Mlltzen nud Vergnügen. Freptag den zo. Octobcr 1623. stvasmus Lueger. '^ (Beschluß- ) ^)er erste Gegenstand, wachen Lükger zu seinen Überfallen wahlu', war Hanns von Stegberg, sein und seines Geschlechtes vicljähriger geschworner Feind, der ihm stets am Hofe des Kaisers zn schaden suchte, so vlel er vermochte. Stürmend erstieg Erasmus mit feinen Reisig«« die Veste Stegberg. Ihr unglücklicher Besitzer rettete sich unter das Dach, um sich dort zu verbergen, allein der mürbe Vreterboden brach durch, und er blieb mit dem Halse zwischen zweyBretern hängen, ,vo er elend erstickte, und mit ihm das alte Geschlecht der Herren von Stegberg erlosch. Binnen wenigen Wochen Hütte Lueger mit sei-»nen Reisigen schon Furcht und Schrecken weit umher im Lande verbreitet. Eine Unternehmung folgte der andern ; eine kühne That drängte die andere. Schlag auf Schlag trieb er es fort sonder Ruhe/ fonder Rast. Reiche Mönche, raubsüchtige Vormünder, tyrannische Vögte und gelbstolze Bürger waren die vorzüglichsten Gegen» stände seiner Überfälle und Plünderungen. Aber indeß diese den Nahmen Lueger mit Entsetzen nannten, war er Wohllaut dem Dürftigen, dem Unterdrückten und Verfolgten, der in ihm einen thätigen Freund und mächtigen Vertheidiger fand. Von romantischen Grundsätzen durchglüht, von innigem Hasse gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung erfüllt, warf er sich gleichsam zum Oberrichter der Menschenhanblungen auf. Gesetze und Moralität sprechen laut das Verdammungsurtheil über diesen Sonderling, und doch kanu man von ihm sagen, daß er sein unedles Geschäft edel behandelte. Nie waren seine Unternehmungen nach gemeiner R.',u« bersitte von Grausamkeit und Unmenschlichkeit begleitet; sorgfältig verm'ed «jede Mißhandlung, und vergoß kein Blut, außer wenn Selbster Haltung ihn dazu zwang. So war Lueger schon im zweyten Jahre der Ge, gen stand des Schreckens und der Bewunderung. Überall war er in mancherley Gestalten und Verkleidungen 51,, 'gegen, wußte von Allem, und entging immer nicht nur allen Nachstellungen/ sondern man konnte selbst seinen Aufenthalt uicht erforschen, weil er srine Nau-bereyeu nie in der Nahe desselben trieb. Die Klagen und Beschwerden der Beraubten drangen endlich so hau« sig zu des Kaisers Thron, daß wiederhohlte verschärft« Befehle zu Luegers Vernichtung ergingen. Es wurde vorzüglich dem Hauptmanne von Triest, Caspar Freyherr» von Rauber, daS Geschäft aufgetragen, alle Mühe anzuwenden, denselben lebend oder todt den Händen der Gerechtigkeit zu überliefern. Erasmus erfuhr diese Verfügungen noch bey Zeitsn durch seine Kundschaf, ter. Er war Augenzeuge vo», den Zubereitungen, die zil seinem Untergänge gemacht wurden, und wählte nun tollkühn den gedachten Freyherrn selbst znm Gegenstante seinerNeckereyen und Uberwlle. Rauber, mit eim-m kleinen Heere vo» kaiserlichen Söldnern versehen, both alle Kräfte auf, sich seines Auftrages zu entledigen; er unternahm Streifzüge nach allen Gegenteil, fetzte dem Geächteten und feinem Anhange überall nach — aber alle seine Anilrengungen waren vergebens Immer sah er sich getäuscht, immer entwischte der schlaue Fuchs den Nachstellungen des Jägers. — W Die Göttinn de^ Glucks ist nur zu oft d,s Un-WlückS Kupplerinn. Sie macht ihre Günstlinge über. M'üthig, blind und vermessen , und führt sie endlich vo>» ^em Pfade der Klugheit ab, dem Abgrunde des Verderbens zu. Dieses Los war schon so vi-len Steibli-chen, den mächtigsten Eroberern und stolzesten Er-deügöttern — es wurde such Luc gern zu Theil, dessen Much und Entschlossenheit, von einem tiefen Menfchenhasse genährt, endlich in eine tolle Verwe. genhcit ausartete. Einst befand sich der Freyherr v. Nauber mit