669 ä I. Es gibt eine zerstörende und eine productive Kritik. — Ich habe die erstere geahnt, als ich vor nahezu zwei Jahren mit diesem Ausspruch Göthe's Fachgenossen und Vaterlandsfreunde in die Schranken der Öffentlichkeit rief, die Idee einer Beförsterung Krams durch kritische Beiträge fördern zu helfen. Heute sehe ich diese Ahnung reichlich erfüllt. Seit Erscheinen meiner Broschüre „über die Er¬ richtung von Districtsförstcreien im Kronlande Kram" bis zum 24. November l868 sind eineinhalb Jahre lautloser Stille und eines doch sehr beredten Schweigens über diesen hochwichtigen Gegenstand verflossen, bis am genannten Tage, nachdem sich die Forstsection — zum Bchnfe der Berichterstattung im Plenum — auch durch auswärtige Fachmänner verstärkt hatte, das Exposv des rechtsgelehrten Obmannes der Section die Brandfackel zwischen die ehevor ruhig zuwartendcn Gegner warf und eine erregte Debatte in der Generalversammlung ent¬ zündete. Ich hatte die Genugthuung, von Rednern unter¬ stützt worden zn sein, denen ein gewichtiger Einfluß zu¬ kommt, und würde also, nachdem ich meine Anschauun¬ gen in jener Debatte in längerer Rede verfochten hatte, 1 — 2 — wohl nur gewünscht haben, die Spruchreife dieser Frage im Schooß der hohen Regierung und des krainischcn Landtages abwarten zu können, um dann nochmals hic- für meine Feder zu ergreifen. Allein Angesichts der Umstände jedoch, daß der in der Versammlung nur flüchtig verlesene Bericht des Obmannes der Forstsection in seinem sachlichen Theile die Expertisen meiner Collegcn nur sehr frag¬ mentarisch und als wider meine Anschauungen sprechend darslcllke, und daß diese Auslegung durch den Uebcrgaug in die Journale den Schein völliger Correcthcit für sich gewann; daß ferner der am 24. November in spater Nachmittagöstunde unerwartet rasch beschlossene „Schluß der Debatte" nur die Möglichkeit einer Entgegnung aus die im Gefolge meiner Rede erhobenen Einwürfe, dies vornehmlich in Bezug auf den herben Tadel der Staats- forstwirthschaft, vollends benahm; sowie endlich, daß der „Triglav" in seiner dritten heurigen Nnmmer einen Artikel, weniger sachlicher als persönlicher Natur, zur Beförsterungsfrage in seine Spalten aufnahm: Ange¬ sichts alles dessen halte ich eö sowohl der Oeffentlichkeit als nur selbst gegenüber für eine Pflicht, die dadurch ge¬ schaffene Sachlage in ein klares und wahres Vicht zu stellen. Zuvörderst erinnere ich an den Passus 2 der Sec- tionsanträge, nut welchem das unverkümmerte Recht des Waldeigenthümers in Anspruch genommen wurde, seinen Wald „vertilgen" zu dürfen. Dieses Begehren hat am 24. November unstreitig eine gewisse Indignation in der Versammlung hervorgerufen. Und in der That ist es höchst merkwürdig, wie dieser Antrag zum Beschluß erhoben werden konnte. Wiewohl auf den K 362 des bürgerlichen Gesetzbuches fußend, ist die Berechtigung eines solchen Begehrens denn doch nur eine scheinbare; indem der Z 364 dessel¬ ben Gesetzes nut einer Deutlichkeit, die wohl nicht mi߬ verstanden werden kann, cs besagt, „daß die AnS- „übung des Eigc nthumsrcchteö nur insv- — 3 — „ferne stattfindet, als dadurch weder in „die Rechte eines Dritten ein Eingriff ge¬ schieht, noch die in den Gesetzen zur Er¬ haltung und Beförderung des allgemci- „uen Wohles vor g e s ch r i e den c n Einschrän- „k n n g e n übertreten werde n." Es ist wohl nicht uöthig, nach einem Titel aus grauer Borzeit zu fahnden, nm daraus das Recht der Regierung zu Anordnungen für die Forderung des Ge¬ meinwohles abzuleiten; die Befngniß dazu liegt in den allgemeinen Attributen des Staates, wozu es vornehm¬ lich gehört, alles zu entfernen und zu untersagen, was den Zweck des bürgerlichen Vereines stören, seine Er¬ reichung verhindern könnte. Conscgnenterweise muß also dem Staate dasselbe Recht auch in Bezug auf die Waldungen annehmbar zustchen, da diese und ihre Er¬ haltung und Benützung so wichtig für das Nativnal- wohl sind. Diese Erkenntniß wirkte wohl auch zum Thcile mit, als der Z 362 durch jenen Z 364 beschränkt wurde. Diese Beschränkung aber hat der Sectionsbericht gänzlich übergangen. Unerklärlich erscheint es, wie in den Sectionsan- trägen noch von einem Forstgesetze gesprochen werden konnte, nachdem suh 2 das Recht zur Vertilgung der Wälder für deren Eigenthümcr rcklamirt wurde! — Weiters erlaube ich mir zu constatiren, daß der Bericht des Herrn Obmannes der Forstsection die An¬ schauungen der Mitglieder derselben nicht zum richtigen Ausdruck brachte, sondern vielmehr nur jene Fragmente aus dem Elaborate hcroorhvb, welche geeignet waren, die eigenen Ansichten des Berichterstatters zu unterstüz- zen, nicht aber, in der Sache selbst Licht zu verbreiten. Dadurch gewann es den Anschein, als seien die zu Rathc gezogenen Sachkundigen, mit Ausnahme Scholl- mayers, wirklich sämmtlich gegen das Princip der Bc- förstcrung eingenommen gewesen. 