Christian Fandrych, Maria Thurmair: Textsorten im Deutschen. Linguistische Analysen aus sprachdidaktischer Sicht. Tübingen: Stauffenburg. 2011. 379 S. ISBN 9783860571958. Das vorliegende Buch ist eine didaktisch orientierte texgrammatische Untersuchung, die anhand eines nach unterschiedlichen Kriterien ausgewählten Korpus die spezifische Anwendung sprachlicher Mittel in zwanzig Textsorten der deutschen Gegenwartssprache analysiert. Dem Vorwort und dem einführenden theoretischen Kapitel mit Angaben zur Konzeption und zum Ansatz der Studie folgen zwanzig Kapitel zu je einer Textsorte. Im abschließenden Kapitel werden linguistische und didaktische Erträge und Perspektiven zusammengefasst. Am Schluss stehen ein repräsentatives Literaturverzeichnis und ein Stichwortregister, das in Kombination mit dem übersichtlich gegliederten Inhaltsverzeichnis die Suche nach einschlägigen Themen erleichtert. Die einzelnen Kapitel weisen einen einheitlichen Aufbau auf. Ausgegangen wird von der Kommunikationssituation und der Textfunktion, um über die Analyse der jeweiligen Textsortenstruktur zu den textsortenspezifischen sprachlichen Merkmalen überzugehen. Angewandt wird eine Top-down-Perspektive, die die Verwendung von spezifischen sprachlichen Mitteln aus ihrer Einbettung in die übergeordneten Kategorien Tätigkeitsbereich und Kommunikationsintention ableitet. Die traditionelle Auffassung von Mündlichkeit und Schriftlichkeit wird außerdem durch die Unterscheidung von medialer und konzeptioneller Mündlichkeit bzw. Schriftlichkeit differenziert („Nähesprache" und „Distanzsprache") (17), was in den Analysen als eines der entscheidenden Kriterien für die Beurteilung der Angemessenheit der Sprachverwendung berücksichtigt wird. Dabei wird auch den Kombinationsvarianten Rechnung getragen, die durch neue elektronische Medien entstehen. Eingangs wird bei jeder für die Analyse ausgewählten Textsorte auch angeführt, welche Textsorten als verwandt betrachtet werden können bzw. welche Abgrenzungskriterien dabei gelten (z.B. Arztfragebogen vs. Formular). Es wird auf die funktionale Bündelung von Textsorten aufgrund unterschiedlicher Merkmale hingewiesen. So stellen die ausgewählten zwanzig Textsorten keine geschlossene Textsortenreihe dar, sondern ein offenes System, das im Hinblick auf Übergangsphänomene, unter Anwendung der praktizierten Analysemethode, zu weiteren Forschungen anregt. In einer derartigen Studie kann man nicht einige theoretische, vor allem auch terminologische Fragen umgehen. An erster Stelle steht hier wohl das Problem der Texttypologie. Berührt wird der Begriff der „Hierarchisierung innerhalb eines Textsortenmodells" (13) (Textklasse, Texttyp, Textart, Textmuster). Sinnvoll scheint auch die Verwendung des Begriffs „Kommunikationsform" (25), die im Schnittpunkt zwischen funktionaler und medialer Varietät angesiedelt scheint (Werbebrief, Beschwerdebrief; Arztfragebogen, Fragebogen als Klasse). Bemerkenswert ist auch die Einführung der Begriffe „globale Textsorte" und „Textgesamtverbund", etwa im Zusammenhang mit der Textsorte Anzeige (14). Das Anliegen des Autors und der Autorin besteht jedoch nicht in erster Linie darin, diesen theoretischen Fragestellungen nachzugehen, sondern vielmehr, als Reaktion auf ein Desiderat der textgrammatischen Forschung, die einzelnen Textsorten auf empirischer Basis und in funktionaler Hinsicht mit Bezug auf den Einsatz typischer sprachlicher Mittel zu didaktisieren. Das Buch untersucht recht unterschiedliche Textsorten. Diese Vielfalt rührt von der Berücksichtigung