ziige bei den folgenden Raumabschlufi- signalen auslost. Wenn aber die kleinste Unregelmafiigkeit an einer Stelle hinreicht, um die Beivegung einer ganzen Strecke zum Stillstand zu bringen, so bedarf es keines weiteren Beweises dafiir, dafi eine solehe Bahnlinie an der Grenze des Moglichen sich befindet und eine hohere Leistung ihr nicht zugemutet werden kann. Der Ausrveg ist nur durch Ausfuhrung eines dritten Gleises in der Strecke Wien bis Oderberg zu finden. Die Frage der Betriebfiihrung auf einer dreigleisigen Strecke bringt allerdings einige Schwie- rigkeiten mit sich. Einerseits handelt es sich danim, eine moglichst gleiche Aus- niitzung der drei Gleise zu finden, ander- seits mufi unter tunlichster Anlehnung an die vorhandenen Stationsanlagen die Einrichtung so getroffen werden, dafi die fiir den Personenverkehr bestimmten Raume und Perrons sowie die fur den Giiterdienst vorgesehenen Magazine, Ram- pen, Rangierpliitze von den betreffenden Zuggattungen leicht, ohne gegenseitige Entwicklung des Betriebes. 359 Behinderang und bei Wahrung der vollen Betriebssicherheit erreicht werden konnen. Die friiher erwahnte gleicbmafiige Be- niitzung der drei Gleise wiirde zu der Anordnung veranlassen konnen, auf allen drei Gleisen Giiterziige, auf zwei von ihnen Personenztige zu befordern. Diese Anordnung empfiehlt sich aber nicht, ja sie mufi, vom Standpunkte der Betriebs¬ sicherheit beurteilt, als nicht unbedenklich bezeichnet werden. Fiir eine zweckmafiige Losung wird jene erachtet, welche auch auf der offenen Strecke die vollstandige Trennung des Personen- vom Giiterdienste ermbglicht; dies ist aber nur dann zu erreichen, wenn der Personenzugverkehr auf e i n e m Gleis, der Guterzugverkehr auf den beiden iibrigen Gleisen abgewickelt wird. Der Fahrplan der Schnell- und Personen- ziige der Nordbahn ist ein solcher, dafi ohne wesentliche Verschiebungen der Ziige die eingleisige Abwicklung als moglich sich ergibt. In der Studie (Abb. 282), welcher der Sommerfahrplan 1907 zu Grande gelegt ist, der gegeniiber dem bestehenden Fahrplane geringe Ande- rungenzeigt, ist jene Verschiebungderper- sonenfuhrenden Ztige gekennzeichnet, um die eingleisige Durchftihrung zu ermog- lichen. Vorausgesetzt ist dabei die Ausfiih- rung einiger Kreuzungs- und Vorfahrsta- tionen, deren Herstellung iibrigens auch fiir den heutigenBestand als notwendig erkannt und in Aussicht genommen wurde. Und so tritt die Nordbahn in das nachste Jahrzehnt ein in voller Bautatig- keit begritfen, um alte Versaumnisse gut- zumachen und mit dem Ausblicke auf eine noch viel weiter ausgreifende Bau- tatigkeit, um den stetig wachsenden An- forderungen der Industrie, des Handels und der Landwirtschaft voli entsprechen zu konnen. In dem mit 1908 beginnenden Jahr¬ zehnt hat die S ii d b a h n eine Reihe von Lokal- und Kleinbahnen in ihren Betrieb ubernommen, dagegen die Linie Cilli— Wollan an den Staatsbetrieb abgegeben. Dem Siidbahnnetze angegliedert wur- den: Božen— Kaltern, Laibach — Ober- Abb. 282. Graphikon des Schnell- und Personenzug-Verkehres auf einem Gleis der dreigleisigen Nordbahn. 360 Heinrich Graf. Nordbahn (exklusive fremde Lokalbabnen und Ostrau-Friedlander Eisenbahn). Stationsanlagen erganzt und erweitert. Besonders zu erwahnen sind in dieser Hin- sicht die Ervveiterungen in Cilli, Bruck, Marburg, Opčina und Klagenfurt. Letz- tere ist allerdings aus Anlaft der Einmiin- dung der neuen Alpenbahnstrecken und zum grofiten Tei! auf Kosten des Staats- bahnbaues durchgefiihrt. Die Siidbahn hat weiters in der Strecke Brenner—Gossensafi das zweite Gleis ausgefiihrt, den Oberbau auf ihrer Haupt- linie verstarkt und den Stand ihrer Per- sonenwagen um 11 °/ 0 , ihrer Guterwagen um 24°/ 0 und ihrer Lokomotiven um i8°/ 0 erhoht. Wenn von der Ausgestaltung der Betriebsbehelfe der Siidbahn gespro- Siidbahn. laibach, Kiihnsdorf—Rohitsch, Mori — Riva, San Michele—Mezzolombardo, die Sulmtalbahn, Virglbahn und Rittnerbahn. Diese zumeist kurzen Bahnstrecken ha- ben auf die Entwicklung der Betriebslange einen nur mafiigen Einflufi ausgeiibt, so dafi diese im Jahre 1907 auf 1914 km gewachsen ist, was gegen 1898 eine Zunahme um 6°/ 0 ausmacht. Die Leistungen im Betriebe sind weit erheblicher gestiegen und betragen bei den Zugkilometern 33, bei den Brutto- Tonnenkilometern 46, bei den Achskilo- metern 29 und bei den Personenkilome- tern 38%. Um diesen erhohten Betriebsleistungen nachkommen zu konnen, wurden die Entwicklung des Betriefces. 361 chen wird, ist es unvermeid- lich, der Schwierigkeiten zu gedenken,welche dieseBahn- verwaltung in Beziehung auf die Beschaffung der hiefiir notwendigen Geld- mittel zu beseitigen hatte. In erster Linie ist es das Ubereinkommen mit den Prioritatenbesitzern gewe- sen, welches die Sudbahn in den Stand setzte, den an sie herantretenden Anfor- derungen auf Ausgestaltung ihrer Anlagen gerecht zu werden. In diesem Uberein¬ kommen wurde die Hinaus- schiebung der Prioritaten- verlosung in der Zeit von 1902 bis 19x7 derart verein- bart, dafi in dieser Periode anstatt der nach dem Til- gungsplane bestimmten 225 Millionen nur 100 Millionen Franken zur Riickzahlung gelangen. Abgesehen von der durch die wirtschaftliche Depres- sion der Jahre 1901 bis 1903 bedingten geringeren Giiter- frequenz hat sich der Ver- kehr und damit auch das finanzielle Ergebnis der Siid- bahn befriedigend gestaltet. DieEinnahmen desjahres 1907 sind mit I26'2 Mil¬ lionen Kronen um 40 °/ 0 hoher als jene des Jahres 1898. Die Ausgaben haben im letzteren Jahre 39'6 Millionen Kronen ausge- macht und der Betriebs- koeffizientwar44‘i; im Jahre 1907 betrugen die Ausgaben 68'4 Millionen Kronen, der Betriebskoeffizientwar5 5 - o8. Das Anschwellen des letz¬ teren ist auf erhohte Per- sonalauslagen und die gro- fieren Materialkosten zu- ruckzufiihren. Entgegen der Behaup- tung, dafi der Verkehr auf den Siidbahnlinien nach Er- offnung der zweiten Bahn- verbindung mit Triest eine empfindliche Einbufie erlei- den wird, hat sich erfreuli- cherweise das Transport- bediirfnis auf den Siidbahn- strecken nicht verringert. Und selbst der Entfall je- ner Transportquoten, welche nach Verstaatlichung der Nordbahn durch Uberleitung auf die Staatsbahnrouten fur die Sudbahn verloren gin- gen, hat den Verkehr der letzteren nicht merklich be- eintrachtigt. Die Transporte nach Triest und Fiume — hinsichtlich des letzten Ha- fens kommen nur die Sen- dungen aus Stiddeutschland in Betracht — haben eine Steigerung zu verzeichnen. In der zeichnerischen Darstellung Abb. 283 sind die wichtigsten Trans- portartikel mit den im Jahre 1898 und 1907 zur Verfrach- tung gelangten Mengen an- gegebenund ist auch hieraus die Zunahme und Entwick- lung des Siidbahnbetriebes ersichtlich. Die Osterreichische Nordwestbahn hat in ihrem Bestande im Laufe der letzten Jahre insofern eine Einbufie erlitten, als die Kuttenberger Lokalbahn und die LinieMelnik—Mšeno in den staatlichen Betrieb iibergegangen sind. Hiedurch ist die Betriebslange von 1061 auf 1034 km zurtick- gegangen. In den letzteren sind 56 km zweigleisige Strecke enthalten. Die wirtschaftliche De- pression zu Anfang des Jahrzehnts hat die Betriebs- entwicklung derOsterreichi- schen Nordwestbahnanfang- lich sehr beeintrachtigt und die Ergebnisse in den Jahren 1899 — 1904 derart ge- 362 Heinrich Graf. Nordwestbahn. schmalert, dal?, fiirdieeinestaatliche Zinsen- garantie geniefienden Linien diese Garantie — zuweilen in sehr erheblichem Umfange — in Anspruch genommen werden mufite. Die letzten dreijahre 1905 —1907 machten Verluste zum grobten Teil quitt und diese ermoglichten die Riickzahlung namhafter Quoten aus den Reinertragnissen an den Staatssackel. An Vermehrung der Betriebsbehelfe wurden nebst der in bescheidenen Grenzen gehaltenen Erganzung des Fahrparkes (6°/ 0 der Giiterwagen, je 19°/ 0 der Per- sonenwagen und Lokomotiven innerhalb zehn Jahre) noch einige Erweiterungen der durch den Verkehr am meisten in Anspruch genorqmenen Stationen durch- gefiihrt. Die Einheiten der Betriebs- leistungen sind 1907 gegeniiber 1898 in folgender Weise gewachsen: Zugskilo- meter um 18 °/ 0 , Brutto-Tonnenkilometer um 44°/ 0 , Achskilometer um 28 und Personenkilometer um 40°/,,. Die Einnahmen des Jahres 1907: 51 '90 Millionen Kronen sind um 33% hoher als jene des Jahres 1898: 38 - 97 Millionen Kronen. Die Ausgaben, welche 1898 I7'6 Millionen Kronen betrugen, sind um 44% angewachsen und betragen pro 1907 2 5 '3 Millionen Kronen. Die Staatseisenbahn-Gesell- schaft, welche im Jahre 1898 1366 km Bahnlinien, darunter 391 km zweigleisig im Betriebe hatte, erfuhr bis zum Jahre 1907 keinen Linienzuwachs. Die an den Betrieb herantretenden Forderungen sind trotz der in den Jahren 1901 —1903 bestandenen Stagnation auf wirtschaftlichem Gebiete dermafien gewachsen, dafi die Betriebsleistungen eine stetige Entwicklung zeigen und am Schlusse des Jahrzehnts um rund ein Drittel grofiere waren. Die Zugskilometer sind um 20, die Bruttokilometer um 36, die Achskilometer um 25 und die Personenkilometer um 31 °/ 0 gewachsen. Die Einnahmen haben sich von 56'6 auf 79'1 Millionen Kronen oder um 40°/ 0 gehoben. Die erhohte industrielle Tiltigkeit in den von der Staatseisenbahn-Gesellschaft durchzogenen Gebieten in den Jahren 1904—1907 hat zu dieser giinstigen Entwicklung des Betriebes und seiner Ergebnisse wesentlich beigetragen. Die Vermehrung des Fahrparkes (Personenwagen 12 (, / 0 , Gtiterwagen 16°/ 0 , Lokomotiven 15% mehr) hat mit der Betriebsentwicklung nicht gleichen Schritt gehalten. Die Ausgaben des Betriebes, welche im Jahre 1898 24^6 Millionen Kronen betragen haben, sind im Jahre 1907 auf 38'4 Millionen Kronen gestiegen. Der Betriebskoeffizient ist von 43'4 auf 48'5 gewachsen. DerHauptsache nachist die Steigerung der Betriebskosten auf solche Aufwen- dungen zuriickzufuhren, welche die Staats¬ eisenbahn-Gesellschaft fiir Personalver- Entwicklung des Betriebes. 363 Staatseisenbahn-Gesellschaft. mehrungen und fiir die Instandsetzung der Gleise machen mufite. In letzterer Beziehung ist zu erwahnen, dafi die Kosten des Bahnerhaltungsdienstes im Jahre 1898 5'9, im Jahre 1907 8'6 Millionen Kronen betragen haben. D as Liniennetz der Aussig—Tep- litzer Eisenbahn hat im Dezennium 1898—1907 durch die Fertigstellung der 143 km langen Lokalbahn Teplitz— Reichenberg und durch die Ausfiihrung des zweiten Gleises in der Strecke Auper- schin—Schwaz eine Erweiterung erfahren. Im Zuge der friiber genannten Lokalbahnlinien befindet sich die Strecke Bohm.-Leipa—Niemes, welche bis zum Jahre 1898 im Staatseigentum sich befand, damals von der Aussig-Tep- litzer Eisenbahn kauflich erworben und mit der Linie Teplitz—Reichenberg ver- einigt worden ist. -Viele kleinere Stations- erweiterungen sind in den letzten zehn Jahren zum Zwecke der Ermoglichung des vielfach gesteigerten Betriebserforder- nisses zur Durchftihrung gelangt. In letzterer Beziehung erfordern eine besondere Hervorhebung die Leistungen an Zugkilometer sowie an Personen- kilometer, welche von 1898 gegen 1907 um je 100% eine Erhohung erfahren haben. Die Leistungen an Brutto-Tonnen- kilometer sind um 66%, jene der Achs- kilometer um 46% gestiegen. Der Fahrpark der Personen- und Giiterwagen sowie der Lokomotiven hat demgegeniiber nur eine Zunahme von 21, 17 beziehungsweise 30°/ 0 aufzuweisen. Die Einnahmen entwickelten sich von i5 - 3 auf 21'3 Millionen Kronen (Zunahme 39%) j die Steigerung der Ausgaben von 5 auf 9'3 Millionen Kronen (86%) ist auf die Ausdehnung des Netzes, das Ansteigen des Betriebes, die Erhohung der Materialpreise und die erhohten Anspriiche fiir Personalaufwand zuriick- zufiihren. Kohle — als wichtigster Transport- artikel — wurde im Jahre 1898 8‘4 Millionen Tonnen, im Jahre 1907 9'7 Millionen Tonnen, also um 14% mehr verfrachtet. Die durch die Betriebsentwicklung gegebenen Beanspruchungen der ein- zelnen Teilstrecken sind sehr verschie- dene. Nach dem fiir das Jahr 1907 be- rechneten Durchschnitte ergeben sich an taglichen Leistungen fiir beide Verkehrsrichtungen: Aussig—Tiirmitz . . 30.000 Tiirmitz—Karbitz . . 24.000 Karbitz—Ullersdorf . 18.0001 Brutto- Ullersdorf—Dux . . 14.000 tonnen Dux—Briix .... 13.000 Brtix—Komotau 7.000—9.000 Auf den iibrigen Linien sinkt der tagliche Verkehr bedeutend unter diese Ziffern herab und kann zum Vergleiche dienen, daft auf der Strecke Aussig— Briix taglich 57—m Ziige in Verkehr gesetzt werden, wahrend auf den iibrigen Teilstrecken der tagliche Zugverkehr mit 18—42 Ziigen versehen wird, auf 364 Heinrich Graf. Aussig-Teplitzer Eisenbahngesellschaft. der Teilstrecke Schwaz—-Dux bis auf vier Zilge heruntergeht. Beziiglich der stark belasteten Strek- ken der Hauptlinie karm schon jetzt erkannt werden, dafi auch bei der Aussig-Teplitzer Eisenbahn der Zeit- punkt ziemlich nahe liegt, zu welchem dem Bediirfnisse des Betriebes mit den vorhandenen Anlagen nicht mehr in vollem Umfange wird entsprochen wer- den konnen. Das beigegebene Graphikon zeigt den Zugverkehr, wie er am 26. Juli 1907 tatsachlich stattgefunden hat. Wenngleich das Anhalten von Giiterzugen auf der offenen Strecke nur in vereinzelten Fallen vorgekommen ist und die Abwicklung der Personen be- fordernden Ziige im allgemeinen glatt von statten ging, lafit diese nach den Stundenpassen verfafite Darstellung doch schon erkennen, dafi eine Verdichtung des Zugverkehres in gewissen Strecken mit den heutigen Betriebsbehelfen nicht mehr durchfiihrbar ist, und eine Ausgestaltung der Anlagen zur Voraussetzung hat. Die Buschtehrader Eisenbahn hat in dem letzten Jahrzehnt keinen Linienzuwachs erfahren ; die Erweiterung der Anlagen beschrankte sich aufStations- erganzungen und den Ausbau zweiter Gleise. In letzterer Beziehung sind zu erwahnen die Ausfiihrung von Doppel- gleisen auf den Linien Prag—Priesen und Komotau—Eger, zusammen 70 km. Buschtehrader Eisenbahn. Entvvicklung des Betriebes. 365 Die Betriebsleistungen sind 1907 gegeniiber 1898 um 19% bei den Zugskilometern, um 26°/ 0 bei den Brutto-Tonnenkilometern, um 13% bei den Achskilometern und um 10°/ 0 bei den Personenkilometern gestiegen. Die Einnahmen weisen eine Zunahme von 28°/ 0 auf, die Ausgaben haben eine Ver- mehrung von ii'4 auf I7'2 Millionen Kronen, das ist um 5 °% erfahren. Trotz- dem ist der Betriebskoeffizient der Busch- tehrader Eisenbahn noch immer ein sehr niedriger und betragtpro 1907 fiirdasNetz Littera A 40^4, fiir das Netz Littera B 36-8. Die Fahrpackvermehrung ist in den in Rede stelienden zehn Jahren in nach- stehenden Grenzen durchgefiihrt wor- den: 31% bei den Lokomotiven, 18% bei den Giiterwagen. Das Kapitel liber die Entwicklung des Betriebes darf seinen Abschlufi nicht finden, ohne dafi noch der Verbesserung jener Vorschriften Erwahnung geschehe, welche dem exekutiven Personal zur Durchfiihrung des Dienstes an die Hand gegeben sind. Die aus den Siebziger- jahren stammenden Vorschriften erwiesen sich. seit langem verbesserungsbediirftig und wurden zwischen dem ungarischen und dem osterreichischen Eisenbahnmini- sterium langwierige Korrespondenzen ge- fiihrt, um an Stelle der alten Vorschriften eine unter Mitwirkung der Bahnverwaltun- gen zu stande gebrachte neue und einheit- liche zu setzen. Die Bemiihungen er- wiesen sich trotz eifrigen Bestrebens von allen Seiten als vergeblich, wozu in erster Linie der Umstand beigetragen haben mag, dafi in Osterreich das Prin- zip der Zugfolge auf Grand der Zeit- distanz als unhaltbar erkannt und hiefiir die R a u m distanz als obligatorisch er- klart wurde, wahrend ungarischerseits noch weiter die Abfertigung von in gleicher Richtung einander folgenden Zii- gen nach dem Grundsatze der Zeitdistanz beibehalten worden ist. Auch die Erkenntnis, dafi es fiir die weitere Durchbildung und Ausgestaltung der Vorschriften nicht von Vorteil wiire, wenn in beiden Halften der Monarchie Abb. 284. Graphikon^des Zugverkebrs in der Strecke Aussig—Komotau am 2b. Juli 1907. 366 Heinrich Graf. alle Details derart festgelegt wiirden, dafi daran nur mit gegenseitiger Zustimmung eine Anderung vorgenommen werden konnte, fiihrte dazu, den Gedanken einer solchen gemeinsamen Vorschrift fallen zu lassen. In dem Artikel IX des zwischen den beiden Staaten der Monarchie abge- schlossenen Vertrages betreffend die Regelung der wechselseitigen Handels- und Verkehrsbeziebungen wurde deshalb nur vereinbart, dafi die Hauptbahnen in beiden Staatsgebilden, insoweit mili- tarische oder allgemeine Verkehrs- interessen dies erfordern, nach gleichen Grundsatzen gebaut, betrieben und verwaltet werden sollen. Dementsprechend gibt es heute als gemeinsam fiir beide Staatsgebilde nur: »Grundziige der Vor- schriften fiir den Verkehrsdienst auf Hauptbahnen« und die »Signalordnung fiir Haupt- und Lokalbahnen«. In jedem der beiden Staatenteile stehen dagegen voneinander abweichende Ver- kehrsvorschriften in Anwendung, in wel- chen allerdings die durch die »Grundziige« gegebenen allgemeinen Bestimmungen beriicksichtigt sind. Das osterreichische Eisenbahnmini- sterium hat fiir die diesseitige Reichs- halfte die »Vorschriften fiir den Verkehrs- dienst« sodann einheitlich fiir Staats- und Privatbahnen —• und zwar ohne Riicksicht auf die Gegenvorstellung der letzteren — erlassen und ebenso wie die »Signalvorschriften« mit i. Oktober 1906 in Kraft gesetzt. In Beziehung auf die wesentlichsten Unterschiede der neuen gegeniiber den alten Vorschriften ist folgendes anzufiihren: In den Verkehrsvorschriften ist das friiher schon erwahnte Prinzip des Fah- rens im Raumabstand, weiters das Fest- halten an den fahrplanmafiigen oder fest- gestellten Zugkreuzungen bei StOrung der Verstandigungsmittel, die legitime Verwendung des Telephons als Verstan- digungsmittel im Zugverkehre, die Aus- dehnung in der Anwendung durch- gehender Bremsvorrichtungen bei Ziigen hoherer Geschwindigkeit, die Eliminierung einer hochsten Geschwindigkeitsgrenze, die Vermehrung der Zahl der arbeitenden Maschinen bei einem Zuge, endlich die durchgreifende Anderung der Verschub- vorschriften neu bestimmt werden. In den Signalvorschriften ist neu ein- gefiihrt worden: das Vorsignal und die damit im Zusammenhange stehende An- ordnung, dafi tunlichst jedem Haltsignale ein auf die Bremsdistanz vorgeschobenes Vorsignal vorauszugehen hat, die strenge Einhaltung der Signalbedeutung »Halt« und die damit zusammenhangende Be- seitigainof der roten Farbe bei solchen Signalen, welchen die Bedeutung: Halt nicht zukommt, die Einfiihrung der blauen Farbe fiir gewisse Zwecke, die Verein- fachung der Glockenschlagwerksignale und Weichensignale. Eine Mafinahme, die im Interesse der Betriebssicherheit gelegen ist und durch die neuen Grundsatze des Signal- wesens als unvermeidlich sich ergibt, ist das R e c h t s fahren auf zweigleisigen Bahnstrecken; die in dieser Richtung ge- troffenen Einleitungen sind wegen des mit der Durchfiihrung verbundenen grofien Kostenaufwandes nicht weit iiber das An- fangsstadium hinausgekommen. Dem niich- sten Dezennium mufi es vorbehalten bleiben, die nicht zu umgehende Losung dieser Frage zu bringen. Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. Von Professor Dr. Max Jullig, k. k. Oberbaurat im Eisenbahnministerium und VVOLFGANG FREIHERRN V. pERSTEL, k. k. Oberbaurat im Eisenbahnministerium. D IE Epoche 1898—1908 zeigt eine rasche Entwicklung des elektri- schen Bahnbetriebes. Grofie und kleine Pferdebahnnetze wurden auf elektri- schen Betrieb umgestaltet und viele neue Klein- und ' Lokalbahnen mit elektrischer Traktion errichtet. Auch an Projekten und Versuchen iiber elektrischen Vollbahn- betrieb hat es nicht gefehlt und erscheint der Ubergang vom Dampf- zum elektrischen Vollbahnbetrieb fur viele Strecken, welche nicht ali zu fern von bedeutenden Wasser- kraften gelegen sind, wohl nur mehr eine Frage der Zeit. Die Statistik der elektrischen Bahnen ist im 4. Bande der »Geschichte der Eisenbahnen der osterr.-ungar. Monarchie« bis zum Ende des Jahres 1897 fortgefuhrt. Die bis zum 31. Dezember 1897 eroffneten elektrischen Bahnen sind folgende: Wiener Tramway: Transversalbahn Wallgasse— Remise—Prater.9'63i km Belvedere-Anhohe in Prag zum konigl. Tiergarten- Lustschlosse in Bubenč . 1-400 » Prag (Smichov)—Košir . . i - 8oo » Prag—Vysočan—Lieben . . 5'338 » Elektrische Kleinbahn der konigl. Hauptstadt Prag: Prag (Konigl. Weinberge)— Žižkov.5'846 » Aktiengesellschaft der Wiener Lokalbahnen: Baden—Helenenthal . . . 3-223 » Baden—Voslau.4-880 » Bielitz—Zigeunerwald . . . 4-960 » Gmunden Station—Gmunden Stadt.2-552 » Fiirtrag 39-630 km Ubertrag 39-630 km Stadtische elektrische Eisen- bahn Lemberg.8-292 » Modling—Hinterbriihl, Siidb. 4-476 » Reichenberger Strafienbahnge- sellschaft.3-327 » Teplitzer Elektrizitats- und Kleinbahngesellschaft . . 9-098 » Tramway- und Elektrizitats- gesellschaft Linz—Urfahr . 3-323 » Czernowitzer Strafienbahn . 6-516 » 74-662 km Als Betriebsstrom diente bei den oben erwahnten Linien ausschliefilich Gleichstrom von 500 bis 600 V olt Spannung. Zu Beginn des Jahres 1908 waren die Seite 370 bis 377 verzeichneten Bahnen mit elektrischen Betriebseinrichtungen aus- gertistet. Die elektrische StraLenbahn in Meran (ca. 7 km) wurde am 7. Mai 1908 er- offnet. Besonderes Interesse bieten die aus- gedehnten Bahnnetze der elektrischen StraCenbahnen in Wien und Prag, jene der Aktiengesellschaft der Wiener Lokal¬ bahnen und der Grazer Tramwaygesell- schaft sowie die Strecken Tabor—Bechin, Kaltern—Mendel (Mendelbahn), Modling —Hinterbriihl (1903 rekonstruiert), ferner die Stubaitalbahn (Innsbruck—Fulpmes), die Linie Triest—Opčina der Triester Kleinbahnen, die Rittnerbahn und die Drehstrom-Schleppbahn der Kriegsver- waltung bei Wollersdorf. Die Wiener Strafienbahnen. Das erste Stiick der Wiener Strafien¬ bahnen bildete die am 4. Oktober 1865 von der Firma C. Schack-Jaquet & Cie. 24 370 Dr. Jiillig-Freiherr v. Ferstel. Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 371 24* 372 Dr. Jiillig- Freiherr v. Ferstel. Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 373 374 Dr. Jiillig-Freiherr v. Ferstel. Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 375 376 Dr. Jullig-Freiherr v. Ferstel. Bau imd Betrieb elektrischer Bahnen. 377 erhffnete 4 km tange Pferdebahn »Schotten- tor—Remise Hernals«. Die genannte Firma ist die Griinderin der im Jahre 1868 entstandenen Aktien- gesellschaft der Wiener Tramway. Zudem hatte sich fur den Verkehr in den Vor- orten die »Neue Wiener Tramwaygesell- schaft« gebildet, welchebiszumJahre 1898 ein Netz von rund 30 km Gleislange be- safi, wovon 10 km mit Dampf betrieben wurden. Im Jahre 1897 wurde die erste elek- trische Linie (Transversallinie) Wallgasse —Kaiserstrafie—Skodagasse—Alserbach- stafie — Wallensteinstrafie — Vorgarten- strafie eroffnet. Nurzogernd entschlofi sich die Wiener Tramwaygesellschaft zu diesem von so giinstigen Folgen begleiteten Schritte. Man \vufite damals nicht, inwieweit auf die Zustimmung der dem elektrischen Starkstrome gegeniiber noch unerfahrenen Behorden zu rechnen sei und in dem seitens der Wiener Tramwaygesellschaft an die Union-Elektrizitatsgesellschaft in Berlin gerichteten Schreiben vom 6. Mai 378 Dr. Jiillig- Freiherr v. Ferstel. 1896, mit welchem fiir eine nicht ganz xo km lange doppelgleisige Strecke die elektrische Ausriistung mit Ober- leitungen sowie die elektrische Ausriistung eines ganz betrachtlichen Wagenparkes bestellt wird, heifit es am Schlusse w< 3 rt- lich: »Die mit dem vorstehenden Schlufi- briefe Ihnen bestatigten, zwischen Ihnen und uns getroffenen Vereinbarungen und Abmachungen sowie die Ihnen mit dem- selben erteilte Bestellung sind in allen ihren Teilen unter Ausschlufi jedes gegen- seitigen Ersatzanspruches erloschen und aufgehoben, als ob dieselben niemals ge- schlossen worden waren, wenn die be- hordlichen Bewilligungen und die Zu- stimmung der Kommune Wien zum Baue und zur Ausfiihrung der eingangs be- zeichneten Strafienbahnstrecke mittels Abb. 285. Wiener stadtische Straftenbahnen. Transversallinie (1897^. elektromotorischer Kraft nicht erteilt werden sollten.« Gliicklicherweise war es nicht not- wendig, von dieser Klausel Gebrauch zu machen. Der elektrische Betrieb entsprach vollkommen den Anforderungen des Publikums und im ganzen wurden zu- nachst 40 Motorwagen trefflicher Kon- struktion neb st 30 Anhangewagen in Betrieb gesetzt. Die Maximalsteigung der elektrisch betriebenen Teilstrecke betrug ca. 39 pro Mihe, der Minimalkurvenradius 16 m, die Betriebsspannung des elek- trischen Stromes (Gleichstrom) 500 Volt. Die Wiener Tramwaygesellschaft liqui- dierte ihr Unternehmen im Jahre 1899 und wurde durch die Bau- und Betriebs- gesellschaft fiir stadtische Straftenbahnen ersetzt. Diese von der Firma Siemens & Halske gegriindete Gesellschaft hatte am 28. November 1899 mit der Ge- meinde Wien einen Vertrag abge- schlossen, wonach sie zur Elektri- sierung des alten Netzes der Wiener Tramwaygesellschaft und zum Bau neuer elektrischer Linien berechtigt und ver- pflichtet wurde; die Konzession fiir die samtlichen elektrischen Linien wurde schon am 24. Mdrz 1899 von der Gemeinde Wien erworben. Verschiedene Umstande fiihrten dazu, dafi die Gemeinde Wien samtliche Linien der Bau- und Betriebsgesellschaft und deren ganzen Wagenpark ab 1. Janner 1902 ankaufte, wobei die Siemens & Halske- Aktiengesellschaft den Auftrag zum Aus- bau des gesamten Netzes erhielt. Bald darauf wurde auch das Netz der im Jahre 1873 gegrtindeten Neuen Wiener Tramwaygesellschaft von der Gemeinde Wien angekauft und dessen Umwandlung auf elektrischen Betrieb bei den oster- reichischen Schuckertwerken bestellt. Am I. Juli 1903 gingen die Strafien- bahnlinien beider Gesellschaften in den Eigenbetrieb der Gemeinde Wien iiber. Am 1. Janner 1905 erwarb die Gemeinde Wien auch die Strafienbahn Wien— Kagran. DieBetriebslange der beidenvorerwahn- tenWiener Strafienbahnen vor der Erteilung der Konzession an die Gemeinde Wien be¬ trug 114 km\ die Betriebslange dieser und der neu hinzugekommenen Linien betrug am Ende des Jahres 1904 rund 180 km und stieg zu Beginn des Jahres 1908 auf rund 190 km. DieZahl der im Jahre 1907 befOrderten Personen betrug 216,901.916. Die Stromzufiihrung erfolgte auf dem grofi.ten Teile der Strafienbahn oberirdisch mittels Siemensbiigel und auf einer Bahn- lange von etwa 10 km unterirdisch mittels Kontaktschiff. Die Betriebsspannung be- tragt 560 Volt Gleichstrom. Im Betriebe befinden sich derzeit 1055 Motor- und 997 Anhangewagen. Aufierdem sind noch 50 Stiick Motor- und 100 Sttick Beiwagen im Bau, welche noch im Jahre 1908 dem Betriebe iibergeben werden. Die Spurweite betragt i - 44 m. Die grofiten Steigungen mit iiber 60 pro Mille sind anstandslos in Betrieb. Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 379 Abb. 286. Wiener stadtische Straftenbahn (Praterstern). Die scharfsten Bogen haben Halbmesser von 18 bis 20 m.*) Die vor dem Jahre 1900 verlegten Gleise haben Rillenschienen von 115 mm Hohe, 120 mm Fufibreite und einem Gewichte von 41^07 kg fur den laufenden Meter der Schiene, die hierauf verlegten aber eine Hohe von 175 mm bei 125 mm Fufibreite und 5 o - 6i kg Ge- wicht pro Meter. Seit 1904 werden Schienen von 210 mm Hohe verlegt, deren Fufibreite anfangs 150 betrug, dann auf 160 mm und neuerdings auf 180 mm erhoht wurde. Die Schienenlange betragt 15 m und sind hiebei sechs eiserne Spurhalter an- gewendet worden. Mit Schienenstofiver- bindungen wurden verschiedene Versuche durchgefuhrt (Schienenstofiumgiefiung von Falk, Schienenschweifien mit Ther- mit nach Goldschmidt, Schienen- *) Die nun folgenden Mitteilungen liber die Wiener Strafienbahnen sind grofitenteils einem Auszuge aus dem vom Osterreichischen Ingenieur- und Architektenvereine heraus- gegebenen »Technischen Fiihrer durch Wien am Anfange des XX. Jahrhunderts« entnommen. schuhe von Scheinig & Hofman n, elektrische Schienenschweifiung, Stofi- laschen von M elan u. s. w.); diese Versuche werden fortgesetzt. Der 175 mm hohe Oberbau wiegt U3'24 kg fur 1 m Gleis. Das Gewicht des Oberbaues aus 210 mm hohen Schienen betragt I22‘03 kg bei 180 mm Fufibreite. Die Unterbettung erfolgt im allgemeinen auf Schotter, in einzelnen Fallen auf Beton. Die Verbindungsweichen des Profils 210/150 zwe.ier gekuppelter Gleise haben bei Bogen von 35 m Halbmesser und einer Gleisentfernung von 2‘8 m eine Lange von rund 20 m. Die Weichen haben durchwegs zwei bewegliche Zungen. Sie sind gekuppelt und stellen sich bei Federweichen selbsttatig ein, sie wer- den aber auch mittels Weichenstellhebeln, die am Rande der Fufisteige in beson- deren Schutzkasten aufgestellt sind, vom Schaffner gestellt oder dort, wo sie frei beweglich sind, vom Fuhrerstand aus durch den Wagenfiihrer mittels einer eisernen Stange betatigt. Die Laschen sind 760 mm lang und werden durch zwolf in zwei Reihen liber- 380 Dr. Jullig-Freiherr v. Ferstel. Abb. 287. Wiener stadtische Strafienbahnen; Langenschnitt und Draufsicht der Unterleitung. einanderstehenden Schrauben zusammen- gehalten; fiir dieses Profil sind vielfach Melansche Stofilaschen verwendet wor- den, doch komrat auch der Schienenschuh von Scheinig & Hofmann zur Anwendung. Auf den Unterleitungsstrecken ist nach der Anordnung von Siemens & Halske ein eigener gemischter Ober- bau angewendet. Das Gleis zeigt in der Strafienoberflache nur zwei Spurrillen. Die eine Seite des Gleises besteht aus der vorbeschriebenen 175 mm hohen Rillen- schiene, wahrend auf der anderen Gleis- seite durch ein entsprechend gestaltetes Schienenpaar ein Schlitz gebildet wird, unter dem sich ein Kanal befindet. Die Schlit zbreite betragt 35 mm. Die Schie- Abb. 288. Wiener stadtische Strafienbahnen ; Querschnitt der Unterleitung. nen sitzen mittels schmiedeeiserner Winkel- laschen auf gufieisernen, 70 kg schweren Bocken, welche in Entfernungen von i’4 m aufgestellt sind und das Gerippe fiir den aus Stampfbeton hergestellten Kanal bilden. Die Schienenlange betragt I2'6 m. Die Tragbocke stehen auf einer 10 cm hohen Schotterschicht. Die Rillenschienen wurden grofitenteils auf eine betonierte Langsschwelle von 35 cm Fufibreite und 18 cm Starke verlegt. Der Kanal unter dem Schlitzschienenoberbau hat eine Tiefe von 600 mm ab Schienenoberkante und eine grSfite Breite von 320 mm. Der tiefste Punkt der Konstruktion liegt 760 mm (ausnahmsweise 580 mm) unter der Strafienflache. Zu dem Kanal sind die Leitungsschienen fiir die Strom-Zu- und Riickleitung untergebracht. Die Lei- tungskanale sind derart angeordnet, dafi sie bei zweigleisiger Bahn beiderseits aufien liegen. Die Abzweigweiche auf Unterleitungs¬ strecken ist gew 5 hnlich eine Einzungen- weiche. Die bewegliche Zunge aus ge- hammertem Martinstahl befindet sich iiber dem Kanal; sie ist 2’82 m lang und ragt mit der Spitze nach rechts und links in die Fahrschiene hinein, so dafi sie auf dem Schienenfufi einen zweiten Auflager- punkt findet; in ihren Endstellungen wird die Zunge mittels Daumen verriegelt. Die Stellung der Weiche erfolgt von Hand u Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 381 mittels eines eisernen Hakenstockes. Die Weichen sind in verhaltnismafiig gerau- migen Kammern eingebaut, die mittels Einsteigschachten zuganglich sind. Die Weichenherzen haben allgemein den Nei- gungswinkel I : 4. Da fur eine ausreichende Entwasserung und Reinigung der Leitungskanale vor- gesehen werden mufite, sind in Entfer- nungen von 60 bis 120 m , je nach dem Gefalle der Strafie, in den Kanalen Putz- 4'2 m ; naturgemafi verringert sich diese Entfernung in den Bogen bedeutend. Die Anbringung derartiger Aufhangungen bedingt in der Kanalwand die Anlage von Aussparungen, wie sie in den Abb. 287 und 288 dargestellt sind. Diese sind durch gufieiserne Rahmen eingefafit und meist mit gufieisernen Deckeln abgeschlossen. Die Deckel