M «» Mittwoch den 86. Hlat 187S. XIV. Jahrgang. Die ^Marburger Zeitung" erscheint jeden Sonntag. Mittwoch und Arkitag. Preise — sür Marburg: ganzjährig 6 fl., halbjährig 3 fl., vierteljährig 1 fl. 50 kr; filr Zustellung in» Hau» monatlich 10 kr. — mit Postversendung: ganzjährig L fl., halbjährig 4 fl., vierteljährig 2 fl. Jnsertion»gebl1hr 8 kr. pr. Zeile. Zur Ataatswirthschast i» Vesterreich. -«»Die Hauptfrage bezüglich der Staatswirth-schaft bleibt immer: in welchem Verhältnisse stehen die Ausgaben zu den Einnahmen, in welchem Ausmaße haben jene, in welchem diese eine Steigerung erfahren? Man hat sich in den Jahren l870 bis 1872 zu einer Vermehrung des Staatsaufwandes verleiten lassen, im Hinblicke darauf, daß ja die Steuern mehr abwarfen, als selbst die kühnste Phantasie erwartet hatte. Die Häusersteuer, die Einkommensteuer, die indirekten Abgaben übertrafen ii; ihren Erfolgen den Voranschlag jahraus jahrein, kein Wunder wenn man von dem gewaltigen wirthschaftllchen Aufschwünge den Mund voll nahm und von einer Prosperität ins Endlose träumte. Die Seifenblase platzt und die nüchterne Erwägung tritt wieder in ihr Recht ein. Aber es ist weit leichter, den Aufwand zu vermehren, als sich später einzuschränken und den Haushalt .einzudänMen ' und einzuengen. Heute stehen wir vor der nicht wegzuleugnenden Thatsache, daß Oesterreichs Budget fast ebenso viel in Anspruch nimmt, als im Jahre 1362 die ganze Monarchie. In dem Zeiträume von 18S8—1873 beträgt die Zunahme des gesammten Erfordernisses in den im Reichs» rathe vertretenen Ländern 22.7°/«,, während die Bedeckung oder mit anderen Worten die Einnahmen um 224-/0 gestiegen sind. Aber unter diesen Einnahmen erscheinen nicht kleme Beträge, die keine wahren Einnahmei; sind, sondern durch Verminderung des aktiven Staats- vermögens, durch Verkauf von Domänen, Ausgabe von Rententiteln u. f. w. erzielt worden sind. Im Vergleiche mit den 1360er Jahren ist allerdings eine Besserung eingetreten, welche ^llmeist den: Parlame,ltarismus und der durch lhn ausgeübten Kontrole zu danken ist; aber gesund sind wir noch nicht, und Jener erwirbt sich unseres Erachtens größere Verdienste, der auf die schwarzen Punkte an dem Horizonte aufmerksam macht, die das Herannahen eines Sturmes verkünden, als der sorglose Sanguiniker, der an der Außenseite der Dinge haftet und den Wurm nicht ahnt, der unter dem gleißnerischen Scheine strotzender Gesundheit in der Frucht verborgen liegt. Wahrlich, wenn man die Ausgabeposten der letzten Jahre überblickt, kann man sich banger Gefühle nicht erwehren. Die Kosten der Verwaltung sind ungemein gestiegen, und nicht blos die bessere Stellung der Beanüen ist die Ursache der Steigerung. Es wird noch immer zu theuer administirt in Oesterreich. Hier genügt aber ebenfalls nicht, um zu bündigen Resultaten zu koimnen, die Beschränkung auf die eigene Heimat; der Blick muß sich anderen Staaten zuwenden, um zu fragen: mit welchem Aufwände werden anderswo dieselben, ja noch größere Leistungen erzielt? Nongt aa Kttteler. Der „Kirchenfürsi" von Mainz, Ketteler wird nächstens sein fünfundzwanzig jähriges Bischofsjubiläum seiern und soll nach dem Plane der Ultramontanen dasselbe m einem großartigen. Feste sich gestalten. Diesen Anlaß benützt Johannes Ronge, um ein offenes Sendschreiben an Ketteler zu richten, dem er unter Anderem zurllft: „Ich will Ihnen und denen, die Sie bejubeln wollen, zu wissen thun, wie es jetzt um Deutschland steht, da Sie es lücht zu wissen scheinen. Die deutsche Nation ist nicht wie l844, 1850 und 1865 in 34 Staaten zerrissen, sie hat aus dem neuen reformatorischen Geiste das neue deutsche Reich geschaffen, was die Schul-, Kirchen