verschiedener sprachsystematischer und pragmatischer Faktoren her, unter anderem der Kommunikationssituation und der Medialität, der Textfunktionen und der davon abhängigen sprachlichen Ausgestaltung, und nicht zuletzt der didaktischen Perspektive, welche die rezeptive und produktive Textsortenrelevanz sowie ihre kontrastive und kulturelle Dimension einschließt. In dieser Menge von Textsorten aufgrund einer breit angelegten Systematik kommen auch Textsorten vor, die als „modern" (23) angesehen werden (z.B. Audioguide). Jede der zwanzig Textsortenanalysen stützt sich ihrerseits auf ein repräsentatives Korpus. Die einzelnen Textsorten sollen im Folgenden, dem Buchkonzept folgend, zusammenfassend umrissen werden. Im ersten Unterkapitel werden Vorstellungstexte behandelt. Es geht um eine Fülle von dazugehörigen Textsorten mit zentraler wissensbereitstellender Funktion, die aufgrund verschiedener Kriterien ausdifferenziert werden kann. Oft bilden diese, in größere Kommunikationszusammenhänge eingebetteten Texte komplexe Geflechte (Textverbünde, Diskurse). Es wird auf die große Bandbreite rhetorischer Strategien aufmerksam gemacht, deren sich eine Person zu bedienen hat, wenn sie die „schwierige kommunikative Aufgabe" (41), sich selbst in gutem Licht darzustellen, bewältigen will. Diese Strategien, die im Dienste einer phatischen und appellativ-werbenden Nebenfunktion stehen und sich auf das gesamte Spektrum der im Sprachsystem angelegten Ausdrucksmittel beziehen, werden an konkreten Textauszügen demonstriert. Aufschlussreich ist auch die als Sonderfall angehängte diskursive Erarbeitung einer Vorstellung anlässlich einer Partner-Such-Sendung im Hörfunk. Einzelne Sprachhandlungen (z.B. Fragetypen) werden detailliert analysiert, auch im Hinblick auf die Mehr-fachadressiertheit und der damit verbundenen Aufhebung der Anonymität. Reiseführer werden als typische Großtexte präsentiert, die aus nicht autonomen Subtextsorten bestehen, weil sie erst zusammen ein Funktionsganzes bilden. Diese Subtextsorten sind Orientierungstexte und Besichtigungstexte (mit dominant informierender Funktion) sowie Ratgebertexte und Hintergrundtexte (in denen die informative Textfunktion von der instruktiven überlagert ist). Den Grundfunktionen einzelner Subtextsorten entsprechen die verwendeten Sprachmittel. In Orientierungstexten, die hauptsächlich Attraktionen herauszuheben haben, und in Besichtigungstexten, die Weg- und Objektbeschreibungen nahekommen (Nähe zu Audioguides), überwiegen Attribute und deren Sonderform Appositionen. Es handelt sich nicht nur um (häufig superlativische) adjektivische Attribute, sondern auch um pränukleare und postnukleare Attributerweiterungen. Wertende Substantive und adjektivische Prädikativkonstruktionen gehören ebenfalls nicht selten zum Kern der Aussagen. Eine wichtige Rolle spielt auch die Orientierung und Perspektivierung im Raum, besonders mithilfe deiktischer Ausdrücke, die einen gemeinsamen Origo-Aus-gangspunkt der Produzenten und Rezipienten voraussetzen und somit sprachliche Ökonomisierung ermöglichen. Typisch für diese Textsorte sind auch die Auflockerung durch sprachliche Exkurse und in den Fließtext integrierte visuelle Mittel, die der Heterogenität der Zielgruppe gerecht zu werden suchen. Als dritte Textsorte im Korpus werden Audioguides als Texte der Kunstkommunikation unter die Lupe genommen, die in Audioguide-Führungen einen lebenden Führer ersetzen sollen. Fachsprachlich geprägt, werden sie hauptsächlich als schriftkonstituierte Textsorten mündlich realisiert, womit