sind vielfach auch so hergestellt worden, dafi in dieselben Granitsteine mittels Portland- Abb. 289. Wiener stadtische Strafienbahnen (Maria Theresien-Platz). schachte eingebaut, die einen Rohr- anschlufi an die stadtischen Unratkanale haben. Die beiden flufieisernen Leitungs- s c h i e n e n bestehen aus einem besonders gewalzten, flachen H-Profil von 90 mm Hohe und 28 mm Starke bei 1400 mm 2 Querschnitt. Die Aufhangungen bestehen aus Porzellanisolatoren, die mittels Weich- gufiarmen an die Stege der Schlitz- schienen angeschraubt werden und an ihrem unteren Teile die Leitungsschienen gabelfčrmig umfassen. Die Entfernung dieser Stutzpunkte betragt in den Geraden zement eingefugt wurden. Der Abstand der Stromschienen voneinander betragt 120 mm. Die einzelnen Schienen sind an den Enden mit je drei aus verzinntem Kupferdraht bestehenden Seilen verbunden. Das gesamte Unterleitungsnetz ist in sechs getrennte Gebiete geteilt, die von je einem besonderen Kabelkasten aus gespeist werden und ihren Strom von der nachst der Ringstrafie gelegenen Unter- station »Rahlgasse« der stadtischen Elek- trizitatswerke zugefuhrt bekommen. Die Streckentrennung erfolgt durch besondere Unterbrechungsstellen, die aus zwei Aus- 382 Dr. Jiillig - Freiherr v. Ferstel. Abb, 290. Wiener stadtische Straftenbahnen (Wahringerstrafie). schaltern und einem dazwischen gelegenen stromlosen Leitungssttick von etwa 1 m Lange bestehen. Diese Ausschalter kon- nen wahrend des Betriebes geschlossen werden, wenn ein Gebiet von dem be- nachbarten Gebiet aus voriibergehend mit Strom versorgt werden soli. Uberdies sind alle Gleis- und Leitungsabzweigun- gen durch besondere Vorrichtungen aus- schaltbar. Die Streckenausschalter treten entlang der Schlitzkanale in der Strafien- pflasterung durch einen dreiteiligen gufi- eisernen Kasten in Erscheinung, der den Zugang zu den Isolatoren ermoglicht und im Mittelfeld die Betatigung des Strecken- ausschalters gestattet. Bei Weichen und Kreuzungen findet eine Unterbrechung der Arbeitsleitungen statt. Die Lange der Unterbrechung betragt bei der Weiche etwa 3 - 25 m, bei Kreuzun¬ gen i - 25 bis 2'I4 m. Diese stromlosen Stel- len werden, wie die Er- fahrungen gezeigt ha- ben, anstandslos von den elektrischen Wa- gen iibersetzt. Um ein Nachziehen von Fun- ken zu vermeiden, mufi der Wagenfuhrer den Strom im Motorwagen schon vor der Leitungs- unterbrechung aus- schalten. Die Unter- brechungsstellen sind mittels Kabelleitungen uberbriickt. Die Oberleitung besteht aus einem Hart- kupferdraht von 8 mm Durchmesser. Die Lei- tung ist an Querdrahten befestigt, welche teils an Masten, teils unmittel- bar an den Hausern auf- gehangt und verspannte sind, wobei der tiefste Punkt des Arbeitsdrah- tes sich noch 5 - 5 m ti b er S chienenoberkante befindet. Bei Unter- fahrungen (Briicken) ist man bis auf 3 - 8 m heruntergegangen. Aus- nahmsweise wurden die Arbeitsleitungen an eisernen Auslegern aufgehangt, die ent\veder einseitig oder doppelseitig an den Masten befestigt sind. An den Gebauden sind die Quer- und Spanndrahte durch Wandplatten festgehalten, welche mit Schalldampfern ausgeriistet sind. Eine. zweite Schalldampfung befindet sich in den isolierten Spannvorrichtungen. Die Maste stehen in Abstanden von 30 bis 35 m ; doch kommen auch Briicken- verspannungen mit einer Mastentfernung von 110 m vor. In Entfernungen von 350 bis 500 m sind Streckenisolatoren und Streckenausschalter angebracht. Letz- tere sind in Kastchen, welche an den Rohrmasten befestigt sind, angeordnet Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 383 und kbnnen mittels eines Steckschlussels — im Notfalle auch von Hand — ge- offnet werden. Mit dem Aufklappen des Kastchendeckels findet gleichzeitig eine Trennung der entsprechenden Leitung statt. In jeder durch die Streckeniso- latoren geteilten Strecke sind Horner- blitzableiter an den Spitzen einzelner Maste befestigt. Ihre Erdleitung ist mit den Gleisen verbunden. Um beim Bruche eines liber den Fahrdraht fiihrenden Schwachstromdrahtes die Beriihrung des letzteren mit dem Fahr¬ draht zu verhindern oder unschadlich zu machen, wurden auf den Arbeitsdrahten Schutzleisten angebracht; aufierdem sind in den Telephonleitungen Abschmelz- sicherungen eingebaut, wahrend unter- halb der Telephondrahtstiitzpunkte geer- dete Metallschienen angebracht sind. Abb. 291. Wiener stadtische Strafienbahnen (Bahnhof Brigittenau). Zur Ruckleitung des Stromes dienen die Fahršchienen, welche zu diesem Zwecke durch Kupferbiigel verschiedener Typen von ca. 100 mm 2 Querschnitt leitend verbunden sind. In Abstanden von 100 m sind die Fahrschienen mit ahnlichen Querverbindungen untereinander leitend verbunden; dagegen erhielten die Gleispaare alle 300 m eine solche Ver- bindung. Die aus Hin- und Ruckleitung gleichen Querschnittes bestehenden Speise- leitungen fiihren zu etwa 70 Speisepunkten, in welchen der Strom mit einer Spannung von 500 bis 560 Volt aus dem stadtischen Kraftwerk zugefiihrt wird. Die wenig schonen Schutzleisten sind nach und nach fast ganzlich verschwun- den, weil die k. k. Post- und Tele- graphendirektion das Telephonnetz schon zum grafiten Teil auf Kabelleitungen um- gebaut hat. Alle Wagen sind mit Einzelpuffern, welche in der Mitte liegen, ausgeriistet, die gleichzeitig zur Kupplung der Wagen unter Zwischenschaltung eines Bolzens verwendet werden. Die elektrische Einrichtung weist in Bezug auf Motoren, Fahrschalter, Wider- stande, Blitzableiter (meist als Horner- blitzableiter), Beleuchtung, Sicherungen 384 Dr. Jiillig-Freiherr v. Ferstel. Abb. 292. Wiener stadtische Strafienbahn (Bahnhof Hernals). keine bemerkenswerten Eigentumlich- keiten auf. Von Interesse ist die Strom- abnehmerausriistung fur die unterirdische Stromzufiihrung, das sogenannte »Kon- taktschiff«. Jeder Motorwagen ist mit z\vei Kontaktschiffen ausgerlistet, von denenjedoch, entsprechend der jeweiligen Fahrtrichtung des Wagens, nur eines in Tatigkeit ist. Das Kontaktschiff besteht aus zwei an einem scbwachen Holzbrett federnd gelagerten Holzfliigeln mit Metallbeschla- gen. Letztere schleifen an den Strom- schienen der Unterleitung und sind mit Kabeln in Verbindung, welche durch das erstgenannte Holzbrett fiihren und die Stromzufiihrung zur elektrischen Wageneinrichtung vermitteln. Die Kon- taktschiffe konnen vom Fuhrerstand des Wagens aus in den Leitungskanal ge- senkt, beziehungsweise aus diesem gehoben werden. Beim Herabkurbeln oder Aufziehen des Kontaktschilfes wird gleichzeitig an einer unter den Sitzbanken befindlichen Schaltwalze die jeweilig nicht benStigte Zuleitung (Biigel- oder Unterleitungskontaktschiff) abge- schaltet. Die Fahrschalter enthalten sieben Stufen fur Fahrt und sechs (teihveise auch sieben) Stufen fiir die elektrische Bremsung. Bei der elektrischen Bremsung werden die Motoren von den Fahrdrahtleitungen und von der Erde ganzlich abgeschaltet. Jeder Wagen hat tiberdies eine Handbremse. Zwecks einer ruhigen, stofilosen und raschen Abbremsung eines Motorzuges ist in jedem Anhangewagen eine elek¬ trische Bremse eingebaut, welche beim Schalten des Fahrschalters auf Brems- strom zur Wirkung kommt. Es sind aus- schliefilich Solenoidbremsen, die auf das Bremsgestange einwirken. Am Motor- wagen sowie am Anhangewagen sind Kupplungsdosen angebracht, um die elek¬ trische Verbindung der beiden Fahrzeuge mittels Kupplungskabel untereinander her- zustellen. Die mechanische Handbremse ist als Kurbelbremse mit wagrechten Hebeln ausgefiihrt. Die Signalglocke unter dem Fuhrerstand wird mit dem Fufi betatigt. Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 385 Als Schutzvorrichtung gegen das t)ber- fahren dient der Bahnraumer, ein pflug- artiger, aus starken Brettern hergestellter Rahmen, der am Untergestelle in einem Abstande von 8 cm oberhalb der Schienen- oberkante aufgehangt ist. In jiingster Zeit sind versuchsweise be- wegliche Schutzvorrichtungen an einigen Wagen in Anwendung gekommen. Die Ausftihrungsweise der Beiwagen ist die allgemein tibliche. Abgesehen von jenen Wagen, die als Anhangewagen besonders beschafft wurden, sind samt- liche Beiwagen als Pferdebahiiwagen in Benutzung gestanden und weisen natureremafi verschiedene Herstellungs- arten auf. Das elektrische Strafienbahnnetz ein- schliefilich der Linie nach Kagran besitzt derzeit 15 Betriebsbahnhofe, welche meist gegen die aufieren Enden der ein- zelnen Linien zu so angelegt sind, dafi Leerfahrten moglichst beschrankt werden, \vobei bemerkt werden mufi, dafi der Bedarf in der Friih gegen die Stadt zu, am Abend aber von der Stadt gegen die Vorstadt zu vorherrschend ist. Die Be¬ triebsbahnhofe bestehen aus den Gleis- anlagen, die der Reinigung, Untersuchung und Ausbesserung der Wagen dienen oder als Aufstellungsgleise beniitzt werden, ferner aus den fiir die Unterhaltung der Wagen dienenden Nebenraumen, Werk- statten- und Lagerraumen und aus den fiir den Betriebsdienst erforderlichen Dienst- und Aufenthaltsraumen. Ein sehr grofier Teil der Gleis- anlagen in den Bahnhofen wurde iiber- dacht, so dafi ausgedehnte Wagenhallen entstanden, an \velche sich die iibrigen Raume anlehnen, oder in die sie ein- gebaut sind. Uberdies erhielten die Bahn- hofe, mit wenigen Ausnahmen, eigene Verwaltungsgebaude, die in den oberen Stockwerken Wohnungen fiir Bedienstete enthalten. Jeder Bahnhof hat eine Reparatur- werkstatte zur Behebung der kleinen Ausbesserungen. Grofiere Ausbesserungen \vie auch die Hauptrevision der Wagen und Umbauten aller Art werden in der Hauptwerkstatte vorgenommen, die sich nachst dem Betriebsbahnhof »Rudolfs- heim« befindet. Die Erhaltung des gesamten Wagen- parkes erfolgt in diesen Werkstatten, die noch erweiterungsfahig sind und mit allen den neuesten Erfahrungen ent- sprechenden mechanischen Einrichtungen versehen wurden. Abb. 293. Elektrische Bahn Dornbim—Lustenau (Vorarlberg). 25 3 86 Dr. Jiillig-Freiherr v. Ferstel. Kraftvuerk. Fiir die Linien der stadtischen Strafien- bahnen in Wien und fiir die innerhalb des Gemeindegebietes Wien liegende Strecke der Aktiengesellschaft der Wiener Lokalbahnen wird der elektrische Strom von dem Kraftwerke Simmering der stad¬ tischen Elektrizitatswerke in Wien gelie- fert. Das genannte Kraftwerk befindet sich an der Simmeringerlande unterhalb der Staatsbahnbriicke iiber den Donaukanal. Im Kraftwerk wird Drehstrom von 5000 Volt Spannung und 48 sekundlichen Perioden erzeugt, mittels Hochspannungs- kabeln in Unterstationen geleitet, wo die Umformung auf Gleichstrom von der Gebrauchsspannung erfolgt. Das Kraftwerk dient nicht nur fiir Bahn- zwecke, sondern liefert auch elektrischen Strom fiir Licht und stationare Motoren. Beziiglich der Kessel und Dampf- maschinen dieses Kraftwerkes wird auf das Kapitel »Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten« venviesen (S. 499 u. 495). In den sieben Unterstationen sind zusammen 41 Umformer mit einer Ge- samtleistungsfahigkeit (auf der Gleich- stromseite) von 25.850 KW aufgestellt. Die fiir den Bahnbetrieb vorgesehenen Pufferbatterien haben eine Gesamtkapazitat von 2273 KW. Die Strafienbahnkabel haben eine Lange von 333 km. Der Stromverbrauch fiir den Bahn¬ betrieb ' stieg vom Jahre 1904 bis zum Jahre 1907 von 26,152.540 KWSt. auf 35,014.400 KWSt. und betrug im erst- genannten Jahre 75'5 t, / 0 , im letzten Jahre 6o°/o der von den stadtischen Elektrizi- tatsrverken nutzbar abgegebenen elek¬ trischen Energie. Verkehr u. Einnahmen aus dem Bahn- betriebe auf samtlichen elektrischen Strajienbahnlinien der k. k. Reichs- liaupt- und Residenzstadt in den Jahren i8 4. Žižkov—Križovnicka ulice . 3'77i » 5. Kgl. Weinberge—Baumgarten 5*374 » im ganzen 23^249 km Von diesen Linien wurde zunachst die Teilstrecke Josefsplatz—Baumgarten filr elektrischen Betrieb eingerichtet; die Eroffnung erfolgte am 28. September 1898. — In den nachfolgenden Jahren 1899 bis 1901 wurden auch die iibrigen Linien elektrisiert. Nur dieTeilstrecke liber die Karlsbriicke (Križovnicke namesti—Karluv most— Malostranske namesti) wurde bis 12. Mai 1905 als Pferdebahn betrieben, sodann aber auch elektrisch mit einer Ober- flachenkontaktleitung eingerichtet.*) *) Gegemvartig wird der Betrieb iiber die Karlsbriicke durch Benzinautomobile besorgt. ad 2. Angekaufte elektrisch e B ah n e n. a) Linie Parkstrafie—Konigl. Wei n b er ge—S ch w arz ko s t e 1 e t z e r Strafie (Olšaner Friedhofe). Obige, von der Stadtgemeinde Kgl. Weinberge im Jahre 1897 erbaute und von der Gemeinde seit dem 25. Juni 1897 be¬ triebene elektrische Strafienbahnlinie (2'829 km) ist mit Genehmigung des Prager Stadtverordnetenkollegiums vom 20. De- zember 1897 von der Stadtgemeinde Kgl. Weinberge gegen Ersatz der wirklichen Baukosten samt dem dazu gehorigen Bau- grunde ftir die Wagenremise an die Kgl. Hauptstadt Prag abgetreten worden. b ) Elektrische Strafienbahn S m i c h o v—K o š i r e. Sie \vurde von Mathias Lllavaček gebaut und am 13. Juni 1897 eroffnet. Durch den Beschlufi des Prager Stadt¬ verordnetenkollegiums vom 9. April 1900 wurde diese Strafienbahn von M. Hlavačeks Erben zum Preise von 300.000 Kronen kauflich envorben. Am 6. Juli 1900 erfolgte die definitive Uber- nahme durch die Stadtgemeinde Prag. c) Die elektrische Kleinbahn Prag—Lieben—Vy sočan mit Ab- zweigung nach Lieben (Libušak) und zur Bohmisch-mahrischen Maschinen- fabrik (Gesamtlange 7 ' 74 ^ km) wurde durch die Stadtgemeinde Prag von der Aktiengesellschaft der elektrischen Klein¬ bahn Prag—Lieben—Vysočan zum Preise von 2,200.000 Kronen angekauft. (Be- schlufi des Stadtverordnetenkollegiums vom 13. Mai 1907.) Am 5. August 1907 \vurde der Be¬ trieb in Regie der Stadtgemeinde eroffnet. ad 3. Elektrische Strafien¬ bahn linie n, ausgefiihrt von der FirmaFr. KrižikinKarolinenthal iiber Auftrag und auf Kosten der Stadtgemeinde Prag. 1. Parkstrafie—Hybernergasse^—Žižkov (Karlova trida)—OlšanerFriedhofe, eroffnet am 18. September 1897. 2. Brentegasse—■Konigl. Weinberge, eroffnet am 4. Februar 1898. ad 4. Alle iibrigen Linien des Ver- zeichnisses auf Seite 391 wurden in der Regie der Stadtgemeinde ausgefiihrt, Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 391 hievon als die erste: Linie Brentegasse— Vyšehrad (i'075 km), eroffnet am 8. September 1898, und als die letzte Linie: Museum — Weinberger Friedhofe (3-620 km), eroffnet am 17. tober 1907. -- 'j -7-- »uiuKjiautVtt" ordnetenkollegium bereits bewilligt wurde. 1. Wasserturm am Belvedere—Bel- credistrafie—Stfešovice. 2. Klarov—Chotekstrafie—■ schanze mit Anschlufi an die obige Linie. 3. W enzelsplatz—Briickel—Eiseng —• Altstadter Ring — Niklasstrafie — Sv. Čechbriicke—Strafie unter dem Belvedere. Abb. 297. Gablonzer elektrische Bahn • Postwagen. Dr ah tseilbahn. Kaiser Franz Josefs-Brilcke—Belvedere (Betriebsliinge o'iog km). Diese Drahtseilbahn, die am 31. Mai 1891 eroffnet und bis 31. Dezember 1899 vom Stadtbauamte betrieben wurde, ist durch einen Beschlufi des Prager Stadt- rates am 1. Janner 1900 in die Venval- tung der stadtischen elektrischen Unter- nehmungen iibergangen. Am 2. Juni 1902 \vurde vom Stadt- verordnetenkollegium die Umwandlung des bisherigen Wasserbetriebes auf elek¬ trischen Betrieb beschlossen. Die Eroffnung der umgestalteten Draht- seilbahn erfolgte am 17. April 1903. Die elektrische Ausriistung besteht aus Dreiphasendrehstrommotoren, von welchen z\vei an den Wagen angebracht sind. Die Stromzufuhrung erfolgt mittels Oberleitung. Linien der elektrischen Strafienbahnen der konigl. Hauptstadt Prag nach dem Stande am / 5 . April igo8. 392 Dr (iillig-Freiherr v. Ferstel. Der Oberbaubesteht aus Rillenschienen im Gewichte von 43 kg per laufenden Meter. Als Unterlage wird Schlegel- schotter verwendet. Verkehr und Einnahmen aus dem Bahnbetriebe auf samtlichen Strafien- bahnlinien der kgl. Hauptstadt Prag in den Jahren i8q 8—igo 7 . Stromlieferung fiir die elektrischen Strafienbahnen in Prag. Fahrbetriebsmittel der Prager Strafienbahnen. Aufterdem besitzen die elektrischen Unternehmungen der kgl. Hauptstadt Prag derzeit sechs Schneepfltige und fiinf Last- wagen. IVagen remisen. Die Speisung der Oberleitung geschieht mittels in der Erde verlegter gepanzerter Speisekabel, welche zu den einzelnen Speisepunkten gefiihrt sind. Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 393 Die Stromverteilung erfolgt mit Ober- leitung mit Ausnahme der Strecke auf der Karlsbrucke, wo, wie schon erwahnt, Ober- flachenkontakte probeweise verwendet wurden. Uber die Ergebnisse des Betriebes geben die Tabellen auf Seite 392 Auf- schlufi. Die Grazer Strafienbahnen. Das Grazer Trambahnunternehmen wurde im Jahre 1878 als Pferdebahn gegrlindet. Zu Pfingsten desselben Jahres kam die erste Pferdebahnlinie in Betrieb. Der Ausbau weiterer Linien erfolgte nach und nach in denjahren 1880, 1887 und 1895. Die Grazer Tramwaygesellschaft verfiigte Ende 1895 iiber ein Pferdebahn- netz von io - 75 km Lange. Im Laufe des Jahres 1895 wurde die Einfiihrung des elektrischen Betriebes ernstlich ins Auge gefafit und es wur- den mit der Stadtgemeinde Verhandlungen gepflogen. Laut diesem Vertrage erteilte die Stadtgemeinde Graz der Tramway- gesellschaft die Bewilligung zum Umbau der bestehenden Pferdebahnen auf elek¬ trischen Betrieb und zum Baue neuer elektrischer Bahnlinien. Die Grazer Tramwaygesellschaft war eifrig damit beschaftigt, einerseits alle Vorarbeiten fiir den Bau neuer Gleise zu treffen, anderseits ein eingehendes Projekt fiir den Umbau der bestehenden Linien auf elektrischen Betrieb und fiir den Bau neuer Linien auszuarbeiten. Auf Grund dieses Projektes wurden mehrere elektro- technische Firmen zu Offertabgaben auf- gefordert und Ende des Jahres 1897 wurde der Firma Siemens & Halske in Wien der Zuschlag erteilt. Die Inbetriebsetzung der ersteren Linien erfolgte am 24. Juli 1899. Im Oktober 1899 baute man noch eine Erganzungslinie nach St. Leonhard, so dafi die Grazer Tramwaygesellschaft ein Liniennetz von I4’3 km (meist zwei- gleisige Strecken) betrieb. Die einzelnen Linien wurden jedoch noch weiter aus- gebaut, und zwar nach St. Peter, Lend- platz—Gosting, Annenstrafie—Eggen- Abb. 298. Tabor—Bechyn; Viadukt iiber die Lužnic. 394 Dr. Jtillig-Freiherr v. Ferstel. Abb. 2 qq . AlSdlinger Bahn; Motorwagen vor dem Umbau. bergergiirtel—Wetzelsdorf, so dafi die Gesellschaft bis zum Jahre 1906 liber ein Liniennetz von 34^991 km verfugt. Im Betriebe stehen 70 Motor- und 40 Anhiingewagen. Die Stromzuleitung erfolgt oberirdisch mittels Biigel und die Fabrdrahtspannung betragt 550 Volt Gleichstrom. Die Spurweite ist normal. Zu Ostern des Jahres 1900 \vurde auch die o - 2i2 km lange auf denSchlofi- berg fiihrende Seilbahn, nachdem sie von Dampfbetrieb auf elektrischen Be- trieb umgebaut worden war, an das Leitungsnetz der Grazer Tramway an- geschlossen und der Betrieb wird auch von derselben Gesellschaft gefiihrt. Die Spurweite betragt 1 m und die Seilbahn wird durch einen Elektromotor ange- trieben. Die Betriebsspannung betragt 550 Volt. Die Betriebsmittel bestehen aus zwei Wagen. Elektrische Bahn Tabor-Bechyh. Von den Landesbahnen des Konig- reiches Bohmen wird die 24^24 km lange normalspurige Bahn von Tabor (Station der Kaiser Franz Josefs-Bahn) nach Be- chyn elektrisch betrieben. Die Bahn hat Maximalsteigungen von 38 pro Mille und Minimalradien von 125 m. Als Betriebsstrom kommt Gleichstrom mit Dreileiter-Anord- nung von 2 X 7 °° Volt Spannung in Veriven- dung. Die beiden Aufien- leiter sind als doppel- polige Oberleitung aus- gefiihrt. Den Mittelleiter bilden die Schienen, die mit elektrischen Schie- nenverbindungen ausge- riistet sind. Der Strom wird von einem der Bahn gehori- gen Kraftwerke bezogen, in ivelchem fiir den Bahn- betrieb Dampfdynamos mit einer Gesamtleistung von 330 KW und eine Pufferbatterie aufgestellt sind.Das Kraftwerkliefert aufierdem elektrische Energie fiir Be- leuchtung und Motorenbetrieb an die Stadt Tabor. DerFahrpark besteht aus vier Motor- wagen, von \velchen jeder mit vier Elektromotoren a 40 Pferdekriifte aus- geriistet ist. Als Personen- und Giiter- anhangewagen kommen normale Voll- bahnwagen in Verwendung. Das Maximalgewicht der Ziige be¬ tragt 70 i t, die zulassige Hochstgeschwin- digkeit 40 km in der Stunde. Elektrisch eBahnModling — H in terbriih L Die elektrische Bahn Modling—Hinter- briihl \vurde im Jahre 1882 von der k. k. priv. Stidbahngesellschaft erbaut und in Betrieb genommen und ist die alteste elektrische Bahnanlage Osterreich- Ungarns. In diesem langen Zeitraume veranderten sich die Frequenzverhaltnisse und die Anforderungen, die an einen rationellen elektrischen Bahnbetrieb ge- stellt werden, so sehr, dafi sich die dringende Notivendigkeit herausstellte, die Bahn nach den modernen Grund- satzen des elektrischen Betriebes umzu- gestalten, um dadurch eine ivirtschaft- lichere Wirkungsweise zu erzielen. Die Maschinenanlage der Kraftstation bestand aus sechs Sttlck soovoltigen Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 395 Gleichstrom-Dynamomaschinen iiltester Type, jede mit einer Leistung von 20 KW, welche in einem Riegelbau untergebracht und von ein und derselben Transmission aus angetrieben waren, die einerseits mittels Riemen von drei Lokomobilen, anderseits mittels Zahnradiibersetzung von einer alten, ausgedienten Brenner- bahn-Lokomotive bewegt wurde, ftir die eine zweite Lokomotive als Dampfkessel diente. Die Bahnleitung war zweipolig an Holzmasten langs der Bahnstrecke gefiihrt und wurde durch zwei in ca. 5 m Leitungs- hohe seitlich an den Masten angebrachte ge- schlitzte Eisenrohre ge- bildet, in welchen die mit den Motorvvagen in flexibler Verbindung mit- gezogenen Gleitschlit- ten als Stromabnehmer schleiften. Die Rohre wurden durch zwei Stahl- drahtkabel mit Kupfer- seele mittels entspre- chender Hangekonstruk- tion von Konsolen aus getragen, die liber den Kontaktrohren an den Holzmasten ausladend befestigt waren. Die bei- den Tragkabel dienten zugleich fur die Kontakt- rohre als Speiseleitung, waren isoliert auf den Gufieisenkonsolen be¬ festigt und hatten ent- gegengesetzte Polaritat. Es galt nun, die gesamte Bahn ohne Unterbrechung des Betriebes umzubauen. Das Gebaude und die ganze Einrichtung der Zentrale mufite auf derselben Stelle umgebaut, die Leitungsanlage und gro- fienteils auch das Gleis wahrend des regelmafiigen Fahrdienstes, also unter Strom, vollstandig neu bergestellt wer- den. Diese Aufgabe wurde im Laufe des Jahres 1903 trotz vielfacher Schwierig- keiten anstandslos seitens der Leobers- dorfer Eisengiefierei und Maschinen- fabriks-Aktiengesellschaft (Ganz & Co.) durchgefiihrt, so dafi schon im August desselben Jahres der neue Betrieb in vollem Umfange aufgenommen werden konnte. Die neue Zentrale befindet sich beim Beginn der Bahnstrecke in unmittelbarer Nahe des Sudbahnhofes in Modling und enthalt zwei hundertpferdige Maschinen- aggregate, wovon eines Reserve, und eine Tudor-Akkumulatorenbatterie von 198 Amperestunden-Ka- pazitat. Jede der beiden Djmamos mit einer Lei¬ stung von 65 KW bei 550 Volt wird mittels Riemen von einem lie- genden Priizisionsgasmo- tor, System Korting, an¬ getrieben, der von einer eigenen Kraftgasanlage mit Druckgas bewegt wird. Es ist dies die erste Kraftgasanlage Oster- reich-Ungarns; sie wur- de, wie die iibrigen Ein- richtungen, von Ganz & Co. ausgefuhrt. Die Leitungsanlage wurde nach dem System der oberirdischen Strom- zufiihrung und Riicklei- tung durch das Schienen- gleis hergestellt. Der oberirdische Fahrdraht von 8 mm Durchmesser ist in ca. 6 m Hohe iiber Gleismitte gefiihrt und zumeist von Ausleger- standern getragen, von denen die starkeren als Gittertrager, die schwa- cheren als Walzeisenstander mit I-Profil ausgefuhrt sind. Die Stromentnahme ge- schieht mittels Gleitkontakt. Zur Ver- starkung des Fahrdrahtes dienen blanke, ebenfalls oberirdisch gefiihrte Kupferkabel. Der Wagenpark besteht aus 10 neuen zweimotorigen Motorwagen mit 21 Sitz- platzen, welche nach Erfordernis zwei i8sitzige Anhangewagen ziehen. Als solche sind die vorhandenen alten Wagen, 15 an der Zahl, in Verwendung. Die Beiwagen sind mit elektro- magnetischer Solenoidbremse, mecha- Abb. 300. Modlinger Bahn; Motorwagen und Stracke nach dem Umbau. * 39& Dr. Jullig-Freiherr v. Ferstel. nischer Hardybremse, neuer Zug- und Stofivorrichtung, sowie elektrischer Be- leuchtung ausgeriistet, konnen also sarnt- lich vom Motorwagen aus abgebremst werden. Zn der vorhandenen Remise wurde eine neue geraumige Wagenremise zur Unterbringung der Motorwagen in un- mittelbarer Nahe der Zentrale erbaut. Auch wurde eine zweckmafiige Einfabrt zum Aufnahmsgebaude des Siidbahnhofes Modling hergestellt, so dafi nun die An- lage ein vollkommen verandertes, in ihrer Gesamtheit und in ihren Einzelheiten weit vorteilhafteres Bild als vor dem Umbau bietet. Die Stubaitalbahn. Die Stubaitalbahn ist die erste elek- trische Bahn Osterreichs, die mit hoch- gespanntem (einphasigem) Wechselstrom und hohem Puls (42’5) betrieben wird. Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 397 Sie steht seit i. August 1904 im Betrieb. Der Bau der Bahn ist im Fruhjahr 1903 in Angriff genommen worden, wahrend fiir die Herstellung der elektrischen Ein- richtung, insbesondere den Montage- beginn der Leitungsanlage, das Jahr 1904 festgesetzt war. In die Zwischenzeit der Vorbereitungen fielen die bekannten Ver- suche mit Wechselstrom auf der Spindlers- felderbahn bei Berlin. Im Hinblick auf die gerade bei der Stubaitalbahn ob- i ■— die Hohe des Anlagekapitals \var begrenzt — zu Gunsten der bequemen und vorteilhaften Ausgestaltung der Fahr- betriebsmittel verwendet werden. So wurde es moglich, an Stelle von zwei- acbsigen Motorwagen solche mit zwei Drehgestellen zu beschaffen. Der be- schrankte Betrag, der fur die elektrische Einrichtung zur Verfugung stand, schlofi von vornherein die Beschaffung einer Akkumulatorenbatterie aus, und man Abb. 302. Stubaitalbahn. waltenden Verhaltnisse konnte man sich der Erwartung nicht verschliefien, dafi die Vorteile der direkten Verwen- dung des hochgespannten Wechsel- stromes bei dieser Bab n voli zur Geltung kommen wtirden. Die direkte Verwendung des (ein- phasigen) Wechselstromes mit hohem Puls gab die Moglichkeit, die in der Anschaffung und auch im Betrieb kost- spielige Umformung von Drehstrom auf Gleichstrom zu vermeiden. Die hiedurch und auch in der Herstellung der Leitungs¬ anlage erzielbaren Ersparnisse konnten hatte auch bei der Bemessung der Strom- leitungsschiene an die Grenze des Zu- liissigen gehen miissen. Die Anlage hiitte demnach einem beim Charakter des Verkehrs sehr wichtigen Erfordernis : den Verkehr nach Bedarf verdichten, die An¬ lage betrachtlich uberlasten zu konnen, kaum entsprochen. Das Wechselstrom- system mit direktem Hochspannungs- betrieb gestattete es dagegen, diesem Erfordernis Rechnung zu tragen. Die Uberlastbarkeit der ortsfesten Transformatoren,die die einzigenZwischen- glieder zwischen Kraftwerk und Fahr- Dr. Jiiilig-Frsiherr v. Ferstel. 398 draht bilden, ist, insoweit es sich um eine auf einige Tagesstunden erstreckende Verstarkung des Verkehrs handelt, eine sehr bedeutende; anderseits konnte durch geniAgend hohe Bemessung der Linien- spannung der Spannungsverlust der Linie auch ftir extreme Falle obne Kosten innerhalb der zulassigen Grenzen ge- halten werden. Es ist daher ohne weiteres moglich, im Bedarfsfalle Doppelziige ab- gehen zu lassen. Die Stubaitalbahn schafft einenVer- kehrsweg von Innsbruck, der Landes- hauptstadt Tirols, nach Fulpmes, einem kleinen Industrieorte im Stubaital. Abb. 303. Stubaitalbahn; Transformatorenhaus. Das Langenprofil weist drei Teil- strecken verschiedenen Charakters auf. Die ersten io - 7 km iiberwinden eine Hohendifferenz von 39C48 »2, die weiteren 5 km sind nahezu horizontal; die letzte Teilstrecke fallt rund 66 ?wgegen Fulpmes. Der hochste Punkt der Bahn liegt in einer Seehohe von 1006722. Die grofite Steigung betragt 46 pro Mille; die Bogen sind mit einem Minimalradius von 40 m ange- legt. Aufier zahlreichen kleinen Ob¬ jekten weist die Bahn zwei Viadukte (Abb. 95 und 302) und z\vei Kehrtunnels auf. Die Spunveite betragt 1 m. Die Bahn befahrt ausschliefilich eigenen Bahnkorper; es haben daher Vignolschienen Anwendung gefunden. Das Schienengewicht betragt 17*89 kg pro laufenden Meter. Die Konstruktion des Oberbaues entspricht den Normali en der k. k. osterreichischen Staatsbahn. An Hochbauten sind in den End- stationen Innsbruck und Fulpmes ein- stockige, in den Stationen Mutters, Kreit und Telfes ebenerdige Aufnahmsgebaude vorhanden. Die Abstellung und Revision der Wagen erfolgt normal im Wagenschuppen in Wilten, wo auch die Reparaturen vor- genommen \verden. Der Wagenschuppen in Wilten ist zweigleisig und 55»zlang; fiir die in der Hauptrevision befindlichen Wagen ist ein Zubau mit einem dritten Gleis vorgesehen. Die Stromversorgung erfolgt vom Elektrizitatswerk »an der Sili« der Stadtgemeinde Innsbruck. Die Bahn wird mittels einer etwa 3 km langen Hoch- spannungsleitung mit 10.000 Volt gespeist. Die Speiseleitung besteht aus zweiDrahten vonje 50 mm 2 Querschnitt. Das Kraftwerk erzeugt zweiphasigen Wechselstrom; dem- entsprechend istV orsorge getroffen worden, die Bahnleitung je nach Bedarf auf jede der beiden Phasen schalten zu konnen. Bemerkenswert ist, dafi der Bahn- strom denselben Maschinen entnommen wird, die den Lichtstrom liefern. Aus diesem Grunde \vurden der Bahn sehr strenge Vorschriften bezuglich der auf- tretenden StromstQfie und der Beein- flussung des Lichtbetriebes gemacht. Der Beeinflussung des Lichtbetriebes wurde durch Einschaltung eines Saugtransfor- mators (Abb. 305) begegnet, dessen eine Wicklung in der Bahnspeiseleitung und dessen andere an den Sammelschienen des Kraftwerkes liegt. Die 10.000 Volt-Leitung fiihrt zu dem Hauptverteilungspunkt bei Kilometer xo - 7. Der Primarstrom wird von hier in je zwei Drahten von 25 mm 2 Querschnitt zu den beiden Transformatorhausern in Kilometer 2'3 und i6'0 gefiihrt. Die Primar- leitung ist mit Ausnahme eines kurzen Stiickes auf den Masten der Fahrdraht- leitung angebracht. Zur Isolation dienen Isolatoren aus bohmischem Porzellan; sie sind braun Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 399 Abb. 304. Stator eines zweiphasigen Wechselstromgenerators Type AQN, 2500 KW, geliefert von der ost&rreichischen Union-Elektrizitats-Gesellschaft Wien fiir die »Šillrverke« der Gemeinde Innsbruck. glasiert und haben sich trotz der sehr ungiinstigen Schnee- und Temperatur- verhaltnisse bewahrt. ] m Verteilungspunkt und in den beiden Speisepunkten wird die Fernleitungsspannung auf 2500 Volt herabtransformiert. In den Transformator- buden sind je zwei Transformatoren von 75 KV A aufgestellt; ein weiterer Trans¬ formator dient als Reserve. Die Transformatoren stehen in 01 und erfordern keinerlei Bedienung; die Buden sind daher abgeschlossen. Die 400 Dr. Jtillig-Freiherr v. Ferstel. Bedienung der ganzen Stromversorgung erfolgt von der Zentralstelle, der Station Kreit. Abb. 305. Saugtransformator. Die Sicherungen in den einzelnen Speisepunkten, die fiir sich sowohl von der 10.000 als auch von der 2500 Volt- Seite abschaltbar sind, sind so bemessen, dafi sie nur bei dauernden Kurzschliissen durchbrennen. Demzufolge tritt im Falle von Storungen zunachst der am Ver- teilungspunkt befindliche selbsttatige Ol- schalter in Wirksamkeit. Hierauf wird der Stationsdiener durch ein Lautwerk aufmerksam gemacht, das bei geoffnetem Automaten ertont. Je nach den inzwischen von der Strecke oder der Betriebsleitung eintreffenden telephonischen Befehlen kann die Linie ganz oder teihveise wieder ein- geschaltet werden. Die erforderlichen Handgriffe sind so einfach, dafi ein Stationsdiener, dem der ganze Verkehrs- dienst obliegt, sie besorgen kann. Dem Bahnbetrieb erwachsen daher aus der Bedienung der Stromlieferung so gut wie keine Kosten. Die Fahrdrahtleitung der Bahn besteht aus einem einzigen hartgezogenen Kupfer- draht von 53 mm 1 Querschnitt, der ver- mittels einfacher Transformation mit Wechselstrom von 2500 Volt mittlerer Spannung gespeist wird. Die hohe Be- triebsspannung erfordert besondere Vor- kehrungen, um die volle mechanische Sicherheit und die elektrische Isolation zu wahren. Kupfer ist, selbst in hart- gezogenem Zustande, beziiglich seiner mechanischen Festigkeit ein minderwerti- ges Material und es ware in Anbetracht der hohen Temperaturunterschiede des Abb. 306. Straflenbahn Innsbruck. Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 401 Stubaitales immerhin gefahrlich, eine der iiblichen Strafienbahnoberleitung analoge Anordnung zu wahlen. Diese reicht wohl bei Mittelspannungsanlagen aus, besitzt aber insofern einen grundsatzlichen Fehler, als der Fahrdraht auch mechanisch hoch beansprucht ist. Die bei der Stubaitalbahn gewahlte Drahtaufhangung ist ahnlich der der Spindlersfelder Bahn*) und zeichnet sich dadurch aus, dafi der Fahrdraht sich selbst nur iiber eine Hochstspannweite von 4 m zu tragen hat. Der Fahrdraht ist in Abstanden von 4 zu 4 m an eine m Stahldraht von 5 mm Durch- messer vermittels vertikaler Drahte auf- gehangt. Der Durchhang des Stahldrahtes kann nun beliebig gewahlt werden und ist im vorliegenden Falle im Einklang mit den veranderlichen Spannweiten so bestimmt worden, dafi bei 20° C Kalte eine Zugbeanspruchung von hochstens 200 kg entsteht. Die grofite zur Ver- wendung gebrachte Spanmveite betragt hiebei 50 m. Die Bruchfestigkeit des Stahldrahtes betragt 75 kg pro mm % \ es ist somit im ungiinstigsten Falle noch eine siebenfache Festigkeit gewahrt, wenn man von der Tragfahigkeit des Fahr- drahtes iiberhaupt absieht. Der Tragdraht, stets in vertikaler Ebene oberhalb des Fahrdrahtes, wird mittels gufieiserner Kappen auf Hoch- spannungsisolatoren aus Porzellan befe- stigt, die auf Stiitzen aufgekittet und mit Schellen an U-Eisen-Armauslegern ange- bracht sind. Zur weiteren Isolation ist in dem Tragdraht, in Abstanden von ca. 8 / 4 m beiderseitig vom Aufhangepunkt, je eine Spannkugel eingeschaltet. Platzt also ein Hochspannungsisolator, so bleibt die Isolation noch immer gewahrt. Das Material der Isolation ist iiberhaupt nur Porzellan, das in bezug auf Oberflachen- isolation und Wetterbestandigkeit jedem anderen Material iiberlegen ist. Die Verbindung des Fahrdrahtes mit den vertikalen Hangedrahten und dem Tragdraht erfolgt mittels Spezialklemmen. Die Fahrdrahtleitung, die fur Biigelstrom- abnehmer eingerichtet ist, bildet in ihrer Gesamtheit einen kontinuierlichen, nach *) Versuchsbahn nachst Berlin. allen Richtungen elastischen Leitungs- strang, der dank der gewahlten Draht¬ aufhangung in der Bestreichungsflache des Biigels keinerlei scharfe Knicke auf- weist, dementsprechend selbst bei den grofiten zulassigen Geschwindigkeiten eine kontinuierliche, funkenfreie Strom- abnahme ermoglicht. In Kurven — und bei der Stubaital¬ bahn ist die Zahl der geraden Strecken sehr gering — wird der Fahrdraht nach der Bogenaufienseite abgespannt; es findet zu diesem Zwecke der gleiche Isolator \vie zur Befestigung des Trag- drahtes Verwendung, ebenso zur Ab- spannung von Weichen und Verankerun- ,gen. — In mehrgleisigen Strecken haben Quertrager Verwendung gefunden, da bei dem geringen Gleisabstand zwischen den GleisenMaste nicht aufgestellt werden diirfen. Die getroifene Anordnung lafit er- kennen, dafi starre Aufhangepunkte grundsatzlich vermieden sind. Eine Aus- nahme bilden die beiden Tunnels, in denen zufolge der aufierordentlich engen Raumverhaltnisse in den Kurven fur eine elastische Aufhangung nicht geniigend Raum vorhanden ist. Die einzelnen Auf¬ hangepunkte bestehen hier aus einer Klemmose und einem Stahlbolzen, der in einen Porzellanisolator eingekittet ist; letzterer tragt eine gufieiserne Kappe, die auf Quertrager geschraubt ist. Der Fahrdraht ist normal 5'5 m und in den Tunnels 3 'Cj m iiber Schienen- oberkante montiert. Die Hohendifferenz gegeniiber der normalen Lage betragt somit im Tunnel r6 m ; der Stromab- nehmer kommt infolgedessen nahezu horizontal zu liegen. Da das Tunnelprofil scharf gekriimmt ist, wurden zur besseren Fiihrung des Biigels zwei Fahrdrahte angeordnet. In Entfernungen von Kilometer zu Kilometer vor und nach den grofien Objekten und vor der Einfahrt in die Endstationen sind in die Fahrdrahtleitung Streckenisolatoren und Streckenscbalter eingebaut. Fur die Fahrdrahtleitung sind rund: 9.500 kg Kupfer, 3.500 » Stahldraht, 28.000 » Flufieisen fiir Ausleger, 26 402 Dr. Jiillig-Freiherr v. Ferstel. fur die Speiseleitung: 6.950 kg Kupfer verwendet worden. Der Wert dieser Materialien betragt rund K 50.000. Zur Riicldeitung des Stromes dienen ausschliefilich die Schienen; sie sind, ebenso wie die Laschen, an den Stofien blank gemacht und mit einer Metallpaste bestrichen, die die Oxydation der beriih- renden und stromleitenden Flachen ver- hindert. Die kilometrische Impedanz der Strecke ist zufolge des leichten Schienenprofils, der grofien Entfernung von Gleis und Fahrdraht und hauptsachlich wegen des hohen Pulses (42 Perioden pro Sek.) sehr bedeutend; sie betragt nach zahlreichen, mit der Vorausberechnung ubereinstim- menden Messungen ca. o - 9 Ohm. Fahrbetriebsmittel. Der Fahrpark der Stubaitalbahn be- steht aus vier Motorwagen, sechs Personen- anhangewagen, vier gedeckten, vieroffenen Giiterwagen und einem Schneepflug. Die Motorwagen sind vierachsig und haben zwei Drehgestelle. Die Drehzapfen- entfernung betragt 5500 mm bei einer gesamten Wagenlange von 11.000 die beiden Achsen eines Drehgestelles haben 2 m Radstand. Die Bauart der Drehgestelle triigt den aufierordentlich ungiinstigen Richtungsverhaltnissen Rech- nung. Der Drehzapfen ist auf einer quer- gefederten Wiege befestigt; die Lauf- achsen konnen daher, ohne den Wagen- kasten zu beeinflussen, den Unebenheiten der in rascher Folge wechselnden starken UberhOhungen der Gleise (bis 85 mm) folgen. Das Gewicht eines Drehgestelles einschliefilich der Radsatze und Motor- aufhangung betragt 2300 kg. Die Rader haben 800 mm Durchmesser. Die Lager sind fur Graphitschmierung eingerichtet. Die Motorwagen sind mit einer acht- klotzigen Ausgleichsbremse ausgeriistet; diese kann von Hand mittels Handrad und Schraubenspindel oder durch Luft- druck betatigt werden. Die Luftdruckbremse ist von der Firma H. H. Bocker geliefert und nach dem System dieser Firma als Sicherheitsbremse ausgebildet. Das Wesen dieses Systems besteht darin, dalj zwei Schlauchleitungen durch den ganzen Zug gefiihrt sind; die eine Leitung steht unter Druck, die andere ist mit den Bremszylindern verbunden. Bei einer Zugtrennung werden die an den Stirnblechen der Wagen befindlichen Ver- bindungshahne geoffnet, wodurch die Not- bremsung erfolgt. Die zum Bremsen er- forderliche Druckluft wird von einer Zahnrad-Achsluftpumpe erzeugt, die in dem engen Raum zwischen Laufrad und Lagerring untergebracht ist. Diese An- ordnung mufite gewahlt werden, da die Motoren die ganze axiale Breite innerhalb der Špur beanspruchen. Dem Entwurf der elektrischen Ein- richtung; wurden Zuareinheiten mit einem Fassungsvermogen von 120 Personen zu Grande gelegt. Dementsprechend besteht der grofite Zug aus einem Motorwagen von 20 t und zwei Behvagen von je 6'6 t. Das Leergeivicht des Zuges erreicht so- mit rund 34 1 , dasjenige der Besetzung 11 t, somit das gesamte Zuggewicht 45 t. Die Fahrgeschwindigkeit betragt maximal 25 km pro Stunde, nur in scharfen Kurven in 45 pro Mille Steigung wird sie auf 18 bis 20 km pro Stunde ermafiigt. Die erforderliche Motorleistung steigt demnach bis etwa 200 Pferdekrafte; sie verteilt sich auf die vier Motoren eines Zuges. Die Motoren sind Winter-Eich- bergsche Wechselstrommotoren; sie sind fiir eine Betriebsspannung von 525 Volt gewickelt und haben eine Normalleistung von 40 Pferdekraften. Die Motoren sind sechspolig und treiben in der iiblichen Weise mit einer Ubersetzung von 1:6 die Laufachsen an. Die Bauart der Motoren entspricht der normalen Strafienbahntype; das Ge- hause ist vollstandig geschlossen, zwei- teilig und nach unten aufklappbar. Zur Revision der in zwei Gruppen ange- ordneten Biirsten und des Kollektors ist oben und unten je ein abnehmbarer Deckel angeordnet. Die vier Motoren eines Wagens arbeiten stets in Parallelschaltung; die Regulierung der Geschwindigkeit erfolgt sowohl durch Anderung der den Motoren zugefiihrten Spannung, indem sie an zwei Stufen (400 und 525 Volt) der Sekundar- wicklung des Leistungstransformators an- Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 403 gescbaltet werden, als auch durch An- derung des Ubersetzungsverhaltnisses des Erreger-Reguliertransformators. Das Schaltungsschema (Abb. 307) der Wagen ist auBerst einfach. Der den Stromabnehmern mit 2500 Volt im Mittel zugefuhrte Strom wird in einem unter dem Wagen angebrachten Transformator auf 400 resp. 525 Volt transformiert. Der Transformator liegt primar einerseits an Erde, anderseits iiber einer Hochspannungssicherung, Olschalter und Blitzableiter am Stromabnehmer. Unter Hochspannung steht daher nur eine emzige Leitung, die als Bleikabel mit geerdetem Mantel ausgefiihrt ist. Olschalter, Blitzableiter und Hochspan¬ nungssicherung sind in einer Blechkammer eingeschlossen und nur dann zuganglich, wenn der Hochspannungsschalter ausge- schaltet ist. Die Schaltung der vier Motoren er- folgt in zwei parallelen Gruppen. Der Fahrschalter hat sechs Stellungen. Auf den ersten drei Stufen liegen die Motoren an 400 Volt, auf den drei weiteren Stufen an 525 Volt. Die Regelung von Stufe 1 bis 3 und von 4 bis 6 erfolgt durch Anderune: des Ubersetzung-sver- haltnisses des Reguliertransformators. Auf samtlichen Stufen kann dauernd gefahren werden. Der Fahrschalter hat die von Strafienbahnen her bekannte Form und analoge Abmessungen. In den Fahr- schaltern untergebrachte Trennschalter gestatten die Abtrennung jeder Motoren- gruppe fiir den Fali eines Defektes. Automatische Ausschalter und Sicherungen erganzen die Ausriistung des Nieder- spannungskreises. Um dem Wagenfiihrer die Moglich- keit zu geben, im Bedarfsfalle auch die Hochspannung vom Ftihrerstande sofort ausschalten zu konnen, ist der Hebel zur Betatigung des Olschalters auf die beiden Plattformen herausgeftihrt. Der Leistungs transformator gehort der mit Ol gekiihlten Type an und ist im Untergestell in einem gerippten Olgehause untergebracht. Der Leistungstransformator ist 1000 kg, die beiden Reguliertrans- formatoren je 250 kg schwer. Letztere sind nur luftgekiihlt. Zur Stromabnahme dient ein Biigel normaler Bauart, seine Grundplatte ruht jedochnichtdirektaufdemWagendach, son- dern wird von vier Porzellanglocken ge- tragen. Diese Porzellanisolatoren haben aufgekittete Kappen aus Gufieisen, die mit der Grundplatte verschraubt sind. Der Biigel wird bei den zuerst gelieferten drei Wagen mit der ublichen Hanfleine bedient, die jedoch aus zwei voneinander getrennten Teilen besteht. Der mit dem Biigel verbundene Teil wird auf eine isolierte Windetrommel gefiihrt; eine Abb. 307. Schaltungsschema des Motor\vagens. zweite Seiltrommel sitzt auf derselben Achse, jedoch geerdet. Auf diese Trommel lauft das zweite Seilstiick auf, das vom Personal beim Herabziehen des Biigels bedient wird. Als besondere Sicherheitsmafiregel ist zu vermerken, dafl samtliche Fahrzeuge, die zur Personenbeforderung dienen, mit einem geerdeten Schutzgitter iiberdeckt sind, das im Falle eines Drahtbruches das Auftreten gefahrlicher Spannungen im Wagen ausschliefit. Die Personenvvagen sind mit zwolf Gluhlampen beleuchtet und mit je sechs 2 - 5 Amp., 500 Volt-Heizkorpern elektrisch geheizt. 26* 404 Dr. Jullig-Freiherr v. Ferstel. Die elektrische Bahn Triest— Ofičinct. Wie aus dem Lageplan (Abb. 308) za ersehen ist, beginnt diese elektrische Kleinbahn an der Piazza della Caserma in der Nahe des Verkehrsmittelpunktes der Stadt und erreicht auf kiirzestem Wege bei 0’4 hm die Grenze des be- bauten Stadtgebietes am Fufie des Hiigels von Scorcola. Diese erste Sektion der Strecke iibenvindet mit 56 pro Mille Maximalsteigung eine Hohendifferenz von ca. 15 m. Der Adhasionsbetrieb endet hier und der Motorvvagen \vird von einer Abb. 308. Elektrische Bahn Triest—Opčina; Lageplan. riickivarts nachfahrenden Zahnradloko- motive iibernommen urid iiber die Zahn- radstrecke von ca. 800 m Lange ge- schoben. An die Zahnradstrecke, die in einer Seehohe von 177 m endet, schliefit sich \vieder eine Adhasionsstrecke an, die eine weitere Hohendifferenz von 166 m mit einer maximalen Steigung von 80 pro Mille iibenvindet. Den hocbst gelegenen Punkt — Seehohe 3 43'5 m — erreicht die Bahn in der Haltestelle Hotel Obelisk in 4% km. Die Bahn ist durchwegs eingleisig, hat Meterspur und besitzt einschliefilich der Endstationen neun Ausweichen, von denen eine in die Zahnradstrecke ein- gelegt ist. Der Ausgestaltung des Ober- baues wurden im allgemeinen, die Nor- malien der k. k. osterr. Staatsbahnen fur Schmalspurbahnen zu Grunde gelegt. Der geringste Kurvenhalbmesser betragt auf der freien Strecke 40 m und es diirfte von Interesse sein zu wissen, dafi auch in der Zahnradstrecke ein solcher Bogen vorhanden ist, ohne dafi sich hieraus irgend ein Ubelstand ergeben hiitte. Die Einschaltung dieses Bogens war unter den ortlichen Verhaltnissen nicht zu um- gehen; er befindet sich in einer Steigung von 174 pro Mille und ist 27 m lang. Die grofite durchschnittliche Neigung auf der Zahnradstrecke betragt 250 pro Mille und ist in den Haltestellen auf 100 pro Mille ermafiigt. Die vertikalen Ubergangs- bogen haben einen Minimalradius von 250 m , in einem Ausnahmefall sogar nur 100 m. In der Adhasionsstrecke ist die maximale Steigung mit 80 pro Mille begrenzt worden. Es schien geboten, durch die Ver- legung einer Bremszahnstange auf den Adhasionsstrecken mit Neigungen von iiber 70 pro Mille die Bremsfahigkeit zu sichern, nachdem schon vorher zur Er- hohung der Adhasion die urspriinglich konisch ausgefiihrten Radreifen zylindrisch abgedreht wurden. Mit Riicksicht auf denUmstand, dafi die erste Teilstrecke der Bahn — mit Adha¬ sionsbetrieb — in der Stadt die Strafien benutzt und dafi im weiteren Verlauf Teil- strecken mit Zahnrad und Adhasions¬ betrieb auf eigenem Planum und auf Strafiengrund folgen, konnte die Ein- heitlichkeit des Oberbaues nicht voll- standig gewahrt werden. Auf Strafiengrund sind Rillenschienen verlegt, und zwar in den gepflasterten Strafien in Triest ein durch die landestibliche Pflasterung be- dingtes schweres Spezialprofil von rund 48 kg Schienen- und 104 kg Gleisgewicht pro laufenden Meter. — In den maka- damisierten Strafien ist das »Teplitzer Profil« 35 kg P ro laufenden Meter Schiene und 78 » » » ?> Gleis verwendet worden. —• Auf eigenem Planum \vurde eine Vignolschiene von 2r8 kg Gewicht pro laufenden Meter verlegt. Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 405 Die Zahnstange System Strub ist aus einem Sttick Goliathschiene hergestellt, deren Kopf als Verzahnung ausgebildet vvird, indem die Zahnliicken ausgebohrt und ausgefrast werden. Der Querschnitt des Schienenkopfes ist gegen den Steg keilformig gestaltet. Diesen Kopf umgreift nun eine auf dem Lokomotivuntergestell angebrachte Sicherheitszange (Abb. 310), wodurch das Aufsteigen der Lokomotive verhindert wird. Die dargestellte Zange hangt in Ge- lenken auf dem Lokomotivrahmen, sie behindert daher die freie Beweglichkeit der Lokomotive insbesondere in Kurven nicht; in vertikaler Richtung lafit sie jedoch ein Spiel von nur einigen Milli- metern zu. Die vordere Achse kann daher nicht so weit aufsteigen, dafi die Spur- kriinze der Laufrader liber die Lauf- schienen bimveggehoben 1 werden konnen. Dieser Umstand ist von grofier Bedeutung, 406 Dr. Jiillig-Freiherr v. Ferstel. weil dadurch selbst in Kurven, wo der stets geschobene Wagen die Lokomotive aus der Gleisebene seitlich herauszu- drucken sucht, verhindert wird, dafi das Zahnrad seitlich aufier Eingriff kommt, wenn die Maschine infolge Auftriebs des Zahndruckes aufsteigen wtirde. i Bei der Talfahrt arbeitet die Loko¬ motive mit Stromruckgewinn. Abb. 311 zeigt die innere Einrichtung der Zahnradlokomotive. Der Lokomotiv- rahmen, aus Blechen genietet, ruht unge- geschwindigkeit eine konische Reibungs- kupplung schliefit, die ihrerseits mittels Kettenantriebs die Schraubenspindeln in Drehung versetzt, wodurch die Brems- bander angezogen werden. Die Auslosung kann auch von Hand oder auf elektrischem Wege bewerkstelligt werden. Zur Sicherung der Lokomotive am Ende der Zahnstangenstrecke, wo die Adhasionsstrecke mit Gefalle anscbliefit, ist eine Hebelbremse vorgesehen, die auf ein Raderpaar wirkt. 100 0 mo 200 300 11 1 11 111 I 11 _[_ I -:-1 Masssfab Abb. 310. Elektrische Bahn Triest—Opčina; Sicherheitszange. federt auf den Laufachsen, jedoch ist die vordere Achse in einer um einen horizon¬ talen Zapfen drehbaren Wiege gelagert, um selbst in scharfen Kurven die Auf- lage fiir alle vier Rader zu sichern. Die mechanischen Bremseinrichtungen sind die bei Bergbahnen allgemein tiblichen: zwei Bremsspindeln wirken mittels je zweier gerillter Bremsbander auf das Trieb- und Bremszahnrad, die automa- tische Bremse auf die Motorachsen. Die Betatigung der automatischen Bremse erfolgt durch die rotierenden Motorachsen selbst, und zwar in der Weise, daft ein Zentrifugalpendel bei Uberschreitung der eingestellten Fahr- Das Gesamtgewicht der Lokomotive betragt rund 11 t, wovon die Halfte auf die elektrische Ausriistung entfallt. Die beiden am Lokomotivrahmen starr befestigten Motoren leisten je 100 Pferdekrafte effektiv dauernd bei 700 Umdrehungen; durch Anderung der Felderregung ist jedoch eine Geschwin- digkeitsregelung von 640 bis 800 Tou- ren moglich. Hiedurch wird erzielt, dafi die Fahrgeschwindigkeit in der Talfahrt selbst bei stark geladener Batterie im Kraftwerk und 600 Volt Linienspannung — die zuliissige Ge- schwindigkeit von 2 m- Sek. nicht tiber- schreitet. Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 407 Die Motoren haben offenes Polgehause, was keinen Nachteil im Gefolge hat, weil die Motoren im Wagenkasten unterge- bracht, somit vor Nasse und Schmutz geschiitzt sind, anderseits aber konnen sie viel leichter gebaut werden, als wenn sie hermetisch gekapselt waren. Die Not- wendigkeit, in jeder Richtung mit dem Gewicht zu sparen, bedingt hohe elek- Der Wirkungsgrad der Motoren be- tragt bei Vollast 9 O°/ 0 - Jeder Motor besitzt seine eigene Schaltwalze und kann mittels Trennschalters aufier Dienst gestellt \verden, desgleichen sind zwei vonein- ander vollstandig getrennte Widerstand- satze vorhanden. BTir den Fali, dafi ein Motor dienstunfahig wird, kann der Zug vom anderen befordert werden. Abb. 311. Elektrische Bahn Triest—Opčina; innere Emrichtung der Zahnradlokomotive. trische und magnetische Beanspruchungen, und es mufite wegen Raummangels eine ziemlich knappe Bemessung der Motor- wagen vorgesehen werden. Um nun auch in dieser Hinsicht giinstige Verhaltnisse zu schaffen, erhielten die Motoren Ring- schmierung, die sich auch vorziiglich bervahrt hat. Die Lokomotive hat einen Zug, be- stehend aus einem Motorwagen von 137 t, Fassungsraum 44 Personen (32 Sitz- und 12 Stehplatze), mit einer Geschwindig- keit von 2 ?w-Sek. in der Maximalstei- gung zu befordern. Die Lokomotive wurde den behord- lichen Vorschriften entsprechend mit zwei Bligelstromabnehmern ausgeriistet. Das Btigelsystem besitzt der Rolle gegeniiber den Vorteil, dafi ein Entgleisen nicht moglich ist; dagegen ist zufolge der grofien Stromstarken der Ver- schleifi der Schleifstticke sehr grofi und die Stromabnahme erwies sich bei dem in Triest herrschenden heftigen Nordost- wind (bis 130 km Windgeschwindigkeit) viel weniger zuverlassig als beim Rollen- system, mit dem die Motorwagen aus- geriistet sind. 408 Dr. Jullig-Freiherr v. Ferstel. Die durchschnittliche Tagesleistung einer Lokomotive betragt 30 km , ent- sprechend einer Hohenleistung von 4800 m. An starken Verkehrstagen leistet eine Maschine sogar das Doppelte dieses Mittel- wertes. Der Fahrpark fiir Adbasionsbe- trieb besteht aus sechs zweimotorigen Personenwagen mit einem Fassungsraum von je 32 Sitz- und 12 Stehplatzen und einem Giiterwagen, der fiir den Stuckgut- und Wassertransport (6 m 3 ) eingerichtetist. Die elektrische Einrichtung der Wagen istinsofern bemerkenswert, als die Motoren nur in Parallelschaltung arbeiten. Die betrachtlichen Steigungen der Adhasions- strecke (bis 80 pro Mille) erforderten die volle Ausnutzung des Adhasionsgewichtes. In dieserBeziehung bietet die Parallel¬ schaltung eine weitaus grofiere Sicherheit als die Reihenschaltung, bei der das An- fahren unsicher wird, wenn ein Raderpaar zufolge Schliipfrigkeit der Schienen zu schleudern beginnt. Wahrend der Talfahrt wird in Kurz- schlufi der Motoren gebremst und der Fahrschalter ist zu diesem Zweck mit sechs Bremsstufen ausgertistet. Zur Anwendung gelangten Motoren von je 30 Pferdekraften, die entsprechend den anhaltenden starken Steigungen kraftig bemessen sind. Die Wagen haben Rollenstromab- nehmer. Die Wagenkasten sind, um das Ge- wicht auf das moglichste Minimum herab- zusetzen, tiberwiegend aus weichem Holz hergestellt und direkt auf die Langstrager aufgebaut. Einer hohen Abnutzung der Radreifen in den zahlreichen scharfen Kurven und dem hiemit verbundenen Gerausch konnte durch Schmieren der inneren Schienen- flanken mit Graphit wirksam vorgebeugt werden. Gemafi dem schweizerischen Brauch werden Wagen und Lokomotiven wahrend der Fahrt auf der Steilstrecke nicht ge- kuppelt und die Wagen miissen dem- gemafi mit einer Bremsvorrichtung ver- sehen sein, die ermoglicht, den Wagen auch allein im 25°/oigen Gefalle zu halten. Die Zahnradbremse kann von beiden Plattformen betatigt werden; der Antrieb erfolgt mittels Schraubenspindel- und Kettentibersetzung und Universalgelenk, wodurch die sichere Wirkungsweise in allen Stellungen des Gabelrahmens ge- sichert ist. Die Zahnradbremse wird nicht nur in der Steilstrecke benutzt, sondern dient auch als Notbremse in den Ad- hasionsstrecken, die ein Gefalle von ilber 70 pro Mille aufweisen. Wie bereits eingangs erwahnt wurde, vermindern die atmospharischen Nieder- schlage, die infolge der Nahe des Meeres stark salzhaltig sind, die Adhasion zwischen Rad und Schiene und deshalb wurde zur Erhohung der Bremssicherheit die vor- erwahnte Zahnstange verlegt. Gelegentlich ihrer Erprobung wurde eine Fahrge- schwindigkeit bis 30 km pro Stunde er- zielt, wobei sich die absolute Brems¬ sicherheit ergeben hat. Kurze Erwahnung soli noch dieStrom- lieferung und die Stromzufuhruno- finden. Der von der stžidtischen Zentrale gelieferte Drehstrom, 2000 Volt, Puls 42, wird in einem Motorgenerator,bestehend aus einem Synchronmotor, direkt gekuppelt mit einer Gleichstromdynamo von 200 KW bei 500 bis 800 Volt, ftir den Bahnbetrieb um- geformt. Parallel zur Dynamo arbeitet eine Pufferbatterie von 268 Elementen und ca. 200 Ampere-Stunden Kapazitat, die gleichzeitig als Reserve dient. An maschineller Reserve ist nur ein Gleich- stromanker vorhanden. Die Umformerstation ist in ro km in unmittelbarer Nahe der Bahn errichtet und mit dem Zahnradlokomotivschuppen vereinigt. Rittnerbahn. Die Bahn ist im allgemeinen hin- sichtlich ihres Charakters und der Betriebs- einrichtungen der Kleinbahn Triest—Op- čina iihnlich. Sie wurde auf Rechnung der Aktiengesellschaft der Rittnerbahn gebaut. Die Bahnftihrt vomWalterplatze in Božen iiber Oberbozen, Wolfsgruben undRappers- bichl bis zum Orte Klobenstein in einer Gesamtlange von rund 12 km und ist im ersten Teile bis nahe Kilometer ro und sodann von Kilometer 5'0 bis zum End- punkte als Adhasionsbabn, in derZwiscben- Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 409 strecke aber als Zahnradbahn ausgebildet. — Im Zuge der eingleisig gebauten Bahn (1 m Spurweite) sind die Stationen Božen—Rittnerbahnhof—Oberbozen und Klobenstein, dann zwei Ausvveichen und sechs Haltestellen angelegt. Die maximale Steigung betragt in den Adhasionsstrecken 4.7*5, in der Zahnstan- genstrecke 255 pro Mille; die Minimal- radien sind mit 28 beziehungsweise 72 m bemessen. —• Mit Ausnahme der ersten 800 m am Anfange, liegt die Bahn durch- wegs auf eigenem Planum. Dementspre- chend schwanken die zulassigen Hochst- geschwindigkeiten in den Adhasions¬ strecken zwischen 12 und 25 km pro Stunde. Fiir die Zahnstangenstrecke betragt die Maximalgeschwindigkeit 7 km pro Stunde. Die Zuge bestehen vorlaufig aus einem vierachsigen Motorwagen oder aus einem zvveiachsigen Motorwagen samt Beiwagen und werden auf der Zahnstangenstrecke stets von einer elektrischen Lokomotive bei der Bergfahrt geschoben und bei der Talfahrt gestutzt. Der Fahrpark umfafit zwei vierachsige Motorwagen mit je zwei Motoren a 45 Pferdekrdften, ausreichend zur Beforderung von 90 Personen; zwei zweiachsige Motor - wagen fiir 60 Personen, zwei zweiachsige Anhangevvagen fiir 62 Personen und drei zweiachsige elektrische Lokomotiven mit je zvvei Motoren von ca. 150 Pferdekraften Einzelleistung. Diese und die sonst noch vorhandenen Fahrbetriebsmittel fiir Giiter- beforderung sind unter anderem auch mit einer Zahnradbremse ausgeriistet. Die fiir den Betrieb notvvendige elek¬ trische Energie wird von den Etsch- vverken als Drehstrom von 10.000 Volt Spannung an eine Unterstation abgegeben, dortselbst vorerst auf 3000 Volt herab- transformiert und sodann in einem rotie- renden Umformer in Gleichstrom von der Betriebsspannung von 750 Volt um- gevvandelt. Zur Unterstiitzung des Um- formers ist eine Akkumulatorenbatterie vorhanden. Die doppelte Kontaktieitung hat bis zur Station Oberbozen 2 X 53 mm 2 und von dort bis zum Endpunkte 2 X &5 mm 2 Quer- schnitt. Aufierdem ist von der bahnseitigen Unterstation in Kilometer 3'0 bis Kilometer 6 - o eine Speiseleitung von 100 mm 2 zuge- spannt. Die Ausfiihrung der Leitungsan- lagen erfolgte in der iiblichen Weise. Zur Riickleitung sind die Schienen beniitzt, vvelche an den Stofien kupferne Ver- bindungen erhalten haben. Den Betrieb der Bahn fiihrt die k. k. priv. Siidbahngesellschaft auf Rechnung der Aktiengesellschaft der Rittnerbahn. Die elektrische Drehstrom-Ho chspan- nungsbahn in der k. u. k. Munitions- fabrik zn Wollersdorf. Die nachstehend beschriebene Bahn befindet sich in der Nahe von Wiener- Neustadt, ca. 50 km von Wien entfernt. Sie ist eine normalspurige Schlepp- und Rangierbahn, vvelche von der Station »Feuervverksanstalt« der Schneebergbahn in die k. u. k. Munitionsfabrik Wollers- dorf fiihrt, und wurde urspriinglich mit Dampflokomotiven betrieben. Die Situation ist aus Abb. 312 ersichtlich. Die in der Station Schneebergbahn an- langenden Frachtgiiter werden von der elektrischen Lokomotive in die Fabrik befordert, die dort erzeugte Munition wieder in die Station gefiihrt und behufs Weiterverfrachtung der Schneebergbahn iibergeben. Die Lokomotive mufi also mehr einen Verschub- als Transportdienst versehen und deshalb wurde auch seitens des Reichskriegsministeriums kein Gevvicht auf grofie Geschvvindigkeit gelegt. Ani- malischer Betrieb war mit Rucksicht auf die ungiinstigen Steigungsverhaltnisse — in einer Strecke 22 pro Mille — nicht durchfiihrbar, \vahrend die dauernde Ver- wendung einer Dampflokomotive mit vvesentlichen okonomischen Nachteilen verbunden gewesen ware. Bei einer ver- haltnismafiig nicht sehr grofien Bruttolast, deren Transport in den Morgen-, Mittags- und Abendstunden bevvirkt vverden mufi, hatte sich die Notwendigkeit ergeben, eine Dampflokomotive, deren Wartung und Instandhaltung allein schon mit grofieren Kosten verbunden gevvesen ware, fiir eine relativ nur kurze Beniitzungsdauer den ganzen Tag iiber unter Dampf zu halten. Nun befindet sich aber in der Munitionsfabrik eine grofiere, von der Firma Ganz & Co. eingerichtete Kraft- 4io Dr. Jullig-Freiherr v. Ferstel. 4180 mm, die Breite des Kastens 2200 mm, dessen Plohe 2095 mm. Die Blechstarke des Kastens betragt 10 mm. An jeder Stirnflache besitzt die Lokomotive einen aus Winkeleisen hergestellten Bahnraumer. Das Untergestell samt dem Fiihrerhaus ist mittels vier Tragfedern auf die beiden Laufachsen aufgehangt. Die Tragfedern stiitzen sich in der Mitte auf die Lagerbiichsen der Laufrad- wellen. Die Laufrader haben einen Durchmesser von 850 mm, wahrend der Abstand der beiden Raderpaare von einander 1800 mm betragt. Als Zugsvorrichtung dient auf jeder □ Abb. 312. Elektrische Schlepp- und Rangierbahn in der VVollersdorfer Munitionsfabrik. iibertragungsanlage, die mit 3000 Volt Drehstrom bei 42 Perioden arbeitet. Zu deren Betrieb kann sowohl eine Dampf- alš auch eine ca. 3 km entfernte Wasser- kraftzentrale dienen und beide Zentralen sind durch eine 3 km lange Hochspannungs- leitung miteinander verbunden, beziehungs- weise arbeiten auf ein gemeinsames Schalt- brett. Die vergleichenden Berechnungen fuhrten zur Wahl elektrischer Traktion mit Strom von 3000 Volt Spannung. Bei der Ausarbeitung des Projektes war an feststehenden Daten die Lage der Zentralstation, die Spannung von 3000Volt, die Periodenzahl von 42 in der Minute und eine fiir den Bahnbetrieb in der Zentrale eriibrigte Leistung von ca. 50 Pferdekraften gegeben. Die Lokomotive erhielt demzufolge einen 5opferdigen Motor bei 3000 Volt und 42 Perioden, der eine Achse mittels Zahn- radtibersetzung antreibt. Die Lokomotive (Abb. 313) besitzt ein eisernes Fiihrerhaus, welches mittels Winkeleisen auf ein aus Eisenblech be- stehendes Untergestell befestigt ist. Die Gesamtlange der Lokomotive, von Stirn¬ flache zu Stirnflache gemessen, betragt Seite ein Zughaken, welcher durch eine Evolutfeder die Zugkraft auf die zu be- fordernden Wagen iibertragt. Bei der elektrischen Ausriistung der Lokomotive konnen im wesentlichen drei Hauptteile unterschieden werden, und zwar: 1. Die Apparate fiir die Abnahme, Verteilung und Schaltung des Stromes. 2. Der Elektromotor, die Anlafivor- richtung und der Rheostat. 