f ii r Vaterland, Kunst> Wissenschaft und geselliges Leben. M» O. V»n8ttT8 Hon 18. Flinnor. K 848« Qeffentlicher Dank! «^ as löbliche k. k., seit wenigen Wochen in Laibach garnisonirende i'nnerösterreiä)!'sche Infanterie - Regiment Baron Piret, N>'. 27, hatte die Gefälligkeit, vor seinem Abmärsche von Laibach durch seine Regiments-Capelle eine große, musikalische Abenduiiterhaltung zum Besten der Stadtalmen am 1^. Jänner 1848 Abends iin ständischen Nedoutensaale, zu veranstalten, bei welcher folgende Stücke in zwei Abtheilungen zum Vortrage kamen: I. Onoercure zur Oper: »Die Musketire der Königin" von Halevy. — 2. Arie aus der Oper: »Stra.-della," von Flocow. — 3. Nationa l.- S te y rische. — 4. Ane aus der Oper: »Robert der Teufel," von Meyerbeer. — 5. Triumph - Quad rille, von Strauß. — 6. Chor und Romanze aus der Oper: »Die Holz Händler in," von Kreutzer. — 7. Die Alpe n r ö sei n, Walzer v. Schm'ölzer. — 8. Abschied von Gratz, Marsch von Vleyle. Der Ruf der Vortrefflichkeit, der dem Musikcorps dieses Regiments vorausgegangen war, zog eine zahlreiche Versammlung am besagten Abende herbei, und erhöhte nicht wenig die Neugierde und Erwartung derselben. Es gewährte schon für sich selbst einen imposanten Anblick, die Elite des zahlreichen, schön uniformirten Musikcorps, ben Capellmeister, Herrn Bleyle, an der Spitze u»d den Reyimentstambour in voller Rüstung an der Seite, auf dem Orchesterpodium des Saales in Reihen aufgestellt zu sehen; ber Eindruck aber, den die meisterhafte Ausführung dieser schönen, hierorts lheiliveise unbekannten Stucke auf die Zuhörer hervorbrachte, war ganz besonders befriedigend, sprach Nch durch allseitige, wohlverdiente Anerkennung der Leistungen dieser tüchtigen Tonkünstler und dul-ch lamen Beifall der zahlreichen Versammlung, insbesondere der Musikkundigen aus, und ward endlich durch die gemütherheiternden, einfache", jedoch in ihrer Modulation einzig da stehenden, charakteristische,, Weisen des steyrischen Nationaltanzes zum Enthusiasmus gesteigert, welcher sich auch dann nicht legte, als diese Sceyrischen auf allgemeines, lebhaftes Verlangen bereitwilligst wiederholt wurden. Indem nun die Armen-Instiluts-Commission dieser Hauptstadt im Namen der Stadtarmen, denen diese Abendunter-Haltung eine ergiebige Einnahme verschaffte, dem löblichen Infanterie-Regiments Baron Pirer und dessen vortrefflichem Musikcorps für die Veranstaltung derselben den ver-bindlichsten Dank hiemit zollt, knüpft sie an denselben auch die Versicherung an, daß diese wohlwollende, den hiesigen Stadtarmen ganz unaufgefordert zugewendete Theilnahme des löblichen Regiments in stets freundlicher Erinnerung des Publikums dieser Provinzialhauptstadt bleiben wird. Von der Armen-Instituts-Commission. Laibach am l5. Jänner l848. Helvetien. (Aus der «Theaterzeitung.") HAan denke sich zwei gleiche, freie Brüder, Die — aufgesäugt an einer Mutterbrust — Sich plötzlich wüth- und grimmentflammt befehden, Ob ihnen auch der Grund sey unbewußt; Man denke sich zwei engverbund'ne Freunde, Die gar nicht ahnen, das; sie nur e in Leib, Und daß der Zwist am inner,: Marke zehre, Gleichwie die Zwietracht zwijchen Mann und Ncib; Man denke sich zwei grüne, junge Sprossen Aus cinem alten, krcifl'gen Eichenstamm, Man denke sich zwei Glieder eines Körpers, Die ohne gegenseit'ge Stutze lahm; Man denk' sich eine Landschaft mit zwei Flüssen, Die nur