1* — 4 — Daß dies in der Thai allgemein so gehalten wurde, geht auch aus dem Versammlungsbcrichte der „idlovioo" und namentlich aus jener Stelle hervor, nach welcher Dr. Bleiweis gesagt habe: po, naj so niknr no prodira, du so v oöiua ^OLänurskoAu oäsolrn snrnoZn noxor olrrnsug loZarso." Jill' dem gegenüber erkläre ich, daß — mit Aus¬ nahme des jubilirten Kreisforstcommissärs, Herrn Andre Sovan — sämmtliche Experten für die Befor¬ st e r n n g , wenn auch unter verschiedenen Modalitäten, ge¬ stimmt waren und es noch sind. Um dies zu erhärten, brauche ich wohl nur die bezüglichen Stellen aus dem mir jetzt vorliegenden Gutachten ihrem Wortlaute nach zu citiren. l. Forstmeister Witschel schreibt gleich im Eingänge: „Im Principe mit demselben (dem Verfasser der Denkschrift) einverstanden, wünschte ich folgenden Punkt geändert, wobei ich mir erlaube, an das Ende der Denkschrift zKostenpnnktl anzn- knüpfen, —" Nachdem dieser Experte seine Ansicht in Bezug auf die Repartition der Beförsterungskostcn dargelegt, sagt er: „Es dürfte vielleicht auch die Ansicht geltend gemacht wer¬ den, daß zu dem vom Herrn Dimitz angestrebteu Zwecke Privat¬ forstverwalter in Verwendung gezogen werden können, nm die Kosten des Institutes zu verringern; ich für meine Person rathe davon ans den in der Denkschrift Seite 3N Absatz L angeführten Gründen ab " Aus Witschel's Elaborate hebe ich ferner noch fol¬ gende Stellen hervor: „An die Spitze meiner Wünsche stelle ich mit Herrn Dimitz die Schaffung eines Landeöforstgesetzes " Dann den besonders charakteristischen Satz: „Mit der Einführung des beantragten Forstschntz-Jnstitutes und Schaffung eines Landesforstgesetzcs wäre übrigens nicht lange zn zögern, wenn die schon hin und wieder eingerissene Waldver- wüstnng nicht größere Dimensionen annehmen soll." - 5 — 2. Fo r st m e i st e r S eitn er schreibt, nachdem er sich mit meinem Aussprache, daß die Bannlegung im Sinne des Z 19 des ForstgcsetzeS vom 3. December 1852 die geeignetste Handhabe zum Schutz der Hoch¬ gebirgswälder bilde, einverstanden erklärt hat, wörtlich Folgendes: „Bleiben wir also vorläufig bei diesen forstgesetzlichcn Bann¬ legungen, begehren wir aber auch die Durchführung der im 8 22 des Forstgesetzes angeordneten Besörsterung der Wälder, so könnte eine vollständige Abhilfe durch ein seinerzeitiges neues Forstgesetz mit viel weniger Gefahr als bisher, abgewarlet werden." „Die in Bann gelegten Wälder müssen nach dem Schlu߬ sätze des Z 19 sogleich nach dem Bannlcgungsausspruche beför- stert werden; — die Besörsterung der Übrigen Wälder von hin¬ reichender Größe nnd Wichtigkeit, wozu auch und namentlich in Gebirgsgegenden die untereinander im Zusammenhänge befindli¬ chen und größere geschlossene Komplexe bildenden bäuerlichen Therlwaldungen gehören, — hätte die hohe Landesregierung im eigenen Wirkungskreise gemäß 8 22 des Forstgesetzes festzusetzen nnd dabei hinzuwirken, daß gehörig arroudirte Forstvcrwaltungs- bezirke creirt und die Bewirthschaftung der kleinern, für einen eigenen Forstverwalter nicht genügenden Wälder oumulativ einem Forstverwalter zugetheilt würde." „Bei den Bannleguugsvcrhandlungen werden sich die Be¬ zirksämter mit sachkundigen Sachverständigen — wie im Grund- lastenablösungsgcschcifte — behelfen können; nicht so die hohe k. k. Landesregierung bei der Feststellung der Besörsterung nach 8 22 des Forstgesetzes. — Dazu und in Recursfällen gegen Bannlegungen, überhaupt zur Besorgung des anwachsendcn Forst- refcrats, wird die hohe Landesstelle einen Forstbeamten als Re¬ ferenten nnd technischen Beirath unumgänglich nöthig haben, wel¬ cher also zuerst mit einem entsprechenden Gehalte und Reisepau¬ schale angestellt werden sollte." 3. Forstmeister Rands in Gradatz sagt am Schlüsse: „Da es eine unzuverkcnnende Nothwendigkeit ist, daß die Forste Krams beaufsichtigt, pflcgsamer behandelt und der Nach? — 6 — Welt in ihrer vollen Prodnetiouskraft und Zierde erhalten werden sollen, so erlaube ich mir nachstehenden Antrag zn stellen: Nach¬ dem die Mehrzahl der Großgrundbesitzer fachgemäß gebildete Forstmänner zur Bewirthschaftnng ihrer Wälder bestellt haben, so behebt sich sür die diesbezüglichen Terraine eine Ueberwachung und es erscheint vielmehr rakhsam, diesen Forstwirthcn auch die Ileberwackung der Privat- und Gemeindewälder zn übertragen." Also auch Herr Bando ist im Principe für die Beförslcrnng, wiewohl unter einem Modus, den wohl schwerlich jemand allgemein anwendbar finden dürfte. 4. Herr Schollmaher hat sich den in mei¬ ner Denkschrift entwickelten Anschauungen in allen Punk¬ ten rückhaltslos angeschlossen. 5. Ein Gutachten des Sectionsmitgliedes, Herrn Forstmeisters Faber, liegt zwar nicht vor, be¬ kanntlich aber theilt dieser meine Ansichten in Bezug auf die Nothwendigkeit von Beförsterungen im wesent¬ lichen vollkommen. Es geht dies schon daraus hervor, daß Herr Faber gleichzeitig mit meiner Denkschrift ein Exposö „über die Bewirthschaftnng der Wäl¬ der, Hutweiden u n d Be rg w i es e n in Krain" in der k. k. Landwirthschastsgesellschaft einreichte, worin es unter andern heißt: „Wir haben Gelegenheit zn sehen, wie die Eichenwälder in Unterkrain und die Merkantilhölzer in den Hochwäldern abneh¬ men und der Waldboden der Holzzucht entzogen, indem derselbe in andere Culturgattungcn — meistens werthlose Hutweiden — umgewandelt wird " „Es ist die höchste Zeit, den Klcingrnudbesitzcr zur Befol¬ gung des a. h. Forstpatentcs zu verhalten, um ihn hiedurch noch rechtzeitig vor der unausbleiblichen Holznoth zn bewahren, zah¬ lungsfähig zu erhalten und vorzukehrcu, daß wir unfern Nach¬ kommen noch Schätze übergeben, die geeignet sind, ihren Wohl¬ stand zu heben und ihre Existenz dauernd zu sichern " „Allein um das bestehende Forstpatent zu handhaben, ist es unausweichlich nothwendig, daß mindestens bei jedem politischen Amte ein theoretisch und praktisch gebildeter Forstmann angestellt werde." 