M?. 54. »84«. Des Naubers Liebchen. (Romanze.) ^l^s stand in einer rauben Nacht, In der kein freundlich Sternchen lacht'. Vor Kälte fast erstarrend. Des Försters zartes Töcbterlein Im dichten Wald, bei Felsgestein Des Heißgeliebten harrend. Sie harret lang, in stummer Qual — Der bangen Ahnung Vlitzcsstrahl Erfaßte sie mit Vebcn; Sie zitterte für sein Geschick, Fromm aufwärts richtet sie den Blick Und flehet für sein Lcbcn. Sie svuhct nack dem dunkeln Pfad — Tief eingehüllt ihr Robert naht. Die Arme ihr erschließend; Und mit der heißen Liebe Lust Wirft sie sich an des Theuren Vrust, Den Liebsten froh begrüßend. Die Miene wild, voll Trotz und Hohn Negann des Waldes kühner Sohn: „Komm. Liebchen, lasz uns eilen. Der Heimnth H.id mußt du nun flieh',, , Mit mir nach meiner Höhle zieh'n. Wo die Gesellen weilen." — ««Und bricht das Herz der Aeltcr» auch, Unweht mich kalter Todeshauch, Und muß ick selbst erblassen; Färbt Vlut auch deine Näubcrhand > Wirst du mit Schreck und Furcht genannt: Ich kann nicht von dir lassen!'"' Und er umschlingt die süße Maid, Führt mit sich in den Forst sie weit. Dem Geier gleich, die Taube — Der Aeltern Jammer denkt sie nicht, 'Vie wird in ihrer neuen Pflicht Des Lasters Gift zum Raube. — Der inn'gcn Liebe schöner Wahn Sckasft ihr der Mörder Frevclbahn Zum traulichen Asyle. ^ wurzelt fest in ihrer Vrust, Zu the.len mit ihm Müh' und Lust Wiu zu des Lebens Ziele. Doch kaum verstrichen war ein Jahr. Wankt tief gebeugt ein Aelternpaar. Von Gram und Leid ergrauet Zu seh'n am blut'gen Nabenstein Des Försters zartes Töchterlein Dem Buhlen langetrauet! — F. A. Volte. Der Straßensattger und sein Kind. Novelle von Leopold Kordesch. (Fortsetzung.) ^^s war der Abend des zweiten Tages nach dein erzählten Vorfalle. Die Girandolen flammten, die reichen und prachtvollen Gemächer erleuchtend, die der junge, freigebige Conte Boselli seiner gewählten Tpielgesellschaft wöchentlich zwei Mal zu eröffnen pflegte. Nach und nach füllten sich die Salons und der Besuch dieser Soiree war einer der zahlreichsten und glänzendsten im Jahre. Wir verlassen die Prunkzimmer, angefüllt mit fröhlichen Gästen, die zumeist von der Neugierde getrieben, sich versammelt hatten, und begeben uns in den hintern Tract des Hauses gegen den Garten zu. In einem ebenerdigen Gemache schimmert, fast ersterbend, ein mattes Lampenlicht. Es ist so still, so einsam, mcht einmal der Lärm der noch immer anfahrenden Equipagen dringt bis zu diesem Theile des weitläufigen Gebäudes, hier durch eine Vorhofsmauer abgeschieden und dem Garten zugewendet. Treten wir ein —-ungescheut! es wird uns kein barsches: »Was wollt Ihr.'" entgegen tönen. Was kann ein Greis, ein schmerzgebeugter, sagen, der selbst aus Gnade, aus einer Art Barmherzigkeit das finstere Erdgeschoß bewohnt, das man ihm und seinem armen Kinde angewiesen ? — Dieses Kind, die einzige Stüßo seines Alters, ist zwar verstümmelt, ist auf einem Auge vlind, allein was schadet das? Hat es doch noch ein Auge, und arme Leute können sich mit einem Auge wohl auch behelfen ! Zudem — hat der Alte, der früher in den Straßen Lieder sang und auf der Guitarre klimperte, oft nicht wissend, wo er Abends sein müdes Haupt niederlegen werde, jetzt nicht Nahrung und Obdach? Hat sein krankes Kind nicht ein reinliches Bett? und versäumt etwa der Doctor, täglich ein Mal nach der schmerzenden Augenhöhle zu sehen? — Maq die Nahrung, die beide erhalten, auch nicht zu reichlich und gewählt seyn, sie sind ja Bettler, und Besseres nicht gcwohiu! Und wenn der Signor Dottorc, statt frühmorgens, erst Abends brummend, wohl auch scheltend nach dem Verbände sieht, so müssen den menschenfreundlichen Mann wohl nur die vielen Krankenbesuche abgehalten und unwirsch gemacht haben. — — 214 W!c gesagt, treten wir nur cln! Der arme Greis wird uns nicht zurückweisen, ja vielleicht, wenn wir es leise thun, gar nicht bemerken. Der Thüre den Rücken zugewandt, sitzt er zu Häupten des Bettes, über sein Kind, das eben im Wnndfieber liegt, gebeugt und dessen Athem beobachtend. Aus der Bewegung der trockenen Lippen erkennt der alte Mann, daß es den Knaben dürstet; er richtet langsam ihn empor und reicht ihm eine Schale kalten Thee's, der noch vom vorigen Tage geblieben; denn heute ist ja große Gesellschaft, wer sollte da auf einen frischen Thee für den Knaben denken? — Im Gemache sieht es ziemlich nackt und armlich aus, wahrscheinlich steht es unter allen Localen des Hauses zu den prachtreichen Appartements des Conte im schreiendsten Contra stc!