vereint zu einem Strom gedcih'n. Auf dem sich stolz der Schiffe Segel blähen. Die dem Verkehr und Handel Schwingen leih'n; Man denk' sich endlich einen tollen Wüthrich, Dem es gewährt den sonderbaren Neiz, Mit seinen» Schwert im e i g'n e n Fleisch zu wühlen: So hat man treu das Bild dcr — h e u t'g e n Schweiz.' —- Leopold Kordesch. Ein Silvester-Abend. Uovcllsttc von Fr. Will), v. Sieb c nhüener. (Schluß.) Es >var bereits neun Uhr; da mahnte der Vater den Sohn an die nach einer so anstrengenden Reise ihn» nöthige Ruh?. Schon wollle dieser das Zimmer der Aelcern verlassen, um in der anstoßenden, durch eine Glasthür zuganglichen Stube das für ihn bereitete Lager aufzusuchen, als der Vater ihn noch einmal zurückrief. 22 »Fritz, mein liebet' Sohn!" sagte er, »laß' mich noch einige Worte mit Dir reden. Was man heute thun kann, soll nicht auf Morgen verschoben werden. Ich bin ein alter Mann, fühle mich unwohl, obgleich seit heute eist, wo eine plötzliche Schwache mich beinahe des Gebrauches meiner Glie-der beraubt hat, wahrend ich noch gestern gesund schien, und wer kaim wissen, wann es dem Heern gefallen wild, über mich zu verfügen. Ich habe Dir aus dem Anlasse Deiner mmmehrigen Anstellung noch Einiges zu sagen. Setze Dich zu mir auf diesen Schämel." »Daß Du mit Wissen und Uebeilegung nie Deine Pflicht verletzen wirst, dafür bürgt mir Dein treues, redliches Herz und Deine Ehre, welche Du, wie Deine Aeltern die ihrige, stets unbescholten erhalten wiist. Doch es gibt im Dienstleben eine Klippe, welche weniger in's Auge fallt, und darum weniger gefährlich scheint, als überdachte Pflichtverletzungen , aber dessen ungeachtet eben so den frieden und das Wohl des Dieners und der ihm Anvertrauten bedroht, als jene; und auf diese Klippe, mein Sohn, will ich Dich auf-merksam machei:. Es ist dieß die Selbstsucht! Sey nie Egoist, nicht als Untergebener, nicht als Vorgesetzter! Vermeidest Du dies; zu seyn, so wirst Du in beiden Lagen die Liebe und das Vertrauen Deiner Umgebung gewinnen, als Vorgesetzter aber noch überdies; Deine spateren Tage vor manchem Vorwurfe sicher stellen. Und diese Tage werden Dir kommen, wie sie mir gekommen sind, und sie mögen so vorwurfsfrei für Dich seyn, wie es die meinigen für mich wurden." Fritz schwur in die Hände seines Vaters, nie seine Pflicht, nie seine Ehre, aber auch nie die Erinnerung vergessen zu wollen, welche er so eben erhalten hatte. Uno nun legte der Vater segnend die ^)and auf seines Sohnes Haupt, llnd als dieser sich erhob, war auch die Mutler hinzugetreten, während sie ein leises Gebet sprach, Stirn, Mund u»d Brust ihres Einzigen mit dem Bundesmale der Liebe zu be> zeichnen. Und als der Sohn sich nun zurückzog in seine Stube, folgten ihm die sinnigen Blicke seiner Aeltern, so lange er gesehen werden konnte, nach. Sein Schlaf war in den ersten Stuuden ein tiefer und ungestörter, obgleich eine nebenan wohnende Familie den letzten Abend des scheidenden Jahres auf eine ziemlich laute Weise feierte. Mit einem Male aber begann es ihm zu trau? men. Er sah seine Aeltern, beide im Nachlgewande, vor sei-nem Lager stehen ; der Vacer hielt die Rechte, als ob er ihn segnen wollce, über seinem Haupte; die Mutter aber haite sich zu ihm niedergebeugt, und ihre Lippen berührten seine Stirn. Dieser Traum war so lebhaft, daß Fritz erwachte. Eben schlug die Glocke des St. Veitsthurmes die Micter-nachtstunde