besondere Spezifika verbunden sind. Neben der dominanten informativen Textfunktion haben sie auch noch eine didaktische Funktion, die sich in den Teilhandlungen (dem mit dem Erzählen verwo-benen) Beschreiben, Deuten, Erläutern und Bewerten niederschlagen. Vor dem Hintergrund der Hörererwartung spielen vor allem die folgenden sprachlichen Ausdrucksmittel eine zentrale Rolle: Attribute, Tempusgebrauch, deiktische Elemente zur räumlichen Orientierung, Referenzmittel des direkten Adressatenbezuges, rhetorische Fragen und Negationen („Erwartungsstopp", 85). Lexikonartikel sind zwar in Lexika als Textverbünde integriert. Diese werden jedoch nicht als Großtextsorte aufgefasst wie etwa der Reiseführer, sondern der Lexikonartikel wird als autonome Textsorte verstanden, weil er als abgeschlossene kommunikative Einheit punktuell rezipiert wird. Lexikonartikel sind nach Fandrych und Thurmair „Fachtextsorten, die auf kondensierte Art als gesichert angesehene Fach- bzw. Sachinformation zu einem Stichwort angeben" (89). Kulturspezifisch wird mit der romanischen Tradition (Dreiteilung) verglichen, die Unterschiede zur Wiki-pedia und zum „Aktuellen Lexikon" (104) werden herausgearbeitet. Mediale und konzeptionelle Schriftlichkeit in klassischen Lexikonartikeln bedingen auch die Textstruktur (obligatorische und fakultative Texteinheiten bzw. Mikrotexte) und die Verwendung von Ausdrucksmitteln. Hauptsächlich definitorisch angesetzte Lemmata (genus proximum und differentia specifica) zeichnen sich aus durch Vermeidung von Pronomina in Referenzketten, sprachliche Verdichtung (verschiedene Formen des Nominalstils), Kürzungen (Majuskel-Initiale des Stichworts) und hohe Frequenz des Passivs für die Präsentierung des als „überindividuell" und „unstrittig" geltenden „Wissenssubstrats" (113), außerdem durch Variation der Vorfeldbesetzung, durch wenig Konnektoren, jedoch häufige Parenthesen und Ellipsen. Leserbriefe werden in Fandrych/Thurmair als reaktive Texte vorgestellt, die meist kritische Stellungnahme zu Zeitungstexten aller Art nehmen können und mehrfach adressiert sind. Sie bestehen grundsätzlich aus drei Textschritten: dem Themenbezug, der Entfaltung des eigenen Standpunktes und dem Fazit. In diesem kommt die Schlussfolgerung zum Ausdruck, in der mit Hilfe von Argumentationsstrategien die eigene Position zu einem Thema oder Problem entwickelt wird. Diese Strategien werden an einzelnen Belegen und an einer exemplarischen textlinguistischen Analyse demonstriert. Als Basis gilt die meist stark emotional gefärbte Präsentierung eigener Erfahrungen als Verallgemeinerungsmodell. Anschaulich werden sprachliche Ausdrucksmittel aufgeführt, die argumentativ verwendet werden: Konnektoren, wie z.B. mehrteilige konzessive Konjunktionen (zwar - aber), adversative Konjunktionen und Konjunktionaladverbien (doch), konsekutives daher, rhetorische Fragen, Überindivi- dualität signalisierende Pronomina, a/s-Appositionen, Nominalphrasen, Passiv und Passiversatzformen, Modalpartikeln, Modalwörter, Modalverben und Konjunktiv. Obwohl aus vielen Diskussionsbeiträgen als Teiltexten bestehend, werden Diskussionsforen in Fandrych/Thurmair logischerweise als eine Textsorte betrachtet, die durch den Auf- und Ausbau des Internets aufgekommen ist und zwischen (der kon-zeptuellen) Mündlichkeit und Schriftlichkeit angesiedelt ist. Sie ist durch einen hohen Grad der Responsivität gekennzeichnet. Durch Pseudonyme (Nicknames) gesicherte Anonymität („maskenartiges Verstellen", 138) begünstigt eine ungehemmte Ausdrucksweise. Im