seinen Waffengefährten auf seinem Schlosse Kleinhäusel, und saß eben an der Mittagstafel, als Lueger ohne Begleitung vor dai Schloßtho? geritten kam, sich mit^inem dort stehenden Knechte in «ine Unterredung einließe und diesem den Auftrag gab: „Geh' hin zu deinem Herrn, und sag« ihm nebst meinem Gruß, ich vernahm, daß er schon so lange mich gesucht, aber nicht gefunden habe; ich sey nun bereit, ihm selbst den Weg zu meinem Schlosse zu zeigen. Ich verspreche, ihn dort ehrlicher zu bewirthen, als er mich vielleicht hier empfangen würde." „Wie ist denn Euer Nahme l" fragte der Knecht, ihn mit dummer Verwunderung anstarrend. „Ich bin ein Herzensfreund deines Herrn, und heiße Erasmus L.ueger", erwiederte dieser, wandte sein Pferd, schoß zwey Pistolen in die Luft, «nid jagte davon";'7Ra u b e r und seine Gefährten eilten sogleich hinab, setzten sich auf ihre Rosse, und sprengten ihm n.-lch. Sie erblickten ihn in der Ferne, gleich einem nahe an der Erde hinschwebenden Vogel, und ii' wenigen Augenblicken verschwand er so plötzlich, als ^orte ihn ein Geist der Holle ihren haschenden Handen Wucrückt. Die Vermessenheit belebte den zürnenden Frey-tztrrn mit neuer Thätigkeit Er schickte Kundschafter nach allen Richtungen au6. Endlich gelang es einem dersel. Wen den Hufschlag des Pferdes zu entdecken, und auf dieser Svur durch Walder und Umwege mit vielen An-stiengnngen und Mühe die Gegend von Lueg zu er> reichen, wo er mit spähendem Blick die Felsenhöhle und d^s dai'in befindlicheSchlosi eindeckte. Kaum hatte Rauher hie'von Nachricht erhalten, so brach er mir all' Meinen Reisigen dahin auf. Doch sein Erstaunen war eben so grosi >vie sein Unmuth, als ihn der erste An->lick überzeugte, dasi die Festigkeit dieser in einer Fel-Menhöhle erbauten Burg unüberwindlich, und »urdurch Hunger mittelst einer langwierig B^g^u'»?! ;ü bezwingen sey. Ungtl,, entschloß er stch hierzu, attcm da sich ihm sonst,kein anderes Mrn?l zur Erreichung seine« Zweckes zeigte, so mnßte er sich dieß gefallen lassen. LueZer und seine Gefährten spönnen indes; ihrer Feinde. Sie sahen den Bemühungen derselben hohnlachend zu, und ließen sich's wohlcrgehen in ihrem Felsen- -neste. Schon zwey Monathe wuvde die Belagerung fortgesetzt, und die Belagerer, deren viele ein Opfer der Krankheiten und deSTodeS wurden, mußten bey einem dürftigen Unterhalte alle Qualen oes strengen Wintere erdulden. M nun der letzte Tag des Faschings erschien, zeigte sich ErasmuS oben vor seinem Schlosse, und rief ihnen zu: daß er sie auf ein Fastnachtsmahl beym war. men Ofen zu sich bitte. Da er aber fth, wie seine erstarrten Gegner diesen Spott keiner Antwort würdigten, ließ er den vierten Theil eineb Ochsen an ein Seil binden, u»d so in dieTiefe, ihnen zum Geschenk, hinabrollen. R auber hielt dieß für eine List der Belagerten, die dadurch „ur ihren Mangel zu verdergen suchten, und schöpfte neue Hoffnung; »och vergebens! Die Ostern kamen; Lueger erschien wie. der, und machte seinen Feinden ein zweytes Geschenk mit einigen lebendigen fetten Lammern. Die Zeit verfloß. Der Frühling erweckte die schlummernde Natur. Eras-mus setzte öfters sein« Erscheinung fort, und ließ sich mit seinen Feinden in Unterredungen ein. Er wieder-höhlte dem Freyherrn seine freundschaftliche Einladung, ihn auf Nicttrwort, Treu und Glauben auf seinem Schloss? zu besuchen, um sich selbst zu überzeugen, dasi alle seine Hoffnung, ihn auszuhungern, fruchtlos sty. Weil jedoch Raube,-, aus Mißtrauen, sich hierauf niwl einlassen wollce, so verlangte Lueger sicheres Geleit für seinen Leibknavven, um ihn> manchmahl mit einigen Seltenheilen bewirthen zu können, dn die Mittheilung mittelst langen Stricken zu viele