7 — „Nur dann läßt sich erwartcn, daß die Wälder erhallen, er¬ zogen nnd fachgemäß behandelt und benützt werden; nur daun läßt sich erwartcn, daß der Klcingrundbesitzer der Holznoth ent¬ geht nnd in die Lage kommt, den Ueberflnß aus seinem Walde gut und mit Nutzen zu verwerthen." Forstmeister Faber schließt folgendermaßen: „Wir wissen, daß in den Händen des meistens unbemittel¬ ten Kleingrundbesitzcrs die größten, aber leider auch meist öden und ertraglosen Landflächrn liegen, nnd wie nns die Erfahrung lehrt, nützt cs nichts, wenn demselben noch so große Flächen des werthvollsten Waldes übergeben werden, wenn ihm freie Hand bezüglich dessen Bcwirthschaftuug gelassen wird, weil er, sei es aus Noch oder um nur eiu Geld cinzunehmcn, sofort den Wald veräußert nnd dadurch die vielen öden Gründe wieder ver¬ mehrt." „Der Kleingrundbesitzer muß daher bezüglich der Waldge- bahrung bevormundet, das ist geleitet werden, weil nur dadurch seine Existenz gesichert wird. Geschieht dies nicht rechtzeitig, so wird uns die Zukunft lehren, daß Eingriffe in fremde Wälder überhandnehmen, wodurch die Gefängnffse mit Holzdieben gefüllt werden." „Ich stelle daher den Antrag, daß bezüglich der Handhabung des Forstgesctzes und respective bezüglich der Bestellung der er¬ forderlichen Forstorganc in Krain chethunlichst die geeigneten Schritte bei den betreffenden Behörden eingeschlagen werden." 6. Nür der Herr Kreisforstcommissär Sovan ist gegen jederlei Ausübung von Staatsforst- Polizci nnd erblickt das einzige Heil für unsere Forste in einer darauf abziclendcn Belehrung des Volkes und in der Uebertragung des Waldexceßwesenö von den politi¬ schen Behörden auf die Gerichte. In ersterer Hinsicht möchte ich meinem geehrten College» zurufen, was Herr v. Langer in der General¬ versammlung der krainischen Landwirthschastsgesellschaft am 22. November 1865 einem Redner auf seine ähnli¬ chen Anschauungen etwa also erwiederte: Bis die Er- — 8 — folge eines solchen Unterrichts eintreten, wird der Wald auch schon verschwunden sein! In letzterer Beziehung aber möchte ich zu bedenken geben, daß nach Lösung des Einforstungsverhältnisscs ohnedies ein großer Theil des Waldcxceßwcsens der ge¬ richtlichen Competenz insofcrne anheimfällt, als sich die sogenannten Forstfrevel vielfach in Holz die li¬ st äh le verwandeln werden. Von einer Uebertragung anderer, als der im Strafgesetze subsummirbaren Wald- cxceße an die Gerichte aber kann selbstverständlich keine Rede sein. Soviel über die Gutachten meiner Fachgenossen. Nach alledem scheint mir nun festgestellt zu sein, daß der mehrerwähnte Seetionsbericht dem ihm durch die technischen Gutachten gebotenen Stosse nicht gerecht ge¬ worden ist, daß derselbe nicht d a s M a jo r i t ä ts - Votum der verstärkten Forstseetion, sondern diesfalls nur die vereinzelte Anschauung des Herrn Kreisfvrst- commissärs Sovan vertrat. In welchen Beziehungen die Generalien - Sectivn der Gesellschaft zu diesem Berichte stand, ist mir nicht bekannt. Immerhin glaube ich nur der Wahrheit ge¬ dient zu haben, wenn ich mir erlaubte, dem Exposö des Herrn Obmannes der Forstseetion diese einfachen Tat¬ sachen entgegenzuhalten. Abgesehen von einer unbedingten Annahme meiner Prinzipien und der Dctaildurchführung der beantragten Beförsternng, hätte der Bericht denn doch manchen frucht¬ baren Gedanken, der in der Denkschrift niedergelegt war, aufgreifen können. So zum Exempel die Frage der Auftheilung der Gemeinschaftswälder, die Durchführung von Bannlegungen u. s. w. Der Bericht hätte in seinen Schlußanträgen nicht so weit vom Ziele abgehen sollen, um aus der Opposition gegen das Prinzip der Staats¬ forstpolizei sich in jenes äußerste Extrem „forstlicher Freiheit" zu verirren, dessen Genesis er im Wortlaut — 9 - des § 362 das bürgerlichen Gesetzbuches zu finden ver¬ meinte. Schließlich aber erlaube ich mir den Herrn Berichter¬ statter noch ans ein kleines Intermezzo aufmerksam zu machen, dessen ich mich noch sehr wohl erinnere. Man sprach irgendwo von der rapiden Verwüstung eines Wal¬ des, der plötzlich des ihm jahrelang angcdiehenen Schuz- zes beraubt worden. Es war dies nach der besproche¬ nen Generalversammlung, als damals der abgesagte Gegner alles obrigkeitlichen Forstschutzes, einen großen Dichter citirend, mit den treffenden Worten in die Rede fiel: Weh' denen, die dem Ewigblinden Dcs Lichtes Himmels fackel leih'n! Sie strahlt ihm nicht, siekann nur zünden Und äschert Stadt' und Länder ein. II. Unter den gewichtigen Gründen, welche in der mehrerwähnteu Debatte gegen die Beförsterung von Staatswegen und durch Organe der Staatsverwaltung ins Feld geführt wurden, ward auch einer genannt, den erstlich vielleicht niemand bekämpfen mochte, welchen zu entkräften aber späterhin der Minorität unmöglich wurde, da sich die Versammlung plötzlich für Schluß der De¬ batte entschied. Dieses gewichtige Wort, das ein hochgeachtetes Mitglied der Versammlung aussprach und wohlberechnet rechtzeitig zwischen die vielleicht noch schwankenden Mei¬ nungen der Beschließenden warf, dieses iu Oesterreich so oft wiederholte Wort, das im Reichsrathe — wenn¬ gleich in einer andern Variation, ' viel allgemeiner lau¬ tend — den folgenschweren Beschluß des Staatsgüterver¬ kaufes heraufbeschworen hat, dieses Wort lautete am 14. November: Der Staat ist ein schlechter Wald Wirth! — 10 — lieber dieses Wort aber ist die Debatte noch nicht geschlossen, dieses Wort ist zu inhaltsschwer und der ihm inliegende Borwurf ist ein zu gewaltiger, um ihn so leichthin abpralleu zu lassen; dieses gewichtige Work ist einer eingehenden Analyse wcrth und soll diese auch hier mindestens theilweise erfahren. Ich weiß und fühle cs sehr wohl, daß der geehrte Sprecher die Mehrzahl derjenigen auf seiner Seite hatte, die sich gegenwärtig um staatswirthschafkliche Dinge in- tereffiren, und die Zahl dieser ist, Dank der lebhaften Beteiligung an den öffentlichen Fragen, wahrlich nicht klein; ich weiß und fühle cs sehr wohl, daß dieses