3. Die Apparate und Maschinen zur Erzeugung der Druckluft. Der hochgespannte Drehstrom wird der Lokomotive von der Arbeitsleitung durch zwei Stromabnahmevorrichtungen von spezieller Konstruktion zugefiihrt, wobei jeder Stromabnehmer einer Fahrt- richtung entspricht. Es befindet sich also immer der eine Stromabnehmer in herab- gelassenem Zustande (siehe Abb. 313). Ein jeder Stromabnehmer besitzt zwei nebeneinander liegende Trolleyunter- gestelle a aus Gufteisen, die je einen Luftzylinder tragen, in dessen Bohrung ein Kolben mittels komprimierter Luft bewegt \vird. Die beiden Zylinder stehen mittels Rohrleitungen mit dem Fiihrerhaus in Verbindung und man kann von dort Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 41 1 durch Offnen eines Ventils c komprimierte Luft in die Zylinder eintreten lassen. Die dadurch erzielte horizontale Bevvegung des Kolbens bewirkt mittels Hebeliibersetzung das Aufheben oder Herablassen der aus Mannesmannrohr angefertigten Trolley- stangen. Die beiden Stangen bilden ein um eine horizontale Achse drehbares Parallelogramm, dessen obere Querver- sind noch iiberdies in Messingrohren eingezogen, welche mit dem Dach und dem eisernen Untergestell in gut leitender Verbindung stehen. Hiedurch ist bewirkt, dafi ein allfalliger Fehler in der Isolation der Kabel einen sofortigen Kurzschlufi und das Abschmelzen der nžicbsten Blei- sicherung zur sicheren Folge hat. In dieser Weise sind samtliche Hochspannungs- Abb. 313. Elektrisohs Schlepp- und Rangierbahn in der Wollersdorfer Munitionsfabrik; elektrische Lokomotive. bindung aus zwei voneinander isolierten Kupferwalzen gebildet ist. Die Trolley- untergestelle sind vom Dache sorgfaltig isoliert, die Kupferwalzen mit der Arbeit- leistung in rollendem Kontakt. Der Strom wird von dem Trolley- untergestell mittels Hochspannungskabeln in das Innere der Lokomotive gefuhrt. Auf die Kabel, welche Okonitisolation besitzen, sind speziell geformte Porzellan- kugeln in einem Abstand von ca. 10 cm aufgereiht. Die so ausgestatteten Kabel leitungen innerhalb der Lokomotive geschtitzt. Die Trolleyuntergestelle, welche der gleichen Phase entsprechen, sind mittels Kabel parallel geschaltet. Von denTrolleys gelangt der Strom zunachst in einen Verteilungskasten n, welcher im Fiihrer- haus untergebracht ist. Hier verzweigt sich die Leitung einerseits zu dem Motor, anderseits zu einem kleinen Transformator, wobei jede Abzweigung mit Schmelz- sicherungen versehen ist. 412 Dr. Jiillig-Freiherr v. Ferstel. Vom Verteilungskasten fiihrt die eine Hochspannungsleitung zunachst zum Pri¬ marausschalter 1, welcher aus zwei iibereinander angebrachten Hauptteilen bestelit. Eine horizontale Metallplatte tragt an ihrer Oberflache sechs symmetrisch angeordnete vertikale Metallstifte, die von der Platte mittels Porzellanisolatoren isoliert sind. Je zwei Metallstifte sind mit- einander leitend verbunden, wie aus dem Schaltungsschema (Abb. 314) ersichtlich ist. Die Platte wird von einer vertikalen Achse getragen, welche mittels eines Hebels gehoben und gesenkt werden kann. Der obere Teil des Ausschalters besteht aus einer Scheibe, in die genau oberhalb der Štifte sechs Porzellanrohre eingesetzt sind, welche in ihrem oberen Teil mit Kupferhulsen gefiittert sind. Drei dieser Hiilsen sind mit dem aufieren Stromkreis, drei mit dem Motor in Verbindung. Beim Aufheben der Platte treten die Štifte in die betreffenden Hiilsen ein und stellen derart die Leitung zwischen den TrolIeydrahten und dem Motor her. Das Ausschalten geschieht in gleicher Weise durch Senken der Platte. Um die Fahrt- richtung zu andern, braucht man nur die Platte um ihre vertikale Achse um 6o° zu drehen, zu welchem Zwecke am Primarausschalter ein Reversierhebel angebracht ist. Die einzigen, Hochspannung ftihrenden Teile im Fuhrerhaus sind der Verteilungs¬ kasten und der Primarausschalter. Beide sind in gufieisernen, versperrbaren Kasten untergebracht, welche mit der Erde in gutleitender Verbindungstehen. DieTuren dieser Kasten sind mit einem Spezial- schliissel abgesperrt, welcher seinen gewohnlichen Platz im Handrad des Trolleyventils c hat. Ein besonderer Mechanismus in diesem Ventil gestattet es nur dann, den Schlussel aus dem Ventil zu entfernen, das ist ihn zum Offnen der obervvahnten Kasten zu beniitzen, wenn beide Trolleys in herabgelassenem Zustande sich befinden, das heifit, wenn der Wagen stromlos ist. Es kann dem- nach irgend eine beliebige Manipulation (zum Beispiel Erneuerung der Bleisicherung etc.) in den »Primarstromkžisten« nur im stromlosen Zustand der Lokomotive, also vollig gefahrlos vorgenommen werden. Der Schlussel kann aus den Turen dieser Kasten erst dann wieder herausgezogen werden, wenn diese bereits geschlossen sind. In ahnlicher Art kann das Trolley- ventil nicht fruher in Aktion treten, das heifit die Trolleys konnen nicht fruher an die Arbeitsleitung angelegt werden, bevor nicht der Schlussel auf seinen Platz im Trolleyventil zuriickgestellt wurde. Durch diesen einfachen Mechanismus ist die Moglichkeit ausgeschlossen, die Hoch¬ spannung ftihrenden Apparate in der Lokomotive zu bertihren, wenn sie sich unter Spannung befinden. Vom Primarausschalter rvird derhoch- gespannte Drehstrom dem stehenden Teile des Motors q zugefiihrt. Die Lokomotive besitzt einen Hochspannungs- motor von 50 Pferdekraften bei 3000 Volt Spannung und 42 Perioden. Die Umdre- hungszahl betragt 600 pro Minute. Der Motor ruht auf beiden Seiten auf einem Trager, der mittels Spiralfedern auf dem Rahmen befestigt ist, so dafi der grofiere Teil des Motorgewichtes elastisch aufge- hangt ist. Der Motor treibt die eine Loko- motivachse mittels Zahnradern an, bei einem Ubersetzungsverhaltnis von I : 6. Das kleine Zahnrad hat 120 mm, das grofie 720 mm im Durchmesser. Die einzige Manipulation, welche mit¬ tels Hochspannungsstrom erfolgt, ist Ein- und Ausschalten desselben mit dem Pri¬ marausschalter in der fruher angedeuteten Weise. Der Primarstromkreis schliefit sich im Stator des Motors. Der sekundare oder induzierte Strom im Rotor besitzt hochstens—bei offenem sekundaren Kreise — eine Spannung von 300 Volt. Dieser Strom wird dem Rotor durch Schleifringe abgenommen und dem Wasserrheostat f (Abb. 313) zugefiihrt. Die¬ ser Rheostat besteht aus Blechzungen von verschiedener Lange, welche in ein Bad von alkalischer Losung tauchen. Der Stromkreis des Rotors wird durch diese Blechzungen geleitet, welche unten durch die Fliissigkeit kurz geschlossen werden. Will man Widerstand ausschalten, so wird die Fliissigkeit durch Luftdruck von unten nach oben geprefit, so zwar, dafi der eingeschaltete Widerstand auf das Minimum gesunken ist, wenn die Fliis- sigkeit ihre hochste Position erreicht hat. Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 413 I Kompressor. 2 -3 Luftreservoir. 4 Ablafthahn. 5 Durchlaflhahn. 6 Anlaftventil. 7 Drosselventil. 8 Zylinder des Kurzschlieflers. g Kleines Ventil des Rheostaten. 10 Grofies Ventil des Rheostaten. n Fiilloffnung des Rheostaten. 12 Probierhahn des Rheostaten. 13 Ablaflschraube des Rheostaten. 14 Automatischer Ausschalter. 15 Luftdruck-Regulator. 16 Handpumpe. 17 Ruckschlagventil. 18 Durchlafthahn. 19 Trolleyventil. 20 Trolleybase. 21 Sicherheitsventil mit Signal. 22 Druckventil mit Signalpfeife. 23 Signalpfeife. 24 Manometer. 25 Drosselspule. 26 Blitzablciter. 27 Abzweigkasten. 28 Primarausschalter. 29 Motor. 30 Kurzschliefier. 31 Wasserrheostat. 32 Transformator. 33 Handumschalter. 34 Deckenlampen. 35 Voltmeter. 36 Reflektorlampe. 37 Stromabnehmervvalzen. 38 Trolley-Stangen. 39 Hebel des Primarausschalters, 40 Reversierhebel. In diesem Moment, wo der Motor seine volle Geschwindigkeit erreicht, schlieftt ein Schwimmer, der auf dem Rheostat- wasser schwimmt, das Ventil der Druck- luft, wodurch ein metallischer Kurz- schliefier k in Funktion tritt, welcher die drei Pole des Rotors vollstandig kurzschliefit. Die Anlafivorrichtung des Rotors besteht aus einem Ventil r, \velches zwei Positionen besitzt, und zwar »Ein- geschaltet« und »Ausgeschaltet«. In der ersteren Position dringt die Druckluft aus dem Luftreservoir p in den Wasserrheostat und passiert auf ihrem Wege ein Drossel¬ ventil. Durch grofiere oder geringere Drosselung dieses Ventils kann die Ein- stromungsgeschwindigkeit der Luft in den Rheostat variiert, oder •— was gleich- bedeutend ist — die Anlaufperiode des Motors in dem gleichen Verhaltnisse re- guliert werden. In der zweiten Position (»Ausgeschaltet«) des Anlafiventils r ent- weicht die Druckluft aus dem Rheostat ins Freie und das Wasser im Rheostat fallt herunter, wodurch der Strom im Rotor momentan unterbrochen wird. Wie ersichtlich, ist der Verwendung von Druckluft als Hilfsorgan fiir die Einleitung und Durchftlhrung der ver- schiedenen Manipulationen eine grofie Rolle zugedacht. Die Druckluft wird von einem einstufigen, vierzylindrigen Luft- kompressor h erzeugt, welcher von einem zweipferdigen Drehstrommotor von 100 Volt Spannung angetrieben wird. Der Strom fiir den Kompressormotor sowie fiir die elektrische Beleuchtung und Be- 4*4 Dr. Jtillig-Freiherr v. Ferstel. heizung der Lokomotive wird den Se- kundarklemmen eines kleinen Trans- formators g entnommen, dessen Pri- marklemmen von dem 3000voltigen Arbeitsstrom gespeist \verden. Der Luftdruck in den vorhandenen Luftreservoiren p betragt 4 Atm. Um diesen Druck von 4 Atm. standig zur Verftigung zu baben, ist in dem Stromkreis des Kompressormotors ein selbsttatiger Ein- und Ausschalter e ge- schaltet, welcher den Strom automatisch schlieftt, sobald der Druck unter 3'8 Atm. sinkt, und denselben unterbricht, wenn der Druck iiber 4 - i Atm. steigt. Ein Handausschalter d mit drei Positionen vervollstandigt diesen Stromkreis. In der ersten Position ist der Schalter in Serie mit dem Automaten geschaltet, der nun in der oben angefuhrten Weise in Aktion tritt. In der zweiten Position ist der Strom¬ kreis ganz unterbrochen, so dafi der Motor nicht angehen kann. In der dritten Po¬ sition wird der Strom, wenn etwa der Automat versagen solite, mit Umgehung des letzteren direkt dem Motor zugefuhrt. Um die Stromabnehmer auch vor Beginn der Fahrt, wo sich in den Luft¬ reservoiren noch keine Druck! uft befindet, aufheben zu konnen, ist in der Loko¬ motive eine Handluftpumpe m vorhanden, mittels vvelcher vor Beginn der Fahrt so viel Luft komprimiert wird, als zum einmaligen Aufheben eines Stromabneh- mers notig ist. Ist dieser einmal mit der Arbeitsleitung im Kontakt, so kann auch der Motorkompressor angehen und Luft in die Reservoire pumpen. Die elektrische Beleuchtung der Lo¬ komotive besteht aus vier Gliihlampen, und zwar je einer Stirnlampe mit Re¬ flektor an den beiden Stirnflachen, einer Deckenlampe zur Beleuchtung des Fiihrer- hauses und einer eigens geformten Lampe zur Beleuchtung des Volt- und Mano- meters. Die akustische Signalgebung wird mittels einer am Dache der Loko¬ motive befindlichenDruckluftpfeifebewirkt. * ■ * * Der Strom wird der Lokomotive durchwegs mittels Luftleitung zugefiihrt. Zwei hartgezogene Kupferdrahte von je 8 mm Durchmesser sind in einem Ab- stande von 87 cm und in einer Hohe von 6 m oberhalb Schienenoberkante iiber das Gleis gespannt. Der dritte Leiter des Dreiphasensystems wird durch die Schiene ersetzt, zu welchem Zwecke die Schienenstofie durch kupferne Schie- nenstoflverbindungen verbunden sind. Die Drahte der Arbeitsleitung sind mittels gufieiserner Glockenisolatoren auf querlaufenden Spanndrahten elastisch aufgehangt. Die Spanndrahte sind auf Porzellanspannisolatoren befestigt, die mittels gufieiserner Schilder auf den Holz- masten angebracht sind. Samtliche . Lei- tungen sind doppelt gegen die Erde isoliert. Wenn also auch die eine Isola- tion beschadigt wird, so bietet die zweite noch immer geniigend Sicherheit gegen einen eventuellen Kurzschlufi. Die erste Isolation zwischen dem Kupferdraht und Querdraht bildet ein gufleiserner Glocken- isolator. Ein mit isolierender Ambroin- masse umgossener Eisenbolzen ist in einem glockenformigen Gehause aus Gufieisen angebracht, das mit seinem horizontalen Arm in den Querdraht ein- gehiingt wird. Der Bolzen hat an seinem unteren Ende zwei Backen, an welchen die Drahthaltungsklemmen des Kupfer- drahtes angebracht werden. Um sicher zu gehen, werden alle Ambroinbolzen unter einer Spannung von 10.000 Volt auspro- biert. Die zweite Isolation bilden die an den Schildern angebrachten Porzellanspann¬ isolatoren, an denen die Spanndrahte befestigt sind, \vahrend die isolierende Eigenschaft der Holzmaste iiberhaupt nicht in Betracht gezogen ist. Die Aufhangung der Drahte geschieht entweder auf Masten mit Armauslegern oder auf Doppelmasten. Erstere werden zumeist in Geraden, letztere in Kurven verwendet, Der Hochspannungs - Arbeitsleitung wurde, insbesondere weil sie eine Eisen- bahnstation mit Offentlichem Verkehr iiberspannt, seitens des Eisenbahnmini- steriums grofie Aufmerksamkeit gewidmet. Hier wurde verlangt, dafi die Arbeits- leitungen in der Station »Feuerwerks- anstalt« normal stromlos bleiben und derartige Vorkehrungen getroffen werden sollen, daft diese Leitungen nur mit Zustimmuno- der Bahnstation eingfeschaltet o o Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 4'5 werden konnen, sowie dafi es dem Sta- tionsvorstand jederzeit moglich sei, seine Station auszuschalten. Aus diesen Sicher- heitsgrlinden ist die ganze elektrische Bahnstrecke in drei Sektionen eingeteilt, welche voneinander mittels Sektions- isolatoren getrennt sind und durch spe- zielle Ausschalter unter Strom gesetzt werden konnen. Die Sektion I umfafit die Station der Schneebergbahn und die Strecke bis zur Ubersetzung bei Kilome¬ ter o*2, die Sektion II den Teil von Kilome¬ ter 0*2 bis zum Ende des Kohlengleises bei Kilometer 0*7, die Sektion III die restliche Strecke bis zum Endgleis. Die elektrische Zentrale ist durch eine Luftleitung mit der Sektion II verbunden, so dafi bei Ein- schaltung der Bahn in die Zentrale zu- nachst blofi die Sektion II Strom erhalt. Zur Sicherung der Schneebergbahn- station »Feuer\verksanstalt« ist bei Kilo¬ meter 0*2 ein Semapbor aufgestellt, wel- cher mit einem Hochspannungsausschalter kombiniert ist und von der Station aus betatigt wird. Stellt diese den Semaphor auf »Frei«, das heifit, gestattet sie den elektrischen Verschubdienst in der Station, so kann der Lokomotivfiihrer mit einer Kurbel, die er auf der Lokomotive mit- fiihrt, den Ausschalter einschalten, Sek¬ tion I unter Strom setzen und in die Station einfahren. Steht jedoch der Semaphor auf »Halt«, so ist es dem Lokomotivfiihrer nicht mbglich, den Ausschalter im Se¬ maphor einzuschalten und einzufahren. Damit man in der Station sich stets davon iiberzeugen kann, ob die Arbeitsleitungen unter Strom sind oder nicht, ist auf einem Maste gegeniiber dem Aufnahmsgebaude eine rote Signallampe angebracht, welche sofort ergliiht, wenn die Sektion einge- schaltet ist. Diese Lampe erhalt ihren Strom von den Sekundarklemmen eines kleinen Transformators, dessen Primar- klemmen mit der Arbeitsleitung verbun¬ den sind. Die Stationsleitungen sind nur dann unter Strom, wenn die Lokomotive dort verkehrt, und auch dann ist es dem Sta¬ ti onsvorstand in jedem Augenblick er- moglicht, seine Station auszuschalten. Die im vorstehenden beschriebene Hochspannungsbahn wurde von der Firma Ganz & Co. nach ihrem, auch bei der Vatellinabahn ange*wendeten System aus- gefiihrt. Im Bane befindliche elektrische Bahnen. Unter den gegenwartig im Bau be- findlichen elektrischen Bahnen*) verdient die Lokalbahn Trient—Male (Nonstalbahn) als die erste vom Staate gebaute elek¬ trische Bahn besonderes Interesse. Diese Bahn, welche in erster Linie dazu bestimmt ist, das dichtbesiedelte und an Naturprodukten reiche Tal des Noče (Nonsberg und Sulzberg) der von Nor- den nach Siiden ziehenden Hauptverkehrs- ader der Stidbahn (Kufstein—Innsbruck— Brenner—Trient—Ala) naher zu bringen, die aber auch filr den Fremden- und Touristenverkehr von Bedeutung ist, be- ginnt in Trient (Seehohe 192 m) unvveit des Siidbahnhofes und fiihrt zunachst im Etschtal, teils auf eigenem Bahnkttrper, vorwiegend aber unter Beniitzung der Reichsstrafie nordvvarts iiber Gardolo, Lavis, S. Michele und —nach Ubersetzung der Etsch auf eiserner Brucke von 90 m Spanmveite— iiber MezocoronanachMezo- lombardo (Kilometer 22, 225 m ti. d. M.). Hier tritt die Bahn in das Tal des Noče ein und wendet sich nach Uber- setzung der tiefeingeschnittenen Schlucht des Flusses dem Rocchettapafi (298 m Seehohe) zu. Nun senkt sich die Trasse, dem Zug der Keichsstrafie folgend, zur Pongajolaschlucht, von wo sie mittels grofier Schleife und mit konstanter Stei- gung von 50 pro Mille die Hohe von Mollaro (Seehohe 470 m) erklimmt. Nach den Ortschaften Tajo (Kilometer 37) und Dermullo wird bei Kilometer 40 neuerlich die hier 150 m tiefe, fast senkrecht ein- geschnittene Noceschlucht auf einer kiih- nen eisernen Bogenbriicke iibersetzt. In Kilometer 44 erreicht die Bahn die Stadt Cles, den Hauptort des Nonstales (650 m Seehohe), und senkt sich dann wieder mit der Reichsstrafie zu der iiber *) Dermullo — Mendelpafi, Neumarkt — Waizenkirchen,Mahr.-Ostrau—Karwin,Gorzer Strafienbahnen etc. Die Strecke Bruneck—Sand (\$km) wurde am 21. Juli 1908, die Meraner Strafienbahn (5 km) am 7. Mai 1908 erčffnet. 416 Dr. Jiillig-Freiherr v. Ferstel. die Noceschlucht ftihrenden Mostizzolo- briicke, tritt hier in das landschaftlich hervorragend schone obere Nocetal (Sulz- berg) ein und erreicht nach den Ort- schaften Bozzana, Bordiana, Caldes und Terzolas den Endpunkt der Bahn Male (Kilometer 6o, 735 m Seehohe). Von Male fiihrt die Reichsstrafie weiter zumT onalepafi(Grenze zwischenOsterreich und Italien), wahrend eine Abzweigung siid- warts uns in dreistiindiger W agenfahrt nach dem nachst der Brenta- und Presanella- gruppe herrlich gelegenen Madonna di Campiglio (1515 m h. d. M.) bringt. Die Bahn hat eine Spurweite von 1 m, eine Trassenlange von rund 60 km und eine Maximalsteigung von 50 pro Mille. Der Hohenunterschied zwischen Male und Trient betragt 543 m. Auf den Strecken mit StraCenbentit- zung werden Rillenschienen von 35 kg , auf allen Strecken mit eigenem Unterbau Vignolschienen von 21‘8 kg pro laufenden Meter verlegt. Der Betrieb erfolgt mittels Gleichstrom mit einer Fahrdrahtspannung von 750 bis 800 Volt gegen Erde. Die Lieferung der zum Bahnbetrieb erforderlichen elektriscben Energie erfolgt aus einem von der Stadtgemeinde Trient neu erbauten Elektrizitatswerke. Dieses, in der Nahe der Ortschaft Drd, nordlich von Arco, 21 km von Trient entfernt gelegene Werk ntitzt die Wasserkraft des Sarcaflusses aus. Vorlaufig kommen drei Francisturbinen ftir ein Gefalle von 52 m und eine Leistung von je 1500 Pferde¬ kraften, gekuppelt mit Drehstromgene- ratoren von je 1000 KW Leistung zur Aufstellung. Ftir die Erregung dienen zwei eigene Aggregate, bestehend aus je einer Francisturbine von 200 Pferdekraften und einer Gleichstromdynamo von 130 K W. Die von den Drehstromgeneratoren erzeugte Spannung von 5000 Volt wird ftir die Ferniibertragung nach Trient und in das Nonstal auf 20.000 Volt erhoht. Von der Zentrale ftihren zwei geson- derte Gestange von eisernen Gittermasten, von denen jedes eine Leitung von 3X50 mm 2 tragt, zu einer Haupttrans- formatoren- und Verteilungsstation in Trient. Von hier wird eine ebenfalls auf eisernem Gestange verlegte Fernleitung von 3 X 25 mm 2 Querschnitt zu den langs der Lokalbahn Trient—Male in Bahnkilometer io - 5, 30'6 und 49^5 ge¬ legenen drei Umformerstationen gebaut. In diesen Umformerstationen wird der hochgespannte Drehstrom mittels ruhender Transformatoren und rotierender Umfor- mer in Gleichstrom von 800 Volt Span¬ nung umgewandelt. Zur Erzielung einer moglichst gleichmafiigen Belastung der Umformer und einer mdglichst konstanten Spannung sind reichlich bemessene Puffer- batterien sowie besonders Zusatz- und Ausgleichsaggregate System Pirani vor- gesehen. Von den erwahnten drei Um¬ formerstationen wird die Fahrleitung, bestehend aus zwei Profildrahten von je 70 mm 2 Querschnitt, gespeist. Der Fahrpark der Lokalbahn Trient—• Male wird umfassen: 10 vierachsige Motorwagen ftir Per- sonen- und Gepacksbeforderung mit einem Fassungsraum ftir 44 Personen und mit einem Gesamtgewicht von 25 t, aus- geriistet mit je 4 Gleichstrom-Wendepol- motoren von je 50 Pferdekraften Stunden- leistung, 12 Personen-Anhangewagen mit einem Fassungsraum ftir 44 Personen und einem Gesamtgewicht von lit, 3 Post\vagen, 12 gedeckte und 15 offene Gtiterwagen von 11 t bezw. 10 i Gesamtgewicbt. In Trient, Mezzolombardo und Male sind drei Wagenremisen mit zusammen 10 Wagenstanden, in Trient aufierdem eine Reperatunverkstatte vorgesehen. In der Station Dermullo (Kilometer 39) wird in die Lokalbahn Trient—Male die ge- genwartig ebenfalls im Bau befindliche Lo¬ kalbahn Dermullo— Mendelpafi ein- miinden. Diese Bahn fiihrt iiber Sanzeno, Romeno, Cavareno und Fondo in einer Lange von ungefahr 24 km auf den Mendelpaft, wo sie mit der bereits be- stehenden Bahn Božen—Kal tern - Mendel zusammentrifft. Die Einrichtungen dieser Bahn stimmen mit jener der Lokalbahn Trient—Male derart iiberein, dafi ein Obergang von Fahrbetriebsmitteln moglich ist. Die maximale Steigung auf der Der¬ mullo—Mendel-Bahn betragt 80 pro Mille. Bau und Betrieb elektrischer Bahnen. 417 Elektrischer Vollbahnbetrieb. Wie in allen Kulturstaaten begann man auch in Osterreich im letzten Dezen- nium des 19. jahrhunderts der Anwendung elektrischer Traktion im Vollbahnbe¬ trieb e ein besonderes Augenmerk zuzu- wenden. Die aus der Verwendung von Dampflokomotiven auf der Wiener Stadtbahn sich ergebenden Ubelstande forderten zunachst das Projekt, die Linien dieser durch engvqrbaute Stadtgebiete und lange Tunnelstrecken fuhrenden Bahn auf elektrischen Betrieb einzurichten. verwendet. Man erhoffte sich aus der Verwendung dieser Motortype die Vorteile einer einfachen Geschwindigkeitsregu- lierung und einen betrachtlichen Riick- gewinn an elektrischer Energie bei der Befahrung der zahlreichen Gefall- strecken. Die Steuerung des Zuges erfolgte von der jeweiligen Spitze desselben aus, auf elektrischem Wege durch einen Mann. Zur Bremsung des Zuges stand neben den normalen Handbremsen der Wagen die durchlaufende Luftsaugbremse zur Verfugung. Aufierdem waren die Motoren Abb. 315. Elektrischer Probezug der Stadtbahn 1902. Zur Unterstutzung dieser Studien wurden in den Jahren 1901 und 1902 unter finanzieller Beteiligung der Kommission ftir Verkehrsanlagen in Wien seitens der Firma Siemens & Halske, Aktien- Gesellschaft, umfangreiche Fahrver- suche mit einem elektrischen Probe- zuge auf der ca. 4 km langen doppel- gleisigen Stadtbahnstrecke Heiligenstadt —Michelbeuern durchgefuhrt. Der Probezug bestand aus Motor- wagen und Beiwagen. Durch die Schaltungsanordnung war die Moglichkeit einer Teilung des Zuges bis zur Fahrt mit einzelnen Motorwagen gegeben. Samtliche Wagen des Probezuges wurden dem Fahrbetriebsmittelstande der Wiener Stadtbahn entnommen und nur fiir den Einbau der elektrischen Einrichtungen entsprechend adaptiert. In den Motorvvagen wurden Nebenschlufi motoren — direkt auf den Wagenachsen sitzend — des Zuges ftir Kurzschlufibremsung nach dem im Strafienbetriebe be\vahrten System eingerichtet. Die Entnahme der zur Speisung der Motoren erforderlichen elek¬ trischen Energie erfolgte mittels an den Wagen befestigter Gleitschuhe von je einer zwischen jedem Fahrschienenpaare isoliert verlegten Mittelschiene, welche Gleichstrom von 500 VoltSpannung fiihrte. Die aus gewalzten Eisen hergestellten Mittelschienen waren von U-formigem Querschnitt und an den Stofien durch Kupferbtigel leitend verbunden. Die Riick- leitung des Stromes erfolgte durch die Fahrschienen. Die stromftihrende Mittel¬ schiene war durch seitlich montierte Holzbohlen gegen zufallige Bertihrung geschiitzt. Wenngleich auch diese Versuche zu einer abschliefienden Entscheidung in bezug auf die Betriebsumwandlung nicht fuhrten, so waren durch dieselben doch sichere Grundlagen ftir weitere Studien 27 418 Dr. Jiillig-Freiherr v. Ferstel. gegeben und geht die Ansicht der Staats- bahnverwaltung dahin, dafi in absehbarer Zeit an die Einfiihrung des elektrischen Betriebes auf der Wiener Stadtbahn geschritten werden mufi. Erwahnenswert ist auch noch ein Versuch mit elektrischer Traktion, den die Prager Firma Fr. Križik auf der ihr zu diesem Zwecke von der Staats- bahnverwaltung zur Verfiigung gestellten Strecke Hauptzollamt—Praterstern der k. k. osterreichischenStaatsbahnen(Wiener Verbindungsbahn) in den Jahren 1906 und 1907 vornahm. Der Versuch bezog sich auf die Verwendung von Gleichstrom hoherer Spannung (2X1500 Volt), gefiihrt in einer Oberleitungsanlage. Uber jedem Gleis der Versuchsstrecke warenzu diesem Zwecke zwei kupferne Trolleydrahte gespannt; als dritte beziehungsweise Aus- gleichsleitung wurden die Fahrschienen der Strecke bentitzt. Von dieser Ober- leitung aus wurden die Gleichstromserien- motoren einer Versuchslokomotive gespeist. Diese hatte ein auf zwei Triebachsen verteiltes Konstruktions- beziehungsweise Adhasionsgewicht von 29 t. Die Entnahme des Traktions- stromes aus der Oberleitung erfolgte durch Biigel. Jede der beiden Triebachsen war mit zwei Motoren (a 130 Pferdekraften) versehen, welche ihre Bewegung auf ein mit dieser Triebachse festverbundenes gemeinschaftliches Zahnrad ubertrugen. In allen Positionen der angewendeten Serien- und Parallelschaltung blieben stets zwei auf diese Weise zusammengehorige Motoren in Hintereinanderschaltung, so dafi auf einen Motor hochstens 750 Volt Spannung entfielen. Die nachste praktische Anwendung des Systems ist von der projektierenden Firma ftir die Verlangerung der Lokal- bahn Tabor—Bechyn, welche gegenwartig nach einem Gleichstromsystem von 2 X 7 °° Volt Spannung betrieben wird, in Aussicht genommen. Auch soli dem Vernehmen nach die Prager Hafenbahn mit den gleichen Traktionsmitteln ausgeriistet werden. * * * Die grofien verkehrstechnischen und wirtschaftlichen Vorteile, welche die Ver- wendung der elektrischen Lokomotive fiir den Betrieb von Hauptbahnen beim Zu- treffen gewisser Bedingungen bieten kann, haben die Staatseisenbahnverwaltung dazu veranlafit, diesem Probleme naher zu treten, und es wurde »fiir die Vorberei- tung des elektrischen Betriebes auf oster- reichischen Staatsbahnlinien« im Herbste 1906 eine eigene Studienabteilung ge- griindet, deren Aufgabe es ist, die fiir den elektrischen Bahnbetrieb geeigneten Wasserkrafte aufzusuchen, nach getroffener Auswahl die beziiglichen Wasserbe- niitzungsrechte zu erwerben und Pro¬ jekte fiir den Ausbau der gewahlten Ge- fallsstufen und fiir die elektrotechnische Einrichtung der Bahnstrecken auszu- arbeiten. Das Arbeitsgebiet dieser Studien¬ abteilung umfafit 4000 km Staatsbahn- strecken in dem westlich von Wien und siidlich der Donau gelegenen Gebiete der fisterreichischen Alpenlander. Bis zum Februar 1908 hatte die Studienabteilung 690 km Wasserlaufe in Nordtirol, in Vorarlberg und im Etsch- gebiete untersucht und mit Aufnahmen im Terrain fiir die Ausftihrung von Pro¬ jekten vorbereitet. Auch wurde eine Reihe von Detailprojekten ausgearbeitet, \velche zum Teile schon den politischen Behorden zur Durchfiihrung der rvasserrechthchen Verhandlung vorgelegt wurden. Solche \vasserrechtliche Verhandlungen haben bereits stattgefunden fiir die Gefalls- stufen: des Inn bei Landeck, der Otz- taler Ache bei Otz (fiir welche bereits die Konzession erteilt worden ist), der Salzach bei Golling, des Isonzo bei Karfreit. Berechnungen iiber den Energiebedarf sowie vergleichende Berechnungen fiir den Betrieb mit elektrischen beziehungs- weise mit Dampflokomotiven wurden bereits fiir das ganze fiir die elektrische Traktion in Aussicht genommene Ge- biet durchgefiihrt und iiberdies wurden fiir einzelne Strecken Projekte ausge¬ arbeitet. Alle diese Untersuchungen haben das Ergebnis geliefert, dafi fiir einen iiber- wiegend grofien Teil des studierten Ge- bietes der elektrische Betrieb mit Zuhilfe- nahme von Wasserkraften schon bei der gegenwartig bestehenden Verkehrsbewe- Bau und Betrieb .elektrischer Bahnen. 419 gung und bei den jetzt giiltigen Kohlen- preisen wirtschaftlich vorteilhaft ware, wahrend sich die Wirtschaftlichkeit des elektrischen Betriebes auf den iibrigen studierten Strecken bei entsprechender Verdichtung des Verkehres und bei wei- terem Steigen der Kohlenpreise er- geben wird. Im allgemeinen ist das in Betracht gezogene gebirgige Gebiet fiir den elek¬ trischen Bahnbetrieb hervorragend ge- eignet, weil zumeist dort, wo der Bahn¬ betrieb wegen der schwierigen Neigungs- verhaltnisse mehr Betriebskraft bean- sprucht als in der Ebene, naturgemaiJ auch reichlich giinstige Gefallstufen in den Wasserlaufen vorhanden sind. * * * Fiir die uns freundlichst gewahrte Unterstiitzung haben wir zu danken : dem Herrn k. k. Hofrat Dr. Adolf Ritter v. Strigi, Vorstand im statistischen De- partement des k. k. Eisenbahnministe- riums, den Herren k. k. Bauraten August Blaschek, Alexander H i r t, Eduard S c h e i c h 1, Herrn Inšpektor der k. k. oster- reichischen Staatsbahnen Hugo Wietz, Herrn k. k. Oberingenieur Emil Kabes, Herrn k. k. Ingenieur Robert Ritter v. Madeyski, Herrn Maschinen-Oberkom- missar der k. k. osterreichischen Staats¬ bahnen Paul D it te s, Herrn k. k. Re- gierungsrat Adolf P r a s c h sowie den elektrotechnischen Firmen: Osterreichi- sche Siemens-Schuckert-Werke, A. E.-G., Union-Elektrizitatsgesellschaft, Franz K r i- žik in Prag-Karolinenthal, Leobersdorfer Maschinenfabriks-Aktiengesellschaft,Elek- trizitats-Aktiengesellschaft vorm. Kolb en, Prag, V ereinigte Elektrizitats-Aktiengesell- schaft Wien, sowie den Direktionen der stadtischen Strafienbahnen in Wien und Prag. 27 ’ Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. Von Julius Spitzner, k. k. Oberbaurat im Eisenbahnministerium. M IT Stolz konnen wir sagen, dafi im abgelaufenen Jahrzehnt bei den osterreichischen Eisenbahnen die Ausgestaltung der Werkstatten und ver- schiedenartigen, maschinellen Anlagen und Einrichtungen in ganz besonderem Mafie zur Durchfiihrung gekommen ist. Nicht nur die mit Dampflokomotiven betriebenen Hauptbahnen, sondern auch die Unterneh- mungen elektrisch betriebener Bahnen scheuten nicht bedeutende Geldmittel und schufen Neubauten, Erweiterungen, Neue- rungen und Verbesserungen auf den mannigfaltigsten, maschinentechnischen Gebieten, die allerorts die gebiihrende Anerkennung finden. Hiebei wurde nicht nur das Ziel an- gestrebt, den dringenden Anforderungen, welche die einzelnen Dienstzweige infolge des rapid. steigenden Verkehrs und der durch die sozialen Verhaltnisse stetig wachsenden Anspruche stellten, nachzu- kommen, sondern auch den Betrieb bei den in Betracht kommenden Einrichtungen so wirtschaftlich als moglich auszugestalten. Solange die beladenen Eisenbahnwagen in Bewegung erhalten werden, tritt eine verkehrstechnische Leistung auf und diese steigt mit der Geschwindigkeit, der Be- triebszeit und der erforderlichen Anzahl der Nutzen bringenden Achsen. Wo liegen hiefiir die Grenzen ? Diese Frage ist nicht leicht zu beafttworten. Es bleibt demnach auch die Frage offen, wo die Grenzen der Leistungen auf dem hier zu behandelnden Gebiete liegen. Da die Grenzen sicherlich noch nicht erreicht sind, sei der herz- hafte Wunsch ausgesprochen, unser geliebter Monarch moge noch viele Jahre sich erfreuen an den Friichten, welche der Samen der Wissenschaft auf den Feldern des Verkehrs und der Industrie zur Reife bringt, auf welchen sich eiserne und stahlerne Glieder im Takte nach dem Willen der Erbauer bewegen. Innerhalb der letzten zehn Jahre wurden bei den osterreichischen Eisenbahnen ein- zelne Werkstatten ganz neu errichtet, ein- zelne bedeutend erweitert. Fiir diese und andenveitige Anlagen gelangten maschi- nelle Einrichtungen zur Ausfiihrung, die spaterhin noch eine eingehende Bespre- chung erfahren sollen. Die verbaute Grundflache aller Werk- statten (einschliefilich der Betriebswerk- statten) der mit Dampflokomotiven be¬ triebenen Eisenbahnen mifit derzeit: 678.196 m? (431.727)*). Elievon ent- fallen auf die Hauptwerkstatten 579.863 m 2 (364.557), auf die Betriebswerkstatten 98.333 (67.170). Im Jahre 1898 waren hievon vorhanden: 540.556 m" (233.934) Haupt-und Betriebs- werkstatten, oder 459.041 m 2 (179.667) Haupt- und 81.515 m 2 (54.267) Betriebs- werkstatten. Das Ausmafi aller innerhalb der letzten zehn Jahre neuerbauten Werkstiittenobjekte beziffert sich mit 137.640 m 2 (113.080)**) *) Die in ( ) angegebenen Zahlen geben die ausschliefilich auf die k. k. osterreichischen Staatsbahnen entfallenden Anteile. Das Ausmafi der verbauten Grundflache der Werkstatten der ehemaligen k. k. priv. Kaiser Ferdinands-Nordbahn betragt 84.713 m 2 und ist im Jahre 1898 als zu den Privatbahnen, derzeit zu den k. k. Osterreichischen Staats¬ bahnen gehOrig, gerechnet. **) (18.397 m 1 ) wurden nach Abtragung bestehender Objekte fiir Neubauten verwendet und daher beziffert sich die gesamte Grund¬ flache der neu erbauten Objekte mit 137.640 —I— 18.397 = 156.037 m 2 respektive (113.080) -j- (18.397) = (131.477 m 2 ). 