ab, und ehe noch der letzte Schlag ausgetönt harte, riefen mehrere Stimmen in der nebenanstoßenden Wohnung unter dem Zusammenklingen der Gläser: »Hollah! Glück a u.f im neuen Jahre!" Wieder klangen die Gläser und der nun folgende Toast lautete: »Segen, Glück und Freude allen Leben» den!" Und nach einer Pause: »Frieden, Ruhe und ein liebevolles Ange» denken unseren Vorangegangenen!" Da zitterte ein Ton, wie der leise, aber vollstimmige Accord eines Saiteninstrumentes durch die Stube, und verlor sich in einem neuen Zusammenklingen der Gläser in der Nachbarwohnung. Ein unnennbares Etwas trieb Fritz j^tzt von seinem Lager. Er schlich unhörbar an die Glasthür, welche in die Sillbe seiner Aeltern führte. Die Nachclampe brannte, durch einen Lichtschirm verstellt, auf dem in der Mitte des Zimmers befindlichen Tische, und er vermochte eben nur zu erkennen, daß sein Vater, mit dem Gesichte der Giaschür zugekehrt, wie es schien, ruhig in seinem Bette schlummere, die Mutter aber zu dessen Haupte km'ee und wahrscheinlich eben jetzt ihr Nachtgebet verrichte. Beruhigt kehrte Fritz nun zu seinem Lager zurück, aber umsonst versuchte er wieder einzuschlafen. D'rüben beim Nachbar ging es noch fortan lebhaft her, und mancher belustigende Scherz war von dorther zu vernehmen. Nach einer Weile verließ Fritz abermal sein Bett, und wieder sah er durch die Glasthür in das Schlafzimmer seiner Aeltern. Noch immer kniete die Mutter bei der Schlaf--stalte ihres kranken Gatten. Vorsichtig öffnete Fritz jetzt die Thür und trat in die Stube. Ohne Zweifel war seine Mutter in ihrer unbequemen Stellung eingeschlummert, und er hielt es für seine Pflicht, sie aus dieser zu wecken. Zuerst aber entfernte er den Licht» schirm vor der Lampe am Tische, und das Licht fiel nun auf die Schlafenden. Jetzt erst bemerkte Fritz, das; seine Mutter ihren Arm um den Nacken deS Vaters geschlungen habe, und auf dessen Antlitze auch das ihrige ruhe. Leise trat er an das Lager. Seine Hand legte sich sanft auf die Stirn der schlummernden Mutter. Aber diese Stirn war eisig kalt. Erschrocken zog er die Hand zurück, seine Knie bebten, seine Glieder durchfuhr ein conoulsivisches Zittern. Er ergriff nun die auf der Decke liegende Hand des Vaters. Doch auch hier fühlte er die Kälce und die Un-beweglichkeic des Todes. Ohne Besinnung sank er zu Boden-AIs er aus seiner Betäubung erwachte, war die Lampe erloschen, und nur der Mond warf sein trübes Licht auf die starre Gruppe an dem Sterbelager. Und d'rüben war es nun so stille geworden, wie hier. Vom Sr. Veitsthurme aber tönte der Glockenschlag Eins! Jahre sind seicher verflossen, und der allgewaltige Arzt aller Menschenalter, die Zeit, hat die Doppelwunde geschlossen, welche in jener Nacht einem treuen Kindesherzen geschlageil worden war. Aber wenn im Familienkreise des nunmehrigen Bezirks! ichters M. der Abschied des Jahres festlich begangen, und mit dem Glockenschlage Zwölf das neueintretende mit Jubel begrüßt wird: dann pflegt der dankbare Sohn sich 23 unbemerkt zu den Bildnisse, der Nievergessenen zu stehlen, und die Hand auf das Herz gepreßc zu wiederholen: »Segen, Glück und Freude allen Lebenden! — Ruhe, Frieden und ein liebevolles Angedenken unseren Vorangegangenen!" Das Straußcheu. Eine Ermhlimg »wn K. Kroncr. lSchluß.) Herbstwinde strichen bereits duich die entlaubten Bau< me und Gebüsche. In der schönen Jahreszeit war kein