Wort auch einen Kern Wahrheit in sich schließt, daß aber doch manches, vieles daran Schale ist; ich weiß und habe es erfahren, daß jene Mehrheit ihr Verdick leider nur zu oft auf Schlagwörter hin fällt, die sich im Getriebe unseres jungparlamcntarischen Lebens im¬ mer wieder auf die Tagesordnung drängen. Der Prozeß, der solche Stereotypsätze geschaffen, ist ein läuternder; aber darum sind auch nicht all' diese Worte reines Krystall. In allen folgenden Erörterungen den absoluten Waldboden mir vor Augen haltend, gebe ich zuvörderst zu bedenken, daß es, wie im Berg- und Feldbaue, auch im Walde eine nachhaltige oder eine systemlose Raubwirthschaft, eine konservative oder eine rapide Gebahrung gibt. Heut' zu Tage strebt der private Waldbesitzer in der Regel mit allen Mitteln dahin, dem Walde das Ca¬ pital, das er in ihn gesetzt, schleunigst wieder abzugc- winnen und sich die Zinsen anticipando auf eine lange Reihe von Jahren von ihm cscompkiren zu lassen. Der Privatwald im großen Gesammtüberblickc und na¬ mentlich in den deradriatischcuKüste näher gelegenen Ländern, ist neuester Zeit zum Geld- lieseranten erkoren; man begnügt sich nicht mit seinen Zinsen, gebieterisch heischt man von ihm Capital, Capitalien. — 11 — lind wcr leidet darunter ? — der Boden, das Ur- capital aller Menschen, das Stamincapital aller, mögen sie Capitalisten sein oder nicht! — Der Staat hingegen befolgt seit langem ein Sy¬ stem in der Waldwirthschaft, das diesem letztem dia¬ metral entgegengesetzt ist, — ein System, das im Ge¬ gensatz zu dem rapiden Betriebe, den Stempel streng conservativer Grundsätze an sich trägt. Der Staat folgt dem Principe eines strengen Nach- Haltsbetriebes, dem einzigen, welches dem Begriffe der Staatsaufgabe selbst entsprechen kann, dieser Betrieb darf kein ausnützender, er ist vielmehr und soll nur ein benützender sein; er schützt und erhält das Bodeneapital und nützt von diesem nicht mehr als die natürlichen Zinsen nach dem Zinsfüße, den die Natur selbst dictirt. Nur der N a ch h a l t s b et rie b in seiner Deh¬ nung vom jährlich nachhaltigen bis zum periodisch nach¬ haltigen oder aussetzenden ist das, was ich Wald¬ wirthschaft im engeren Sinne nennen möchte; tritt die Gebarung aus diesem Rahmen heraus, so ist sie eine systemlose, eine devastirende, eine U n w i r t h s ch a f t. Offenbar ist cs nun vornehmlich der geringe Geld¬ ertrag der österreichischen Staalsforstc in erster siinie, welcher zu dem Einwurfe Grund gibt: es sei der Staat ein schlechter Waldwirth. Im Nachhaltsbetriebe selbst läßt sich aber wieder ein zweierlei Ziel verfolgen: das eine strebt nach dem höchsten Barerlöse ans dem Materialetat, ihm stehen daher mercantilische Combinationen, ihm steht der Welt¬ markt offen; das zweite trachtet lediglich darnach, durch Abgabe seiner Prodnctc an bestimmte Consumenten, seien cs landwirthschaftliche oder industrielle, ihre durch Siche¬ rung des Holzbedarfcs bedingte Existenz zu erhalten und zu fördern. Dieses ist eine bedeutende volkswirthschaft- liche Aufgabe vieler Forsten, aber sie schließt den betref¬ fenden Waldbesitzer vom Weltmarkt aus, und indem er 12 — dieses zweite Ziel verfolgt, verzichtet er auf die unmit¬ telbaren Geldcrfolgc seiner Waldwirtschaft, sich die mittel - baren Quellen jener Vorteile erschließend, die ihm die geförderte Existenz jener Consumenten zuführt. Dieses zweite Ziel des Nachhallsbctricbes nun ist es vornehmlich, welches den Staat in der Benützung seiner ausgedehnten Forste geleitet hat und ihn zum großen Theilc noch leitet. Aber es ist dies auch nicht durch¬ wegs ein selbstgestecktes Ziel: die rechtliche Natur des Staatswaldeigcnthurns bringt es in vielen Fällen mit sich, daß der Staat an eine solche Benützungsweise ge¬ bunden ist. Ich brauche diesfalls nur die Montan- und Salinenforste Galiziens, Oberösterreichs, des Salzkammer¬ gutes, Steiermarks und Kärntens, in Krain speciell die Reservatswälder Jdrias und jene Oberkrains zu nenncu. Alle diese Forste sind zu bestimmten industriellen Zwecken gewidmete, sie sind voni Geldmärkte ausge¬ schlossen, die Existenz der damit belehnten Jndustriewerke erheischt gebieterisch deren ungeschwächte Erhaltung, ver¬ lang! den strengsten Nachhaltsbetrieb und absorbirt in der Regel deren ganzen Holzertrag. Durch die sorgfältigste Conservirung solcher Forste, durch die Erhaltung und Wahrung ihres Widmungs¬ zweckes ist ost, ja meistens auch die Existenz der Bewohner ganzer 8 ä n d er st r e cken, welche mit jenen industriellen Etablissements stehen und fallen, un¬ erbittlich bedingt. Wenn also hier der nachweisbare, un¬ mittelbare Geldertrag ein verhältnißmäßig geringer ist, so trifft dafür den Staat und seine Waldwirtschaft wahrlich kein Vorwurf: denn eben durch eine beharrlich konservative Wirtschaft erfüllt er hier seine Aufgabe ungleich besser, als durch einen rapiden, spekulativen Be¬ trieb, der vielleicht jährlich 20 und mehr Procente durch eine kurze Reihe von Jahren in das Reichsbudget lieferte. Ich habe meine Leser noch auf eine weitere Kate¬ gorie von Staatsforsten aufmerksam zu machen, für welche nicht nur jener streng nachhaltige Betrieb, 13 — ja oft selbst eine gewissermaßen retrograde Gebarung sich nöthig machen. Es sind dies die Marine forste des Küsten¬ landes und Dalmatiens, die gewiß auch strategisch bedeutsamen Wälder an den südlichen und öst¬ lichen Grenzmarken der österreichisch-ungarischen Mon¬ archie. Daß und aus welchen Gründen von derlei Forsten ein hoher Geldertrag nicht erzielt werden könne, über¬ lasse ich füglich dem Verständnisse der Veser. Da höre ich denn meine