424 Julius Spitzner. fiir die Haupt- und Betriebswerkstatten oder 120.822 m 2 (100.177) fiir die Haupt- und 16.818 m 2 (12.903) fiir die Betriebs- werkstatten. Wahrend bei einzelnen Werkstalten die dringend notwendigen, bedeutenden Erweiterungen und Ausgestaltungen in entsprechender Weise ohne Verlegung der Werkstatten moglich waren, mufi te bei einzelnen Werkstatten der k. k. oster- reichischen Staatsbahnen wegen beson- derer Hindernisse einer Erweiterung zur Verlegung, beziehungsweise Erbauung neuer Werkstatten geschritten werden. So mufite beispielsweise in Pilsen, ange- gliedert an die Werkstatte der ehemaligen Bohmischen Westbahn, eine neue Werk- statte errichtet werden, weil die bestan- dene Werkstatte der ehemaligen Eisen- bahn Pilsen—Priesen—Komotau der drin¬ gend notwendigen Ausgestaltung der Stationsanlagen in Pilsen zum Opfer fiel und die Werkstatte der ehemaligen Bohmischen Westbahn nicht annahernd derart erweiterungsfahig war, dafi an eine Ausgestaltung dieser Werkstatte gedacht werden konnte, abgeseben da- von, dafi einzelne Teile anderweitigen Zwecken zugefiihrt werden mufiten. Die Unzulanglichkeit der Werkstatte Wien zwang zur Erbauung einer neuen Wagen- werkstatte in St. Polten, weil zufolge der ortlichen Verhaltnisse in Wien eine zweckmafiige VergrOfierung der Werk- statte dortselbst nicht moglich ist und die Beantwortung der Frage wegen der weiteren Verlegung der Wiener Werkstatte wird in nicht allzu langer Zeit erfolgen miissen. Behufs Entlastung der Hauptwerk- statten der k. k. osterreichischen Staats¬ bahnen und anlafilich des Baues neuer Linien sind nicht nur einzelne Betriebs- werkstatten namhaft vergrofiert, sondern auch einzelne in d i e s e Kategorie fallende Werkstatten neu erbaut worden. Werkstatten der Hauptbahnen. Auf die einzelnen Werkstatten der mit Dampflokomotiven betriebenen Eisen- bahnen iibergehend, seien nun die in d en letzten zehn Jahren zur Ausfuhrung gekommenen Ervveiterungen, beziehungs- weise Ausgestaltungen und Neuanlagen, insbesondere von Hauptwerkstatten, naher gekennzeichnet. I. K. k. priv. Aussig- Teplitzer Eisenbahn- Gesellschaft. In das letzte Dezennium fallt als nennenswerte Ausgestaltung im Werk- stattenbetriebe nur die Erbauung einer neuen Betriebswerkstatte, und zwar jener inBohmisch-Leipa mit einer verbauten Grundflache von 3915 m 2 mit sechs Loko¬ motiv- und 20 "VVagenreparaturstanden in gedeckten, heizbaren Raumen. Der in dieser Werkstatte erforderliche Kraftbedarf, einschliefilich des Antriebes eines 13 KW-Generators fiir die elek- trische Innen- und Aufienbeleuchtung wird von einer 6opferdigen Dampfmaschine gedeckt. Den Dampf fiir die genannte Maschine sowie jenen fiir die Werkstatten- beheizung liefern zwei Rohrenkessel mit zusammen 140 m 2 Heizflache. II. K. k. priv. Bohmische Nordbahn. Die Hauptwerkstatte in B. - L e i p a zeigt eine Erweiterung um 4638 m 2 verbauter Grundflache, so dafi derzeit in derselben 12 Lokomotiven, 43 Personen-, Dienst- und Lastwagen der dieser Werkstatte zur F.rhaltung zugewiesenen Lokomotiven beziehungsweise Wagen in heizbaren Raumen gleichzeitig untergebracht werden konnen. Die Erweiterung in der gegen- standlichen Werkstatte umfafit: eine Feder- und Kupferschmiede, eine Weifi- metallgiefierei, eine Verlangerung der Lokomotiv- und Tenderschlosserei, ein Kesselhaus, eine Abteilung fiir Blech- bearbeitung und ein Arbeiterbad. Fiir Kraft- und Heizzwecke kamen drei Kessel zur Aufstellung, und zwar zwei Stiick Le¬ gende Rohrenkessel mit zusammen 198'6 m 2 Heizflache, 10 Atm. Betriebsdruck und Schworerschem Uberhitzer zur Dampfiiber- hitzung bis 280° C und ein altbrauchbarer Lokomotivkessel mit 121 m 2 Heizflache, 7^2 Atm. Betriebsdruck, fiir Treppenrost- Unterfeuerung eingerichtet. Die fiir elektrischeKraftiibertragung und elektrische Beleuchtung erforderliche elek- Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 42 5 trische Energie liefern zwei zur Aufstellung gekommene Verbund - Dampfmaschinen stehender Anordnung mit einer Leistung von je 45 Pferdekraften bei 240 minut- lichen Umdrehungen. Jede dieser Dampf¬ maschinen ist mit einer 35 KW-Gleich- stromdynamo direkt gekuppelt. Die Betriebswerkstatte in Kralup a. M. erhielt einen Rohrendampfkessel mit 65 m 2 Heizflache und 8 Atm. Betriebsdruck. Die elektrische Beleuchtung und den elektrischen Antrieb einzelner Arbeits- maschinen in der Betriebswerkstatte Kralup a. M. besorgt die zur Aufstellung ge- langte 28pferdige Einzylinder-Dampf- maschine, welche einen 8‘8 KW-Generator von einem eigenen Vorgelege aus antreibt. III. Ausschl. priv. Buschtehrader Eisenbahn. Die Erbauung eines Kesselhauses, die Verlangerung einer Schiebebiihne im Freien, ein Anbau an die Wagenmontie- rung, die Anlage einer neuen Schiebebiihne im Freien, eine Werkstattenkanzlei und ein Anbau an das Kesselhaus fiir die Prii- fungsanlage der Bestandteile der auto- matischen Vakuumbremse bilden die 4578 m 2 Grundflache messende Erwei- terung der Hauptwerkstatte in Kom o- tau. Als Ersatz fiir zwei Dampfkessel mit 5 Atm. Betriebsdruck kamen zwei Doppeldampfraum-Tischbeinkessel mit zu- sammen 416 m 2 Heizflache und 7 Atm. Betriebsdruck zur Aufstellung. Die Haupt- werkstatte in Kralup erhielt eine neue Tischlerei mit 367 m 2 Grundflache. IV. K. k. priv. osterreichische Nord- ivestbahn und Siid-Norddeutsche Ver- bindungsbahn. DieHauptwerkstatte inFloridsdorf- J e d 1 e s e e wurde durch einen Anbau an die Lokomotivmontierung (940 m 2 ) und verschiedener kleiner Objekte, im ganzen um 1161 m 2 , die Hauptwerkstiitte in N i m b u r g durch einen Anbau an die Lo¬ komotivmontierung (356 m 2 ), Erbauung eines Magazins und Aborte um zusammen 616 m 2 bereits vergrofiert und eine wei- tere Ausdehnung ist durch Erbauung einer Wagenmontierung(66i4«2 2 ), einesKessel- und Maschinenhauses (226 m 2 ), eines Anbaues an die Lokomotivmontierung (916 m 2 ) und weiterer kleinerer Objekte um zusammen 7791 m 2 Grundflache im Zuge. Eine Ausgestaltung in denKraftanlagen zeigt nur die Werkstatte Nimburg, und zwar um zwei Dampfkessel mit zusammen 288 m 2 Heizflache und um eine 45pfer- dige Kondensations-Dampfmaschine, einen 38 l / 2 KW-Elektrogenerator fiir Kraft und Licht und eine I2pferdige Sauggasmoto- renanlage. In K d n i g g r a t z wurde eine neue Betriebswerkstatte mit 1698 m 2 verbauter Grundflache errichtet, welche eine 2 5pfer- dige Dampfmaschine zum Antrieb der Arbeitsmaschinen erhielt. Der erforder- liche Dampf wird von einem Flammrohr- kessel mit 45 m 2 Heizflache (8 Atm.) geliefert. V. Priv. osterr.-ungar. Staatseisenbahn- Gesellschaft. Eine nennenswerte Erweiterung der im Jahre 1898 bereits bestandenen Werk- stattenanlagen fand nicht statt, da nur in der Werkstatte Bub na ein Kesselhaus fiir die Schmiede mit 62 m 2 , ein Kessel¬ haus fiir die Dreherei und Holzbearbei- tung mit 93 m 2 und in der Werkstatte Bohmisch-Triibau eine Siederobr- schmiede mit 109 m 2 erbaut worden sind. Zur Stromerzeugung fiir die elektrische Beleuchtung des Bahnhofes B.-Triibau und fiir die allgemeine Beleuchtung der Werkstatte wurden in der Werkstatte Bohmisch-Triibau zwei liegende Dampf¬ maschinen mit einer Leistung von je 75 Pferdekraften und eine liegende 5opferdige Dampfmaschine aufgestellt. Diese drei Dampfmaschinen sind einzylindrig, ohne Kondensation, machen 120 Umdrehungen in der Minute und treiben mittels Riemen zwei Generatoren a 45 KW und einen mit 20 KW bei 600 Umdrehungen in der Minute. Die Vermehrung der Dampfkessel um- fafit zwei Babcock-Wilcox-Wasserrohr- kessel mit zusammen 210 m 2 Heizflache bei 12 Atm. Betriebsdruck. Abb. 316 und 316 a. Priv. osterr.-ungar. Staatseisenbahn-Gesellschaft. Arbeiteiunterkunftshaus mit angebauten Depots fiir Kohle und Desinfektionsmittel der projektierten Desinfektionsanlage in Siifienbrunn. 426 Julius Spitzner. Abb. 316. Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 427 Abb. 317, 317 a, 317 b, 3170. Priv. osterr.-ungar. Staatseisenbahn-Gesellschaft. Wasserturm der projektierten Desinfektionsanlage in Siifienbrimn. Einen Dampfkessel gleicher Bauart mit 114 Heizflache und Dampfiiberhitzung (270° C) erhielt die Werkstatte Bub n a. Eine Anlage, welche wegen der fiir dieselbe u. a. auch an maschinellen Einrichtungen notigen Erfordernisse hier im besonderen ervvabnt sein soli, ist die in Suflenbrunn fiir die Desinfektion der Viehwagen des Zentralviehmarktes im Bau begriffene Desinfektions- a n s t a 1 1. Die Anlage wird iiber vier auf Betonwiirfel gelegte Gleise verfugen. Im Maschinenhause werden vier Dampfkessel a 150 m 2 Heizflache auf- 428 Julius Spitzner. Abb. 318. Werkstatte St. Polten der k. k. osterreichischen Staatsbahnen. (Wagenmontierung.) gestellt. Fiir den erforderlichen Wasser- vorrat kommt ein Wasserbehalter mit 300 m 3 Fassungsraum in einem Wasser- turm auf 25 m Hohe (Unterkante liber Fufiboden) nach Abb. 3x7 bis 317 c zur Aufstellung. Das projektierte Arbejter- unterkunftshaus (enthaltend 9 Duschbader, ein Wannenbad, einen Speiseraum) mit angebauten Depots fiir Kohle und Des- infektionsmittel ist aus den Abb. 316 u. 316 a zu ersehen. VI. K. k. priv. Siidbahngesellschaft. Auch bei dieser Bahnanstalt fand eine nennenswerte Erweiterung der im Jahre 1898 bereits bestandenen Werkstatten nicht statt. In der Werkstatte Wien mufi ten vier alte Kessel mit zusammen 172 m 1 Heiz¬ flache kassiert werden. An deren Stelle kamen vier Kessel mit zusammen 388 m 2 Heizflache, und zwar zwei Diirr-Gehre- Wasserrohrkessel mit zusammen 184 ml Heizflache (10 Atm.), zwei Wasserrohr- kessel Bauart Rautenkranz mit Uberhitzer, zusammen 204 m 2 Heizflache (10 Atm.) zur Aufstellung. Diese Kessel liefern den Dampf fiir die Betriebsmaschine und fiir die elektrische Beleuchtungsanlage Wien- Matzleinsdorf. Fiir den Betrieb der Dampf- hammer wurde ein Zweisiederkessel mit 43 ni 1 Heizflache (6 Atm.), zur Kraftiiber- tragung und elektrischen Beleuchtung ein 61 KW-Elektrogenerator aufgestellt. Die Werkstatte Marburg erhielt an Stelle von drei abgetragenen Kesseln mit zusammen 366 m 2 Heizflache drei Loko- motivkessel mit zusammen 457 m 2 Heizflache. Weiters gelangten in dieser Werkstatte drei Elektrogeneratoren mit zusammen 48 KW Leistung zur Beleuchtung und Kraftiibertragung und ein Gasmotor (6 Pferdekrafte) fiir die Spenglerei zur Aufstellung. Neuerbaut wurde im Jahre 1901 die Betriebswerkstatte in P e 11 a u mit 3112 m 2 iiberbauter Grundflache. Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 429 VII. K. k. osterreichische Staatsbahnen. Dank der seitens der mafigebenden Faktoren bewilligten Geldmittel war es moglich, entsprechend den steigenden Anforderungen, teils die bestehenden Werkstatten zu erweitern, teils neue Werkstatten zu errichten und die maschi- nellen Einrichtungen in geeigneter Weise zu vervollkommnen. Im Direktionsbezirke Wien wurde eine neue Wagenwerkstatte, und zwar in S t. Polten erbaut, von welcher der Lageplan aus Fig. III auf Tafel A und der Innenraum der Wagen- montierung aus den Abb. 318 u. 319 zu ersehen ist. Die verbaute Grundflache dieser Werkstatte, in welcher 100 Wagen in heizbarem Raum aufgestellt werden konnen, betragt 19.497 m 2 . Der Antrieb der Arbeitsmaschinen erfolgt auf elektro- motorischem Wege und wird die elektrische Energie sowohl hiefiir, als auch ftir die elektrische Beleuchtung der Werkstatte, von der Stadtgemeinde St. Polten bezogen. Den ftir die Dampfhammer und die Dampfbeheizung erforderlichen Dampf liefern zwei altbrauchbare Lokomotiv- kessel, welche im Kesselhause provisorisch zur Aufstellung kamen. In der Werkstatte Wien W e s t- b a h n h o f wurde eine neue Rohrwerkstatte mit 453 m 2 erbaut und in der Werk- statte Gmiind eine Azetylenanlage zum Abziehen von Radreifen (eine gleiche Anlage erhielt auch die Werkstatte St. Polten) errichtet. Eine Kraftzentrale zur Erzeugung elektrischer Energie ftir Kraft und Licht ist in der Werkstatte Gmiind im Bau begriffen. In der Werkstiitte Linz des gleichnamigen Direktionsbezirkes wurden die Lokomotivmontierung um 4858 m 2 , das Maschinen- und Kesselhaus um 558 m 2 , die Kesselschmiede um 628 m 2 vergrofiert und eine Giefierei mit 544 m 2 neu erbaut. Die elektrische Energie ftir Kraftzwecke liefert ein voneinerliegenden, 2 5opferdigen V erbund-Dampfmaschine Abb. 319. Werkstatte St. Polten der k. k. osterreichischen Staatsbahnen. (VVagenmontierung, im Vordergrunde Arbeitsgruben.) 43° Julius Spitzner. direkt mit 110 minutlichen Umdrehungen angetriebener 200 KW-Generator. Der Dampf (14 Atm. bis 260° C iiberhitzt) fiir diese Dampfmaschine \vird in zwei Simonis-Lanz-Wasserrobrkesseln mit zusammen 350 m 2 Heizflache erzeugt. Im Direktionsbezirke Inns¬ bruck erhielt die Werkstatte Salz¬ burg eine neue Wagenmontierung mit 2376 m 2 und die Betriebswerkstatte Feldkirch wurde fast [um den drei- stehende V erbund-Kondensationsdampf- maschinen mit zusammen 400 Pferde- kraften (bei 183 minutlichen Umdrehungen) direkt gekuppelt mit zwei a 170 KVA- Generatoren, aufgestellt. Zur Erhohung der Dampferzeugung kamen ein Wasserrohrkessel (Simonis- Lanz) mit 150 m 2 Heizflache, 10 Atm., 280° C Uberhitzung und ein Wasserrohr- kessel (Diirr) mit 231 m 2 , Heizflache 12 Atm., 300° C Uberhitzung zur Aufstellung. Abb. 320. Werkstatte Pilsen der k. k. osterreichischen Staatsbahnen. (Lokomotivmontierung.) fachen Bestand vergrbflert, namlich von 1618 m 2 auf 6090 m 2 . Die Errveiterung der letztgenannten Betriebswerkstatte betragt 4472 m 2 und umfafit eine Lokomo- tivmontierung, eine Wagenmontierung, eine Dreherei, Schmiede und Radreifen- schmiede, ein Elektrizitatswerk und ein Magazin. Fiir den Werkstattenbetrieb in Salz¬ burg, fiir den Antrieb von zwei Wasser- stationspumpen, fiir die Betriebswerkstatte in Gnigl und fiir die Beleuchtung der Bahnhofe Salzburg und Gnigl wurden in der Werkstatte Salzburg zwei Das Elektrizitatswerk in der Betriebs- werkstatte Feldkirch fiir den Kraft- und Lichtbedarf dergenannten Werkstatte und des Bahnhofes Feldkirch erhielt zwei mit Generatoren direkt gekuppelte Ver- bund-Kondensationsdampfmaschinen, und zwar: eine 200pferdige, stehende und eine ioopferdige liegende. Den gesamten Dampfbedarf decken drei Stiick Wasser- rohrkessel (Simonis-Lanz) mit zusammen 300 m 2 Heizflache mit Dampfiiberhitzer und 10 Atm. Betriebsdruck. Eine bedeutende Errveiterung, und zwarum 16.768 m 2 verbauter Grundflache, Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 431 erfuhr die Werkstatte Knittelfeld des Direktionsbezirkes Villach, deren Lageplan aus Fig. IV, Tafel A, zu ersehen ist. Zur Ausfiihrung kS.men eine Lokomotivmontierung mit 4554 m 2 , eine Wagenmontierung mit 8400 m 2 , eine Schmiede mit 1054 m 2 , eine Dreherei mit 2100 m 2 , ferner ein Maschinen-und Kessel- haus, ein Kohlenschuppen, einTransforma- torenhaus, eine Holztrockenanlage und ge- mauerte Aborte mit zusammen 660 m' 1 . statte Gorz mit 2619 m 2 verbauter Grundflache, 16 gedecktenWagen- und vier Lokomotivreparaturstanden; die Betriebs- werkstatteBuje mit 278 m 2 verbauter Grundflache und einem Lokomotiv- reparaturstand. Die Erzeugung 2 X 2 5 ° voltiger elektri- scher Energie fiir Beleuchtung und fiir Kraftzwecke (zum Antrieb von 17 Elektro¬ motoren, und zwar einen fiir Gruppen- und 16 fiir Einzelantriebe) besorgen in Gorz Abb. 321. Werkstatte Pilsen der k. k. osterreichischen Staatsbahnen. (Kesselschmiede.) Ftir elektrische Kraftiibertragung und elektrische Beleuchtung wurde eine 150- pferdige, liegende mit einem Drehstrom- generator direkt gekuppelte Verbund- Kondensationsmaschine aufgestellt. Drei Wasserrohrkessel Bauart Alban (zwei ai 65 Und einer a 250 ra 2 Heizflache) mit 11 Atm. Betriebsspannung und Dampfiiberhitzung (300 0 ) liefern den Dampf ftir die friiher ge- nannteDampfmaschine, die Dampfhammer und die Dampfheizung der neuen Gebaude. Im Direktionsbezirke Triest wurden neu erbaut: die Betriebswerk- zwei Stiick Sauggasmotoren (mit drei Gasgeneratoren) mit je 60 effektiven Pferdekraften bei 160 minutlichen Um- drehungen, welche zwei Gleichstrom- generatoren (a 37 KW bei 650 minutlichen Umdrehungen) antreiben. In Buje liefert den erforderlichen Kraftbedarf ein 6pferdiger Benzinmotor. Die Betriebswerkstatte in Lai- bach erhielt einen Dieselmotormit 12 Pfer¬ dekraften bei 24oUmdrehungen pro Minute. Der Lageplan der bereits friiher angefuhrten neuen W er k statte Pil- 432 Julius Spitzner. sen ist aus Abb. V, Tafel A, zu er- sehen. Die verbauten Grundflachen dieser neuen Werkstatte umfassen: Ein Administrationsgebaude und Markenkontrolle . 534'73 Maschinen-undKesselhaus i.ii8'88 m 2 Wagenmontierung, Holz- bearbeitungswerkstatte, Holztrockenkammer, La- gerauskocherei und Ab- orte.I3.202'3i m 2 Lokomotivmontierung und Aborte.11.447-20 m 2 Schmiede. 1.400-16 ni 2 Kesselschmiede.2.740-87 m 2 Personenwagenmontierung (4 Felder).4.241'25 m 2 zusammen . . 34.685-40 m 2 Samt den alten bestandenen und fiir Werkstattenzwecke in Venvendung stehenden Objekten beziffert sich die gesamte verbaute Grundflache der Werk- statte Pilsen mit 42.301 m 2 . Derzeit konnen in heizbaren Raumen der genannten Werkstatte gleichzeitig 50 Lokomotiven und 117 Wagen auf- gestellt werden. Fiir elektrische Kraftiibertragung und Beleuchtung besitzt die im Maschinen- und Kesselhause der Werkstatte befind- liche Kraftzentrale drei liegende Verbund- Kondensations-Dampfmascbinen mit zu¬ sammen 1240 Pferdekraften, und zwar: zwei a max. 520 Pferdekrafte und eine mit 200 Pferdekraften. Jede Dampfmaschine ist mit einem Elektrogenerator direkt gekuppelt, und zwar die 20opferdige mit einem 160 Volt- Gleichstrom, jede der 5oopferdigen mit einem Gleichstrom- (160 Volt) drehstrom- (5000 Volt) Generator. Der Strom von 5000 Volt wird an der Verwendungsstelle auf 500 Volt transformiert. Die minutliche Umdrehungszahl der Maschinen betragt 120. Den Dampf fiir diese Dampfmaschinen sowie fiir die Dampfhammer und fiir die Beheizung liefern acht Dampfkessel, und zwar: zwei Fairbairnkessel ■ a 110 m 2 , 8 Atm., vier Tischbeinkessel a 200 m 2 , 11 Atm., 280° Uberhitzung und zwei Wasserrohrkessel Bauart Rautenkranz- Suck a 230 m 2 , 11 Atm., 350° Uberhitzung. Abb.320 zeigt die Lokomotivmontierung. Diese besitzt in dem einen Repa- raturfelde einen Laufkran mit I7'370 m Spannweite, welcher, wie alle ahnlichen neueren Lokomotivmontierungskrane der k. k. osterreichischen Staatsbahnen, zwei Lastwinden mit einer Tragfahigkeit von je 30 t hat. Die maximale Tragfahigkeit eines solchen Kranes ist demnach 60 t. Jedes der drei iibrigen Reparaturfelder der Lokomotivmontierung hat einen Lauf¬ kran mit 3 t Tragkraft bei 17 '54 m Spannweite. Im Felde des 60 č-Lauf- kranes mifit die lichte Hohe der Loko¬ motivmontierung bis Dachkonstruktion- Unterkante 9^5 m und die Entfernung der Saulen zur Unterstiitzung der Fahr- bahntrager des Laufkranes 6'0 m. In den anderen drei Reparaturfeldern liegt die tiefste Kante der Dachkonstruktion 8'0 m liber Fufiboden. Die Kesselschmiede (Abb. 321)' besitzt zwei Laufkrane mit je zwei Lastwinden a 10 7 , so dafi jeder Kran eine Trag¬ fahigkeit von 20 t hat. Die Spann- weite eines j eden dieser Krane betragt 13 1 / 3 m und die Hohe der Kesselschmiede bis zur tiefsten Kante der Dachkonstruktion 9'6 m. Fiir die in der Kesselschmiede befindliche Blechbearbeitung und pneuma- tische Nieteinrichtung sind ein 5 7 -Lauf- kran und ein I x / 2 7 -Laufkran vorhanden. Im Maschinenhause befinden sich die friiher genannten Maschinengarnituren, Schaltbrett etc. sowie ein Montierungs- Laufkran mit 5 t Tragkraft. — Abb. 322 zeigt die Kesselschmiede. Samtliche Dachkonstruktionen der Werkstattengebaude sind in Eisen aus- gefuhrt. Wie aus dem Lageplan zu ersehen, ist eine Dreherei in der Wagen- montierung (Abb. 323) und eine in der Lokomotivmontierung gelegen, in ivelchen sich nebst den Rader- und sonstigen Drehbanken alle andenveitigen Eisen- bearbeitungsmaschinen zur Ausfiihrung der fiir die zugehorigen Abteilungen er- forderlichen Arbeiten befinden. Die Dreherei in der Wagenmontierung ist mit einem 3 f-Laufkran ausgestattet. Um in der Lokomotivmontierung den Verkehr von einer Seite der je 10 m langen Schiebebiihnen auf die andere nach Tunlichkeit zu erleichtern, haben die Lokomotivschiebebiihnen eine Gruben- Taj'el A. Werkstatte Lemberg der k. k. osterr. Staatsbahnen. Werkstatte Knittelfeld der k. k. osterr. Staatsbahnen. «■ I- Fig. IV "phD —MS Betriebswerkstatte Czernowitz der k. k. osterr. Staatsbahnen. Fig. II. Werkstatte St. Polten der k. k. osterr. Staatsbahnen. Fig III. Speisesaal. Siederohr-Schuppen. Tischlerei. Transformaijorenhaus- chen. Ten derm o n ti e run g-. Wohngebaup,e. "IVagenausbjpdehalle. Wagenkasten Wagenmontierung. Wasserturm. W erkzeugniftcherei. Werkstatte Pilsen der k. k, osterr. Staatsbahnen. Fig. V. Mafistab 1 : 4000. Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 433 Abb. 322. Werkstatte Pilsen der k. k. osterreichischen Staatsbahnen. (Links: Kesselschmiede. Rechts: Kesselhaus und vor demselben Spanehaus und Zyklon.) Abb. 323. Werkstatte Pilsen der k. k. osterreichischen Staatsbahnen. (Lastwagenmontierung. Im Vordergrunde Dreherei.) 28 434 Julius Spitzner. Abb. 324. Wiener stadtische Strafienbahnen. Hauptwerkstatte Rudolfsheim. (Hochheberaum.) tiefe von nur 350 mm (wie alle ander- weitigen in den letzten Jahren bei den k. k. osterreichischen Staatsbahnen ausge- fuhrten Lokomotivschiebebuhnen) und sind zu beiden Seiten jeder Schiebebiihne die zwischen den Gleisen liegenden Teile des Fufibodens behufs Verkehrs mittels Handkarren entsprechend abgeschragt. Im Direktions bezirke Prag mulite eine namhafte Erweiterung der Werkstatte Laun und der Betriebs- werkstatte Bodenbach vorgenom- men werden. Die Werkstatte Laun wurde um 16.165 nl ‘ ž verbauter Grundflache, das ist um das fast 1 V 2 fache des Bestandes im Jahre 1898 vergrofiert. Diese Vergrofierung umfafit: Eine Tyresschmiede mit 482^4 m' 1 , ein Spritzenhaus, Speisesaalanbau, Bureau- gebaude, Kauchschlot, eine Erweiterung des Kesselhauses und Aborte mit zu- sammen 984^9 m 3 , eine Kesselschmiede mit I935‘5 Erweiterung der Loko- motivmontierung 3347 »z 3 , Erweiterung der Wagenmontierung 8638" 5 ?w 2 , Schmiedeanbau, Sattlereianbau, Aus- kocherei mit zusammen 776 - 7 ni". Der- malen konnen in dieser Werkstatte 38 Lo- komotiven und 130 Wagen in heizbaren Raumen aufgestellt werden. Ftir die elektrischen Werkstatten- antriebe sowie fiir elektrische Beleuchtung sind zwei je mit einem Elektrogenerator direkt gekuppelte Dampfmaschinen a 195 Pferdekrafte aufgestellt worden. Die Vermehrung der Dampfkessel umfafit zwei Fairbairnkessel 8 Atm. a 110 m ' 1 Heizflache und einen Wasser- rohrkessel Rautenkranz-Suck mit 230 m 2 Heizflache bei 12 Atm. und 330 0 C Dampftiberhitzung. Die BetriebswerkstatteBoden- bach wurde um 7218 m 1 vergrofiert und erhielt fiir Bedeckung des Kraft- und Lichtbedarfes eine mit einem Doppel- stromgenerator direkt gekuppelte IOO- pferdige Dampfmaschine und einen Fair- bairn-Dampfkessel mit 108 m 2 Heizflache. Im Direktionsbezirke Krakau mufite die Werkstatte Neu-Sandez namhaft erweitert vverden und die be- reits durchgefuhrte Vergrofierung betragt 435 Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 7870 m 2 verbauter Grundflache, das sind rund 5 O°/ 0 des Ausmaftes vomjahre 1898. 'Es kamen zur Ausfiihrung: die Er- weiterung der Kessel- und Kupferschmiede mit 1000 ;«*, die Erweiterung der Loko- motivmontierung mit 1300 m 2 , die Er- weiterung der Wagenmontierung mit 5000 m 2 und eine neue elektrische Kraft- und Lichtzentrale mit 570 m 2 . In der Werkstatte Neu-Sandez tinden derzeit 42 Lokomotiven, 45 Personen- und Dienstwagen und 7 ° Lastwagen gleich- zeitig in heizbaren Raumen Platz. Die Krafterzeugung wurde vermehrt um zwei liegende Verbund-Kondensations- dampfmaschinen, von welchen die eine 150, die andere 275 Pferdekrafte beii25 minut- lichen Umdrehungen leistet. Jede Maschine ist mit einem Elektrogenerator (110 be- ziehungsweise 215 KW Leistung) direkt gekuppelt, um die fiir die elektrische Kraftubertragung und elektrische Be- leuchtung erforderliche elektrische Ener- gie zu erzeugen. Um den Mehrdampf fiir Maschinenlei- stung, Dampihammer, Dampfheizung etc. zu erzeugen, war eine Vermehrung der Dampf- kessel notig und wurden aufgestellt: ein Wasserrohrkessel Bauart Babcock & Wilcox, mit 180 m 2 Heizflache, 11 Atm., 230 0 C Uberhitzung, zwei Wasserrohr- kessel Bauart Simonis & Lanz, mit zu- samrnen 360 m 2 Heizflache, 11 Atm., 280° C Uberhitzung, zwei altbrauchbare Lokomotivkessel, 5 Atm. In Podgorze-Plaszow wurde eine neue Betriebswerkstatte mit 4116 m 2 verbauter Grundflache (vier Lokomotiv- und 35 Wagenreparaturstande in heiz¬ baren Raumen) errichtet. Der fiir deir elektrischen Antrieb der Arbeitsmaschinen dieser Betriebsrverk- statte erforderliche Strom wird von dem Elektrizitatswerke der Stadtgemeinde Krakau bezogen. Die Werkstatte Lemberg, deren Lageplan aus Fig. I, Tafel A, zu ersehen ist, erfuhr seit dem Jahre 1898 zwar keine bedeutende Erweiterung, hingegen war es dringend geboten, an die Sanierung un- haltbarer Verhaltnisse zu schreiten, in- Abb. 325. VViener stadtische Strafienbahnen. Hauptwerkstatte Rudolfsheim. (Holzbearbeitungsabteilung.) 28* 436 Julius Spitzner. dem die alten Werkstattenobjekte den Anforderungen, welche an Arbeitsraume gestellt werden miissen, um in denselben die Reparatur der Fahrbetriebsmittel in wirtschaftlicher und zweckentsprechender Weise ausfiihren zu kbnnen, nicht ent- sprachen. So war zum Beispiel die alte Loko¬ motivmontierung schlecht beleuchtet, ohne Hebekrane, hatte kurze Reparaturstande, eine nicht ausreichende Sčhiebebtihne Die W erkstatteStanislau wurde um 7970 m 2 verbauter Grundflache ver- grOfiert. Diese Vergrofierung umfafit: eine Wagenmontierung fiir 55 Stande mit 3758 m 2 , eine Schmiedewerkstatte mit 871 m 2 , eine Lokomotivmontierung mit 12 Reparaturstanden und Dreherei 3221 m 2 , einen Anbau an das Portier- haus 85 m 2 , Arbeiteraborte 35 m 2 . Die bestandene Kesselanlage reichte nicht aus, um auch den zur Dampfheizung Abb. 326. Wiener stadtische Straftenbahnen. Hauptwerkstatte Rudolfsheim. (Raderdreherei.) u. s. w. Eine so weitgehende Adap- tierung an der alten Lokomotivmontierung durchzufiihren, um wenigstens die Haupt- mangel zu beseitigen, war unmoglich und es blieb nichts anderes iibrig, als die alte Lokomotivmontierung abzutragen und an deren Stelle eine neue zu erbauen. Die neue Lokomotivmontierung hat ein Aus- mafi von 4351 w 2 , besitzt eisernen Dach- stuhl und eiserne Tragsaulen. — Die neue Sčhiebebtihne hat eine Lange von io - oo m. Das neue Administrationsge- baude samt Badern etc. bedeckt 755 m2 Grundflache. der neu hinzugekommenen Objekte er- forderlichen Dampf zu erzeugen, und wurden demnach ein liegender Feuerrohr- kessel mit 105 m 2 Heizflache und ein Lokomotivkessel mit 125 m 2 Heizflache aufgestellt. In Kolo me a wurde (1902) eine Betriebswerkstatte mit 275 m 2 Ausmafi errichtet. In Czernowitz wurde eine neue Betriebswerkstatte mit 3821'4 m"- ver¬ bauter Grundflache (7 Lokomotiv- und 13 Wagenreparaturstanden in heizbaren 437 Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. Abb. 327. Wiener stadtische Strafienbahnen. Hauptwerkstatte Rudolfsheim. (Montierung.) Abb. 328. Wiener stadtische Strafienbahnen. Hauptwerkstatte Rudolfsheim. (Lackiererei.) 438 Julius Spitzner. Abb. 329. "VViener stadtische Strafienbahnen. Hauptwerkstatte Rudolfsheim. (Lackiererei.) Raumen) neu erbaut. — Der Lageplan dieser Betriebswerkstatte ist aus Fig. II, Tafel A, zu ersehen. Vorlaufig wird der Kraftbedarf fiir den Antrieb der Arbeitsmaschinen von einer 35pferdigen Dampfmascbine gedeckt, welche mittels Riemen eine Haupttransmissionswelle an- treibt, von welcher u. a. auch ein j 4 1 / 2 KW-Elektrogenerator fiir die elektrische Beleuchtung angetrieben wird. Den fiir den Betrieb und die Beheizung der Werk- stattenržiume erforderlichen Dampf liefern zwei Rohrenkessel mit zusammen 85 m 2 Heizflache und 7 Atm. Betriebsdruck. Im Direktionsbezirke O 1 m ii t z erhielt die Betriebswerkstatte Mahr.-Schonberg einen iopferdigen Dieselmotor. In der Betriebswerkstatte in Jagerndorf sind Er- weiterungen der Kraftanlaofe im Zuare. Fiir samtliche Haupt- und Betriebs- werkstatten beschafften die k. k. oster- reichischen Staatsbahnen (ausschliefilich der k. k. Nordbahndirektion) neb st anderweitigen zum Teil in dem Vor- stehenden bereits angefiihrten d i v e r s e n Einrichtungen in den letzten zehn Dieehemaligek.k.priv. KaiserFer- dinands-Nordbahn stellte in der Wa- genwerkstatte Floridsdorf zwischeir zwei langen Ausbindehallen einen Verbin- dungsbau her, welcher dureb Oberlicht beleuchtet wird. Dort konnen auf den einzelnen Wagenreparaturstanden zufolge der getroffenen Einrichtungen auch die Dampfheiz- und Bremseinrichtungen ge- priift werden. — Weiters wurden sowohl in der Wagen- als auch in der Loko- motivwerkstatte verschiedene kleine Ob¬ jekte ausgeftihrt. Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 439 In der Zentralkesselanlage der letzt- genannten Werkstatte wurden ein 130 m 2 Fairbairn- und ein 301 Wasserrohr- kessel, Bauart Babcock und Wilcox, beide fiir 10 Atm. Betriebsdruck gebaut, letzterer mit Dampfuberhitzung (280°), aufgestellt. Weiters kamen in der Loko- motivwerkstatte zwei Lokomobile, deren Dampfkessel zusammen 58 m 2 Heizflache besitzen und in der Wagenwerkstatte vier Dampfkessel mit zusammen 174 ni' 1 Heiz¬ flache und zwei Dampfmaschinen mit zu¬ sammen 39 Pferdekraften zur Aufstellung. Im Jahre 1898 war die Erweiterung der Werkstatte Mahrisch-Ostrau der ehe- maligen k. k. priv. Kaiser Ferdinands- Nordbahn bereits im Zuge. Sie hat dermalen eine verbaute Grundflache von 28.071 m 2 . Werkstatten der Lokal- und Kleinbahnen. Auf dem Gebiete der maschinellen und jener Einrichtungen, welche anlafl- lich der Erhaltung der Fahrbetriebsmittel notig sind, haben auch die Lokal- b a h n e n zahlreiche, hochst anerkennens- werte Vervollkommnungen und Neuher- stellungen im letzten Dezennium zu ver- zeichnen. Es wurde hier zu weit fiihren, jede einzelne Lokalbahn einschlagig zu be- handeln, und beschranken wir uns dem- nach, einige bedeutendere Anlagen einer naheren Betrachtung zu unterziehen. Die Niederosterreichischen Landesbahnen, welche 47 Lokomoti- ven, 163 Personen- und Dienstwagen und 359 Giiterwagen zu erhalten haben, er- bauten drei Werkstatten (St. Polten, Gmiind und M i s t e 1 b a c h) mit zu¬ sammen 1496 ni- verbauter Grundflache und acht Lokomotivreparaturstanden, welche auch fiir die Vornahme von Re- paraturen an Wagen zu dienen haben. — In zwei Wagenremisen konnen zwolf Wagen untergebracht werden. Wahrend in der Werkstatte in St. Polten der Antrieb der Arbeitsmaschinen durch Elektromotoren erfolgt, welche den Strom aus dem stadtisehen Elektrizitats- werke St. Polten beziehen, besorgt den Antrieb der Arbeitsmaschinen in der Werkstatte Gmiind eine 10- und in Abb. 330. Wierter stadtische Strafienbahnen. Wagenremise Wienzeile. 