und ihre Ehegesetze beweisen, und sie ist mächtig durch ihre Geisteskraft und ihre materielle Macht. Sie ist nicht vertreten und geleitet wie früher durch pfäffische und verweiberte Minister, sondern durch Männer, echte deutsche Männer, durch Ritter von Geist und Thatkraft ohne Furcht und Tadel! Das Gefiel der Kraft und nationalen Würde und das Bewußtsein der sittlichen Verantwortlichkeit sind mächtig gewachsen in der deutschen Nation, und wir wissen, daß das Naturgesetz der Selbsterhaltung und das sittliche Gesetz unserer Entwicklung uns die Pflicht auferlegen, das Gebäude der päpstlichen Herrschaft in Deutschland zusammenzubrechen und alle ver-rätherischen und aufständischen Bischöfe wie Geistliche des Amtes zu entsetzen, ehe es feindlichen Nachbarn möglich ist, uns mit einem neuen Kriege zu überziehen. Gestützt ailf diese Gesetze der natürlichen und sittlichen Weltord^ nvng und auf das neue deutsche Reich, erfülle ich eine imperative Pflicht des nationalen Geistes, der durch Ihre Jubelfeier aufs neue verhöhnt werden soll in seinen: sittlichen Streben, Keuitletou. Z« dt« KasrmM« Magdtbvrgs. ^ Von Lewin Schücking. (Fortsetzung.) „Ohne die Stange zwischen meinen Handschellen, die ich mir an dem einen Ende scharf geschliffen habe, wäre es gar nicht möglich gewesen. Aber ein Kopf und eine Hand wie die meine werden mit Allem fertig. Ich würde heute beinahe bis unter die Kasematte drüben gekommen sein, wenn ich nicht das Arbeiten zenftits gehört hätte, was mich bewog, inne zu halten und mich ^in meine Zelle zurückzuziehen, unl abzuwarten, was kommen werde." „Und wenn Sie bis in die Kasematte vorgedrungen wären?" „So würde ich die Arbeit so lange haben ruhen lassen, bis eine Auswechselung von Kriegsgefangenen oder das Ende des Krieges die Kasematte von ihren jetzigen Einwohnern befreit haben würde. Meine Verständnisse mit gewissen Leuten haben mir den Schlüssel zu der Thüre der Kasematte verschafft, die sich damit von innen aufschließen läßt. In einer sternlosen Nacht kann ich ganz bequem zu dieser Thüre hinaus, über die Festungswälle, durch die Gräben, ins Weite; ich habe an einem be-stilnmtell Orte meine gesattelten Pferde stehen!" „Sie haben den Schlüssel zu unserer Kasematte?" sragte Frohn. Von der Trenck nickte mit dein Kopfe. „Dann freilich", verfetzte Frohn, „haben Sie eine große Chance, daß Ihre Flucht gelingen kann." „Eine Chance? Gewißheit!" „Nun, es ist immer gut, sich auf Zllfälle und unvorhergesehene Ereignisse gefaßt zu machen, die uusre besten und klügsten Pläne zu Nichte machen können." „Soll ich Ihnen die Geschichte meiner Flucht aus der Festung Glatz erzählen?" fiel von der Trenck selbstbewußt ein. „Sie werden dann keinen Zweifel mehr an denl hegen, was ich zu Stallde bringen kann." „Ein anderes Mal", antwortete Frohn, „wir wollen die Zeit in diesem Augenblicke besser benutzen; aber Sie reden ein wenig laitt, Herr Kanierad — die Schildwache, die ich draußen gehen höre, könnte Verdacht schöpfen." „Haben Sie deshalb keine Sorge", antwortete Trenck lächelnd — „die Wachen wissen, daß zuweilen die Herren OPziere von der Besatzung bis tief in die Nacht hinein bei mir sind und sich meiner geistreichen Ulüerhaltungs-gabe erfreuen. Hinein schauen in meinen Keri?er kann die Wache nicht — ich habe, wie Sie sehen, eine Decke vor das Fenster gehängt." „Desto besser", versetzte Frohn — „so haben wir Muße, den Vorschlag zu diskutiren, den ich Ihnen machen will, Herr Kanlerad." „Sprechen Sie." „Zuerst will ich meinen Begleiter beurlauben. Auerhuber, Du kannst die Rückreise antreten. Kriech in die Kaseniatte zurück; Du kannst dort erzählen, daß ich hier eilte sehr anziehende Bekanntschast