Gegner ciuwenden: nicht alle Staatsforste haben sich jene und diese Ziele gesteckt, die ihnen den Weltmarkt verschließen; nicht auf allen lastet der Druck einer speciellen Bestimmung für besondere Skaatszweckc. Es gebe im Gegentheil deren viele, die frei sind von allen solchen Banden, denen alle merean- tilischen Conjunctnren, alle Holzhandelshäfen offen stehen, für die daher die höchsten Gelderträge erreichbar sind. Auch solche gibt es; es sind dies theils dem Staate eigenthümliche, theils von ihm nur verwaltete öffentliche Stiftungs- und Fondsforstc. In allen diesen begegnen wir ebenso einer soliden, nachhaltigen Wirthschaft, überall strebt der Staat, wo er es mit absolutem Waldboden zu thnn hat, nach der Erhaltung der Waldsubstanz. Wenn aber hie und da solche Forste nicht in dem höchsten, vom Privaten vielleicht erzielbaren Gelderträge stehen, so berechtigt dies wohl nur zu dem Einwurfe, daß der Staat kein guter Kaufmann, kein glücklicher Industrieller, — nicht aber, daß er ein schlechter Waldwirth sei. Den ersteren Einwand möchte und könnte ich nicht immer vertheidigen, den letzteren aber glaube ich doch einigermaßen entkräftet zu haben. Ueberschauen wir den geordneten wirthschaftlichen Zustand der Mehrheit unserer Staatswälder, blicken wir namentlich auf die Musterwirthschaft im kaiserlichen 14 — Wiencrwalde, der seit 1348 in der Verwaltung des Lan- desfürsten steht, dessen Matcrialcrtrag seit Anfang dieses Jahrhunderts bis heute von 53.000 ans 82.000 Klaf¬ tern, dessen Geldrcnte per Joch während derselben Periode von 2 auf 14 st. gehoben wurde; ignoriren wir nicht die unleugbaren Erfolge in der Aufforstung und einer pflegsameren Waldbchandlung, welche das politische Forst- schntz-Jnstitut Tirols während seines verhältnißmäßig kurzen Bestehens nachgcwiesen hat; übersehen wir es nicht, daß in der südlichen Läudergruppe Oesterreichs der Staatswaldbesitz — mitten in der Fluth moderner Wald¬ devastation — fast allein als der Träger erhaltender Grundsätze, als wahrer Hort des Waldes dasteht; über¬ gehen wir es nicht, daß sich die vielgcschmähte österrei¬ chische Staatsforstwirthschaft auf der Pariser Weltaus¬ stellung 1867 unter einer Unzahl von Concurrenten den ersten Preis errang; fassen wir dies alles gewissenhaft und gerecht ins Auge, dann wird mancher, der ehevor willig mit einstimmtc in jene zerstörende Kritik der Staatsforstwirthschaft, eines anderen Sinnes werden und es sich gestehen müssen, daß der Staat denn doch jener schlechter Waldwirth nicht sei, als welchen man ihn so oft und gerne nennen hört. Gewöhnen wir uns, auch dem Staate gegenüber gerecht zu sein, worin ihm — wie in diesem Falle — gewiß auch ein Verdienst, zum mindesten aber ein mil¬ deres Urtheil gebührt. III. Der nächste und letzte Zweck dieser meiner Schrift ist eine Abwehr des vom „Triglav" in seiner dritten heurigen Nummer gebrachten Artikels „zur Districts- försterfrage." Die „Monatschrift des österreichischen Reichsforst Vereins" hat meinem Büchlein über die Bcförsterung - 15 — Krains die Ehre einer Besprechung und des Abdruckes deö größten Theils desselben (im August-Hefte 1867) erwiesen. Ich habe es bisher absichtlich vermieden, mich jener Recension gegenüber in eine Entgegnung einzulassen, und zwar dies vorzüglich aus dem Grunde, weil ich in derselben keine entschiedene Opposition gegen meine Vor¬ schläge, keine unbedingte Verwerfung meiner Ideen, keine kritische Analyse des überreichen Stoffes der Bcförste- rung von Staatswcgen, sondern eben nur die Erfüllung eines literarischen Gebrauches und einer gewissen publi- cistischen Courtoisie erblickte, die man Flugblättern von einiger Bedeutung auch in unserem Fache zu erweisen pflegt. Abgesehen aber von dem Widerspruche, in den sich die Rcdaekion der „Monatschrift" mit meinen Princi- pien setzte, hat jene Reeension meiner Person gegenüber sich so ehrend ausgesprochen, daß ich wahrlich keine Ver¬ anlassung hatte, eine Polemik von Laibach nach Wien zu eröffnen. Der erwähnte Artikel des „Triglav" jedoch, welcher diese Besprechung in einer Weise, die ich später genauer kennzeichnen werde, für sich ansgebeutet hat, drängt mich nun, auf das Wesen der erwähnten Recension einzugehen und mich dem Organe des österreichischen Reichsforst- vercins gegenüberzustcllen. Mich meinem Sujet zuwendeud, tritt mir zuvör¬ derst wieder das beliebte Schlagwort der „forstlichen Freiheit" entgegen, und ich muß darauf ernstlich fragen: was denn diese sei, ob sie immer und überall praktisch, ob sich der Reccnscut die Anwendbarkeit derselben auf Krain, dieses an forstlichen Eigenthümtichkeiteu so reiche yand, gehörig vor Augen gehalten und ob die „Monat¬ schrift des österreichischen Reichsforstvereins" immer den mir gegenüber in diesem Gegenstände eingenommenen Standpunkt beobachtet habe? — Die forstliche Freiheit wäre nach Ansicht der Gegner darin bestehend, daß der Staat sich des ihm über die — 16 — Wälder im allgemeinen zustehenden Oberaufsichtsrechtes gänzlich begebe und dieselben völlig dem eigenen Schick¬ sale überlasse. Ich habe über das Wesen dieser Oberaufsicht und ihrer Berechtigung schon im ersten Theile der Schrift gesprochen und brauche also darüber ein Mchres wohl nicht zu erörtern; so viel aber will ich hier noch beson¬ ders hervorheben, daß wir die „forstliche Freiheit" trotz des 1852er Forstgesetzes ja thatsächlich besitzen, und daß wir uns nach diesem Ideale also gar nicht zu sehnen haben. Soweit ich die Verhältnisse, namentlich unserer Alpenländer, kenne, sind wir forstlich freier, als es gut ist. Auch ich bin für ein gewisses Maß dieser