Dienste der bewertenden, argumentativen und phatischen Textfunktion der Diskussionsforen (letztere findet man auch in Chats), stehen auch die sprachlichen Handlungen und die diese realisierenden sprachlichen Ausdruckmittel. In der auf Präsuppositionen zurückgehenden, „stark rhematisch orientierte/n/ kom-munikative/n/ Ausrichtung" (145) findet man eine Bandbreite von distanzsprachlichen und nähesprachlichen Formen vor: Diskurspartikeln, Adjazenzellipsen, Personaldeixis, Varietätenwechsel, Adressieren, Zitieren und Abweichungen von der orthographischen Norm. Studienbewertungen gehören nach Fandrych/Thurmair zu einer größeren Gruppe von Textsorten mit dominanter bewertender Funktion. Bei Studienbewertungen ist die Studiensituation - anders als bei vergleichbaren Rezensionen und Gutachten -noch nicht vollendet (Möglichkeit der Handlungsvorschläge). Zu den sog. Bewertungstexten werden aber auch noch andere Textsorten gezählt, solche, die Produkte des Kulturbetriebs und Kunstereignisse zum Gegenstand haben sowie Expertisen, Schadensgutachten u.a.m. Bewertungstexte sind funktional gesehen gleichermaßen informativ und bewertend. An mehreren Formulierungen und Textauszügen werden im vorliegenden Buch typische sprachliche Mittel, die die oben genannten Funktionen der Studienbewertungen umsetzen, präsentiert: Lexik der Bewertung, De-Agentivierung in Passivkonstruktionen und der Konjunktiv für die Angabe der „bessere/n/ Alternative" (161). Wetterberichte werden als formal vielfach visuell unterstützte Textsorte mit dominant informativer, aber auch latent instruktiver kommunikativer Funktion dargestellt. Sie kommen in verschiedenen Medien vor. Auch mündlich realisierte Wetterberichte sind schriftkonstituiert, die einzige Spur des Nähesprachlichen ist in der z.T. mit phati-scher Funktion verbundenen Emotionalisierung und Personalisierung zu finden. In der DaF-Perspektive sind Wetterberichte relevant, weil sie eine typische rezeptive Textsorte sind, die über die thematisch bestimmte Hörererwartung die Hörverstehenskompetenz der Rezipienten fördert. Typische sprachliche Mittel sind rhematische Zuordnungen zu thematischen Setzungen über elliptische oder kopulative Prädikationen, der Komparativ, wenige Kohäsionsmittel, viele Kollokationen und meteorologische Termini. Horoskope sind nach Fandrych/Thurmair stark strukturierte Texte, in denen (meist) anonyme Autoren einem breit gefächerten Rezipientenspektrum Wissen über die Zukunft bereitstellen (konstatierend-assertive Textfunktion) und daran Handlungsangebote anschließen (instruktive Funktion). Voraussagen müssen demnach sehr allgemein formuliert sein und Unangenehmes nach Möglichkeit meiden. An ei- nigen Textbelegen wird im vorliegenden Buch erläutert, welche sprachlichen Handlungen und Mittel diesen Textfunktionen gerecht werden: Phraseologismen schaffen einerseits Nähe zum Leser und erlauben es zugleich, vage zu referieren. Bei den Tempusformen fällt vor allem die Verwendung des Futur I ins Auge, das die in der Zukunft liegenden Ereignisse als mehr oder weniger gewiss markiert. Bedienungsanleitungen sind fachliche, meist schriftliche Texte, deren asymmetrische Kommunikationskonstellation aus einem Wissensvorsprung des Autoren hervorgeht. Ihre primär instruktive Funktion schlägt sich in ihrer starken Strukturierung (ikonische Verbindung zwischen Textprogression und den zu vollziehenden Handlungsschritten) und der sprachlichen Ausgestaltung nieder: direkte Aufforderungen, Verdichtung durch Nominalisierungen, lokale Verweise in der Text-Bild-Beziehung. Ordnungen