Tag verflossen, ohne daß ich den alten Sonderling im Kaffehhause gesprochen hätte. Da fand ich den eines Tages sein gewöhnliches Plätzchen an unserm Tische unbesetzt. Es kam der zweite und dritte Tag__ der launige Alte erschien m'chc. Besuche in seiner Wohnung hatte er sich selbst von mir, dem Einigen, der in ihm den Ehrenmann im schlichten Bürgerkleide er» blickte, freundschaftlich verbeten. Ich glaubte, er wäre verreiset, und verschloß mich Abends früher, als ich es gewohnt war, in meiner Behausung. Da klingelte» plötzlich mehrere Glöckchen durch die Straßen, zwei Windlichter schwebten an den Fenstern meines Zimmers vorüber, viele laute Tritte und das Gemurmel betender Stimmen waren dabei hörbar. Das Volk begleitete einen Priester mit dem Sterbesacramente zu einem Kranken. »Der Einsame ist dem Tode nahe," war der kurze Bescheid meiner Miechfrau auf meine nähere Erkundigung. Und so war es auch. Ich fand meinen Alcen, zu dem ich eiligst gerufen ward, entkräftet auf seinem Lager in einem ganz einfachen, beinahe armlich eingerichteten Zimmer. Die Lungensucht, an der er schon seit vielen Jahren litt, hatte in den letzteren Tagen ihre verderblichen Forcschritte beschleunigt. Sein Leben stand anf der Neige. Als er mich erkannt hatte, richtete er sich mühsam im Bette empor und bot mir seine Rechte. Er versuchte zu sprechen, allein ein heftiger Husten unterbrach jedes seiner Worte. Endlich hatte dieser etwas nachgelassen und, meineö Verbotes ungeachtet, sprach der Kranke mit heiserer Stimme: »Es ist dieß zum zweiten Male in meinem Leben, daß ich an der dunkleu Pforie der Ewigkeit stehe; doch dießmal harre ich freudig meiner Erlösung. Sie haben, Herr Doctor, meines schroffen Benehmens ungeachtet, so viele Aufmerksamkeit und Nachsicht gegen die Launen eines alten McmneS gezeigt, das; ich Sie zu mir bitten ließ, um Ihnen meinen Dank dafür zu zollen. Bewahren Sie diese ihre fteundschaftliche Gesinnung gegen mich auch über meinem Grabeöhiigel, und seyen Sie der gecreue Vollstrecker Meines leßten Willens, den ich in den Händen deS Gerichts hinterlegt habe. Auch übergebe ich Ihnen diese Papiere zur freien Verfügung nach meinem Absterben und nach Eröffnung meines Testamentes. Sie werden unter anderen in d,n>elben auch eine kurze Skizze meines sturmbewegten Lebens, so wie Licht üb^r das gcheimnißoolle Dunkel finden, in welches ich mrme Verhältnisse zu hüllen genörhiget »var. Vielleicht werden dann selbst meine feindseligsten Widersachrt billiger von mir urtheilen, dem so wenige Menschen wahr« Freunde gewesen waren, obgleich ich sie stets geliebt habe. doch Oben ist Nuhe!" — und sein Blick richtete sich im Ausdrucke des festesten Glaubens aufwärts. Dieses sprach er mit großer Anstrengung, denn ein fortwährender Husten zwang ihn, seine Nede oft zu unterbrechen. Jetzt ergriff ihn ein Anfall des Hustens mit dem heftigsten Reize; ein Strom Blutes drang aus seinen, Munde — noch wenige schwere Athemzüge und der »Einsame" lag in den Armen des Todesengels. — Ich aber schloß mit sanftem Drucke sein gebrochenes Auge und beweinte still den Hingang einer empfindungsreichen, edlen Seele, die von der argen Welt nicht gewürdigt wurde, weil sie um Liebe und Frieden bar. Wie im Leben, so Handelle er auch im Tode edel. Sein Testament, das wenige Tage darauf veröffentlicht wurde, zeigt? ihn als einen Mann von den trefflichsten Bürgerlugenden. Prunklos, wie