gemacht habe, nut der ich mich noch eine Weile unterhalten werde." Auerhuber hätte eigentlich vorgezoge»:, dieser Unterhaltung beiwohnen zu dürfen, er gehorchte jedoch, und während Frohn ihm die Laterne hielt, tauchte er alsbald unter, uin wie ein Maulwurf unter der Erde zu verschwinden. „Atache nur, daß Dich ja die Schildwache nicht hört" — flüsterte Frohn ihm nach; er löschte darauf sein Licht aus, mn die Kerze zu sparelt, und dann sich zu Trenk wendend, salzte er: „Wir sind jetzt allein, und ich will Ihnen nleinen Plan anvertrauen. Vielleicht sind Sie geneigt, Jl)ren Plan mit dein meinigen zu kom-biniren. Ich gla»tbe, ebenso wenig wie Sie mein Ehrenwort auf unliedingtes Stillschweigen ver- und künde Ihnen in seinen: Dienste das Urtheil der großen Mehrheit und der Besten der dellt-schen Nation über Ihr fünfllndzmanzigjahriges Wirken. Sie silld erstens überwiesen, daß Sie in Ihrer Eigenschaft als Bischof das Handbuch der Moral-Theologie (des Jesuiten Gur) mit seinen allbekannten Diebs- und Unzu6)tslehren in das Mainzer PriesterSenlinar eiligesührt, NM die gesammte katholische Geistlichkeit jesuitisch zu dressiren, d. h. nioralisch zu verpesten, nlit der Absicht, durch diese die sittliche Kraft der deutschen Nation zu vergiften und sie dann als Rebellin gegen S^llabus und Unsehlbar-keits-Dogma nach Canossa zu bringen und sie zur Sündenbettlerin zu «lachen. Sie sind zweiteus überwiesen, daß Sie stets das Gegentheil von dem gethan und noch thun, was der Berrlf eines christlichen Bischoss fordert. Sie haben durch die 25 Jahre Ihres Wirkens den tiefsten Seelenhaß der Katholiken gegen ihre nichtkatholischen Mitbiirger llnd Verachtung derselben gelehrt. Sie waren in Rom gegen das Unfehlbarkeits-Dogma, und in Deutschland verleugneten sie Ihr Gewissen llnd lehrten es als Eingebullg des Geistes! Sie erregten Zwiespalt in gemischten Ehell, hetzten Frauen gegen ihre liberalen Ehemänner und wtholische Arbeiter gegen nichtkatholische. Sie schädigten Ackerbau, Erwerb und den allgenlei-nen Wohlstand durch ein systematisch betriebenes Bettelsystenl für den Papst llnd die todte Hand, und forderten in den letzten Jahren in Ihren Hirtenbriefen zum Ungehorfanl gegen Staats-und Reichsgesetze auf. Und drittens sind Sie überwiesen, wofür namentlich Ihr Hirtenbrief bei Gelegenheit der Nationalfeier zunl 2. September Beleg ist, den feindlichen Nachbarn indirekt Ihre Bundesge-nossenschast angetragen und das deutsche Heer herabgesetzt zu haben durch die Beschuldigung, als habe es für Deiitschland nichts gethan, vielmehr den Zwiespalt erweitert im deutschen Volke. Und nun, Bischof von Mainz, nachdenl dies Urtheil, das schon lange in Millionen delltscher Männer lebendig ist, ein öffentlich verkündetes ist, gehen Sie und feiern Äe Ihr Jubiläum! Sie werden keinen Aufstand im Innern des Reiches-zu Gange bringen, noch werden unsere feilldlichen Nachbarn allf Ihre BundeSgenussenschaft rechnen, nachdenl sie erfahren, daß Sie nwralisch geächtet und äußerlich ol)umächtig sind sanlult Ihren Kollegen! wohl aber werdeit Sie in Kürze erfahren, daß langt haben, brauche ich das Ihrige zu verlangen. Ich traue Jhilen zu, daß Sie lieber sich folteru ließen, als eineu Kauieraden ins Unglück zu bringen..." „Sie thun fehr wohl, ein solches Ehrenwort niÄ)t von mir zu vertagen — ich würde unter nieier Würde holteil, es zu geben", erwiderte von der Trenck stolz. ^ „Nun wohl, so hören Sie denn. Es ist nlir geluugen, diejenigen Leute, zu denen ich mich in die Knseniatte habe sperren lassen, nlir unbedingt gehorchen zil nmchen. Ich habe Ver-bindullgen niit mehreren anderen Kasenlatteu der Festung anzuknüpfen gewicht, in denen eiil-zelne Offiziere, die