— Man erblickt in dieser bescheidenen Wohnung, au-sier zwei italienischen Cavallett-Betten, einem alten runden, cinfüßigen Tische und zwei Strohstühlen, kein weiteresAmeuble-ment. Indeß — Unterschied muß seyn! Ein Graf und ein Srraßensängcr! Welch ein Vergleich und Abstand! Fatal genug für Ersteren, daß so ein Bettler ihm gegenüber die Anmaßung besitzen darf, sich Mensch zu nennen! — Ob diese oder ähnliche Gedanken den im Schmerz versunkenen und unbeweglich dasitzenden alten Gesangsmeistcr beschäftigen mochten, wissen wir nicht; man konnte nur sehen, daß cr momentan aus seiner Lethargie auffuhr, mit dem Kopfe schüttelte und wieder in seine vorige Stellnng zurücksank. — Die Nacht, die nicht nur im glänzenden Cir-kel hcirercr Unterhaltung, sondern auch im Traucrgemachc des Elends, ani Krankenbett» der Armuth vorrückt, mochte bereits die H,Ufte ihres dunklen Weges zurückgelegt haben, als man über den Hof Tritte hörte, die sich der Wohnung des Straßensängcrs näherten. Die Thüre wurde, ohne Be-dachtnahmc auf den schlafenden Kranken, von den plnmpcn, becreßten Händen eines Bedienten geräuschvoll aufgerissen, der mit weingerörhetem Gesichte herein trat. »Der Hcrr Conte lassen den Meister Girolamo er» suchcn, mir der Guitarre hinauf in den Salon zu kommen." »Ich soll hinauf gehen, jetzt, in dieser Stunde, und von meinem Kinde weg? Ihr seyd wohl nur benebelt, guter Freund, nnd mögt eu're Kurzweil mit wem Andern treiben," entgegncte ruhig aufblickend der alte Sänger. »Scherzen, und mir Euch?" stammelte unter rohem Gelächter der weingefüllre Bediententölpcl mit schwerer Zunge, »wahrlich, dazu seyd Ihr mir zu — zu alt und — und zu — schlecht! Folgt mir! — Es ist Befehl des Conte!" »Und mein Sohn, mein armer Sohn! sehet, eben habt Ihr ihn erweckt — sollt' er allein bleiben? — Nimmermehr !" »Nun gut, die alte Chiara, die noch in der Küche umher gespenstert, soll indeß ihm die Zeit vertreiben, ihn bedienen, Ihr aber kommt, der Conte wartet!" Der Alte sah den Ruhestörer mit cinem scharfen, durchdringenden Blicke an und verblieb, dic Hände krcnzend, lange in trübsinnender, nachdenkender Stellung; endlich aber, nach einem tiefgeholten Seufzer, lachte er plötzlich auf, daß ihn der dickköpfige Bediente mit großen Augen anglotzte, zog seinen einzigen Rock vom Nagel, fnhr sich durch die Haare, ordnete sein Halstuch, riß sein Instrument von der Wand und sagte: »So gehen wir!" — An der Thüre jedoch einen Blick werfend auf sein die Händchen ängstlich nach ihm ausstreckendes Kind, drückte er die Guitarre in die Hand des vorausgehenden Dieners, stürzte sich über das Bett und sprach: »Laß mich zich'n, mein Sohn! der Vater mnß ja singen und die Herren da oben belustigen, damit sie dich ruhig liegen lassen und uns nicht hinaus werfen auf die Straße!" Den Knaben küssend, folgte der arme Greis dem vorausstolperndcn Diener über den finstern Vorhof nach. (Fortsetzung folgt.) Der krainische Missionar Ignaz Knoblecher. Mitgetheilt von Joseph Partel. (V ch l u ß.) »Sie sehen nun, theuerster Freund, mich auf einer Bahn, an die ich bei meinem Abschiede von Ihnen bei Wei-tem nicht gedacht habe. — Die Zeit der Ferien kam indessen heran, und ich ging so ein Mal mehr auf die reizenden tnsculanischen Hü^el, von denen ich beicits das Jahr vorher Abschied genommen hatte. Während dieser Ferien nahm unser rastlose Pater Rector mich auf eine zweite Mission nach Nenn mit. Dieses liegt wenige Miglien von nnserer Villa, am Fuße des höchsten Berges Latinms, ober einem kleinen romantischen See, gleich unserm Vetdes in Obcrkrain.