d,r ärmste Bettler, wollte er zur Erde bestattet seyn, obgleich sein Nachlaß die Summe von Hundert-Tausenden überstieg. Für das Heil seiner Seele bestimmte er nur einen ganz geringen Betrag, dafür vermachte er ansehnliche und großmüthige Beträge zur Erbauuug eines neuen Schul- und Arbeitshauses im Städtchen, da die beschränkten Geldmittel der Bürgerschaft keine baldige Reali-sirung dieser gemeinnützigen Bauten absehen ließen. Ferner gründete er mehrere Stipendien für lernbegierige Kinder armer Aeltern, ohne bei ihrer Verleihung geradezu Vorzugs-Classen zu bedingen. Den Nest seines noch immer beträchtlichen Vermögens vermachte er aber seiner Haushälterin, die sich plötzlich mit ihren vier unerwachsenen Kindern wieder im einstigen gewohnten Wohlstande sah, und ruhig und mic Kraft an dem künftigen Wohlbefinden ihrer hoffnungsvollen Söhne arbeiten konnte. In ihrer Gegenwart wollte ich auch das von ihrem Wohlthäter empfangene Paquet eröffnen. Es geschah am Tage nach der Testaments-Veröffentlichung im Sterbezim-mer ihres edlen Freundes, der sowohl mir, als der Witwe kaum mehr, als wenige Worte von seinem Leben mitgetheilt hatte. Voll der gespanntesten Erwartung trennte ich den Umschlag von den Papieren, und ein eingeschlossener, dicker Brief siel auf den Tisch; seine Ueberschrift lautete: »An die Witwe!" Sie erbricht ihn hastig; das Erste, was sich ihrem forschenden Blicke darbietet, ist ein dürres, halbzerstörtes Siräußchen, dann ein röthliches, beschriebenes Blatt; sie lies'r, und mic der Wehmuchsstimme eines Menschen, wenn ihm das Wechselgefnhl der Freude und des Schmerzes das Herz zu erdrücken droht, ruft sie den Namen »Otto," und sinkt, mit den Handen ihr Angesicht verhüllend, auf die Knie nie-d<>r. Ja, der sonderbare Mann, der sie und ihre Kinder aus dem tiefsten Elende riß, in dessen Nahe sie beinahe ein ganzes Jahr geweilt, und von dem sie nun ein ansehnliches Vermögen ererbt hatte, war Otto, jener Unglückliche, der ihrec-, wegen sich selbst den Tod hatte geben wollen. — Wie edel h^tte , er sich nun an ihr gerächt, die ihm doch einst der Gefühle stärk-- stes und innigstes, die Liebe, seine erste und letzte, mir leich-» tem Sinne um schnöder Vortheile Willen vernichtet hatte, z Und wie schmerzlich hatte sie sich nicht getauscht an dem mir 24 dem ihrige» ganz verschiedenen Charakter ihres rauhen, trockenen Gatten! Statt der getraumten Blumen der Freude waren es spitzige, ihr Inneres verletzende Dornen, die ihr das Leben einer Convenienz-Ehe bot. Und als Verzweiflung über den durch unglückliche Speculationen herbeigeführten gänzlichen Ruin seines Vermögens und eiu wüstgeführtes Leben ihren Mann dahinrafften, da sah sie sich und ihre Kinder am Bettelstäbe, denn ihr Vater lebce schon lange nicht mehr und von seinem ganzen Neichthume war nur mehr die Sage vorhanden. Nachdem es mir gelungen war, das durch die Erinnerung an verflossene Ereignisse heftig aufgeregte Gemüch der laut schluchzenden Frau in EtwaS zu beschwichtigen, erfuhren wir aus dem Inhalt der Papiere, was ich bereits im Laufe der Erzählung von Otto'S früherem Geschick bis zu dem Augenblicke mitgetheilt habe, als er sich selbst thörichter Weise das Leben rauben wollte. Hören wir auch das Weitere: Ohne Zweifel wäre seil, Leben veiloren gewesen, wenn nicht ein Jäger, der in der Nahe auf dem Anstand sich befand, durch das Gewii'sel und Gebelle des Hundes