mit einer (häufig vermittels Paragraphen) stark durchgegliederten Textstruktur haben bindenden Charakter (dominante reglementierend-direktive Textfunktion mit drohenden Konsequenzen) und „stehen ... zwischen den Polen der juristischen Fachsprache und der Gemeinsprache" (195). Ein manifestes Autoritätsgefälle kann zu „negative-face-Bedrohung" (202) führen, was „ein auch kontrastiv schwieriges Thema" (205) darstellt. Deshalb kombinieren sich mit den die direktive Textfunktion realisierenden Sprachhandlungen andere, abmildernde Verfahren mit obligativem (kommissivem), instruktivem, begründendem, emfehlendem, rechtfertigendem, ap-pellativ-persuasivem, versprechendem, permissivem, suggestivem Charakter, je nach dem jeweiligen Adressatenkreis (z.B. Studentenwohnheim, Zoo, Bibliothek). Dass dieser Vielfalt nur ein reiches Spektrum an sprachlichen Mitteln aus dem semantischen Feld der Handlungsverpflichtung entsprechen kann, wird an vielen Textbelegen illustrativ dargstellt. Arztfragebogen als standardisierte und personenbezogene Textsorte haben eine appellative und reglementierend-kontrollierende Funktion und, nachdem sie von Adressaten ausgefüllt worden sind (inhaltliche Vollständigkeit), eine konstatierend-assertierende Funktion. Die prototypischen Fragehandlungen werden in der Regel ökonomisch formuliert (keine expliziten Fragen). Auch das wird in der vorliegenden Studie aufgrund eines umfangreichen Korpus von Arztfragebogen dokumentiert. Beschwerden und Reklamationen (letztere mit einem höheren Verbindlichkeitsgrad) kommen hauptsächlich als schriftliche Texte vor und sind nach Fandrych/Thur-mair immer noch ein Desiderat der textgrammatischen Forschung. Mit ihrer Hilfe wird versucht, appellativ die Wiedergutmachung eines Verstoßes gegen allgemein gültige Verhaltensnormen oder eine korrektive Handlung (Reklamationen) vom Adressaten einzufordern. Textstrukturell steht dem Beschwerdeschreiben als Gegenstück ein Antwortschreiben gegenüber, in dem die zuständige Institution obligativ-phatisch die Kompensationsleistung in Aussicht stellt oder verweigert. Narrative und argumentative Textschritte werden im Werk an gut ausgewählten Textexemplaren erläutert. Ähnlich wie in Ordnungen kommt es darauf an, dass der an sich prekäre konfliktäre Sprachkontakt zwischen Produzent und Adressat angemessen ausformuliert wird („gesichtsbedrohende Handlungen", 235). Hierzu werden abschwächende Sprachmittel der Indirektheitsstrategie (z.B. Fragesätze) eingesetzt. Hingewiesen wird auch auf didaktisch relevante interkulturelle Aspekte (Deutschland, England, USA, Japan). Die Textsorte Anzeige ist ein Begriff, der „recht unterschiedliche Textsorten" (239) mit dominant wissensbezogener, informativer Funktion umfasst, mit denen in der öffentlichen bzw. halböffentlichen Kommunikation über Ereignisse (z.B. Familienanzeigen) und Objekte (z.B. Kaufangebot) informiert wird. Subsidiäre (latente) Textfunktionen sind daher mit der expressiven, phatischen, appellativen, werbenden sowie persuasiven Intention (Werbeanzeigen als Sonderart) verbunden. Anzeigen sind einerseits stark strukturiert und formelhaft, die einzelnen (personenbezogenen) Anzeigetypen (z.B. Familienanzeigen, Kontaktanzeigen) weisen hingegen Durchbrechungen der Prototypizität auf. Diese der Selbstdarstellung dienenden funktionalen Abweichungen eröffnen einen Spielraum für individuelle sprachliche Kreativität, die sich in vielfältigen Mustervariationen manifestiert. Der diskursive Charakter der Anzeigen spiegelt sich in erwarteten Zuschriften wider. An