Unbequemlichteil hatte. Nauber bewilligte dieß, und verwunderte sich nicht wenig , als er sich so freygebig mit einem Körbchen voll Erdbeeren, Kirschen und dergleichen in einer Jahreszeit beschenkt sah. wo diese Früchte im Lande nur erst ül der Blüthe waren. Bald hernach erfolgte ein Gcschenk von kostbaren Fischen, und so "verging fast kein Tag, wo der Knappe nicht vom Felsenloche helabkletterte, und mit einer neuen Gabe im Lag«r erschien. ^' Der Freyben- crlannte nun klar, daß er seiden Z'Vcck nimmer erreichen würde, und beschloß, müdr d^ö fruchtlose!, HarrenZ, dem ungestümen Anhalten feiner überdrülligen .Krieger um Aufhebung der Belage« rung nachzugeben. Der ^vendcrv dcchte schon daran, in seinem Berichte nach Hofe einen Vorschlag zu Eras-mus Begnüdig-tt'g zu mach«»,, als ihm ein listiger Friauler aus seinem Heere den unedlen Nath gab/ seilen durch Waffen unbezwingUchen Gegner durch List zu vernichten, M'd dazu Luegers Knaopen, Franz, j:^m Verratber seines Herrn zu machen. Räuber, den die Vereitlung seiner Hoffnungen erbittert?, horchte mehr der Glimme der Rache, als der Ehre, indem er din Antrag benutzte. Älsnun Franz wieder mit einem neuen Geschenke herab kam, empfing er ihn sehr freundschaftlich/ ließ ihn an seiner Tafel speisen, und beschenkte ihn reichlich. Die Herablassimg der Gebindenden Hai eine fast unwider-siehliche Kraft äuf die Gemüther der Gehorchenden; diese Wirkung zeigte sich auch bey dem getöufchten Knapven, der von der scheinenden Güte deö Freyherrn ganzbezau-bert ward. Er verdoppelte seine Gefälligkeit gegen Fran-zen bey jeder' wiederhohlten Sendung , und bald hatte er ihn so sehr gewonnen, daß er ungescheut mit seinem Antrage zur Sprache tommen durste. Freyheit, Begnadigung, glanzende Versprechungen reichlicherBelohnun-gen waren die Sirenen, die mit ihren Zaubergesangen den armen Jungen in das Netz der Verratherey lockten, und sein empörtes Gewissen zur Ruhe lullten. Sein Innerstes schauderte zwar vor einer so ungeheuern Treulo. siglictt zurück; ol'cr Überredung mahlte ihm das Laster minder gräßlich, machce' es zu einem Ve!dienüe um das Vaterland, und zeigte ihm die günstigen Bilder ^nd Aliesichten. Immer leiser, l»,mer schwacher ward die Widersprechende Stimme seines Herzens, bis endlich fem guter Schutzgeist weinend von ihm entfloh. — Traurige Schwächen der Menschheit^ die uns so leicht auf die Irrwege des Verbrechens lenken, und uns die Rückkehr auf der Tugentbahn so schwer mache»! Gold und Hiebe sind dieses Erdballs mächtigste Beherrscher; Mach, Mge und Bettler tragen ihre Ketten, und widerstehen ibrer Allmacht nur selten. D^sCrsie blendete mir seinem zauberischen Schimmer Franzens Tugend; die Zweyte machte sie vollends erblinden. Er hatt« zu Wipbach ein Madchen / das er glühend,liebte, i"c"'n Vesitz der sehnlichste seiner Wünsche w^r. Da ^cigie ihm den Pl-'ad in ihre nach ihm ausgebrenerc:, Arn?e zum Wonnegenuß des höchsten Erdeng!ückes; die Tugend aber si in vergangenerNachr Baum kirchers Geist im Traume erschienen, hatte ihm düster die Hand gereicht, und ihn mit dem Finger drohend vor einer Schlange gewar, net, welche er plötzlich an seinem Busen si^ windend und fischend entdeckte, worüber er erwachte, Nachd?n° kend schlich Eras m u 5 den ganzen Tag in seiner Felsenhöhle umher; er sprach, as; und trank sehr werng^ und als endlich der Abend herbey kam, leiteten ihn Na, , tllr und Verhangniß zur Slarte seines Verderbens. Das Todtenlicht leuchtete am Fenster; die vier Donnerliüch. sen knallten schrecklich, auf einmahl losgedraimt, und der unglücklich? Verrathene, von zwey losa.?sprengten Felsei'.stücken am Kopfe und Schenkel gecroffen, stürzt« todt ju Boden. Alle Reisige des