ihr Ehreiuvort, nicht zu fliehen, verweigert haben, nnt Gemeinen zusani-nrengefperrt sind. Ich habe dort überall All« führer wählen lnsseil^.die gelobt habeil, meine Befehle anzlinehlilell. Ich habe lliir einen Plail der Festllng verschafft. Ich bedarf jetzt llnr noch sehr welliger vorb< reitender Schritte, um das Signal gebeil zil töllileil, nach welcheln alle diese Gefangenen ilil selbeil Aligeilblick losbrecheil, ihre Wacheil iiderlnältigell und sich zum Herrn der Festllng nlachen lverdeil. Ich übernehnie dalln das Koinniando von Magdeburg ulid halte die Festung so lange, bis uilsere große Kaiserin mir ihre Befehle hat zugeheil lasseir." „Der Telifel! der Plan ist großartig!" rief der nationale Geist von jetzt ab sich imlner luächtiger erhebt über die ausschließenden kon-fessionellell Schranken, daß die Mitglieder aller religiöseil Gelneiilschasten oder Kirchen, getragen ulld erfüllt von der hohen Idee unserer sittlicheil Kulturailsgabe sich die Halld reiche» zur Erfüllung der sittlich-uatioilalen Pstichteil." Zur Geschichte des Taues. Die Halbamtlichen singeil wieder das alte elvlge Lied vom Lobe der neuen Minister Ulld doch l)abeil diese iloch keineil Federstrich genlacht. Wir aber halteil fest all delil er-sesselleil Recht, den Tag nicht vor deul Abend zu loben. Die Anfiedlung preußischer Ordens Priester uild Nollllen in Oe-. st erreich llimlnt ihren Fortgang mit eiiler Rllhe, die ganz in der Ordilung ist. Die llelleste Aera kailn gar nicht weihevoller eingeläutet lverdeil, als durch deu Klang, der von Klöstern ilnd Burgen lveit über die Grenze ruft. Wie lange lvird es uoch daliern und lvir hören diese Zufluchtstätten von deil Halbalntlicheil als die Bolllverke der wahren Freiheit preisen! Der Allsweis über die Geschästsge-bahrung der österreichisch-ungarischen Konsulate iin verflossenen Jahre ist nuu verösfeiltlicht worden. Der Verkehr in der Frelnde liefert kein erfreulicheres Bild, als jener in der Heilnat: die Thätigkeit unserer Kollsulate war ailch iln zweiten Jahre nach dem Krach llicht lebhafter, als iln ersten. Wie beredt sprechen diese Ziffern und Zahlen! Der ungarische Reichstag ist geschlosseil lvordeil — llach dreijähriger „Wirk-sainkeit", die aber in Wahrheit trotz aller Roth geringer uild unfruchtbarer gewesen, wie iloch selten eine. Wolleil also die Erivählten des Volkes, lvie die beliebte Redensart lautet, mit Befriediguilg auf deil Schauplatz ihrer Thätigkeit blickeit", so müsseil sie dies ain Ende eines geineinschaftlichen Abschiedsgelages thun. Die Bonapartisten scheiden sich be-reits in Alte uild Jullge. Letztere habeil den „kaiserlichen Prinzen" für sich gemoilileil und ratheu ihiil, gelegentlich der Wahlen illit eillein Ausrufe hervorzutreten — lvcnigstellS iil der Forin eines frellndschastlichen Briefes an eiueil Parteigeilossen. von der Trenk aus — wie es schieil, nicht ganz ersreut voll der Aussicht, daß er ill's Werl gesetzt werde. „Was sageil Sie dazu, Herr Kmilerad ?" „Woher wollen Sie Wasfeil bekolnlneil „Wir llehlneil sie der Besatzllllg ab. Wir habeil sechs- bis achttauseild österreichische Gefangene in der Festilng. Meille Einleitnilgeil silld so getroffeil, daß il)rer vier-bis süilstauseild etlva allf nleiuen Befehl sofort losbrechen tonnen. Die gallze Befatzuug besteht aus höchsteilS I 500Äl'antt — keiile kriegsgeübten Feldtruppeil, soildern Lmldlllilizell, die llichts lieber thun, als ihre Flinten lveglverfeil, uiu llach Hause zu kolnllleil." „Aber die Geschütze ? Man lvird gelviß die Geschütze deil Eingäilgeil gegenüber allfgepflanzt haben Uild Ihre Lelite niederkartätschen, weiln sie ausbrecheil!" „!!)tlln die Geschütze luüsseil lvir, lvenil sie vertheidigt lverdeil, freilich ilehineil, ebenso glit lvie irgelld eine Redoilte in der >^chlacht." „Dttiln fehlt Ihnen die Munitioil, lveiln Sie die Geschütze habeil." Vermischte Z!