ausgewählten Immobilienanzeigen werden deren Textstruktur und die textspezifischen sprachlichen Merkmale analysiert. Abschließend wird auf medial bedingte Veränderungen der sprachlichen Form von Immobilienanzeigen eingegangen. Kummerkasten und Gewissensfragen sind zweigeteilte beratende Texte, die auf Antworten einer Autorität ausgerichtet sind: auf einen Handlungsplan für eine spezifische persönliche Problemlösung bzw. auf eine moralisch-ethische Beurteilung der Handelns des Ratsuchenden (beratend-moralisierende Textfunktion). An verschiedenen Textexemplaren werden morphosyntaktische sprachliche Merkmale dieser Textsorten analysiert (z.B. textuelle Rolle der Tempusformen, thematische und rhematische Pronominalisierung). Auf die spezifische Rolle der Internetforen mit ähnlichen Funktionen wird aufmerksam gemacht. Tagebücher bestehen aus Einträgen (als Teiltexten) einer Person, die sich auf verschiedene Themen beziehen können, hauptsächlich aber, als persönliches Tagebuch im Eigenbezug, der expressiven Sinnfindung und dem Reflektieren des eigenen Erlebten dienen. Sie weisen eine explizite (oder implizite) chronologische Textarchitektur auf, deren Kohärenz durch die Identität des Autors gesichert ist. Die Spontaneität dieser Textsorte findet ihren Niederschlag auch in typischen sprachlichen Handlungen und Merkmalen, die in der Regel stark emotional gefärbt sind. Im vorliegenden Buch wird ein elliptischer Tagebuchtext tabellarisch präsentiert und es wird kommentiert, wie das Aufrufen von Handlungsszenarien die syntaktische Raffung begünstigt und nur rhematische Informationen verbalisieren lässt. Didaktisch interessant ist die Analyse von Lernertagebüchern, in medialer Hinsicht sind die Rückmeldungsmöglichkeiten und die hypertextuellen Einbindungen in Weblogs zu erwähnen. Chats befinden sich als Textsorte „im Kontinuum zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit" (284). Die medial schriftliche Kommunikation ist konzeptuell schriftlich, jedoch auch von Merkmalen der Mündlichkeit begleitet. Aus dieser Charakteristik und aus der Unterscheidung von moderierten und unmoderierten Chats lassen sich mit Fandrych/Thurmair auch ihre textfunktionalen und textstrukturellen Besonderheiten ableiten. Die Aufsplitterung kommunikativer Beiträge und parallele Entwick- lungen mehrerer Themen erfordern eine rasche Rezeptionsreaktion und selektives Lesen, damit die häufig zu inferierende Kohärenz eines thematischen Stranges aufrechterhalten wird. Es können sich Online-Gemeinschaften bilden. An einer konkreten Textanalyse wird deutlich gemacht, welche - auch interkulturell bedingten - Verkomplizierungen in einem vielstimmigen interaktiven Ereignis aufkommen können. Es werden Parameter aufgezeigt, die aus der Überlagerung der geschriebenen Sprache durch die konzeptuelle Mündlichkeit hervorgehen und die sprachliche Spezifik der Chatkommunikation prägen, u.a. Pseudonyme, Smileys und Akronyme, nähesprachliche Formen, von denen vor allem umgangssprachliche Lexik, Duzen, Verletzungen orthographischer und grammatischer Normen (Ellipsenanfälligkeit) sowie emotional geprägte metakommunikative Kommentare zum eigenen Handeln auffallen. Kondolenztexte haben eine expressiv-phatische Funktion, indem der Autor bzw. die Autorin im privaten oder institutionellen Rahmen ihre Anteilnahme und Empathie für die Adressaten als Reaktion auf außergewöhnliche tragische Ereignisse zum Ausdruck bringen. Diese bevorzugt im schriftlichen Medium produzierte Textsorte unterliegt Konventionen und weist relativ starke