Schlosse?, oon Schrecken und Verwirrung erfüllc, eilte» ihrem unglücklichen Gediether zu Hülfe, und diesen Augenblick beüiltzleder Vcrrather den Belagerern den Eingang zu verschaffen. Mit blanken Klingen drangen sie hinan; die getreuen zwölf Anhänger des Gefallenen fetzten sich sogleich zur ^ Geg'nnvehr, und fochten so lange den Kampf der Ver-"zweissung, bis auch der Letzte von ihnen todt an die Sene ihre» verblichenen Gebiethers hinsank. Jetzt er-t hoben die Sieger ein gellendes Freudengeschrey, und ^ überhäuften F ranzen mit Lobsprüchen und Verheißungen. Er mußte ihnen alle Gemächer des Schlosses, besonders aber jenen, von der Natur selbst gebauten ^ heimlichen Gang anzeigen, welcher in Felsen ausgehöh-ff let, vier deutsche Meilen lang in die Gegend von Wip-, bach, die mit Recht Krams Paradies genannt wild, führet, und woher die Belagerten all' ihre Bedürfnisse auf das reichlichste sich zu verschaffen wußten. Als die Eroberer zur Mordstätte, wo bie Erschlagenen sich befanden, zurückkehrten, fanden sie den alten Conrad über Luegers Leiche hingefenket, meinem Zustande, R,der an Verzweisiung gränzte. Lauge snben sie ihm zu, ^selbst ihre rohen Herzen fühlten einiges Mitleid für den Greisen, als er endlich sein Haupt erhob, ,nid seine ^strafenden Blicke nach F ranzen richtete, der feine ^ Augen errathend zu Boden schlug. Langsam erhob er sick jetzt, und wandelte gleich einem Schatten der Unterwelt auf ihn zu. Mit feyerlichem, richtendem Tone erhob er nun seine Stimme: „Jüngling! du hast deinen Herrn und Meister verrathen ; zittere, Judas Iskariot! Ich bin sein Rächer." Mir diese» Worten riß er plötzlich einen Dolch aus dem Gürtel, und stieß ihn mit Iugendkraft in des Verrathers Herz. Einen Augenblick hernach sank auch der Greis- von vielen Hieben und Etichen getroffen, entseelt auf die Leiche seines Ge« biethers nieder. ,' Mil reicher Beute beladen, nahmen am folgenden ^Tage die Sieger ihren Abzug, und überließen die Lei-- chen der Erschlagenen ihrem Schicksale. Kein lebend Weisen blieb im Schlosse, als Luegers beyde Hunde, die ihren Herrn auch im Tode nicht verließen. Einige .-r-me fromme Leute aus der Nachbarschaft, etnschlo^n sich endlich, dieTodtcn zu begraben, und ihrem eh?l::^i)-ligen Wohlthäter im ü..cl)sten Kirchhofe ein geweihtes Plätzchen der Ruhe zu gewähren. Kein Verwandter, kein Freund folgte der Leiche des Lueger; nur seine zwey Rüden schlichen ihr traurig nach, legten sich auf sein Grab — und starben bald. — Dieß war im I>,'bre 148/^ das tragisch« Ende des letzten Sprößlings eines edlen deutschen Stammes. Noch sind von ihm in jenem Schlöffe mehrere Denkmahle vorhanden ; noch zeigt und erkennt man den Platz, von welchem, durch die Gewalt der Kugeln,, das Felsenstück absprang, welches den Unglücklichen zerschmetterte. A u f e i », M ä d ch e n, das mit einem Taubenpaar spielte. Wenn Di 0 ne an dem Nofemvagen Ihre Täubchen nicht mehr lenkt, Hat sie hier der Grazien Schönsten, Ihr Gespan« aefchsnke. Pfelffir. Charade. Das Grste schafft der Mensch sich oft; Doch senden's ihm auch unverhofft Des Schicksals strenge Mächte; Der, den es trifft, steht dann und klagt. Und spähet, ob's ihm nicht bald tagj Im Labyrinth der Nächte. Doch, wem das Zweyte sie vcrleih'n. Wem sie es in das Leben reih'u, Döm gibt die Welt Entzücken, Dein mahlet sich, was ihn erfüllt Mit Wahrheit-stets und unvechüllt In seinen heitern Blicken. Weh! wo das Ganze grinzend steht, Wo es mit Satanöblicken späht. Das Iweyte zu verderben. Da bleicht der Tugend heller Glanz Und ach ^ aus ilMm schönen Kranz So manche Bllithen sterben. Auj^sung der Charade in Nr. 36. Strumpfban d. Ä cd r li ck t bey Igllaz Al 0 ys Edlen » 0 !l Kleiumay r.