«ichrichteii. (Zur Brieftauben-Zucht.) Ain vorletzten Solllitag ließ man alif dem Bahilhof zli Karlsnihe einl)ulldertfünfzig Brieftaubeil auf-fliegell, llm die Lllstreise llach Straßblirg zu llmchen. Der Abffllg wllrde iln selben Augenblick telegraphisch nach Straßburg gelneldet, ulld der Leiter der Briestaubenanstalt begab sich mit dem zur Abfahrt bereit stehendeil Zug gleichfalls dahill, llln dalln lllit den dort wieder gesanl-lnelten Taubell nach Würzburg zu reisen, voll Ivo dieselben auch nach straßburg abfliegen sollen. Es scheillt, daß diese gesiederteil Boten für deil Verkehr Süddeutschlands mit der elsäs-sischell Festung eiilgeschult lverdeil, und diese Versuche dürsteil deinnach auch von allderen süddeutschell Städten nach uild nach angestellt lverdeil (Der Eid des Geschwornen und eiu Freidenker.) Der GlMlasialprofessor Franz Nohleder zu Friedeberg bei Frankfurt lan der Oder) lvurde kürzlich als Gefchworner ausgelost. Da es sich ilin die Ablegullg des Eides handelte, so erklärte Nohleder, daß er allf Grund seiner wissenschaftlichell Ueberzeu-gung nicht an die Einwirkung eines persönli' chen Gottes auf das menschliche Thun glaube. Der Freidenker wurde deßhalb als Geschlvorner nicht zllgelassen und llach geschlossener DiSzi-plinarllntersuchullg seiner Lehrstelle enthoben. Nohleder hatte lllnnittelbar llach der fraglichem Gerichtssitzung iln „Neulnärker Wochenblatt" folgende Erkläruug veröffentlicht: „Als Staatsbürger halte ich mich für verpflichtet, den be-stehenden Gesetzen zu gehorchen, iln Uebrigen als Mensch die Wahrheit z»l sucheil, nach der erkallntell Wahrheit zu lebeil, Jrrthurn und Lilge von lllir abzuwehreu. Hienach bestiinmt sich lneitl Verhalten in dein vorliegetlden Falle. Ich wllrde als Geschlvorner einberufen, ohne daß Nlir eiile Erklärllng freigelassen wurde, ob ich gelvillt sei, als solcher zu fungiren oder nicht. Da ich ilicht illlterrichtet lvar, daß die Geschwornen sich, falls sie gezogen nnd ange^ nolnlnen werdell, dllrch eillell Eid nlit bell Worten: „Ich schlvöre es, so wahr mir Gott helfe!" verpflichtell, sah ich lnich veranlaßt, als ich in der zweiteil Sitzung gezogen ulld angenolillnen lvurde, voll dein Präsidenten des Gerichtshofes Auskullft darüber zu erbitteil, ob das Gesetz allgelneiil vorschreibt, den Eid in dieser Fonn zu leisteil. Da dies durch die Staatsallwaltschaft bejaht wurde, gab ich, uill mich nicht lvissentlich einer Lüge schuldig zll macheil, eille ErklärlNlg etlva lilit den Worteil zu Protokoll: Ich beabsichtige nicht, mich der Verpflichtung, als Geschlvorner zu fllilgiren, zll entzieheil, »loch auf dieses Recht zu verzicl,-tell, ich lverde denlnach, da dies gesetzliches Er-forderlliß ist, deil vorgeschriebenen Eid xleisten. Ich fül)Ie nlich aber verpfliclMt, zll' erklären, daß llach uieiner lvisselischaftlichen Ueberzeli-gling es keille Einlvirkulig eiiles persönlicheil Gottes aus nleuschliche Handlungeil gibt, also lveder einc göttliche Hilfe nlld Belohilung, noch eine göttliche Strafe, daß viellllehr jede Handlung llur die Folgen hat, welche durch die Naturgesetze lllld durch die Eillrichtungen der inellschlichen Gesellschaft, lveml sie iil Sitte und Recht als Autorität sich gelteild nlacheil, bedillgt sind. Wenil ich also frei haiideln könilte, lvürde ich deil Eid ohne die Schlllßivorte: „So wahr Nlir Gott helfe!" leisteil. Ich habe nur lloch hiilzuzufügell, daß ich eine feierliche Eideslei-stllng init Rücksicht allf lnelischliche Schwä ch^il für llothlveildig