Freiheit und das Institut der Distrietsförster mit den ihm von mir vorgezeichnetcn Befugnissen verletzt ein solch' zu¬ fälliges Maß nicht. Ich habe unter Vorbehalten für die Aufteilung der Gemeindcwälder plaidirt; ich habe ausdrücklich hcrvorgchoben, daß die Distrietsförster ledig¬ lich nur als Organe des Schutzes und berä¬ tst e n d , nicht aber die Wirtschaftsführung be¬ irrend funqiren sollen. Solche Beschränkung des Waldeigenthnms geht sicher¬ lich nicht über die Grenze des § 364 des bürgerlichen Gesetzes hinaus und ist daher kein Abbruch an der bür¬ gerlichen Freiheit der Waldcigenthümer. Jenes Maß forstlicher Freiheit aber, wie unsere Gegner sie sich denken, könnte ich ohne Schaden nur den Ländern der höchsten Culturstufe auf forstlichem Gebiet gewährt wissen. Wir aber bedürfen eben noch eines in¬ tensiven Staatsforstschutzes, um diele Stufe zu erreichen. Solche Freiheit mag nach Niederösterrcich passen, für uns, für die Nachbarländer des Karstes, für den Karst selbst taugt sie nicht. Ich habe aus den statistischen Tabellen desk. k. Seetivnsrathcö Herrn Karl Fon- 17 — ta ine v. Felsenbrunn über den krainischen Holz verbrauch stichhältig uachgcwieseu, daß sich bei uns eine jährliche Ucberhauung von 160.000 Klaftern, über die nachhaltig mögliche Erzeugung, nun einmal nicht wegleugnen läßt. Die überraschende Uebereinslim- mung der Ziffern der diesfalls von verschiedenen Stati¬ stikern und zu verschiedenen Zeiten gemachten, von ein¬ ander unabhängigen drei Berechnungen spricht für die Verläßlichkeit dieser Behauptung, aber auch mit uner¬ bittlicher Logik dafür, daß solche Uuwirthschaft schon durch Jahrzchente andaucrt und ohne große Gefahren für das Gemeinwohl nun nicht mehr andaueru darf. Solche Ziffern sprechen lauter gegen die forstliche Freiheit, als alle anderen noch so gewichtigen Argu¬ mente ihrer Anhänger. Je länger man aber wartet, eine Staatsforstpolizei kräftig hemmend in diese Gebahrung eingreifen zu lassen, um so drakonischer wird das Gesetz sein müssen, das sie inaugurirt. In dieser Hinsicht ist Frankreich ein lehrreiches Beispiel, dessen mehr als energisches 1860er Anfforstungsgesetz wohl wahrscheinlich niemals erflossen wäre, hätte man die forstpolizeiliche Ordonnanz Ludwig XIV. nicht so vorzeitig aufgehoben, hätte dann die Re¬ volution nicht Tausende von Acres französischen Karstes geschaffen. Je früher man aber ein zweckmäßiges Staatsforst¬ polizeiwesen ins Leben ruft, desto eher wird man der Fessel sich auch wieder entschlagen und in die Bahnen der erwünschten unbeschränkten Gebahrung mit dem Wald- eigenlhum einlenken können. Die forstlichen Verhältnisse Krams sind nun ein¬ mal so „rosig" nicht, als Herr Weßely sie in sei¬ ner Broschüre „Oesterreichs Waldschätze nud sein Holz¬ export" geschildert hat, wo es heißt: „In den illhrischen Provinzen haben mir einen Waldreichthum vor uns, der in Bezug ans Flüche nichi sehr hinter demjenigen von Croatien-Slavonien zurilckstehl. Der große Unterschied ist nur 2 — 18 — der, daß in den illirischen Provinzen die einstigen Vorrathsüber- schllsse des Urwaldes schon aufgezchrt sind, der Forst allenthalben benützt wird und das verfügbare Materiale im lansenden Jahres- Holzzuwachse besteht." Wohl ist es wahr, daß auch Kram größere Domi¬ niral- und Körperschaftsforstc aufweist, die Exportholz in größeren Mengen besitzen; daß es aber im großen Ganzen Holzüberfluß habe, ist durch die Ziffern, welche ich oben anführte, ebenso widerlegt, als durch jenes Bild, das Herr Weßely selbst vor 15 Jahren in seinem Werke: „Die österreichischen Alpenländer und ihre Forste" uns entworfen hat. Eben unsere dem Holzhandel günstige, zur Adria gravierende Lage ist es, die unfern einstigen Waldrcich- thum aufgezchrt hat. Nach den erwähnten Tabellen des Herrn Sek¬ tion srath es v. Felsen brunn wurden im Jahre 1865 über 52.000 Klaftern Merkantilholzes aus Krain nach den Seehäfen exportirt. Eben dies aber spricht für meine Ideen, oder soll eine Production, die dem Laude solch' große Einuahmö- guellen erschließt, nicht mit allen Mitteln von dem Un¬ tergänge bewahrt, und womöglich gefördert, gesteigert werden? Auf die weiteren Bemerkungen des Recenscuten in der Monatschrift kann ich mich hier nicht einlassen; cs sind dort mit flüchtiger Feder so gewaltige Fragen an¬ geregt, daß meine kurze Mußezeit nicht hinreicht, diesel¬ ben nur einigermaßen eingehend zu erörtern. Der Stoff aber ist so anziehend, daß ich es mir nicht versagen kann, mir das Eingehen auf denselben für spätere Zeit, für einen andern Ort vorzubehalten. Ich will nur noch kurz untersuchen, ob der öster¬ reichische Reichsforstvereiu respcctivc die „Monatschrift" (früher Viertcljahrsschrifl) wirtlich immer so entschieden für die „forstliche Freiheit" cinstand, als cs mir gegen¬ über geschah? — 19 - Daß dies nicht immer der Fall war, erhellt aus einigen dortsclbst veröffentlichten Artikeln, aus denen ich jedoch nur einen hcrvorzuheben mich begnüge. Förster Köderte schreibt in seinem Artikel „über die Ursachen und Gegenmittel der Waldverwüstung im Hochgebirge" (Aprilheft 1866) wörtlich folgendes: „Diesem Treiben, den unersetzlichen Alpenwaldstand und da- inil die Garantie für die übrigen Culturcn des Alpenlaudes ge- waltsam zu zerstören, und dem Persönlichen, uur mit der Gegen¬ wart rechnenden Eigennutze zu opfern, kann nur ein vom Staate bestellter höherer F or st s chntz Grenzen setzen Ohne dieses öffentliche Mittel ist an eine Abhaltung dieser Devastationen gar incht zu denken. Mit ihm sällt die unbeschränkte Verfügung des Waldeigeulhümers, mit ihm erwachsen die höhern