ACTA CARSOLOGICA XXVI/2 2 35-39 LJUBLJANA 1997 ERWÄHNUNG VON HÖHLEN IN MITTELALTERLICHEN UNGARISCHEN URKUNDEN JAME V MADŽARSKIH DOKUMENTIH IZ SREDNJEGA VEKA GYÖRGY DENES' Izvleček UDK 551.442(439)"14" György Denes: Jame v madžarskih dokumentih iz srednjega veka V srednjeveških dokumentih so omenjene številne jame. Iskanje dokumentov, interpretacija srednjeveških imen in identifikacija prizora ah jame ni lahka naloga. Prispevek opisuje, kako so našli in identificirali jame v prvih takih štirih srednjeveških dokumentih. Samo ena izmed teh jam ima še danes enako ime, kot v srednjem veku: Pest-ko je v dokumentu iz 1391 zapisana kot Pesthkw. Avtor podrobneje obravnava še Öreglyuk (1340), jamo oziroma grič z jamo Jäszöi (Jasovska) kot "lapis concavus seu perforatus" in jamo Kölyuk. Ključne besede: zgodovina speleologije, imenoslovje. Srednji vek, Madžarska. Abstract UDC 551.442(439)"14" György Denes: Cave References in Medieval Hungarian Documents The first written references to caves occur in medieval documents. The finding of the documents, the interpretation of the medieval name, the identification of the scene and cave is not an easy task. The paper describes the finding of four such early cave references in medieval documents. Only one of these caves still has its medieval name; the Pest-ko name appears in a document dated in 1391 as Pesthkw. The author talks in detail of Öreglyuk (1340), of the cave or better of the hill with the cave Jäszöi (Jasovska) as "lapis concavus seu perforatus" and of the cave Kölyuk. Key words: history of speleology, cave names, Middle ages, Hungary. Borbely u. 5. II/4, HU - 1132 BUDAPEST HUNGARY Höhlen waren für Menschen jeden Zeitalters von großer Bedeutung. Seit der Urzeit können Höhlen einen festen Wohnsitz oder ein gelegentliches Obdach bedeu-tet haben und sind ihnen deshalb immer im Bewußtsein geblieben. Im Mittelalter wählte man als Grenzmarken von Grundstücken oder Herrschaftsbereichen gut bekannten geographische Charakterpunkte, wie etwa Höhlen, einen Höhlenfelsen oder Höhlenberg. Jedem war ein solcher Grenzpunkt ein Begriff, denn er war eindeutig und konnte nicht wie ein Pflock oder Grenzstein, oder wie ein Erd- oder Steinhaufen in betrügerischer Weise verlegt werden. So stieß ich in zahlreichen mittelalterlichen Urkunden auf die Erwähnung von Höhlen, Höhlenfelsen und Höhlenbergen. Die meisten dieser Nennungen wurden bisher in den Urkunden nicht erkannt, da das in der gegenwärtigen ungarischen Sprache allgemein benützte Wort barlang im Mittelalter noch nicht mit der Bedeutung 'Höhle' in Verwendung stand. In den Urkunden wurde damals entweder das zusammengesetzte ungarische Wort kölyuk, das wörtlich übersetzt 'Steinloch' bedeutet, oder das Wort pest (lese: pescht) verwendet (DENES 1973). Das Wort pest ist bulgarisch-slawischen Ursprungs und hat sich bereits vor einem Jahrtausend in der ungarischen Sprache eingebürgert (KNIEZSA 1963; DENES 1983). Ein Fels oder Berghang, in dem ein Höhleneingang gähnte, wurde lyukas-kö (= durchlöcherter Stein) oder pest-kö (= Höhlenfels) oder pest-hegy (= Höhlenberg) genannt (KISS 1988). Aber das Wort pest hatte in der mittelalterlichen ungarischen Sprache ebenso zwei Bedeutungen, wie das ihm entsprechende deutsche Wort Ofen in einigen süd-deutschen und österreichischen Gegenden, wo es sowohl die Bedeutung 'Backofen' als auch die Bedeutung 'Höhle' hat (DENES 1985). Da aber das Wort pest in deren Bedeutung 'Backofen' in einem der ungarischen Dialekte, und zwar in dem der in Siebenbürgen lebenden Szeklern heute noch benützt wird, und der Ortsnamen Meszpest {= Kalkofen) im ungarischen Sprachgebiet mancherorts vorkommt, erkennt die Mehr-zahl der ungarischen Historiker und Sprachforscher nur die Bedeutung 'Ofen' des Wortes pest an, wie in Backofen oder Kalkofen. Die Bedeutung 'Höhle' wird nur ausnahmsweise bei einigen Ortsnamen anerkannt (BÄTKY 1925; HEFTY 1911; MELICH 1938). Jahrelang sammelte ich die Nennung des Wortes pest in mittelalterlichen Urkunden und alten Schriften, und suchte danach die so benannten Orte auf. Es waren dies mehr als dreißig Orte im ganzen historischen ungarischen Sprachgebiet, die im ersten oder zweiten Wortteil ihrer Name die Bezeichnung pest trugen. Auf Grund meiner Forschungen konnte ich feststellen, daß das Hauptwort pest, wenn es in den Namen von Bergen oder Felsen vorkommt auf jeden Fall 'Höhle' bedeutet (DENES 1975b). Wenn man bei Bergen auf den Namen köpest (= Stein-Pest) stößt, ist die Bedeutung nicht 'aus Steinen gebauter Backofen', sondern 'Felsenhöhle'; das Wort pest-kö bedeutet somit nicht 'für den Bau eines Backofens geeigneten Stein', sondern 'Höhlenfels'. Die Bedeutung des Wortes Pest-hegy ist 'Höhlenberg'; der Ortsnamen Festes bedeutet 'hohl', sowie 'Hohler-Berg', 'Hohler-Fels' (DENES 1978; DENES 1995). Gleiches gilt auch für das ungarische Wort luk ~ lyuk, welches 'Loch' oder 'Höhle' bedeutet, wenn es in einem Ortsnamen vorkommt, der einen Berg oder Felsen benennt. Meiner Meinung nach bedeutet der Ortsname Lukas-kö 'durch-löcherter Stein' (in lateinisch geschriebenen Urkunden lapis petforatus bezeichnet) einen 'Höhlenfelsen' (DENES 1973) und nicht, wie ein ungarischer Historiker meint, einen Mühlstein der als Grenzmarke an der Grundgrenze aufgestellt war (SZABÖ 1969. 114). Als Beispiele für die Erwähnung von Höhlen in den mittelalterhchen Urkunden zitiere ich nunmehr vier Objekte, die ich im Rahmen meiner Forschungen entdeckt habe: 1. Der Ortsname Pesthkw der in einer Urkunde von 1391 (OL. Dl. 7699) erwähnt wird bedeutet meiner Meinung nach 'Höhlenfels'. An Ort und Stelle stellte ich fest, daß das der Name des im Gerecse Gebirge westlich von Budapest gelegenen Berges Peskö ist, in seinem Hang öffnet sich auch tatsächlich eine geräumige Höhle. 2. Der Ortsname Kwpesth scheint in einer Urkunde aus dem Jahre 1340 auf (CAP. STRIG. Lad. 37. Fase. 1), er bedeutet meiner Meinung nach 'Felsenhöhle'. An Ort und Stelle stellte ich fest, daß er mit jener Höhle im Gerecse Gebirge identifiziert werden kann, deren Eingang sich zwischen den Gemeinden Bajna und Epöl in einer Bergflanke öffnet. Gegenwärtig ist diese Höhle unter dem Namen Öreglyuk {= geräumige Höhle) bekannt. 