440 Julius Spitzner. derWerkstatte Mistelbach eine 15pfer- dige Dampfmaschine. Unter den Werkstatten der Klein- bahnen verdienen die Werkstatten der Wiener stadtischen Strafienbah- nen, die Kraftstation der Wiener Lokal- bahnen und die Kraftstation der elektrisch betriebenen Lokalbahn Modling—Hinter- brtihl einige Hervorhebung. sind und mehr den Charakter von Ar- beitsraumen als von eigentlichen Werk- statten haben, befinden sich in: V o r- g ar te n, Erdberg, Brigittenau, Kagran, Meidling, Favoriten, Simmering, Hernals, Breitensee, Ottakring, Giirtel, Kreutzgasse, Grinzing, Rudolfsheim und W i e n- zeile. Abb. 324, 325, 326, 327, 328, 329 zeigen die Innenraume der Haupt- werkstatte Rudolfsheim, und zwar: Abb. 331. Wiener Stadtische Straftenbahnen. Werkplatz Afimayerg-asse. Die W iener stadtischen StralJenbahnen verfiigen liber 15 so- genannte Bahnwerkstatten mit zu- sammen 12.490 m 2 verbauter Grundflache (ausschliefilich der Wagenhallen, Magazine u. dgh), in welchen die bei den taglich an jedem Wagen durchgefiihrten Untersuchungen vorgefundenen kleineren Mangel beseitigt werden, und eine Haupt- werkstatte in Rudolfsheim mit einer verbauten Grundflache von 11.384 m 2 . Die Bahnwerkstatten, welche nur mit einigen, je von einem Elektromotor an- getriebenen Arbeitsmaschinen ausgeriistet Abb. 324 den Hochheberaum, » 325 die Holzbearbeitung, » 326 die Raderdreherei, » 327 die Montierung, » 328 und 329 die Lackiererei. D as Innere der Wagenhalle Wien- zeile ist in Abb. 330 dargestellt. Das Mittelgleis ist, wie aus dieser Ab- bildung entnommen werden kann, teil- weise mit einer Unterleitung ausgeriistet, um das richtige Funktionieren der Strom- abnehmer feststellen zu konnen. In Abb. 331 ist das Innere deraufdem Werkplatze ACmayergasse befind- Maschinelle Einrichtun» 2 Heiz¬ flache. *) Die in () angegebenen Zahlen geben die ausschliefllich auf die k. k. tisterreichischen Staatsbahnen entfallenden Anteile an. Auf die Hauptwerkstatten entfallen: 57 ( 39 ) Dampfkessel mit zu¬ sammen 8065 (5827) m 2 Heizflache. Der von den Dampfkesseln erzeugte Dampf dient fiir den Be¬ trieb von Dampfmaschinen, Dampf- pumpen, fiir Beheizung von Werk- statten und Bureauraumlichkeiten und fiir den Betrieb von Dampf- hammern. B. Dampfmaschinen. 50 (30) Stuck mit einer Gesamt- leistung von 4893 (4279) effekti- ven Pferdekraften. Die Arbeitslei- stung dieser Dampfmaschinen dient zum Antrieb der nachstehend unter D angefiihrten Elektrogeneratoren und zum Transmissionsbetrieb fiir Antriebe ohne elektrische Energie. Auf die Hauptwerkstatten ent¬ fallen 22 (16) Dampfmaschinen mit zusammen 3781 (3442) effek- tiven Pferdekraften. Von diesen Dampfmaschinen der Hauptwerkstatten sind 1 (o) stehende Einzylinder-Maschine mit 45 Pferdekraften; 7 (4) liegende Ein- zylinder-Maschinen mit zusammen 618 (414) Pferdekraften; 9 (9) liegende Ver- bundmaschinen mit zusammen (2603) Pferdekraften; 4 (2) stehende Verbund- maschinen mit 490 (400) Pferdekraften und 1 (1) Zwillingsmaschine mit 25 Pferdekraften. C. Kraftgasmaschinen. 1 Stuck mit 12 effektiven Pferde¬ kraften. D. Elektrogeneratoren. 38 (25) Stuck mit zusammen 5012 (4319) KW Leistung. Die von diesen Genera- toren erzeugte elektrische Energie dient teils fiir Kraftubertragung, teils fiir Be- leuchtungszwecke. E. Dieselmotoren. 3 (2) Stuck mit zusammen 52 (22) effektiven Pferdekraften. Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 445 F. Leuchtgasmotoren. 2 Stiick mit zusammen 31 effektiven Pferdekraften. Imjahre i8g8hatten samtlicheH aupt- werkstatten der k. k. osterrei- chischen Staatsbahnen 50 Dampf- kessel mit zusammen 4345 m 2 Heizflache und 29 Dampfmaschinen mit zusammen ca. 1640 Pferdekraften. Der Zuwachs bei den H a up t w er k- statten der k. k. osterreichischen Staatsbahnen (ohne Betriebswerkstat- ten) beziffert sich an Dampfkessel-Heiz- flache mit 5827 m 2 , entsprechend ca. i34°/ 0 , an Dampf-Pferdekraften mit 3442, entsprechend ca. 2io°/ 0 . Aus den letztgenannten Ziffern ist der Fortschritt in der Wirtschaftlichkeit des Betriebes zu ersehen, denn wahrend der Zuwachs an Kesselheizflachen nur 133% betragt, steigt die Dampfleistung in den Dampfmaschinen auf 210°/ 0) wobei noch zu beachten ist, dafi die Ausdehnung in den Dampfheizanlagen infolge des be- deutenden Zuwachses an neuen Werk- stattenobjekten eine ganz bedeutende ge- nannt werden mufi, da fast alle neuen Werkstattenobjekte mit Dampfheizung ausgestattet worden sin d. ad II. Bahneigene Kraftanlagen, welche aufierhalb der Werk- statten gelegen sin d, bei den ad I genannten Eisenbahnen. Im ganzen sind innerhalb der letzten zehn Jahre neun solche Anlagen, welche Kraft und Licht erzeugen, gebaut worden, von welchen sechs mit Dampfbetrieb, zwei mit Dieselmotoren und eine mit Saug- gasmotor arbeiten. Aus der Tabelle auf Seite 446 sind die Einzelheiten dieser Anlagen zu entnehmen. ad III. Kraftanlagen der elek- trisch betriebenen Kleinbahnen, welche fiir diesen Betrieb eigene Kraft- zentralen besitzen. Die samtlichen hieher gehorigen Klein¬ bahnen besitzen, und zwar einschliefilich des in Budweis im Bau befindlichen Abb. 337. Sl!lwerke bei Innsbruck. Kraftzentrale. 446 Julius Spitzner. In den letzten zehn Jahren wurden in den aufierhalb der Werkstatten gelegenen, bahneigenen Kraftzentralen zur Erzeugung elektrischer Energie fur Beleuchtung und Kraftiibertragungder mit D a m p fl o k o m o ti v en betriebenen Eisenbahnen nachbenannte Kraftaggregate aufgestellt. _ Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 447 Abb. J38. Tramway- und Elektrizitatsgesellschaft Linz-Urfahr. Kraftzentrale. (lin Vordergrande die 500 KW-Turbodynamo.) Abb. 339. Tramway- und Elektrizitatsgesellschaft Linz-Urfahr. Kraftzentrale. (Im Vordergrunde die 300 KW-Turbodynamo.) 448 Julius Spitzner. Kraftwerkes fiir den elektrischen Betrieb der dort gleichfalls im Bau begriffenen elektrischen Strafienbahn und fiir elek- trische Beleuchtungszwecke, 56 Dampf- kessel mit zusammen 8553 -m 2 Heizflache, 58 Kraftmotoren mit zusammen 32.180 effektiven Pferdekraften und 66 Elektro- generatoren mit zusammen 26.645 KW Leistung. Von den 56 Dampfkesseln sind 22 Stiick Groflwasserraumkessel (20 Tisch- Lemberger Strafienbahnen ein Stiick mit 540 effektiven Pferdekraften, Linz- Urfahr - Tramway- und Elektrizitats- gesellschaft zwei Stiick mit zusammen 1230 effektiven Pferdekraften, Elektri- zitatswerk und Stadtbahn Marienbad ein Stiick mit 1000 effektiven Pferdekraften, Briixer Straflenbahn und Elektrische Gesellschaft ein Stiick mit 750 effektiven Pferdekraften. Von den acht Wasser- turbinen sind secbs Stiick Bauart »Pelton« Abb. 340. Tramway- und Elektrizitatsgesellschaft Linz-Urfahr. Kesselhaus der Kraftzentrale. bein-,zweiLokomobilkessel) mit zusammen 3503 m 2 Heizflache und 34 Wasserrohr- kessel mit zusammen 5050 m 2 Heizflache. Die Kraftmotoren setzen sich zusammen aus 48 Dampfmaschinen mit zusammen 15.945 effektiven Pferdekraften, zwei Die- selmotoren mit zusammen 755 effektiven Pferdekraften und acht Wasserturbinen mit zusammen 15.480 effektiven Pferde¬ kraften. Unter den 48 Dampfmaschinen befinden sich fiinf Dampfturbinen mit zusammen 3520 effektiven Pferdekraften. Diese fiinf Dampfturbinen sind wie folgt verteilt: mit zusammen 15.000 effektiven Pferde¬ kraften und zwei Stiick Bauart » Girard« mit zusammen 480 effektiven Pferdekraften. Die erzeugteStromgattungist 6387KW- Gleichstrom mit einer Klemmenspannung zvvischen 450 und 575 Volt, 1018 KW- Gleichstrom mit 270 Volt und 160 KW- Gleichstrom mit 2^4700 Volt, 2.700 KW-Wechselstrom mit 2.000 Volt, 15.000 » » » 11.000 » 1.000 » -Drehstrom » 3.000 » 320 » » » 5.000 » Es sei hier jedoch hervorgehoben, dafl bei mehreren der elektrisch betriebenen Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 449 Kleinbahnen ein Teil der von ihren Zen- tralen erzeugten elektrischen Energie far Beleuchtungszwecke abgegeben wird. Jene elektrisch betriebenen, Privat- gesellschaften gehorigen Kleinbah- nen, welchen die elektrische Energie zumBahnbetriebe von einerStadtgemeinde geliefert wird, sind in den frtther genannten Ziffern n i c h t enthalten. In Abb. 335 ist eine 75opferdige Ver- bund-Kondensationsdampfmaschine des Strafienbahnen), in welchen sich sechs Wasserturbinen Bauart Pel ton mit zu- sammen 15.000 Pferdekraften befinden, ist aus Abb. 337 zu ersehen. In Abb. 340 ist das Kesselhaus der elektrischen Kleinbahn L i už¬ il r f a h r, in welchem sieben StlickBabcock- & Wilcox-Kessel mit zusammen 819 m 2 Heizflache aufgestellt sind, abgebildet. Abb. 338 und 339 zeigen das Maschinen- haus derselben Kleinbahn, in welchem Abb. 341. Gemeinde Wien. Kraftzentrale in Simmering. io.ooopferdige Turbo-Dynamo. (Werk I.) Kraft\verkes der Grazer T r a m w a y- Gesellschaft dargestellt. Aufier dieser Maschine befinden sich in diesem Kraftvverk noch drei Konden- sations-Tandem-Dampfmaschinen mit zu¬ sammen 900 Pferdekraften. Abb. 336 zeigt die stehenden Verbund- DampfmaschinendesKraftwerkes der Aussiger Strafienbahnen, welches vier solche Dampfmaschinen mit zusammen 1200 Pferdekraften besitzt. Ein Teil des Innenraumes der Sili- werke bei Innsbruck (zum Betriebe der Stubaitalbahn und der Innsbrucker sich befinden: vier Verbund-Dampfmaschi- nen mit zusammen 800 Pferdekraften, zwei Dampfturbinen Bauart Parsons mit zusammen 1230 Pferdekraften. Sechs mit den angefuhrten Dampfmotoren direkt gekuppelte Elektrogeneratoren mit zu¬ sammen 1300 KW Leistung erzeugen Wechselstrom mit 2000 Volt Spannung. Anschliefiend hieran wollen wir nun die »Wiener stadtischen Strafien¬ bahnen« und die »Elektrischen Un- ternehmungen der konigl. Haupt- stadt Prag« getrennt behandeln, einer- seits wegen der Bedeutung dieser Anlagen- 29 450 Julius Spitzner. weil beispielsweise bei den Wiener stad- tischen Strafienbahnen die gesamte G1 e i s- 1 a n g e (bei ca. 190 km Betrieb slange) ein- schliefilich Bahnhof-, Hallen- und Neben- gleise iiber 400 km betragt und anderseits weil die Ziffern der beiden Kleinbahn- untemehmungen bei Einbeziehung in die anderen das ganze • Bild zu sehr ver- schieben wiirden. Die Wiener stadtischen Stra- fienbahnen beziehen den Strom von den stadtischen Elektrizitatswerken; schon beim Bau dieser Werke mulite in erster Linie auch auf die Bedeckung des Strombedarfes tur den Wiener elektrischen Strafienbahnbetrieb Riicksicht genommen werden, weil fast s / 5 der gesaraten elek¬ trischen Energie, welche in den stadtischen Elektrizitatswerken erzeugt wird, der Wiener Strafienbahnbetrieb erfordert. Die Wiener stadtischen Elektrizitats- werke befinden sich im Bezirke Simme- ring und besitzen: Im Werke I. Sechs Dampfmaschinen a 3000 Pferde¬ krafte— 18.000 Pferdekrafte, Abb.342, drei Parsons-Dampfturbinen a 10.000 Pferde¬ krafte = 30.000 Pferdekrafte, von wel- chen eine aus Abb. 341 zu ersehen ist, eine Dampfturbine mit 500 Pferdekraften, demnach Summe der Pferdekrafte im Werke I: 48.500 Pferdekrafte. Im Werke II. Vier Dampfmaschinen a 3000 Pferde¬ krafte — 12.000 Pferdekrafte. Bis Ende 1908 sollen zwei Parsons-Dampfturbinen a 10.000 Pferdekrafte = 20.000 Pferde¬ krafte, in Betrieb kommen. Nach Inbetriebsetzung dieser zwei Dampfturbinen werden die Elektrizitats- werke verfiigen: Im Werke I iiber 48.500 Pferdekrafte, » » II » 32.000 » Zusammen 80.500 Pferdekrafte. Vondiesen 80.500 Pferdekraften werden bis Ende 1908 fur die Wiener stadti¬ schen Strafienbahnen in Verwen- dung kommen ca. 50.000 Pferdekrafte. Den fur den Betrieb der genannten Dampfmaschinen erforderlichen Dampf haben (einschliefilich 6 Stiick in Auf- stellung begriffener Dampfkessel mit je 500 m 2 Heizflache) 58 Wasserrohrkessel Bauart Babcock & Wilcox mit zusammen 19.614 m 2 Heizflache mit Dampfiiber- hitzung zu liefern. Je zwei Kessel haben einen gemeinsamen Economiser. Die Dampfmaschinen sind mit den Elektrogeneratoren direkt gekuppelt, u. zw.: die 3000pferdigen Dampfmaschinen mit je einem 2000 KW-Generator (minutliche Umdrehungen 90), die io.ooopferdigen Dampfturbinen mit je einem 6000 KW- Generator (minutliche Umdrehungen 960) und die 5oopferdige Dampfturbine mit einem 350 KW-Generator (minutliche Umdrehungen 2900). Im Jahre 1908 bauten die Wiener stadtischen Elektrizitatswerke in ihrer Kraftzentrale in Simmering eine mecha- nische Kohlenbeschickung fur die Dampf- kesselanlage. Die ankommenden Kohlen- wagen werden breit oder stirnseitig gekippt und die Kohle dann mittels Becherpater- noster gehoben und zu den Kiibelfiillvor- richtungen transportiert. Die gefiillten Kohlenkiibel werden mechanisch oberhalb der Kessel zu Schiittgossen gefiihrt und in diese entleert, von wo dann die Kohle auf die Kettenroste derDampfkessel fallt. Im Bedarfsfalle werden die Kiibel zum Koh- lenmagazin abgelenkt und dort entleert. Die »Elektrischen Unternehmungen der konigl. Hauptstadt Prag« haben in der Kraftzentrale in Prag fur den Betrieb der Prager stadtischen Strafienbahnen 20 Dampfkessel mit zusammen 4880 m 2 Heizflache, neun Dampfmaschinen (jede mit einem Elektrogenerator direkt ge¬ kuppelt) mit einer Leistung von zusammen 11.850 bis 13.800 Pferdekraften aufgestellt. Von den 20 Dampfkesseln sind 16 Stiick Grolivvasserraumkessel mit zusammen 3680 m 2 Heizflache und vier Stiick Wasserrohrkessel mit zusammen 1200 m 2 Heizflache. Samtliche Dampfkessel sind mit Dampfiiberhitzern ausgestattet. Von den neun Dampfmaschinen sind fiinf Stiick liegende Kondensations-Dreifach- Expansionsmaschinen mit je drei Dampf- zylindern und einer Leistung von je 750 bis 1000 Pferdekraften, gekuppelt mit je einem 600 KW-Drehstromgenerator; eine als liegende Kondensations- 45i Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. dampfmaschine mit vier Dampfzylindern arbeitet mit dreistufiger Expansion, leistet 2500 bis 3000 Pferdekrafte und ist ge- kuppelt mit einem 2090 bis 2460 KW- Drehstromgenerator; zwei Stiick sind liegende Kondensations-Tandemdampf- maschinen mit einer Leistung von je 300 bis 400 Pferdekriiften, gekuppelt mit je einem 230 bis 270 KW-Gleichstrom- generator. Die Erganzung bildet eine Zolly-Dampf- turbine mit einer HOchstleistung von 5000 Pferdekraften, gekuppelt mit einem 3000 KW-Drehstromgenerator. Der von den genannten Maschinen erzeugte elektrische Strom dient fiir den Betrieb der Strafienbahnen, der Drahtseil- bahn und teils zu Beleuchtungszwecken. Im jahre 1907 wurden an elektrischer Energie fur den Betrieb der Strafienbahnen und] der Drahtseilbahn 7,690.290 KW, das sind 62°/ 0 von der in diesem Jahre der »Elektrischen Unternehmungen der konigl. Hauptstadt Prag« vergiiteten elektrischen Energie verbraucht. Wie aus Vorstehendem zu entnehmen, ist auf dem vorgefuhrten Gebiete inner- halb der letzten zehn Jahre ganz Bedeu- tendes geschaffen worden, und zwar nicht nur hinsichtlich Anzahl und Leistung, sondern auch in bezug auf konstruktive Durchbildung, Wirtschaftlichkeit des Be- triebes etc. II. Lokomotivdrehscheiben. In den letzten zehnjahren kamen bei den osterreichischen mit Dampflokomo- tiven betriebenen Hauptbahnen zur Auf- stellung: 132 Stiick Lokomotivdrehscheiben, und zwar: 92 (62)*) Stiick mit einer Fahr- bahnlange bis 17 m; 25 (23) Stiick Loko¬ motivdrehscheiben mit einer Fahrbahn- lange von i8'04 m und 15 (9) mit einer Fahrbahnlange von 20^04 m. *) Die in ( ) angegebenen Zahlen ge- ben hier und in der Folge die ausschliefilich auf die k. k. Osterreichischen Staatsbahnen entfallenden Anteile. Abb. 342. Gemeinde Wien. Kraftzentrale in Simmering. 3000pferdige Vierzjlinder-Dampfmaschinen mit dreistufiger Expansion mit den Generatoren direkt gekuppelt. (Werk I.) 29 452 Julius Spitzner. Abb. 343. Abb. 343, 343 a, 343 b, 343 c, 344, 344 a. K. k. osterreichische Staatsbahnen. Normalkonstruktion fiir Lokomotivdrehscheiben mit 18-04 bis 20*04 Fahrbahnlange. Die Mafie der Drehscheibe mit 20-04 m Fahrbahnlange, welche von jene n der Drehscheib e mit 18-04 m Fahrbahnlange abweichen, sind ( eingeklamrnertj . Schnitt 1, Schnitt 5. Abb. 344■ Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 453 Ose«' >-< S h "C 5 ? O p a n U* pj fr 73 hCO Abb. 343, 343 a, 343 b, 343 c, 344 und 344 a. K. k. osterreichische Staatsbahnen. Normalkonstruktion fur Lokomotivdrehscheiben mit 18-04 und 20-04 m Fahrbahnlange. Die Mafie der Drehscheibe mit 20-04 m Fahrbahnlange, welche von jenen der Drehscheib e mit 18*04 m Fahrbahnlange ab\veichen, sind j eingeklammert|. 454 | ulius Spitzner. Die zunehmenden Langen und Gewichte der Lokomotiven als Folge der steigenden Anforderungen des Verkehres veranlafiten die k. k. Staatsbahnverwaltung, Normal- konstruktionen fiir Lokomotivdrehscheiben mit i 8’04 und 20^04 m Fahrbahnlange (siehe Abb. 343, 3433, 343^ 343C, 344 und 344a) zu verfassen. Diese Dreh- scheiben sind Balancedrehbiihnen, die in ihrem Mittelzapfen bei der Hochstbela- stung und in vhllig ausbalancierter Lage den ganzen auftretenden Druck von 150 bis 180 t aufzunehmen haben. Die Abstempelung beim Auf- und Ab- fahren der Lokomotiven erfolgt in einem Abstande von I m von jedem Biihnenende mittels schraubenformiger Stempel unter den Haupttragern. Mit jeder Abstempelung ist eine Verriegelung und die Stellung einer Signallaterne automatisch verbunden, um vor dem Auf- und Abfahren derLokomotiven die Drehbiihne an jedem Ende abstempeln, verriegeln und gleichzeitig die Signallater- nen, beziehungsweise Signalscheiben auf erlaubte oder verbotene Fahrt stellen zu konnen. Beziiglich der letzteren sei her- vorgehoben, dafi beim Verriegeln sich die Signallaterne im 1 e t z t e n, beim Ent- riegeln hingegen im e r s t e n Zeitmoment, und zwar fur erstere Bevvegung auf »erlaubte«, fiir letztere Beivegung auf »verbotene« Fahrt einstellt. Der Dom fiir die Signallaterne hat gleiche Form wie jener der Weichenlaternen, so dafi ein falsches Aufstecken der Laterne nicht moglich ist. Auch ist die Bewegung fur die Signallaterne zwanglaufig, d. h. derart eingeleitet, dafi mutwillig eine falsche Bewegung der Laternen nicht statt- finden kann. Die Drehscheibengrube ist am Rande stufenformig abgebaut und dadurch ein Einsteigen in diese am ganzen Umfange leicht mdglich. Die erste Drehscheibe dieser Kon- struktion kam im Friihjahre 1904 in Attnang-Puchheim zur Aufstellung und seit dieser Zeit \vurde die frtiher ange- gebene Anzahl von Drehscheiben mit i 8'04 und 20 - c>4 m Fahrbahnlange von den k. k. osterreichischen Staatsbahnen nach den neuen Normalplanen ausgeftihrt. Der An- trieb der Drehscheiben erfolgt von Hand aus mittels Tummelbaumen oder auf elek- tromotorischem Wege. In ersterem Falle kann, dank der einschlagigen Studien hin- sichtlich Konstruktion und Wahl des Ma¬ terials fur die mittleren Spurzapfen, das Umdrehen der schvversten Lokomotive von zwei Mann bewerkstelligt werden. Fiir den elektrischen Antrieb behufs Drehen der Biihne stehen in jenen Stationen, in welchen eine besonders grofie Anzahl von Lokomotiven gedreht werden mufi, bei den in letzter Zeit ausgefiihrten Anlagen sogenannte Schlepplokomotiven (Schlepp- motoren) in Verwendung. Bei den zwei im Heizhause Knittelfeld befindlichen Lokomotivdrehbiihnen erfolgt die Stromzufilhrung vorerst zu einem liber der Drehscheibe auf einem Geriiste be¬ findlichen Kontaktknopf, der durch drei Spanndrahte bei der Drehung der Dreh¬ scheibe in gleicher Stellung erhalten wird, und von dort geht die Zufiihrung durch drei Leitungsdrabte in einem Rohr zum verdeck- ten WendeanlasserundsodannzumSchlepp- motor. Bei den zwei im Heizhause Pod- gorze-PIaszow mittels Schlepplokomotive (Schleppmotor) elektrisch angetriebenen Lokomotivdrehbiihnen wird von den hoch- gefiihrten Zufiihrungsleitungen der Strom vor den Drehscheibengruben nach abwarts und dann unterirdisch zu den an jedem Kbnigsstuhl angebrachten Kupferringen geleitet. Ahnlich erfolgt die Stromzufiihrung bei der elektrisch angetriebenen Lokomotiv- drehscheibe in Nusle. Im Heizhause Pilsen befindet sich je ein Elektromotor auf einer Drehscheibe und der Antrieb erfolgt mittels Radertibersetzung, zu welchem Ende ein Zahnkranz um den Konigsstuhl festgelagert ist. Der elektrische Antrieb fiir die Dreh¬ scheibe in Attnang-Puchheim ist aus den Abb. 345, 345a, 345b, 346 und 347 zu ersehen. Die mit der Drehscheibe mittels Bolzen gekuppelte Schlepplokomotive Abb. 346 lauft mit ihrem einzigen Laufrade auf der Laufschiene der Drehscheibe und besteht aus einem den Hauptteil des Adhasions- geivichtes abgebenden gufieisernen Kasten. In seine vordere Kammer ist der auf eine Grundplatte geschraubte Motor von oben eingehiingt, welcher mittels eines zvveifachen Zahnradervorgeleges die Laufachse antreibt. Die Einzelgeivichte Abb. 345- t Abb. 345 a. Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 455 der Konstruktion sind so verteilt, dafi der Gesamtschrvverpunkt des ganzen Systems ungefahr in den Schnittpunkt der Laufradachse mit der Mittelebene des Laufrades fallt, wodurch erreicht wird, dafi das Eigengewicht der Schlepp- lokomotive in seiner Ganze als Ad- hasionsgewicht nutzbar gemacht wird. Im Bedarfsfalle kann das Adhasions- gewicht zusatzlich erhoht werden, indem die hintere Kammer des Wagenkastens mit Eisen oder Blei gefullt wird, oder indem Platten aus schwerem Material auf der oberen Flache des Kastens befestigt werden. '“^Die Stromzufuhrung erfolgt ober- i r d i s c h durch Schleifdrahte und Rollen- stromabnehmer. Einander gegeniiber (Abb. 345) stehen zentral zwei Stahlrohrmaste, zwischen \velchen die Schleifdrahte aus 456 Julius Spitzner. '/////////Z//////, ’ , / 777 // 7 // 7 /?- Abb. 346. Elektrischer Schleppmotor zum Antrieb der Lokomotivdrehscheibe in Attnang-Puchheim. Scbleppmotorleistung: 9 PS; Schleppmotorgewicht: 4^4 t. 8 mm Kupferdraht im Abstande von | 200 mm gespannt sind. In dem einen Mast fiihrt das Erdkabel hoch in den Abzweigkasten »a«.Die vomMast isolierten Spannschlosser »b« gestatten im Verein mit den Zugfedern »c« eine gute Ein- stellung desAuflagedruckes an denKontakt- rollen »e«, aufierdem dienen die Federn »c« als Puffer fiir die Langenunterschiede der Schleifringleitungen bei Temperatur- schwankungen. Von dem wasserdichten Abzvveigkasten »a« ftihrt jeder Leiter zur Anschlufi- und Drahtklemme »d«. Der Schleifdraht selbst legt sich in einer Schlinge um die einzelnen Laufrollen »e« des Stromabnehmers. Letzterer besteht aus drei gleichen ubereinander auf Isolatoren gelagerten Rollensystemen (Abb. 347). In jedem solcben befinden sich zwolf Rollen »e«, welche den Strom vom Draht abnehmen und ihn durch ihre Achsen »f« auf den Tragring »g« iiber- fiihren, an welchem sich die Anschlufi- klemmen fiir die Weiterleitung des Stro- mes befinden. Die Ableitungskabel gehen durch den Stander am Portal »i«, Abb. 345 a, her- unter zur Verbrauchstelle. Jede Rolle »e« hat in ihrem Achsloch einen Schrauben- gang und an den Stirnflachen je eine Ringnut, welche mit Graphitschmierung gefiillt sind. Die Anordnung der vielen einzelnen Rollen begiinstigt einen leichten und doch guten Kontakt zwischen Schleif¬ draht und Stromabnehmer, zugleich. wird der Verschleifi auf ein Minimum be- schrankt. Der Stromabnehmer steht fest auf dem Portal »i« aus leichter Eisen- konstruktion, welches wiederum starr mit der Drehscheibe verbunden ist. Von den Abdeckringen »k« tragt der oberste das Schutzdach » 1 «. Abb. 348 zeigt die Lokomotiv- Drehscheibe mit 20^04 m Fahrbabnlange der Station Amstetten. III. Schiebebtihnen. Die Schiebebtihnen fur W a g e n sind fast durchwegs als unversenkte Schiebe- 457 Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. biihnen ausgefiihrt worden mit Ausnahme bei einigen Kleinbahnen. Bei den Schiebebiihnen fiir L o k o mo¬ ti v e n, welche wegen der erforderlichen Konstruktionshohe und der grofieren Schwierigkeiten beim Auffahren von Lo- komotiven auf erhoht liegende Schiebe¬ biihnen als versenkte Biihnen zur Ausfiihrung kamen, ist man bestrebt, das Mafi der Grubentiefe so klein als mog- lich zu halten, um, wie dies bereits bei der Lokomotivmontierung der Werkstatte Pilsen angefiihrt wurde, den Verkehr mittels Handkarren von einer Seite des an die Schiebebiihnen angrenzenden Raumes auf die andere leicht dadurch zu ermoglichen, dafi man die zwischen den Gleisen liegenden Teile der Fufiboden bei den angrenzenden Riiumen gegen die Schiebebiihne abschragt. Je geringer die Konstruktionshohe der Schiebebiihne, desto geringer die Neigung bei gleicher Abschragungslange. Bei den k. k. osterreichischen Staats- bahnen erhielten fast alle Schiebebiihnen elektrischen Antrieb; die meisten nebst diesem auch Handantrieb als Reserve. Die unversenkten Wagenschiebe- biihnen werden mit 9 bis f) l j 2 m Lange, die Lokomotivschiebebiihnen mit io bis 11 m Lange ausgefiihrt. Zum Anholen der Fahrbetriebsmittel erhalten die Schiebebiihnen Seiltrommeln, auf welche ein Drahtseil aufgewickelt wird, dessen Ende mit einem Federschlofi und Haken versehen ist. Die Seiltrommeln sind entweder entsprechend tief in der Mitte der Schiebebiihne oder seitlich gelagert. Die Bewegungseinleitungen fiir die verschiedenen Arbeiten erfolgen mittels Kuppelungen. Der Berechnung der Lokomotiv¬ schiebebiihnen wird die Belastungsnorm P) der Briickenverordnung zu Grunde gelegt, der Berechnung der Wagenschiebebiihnen, u. zw. fiir die Tragkonstruktion ein zwei- achsiger Wagen mit 4 m Radstand und 9 1 / 2 t Achsdruck, hingegen fiir den Anholmecha- nismus die Kraft, die beim Anholen der schwersten dreiachsigen Wagen zum Aufzie- hen iiberdie Schiebebiihnenzungen notigist. Abb. 349 zeigteineWagenschiebebiihne der Werkstatte Laun. Diese besitzt zwischen den Endlaufradern Zwischenrollen, zum Un- terschiede von den zumeist ohne solche Zwischenrollen ausgefiihrten Wagenschie- bebiihnen. Um ein stofifreies Befahren von Schie- nenspaltenzubewerkstelligen, kommen ver- setzt stehende Doppellaufrader in An- wendung. Aus Abb. 318 ist die Wagenschiebe- biihne der Werkstatte St.Polten zu ersehen. Abb. 347. K. k. osterreichische Staatsbahnen; Drehstrom- abnehmer fiir den elektrischen Antrieb der Lokomotiv- drehscheibe in Attnang-Puchheim. *) Siehe Seite 92. cel 458 Julius Spitzner. 4 *. Abb. 348. K. k. osterreichische Staatsbahnen. Lokomotivdrebscheibe mit 20 04 ra Fahrbahnlange nach der neuen Normalkonstruktion. (Im Hintergrunde: neues Heizhaus im Bau begriffen, rechts Wasserturm.) IV. Hebevorrichtungen. i v' Die elektrische Energie liat gleich wie auf so vielen anderen Gebieten auch auf diesem Gebiete, man konnte fast sagen, andere Konstruktionsesichts- punkte geschaffen. Die motorische Kraft fiir Hebevorrichtungen zu verwenden ist nicht neu, aber die Aufgabe, Lasten mit solchen Geschwindigkeiten zu heben, zu verfahren, die Bewegungen zu hemmen, die Ge- schwindigkeiten zu regulieren, die Lasten mit Sicherheit hoch zu hal tenu. s. w. Abb. 349. K. k. osterreichische Staatsbahnen. Werkstatte Laun. Wagenschiebebiihne mit elektrischem Antrieb. schuf seit Anwendung der elektri- schen Energie bei den verschie- denen Hebevorrichtungen neue Bauarten. Der Ingenieur hatte so manche schwere Aufgabe zu losen, um den Anforderungen ge- recht zu werden, welche der Be- trieb hinsichtlich der moglichst raschen, also wirtschaftlichen Ar- beit, des sicheren Funktionierens und der sonstigen, in den einzelnen Sonderfallen geforderten Bedin- gungen stellte. Die Beliebtheit, ja man kann fast sagen die heutige Unentbehrlichkeit des elektrischen Antriebes aller Arten Flebevorrich- tungen geben ein beredtes Zeugnis Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 459 Abb. 350. Werkstatte Pilsen der k. k. osterreichischen Staatsbahnen. Lokomotivmontierung. (Feld mit dem 60 /-Lokomotivhebekran.) Abb. 351. Verladekran mit 25 t Traglahigkeit mit elektrischem Antrieb auf dem Franz Josefs-Bahnhofe der k. k. osterreichischen Staatsbahnen. 460 Julius Spitzner. daftir, dafi auch auf diesem Felde der Ingenieur seine Aufgaben in vorztiglicher Weise loste und wieder ist es das abge- laufene Dezennium, welches die be- deutendsten Fortschritte auch auf diesem Gebiete zeitigte und Bauarten in vollen- deter Form und dem Zwecke vollauf entsprechend schuf. Vor Auffiihrung einzelner Bauarten sei kurz bemerkt, dafi in den letzten Zahlreiche Krane und anderweitige Hebevorrichtungen kamen in den ver- schiedenen anderweitigen Zweigen des Eisenbahndienstes zur Aufstellung. So sehen wir unter anderem in den Werkstatten Krane mit einer Trag¬ fahigkeit von J / 2 t aufwarts bis 60 t. Je nach der Bauart und Tragfahigkeit dienen sie zum Heben von Arbeitsstiicken, zum Aus- und Einheben von Lokomotiv- Abb. 352. Niederosterr.-Steirische Alpenbahnen. Verladekran (mit elektrischem Autriebj in St. Polten. zehn Jahren von den osterreichischen Hauptbahnen auf den verschiedenen Stationsplatzen im Freien 68 (38) Sttick sogenannte Stationskrane mit einer gesamten Tragfahigkeit von 488 (305) t aufgestellt worden sind, und zwar: 24 (4) Sttick Drehkrane mit zusammen 115 (26) t Tragfahigkeit, 40 (30) diverse fest- stehende‘.'und fahrbahre Geriistkrane mit zusammen 335 (241) t Tragfahigkeit und 4 (4) Dreifufikrane mit zusammen 38 (38) t Tragfahigkeit. kesseln, zum Hochheben von Lokomo- tiven u. s. w. In den Werkstatten wurde hauptsachlichst die Anzahl der Laufkrane vermehrt, weil die Lauf- krane den Vorteil bieten, einen grofien Flachenraum bestreichen zu konnen. Um auf Stationen, auf Werkplatzen etc. (also im Freien) den gleichen Vorteil zu er- zielen, wie mit den elektrisch betriebenen L aufkranen in gedeckten Raumen, ohne aber im Freien mittels Saulenaufstellung eine Laufkrananordnung zu schaffen, ka- Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 461 men verschiedenartig gebaute, elektrisch betriebene B o c k - oder Geriist krane zur Aufstellung. In Abb. 350 sehen wir einen elektrisch angetriebenen Laufkran mit 60 t Trag- fahigkeit zum Heben von Lokomotiven der Werkstatte Pilsen. In gleicher und ahnlicher Ausfuhrung stehen solche Lauf- dritter I4pferdiger Elektromotor das Verfahren des Kramvagens besorgt. Alle drei Elektromotoren werden von einem am Kranende hangenden Fiihrerkorb aus gesteuert und die von ihnen bewirkten Bewegungen konnen im Falle einer Storung mittels Reserve - Handantriebe betatigt werden. Abb. 353- Niederosterr.