halte, daß für inich lvisseil-schaftliche Uel'erzeugung und Gelvissell diesell'eil Begriffe sind lind daß ich überzeugt biil, daß jeder dellkeilde Mensch sich belnül)t, die ailsailgs erlvühilten Grundsätze zu bethätigeil." (Muckerth u lll.) In Leipzig (bei Hirsch-seld) ist eille lleue Sailllnllnlg „christliclier Lieder" elschiellen, lvelche voll Muckenl eistig gekauft wird; lvir theilen hier eine Probe mit: „Herr, ich will ja gerne bleiben. Wie ich bin, dein aruler Hund, Will auch anders nicht beschreiben Mich nach meines Herzens Gnnld, Denn ich fühle, was ich sei. Alles Böse wohnt mir bei. Ich bin aller Schand ergeben. Unrein ist nlein ganzes Leben, Hündisch ist mein Zorn und Eifer, Hündisch ist niein 9!eid ilnd Haß, Hündische ist mein Zank und Geifer, Hündisch ist mein Naub und Fraß. Ja, wenn ich mich recht genau. Als ich billig soll, un^schau'. Halt ich nnch in allen Sachen, Aerger, als die Hund' es machen." (Die Wiener Weltausstellung. Schlußrechnung.) Die Schlußrechnung der Wiener Weltausstellui^g, vonl obersten Nech-nungshofe am 4. Februar 1874 begonnen, ist nun vollendet. Die Kosten belaufen sich auf. I V bis 20 Millionen Gulden; der Reichsratü hatte 15,700.000 fl. bewilligt. (^Erinnerung an Joseph II. Au garten fest.) Am Sonntag hat zu Wien die Gedächtnißfeier der Eröffnllng des Augartens statt-gefundeu; unter dein Schmucke prangteil allch folgende Sinnsprüche aus den Briefen Kaiser Joseph II.: „Ich liebe auf dieser Erde Zttenianden als Sie und den Staat." ^ (Brief an seilte Mutter, 1783 ) „Schon bei Anfang meiner Regierung war ich entschlossen, das Diadein mit der Liebe meines Volkes zu zieren." (An Swieten, 1787.) „Nation und Religio»! nulß keinen Unterschied machen." (An seine Beamten, 1763.) „Wer dem Staate dienen will ulld dient, muß sich gänzlich hintansetzen." (An seine Beantten, 1733.) „Die Toleranz ist ein rej^nder Beweis von Fortschritten des nlenschlichei^Ivrjtes." (An Swieten, 1787.) „Da ich den Aberglanbeil und die Saddu-zc^r verachte, will ich mein Volk davon be-freien." (An Kardinal Herzan, 1781.) (Feuerschaden.) Der Schaden, welcher durch den großen Brand in Pölts6)ach verursacht worden, beläuft sich auf 9850 sl. Alle Beschädigten waren versichert und beträgt die Summe 7000 fl. (Brandlegung.) Auf dem Dachboden der Pfarrkirche in Mureck entstand neulich zur Mittagszeit ein Brand, welcher jedoch von der dortigen Feuerwehr sofort gelöscht wurde. Der Schaden ist gering. Zwei GrundeignerS-Söhne, Peter K. aus Zechensdorf inld Johann H. aus Gosdorf, Bezirk Nadkersburg, stehen iin Ver^ dacht, dieses Feller gelegt zu haben ntld befinden sich beide s6)0ll iil gerichtlicher Haft. olk e ubr uch.) JnSkolner mld Paak bei Gonobitz Habel» Wolkeilbrüche stattgeslllldei» lnld ist den Berichtell zllsolge die Frichlings-saat lveggeschmelnlnt wordeil. h renlnitglied.) Der Turilverei»» in Cilli hat dell Bilrgermeister jeller ^wdt, Dr. Neckerlllanll, ill dallkbarer Anerkennlnlg aller Verdienste lnn die Fi?rderung des Turnens , zuln Ehrelunitgliede erilanilt. Das Diploln wurde gelegentlich der Uebergabe des Bailllers feierlich überreicht; der Männergefangvereill trug dainl ein Fahneillied vor und Dr. Neckerlnann dankte lnit herzlicheil Worteil. i^Er nennullg.) Der Staatstelegraplien-Direktor für Lteierillark und Kärllten in Graz hat den hiesigen Telegrapheilalilts-Assistenteil Hernl Noillan August Ragg zuin Telegraphen-alnts-Offizial sür Marburg ernanilt. - Letzt- Wo st. Zllarliurger Rrrichte. (Wegen Todtschlags verurtheilt.) Vinzenz Drusche, ^.Sohil eilles (^LrulldbesitzerS in Rosivein, hatte mn^».Februar d.J.Abends in Pivola dem Johann Rotter lnit eiilein Prügel so geivaltig auf dei» Kopf