3. Im Jahre 1331 pachteten die Einwohner der Siedlung Szepsi ein beidem Ufer des Flusses Bödva gelegenes Grundstück von der Jäszöer Prämonstra-tenser Propstei. Ein Grenzpunkt des gepachteten Grundstückes liegt am Bödvaufer — aus der lateinischen Urkunde sei die Umschreibung zitiert: "unus magnus lapis concavus quasi perforatus" (GYÖRFFY 1963, 100), was in der deutschen Übersetzung heißt 'ein goßer hohler bzw. durchlöcherter Stein'. Nach dem Text der Urkunde nahm ich an, daß dieser Stein wohl ein durchlöcherter Felsenhügel sein werde. Bei der Begehung dieses in der Urkunde beschriebenen Gebietes wurde meine Vermutung bestätigt. Der angesprochene "große hohle durchlöcherte Stein" ist nämlich nicht anderes als der Berghang mit mehreren Öffnungen der wohlbekannten Jäszöer Schauhöhle, Jasovskä Jaskina. 4. Der Ortsname aus einer königlichen Schenkungsurkunde aus dem Jahre 1266 (OL. Dl. 611) hat zu einem interessanten Ergebnis geführt. Als Grenzpunkt am Ufer des gegenwärtig zur Slowakei gehörenden Flüsschens Turöc (Turec) ist ein gewisser rupes Munuhpest erwähnt, der bisher nach der Meinung ungarischer Historiker und Sprachforscher als 'Mönchsfelsen, Mönchsberg, Einsiedlerberg' gedeutet wurde (MELICH 1938; KNIEZSA 1963). Ich war der Meinung, daß die Bedeutung des Ortsnamen rupes Munuhpest in Wirklichkeit 'Einsiedlerhöhlen-Feis' oder 'Eremitenhöhlen-Fels' bedeuten kann, obwohl in jener Gegend auch in ausführlicheren Landkarten keine Höhlen eingezeichnet waren. Nachdem ich jedoch diese Lokahtät aufgesucht hatte, konnte ich die Grenzpunkte des in Frage stehenden Grundstückes klar identifizieren und dort, wo gemäß der Urkunde der Fels Munuhpest stehen soll, fand ich am Ufer des Flüsschens Turöc wirklich einen steilen Kalkstein-Felsen Spuren eines Gesteins-abbaues an der Wand. Die Einwohner der nahe gelegenen Gemeinde Harkäcs (Gemerskä Ves) erzählten, daß es dort früher wirklich eine Höhle gegeben habe, die etwa acht Meter lang mannshoch war. Ende der 50er Jahre, wahrscheinlich 1958, ist diese Höhle jedoch bei Sprengarbeiten zerstört worden. Nachdem ich den Ort wieder aufgesucht hatte, kam ich zu der Ansicht, daß durch die Steinbruchsarbeiten nicht mehr als 3 bis 4 Meter Fels abgebaut worden waren und sich deshalb noch ein Rest der Höhle unter der Blockhalde am Fuß der Felswand befinden müßte. Aus diesem Grunde machte ich den Versuch, den Schutt am Fuß der Wand zu entfernen. Nachdem ich mehrere Stunden hart gearbeitet hatte, gelang es mir die Höhle hinter den Felsblöcken zu finden. Es war, wie vermutet, nur der vorderste Teil beim Gesteinsabbau zerstört worden und ich konnte die ersten fünf Meter aufrecht in die Höhle gehen, dann noch weitere fünfzehn Meter gebückt und kriechend vordringen (DENES 1975a). Das Ergebnis meiner Feldforschung bestätigt meine Vermutung, daß das Wort pest auch im Namen des Velsen Munuhpest 'Höhle' bedeutet. Ich identifizierte dadurch nicht nur den in der Urkunde von 1266 erwähnten Höhlennamen, sondern exhumierte auch die Höhle selbst, die ansonsten durch die vom Gesteinsabbau entstandene Schutthalde endgültig verschüttet geblieben wäre (DENES 