aufmerksam gemacht, herbei geeilt wäre uüd die Schlinge geöffnet hatte. Durch seine Bemühung wurde Octo in ein nahegelegenes Bauernhaus gebracht, und durch herbeigeschaffte Mittel wieder zur Besinnung erweckt. Der Jägersmann, ein Iagdliebhaber, war ein achtbarer Handelsherr aus einer nahegelegenen Seestadt, und bloß des Jagd-Vergnügens wegen einige Tage dort anwesend. Gerührt durch daö herbe Geschick des jungen Menschen, machte er Otio den Antrag, mit ihm zu reisen und sich dem Handelsstande zu widmen. Die plötzliche Veränderung des Ortes und der Lebensweise, die offene und liebevolle Aufnahme, die ihm in dem Hause des Handelsmannes zu Theil wurde, wiikce wohlthätig auf Otto's Seelenruhe und äußeren Wohlstand. Das Glück schwebte lächelnd über seinen Unternehmungen: er trat bald an die Spitze der Geschäftsführung seines Wohlthäters und wurde endlich dessen Theilhaber. Er lebte ganz für sein Geschäft, für seine Ziffern; die übrige Welt war ihm todt. So erwarb er sich jenes beträchtliche Vermögen; doch er sehnte sich im Herbste des Alters nach Ruhe und beschloß, als sein guter Mittheilhaber des Handlungshauses mit Tode abgegangen war, unbekannt, unter seinem veränderten Namen, in der Nahe seiner ehemaligen Iugendgeliebten, deren trauriges Los er erfahren hatte, seine Tage zu beschließen, da ihm dieß in der Blüthe und Kraft seiner Jahre nicht gegönnt war. Theater in Laib ach. Bereits im vorletzten Blatte wurde dem Publikum ein Theaterge-nuß in dem neuen Stücke: „Dorf und Stadt" versprochen; der 10. Jänner kam heran und siehe da, der Vencfice-Al'cnd des Herrn Köppl bot wirklich einen herrlichen Theatcrschmaus, denn das neue Sasse-Stück der Frau Charlotte Birch-Pfeiffer, frei bearbeitet nach A u e r b a ch 's Novelle: „die Frau Professorin", gefiel auch hier ausnehmend wohl, ob-schon es leider der brave Beneficiant ebcn nicht als (Zassa - Stück zu erklären Ursache hatte. Ein sehr gewähltes Publicum hatte sich indessen immerhin eingefunden. Ich weiß zwar nicht, ob Jene Recht haben, die das in Rede stehende Stück als das beste der, als sehr fruchtbar bekann- ten Verfasserin erklären, aber ein gutes, ein sehr wirksames, treffliches Stück ist es und bleibt es trotz aller belfernden Anfeindungen vo» Seite der Dramaturgen, die selbst nie etwas Aehnliches, geschweige Besseres schaffen können. Wahr ist es, Frau Birch-Pfei ffer beutet Romane und Novellen aus und hat darum keinen Anspruch auf Originalität der Grundidee; sie bearbeitet nur und bildet nach, aber sie thut dieß mit so viel Takt und Sachkenntnis;, weis, den Bühnen-Effect so tresslich zu berechnen, das; ihre Dramen allen Gehässigkeiten zum Trotze überall seit Langem auf den ersten und besten Bühnen Deutschlands Casse - und 3t?« pertoirestücke sind. In dem hier in Rede stehenden 5>actigcn Schauspiele: «Dorf und Stadt" Nüd die Liebe, Einfachheit, Treuherzigkeit, Natur» lichkeit und ländliche Einfalt eines schwäbischen Landmädchens, welches später als Frau eines Gemälde - Gallerie-Inlpectors und Professors in der Stadt ihre einfachen Sitten nicht ablegen kann, so treu, so wahr naiv und rührend zugleich geschildert, daß man die Parthie Lorle's (des Landmädchens) zu den dankbarsten Rollen rechnen t,)nn < die je für dieses Fach geschrieben wurden. Auch Lorlc's Vater, der Lindenwirih, ist wahr und charakteristisch gezeichnet. Neben den genannten zwei Parthien treffen wir noch den Maler