geschlageil, daß der Tod aln nächsten Morgeu erfolgte. Wegen dieses Verbrechens wurde der Allgeklagte, welcher ein ulnfasselldes Geställdiliß abgelegt, mn 22. Mai von dell Geschlvorilen für schuldig erklärt ulld von den Strafrichtern zu schlveren Kerker auf zlvei Jahre, fechs Monate verurtheilt. Vinzeilz Drnsche ist dreiulldzlvallzig Jahre alt. (Feuer.) J»l Reusetz bei Radkersburg silld das Wohnhalis llnd das Wirthichastsge-bäude des Grundbesitzers Johanll Perner eiil-geäschert lvordei» — sanlnu eineln Kalbe, elf Schweilleil, vierzig Metzeil (betreibe, ziveihun-dert EUv'll HanStelnwand, Kleideril, Geld, Wagen und Ackergeräthschaften. Der Schädel» lvird aus dreitauseud Gulden berechnet ^'ieses Feuer ist lvahrscheinlich dllrch Fahrlässigkeit elltstandei». (Ertrunken.) Der Grulldbesitzer N. Weidel in Wlichern und seill füllszehnjähriger Sohn wollten in eineln Kahne über die Drall fahren. Weidel gerieth aber lnit der Stailge ill einen Felseilspalt; als er dieselbell lvegen der scharfen Strölnung losgelasseil, stürzte er kopfüber in den Flnß, welcher an jener stelle sehr tief ist llnd verschlvand ill den Wellell. Den» Knabell gelallg es, sich zu rette,l. Der Leichnam des Ertrunkellen lvird gesucht. Der BrcSlauer Fürstbischof wird nach feiner Abfetzung im prcußifchrn Theile der Diözese von Oesterreich au« keine AmtShand lung vornehmen dürsen. Der NumänenkongeeA in Hrrmannftadt hat sich für die Enthaltungspolitik ent schieden. Bei der NolkSabflimmnng in der Schweiz ist das Ehegrsetz mit SlUM« gegen Stimmen angenommen, daS Stimmrechts-Gesetz mit gegen Gtimmen abgelehnt worden. recht wohl wissen, daß dieselben selten absolllt richtig sein köllnell ulld jeder Tourist sich sehr täuschen würde, wollte er seine AllSgaben darnach berechnen. Sie silld jedoch deßhalb von Nutzell, da sie eiile vergleichende Bellrtheilullg der Gasthöfe einzelner iörte und Gegenden erlauben. Karten silld dieser ersten Auflage leider noch nicht beigegeben. Die Ausstattung ist recht hiibsch. H K. u l. conccss. Doul Bttcherlisch. GcdirgSsührer durch Steiermark, Kärnten Krai» und die angrenzenden Theile von Oesterreich, Salzburg und Tirol. Von Dr. I. Frischalls. Graz, Leuschller ltnd Lubenski). Dllrch Herallsgabe des vorliegendeil „(Äe-birgssilhrers" hat Professor Frischalls eine Litcke ill nnserer Reiseliteratur ausgesüllt lnld besitzen lvir nun elldlich auch filr die Ostalpen ein brauchbares Reisehalldbllch. Es ist selbstverställdlich, daß hier nicht die gleichen Allsorderungell gestellt lverdeil kiinnen, lvie etwa an eillen gleichzeitig erscheinendeil Führer slir Tirol, da die Gebirgsgegenden Steiernlmks, .^iärnteilS lllld Krains noch sehr lvenig bereist siild. Die lllitgetheilten Angabeil stützell sich zllln großen Theile auf die Touren des Verfassers iil de>l Jahreil l8i>l bis Itt72; freillde Beiträge stossell nlir spärlich, lind slir lnallche Gegelld lvar llicht Enle Notiz auszutreibeil. Das Blich zerfällt in sechsulidvierzig Roil-ten, von denen sich danil die eiilzeliien Änlren abzlveigen. Die Anordiiliiigeit letzterer ist so getroffen, daß die Ausgaiigspuiikte iilöglichst llahe der Bnhil liegen. Was die AllSführliiig betrifft, so beschräilkt sich der Verfasser alls Wiedergabe von Dateil lllit Vernleidllng alter laildschastlicheil Schildeningell. Nicht gerne vernlissell lvir die Aligabe der Gasthofpreise in größern Ortell, lveni» ivir auch ^ Allrlleudurger-Vieijplllver Z Mlr Psrrde, Hornvieh und Schife, belvahrt^ Mei Vrüse, litlile, Äolilt, windbanch» Slut-D ^,lnelktu, Mllngel an FrejUnst und zur ver-^ ^iltsserung der Milch, soivie überiil^upt bei? Pürankheiteil der Vcrdaunnas- und ^tlimungs-^ Lorgank. (55'H A K. n k. liusjchl. privil. A