1995). Meines Wissens diese ist jetzt die erste schriftlich erwähnte Höhle in der Slowakei. Es hat sich gezeigt, daß die Forschung nach Höhlennamen, die in mittelalterlichen Texten aufscheinen keine vergebliche Mühe ist. Denn durch das Erkennen dieser Höhlennamen und die richtige Deutung, kann der Zeitpunkt der ersten schrifthchen Erwähnung dieser Höhlen um mehrere Jahrhunderte früher angesetzt werden, als man dies früher angenommen hatte. Unsere wissenschafts-geschichtlichen Kenntnisse konnten hiemit wesenthch erweitert werden. LITERATUR UND ABKÜRZUNGEN BÄTKY, Z. (1925): Feskö. — Föld es Ember (Budapest) V. 1-2. 59. CAP. STRIG. = Esztergomi Käptalan Häzi Leveltära. Esztergom DENES, G. (1973): Közepkori magyar barlangnevek. — Karszt es Barlang (Budapest) 1973. MI. 5-6. DENES, G. (1975a): A Munuhpest felfedezese. — Turista Magazin (Budapest) 21/86. raäj. 28. DENES, G. (1975b): A Peskö hegynev es a tarnaleleszi Peskö barlangjai. — Karszt es Barlang (Budapest) 1975. I-II. 25-28. DENES, G. (1978): A csikszentdomokosi Köpest. — Karszt es Barlang (Budapest) 1978.I-II. 35-38. DENES, G. (1983): Wörter bulgarisch-slawischen Ursprungs für "Höhle" in der Ungarischen Sprache. — European Regional Conference on Speleology. Sofia - Bulgaria. 1980. Proceedings. I. 204-205. — Sofia DENES, G. (1985): Die Bezeichnung "Ofen" = "Höhle" in den Ortsnamen Ungarns und der Name der Ungarischen Hauptstadt. — Die Höhle (Wien) 36. (1) 7-12. DENES, G. (1995): A Munuhpest szikläja es a pest köznev jelentese hegyek, szikläk neveben. V. Magyar Nevtudomänyi Konferencia. Miskolc GYÖRFFY, G. (1963): Az Ärpäd-kori Magyarorszäg törteneti földrajza. I. Budapest HEFTY, G.A. (1911): A terszmi formäk nevei. Magyar Nyelvor (Budapest) 40. 304. KISS, L. (1988): Földrajzi Nevek Etimologiai Szötära. (4. kiadäs), Budapest KNIEZSA, I. (1963): Charakteristik der slawischen Ortsnamen in Ungarn. Studia Slavica, (Budapest) 9. 27-44. MELICH, J. (1938): Melyik nep nevezte el Pestet Perf-nek? Magyar Nyelv (Budapest) 34. 5-6. 130-140. OL. Dl. = Magyar Orszägos Leveltär, Mohäcs elötti gyüjtemeny. Budapest SZABÖ, I. (1969): A közepkori magyar falu. Budapest JAME V MADŽARSKIH DOKUMENTIH IZ SREDNJEGA VEKA Povzetek V madžarskih srednjeveških dokumentih so omenjene številne jame. Iskanje dokumentov, interpretacija srednjeveških imen in identifikacija prizora ah jame ni vedno lahka naloga. Prispevek opisuje, kako so našli in identificirali jame v prvih takih štirih srednjeveških dokumentih. Samo ena izmed teh jam ima še danes enako ime, kot v srednjem veku: Pest-ko je v dokumentu iz 1391 zapisana kot Pesthkw{= jamska stena). Ime jame Öreglyuk {= velika, prostorna jama) blizu mesta Bajna je bilo zapisano (1340) kot Kwpesth (= skalna jama). Jama Jäszöi (Jasovskä jaskyna) - danes znana turistična jama na Slovaškem -oziroma skalnat grič, v katerem je jama, je omenjena v dokumentu iz 1331 kot "lapis concavus seu perforatus" (= votla ali preluknjana skala). Jama Kölyuk (= skalna luknja) ob slovaški reki Turoc (Turec) blizu mesta Harkacs (Ge-merska Ves) je v dokumentu iz 1266 imenovana Munuhpest {- puščavniška jama).