-Steirische Alpenbahnen. VerJadckran (mit elektrischem Antrieb) in St. Polten. krane aucli in den anderweitigen Loko- motivmontierungen der Werkstatten der k. k. osterreichischen Staatsbahnen in Verwendung. Der abgebildete Lokomotivhebekran besitzt eine Sparinweite von 17^37 m. Er ist mit zwei Laufwinden von je 30.000 kg Tragkraft ausgeriistet. Jede Laufwinde wird von einem lopferdigen Hubmotor angetrieben, wahrend ein Die Fahrbewegung der Laufwinden erfolgt seitlich der Haupttrager von Hand aus mittels Ketten. Aus Abb. 351 ist der elektrisch be¬ triebene Bockkran mit 25 t Tragkraft, 9‘6 m Spannweite und 5 m Hubhohe des Franz Josefs-Bahnhofes Wien der k. k. osterreichischen Staatsbahnen zu ersehen. Die Kranbrticke ist an jeder Seite mit einer Galerie versehen, die auch als 462 Julius Spitzner. Versteifung gegen seitliche Schwankun- gen dienen. Fiir jede der drei Arbeitsbewegungen ist ein Elektromotor eingebaut. Die Motoren fiir das Lastheben und das Katzenfahren sind auf der Laufkatze. Der Hubmotor treibt mittels Schnecken- und Stirnradergetrieben die Kettenstern- achse fiir die Gallsche Gelenkkette. Als Bremse fiir das Hubwerk dienen ein kombiniertes Schneckengetriebe, bei welchem beim Heben eine dreigangige Schnecke mit hohem Wirkungsgrade arbeitet und beim Senken und Stillsetzen eine eingangige, selbsthemmende Schnecke selbsttatig zur Wirkung kommt und ferner eine Bandbremse, welche durch einen Elektromagnet betatigt wird und das Abbremsen der Schwungwellen und ein genaues Einstellen der Last bewirkt. Das Katzenfahrwerk ist ein Stirn- radergetriebe. Der Kranfahrmotor sitzt in der Mitte der Brucke und treibt von dort mittels Štirn- und Kegelradern ei- ner horizontalen und zweier vertikalen Transmissionswellen die Laufrollen des Kranes an. Das Lastheben erfolgt mittels Gleichstrommotor von 18 Pferdekraften effektiver Leistung bei 425 Umdrehungen pro Minute mit einer Geschwindigkeit von 2 m pro Minute bei maximaler Last. Kleinere Lasten werden rascher gehoben, da der Motor bei geringerer Belastung eine grofiere Umdrehungszahl hat. Die Katzenfahrt geschieht durch einen 5pfer- digen Motor mit 800 Umdrehungen pro Minute mit ca. 12 m pro Minute, die Kranfahrt durch einen Spferdigen Motor mit 1800 Umdrehungen pro Minute mit ca. 20 m pro Minute. Die Niederosterreichisch-Stei- rischen Alpenbahn.en stellten in St. Polten einen Verladekran mit 20 t Tragfahigkeit auf, welcher in Abb.352 und 353 abgebildet ist. Dieser Kran dient zum Verladen von Langholz, Kohle, Erz etc. von schmalspurigen auf normalspurige Wagen. Er besteht aus zwei Bockgeriisten und einer auf denselben fahrenden Kran- briicke, auf welcher sich eine elektrisch betriebene Hubwinde und ebenso be- triebene Fahrwinde befindet. Die Hub- winde hebt oder senkt mittels Draht- seilen einen langen Doppeltrager, welcher zum Anhangen von Langholz und an- derweitigen Lasten mit vier Doppelhaken, zum Anhangen von Kiibeln fiir Kohle, Erz etc. mit vier Bolzen fiir die Kiibel- gehange ausgestattet ist. Fiir beide Winden ist auch Hand- antrieb vorgesehen. Eines der beiden Bockgeriiste ist oben mit einer Bedienungsplattform ver- sehen, welche durch eine Leiter zu- ganglich ist und den Aufstieg auf die Kranbriicke vermittelt. Das in der Mitte der Kranbriicke befindliche Hubwindwerk besitzt zweije links und rechts geschnittene Winden- Seiltrommeln; an den beiden Enden der Kranbriicke sowie des langen Doppel¬ tragers sind zwei Seilumlenkrollen gelagert. Von jeder Winden-Seiltrommel fiihrt nun ein Seil, und zwar vom links geschnittenen Teil iiber die Umlenkrolle am Kran- briickenende herab zur Rolle des Doppel¬ tragers, sodann hoch zur Ausgleichsrolle an der Kranbriicke, von derselben hinab iiber die zweite Rolle des Doppeltragers, hoch zur Umlenkrolle der Kranbriicke und schliefilich zum rechtsgeschnittenen Teil der Seiltrommel. Durch diese Anordnung ist jedes Ende des Doppeltragers von vier Seilen getragen und es erfolgt ein Ausgleich bei verschiedenen Seildehnungen. Die zulassige Hochstbelastung betragt fiir einen Doppelhaken I2'5 t, fiir zwei bis vier Doppelhaken zusammen 20 t. Beim Verladen von Langholz, welches mittels Ketten an die Haken gehangt wird, kommen je nach der Lange des Holzes die zwei inneren oder die zwei aufieren Haken zur Verwendung. Das Hubwindwerk wird durch einen Senkbremskontroller betatigt, welcher die* sinkende Last durch Strom bremst und damit die Senkgeschwindigkeit regelt. Aufierdem ist eine durch ein Gewicht automatisch betatigte Bandbremse ein¬ gebaut, welche durch einen Brems- elektromagnet geliiftet wird, wenn der Motor Strom erhalt. Fiir den Handbetrieb ist eine La- mellenbremse vorhanden, welche die Last in jeder Lage festhalt. Beim Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 463 Handbetrieb mufi die beim elektrischen Betrieb durch den Elektromotor geltiftete Bandbremse durch Aufheben des Ge- wichtes dauernd geliiftet sein. Das Fahrwindwerk besteht aus dem Fahrmotor, welcher eine Transmissions- welle antreibt, deren zwei an ihren Enden aufgekeilte Trieblinge in die mit den Stahlgufilaufrollen fest verbundenen Zahnkranze eingreifen. In das Fahrwindwerk ist ebenfalls eine durch Gewicht wirkende und mit Elektromagnet geluftete Bandbremse ein- gebaut, welche ein rasches Stillsetzen der Fahrbewegung gestattet. Bei stromlosem Elektromagnet ist die Fahrwinde abgebremst. Auch hier mufi fiir den Handbetrieb die Bandbremse geliiftet bleiben. Die Kontroller, Wider- stande und Schalttafeln befinden sich in demunterder einen Fahrbahn angebrachten Fuhrerhauschen. Beim Heben der Maximallast von 20 t mit der grofiten Hebegeschwindig- keit von 17 m in der Minute leistet der Hubmotor 127 Pferdekrafte. Bei einer Fahrgeschwindigkeit der Kranbriicke von I2 1 j 2 m in der Minute leistet der Fahrmotor 3'4 Pferdekrafte. Der in Abb. 354 abgebildete elektrisch betriebene Laufkran mit einer Tonne Tragkraft und 18 m Spannweite diente beim Bau der Karawankenbahn zum Aufstapeln sowie Wiederverladen von Quadersteinen im Gewichte bis 1000 kg. Auf einem Platze von ca. 200 m Lange und 118 m Breite sollten die Steine bis zu einer Plohe von 4 m geschichtet und von da je nach Bedarf fiir den Bau auch wieder entnommen werden. Zu dem Zwecke wurde der Laufkran nicht wie in der sonst ublichen Weise auf ein hohes Geriist gesetzt, das iiber die ganze Lange des Platzes sich er- strecken miifite, sondern selbst auf ca. 6 m hohe Fiifie gestellt, die zum Durch- lassen der Last eingerichtet sind, da die Entnahme oder auch Wiederverladung der Steine aus Eisenbahnwaggons erfolgte, deren Gleise parallel mit den Gleisen liefen, auf welchen sich der Kran be- wegte. Abb. 354. Verladekran mit 1000 kg Tragkraft. (Beim Bau des Karawankentunnels in Vervvendung.) 464 Julius Spitzner. Abb. 355. K. k. osterreichische Staatsbahnen. Wagenkran mit 20 t Tragfahigkeit. Die Fahrgeschwindigkeit des Kranes betrug 45 m pro Minute, die Quer- (Katz-)Bewegung erfolgte mit 20 m pro Minute und der Hub mit 9 m pro Minute. Abweichend von den gewohnlichen Laufkrankonstruktionen war die Laufkatze selbst nicht mit dem Hub- und Beweg-un°:s- mechanismus versehen, sondern nur als einfache Rollenflasche konstruiert, die durch ein Stahldrahtseil hin und her bewegt wurde. Die Motoren und Schneckenantriebe sowie Seiltrommeln fiir die Querbewegung und den Hub befanden sich mit der Schalt- tafel und den Anlafiapparaten im ge- deckten Ftihrerstand, der an dem einen Fufie auf dem Kragarm der Katzbahn situiert war. Durch diese Anordnung ka¬ men alle blanken Querleitungen in Weg- fall und waren nur seitlich von der Kran- bahn die beiden Zuleitungsdrahte ftir die Langsfahrt auf Masten angebracht. Der Langsfahrmotor und das Getriebe fiir die Langsfahrt waren in einem wetter- sicheren Gehause auf der Mitte der beiden Hauptrager-T-Eisen, deren untere Flanschen als Katzbahn dienten. Durch eine horizontale sowie zwei vertikale Wellen mit konischen Radern wurde die Bewe- gung des Getriebes auf zwei der unteren Laufrader iibertragen. In Abb. 355 ist ein bei den k. k. oster- reichischen Staatsbahnen (Staatsbahn- direktion Krakau) in Venvendung ste- hender, fiir normale Spur- weite gebauter, fahrbarer Wagenkran mit einer Hochsttragkraft von 20 t abgebildet. Zur Erganzung der aus der Figur ohnehin ersichtlichen Durchbildung des Kranes sei noch folgendes kurz bemerkt: Der Kran ist fiir Dampf- und Handbetrieb eingerichtet. Gegen- stande bis 10 / Gewicht konnen ohne jedvvede Abstiitzung des Kranes gehoben werden. Beim Heben von Gegenstanden von I o bis 20 t Gewicht werden an bei¬ den Seiten des Kranwagens je zwei 5'6 m lange und o'8 m breite Holzroste neben den Schienen in die Schotterkrone eingebettet, auf \velche sich der Kranwagen mittels seitlich angebrachter Schraubenspindeln stiitzt. Die Ausladung von Kranmitte bis Hakenmitte miftt 5 - 5 m, die Entfernung von der Pufferflache bis Hakenmitte i'88 m und die Hubhohe von Schienenoberkante bis zum ganz aufgezogenen Haken 6’5 m. Die Kransaule ist in der im Wagen- gestelle eingebauten Tragplatte aus Stahl- gufi fest eingesetzt und auf dieser ein aus gewalzten Tržigern konstruiertes Dreh- schild gelagert, das einerseits die Gegen- gewichtsbahn und anderseits den aus zwei Mannesmannrohren gebildeten um- legbaren Ausleger tragt. Das Drehschild ist mittels Schrauben feststellbar; auf ihm sind noch der Kessel und die Dampf- maschine mit dem Windwerk montiert. Abb. 356. Viertonnenkran auf dem IJmschlagplatz Schonpriesen. 465 Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. Abb. 357. Wiener stadtische Straftenbahnen. Werkplatz Afimayergasse. (Portalkran.) Abb. 358. Wiener stadtische Strafienbahnen. Werkplatz Afimayergasse. (Krane und Schienenlager.) 30 466 Julius Spitzner. Der stehende Siederohrkessel mit 8 Atm. Betriebsdruck hat 6'g m 1 Heizflache, die zweizylindrige Dampfmaschine leistet io effektive Pferdekrafte. Das Gegengewicht wird automatisch je nach der Grofie der zu hebenden Last entsprechend weit ausgeschoben. Zum Wagenkrane gehort noch ein an der Auslegerseite anzukuppelnder Sattel- Abb. 359. K. k. osterreichische Staatsbahnen. Lokomotivhebebocke mit hydraulischem Antrieb, 60 t Tragfahigkeit pro Garnitur (15 t pro Bock). wagen, der zum Auflegen des Kranarmes beim Verfahren des Kranes dient, und ein Beiwagen fiir die Gegengewichtsseite des Wagenkranes. Abb. 356 stellt einen Verladekran am Umschlagplatze in Schonpriesen der priv. osterr.-ungar. Staatseisenbahn-Gesellschaft dar. Das Gewicht des Kranes betragt 35.500 kg, die Ausladung n m, die Hubhohe io - 8 m. Geschwindigkeiten: beim Lastheben 24 m pro Minute, beim Kranfahren 50 m pro Minute. Kohlen- verbrauch: pro Tonne ungeschlagenen Gutes 3—4 kg. Zum Verladen von Schienenmaterial u. dgl. besitzen die Wiener stadtischen Strafienbahnen auf dem Werkplatze in der Afimayergasse u. a. zwei elektrisch betriebene Portallaufkrane mit je 1000 kg Tragfahigkeit, welche aus den Abb. 357 und 358 zu ersehen sind. Die Spannweite des einen mifit 18 m, jene des zweiten 25 m. Abb. 36O. K. k. osterreichische Staatsbahnen. Elektrisch angetriebener Hebebock zum direkten Anheben (ohne Traversen) vierachsiger Wagen. Tragfahigkeit pro Bock 8’75 t. Uberall dort, wo die Anlage von Kranen zum Heben von Lokomotiven eventuell auch Wagen aus ortlichen, wirtschaftlichen, betriebstechnischen oder anderweitigen Griinden nicht geeignet erscheint, kommen Hebebocke in Ver- wendung, bei welchen eine Garnitur vier Bflcke und zwei Traversen umfafit. Auch diese mechanische Einrichtung hat nicht umvesentliche Vervollkomm- nungen aufzuweisen. Die k. k. osterreichischen Staatsbahnen beschafften in den letzten zehn Jahren 48 Garnituren transportabler Hebebocke, Maschinelle Einrichtungen und Vverkstatten. 467 von welchen jene zum Heben von Loko- motiven bestimmten mit einer Tragfahig- keit bis 60 t, jene ftir Wagen bestimmten mit einer Tragfahigkeit bis 35 t zur Aus- ftihrung kamen. Die im letzten Dezennium ausgefiihrten Lokomotivhebebocke, welche von Hand aus betatigt werden, sind zur Erzielung eines gunstigeren Wirkungs- grades zunachst hydraulisch wirkend (Abb. 359). Eine in die jiingste Zeit fallende Ausfuhrung 6otonniger Lokomo¬ tivhebebocke mittels Sperrklinken zeigt Abb. 361. Bei den mechanisch betrie- benen Hebebocken kommen Elektro¬ motoren in Anwendung, und zwar betatigt ein Elektromotor mittels Wellenkupplung zwei Hebebocke oder es besitzt jeder Hebe- bock einen Einzelmotor. Zum Heben von vierachsigen Wagen dienen Hebebocke, welche seitlich des Wagenkastens aufge- stellt werden und ohne Traversen die Langstrager des Wagens untergreifen. Die Betatigung erfolgt entweder von Hand aus mit Spindel oder hydraulisch oder mechanisch mittels Elektromotoren. Abb. 360 zeigt einen solchen elektrisch betriebenen Hebebock. Eine auf einem Orte zu verbleibende Lokomotivbebevorrichtung besitzt die Floridsdorfer Lokomotivvverkstatte Wien der Nordbahn. Abb. 362 zeigt diese Hebevorrichtung vor der Ablieferung im zusammengestell- ten Zustande in der Fabrik. Die Vor- richtung besitzt elektrischen Antrieb. Die hoch gehobenen Maschinen werden auf Roll- wagen aufgesetzt und mittels der Schiebe- buhne zum Lokomotivreparaturstand ge- bracht. Der umgekehrte Weg wird ftir das Einbinden der Raderpaare einge- schlagen. Zwei Hebebocke sind feststehend, zwei Hebebocke werden mittels Schrauben- spindeln auf Gleitbahnen verschoben. Bei den zwei verschiebbaren Hebebocken wird die Traverse unterhalb der Schienen versenkt, um das Zufahren der Lokomo- tiven zu ermoglichen. Selbstredend miissen zu dem Ende die Hebebocke bis zu einer gewissen Tiefe unter Fufiboden versenkt aufgestellt werden. Um einzelne Raderpaare oder ganze Truckgestelle bei Fahrbetriebsmitteln zu entfernen oder in dieselben einzubringen, ohne ein Hochheben des Fahrbetriebs- mittels vornehmen zu miissen, stehen die sogenannten Raderversenkvorrich- tungen in Verwendung, deren Vervoll- kommnung insbesondere darili besteht, dafi statt Handantrieb und Spindel entwederhy- draulischer Betrieb oder aber motorischer Antrieb mittels Elektromotor in Anwen- dung kommt. Uberall dort, wo elektrische Energie preiswert zur Verfiigung steht, iindet diese Amvendung zum Antriebe der Raderversenkvorrichtungen. Abb. 361. K. k. osteireichiscbe Staatsbahnen. Lokomotivhebe¬ bocke mit hydraulischem Antrieb, 60 ^Tragfahig - - keit pro Garnitur (15 t pro Bock). Die Anordnung wird jetzt so getroffen, dali die Betatigung der in Rede stehen- den Einrichtung von oben erfolgen kann, ohne dafi ein Arbeiter in den Ver- senkschacht einzusteigen braucht, was insofern von besonderem Vorteil ist, als die Verletzung eines Arbeiters durch die oft infolge Unvorsichtigkeit in den Versenkschacht fallenden Werkzeuge, Ar- beitsstucke etc. ausgeschlossen bleibt. Raderversenkvorrichtungen finden An- wendung beim Aus- und Einbinden ein- zelner Achsen und Truckgestelle von Lokomotiven und Wagen. Eine elektrisch betriebene Truckge- stell-Raderversenkvorrichtung der Werk- 30’ 468 Julius Spitzner. Abb. 362. Lokomotivhebevorrichtung mit elektrischem Antrieb der Lokomotiv\verkstatte Floridsdorf der Nordbahn, montiert auf dem Erzeugungsorte. statte Knittelfeld der k. k. osterreichi- schen Staatsbahnen ist in Abb. 363 dar- gestellt. Diese in der Lokomotivmontierung der genannten Werkstatte installierte Versenkvorrichtung besitzt eine Gesamt- tragfahigkeit von 48 t. Die Hub- und Senkbewegung besorgt ein iopferdiger Drehstrommotor. Fur den Fali eines etrvaigen Gebrechens ist auch Handbetrieb vorgesehen. Die Fahrbewegung des Wagens wird von oben, aufierhalb der Grabe, mittels Handkurbelwindwerk und Kettenzug bewerkstelligt. Die k. k. osterreichischen Staats¬ bahnen haben in den letzten 10 Jahren i6diverse Raderversenkvor- richtungen aufgestellt. Abb. 363. Rader- und Truckgestell-Versenkvorrichtung‘ mit elektnschem Antrieb der Werkstatte Knittelfeld der k. k. osterreichischen Staatsbahnen, montiert auf dem Erzeugungsorte. Einrichtung zum Erproben der Bestandteile der Luftscmge- bremse. In Abb. 364 ist eine Einrichtung dargestellt, wie sie in gleicher oder ahnlicher Anordnung in den Werkstatten zur Erprobung der einzelnen Teile der Luftsauge- bremse in Verwendung steht. Die Art der Beniitzung er- klart sich aus der der Abbildung beigegebenen Angabe der einzelnen Teile. Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 469 s w Pl oj I Kg i* j/ss TJ N Pl 2 £ 8 g >10,1) N *4 W CQ -rt d ^ I' : K h P Pl a 3 -go N g N d'n slog s j? AhO)> WtSJ bA t-J £ O £ P. -a* s ££ o £ a> p s as Igl 4 § m o « 5, «a s p gl d £ a> •43 p rt d U ^Si rt d MM ~ tu £j »-< M_ ^ y M gel a § § 5 3 Slas £-£!££ *-< "S u ^ ^ d S rt « rt d N >NP>CSJSI fe 0 S H m 2 » .-S s 4t- 73 Pl o> -8 a ^ci73 a w ... rt t^llf II co **: « u u u Von in den letzten Jahren ausgefiihr- ten W asserforderungsanlagen seien u. a. jene in Amstetten, Gmiind, Attnang - Puchheim und Pod- gorze-Plaszow der k. k. osterrei- chischen Staatsbahnen naher er- lautert. IVasserforderungsanlage in Amstetten. Diese Anlage ist fur eine Wasserab- gabe von taglich 800 bis 1000 m 3 gebaut. Die Wasserentnahme erfolgt mittels einer am Miihlbache ungefahr 80 m vom Wasserturme entfernten Einlaufkammer. Aus dieser fliefit durch naturlichen Druck das 7‘6° D harte Wasser in einer 300 mm weiten Rohrleitung einer Roh- filteranlage mit zwei Kammern zu. Aus dem Filter lauft das Wasser in zwei Abb. 366 b. Zisternen mit je 4-5 m Durchmesser^und 4 m Hohe. Diese fiir Wechselbetrieb eingerichteten Klarzisternen dienen als Saugschachte fur die elektrisch, mit Zahn- radiibersetzung angetriebene, einfach Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 473 Schnitt C—D. Schnltt A—B. Abb. 367, 3673, 367 b, 367 c. r K. k.'. 5 sterreichische Staatsbahnen. Wasserturm in der Štation Gmiind. wirkende Drillingsplungerpumpe, mit 80 m 3 stiindlicher Leistung, welche das Wasser in die beiden Wasserbehalter des Wasserturmes (Abb. 365; 366; 366 a und 366 b) fordert. Die eisernen Wasserbehalter mit je 150 m 3 (zusam- men 300 m 3 ) Inhalt haben halbkugel- formige Boden und sind nebeneinander angeordnet. Ftir die Beheizung wahrend der Wintermonate ist eine Niederdruckdampf- heizung vorgesehen. Aufier der elektrisch betriebenen Pum- penanlage ist noch eine Reserveanlage mit Dampfbetrieb im alten Druckwerks- gebaude vorhanden, welche sowohl aus den Klarzisternen wie aus dem alten Wasserstationsbrunnen (mit sehr hartem 474 Julius Spitzner. Wasser) die Wasserbehalter bedienen kann. Diese Reserveanlage ist fiir die Zeit der Bachkehre und bei Hochwasser des Ybbsflusses notivendig und \vird zur Sicherung der Betriebsfahigkeit regel- mafiig einmal in jedem Monat in Betrieb genommen. I Vasserfordenmgs - anlcige in Gmiind. Mit einem Druck- werke am linken Ufer des Lainsitz- flusses wird das dem- selben entnommene Wasser mit zwei deutschen Hartegra- den durch eine un- gefahr 300 m lange, 125 mm rveiteDruck- leitung 34'1 m hoch in ;den Wasserturm der Station Gmiind gefordert. Bis heute erfolgt die Wasser- fbrderung noch mit Dampfbetrieb durch zwei Pumpen mit zu= sammen 60 m ' 3 (eine 25 m 3 , eine 35 m 3 ) stiindlicherLeistung. Nach Fertigstellung der elektrischen Zen- tralanlage bei der in Ausfiihrung begriffe- nen Stationsenveite- rung Gmiind werden im Druckwerksge- baudezweineuePum- pen mit elektrischem Antrieb zur Aufstellung gelangen. Die Wasserstationsanlage ist fiir einen taglichen Wasserbedarf von 1000 m 3 fiir Stations- und Werkstattenbedarfbemessen. Der Wasserturm sowie die zwei iibereinander liegenden W a s s e r- b eh alt er mit je 150 m 3 (zusammen 300 m 8 ) Inhalt (Abb. 367, 367a, 367b, 3670 und 368) sind aus Betoneisen ausgefiihrt. Bei Fiillung der iibereinander ge- legenen Wasserbehiilter wird der von der gemeinsamen 125 mm weiten Steig- leitung abzweigende Einlauf in den tiefer liegenden Wasserbehalter von einem automatisch wirkenden Sch\vimmventil bei »voli« geschlossen. Tagsiiber wird gefordert und steht wahrend dieser Zeit nur der hoher liegende Wasserbehalter in Verwendung. Aus dem tiefer liegen¬ den Wasserbehalter wird das Wasser erst in den Morgen- stunden, wahrend welcher meist nur Lastziige verkehren, entnommen und zu dieser Zeit ist der hoher liegende Wasserbehalter leer. Im Parterreraum des Wasserturmes ist eine Niederdruck- Dampfanlage zur Be- heizung der Wasser- turmraume ivahrend der Frostzeiten un- tergebracht. Das in derStation Attnang- Puch- h e i m zur Aufstel¬ lung gekommene Zwillings - Schacht- pumpwerk, bei wel- chem jede Pumpe bei 40 Doppelhiiben 68 m 3 und bei 47 Doppelhiiben 80 m 3 schopft, ist in den Abb. 371, 37ia, 37ib und 371 c ver- anschaulicht. Dieses Zwillings- Schachtpumpwerk mit gemeinsamem An¬ trieb besteht aus zwei freistehenden doppeltwirkenden Plungerpum- p e n (fiir 200 mm Saug- und Druckrohr- stutzenanschlufi) mit innenliegenden Plun- gern und nur je einer aufienliegenden, doppelt geftihrten Plungerstopfbtichse, so\vie gesondert aufgesetzten Ventil kasten, wobei jedes Ventil einzeln zuganglich ist. Fiir den normalen Betrieb ist nur eine Pumpe in Tatigkeit. Die zweite Pumpe ist Reserve. Die Ventile der Abb. 368. K. k. osterreichische Staatsbahnen. Wasserturm in der Station Gmiind. 475 Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. Pumpen sind als federbelastete Ringven- tile ausgebildet. Der Plungerdurchmesser mifit je 225 mm\ der Hub 400 mm. Der Antrieb dieser Pumpen erfolgt von einem oberhalb des Schopfwerkes im Niveau des Motorlokales auf kraf- tigen Eisentraversen gelagerten Rader- vorgelege, und zwar mittels Gestange, und es ist die Anordnung derart getroffen, dafi manj edesderbeidenSchopfwerke entweder vom Elektromotor oder vom Benzinmotor in Be- trieb setzen kan n. Der Antrieb der einen'oder anderen Pumpe vom Elektro- oder Benzinmotor aus wird eingeleitet, indem man das betreffende auf einer doppelt gekropften Kurbehvelle des An- triebsblockes aufgekeilte Zahnrad mittels Handrad und Schraubenspindel ein-, beziehungsweise ausruckt. Wird beispiels- \veise (siehe Abb. 371 a) das Zahnrad R t und werden die Zahnrader R 2 , R 3 , R 4 ausgeriickt, dann wird die Pumpe I vom Elektro- oder Benzinmotor angetrieben. Wird das Rad R 4 eingeriickt und sind R u R 2 und R 3 ausgeriickt, dann erfolgt Abb. 369. Wasserstationspumpe mit 70 / Leistung pro Stunde der Wasserstation Podgorze—Pia- szo\v der k. k. osterreichischen Staatsbahnen. der Antrieb der Pumpe II vom Benzin- oder Elektromotor u. s. w. Selbst beim Defektwerden einer Zahn" radseite bleibt noch immer die Moglichkeit des kreuzweisen Antriebs der Pumpen durch die Motoren. Durch diese Anordnung ist eine weitest- gehende Sicherheit im Pumpenbetrieb ge- wahrleistet. Um einen ruhigen Gang der Schopfwerke zu sichern, sind die erforder- lichen Scbwungmassen vorgesorgt. Abb. 370. Wasserkran (Bauart Spitzner) mit 250 mm Rohranschlufi beim Wassernehmen. 476 Julius Spitzner. Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 477 Abb. 369 zeigt die zwei vollkom- men gleichen mittels Riemen elektrisch angetriebenen d o p- peltwirkenden Plungerpumpen mit je 70 m 3 Wasser stiindlicher Lei- stung bei 80 Umdrehungen pro Minute, der Druckwerksanlage der Wasserstation P o d g 6 r z e-P i a s z 6 w. DiePlungerhaben 200 mm Durchmesser bei 250 mm Hub. Die zu iiberwindende Hohendifferenz be- tragt 23^05 m, wovon 6'5 m auf die Saugleitung und 16'55 m auf die Druck- leitung entfallen. 2. Wasserkrane. Um, insbesondere bei Schnellztigen, die Zeit fiir das Wassernehmen der Lokomotiven so weit als moglich zu verkurzen, ist es einerseits notig, die Wasserkrane und Leitungen entsprechend der hoheren minutlichen Ausflufimenge am Wasserkran zu bemessen, anderseits die Zeit zum Anfahren an den Wasser- kran durch eine grofiere Freiziigigkeit beim Anhalten der Lokomotiven vor dem Wasserkran zu verringern. Bei Wasserkranen mit Dreharm und Tendern mit kurzen Wassertaschen mufi sich die Lokomotive, insbesondere wenn sie einen schweren Zug fuhrt, dem Wasserkran mit geringer Geschwindig- keit nahern, damit sie genau so anzuhalten vermag, dafi der drehbare Kranausleger die Tendertasche erreicht. Dies gab Veranlassung, die Wasser- krane mitherabhangendem Schna- b e 1 r o h r, und zwar so zu konstruieren, dafi mit dem Ausflufiteil eine enl- sprechende Lange in bestimmter Ent- fernung von Kran- beziehungsweise Gleismitte bestrichen werden kann. Einschlagige Versuche und Studien fiihrten zu verscbiedenen Detailkonstruk- tionen. Bei den Wasserkranen der k. k. Eisenbahnbaudirektion fur die Alpen- bahnen sind die Schnabelrohre am Kran- kopfe aufien drehbar gelagert. Bei der Normalkonstruktion (Bauart Spitzner) der k. k. osterreichischen Staats- bahnen ist der Rohrschnabel an einer Kette im Innern des Krankopfes leicht drehbar und verschiebbar aufgehangt. ;Das Verschieben erfolgt auf einer im 478 Julius Spitzner. Abb. 372. K. k. osterreichische Staatsbahnen. Schnitt durch eine Schacht- pumpe der Wasserstation Attnang- Puchheim. oberen Teile des Rohrschnabels befestig- ten Querstange. Die Konstruktion ist aus den Abb. 370, 373 und 374 zu ersehen. Mittels einer Hubstange karm der Rohr- schnabel bequem in die Fulltasche der Tender eingehangt werden. Mit dieser Konstruktion wurde eine freie Anfahr- lange von 1 % m bei kurzen Tender- taschen erzielt. Der Wasserkran hat als Absperrorgan einen Wasserschieber, wel- cher bei 250 mm Durchgangsweite zum schnellen Offnen und Schliefien eine Hubspindel mit Links- und Rechts- gewinde besitzt. Um die Gewinde vor Beschadigungen zu schiitzen, s i n d b e i d e im Schieber eingebaut. Lokomotiv-Bekohlungsanlagen. Um einerseits die Kosten fiir die Be- kohlung der Lokomotiven zu verringern, anderseits die Zeit fiir das Bekohlen tun- lichst zu kurzen, sind bereits in mehreren Stationen Lokomotivbekohlungen zur Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten. 47Q Abb. 373. K. k. osterreichische Staatsbahnen. Normalkonstruktion (Bauart Spitzner) des freistehenden Wasserkranes mit 250 mm Rohranschluft und fiir 2375 ntm Abstand von Gleismitte. Aufstellung gekommen. So besitzen bei- spielsweise die k. k. osterreichischen Staatsbahnen bis nun Bekohlungsanlagen in den Stationen Heiligenstadt, Knittel- feld, Pilsen, Nusle, Stanislau. Die Bekohlungsanlagen sind auch im Abschnitte »Zugforderung« besprochen und dort erscheinen u. a. auch die Be¬ kohlungsanlagen der k. k. Staatsbahnen in Nusle und Stanislau so\vie der priv. osterr.-ungar. Staatseisenbahn-Gesellschaft in Bohm.-Triibau abgebildet. In Bohmisch-Triibau sind auf einer Stiitzmauer 60 Gossen in 2 Gruppen a 30 Stiick angebracht. Jede Gosse ist 1500 kg schwer und fafit 23 Korbe Kohle. Die einzelnen Gossen werden der Reihe nach mit verschiedenen Kohlensorten gefiillt. Die Verausgabung der Kohle erfolgt nach jeweilig bestimmten Mischungs- verhaltnissen, die der Lokomotivfuhrer streng einzuhalten hat. Die Ausrii- stung einer Lokomotive dauert 10—15 Minuten. 480 Julius Spitzner. Taglich werden in B.-Triibau 170 t Kohle abgefafit, welche sechs Mann mit zweiradrigen Karren wahrend des Tages in die Gossen bringen. W;ihrend der Abb. 374. Wasserkran mit 250 mm Rohranschlufr nach der Normalkonstruktion (Bauart Spitzner) der k. k. osterreichischen Staatsbahnen. Nacht \vird wohl Kohle entnommen, aber nicht zugefiihrt, und es mussen demnach abends alle Gossen voli sein. Wie aus dem Angeftihrten zu ent- nehmen, haben insbesondere die k. k. osterreichischen Staatsbahnen bedeutende Anlagen und Einrichtungen geschaffen, um die hier in Betracht gezogenen Arbeiten moglichst rasch und wirtschaft- lich ausfuhren zu konnen. Mit Stolz konnen wir sagen, dafi ali die ange- fuhrten Erzeugnisse heimischer Pro- venienz sind. Und wenn sich bei der Ausfuhrung und Benutzung der zahlrei- chen maschinellen Einrichtungen bis nun kein Unfall ereignete, der auf eine fehler- hafte Konstruktion oder mangelhafte Ausfuhrung zuriickzufiihren ist, so wird hiedurch ein beredtes Zeugnis den Inge- nieuren und Personen, \velche an diesen Arbeiten Anteil nahmen, ausgestellt. Dafi die Eisenbahnverwaltungen be- strebt sind, den Arbeitern den Aufenthalt in den Arbeitsraumen so giinstig als mog- lich zu machen, ersehen wir aus der zweckmafiigen Art der Beheizung, Be- leuchtung, Ventilation und aus sonstigen Installationen, wie unter anderen der Staub- und Špane-Absaugeanlagen, die heute fast alleHolzbearbeitungswerkstatten der k. k. osterreichischen Staatsbahnen besitzen. Mit wenigen Ausnahmen werden die Werkstattenraume mittels wohldurch- dachter Dampiheizungseinrichtungen, und zwar derart beheizt, dafi die Warme selbst in unmittelbarster Nahe der Heiz- korper nicht unangenehm empfunden wird. Die elektrische Bogen- und Gliihlicht- beleuchtung besitzen alle neueren An¬ lagen und auch in zahlreichen alteren Haupt- und Betriebswerkstatten ist sie eingefiihrt. Die elektrische Kraftiibertragung hat weitestverzweigte Anwendung gefunden fiir den Antrieb der Arbeitsmaschinen, Hebevorrichtungen aller Arten, Schiebe- btihnen, Pumpen, Drehscheiben, mechani- scher Lokomotivbekohlungen u. s. w. Was in den letzten zehn Jahren wahrend der Regierung unseres erlauchten Monar- chen die osterreichischen Eisenbahnen auf dem in diesem Abschnitt behandelten Ge- biete geleistet, geschaffen, ist im vor- stehenden knapp zusammengefafit. Wir kbnnen dieses Blatt Geschichte, das treffliche Leistungen und tiichtiges Schaffen beschreibt, getrost der Zukunft tibergeben. Zugforderung Von Felix Willinger, k. k. Oberbaurat im Eisenbahnministerium. D IE im Jubilaumswerke vom Jahre 1898 enthaltene vorziigliche Ab- handlung iiber die geschichtliche Entwicklung der Zugforderung in Oster- reich, verfafit vom damaligen Oberinge- nieur Ottokar Kazda, deutet schon die nachsten Phasen der weiteren Ausge- staltung an. Im abgelaufenen Jahrzehnt ist die Weiterentwicklung auch tatsachlich diese Wege gegangen. Sieht man von aus- sichtsreichen Neuerungen, die sich durch die Studien der elektrischen Traktion Bahn zu brechen scheinen, vorlaufig ab — da es bisher zu einer Anwendung auf Vollbahnen in Osterreich noch nicht gekommen ist —;, so eriibrigt fiir die vor- liegende Betrachtung nur die Erorterung der Fortschritte in der Traktion mit Dampfiokomotiven. Als besonderes Merk- mal ist hervorzuheben, dafi die tunlichst intensive Ausniitzung der Lokomotiven mit allen Mitteln angestrebt und durch eine vielseitig differenzierte Ausgestaltung des Zugforderungsdienstes zu erreichen ge- trachtet wird. Vor allem liegt das Bestreben vor, die Lokomotiven durch Spezialisierung in der Verwendung und sorgsame Er- mittlung der Fahrzeiten und Belastungen stets mit ihrer vollen Leistungsfahigkeit in Anspruch zu nehmen. Die vollkommenste Ausniitzung \vird dann eintreten, wenn die Fahrgeschwindig- keit und die Zugbelastung derart ge- wiihlt werden, dafi das Produkt aus den- selben stets gleich der grofiten Leistung der Lokomotive ist. Wird dies auch mit Rticksicht auf andere Faktoren, welche beschrankend auf die Fahrgeschwindig- keit und Zuglange einwirken, nicht immer erreicht werden konnen, so werden die derart ermittelten Daten als Grundlaige dienen, welche nach Mafigabe der ein- flufinehmenden Beschrankungen gekurzt werden miissen. Der einzuhaltende Vorgang wird dem- nach dahin gehen, dafi vorerst die Fahr- geschwindigkeiten auf der die grofiten Widerstande bietenden Teilstrecke ge- wahlt und hierauf das mogliche Zug- gewicht berechnet wird; aus dem letzteren kann sodann die Fahrgeschwindigkeit fiir die weiteren Teilstrecken mit geringeren Widerstanden ermittelt werden. Dieser Vorgang bedingt minutiose Unterteilung der Strecke, fiir welche die Fahrzeit ermittelt werden soli, und er- fordert im Fahrdienste zur strikten Ein- haltung dieser Fahrzeit die grofite Auf- merksamkeit des Lokomotivpersonals; denn es ist nicht nur erforderlich, den Gang der Lokomotive derart zu regeln, dafi sich die Geschwindigkeit dem je- weiligen Widerstand anpafit, sondern es ist auch grofie Aufmerksamkeit erforder¬ lich, dafi die Kesselbedienung stets die grofite Kraftentfaltung ermoglicht. Da aus einer solchen der Nivellette der Strecke angepafiten Fahrzeitermittlung im ku- pierten Terrain eine stetig wechselnde Fahrgeschwindigkeit entspricht, wird bei personenfiihrenden Ziigen, bei welchen empfindliche und haufige Geschwindig- keitsanderungen gern vermieden werden, oftmals von der vollen Ausniitzung der Lokomotive abgesehen werden miissen. Bei Giiterziigen hingegen, woselbst dieses Moment aufier acht gelassen werden kann, erheischt die Okonomie, die Fahrzeit in vorerwahnter Weise zu erstellen und tatsachlich danach zu fahren. 