Rücksichten der Alpenforste erst zur Wahrheit, respecrivc sie werden zur gesetzlichen Geltung gebracht. Ohne einen solchen Schntzkörper bleiben alle einschlägigen Gesetze und Erlässe der Landesbehörden nur bedruck¬ tes oder beschriebenes Papier." „Will man aber in den Kronländern einen solchen Schutz schaffen, so muß derselbe so geartet sein, daß seine Organe allen beschränkten Einflüssen auf die freie Ausübung ihres Amtes ent¬ rückt werden, welch'.letztere in den meisten Fällen solche Anstal¬ ten größtentheils außer Wirksamkeit setzen und deren Organe zu zwecklosen Figuranten persönlicher Launen lauer Behörden hcrab- würdigen. Ich warne eindringlichst das Experiment zu wiederho¬ len, dessen sich gegenwärtig Tirol und Vorarlberg seit 1859 er¬ freut, wenn man den guten Willen der Regierung nicht unfrucht¬ bar machen will." „Solche Maßregeln thnn meines Wissens auch in Steier¬ mark, Kärnten und Krain uoth. Das zahlreiche, ziemlich unab¬ hängige Forstpersonale Salzburgs ist een DcvastatiouSversuchen dieses Ländchens schon gewachsen; Tirols und Vorarlbergs Forst¬ schutz ist reorganisirbar, und wurde eine Reform in dieser Rich¬ tung bereits von der Landesvcrtretung in Anregung gebracht." Der Verfasser schließt mit den Worten: „Die Besprechung der analogen organischen Maßregeln in den Kronläudcrn Steiermark, Kärnten und Kram, deren Wald- — 20 — Verhältnisse mir durch Persönliche Anschauungen bekannt sind, überlasse ich für jetzt andern, die sich freier bewegen und hiezu durch Localkeuutniß berufen sind." Soweit Förster Köderte. Hätte sich die „Monatschrift" seiner Zeit ans dem 1867 meiner Broschüre gegenüber eingenommenen Stand¬ punkte befunden, so hätte die Redaction cs sicherlich nicht versäumt, bei Veröffentlichung dieses Aussatzes ihre ab¬ weichenden Priucipien, gegen jene des Försters Köderte zu wahren und erstere zu couslatiren. Soviel gegenüber der „österreichischen Monatschrift," die meine beständige Lectürc ist. Mit der Besprechung meiner Broschüre durch die „österreichische Monatschrift" steht der vorbezogene Tri- glav-Artikel in innigem Zusammenhänge; er hat die Schlußsätze jener Recensivu zum Ausgangspunkte ge¬ nommen. Was Herr -ö- unter „der bekannten und stets bereiten Opposition" meint, glaube ich ganz wohl ver¬ standen zu Haden; aber ferne sei es mir, dem Triglav- Correspondentcn auf dieses Gebiet zu folgen. Ich will und werde gegen Windmühlen nicht an¬ kämpfen. Zn dem Einen aber habe ich ein volles und un¬ verkümmertes Recht, zu der öffentlichen Frage an Herrn -ö-: weshalb er bei Citation des Absatzes 4 der mehrerwähnten Recension, welche anfänglich wörtlich heißt: „So unverfälscht wir die mit treffenden Bemerkungen, Geist und Beredsamkeit vorgetragene Ansicht des Herrn Dimitz wieder¬ geben . . . . " in der Art wie folgt: „So unverfälscht wir die Bemerkungen des Herrn Di¬ mitz ..." verballhornt hat?- Durch den Gebrauch des A n fü h ru n g s z e i ch e n s („") verpflichtet man sich gewissermaßen moralisch zur vollkommenen und unverfälschten Wiedergabe des Citates; 21 — wenn man jedoch Satzthcile daraus, als unwesentlich, übergeht, so pflegt man die Lücken durch einige Punkte anzudeuten. Weshalb nun hat sich Herr -ö- an diese altehr¬ würdige Regel der Jnterpuncrion nicht gehalten? War es ihm vielleicht unangenehm, daß der Recensent, wie¬ wohl principieller Gegner, meine Bemerkungen treffend nannte, mir Geist und Beredsamkeit zugestand? — Oder hat der Triglav-Cvrrespondent jene unbedeutenden Adjectiven nur ganz zufällig übersehen? — Es wurden weiters im Triglav „Christof Lie- big's Compendium des Waldbaues, 2. Auflage" und die darin über das Obcraufsichtsrccht des Staates vom Verfasser ausgesprochenen Ansichten angeführt, um dar¬ aus die Unfehlbarkeit der eigenen darzuthun. Christof Liebig ist nun aber bekanntlich keine unantastbare Autorität im Forstfache, und wenn er „ge¬ gen die Ueberwachung der Privatwälder von Seite des Staates" ist, so folgt daraus noch nicht, daß meine diametral entgegengesetzten Anschauungen falsch seien. Das eben citirte „Compendium des Waldbaues" Christof Liebig's wird vom Oberforstrathe Dr. J u d eich, dem Director an der T h a r a n d er Fvrst- academie, — welcher zu den Koryphäen der Forstwissen¬ schaft zählt — im Tharander Jahrbuchc (erstes Heft 1869) in nachstehender Weise besprochen: „Auch diese zweite Auflage ist natürlich nicht frei von den bekannten, sonderbaren Waldanschauungen des Verfassers. Liebig ist jedenfalls ein denkender Mann, es bleibt daher zu bedauern, daß er dem Weizen seiner Schriften so sehr viele Spreu bei¬ mengte." Ich finde es übrigens sehr erklärlich, daß Liebig, da er Gelegenheit hatte, den Wald ,;in Millionen Jo¬ chen von Urwald" zu ftudiren, nicht für Beförsterungs- institute schwärmt. Auch ich bin nicht für die Errich¬ tung von Districtsförstereien in Urwäldern; dort möge die beliebte „forstliche Freiheit wachsen, wuchern und ge- 22 — deihen nach Herzenslust. — Ich beneide den compendiö- sen Verfasser weniger um seine Erfahrungen, die er sich auf solche Weise sammelte, als vielmehr um seinen Stu- dieueifer und seine rüstige Körpcrconstiiution, welche es ihm ermöglicht haben, einen so gewaltigen Stoff wie „Millionen Joche Urwaldes" zu bezwingen. Herrn -ö- aber erlaube ich mir, neben diesem ur- wäldischen Autor im Gegenstände der Frage auch die Lectüre des „Lehrbuches der Forstpolizei von Dr. I. CH. H undcshagen,"-und des Obcrfvrstrathes a. D. Freiherrn D r. v. Berg „Studien über die forst¬ lichen Verhältnisse der Schweiz" im 4. Hefte des 1868er Tharander Jahrbuches, besonders anzuempfehlen. Mit Liebig