MüliliilWzlliiilll-.l'Ierileß A Znr Stärkung vor und Wiederkräf-A (Dignng nach größeren Straplyrn, bnv-U)r:D ^^slch ferner bei Bcha'idluug vou Gicht, UhtN-A Amatislnus, Vcrrenknngen, Vcrstanchnngtn,^ ^Srljnenkluppt, iZnl^-,' Hüft-, Kren^- uudV Zchnlterläljine, Glicotrschwäche, Steifljeit dcrR !At!illtN nnk» Mnskcln tt., n d krliäli daH Pftrd sclbst lei der größten Anstrengung ^in's höchslc Alltr ausdanerlld und mnthig. ^ PiciS einer Flasche 1 fl. 40 kr ö. W. ^ Schweillpulver ^ ornli!tag wird im Hause Nr. 27 in drr V'klliuglioft^asse eine Lizitallon von (Z^ nrichtang^stucken ll >0 Bettwäsche abclehalten und z» jener Ze-t auch eine ElektrisirMaschine Veräußert. (595 Ant. Walbiner. ijer >V.8l»!>k l.ollene sm Militür-WohlthätigkritSMklke Haupttreffer Gulden Ziehung am IS. Juni 1875 (b4i zu haben in der s. k. Lotto-Kollektur bei Frau v. ld!iche, 12 Joch große Besitzung mit guten Wirlhlchaslsgebäudcn und einem großen Obstgarten ist auS Familienrück-sicht n Verkäuflich. Auch »vare eine 10 Joch große Wiese, Mustergrund, an der LeiterS-bergcr Bezirksstraße im Ganzen oder in Parzellen zu verkaufen. Auskunft erlheilt die E'gentbümerin Maria Loppitsch in LelterSberg Nr. 232. (527 Ein Pferdestall für 2—3 Reit- oder Kaleschpserde ist zu ver-mielhen. (559 Näheres im Dicnstmann-JnstitutS'Bureau. vis xrögsto Eisenmlibetfabrili von 1023 !it III. 17, emptielild gieli dierwit. Lörrklcklöiäßr solill unll svibst gvarilvitvt emptielilt) (las clvs (459 t. 8elieil!l iii Hiii'biii'K. liQ (41g „NU dsüväeQ Zied Zegouvärtiß Mgenäo (^eträulcs im ^U3L0t»aQl!6 : 1874or Kologoi' . . . » lcr. 32 pr. blas» 1873er kotk^sin v. Oonodit- „ 4V „ I872or Jokannosbsfgvi- . . „ 4L „ I874or l-uttonbergsr . . „ SV „ 1868ör ZtaMorgvl' . . . „ SV „ ^16 aueti vorsoliieäens OattuvAen flasvkvn->Vvino 6eu mäkgißstoii proiseu. c?65 ' I'erllers äa3olbst auok ein xut ab-ßo1e^ell63 köti'sekv8 Ml'lvndivi' » lcr. 2S pr. Äass augKesedänIct. AütiZew ^uspruelis laäet Iiöüioli sii» 6astvirtk. lZisltatsv«, pukiiel» k la Klaev smpüekiti (S13 Ein Gewöltl am Komplatz ist zu vergtben. 532) E. Schraml. Gutes Heu verkauft Kartin (Warthol). (S4S GW Reservf-Unteroffizier, der deutschen, slavischen und ungarischen Sprache in Wort und Schrift vl)llkommen mächtig, wünstht in eine Kanzlei oder ein GeschaftSbureau unter sehr mäßigen Bedingnissen unterzukommen. Gefällige Antrüge bcliebe man an die Ej-pedition dieses BlatteS zu senden. (536 Und heilbar meist binnen wenig n Tagen durch ein tausendfältig be'rährteS äußer S Mittel, welches nachweislich bei richtiger Anwendung auch lang« jährige Leiden beseitigt. Preis tvie bisher fl. 1 per Flasche. Bei Anschaffung erbittet nähere Mitthei-lung über die Art deS Leidens ?r. prakt. Arzt in Thaur bei Hall in Tirol. (184 Eiseiiba'^ii-Fahrordnung Marburg. Mittlere Ortszeit. Personenzüge. Bon Wien nach Trieft: Ankunft 8 U. 51 M. Frilh und 9 U. 54 M. Abends. Abfahrt v U. b M. Kriih und 10 U. 6 M. Abend». Von Trieft nach Wien: Ankuust 8 ll. 35 M. Früh und 6 U. 56 M. «beudS Abfahrt 8 U. 45 M. Krüh und 7 U. 8 M. Abend» Gemischte Züge Von Mttrzzuschlag nach Trieft: Ankunft 1 l1. 49 M. Alisahrt 2 u. 25 M. Nachm. Von Trieft nach Mürzzuschlag: Ankunft 12 U. 16 M. Abfahrt 13 ll. 43 M. Rächm. Ellzüge. Wien-Tri est. j Trieft-Wien. Ansunft 2ll. 13M. Rachm. j Ankunft 2 U. »b M. Nachm. Alifahrt 2 U. 10 W. Rachm. j Abfahrt 2 ll. 38 M. Nachm. Kärutuer-Züge. Abfahrt. Nach AranzenSfefte: 9 U. 25 M. Bormitt. und 10 U. 85 M. Nacht». Räch Villach: 2 U. 55 M. Nachmttt. Ankuuft. Vou Franzensfeste: 7 U. 5 Min. Früh und 6 U. 40 M. Nachmitt. Von Villach: 12 U. 29 M. Mittag. Verantwortliche Redoktiou, Druck und «erlas van Eduard Zanjchih in Marburg