Reinhard und Gräsin Ida von Felseck als hervorragend und markig hingestellt. Der tz. Act, als der schönste, sollte mit Hinweglassung des 5,, ganz überflüssigen, ja störenden, mit einer kleinen Motivirung schliesjen; so würde sich das Ganze sicher noch weit besser machen; denn in jedem Falle ist die Scene im 5. Acte, wo Reinhard aus des Präsidenten Soiree betrunken nach Hause kommt, so unpassend, störend uno befremdend, daß fast der ganze Eindruck verschwindet. Gespielt wurde mit sehr lobenswerthem Eifer, auch das Arrangement war gut und der erste Act bot uns sogar eine recht tüchtig gemalte, neue Hinter-Courtine mit der lieblichen Gegend von Laibach über St. Veit hinaus in recht gutcr und tiefer Perspectiue. Der anmuthigen Dlle. Strampfer (Lorle) gebührt der Preis dieses Abends. Noch nie hat diese junge, talentvolle Schauspielerin einen so reichen Schatz von Kindlichkeit, jugendlicher Anmuth und Naivetät im Spiel entfaltet, als bei dics.r Gelegenheit- Sie wurde stürmisch nach dcm 3. und tz. Acte 2—3 Mal, dann in der Scene und am Schlüsse gerufen und zwar wohlverdient. Herr Buchwald verdient als Reinhard gleich nach ihr genannt zu werden, dann Herr Holm, als Vater Lorle's, den er uns mit aller schwarzwälder Derbheit und Biederkeit trefflich vorführte. Dlle. Friederike Melchior war als Gräfin Ida von Felseck .eine vollendete Galondame. Lobender Erwähnung verdienen noch: Mad- Melchior, als Schwäbin Bärbel, und Herr Fritsche, als Collaborator Rrichenmeyer. Der Veneficiant spielte die Episodenparlhie des alten Präsidenten, war also fast gar nicht beschäftigt. Da über dieses Stück nur die Stimme des ungetheilten Lobes herrscht, so ist es sicher anzunehmen, das, eine Wie« derholung desselben eben so dem Publikum erwünscht, als für die Tbea-ter-Direction ersprießlich seyn dürfte. Leopold Kordesch. Theatralische Notiz. Laut einer direclen brieflichen Mittheilung aus Agram, macht Herr Kunst durcd seine Gastdebuts auf der dortigen Vühne die glänzendsten Erfolge. Am3 Jänner trat er zum ersten Male in I)l-M ü l l n er s »Schuld" als Hugo. und am II. in »Hinko" als Graf Philipp auf. Nicht nur nach alle», Scenen, fondern auch nach jedem Acte erfolgte stürmischer, oftmaliger Hervorruf. Herr Kunst fügt zu diesen genann< ten Debüts noch 5 andere, und zwar „Götz von Verlichingen", «Jean Bart". „Goldteufel", General Morin in „Pariser Taugenichtö" und Verlrand du Guesclin in »Ei» Held und seine Liebe.« Zum Schluß dieser laufenden Woche wird der sehr gelchatzte Gast wieder in Laidach eintreffen, als „Carl Moor» noch ein Mal hier auftreten und dann nach Kla-genfurt reisen. Herr Kunst kann versichert ftyn. daß seine vielen Verehrer lhn mit Ungeduld erwarten und nur bedauern, das, es ihm nicht vergönnt seyn wird, mehr als blos; ein Mal noch auf unserer Bühne zu wirken. — d — Veuefice An; eige. Künftigen Samstag, am 22. dieses, findet die Benefice-Vorsiellung des beliebten und verdienstlichen Komikers, Herrn Köck, Statt. Er wählte ein recht eraetzliches > überall beifällig aufgenommenes Stück, ein komisches Volksmahrchcn in 3 Acten: «Tod und Wunderdoctor" betitelt, welches den bekannten Possendicl'ler, Carl Haff n er, zum Verfasser hat. Herr K ö ck ist ein fleißiger Schauspieler und auch als Violoncellvirtuos geachtet. Es ist ihm deßhalb für seinen Erntetag nur ein gutes Prognosticon zu stellen. — d — Verleger: Ignaz Alois Gdler v. Kleinmayr.