31 484 Felix Willinger. Bei diesen Zilgen wird auf Teil- strecken, welche im Gefalle liegen, die Ausniitzung der Schiverkraftkomponente bis zur grofi ten zulassigen Fahrgeschwin- digkeit einzutreten haben. Zur Erreichung der moglichst exakten Ausfiihrung der Fahrten werden die Lokomotiven mit Geschwindigkeits- messern eingerichtet, welche dem Loko- motivfiihrer die jeweilige Fahrgeschwin- digkeit jederzeit genau anzeigen. Die Ausfiihrung des Fahrdienstes erfahrt hiedurch eine weitgehende Verfeinerung, die eine durchgebildete sehr verlafiliche Lokomotivmannschaft erfordert. Eine anderweitige Erhohung der Aus¬ nutzung der Lokomotiven wird auch in der Weise erreicht, dafi von der bisher iiblichen Zuweisung einer Lokomotive an ein bestimmtes Personal abgegangen wird, Der Vorteil, wenn Mannschaft und Lokomotive dauernd gemeinsam Dienst verrichten, liegt bei der derzeitigen Organisation des internen Heizhausdienstes darin, dafi die Lokomotiven besser in stand gehalten werden, wodurch die Erhaltungskosten verringert werden und auch Lokomotivdefekte \vahrend des Dienstes seltener eintreten, und dafi mit dem Verbrauchsmaterial besser gewirt- schaftet wird. Ein wesentlicher Nachteil dieser Besetzungsart kommt jedoch darin zum Ausdruck, dafi die Mannschaft dienstlos wird, wenn am Fahrzeug Reparaturen vorzunehmen sind, und das Fahrzeug unbentitzt bleibt, wenn die Mannschaft am Dienste verhindert ist. Insbesondere letztere Erscheinung hat wohl vielfach zur Heranziehung von Ablosepartien gefiihrt, aber erst in letzterer Zeit in ernsteste Erwagung ziehen lassen, die Lokomotiven dauernd mehrfach zu besetzen. Hiezu kam noch, dafi die dringenden Mafinahmen zur Hebung der sozialen Lage des Lokomotivpersonals in erster Linie die Regelung und vielfache Ver- kurzung der Dienstzeit erforderten. Es werden Dienstleistungen zu vermeiden sein, welche vom Personal nicht zur Ganze in voller Frische bewirkt werden konnen. Dies ist nicht nur eine Forderung zur Wahrung der Personalinteressen, sondernauchzujenerderBetriebssicherheit. Zur Ermoglichung dieser Kondition des Personals sind aber reichliche Ruhe- zeiten notig. Dieser Interessengruppe steht jedoch anderseits jene gegenliber, welche eine moglichst dichte Verwendung der Loko¬ motiven fordert und die insbesondere durch die stets steigenden Beschaffungs- werte der Lokomotiven beherrscht wird. Wtirde die bisher tibliche Zuweisung einer Lokomotive bestehen bleiben, so miifiten ftir die gleiche Gesamtleistung weitaus mehr Lokomotiven in den Dienst gestellt werden, als dies frtiher bei anstrengender Dienstleistung des Personals erforderlich war. Die rapid steigende Verkehrsent- wicklung jedoch wiirde aufierdem eine weitere Vermehrung der Lokomotiven erfordern. Bei den sowohl durch die Steigerung der Bauwerte an und fiir sich, sowie durch die kompliziertere Bauart der neueren, hochgesteigerte Leistungen bewaltigenden Lokomotiven, ganz enorm angewachsenen Beschaffungskosten wur- den erhebliche Aufwendungen erforder¬ lich. Aufierdem miifite ein so bedeutend ver- mehrter Lokomotivstand eine Reihe von kostspieligenErweiterungen der stationaren Anlagen nach sich ziehen. Aus diesen beiden diametralen For- derungen der Wirtschaft im Zugforderungs- dienste \vird die mehrfache Lokomotiv- besetzung eine zwingende Folgerung. Fiir die mehrfache Besetzung, welche derzeit noch in den Anfangsstadien ihrer Entwicklung ist, sind mehrere Form en gefunden worden. Ist der Lokomotivbedarf ein bedeutender, so gestattet eine gruppen- \veiseBesetzungdie intensivste Ausnutzung. Hiebei werden beispielsweise zehn Lokomotiven mit 14 oder mehr Be- mannungen besetzt; die Dienstturnusse iverden getrennt fiir Lokomotiven und Personal mit Riicksicht auf die Instand- haltungsarbeiten an den Lokomotiven einerseits und die erforderliche Ruhezeit des Personals anderseits vollstandig unabhangig aufgestellt. Selbstredend kommen die Bemannungen abwechselnd auf allen zehn Lokomotiven im Dienst. In diesemFalle mtissen beziiglich der Rein- haltung und der Instandhaltung der Lokomotive sowie beziiglich der Ge- barung mit dem Verbrauchsmaterial be- Zugforderung. 485 sondere Maftnahmen getroffen werden. Es werden fiir die Ubernahme der an- kommenden Lokomotiven besondere Funktionare aufzustellen sein, welche den abtretenden Lokomotivfiihrer der ihm bei einfacher Besetzung obliegenden Ar- beiten entheben und fiir die korrekte Ubergabe der Lokomotive an den ab- fahrenden Lokomotivfiihrer Sorge tragen. Auch hinsichtlich der Verrechnung der Materialersparnispramien werden, da eine genaue Feststellung des Material- verbrauches von Tour zu Tour nahezu unmbglich ist, Verfiigungen zu treffen weise Abwesenheit der Lokomotive vom Domizil des Personals ausreicht fiir die gebotene Ruhezeit des letzteren im Do¬ mizil. Die Erfahrung lehrt, dafi in sol- chen Knotenpunkten des Verkehres, wo sehr viele Zugtrassen von feiner Loko- motivtype bedient werden, die An- wendung der doppelten Besetzung am ehesten durchftihrbar ist. Bei gruppenweiser Besetzung der Lokomotiven wird auch die kilometrische Lange der Lokomotivwechselstrecke von grofiem Einflusse sein; zweckmafiig wird die Wahl solcher Wechselstrecken sein, Abb. 375. Betriebswerkstatte der ZugfCrderungsanlage in Podgdrze-Plaszow. sein, welche von jenen, die fiir einfache Besetzung existieren, rvesentlich ab- weichen. Je geringer die Gruppe an Stiickzahl der Lokomotiven beziehungsweise An- zahl der Bemannung ist, desto weniger werden die Schwierigkeiten dieser Dienst- einteilung fiihlbar werden. Die relativ geringste Abweichung von deri bisherigen Normen wird bei doppelter Besetzung der Lokomotive eintreten; in diesem Falle \verden zwei Bemannungen alter- nierend mit einer Lokomotive den Dienst versehen. Diese giinstige Besetzung wird jedoch nur dann anwendbar sein, wenn die zu bedienenden Diensttouren derart liegen, daft die Dienstleistung beziehungs- welche es bei Einhaltung der zulassigen Dienstleistung des Personals ermoglichen, die Lokomotive ohne Unterbrechung^ in der Umkehrstation sofort zur Riickfahrt zu verwenden. Hiedurch wird dem Per- sonal die wertvollere Ruhezeit im Domizil und durch Vermeidung eirfes Stillagers der Lokomotive in der Umkehrstation und deren sofortige Wiederverwendung in der Heimatstation eine intensive Aus- ntitzung derselben ermoglicht. Wenn auch nicht zu verkennen ist, dafi die mehrfache Besetzung der Loko¬ motive an das Aufsichtspersonal der Heizhituser ganz besondere Anforderungen stellt und die bisherige Gepflogenheit der Dienstfiihrung in den Heizhausern 486 Felix Willinger. Abb. 376. Auswaschpumpe mit Benzinmotorantrieb. grundlegend geandert werden mufite, so war anderseits der ganz erhebliche Gewinn durch den verminderten Bedarf an Lokomotiven von entscheidendem Ein- flusse. Wiirde bei den derzeitig machtig aufgetretenen Verkehrssteigerungen die Traktion in derselben Weise durchgefiihrt worden sein, wie es friiher iiblich war, so ware, wie vorhin schon envahnt, ein namhaft hoherer Bedarf an Lokomotiven und sonstigen Einrichtungen zu decken, somit eine ganz bedeutende Kapitals- aufwendung erforderlich gewesen. Es erhellt hieraus die grofie Bedeu- tung der mehrfachen Lokomotivbesetzung fiir die wirtschaftliche Gebarung im Zug- forderungsdienste. Zu den Vorkehrungen, die Lokomotive besser auszuniitzen, gehoren auch zweck- maftige Einrichtungen zur Instandhaltung, wodurch die hieftir erforderlichen Steh- zeiten der Lokomotiven gekiirzt werden. Man ist bestrebt, den Jdeizhausern Werkstatten anzugliedern, welchen die Aufgabe zukommt, die sogenannten »lau- fenden« Reparaturen zu besorgen. Diese Werkstatten sind zumeist mit einigen wichtigeren Werkzeugmaschinen ausge- riistet und besitzen einen Senkkanal' zur raschen Untersuchung der Schaden an Lagern, Achsen und Radern. Es werden hauptsachlich solche Reparaturen ausge- fiihrt, welche ohne grofiere Demon- tierungen und unter Verwen- dung von Reservebestand- teilen bewirkt werden konnen. Hiedurch wird das Abstellen der Lokomotiven in die Hauptwerkstatten auf jenes MaL reduziert, welches un- bedingt erforderlich ist, um die grofien griindlichen Re¬ paraturen auszuftihren. Hie- bei wird vielfach an Zeit gewonnen, welche die Uber- stellungen von Lokomotiven aus dem Heizhaus in die nachste Werkstatte und um- gekehrt erfordert, was selbst dann, wenn die Werkstatte am gleichen Ort wie das Heizhaus ist, oft vielfach mehrZeit, als die Ausfiihrung der Arbeiten in Anspruch nimmt. Freilich mufi zugegeben werden, dafi den Arbeiten in den Betriebswerkstat- ten der Heizhauser nicht jenes Mafi von Exaktheit zukommt, wie dies in grofieren Werkstatten der Fali ist, denn die haufig notwendige, rasche Durchfuhrung einer Reparatur und das damit ver- bundene Drangen der Aufsichtsorgane kann selbstverstandlich nicht ohne Ein- flufi auf die Qualitat der Arbeit bleiben. Anderseits ist jedoch in vielen Fallen eine rasche Wiederherstellung einge- tretener Schaden, selbst wenn dies auf Kosten der Arbeitsqualitat geht, fiir den Dienst erspriefilicher, als die mit einem grofieren Zeitaufwand verbundene, ein- wandfreie Arbeit. Durch die vorstehend erwahnte, mehrfache Besetzung der Loko¬ motive, welche naturgemafi eine raschere Abb. 377. Auswaschpumpe mit elektrischem Antrieb. ZugfOrderung. 487 Abniitzung des Fahrzeuges mit sich bringt, gewinnen die Betriebswerkstatten stetig an Bedeutung. Gleichlaufend mit der raschen Wieder- herstellung von Schaden sind jene Ein- richtungen zu nennen, welche sich auf die Reinigung der Lokomotive beziehen. Ist auch in der Methode des Putzens der Lokomotiven eine wesentliche Anderung gegenilber der bisher geiibten Form nicht zu bemerken, so ist hingegen die Reini¬ gung des Kessels durch Anwendung warmen Wassers ftir die rasche Um- setzung der Lokomotiven von grofiter Bedeutung, da zu der bis vor kurzer unter Dampf stand, seit dem Ab- stellen der Lokomotive ein Zeitraum von 20 bis 24 Stunden verflossen. Durch das neuerer Zeit vielfach angewendete warme Auswaschen der Lokomotive kann diese Zeit auf 3 bis 5 Stunden, in dringenden Fallen auf noch weniger herabgemindert werden. Die Einrichtungen zum warmen Auswaschen befinden sich jedoch derzeit noch im Stadium der Entwicklung. Die seitjahren mehrfach angewandte Methode, durch den Injektor einer Lokomotive mit Hilfe eines Schlauches heifies Wasser in den entleerten, aber noch heifien Kessel einer zweiten Lokomotive zu treiben, Abb. 378. Auswaschpumpe zum Gebrauch bereit. Zeit allgemein iiblichen Weise des Kalt- auswaschens ungleich grofierer Zeitauf- wand erforderlich war. Der Kessel mufite nach dem Abstellen der Lokomotive zu- erst vom Dampf befreit werden und dann erst konnte das heifie Kesselwasser abgelassen werden, wenn es samt dem Kessel auf 40 bis 50 0 abgekiihlt war; sodann mufite der nun leere Kessel lan- gere Zeit nach dem Ablassen des Kessel- wassers erkalten, bis er nahe an die Temperatur des zum Auswaschen ver- wendeten Wassers gebracht war. War das Auswaschen mit kaltem Wasser voll- bracht und der Kessel ftir die nachste Dienstleistung mit kaltem Wasser gefiillt, so war bis zum Zeitpunkte, wo die Loko¬ motive sodann wieder zum Dienst bereit geniigt eben nur in Ausnahmefallen; denn zu dieser Prozedur mufi die dampf- und ivassergebende Lokomotive unter hohem Druck gehalten werden und mog- lichst nahe neben der auszuwaschenden Lokomotive aufgestellt sein. Es werden sonach zwei Lokomotiven und ftir die unter Dampf stehende Maschine Brenn- material erforderlich, ein Aufwand, welcher bei neueren Einrichtungen vermieden wird. Zu letzteren zahlen, abgesehen von ITochreservoiren, in welchen warmes Wasser ftir das Auswaschen aufgespeichert wird, Pumpenanlagen, welche irgendwie vorgewarmtes Wasser unter entsprechen- dem Druck in die Auswaschschlauche bringen. Neuester Zeit wird eine Ein- richtung versucht, welche das Wasser 488 Felix Willinger. aus dem Tender jener Maschine ent- nimmt, welche ausgewaschen werden soli. -Mit dem Abdampf der auszuwaschenden Lokomotive wird das Tenderwasser vorge- warmt und sodann einer Pumpe žugefuhrt, welche das Wasser unter entsprechen- dem Druck in den Auswaschschlauch befordert. Die Pumpe ist vereint mit dem Antriebs- motor auf einen Karren montiert und kann somit nach Bedarf zu jedem Lokomotiv- stand gebracht werden. Dort, wo elektrische Energie zur Verfiigung steht, wird ein Elektromotor mit einem ent- sprechend langen Speise- kabel am zweckmafiigsten sein. Das warme Auswaschen bietet nicht nur, wie erwahnt, den Vorteil einer raschen Indienststellung der Loko¬ motive, sondern wirkt un- gemein fordernd auf die Erhaltung der Kessel. Es wird das oftmalige Erkalten der Kessel- bleche vermieden, wodurch die Bleche und die der Versteifung dienenden Konstruk- tionsteile geschont \verden und wodurch der Kesselsteinablagerung entgegenge- wirkt wird. Zum Zwecke der rascheren Indienst¬ stellung der Lokomotiven wird auch der, Verbesserung der Rauchabziige in den Heizhausern besondere Aufmerksamkeit Abb. 379. Rauchabzugklappen. gewidmet. Die bisher iiblichen Rauch- fange, welche in das Heizhausdach ein- gebaut sind und den darunter stehenden Lokomotiven als Fortsetzung des Loko- motivrauchfanges dienen, entbehren der Moglichkeit, einen dichten Anschlufi beider herzustellen. Zwischen der Oberkante des Lokomotivrauchfanges und der Unter- kante des Heizhausrauchfanges bleibt immer ein Zwischenraum, der mit der Hohe der Lokomotivrauchfange iiber Schienenoberkante variiert. Durch diesen Zwischenraum entweicht beim Anbrennen der Lokomotive einTeil der Verbrennungs- gase, wodurch einerseits die Luft im Heiz- hause verschlechtert und anderseits der die Verbrennung fordernde Luftzug vermindert wird. Zur Beseitigung dieser Ubelstande werden die Heizhausrauch- fange am unteren Ende mit herabhan- genden beweglichen Klappen versehen, welche das obere Ende des Lokomotiv¬ rauchfanges umfassen und so den seit- lichen Austritt der Heizgase verhindern. Um den Anschlufi auch bei verschieden hoher Lage der oberen Kante der Loko- motivrauchfange zu ermoglichen, sind diese Anschlufiklappen auch vertikal verstellbar ausgeftihrt. Bei derartigen Einrichtungen ZugfOrderung. 489 wird zum Anbrennen der Lokomotiven um 20—40 Minuten weniger Zeit als beim Anbrennen ohne diese Einrichtung erforderlich. In bester Weise wird jedoch die Kiirzung der zum Anbrennen notigen Zeit erreicht, wenn die Rauchabziige des Heizhausdaches nebst der vorgenannten Einrichtung noch eine gemeinsame Rauch- abfiihrung erhalten. Zu dem Zwecke miinden die Heizhausrauchfange in einen unter dem Heizhausdache gefiihrten Schlauch, welcher seine Fortsetzung in einem aufierhalb des Heizhauses situ- ierten gewohnlichen gemauerten Schorn- steine findet. Diese unter der Bezeich- nung »Zentrale Rauchabfiihrung« bekannte Bamveise wird insbesondere bei Anlagen in dicht verbauten Stadtteilen zur An- wendung gebracht, da sie gleichzeitig geeignet ist, die Abgase in ahnlicher Weise wie bei stationaren Kesselanlagen in hohere Luftschichten abzufiihren. Zu den Verrichtungen, welche in den LokomotivwechseIstationen die Wiederin- dienststellung der Lokomotiven beein- flussen, gehort auch die Alimentierung der Lokomotiven beziehungsweise der Tender mit Brennmaterial. Die iibliche Art der Versorgung ist das Einbringen der Kohle, auf welche es in erster Linie ankommt, in Korbe, die nach erfolgter Abwage gehoben und in den Kohlen- kasten des Fahrzeuges ausgeleert \verden. In manchen Lokomotivwechselstationen tritt nun sehr haufig der Fali ein, dafi zu gewissen Tageszeiten eine grofiere Anzahl von Lokomotiven nahezu gleich¬ zeitig eintreffen und bekohlt werden sollen. Um nun die Zahl der Kohlen- arbeiter nicht nach diesem momentanen Maximalbedarf bemessen zu miissen, was auch darum untunlich ware, weil sie zu anderenTageszeiten nicht geniigend Beschaftigung fanden, eriibrigt nur die Lokomotiven warten zu lassen, bis die vorhandenen Arbeitspartien die Bekoh- lung sukzessive zu besorgen vermogen. Hiebei kommt es nicht selten vor, dafi die Lokomotiven mehrere Stun- den warten miissen. Insbe¬ sondere letzteres zu verhii- ten, gleichzeitig aber eine Verbilligung der Manipulationskosten zu erreichen, werden Einrichtungen geschaffen, in welchen die Kohle abgemessen in Behaltern hoch ge- lagert wird, aus welchen sie durch Off- nen der Abfalleitung in den Kohlen- kasten der Lokomotive abrutscht. Bei entsprechender Anzahl dieser Behalter (Bansen, Bunker, Gossen etc.) kann deren Bedienung gleichmafiig auf die Arbeitszeit aufgeteilt werden, wahrend fiir die Ali¬ mentierung der Lokomotiven nur wenige Minuten erforderlich sind. Die Art der Zubringung der Kohle geschieht bisher mit Hunten, welche in den Kohlendepo- nien gefiillt und auf Schmalspurgleisen zu den Gossen gebracht werden. Ist die Gosse im Niveau der Kohlendeponien und das Ausriistgleis tiefer gelegen, so werden die Hunte nur zugefahren und gekippt; ist jedoch Kohlendeponie und Ausriistgleis im selben Niveau, dann stehen die Gossen hoch und miissen daher die zugefahrenen Hunte gehoben werden, um dann im Gossenhaus verschoben und gekippt zu werden. Im Bau , befinden sich Anlagen, welche aufier der Bevorratung der Kohle ^'T1) in Gossen, auch die mecha- | i I? nische Hantierung mit derselben bezwecken. Es werden Greifer verwendet, welche mittels Kra- nen ein derartiges Aktionsfeld ji j l| bekommen, dafi sie die Kohlen¬ deponien, die Gossen und die ji j j j Aufstellgleise fiir Kohlenwagen bestreichen. Es wird sonach mit diesen Greifern je nach Bedarf die Kohle aus den Wagen auf j j ij die Deponien oder in die Gosse oder auch von den Deponien in die Gosse gebracht werden Abb. 381. Zentrale Rauchabfuhrung-. 490 Felix Willinger. konnen. Die mannigfachen Kohlensorten, welche in Osterreich zur Verfeuerung gelangen, sowie die vielfach beschrankten Kaumverhaltnisse machen die Aufgabe, zvveckmafiige, wirtschaftliche mechanische Kohlenverladevorrichtung zu bauen, zu einer ebenso schwierigen als auch vielfach differenzierten. Zu den bisher erorterten Vorkeh- rungen, \velche dahin zielen, die Loko- motiven moglichst auszuniitzen, sei schliefi- lich noch erwahnt, dafi bei Herstellung neuer Zugforderung-sarilao-en besondere O O ^5 Sorgfalt auf die zweckmafiige Situierung der Zu- und Abfahrts-, Ausputz- und Ausriistgleise venvendet wird, um eine tunlichst ungestorte Bewegung der Loko- motiven zu sichern. Jedoch nicbt nur dort, wo es sich um intensivste Ausniitzung der Lokomo- tiven handelt, sondern auch in jenen Belangen, wo es sich um andervveitige Okonomie, um Hygiene und Betriebs- sicherheit handelt, ist eine erfreuliche Entwicklung wahrnehmbar. So wird der Gewinnung bester Speisewasser fiir Loko- motivkessel erhohte Aufmerksamkeit zu- gewendet, wodurch nicht nur eine Schonung der Kessel erzielt wird, sOndern auch die aus Kesselverunreinigungen resultierenden Betriebsstorungen und die erforderlichen Kesselauswaschungen ver- mindert werden. Ist es nicht moglich, Gewasser aus offenen Gerinnen, welche am besten geeignet sind und zumeist nur einer Abseheidung der mechanischen Verunreinigungeri durch Filter benotigen, Abb. 383. Kohlengosse, boher als Deponie und Ausriistgleis, in Stanislau. Zugforderung. 49 1 Abb. 384. Kohlengosse im Niveau der Deponie in Bohm.-Triibau. Abb. 385. iiohlengosse im Niveau der Deponie in Nusle. 49 2 Felix "VVillmger. zu gewinnen, sondern mussen Brunnen- wasser beniitzt werden, so ist deren chemische Weichermachung nahezu immer erforderlich. Aufier der Qualitat wurde in letzten Jahren auch der grofieren Bevorratung von Speisewasser besonderes Augenmerk gewidmet und sind machtige Wasserstationen entstanden, welche in kiihn ausgefiihrten Hochreservoiren bis - Jjjpt — Abb. 387. Gerades Heizhaus neuester Ausfiihrung. (Querschnitt.) 300 m 3 Wasser fassen, in Feldreservoiren bis 1000 m 3 und dariiber aufnehmen. Die grofien Wasservorrate sind nicht nur durch den steigenden Konsum bedingt, sondern auch mit Rucksicht auf die Hintanhaltung von Betriebsstorungen wegen Wassermangels vorgesehen. Um die Wassernachfassungen bei den Zugs- aufenthalten tunlichst zu beschleunigen, wodurch an Aufenthalt erspart wird, werden weite Zuleitungsrohre und Krane aufgestellt. Uber die Details der Einrich- tungen der Wasserstationen, Krane etc. siehe »Spitzner, Maschinelle Einrichtungen und Werkstatten« Seite 458 ff. Auch fur die Wahl der Form der Heizhauser sind in letzter Zeit jene Gesichtspunkte wieder mehr in den Vordergrund getreten, welche unter Um- standen ein Abweichen von der bisher dominierenden Bauart, das ist der Ro- tunden mit zentraler Drehscheibe zweck- mžtfiig erscheinen lassen. Denn es ist nicht zu verkennen, dafi die Rotunden- heizhauser mit den vielen Vorziigen auch empfindliche Nachteile verbinden. Die Betriebsfahigkeit solcher Heizhauser bleibt von der unveranderten Betriebs- tiichtigkeit der Drehscheiben abhangig; ein Drehscheibendefekt ist eine schwere Kalamitat fur den Heizhausbetrieb. Insbesondere aber bildet der machtige Fortschritt im Lokomotivbau, welcher immer langere Fahrzeuge schafft, eine Scbrvvierigkeit bei der Frage der Remi- sierung derselben in Rotunden. Die Stand- lange im Rotundenheizhaus ist unver- anderlich, \veshalb bei Unterbringung neuer Lokomotiven in bestehenden Ro- tundenheizhausern die riickwartigen Um- fassungsmauern hinausgeriickt werden mussen; auch die Drehscheibe mufi ver- grofiert werden, was jedoch mit Rucksicht auf die Anlage der Sterngleise oft unaus- fuhrbar ist, daher in solchen Rotunden- heizhausern neuere Lokomotiven iiber- haupt nicht eingestellt werden konnen. Jedoch auch bei neu zu bauenden Rotunden- heizhausern ist es schwierig, die richtige Zugforderung. 493 Standlange festzustellen, da vielfach im voraus nicht bestimmt werden kann, welche Lokomotiven im Laufe der Zeit dort zu remisieren sein werden, abgesehen davon, dafi ja die unbekannten Baulangen kiinftiger Lokomotivtypen auch hiebei in Frage kommen. Der.Be- triebstechniker mufi demnach den Drehscheibendurchmesser und die Standlange wenigstens nach - der grofiten Type der bereits ausgefuhr- ten Lokomotiven bemessen und kann auf kunftige Typen eben auch nicht Rticksicht nehmen. Doch auch diese Bauausfuhrung eines Rotun- Abb. 3889.. Personalkaserne. denheizhauses kann unwirtschaftlicli sein, da Jahre vergehen konnen, bis Lokomo¬ tiven der grofiten Type zu remisieren sind. Diese Schwierigkeiten haben in ErdgeachoJS-Grundrip. Abb. 388 b. Personalkaserne. neuester Zeit wieder zum versuchsweisen Baue gerader Heizhauser in moderner Bau- weise gefiihrt; kurze einfache Weichen sollen raumsparende, billige Gleis- verbindungen ermoglichen, reichliche und zweckmafiige Verteilung der Rauchabziige die tunlichste Frei- zugigkeit der Lokomotiven und daher beste Raumausnutzung sichern, niedri- ge Sheddacher mit reichlicher Ober- lichte sollen gute Beheizung und Be- lichtung ermoglichen, so dafi dem Nachteil des geraden Heizhauses, das sind die hintereinander stehenden Lo¬ komotiven, eine Reihe gewichtiger Vorteile gegeniiberstehen. Als wirtschaftlich und betriebs- technisch vorteilhafte Neuerung mufi die derzeit in Vorbereitung befindliche Verwendung ,von Erdol. zur Feuerung in Lokomotiven bezeichnet werden. Die in letzter Zeit machtig airfbltihende Rohol- produktion in Galizien fordert so bedeutende Mengen dieses kost- baren Naturproduktes zu Tage, dafi neue Absatzgebiete gesucht werden mufiten. Die Staatseisenbahnver- waltung griff die gebotene Gelegen- heit auf, um die schon wiederholt in .Aussicht genommene Verwen- dung von Erdol zur Lokomotiv- feuerung nunmehr zu aktivieren. Der hohe Benzingehalt des galizi- schen Roholes liefi es jedoch vor- erst ratlich erscheinen, zum Be- triebe nur entbenziniertes Rohol, sogenanntes Heizol, zu verwenden. Zu diesem Behufe baut die Staats- eisenbahnverwaltung in Drohobycz eine eigene Entlpenzinierungsanstalt, welcher nur die Aufgabe zufallt, das Benzin und Abb. '388 c. Personalkaserne. 494 Felix Willinger. einen gewissen Teil des Petroleums, dessen Ausmafi noch nicht festgestellt ist, aus dem Rohol abzuscheiden, hin- gegen jede weitere Raffinierung zu ver- meiden. Das so ge\vonnene Heizol wird in groCen Reservoiren aufgespeichert und aus diesen in Zisternen gepumpt, welche es den einzelnen Verbrauchs- stationen zufuhren. In letzteren wird das Heizol abermals in grofien Reser¬ voiren magaziniert und aus diesen durch geeignete Leitungen in die auf den eisenbahnverwaltungzugutekommt, da der vereinbarte Preis auf Grund der Kohlen- paritat gebildet wurde ; hingegen ist es nicht zu verkennen, dafi es im gesamtstaatlichen Interesse gelegen ist, die Verwertung so reicher Naturschatze zu fbrdern. Vorerst ist beabsichtigt, den Betrieb der in Galizien und der Bukowina ge- legenen, vom Staate fiir eigene Rechnung betriebenen Linien mit Lokomotiven fiir Heizolfeuerung zu fiihren. Uber die tech- nischen Details der Einrichtungen liegt Abb. 389. Zugforderungsanlage in Podgorze-P}aszow. Tendern angebrachten ki einen Reservoire gebracht, von wo aus die Zufiihrung zu den Feuerbuchsen der Lokomotiven ge- schieht. In die Feuerbtichse gelangt das Heizol nach Passierung eines Zerstaubers in fein verteiltem Zustande und kann in solchem durch Anziinden mit irgendeiner Flamme zum Brennen gebracht werden. Durch Regulierung der ZufluCmengen kann die Dampfproduktion im Lokomo- tivkessel geregelt werden. Die einfache muhelose Hantierung, die rauchlose Ver- brennung, die Hochwertigkeit des Mate¬ rials etc. bieten wesentliche betriebstech- nische Vorteile, wahrend der wirtschaft- liche Erfolg vorerst nicht so sehr der Staats- derzeit nichts Abgeschlossenes vor, da vielfache Fragen erst im Studium be- ziehungsweise einschlagige Konstruktionen im Versuche stehen. Der Gesamtbetrieb der Heizolfeuerung soli im Herbste 1909 aufgenommen werden. Rucksichtlich der Fortschritte in hy- gienischer Richtung ist zu erwahnen, dafi die Unterkunftsraume fiir das Personal, und zwar sowohl die Raume, in welchen selbes seinen dienstlichen Obliegenheiten nachkommt, als auch jene, welche ihm zur Erholung ilberwiesen werden, mit allen modernen Einrichtungen versehen werden, welche fiir derartige Zwecke gefordert werden konnen. Personalkaser- Zugforderung. 495 Abb. 390. Automatisch gebremster Giiterzug von v . ; J> ’ nen werden in tunlichst ruhiger Lage erbaut, zumeist mit zentraler Beheizung, reichlichen Wascheinrichtungen und, wenn ermoglicht, mit elektrischer Beleuchtung versehen. Die neuen Heizhauser sind bei Tag hell, bei Nacht gut beleuchtet, gut ventiliert und beheizt und rauchfrei. Fiir das im Freien beschaftigte Heizhausper- sonal werden besondere Raume herge- stellt, welche in d en Arbeitspausen beniitzt und worin eventuell Kleider getrocknet und Mahlzeiten eingenommen werden konnen. Das Lokomotivpersonal wird durchVerklei- dungderFeuerbiichsenmitAsbestmatratzen jener Lokomotiven, welche geschlossene Fiihrerstande aufweisen, zum Teile gegen die strahlendeW arme desKessels geschiitzt. 100 Wagen. (Probefahrt auf der Arlbergstrecke.) Den sozialen Forderungen wird durch Regelung der Dienst- und Ruhezeiten, welche dem Personal entsprechende Er- holungspausen und dienstfreie Zeit sichert, Rechnung getragen und die Aufstellung der Dienstturnusse wird im Einver- nehmen mit dem beteiligten Personal vorgenommen. Eine Reihe weiterer so- zialer Mafinahmen, welche das Gesamt- personal betreffen, sind in dem Beitrage »Personalwesen« im ersten Bande dieses Werkes besprochen. Zur Hebung der Betriebssicherheit werden grofiere Rangieranlagen und Mani- pulationsplatze mit elektrischen Bogen- lampen beleuchtet. Die Streckensignale werden mit Vorsignalen versehen, welche Abb. 391. Automatisch gebremster Giiterzug von 100 Wagen. 496 Felix Willinger. dem Lokomotivfiihrer schon weit vor dem Hauptsignal von dessen Stellung Kenntnis bringen; die auf Bremsdistanz vor den Hauptsignalen situierten Vorsig- nale verburgen somit die rechtzeitige Wahrnehmung des Signals. Die Signale werden auf der Fiihrer- seite aufgestellt und zur besseren Siche- rung der Wahrnehmung der Signale auf zweigleisigen Strecken wird das Fahren am rechtseitigen Gleis wieder einge- fiihrt. Eine wesentliche Forderung der Be- triebssicherheit bietet die Anwendung der durchgehenden automatischen Vakuum- schnellbremse. Der Lokomotivfiihrer wird hiedurch in den Stand gesetzt, allein und unab - hanodpf von der Einfluftnahme des Zug- personals die Fahrgeschwindigkeit zu regeln und den Zug anzuhalten. Bis nun werden die Schnellziige der staatlich betriebenen Eisenbahnlinien und schon ein grofier Teil der Personenziige mit automatischen Bremsen gefahren und die gleiche Einrichtung der restlichen Personenziige ist in Herstellung begriffen. Das Fahren der Guterziige mit einer automatischen Bremse, das mit Riicksicht auf die Freiziigigkeit der Giiterwagen der normalspurigen in- und ausliindischen Eisenbahnen eine internationale Angele- genheit ist, steht dermalen zur Diskussion. Der letzte internationale Eisenbahnkon- grefi in Bern, welcher im Mai 1907 tagte, nahm einen Beschlufi an, wonach das Fahren der Giiterziige mit durch- gehender automatischer Bremse als zweckmafiig konstatiert wird und die Eisenbahnverwaltungen aufgefordert wer- den, Versuche vorzunehmen, um das bestgeeignete System zu ermitteln. In dieser Frage nun haben die dsterreichi- schen Ingenieure einen Ruhmestitel er- worben. Die durchgehende automatische Vakuumschnellbremse der Schnell- und Personenziige wurde entsprechend adap- tiert fiir Guterziige angewende, und die vor internationalen Fachleuten im Sommeri9o8 abgefuhrten demonstrativen Versuchsfahrten haben ergeben, dafi diese Bremseinrichtung allen Forderungen des Betriebes entspricht und von keinem anderen System erreicht wird. Die un- glaubliche Leistung, Ziige von 200 Achsen in den verschiedensten Zusammenstel- lungen, was gebremste und ungebremste, beladene und leere Wagen anbelangt, bei den verschiedensten Geschwindig- keiten bis 60 km pro Stunde stets ohne deir geringstem Anstand auf fabelhaft kurze Bremsdistanzen zum Stehen zu bringen, ist nicht nur ein unerreichter, sondern ein unerwarteter Rekord, der schwer von anderen Systemen wird iiber- boten werden konnen. J. H anna ck: Tnnn elb au Typischer Arbeitsvorgang- beim Bau der AlpenTunnels Blatt 1. Querschnitte. MaBstab = 1 : 200 Lang-enschnitt der Arbertsstrecke. J. Hannack: Turmelbau. Eint) au -Typ en fur Verkleidungsprofile. far leichte Druckprofile. Querschmtt g h Querschniit at. Langenschnitt IG Querschnitt c d. Langenschniti Querschnitt ef. Langenschnitt puerschmtt 1 k. Ma.fi štab 1 : Z 00 Blatt 2 fiir schwere Druckprofile. Querschnitt Im.. fiir janz sch.were Drackprofile dar Siidseite des ffarawankeii Tunnels. Querschmtt no. Langenschnitt Langenschnitt !t. J.HannackJunneltau. Blatt 3. Tunnel Vollausbriiche. Firststollen-Aiifbruch und Aufbruch-Rmtj. Anschluss-Ring. Schluss-Ring. Mafistab 1:200. J.Hannack.Tunnelbau. Einbaii-T^pen ^ latl ^ ■and Bauvorgang n a ek belgischer Bauweise beim BosruckTitnnel. Fig 1. Eg.2. Mali štab 1:200. ///, ^ Stollen meten 5w Verbruchliohle vor dem Ausbau. Langenschnitt. MaBstab 1:500. m/ / 'Mnvi&i Fig. 3. Fig. t Anlage der Wasserstollen. GrundriG. MaBstab 1:500. Salzi&l __ --- 'Klaus MaBstab 1:400. J.Haimack:Tnnnelban Einb autype und Arb eifcsvor g ang bei der Rekonstruktion von Turni elringen im Karawanken Tunnel (Siidseiie ) Blatt 5 1 Baustadium. Einbautype und Arbeitsvorgang bei AusJFuhrung der TunneLringe beim Eingange des Murgraben Tunnels. 2. Baustadium 4. Baustadium 3. Baustadium 5. Baustadium Sckw.M. SchvvOt MaBstab 1:200 J. Hannack: Tunnelbaii. Blatt 6 Aus Turin el "ban Typen"blatt Za (Wocheiner-u. Karav/anken Piinnel). Fig 1. LicMr aumprofii Tunnelbau-Typenblatt 2b (Wocheiner-u.Karawanken Tnnnel) i Fig. IZ ,\iv\w.... ^ 'Fig-. IS Aus Tunnelbau-Typenblatt 2d (Karawaivkeri Tuirnel) >• ■ ■ v_> V - IT' Tl 'Briiclisteimiiaiterwerlc. (Jua de rmauer vrerlc Mabstab 1 : Z0C. Profiltyp die unter der ve Profiltype fur die Rekanstruktion einzelner Tuirnelrmge irnHaselcretircre der Nord- J.Hannack: Tunnelbau far die unter der Verbruch- Hohle beiTKm 0'583-0 595 der Siids eite - des B o sruck. Tmmels auscfefilhrteu Ringe. Aus Tunnelbau-Typeiiblatt Id ( BosruckTunnel) Fig- 4., Fig 5 Fig ž^E 9 ' 10 liditraumproffl. ‘0'30n « Fig-A . Fig 5. Aus TunrLelbau-Typenblatt 2 e ( TauernTunnel). Fig-8.iFig.8a. Profiltypen fiir die Fei der Klnftpartie von Tkm 2 4t20—2 450 R.-g;.12"b. Fig.l2a. der Siidseite des TanemTuuriels aus g efuTarten Rin-je = BruchsteinTnauenveH!. ■ duadermauervverlc. = Beton. Mal3stab = 1 : Z00 J. Hannack: Tunnelb au. Blatt -8. Aus Tunnel"bau-Typenblatt le. Fig.9 FiglO. Fig 7. Fig 8. i Fig5a. Fig.6. I Aus dem Beiblatte zu Tuuneltau-Typenblatt 1 c. Betonprofiltypen Betonprofiltypeii Feim Vorgaiuje mit Vollaus"bjucFen. "bei „FelgiscFer Bauweise. Fig. 5 c. =BradisteiTimauerwerlc. (juadeimaueiTverk. Beton... MaJistab 1:200. J.Hannack: Tiinnelbau Blatt 9 Aus Tunrielbau-Typenblatt Ig (Oberne Tunnel). Profiltypen fiir die Rekonstruktion Aus Tunnelbau-Typenblatt Ik (MarlinperTunuel) Fig-. 2. Ficr 3 dss Bukovo Tunnels in Ringren. mit sekr starkem G eb ir g s dr neke im VerbniclirirL^e W 5d Pro filtyp e fiir die Ringe 1)61111 Eingmge des M u r g r ab 8 n Timn el s. Profiltypen fiir den G o sin g - Tunnel. MaFstai) - 1:200 J. H annack: Tunnelb au. Blati 10. Ventilationsanlage nach Sjstem Saccardo kil Slidportal desTauemtumels. MafistaF 1:200. Orundnss und Fundamenlplan. Ouerschnitt I I' LangenscMitt in der Turaielachse. Querscliiutt I 1’. J.Hannack: Tunnelbau. Baubetriefosplatz Blcltt 11 avf der ffordseiie des Tauern Tunnels. _Jfrafiwa_sscHeiJu»g_ ^oMfbacft, Tauernbahn. Bockstein. ^orJtsgraben ’ 'ahiibaru' Kn»lbahn -lOO Hwa ss eriaiiunj yn\Voato. S c hw