allein läßt sich eine so wichtige Frage, wie die um Abhilfe gegenüber den zunehmenden Walddevastationen, nun einmal nichtwegblasen; sie läßt sich nicht in lediglich absprechender nnd terrorisirender Weise zum Abschlüsse bringen. Die Ansichten darüber waren zwar in der Generalversammlung der k. k. Land- wirthschaftsgesellschaft sehr gethcilt, weniger sind sie es in den maßgebenden Kreisen im Lande selbst. Viel öfter begegnet man hier den Klagen über steigende Wald- dcvastation, als der Sehnsucht nach der goldenen „forstlichen Freiheit." Was meine Broschüre für Krain bezweckte, hat die Schwestergesellschaft unseres landwirthschaftli- chen Vereines in Graz schon im Jahre 1857 für nothwcndig erkannt und zur Handhabung des 1852er Forstgesetzes ein Forstschutz-Jnstitut in Vorschlag gebracht, das nebst den bereits bestehenden sechs ärarischen sechzehn neue politische For st äm ter enthalten sollte. Diesfalls verweise ich auf Professor H lu¬ ll eks 1860 erschienenes Werk: „Ein treues Bild des Herzogtums Steiermark." Wie man in den Nachbarländern noch jetzt in die¬ ser Richtung denkt, beweist zum Theile ein in Nr. 290 — 23 — der „Tagespost" vom 17. December 1868 enthaltener Artikel ans Hohcnwang, welchen ich hier seinem Wort¬ laute nach folgen lassen will: „Es ist unglaublich, daß sich heutzutage noch eine Debatte, wie es in der letzten landwirihschaftlichcn Versammlung zn Lai¬ bach der Fall war, entspinncn könne liber die Frage, ob der De¬ vastation der Wälder durch das Gesetz Einhalt gethan werden solle, eine Frage, die in ganz Europa schon bis zur Neige durch¬ gekämpft wurde und schon seit langem ein überwundener Stand¬ punkt ist. Und dennoch haben sich Stimmen gefunden, die den anerkannten Grunds««, die Forste seien zn schützen, angriffen, und zwar nicht vom national-ökonomischen, sondern vom Stand¬ punkte der bürgerlichen Freiheit. Arme Freiheit, jetzt sollst du auch noch als schirmender Schild dienen für die Devastationen!" „Wir wissen ans der Erfahrung, daß einst sehr cultivirte Länder, wie ein Strich des nördlichen Afrikas, der südliche Theil der Türkei und Giechenland durch die Ausrottung der Wälder beinahe ganz ertragsnnfähig geworden sind; ja man braucht gar nicht so weit znrnckzugrcifen, so wird man sehen, daß in den letzten I5l) Jahren Spanien, Tirol, der nördliche Theil von Venetien und der Karst durch thre Entforstungen ihre Productivität bei¬ nahe ganz cinbllßten und dafür von verheerenden Ucbcrsckwem- mungcn heimgesucht wurden, welche den Rest des culturfähigen Bodens mit sich fortschwemmtcn und die Bewohner, ob schuldig oder unschuldig an der Ausrottung der Wälder, um ihr Hab und Gut brachten." „Es ist vernunftwidrig zu glauben, daß die Beschränkung der Devastation eine Beschränkung der bürgerlichen Freiheit oder des freien Willens sei, sie ist einzig und allein die Beschränkung der Willkür. Denn mit dem Rechte, einen Wald zu erwerben oder zu besitzen, ergibt sich auch die Pflicht, durch Ausübung meines Rechtes meinen Nebenmcnschen oder die Gesellschaft im allgemeinen nicht zn beschädigen. Durch die.Devastation der Wäl¬ der in ganzen Gebirgsstrecken wird aber sowohl der einzelne als auch die Gesellschaft beschädigt, denn durch die Ausrottung der¬ selben werden die klimatische» Verhältnisse auf einem weiten Ranm ganz umgcstiirzt; ferners wird dem einzelnen die Erhal- — 24 — tung, geschweige denn die Aufforstung seines Waldes durch die eiittretendm Abschwemmungen des Humus ganz unmöglich ge¬ macht, und endlich wird das in den Thälcrn und Ebenen gele¬ gene Eigeuthnm beschädigt und schliesslich vernichtet durch die Ueberschwcmmungen, eine traurige Folge des Mangels an Wäl¬ dern , die früher den größten Theil der Regengüsse aufsaugteu und das schnelle Hcrabfließe» des Regcnmassers verhinderten." „Es ist traurig genug, daß cs Leute gibt, die aus der Er¬ fahrung von Jahrhundericn nicht klug werden, aber noch trauri¬ ger ist cS, zu vernehmen, daß es möglich ist, daß in Mitte eines landwirthschaftlichen Vereines, der eben dircot berufen ist, die volkswirthschastlichcn Interessen zu vertreten, sich Stimmen erhe¬ ben können gegen den Farstschutz." Schließlich erlaube ich mir noch auf die Nummer 11 des „Laibacher Tagblattes" vom 15. Jauner und die darin enthaltene Originalcorrespondenz aus Krain- burg aufmerksam zu machen, wo über Walddevastatiouen uud den Mangel an Forstschutz bitter geklagt wird. Ich habe der Journalstimmeu aus dem Grunde erwähnt, um zu zeigen, daß die „bekannte und stets be¬ reite Opposition" auch in dieser Frage nicht so isolirt stehe, als man durch ähnliche Artikel wie jener in Nr. 3 des „Triglav" der Welt weiß zu machen sich bestrebt. Wie Göthe zwischen einer zerstörenden und einer productiven Kritik unterscheidet, so möchte ich denselben Unterschied auf die Opposition anwcnden. Die echte Opposition ist das belebende, befruch¬ tende Element im Getriebe der modernen Staatömaschine. So wie reifend der Kern hervortritt aus der welkenden Schale, so schält aus dem Couflict der Meinungen wie von selbst das Gehaltvolle, das Haltbare sich los; aus dem Widerstcite der Parteien bricht endlich doch siegreich das Wahre, das Gute hervor ans Licht des Tages. Jene Opposition hingegen, die sich einfach auf trockene Negationen stützt, ist hemmend und unfruchtbar, sie ist — zerstörend. — 25 — Oesterreich aber ist ein Staat, in dem cs mehr als irgendwo dringend noththnt, uner¬ müdet zu schaffen. Also nicht zerstören, nicht „vernichten" wollen wir unsere Wälder, son¬ dern schützen und pflegen die Forste, diese ewigen Burgen Gottes! Landstraß, im Jänner 1869.