— Gegen Ende October kehrte ich wieder nach Rom zurück und, sieh! hier erwartete mich eine sonderbare, aber fur mich höchst freudige Nachricht. — Die görcliche Barmherzigkeit hatte mein Gebet erhört; meine Vorgesetzten erklärten mir, daß sie meinem gerechten nnd ernsten Verlangen, in die Mission zu gehen, nicht mehr widerstehen wollen, daß sie sich für iyr beabsichtigtes Vorhaben mir jemand Anderem aushelfen werden, und daß ich ohne weirers nach Indien, und zwar nach freigestellter Wahl in das große Vi-cariat von Agra gehen würde. Schon war ich bereit, Ihnen, mein Freund, diese meine Bestimmung und meine nahe Abreise anzuzeigen, hielt es doch für räthlich, vorher noch zu Sr. Erc., dem hochwürdigsten Herrn Erzbischofe nnd Secrc-tär der Congregation zu gehen, nm von ihm zu erfahren, ob es auch gewiß genug, daß ich nach Indien bestimmt sey, nm es meinen Landsleuten anzeigen zu können. Der Herr Erzbischof riech mir, nnr wenige Tage noch zu warten, und dann würde ich es mit aller Sicherheit thnn können. — Ich wartete demnach nnd erfuhr endlich — die Bestimmung einer neuen Mission! — Gott, der in seiner Allbarmherzig-teit des Menschen, der, auf abschreckenden Irrwegen der falschen Leitung einer zerrütteten Vernnnft folgend, seinem ewigen Verderben zurennt, väterlich gedenkt, gedachte anch der Millionen jener unglücklichen Opfer eines finstern G'öz-zendienstes, die unter der brennenden Sonne des Innern von Afrika, mit dem unseligen väterlichen Fluche, den ein unverschämter Sohn auf die unzähligen Generationen seiner Nachkommen geladen, bis auf den heutigen Tag belastet, 215 von der Zahl der Auserwahlten ausgeschlossen wurden. Wir hoffen, daß die göttliche Rache durch das Flehen der streitenden, wie auch durch das Gebet der triumphirenden Kirche sich endlich gelegt habe, und die Allbarmhcrzigkeit Gottes diese Verlassenen an der Versöhnung Theil nehmen lassen wolle. Die für die Ausbreitung des Glaubens so nachthci-lige Ausgießung des Mohamedanismus über die einst blü-henden christlichen Gemeinden Afrika's hatte die geographische Verbindung des Christenchums mit dem Innern von Afrika ganz abgeschnitten, und eine Mauer zwischen beide gezogen, so, daß jeder Versuch, dieselbe durchzubrechen, dem unter-uehmenden Muthe christlicher Missionäre bis auf den heutigen Tag Blut und Leben gekostet. Unsern glorreich regierenden Papst, Gregor XVl., dessen Regierung sich in den Annalen der Ausbreitung des Glaubens unter den Heiden auszeichnet, schreckten diese gescheiterten Versuche nicht ab, »och reger seine Aufmerksamkeit auf die Bekehrung der zahlreichen Völkerschaften der tropischen Zone Afrika's zu richten." »Die hohen bcpurpurten Mitglieder der heiligen Con-gregation der Propaganda versammelten sich am 26. v. M. (26. Decemb. 1845), erklärten die Sahara mit ganz In-ner-Afrika, von Senegambien bis Abyssinicn, zu einem ausgedehnten apostolischen Vicariate, wählten einen apostolischen Vicär mit bischöflicher Würde für dasselbe, und bestimmten unsern hochwürdigen Pater Rector Nyllo und mich als apostolische Missionäre mit der Weisung, in diese neue Mission zu gehen und an Ort und Stelle zu untersuchen, wie und mit welchen Mitteln man dieselbe begründen könnte. Mir frohem Herzen bestätigte Se. Heiligkeit diesen Beschluß der heiligen Congregation. So ist, hoffe ich, meine Leidens-^eichichce mit den schwankenden Bestimmungen und vielfältigen Aenderungen meiner Mission doch zuletzr beendet, und ich biu hiedurch für dieselben aufs beste enrschädiger." »Ich dachte oft au das unglückliche Loos der Neger-Völker Afrika's, und wohl öfters fiehre ich zu Gc>cr, daß er ihr haries Schicksal auf irgend eine Arc lindern und die Mittel des ewigen Heils ihnen zukommen lassen möge; allein viel zu schwach fühlte ich mich, um nur von Weirem daran deuten zu können, mich für ein solches Unternehmen tauglich ^ wähnen. Ich bin also jetzt desto zufriedener, weil ich ohne »nein geringstes Zuthun in diese Mission gehe." »Die Zeit der Abreise ist zwischen Ostern und den Anfang des künftigen Herbstes festgesetzt. ^) Da unser erwähl-rer Bischof, ein Domherr aus Malta, gegenwärtig noch daselbst verweilt, werde» wir wahrscheinlich einige Zeit auf dieser