Formelhaftigkeit auf (mit Ausnahme der digitalen Kondolenztexte). In einer exemplarischen Analyse zweier Kondolenzschreiben werden im Buch die vier prototypischen Textschritte kommentiert, in Zusammenhang damit werden die textsortespezifischen sprachlichen Merkmale hinterfragt (etwa der Konjunktiv I im Textschritt Wünsche oder das Futur im Textschritt Würdigung). Mit den Kondolenztexten haben die in ihrer Entwicklung ebenfalls kulturhistorisch geprägten Glückwunschtexte gemeinsam, dass sie die Textproduzenten an Emotionen der Rezipienten anlässlich der für diese außergewöhnlichen Ereignisse, die allerdings positiv sind und deren Anlass nicht öffentlich kommuniziert werden muss, partizipieren lassen und somit sowohl die expressive als auch die phatische Funktion erfüllen. Sie sind außerdem genauso wie die Kondolenztexte stark konventionalisiert (obligatorische und fakultative Textschritte) und zur Sicherung der unzweifelhaften Performativität (bis auf den Textschritt Würdigung) streng formelhaft. Sie weisen jedoch auch die sog. „verschobene" (319) Textfunktion auf, bei der die primäre expres-siv-phatische Funktion von einer sekundären wissensbereitstellenden (politischer Diskurs) oder werbenden (Promotionsabsichten) Funktion überlagert wird. Als letztes werden sprachspielerische Kurzformen präsentiert, nach Fandrych/Thur-mair ein Texttyp, dem Exemplare unterschiedlicher kleinerer Textsorten (z.B. Witz, poetische Gattungen, Sprüche) mit verschiedenen kommunikativen Funktionen wie unterhaltend-spielerischer, expressiver, poetisch-ästhetischer, kontaktiver, manchmal auch appellativer Funktion angehören. Das sind fiktional geprägte, „(sprach-)kreative" (320) Texte, die meist aufgrund verschiedener Ambiguitäten nicht selten einen komischen Effekt hervorrufen, durch Verletzungen der Normen zur Sprachreflexion anregen und somit eine große auch fremdsprachendidaktische Relevanz besitzen. Das spezifische, intendierte oder nicht-intendierte kommunikative Verfahren Sprachspiel, das diesen Texten zugrunde liegt, kann auf unterschiedlichen sprachlichen Ebenen (phonetisch, orthographisch, morphosyntaktisch, semantisch, stilistisch, pragmatisch) erzielt werden. Verwendete sprachliche Merkmale zeichnen sich durch eine nahezu unbegrenzte Variabilität aus und sind auch rezeptiv von Bedeutung (etwa auf die Pointe abzielende konventionell strukturierte Rezeptionssteuerung in Witzen; Diskursivität von Graffiti). Das besprochene Buch ist exakt und konzis konzipiert und auch dank klarer Terminologie verständlich geschrieben. Überzeugend ist darin das Postulat, sowohl die morphosyntaktischen als auch die textgrammatischen Themen nicht in traditioneller Weise aufgrund ähnlicher Bedeutungen durch „ die üblichen kontext-, situations- und textsortenfreien Umformungsübungen" einzuüben, die sich aus beliebig gewählten Texten als „Reservoirs" (352) für verschiedene Strukturen speisen, sondern in ihrer funktionalen Textsortenabhängigkeit empirisch zu hinterfragen. Ansätze zu einer solchen Darstellung von kommunikativer und funktionaler Eingespanntheit von sprachlichen Mitteln finden sich auch schon in anderen Werken (z.B. Schmidt W. et al., Funktional-kommunikative Sprachbeschreibung, Leipzig 1981), im vorliegenden Buch ist diese Herangehensweise jedoch tiefer greifend und komplexer erarbeitet. Dadurch eröffnet es als eine Art Herausforderung das Forschungspotential, sich auf umgekehrtem Weg, in einer Bottom-up-Perspektive, an „eine Grammatik an Textsorten" (23) zu wagen. Die linguistischen Analysen „Textsorten im Deutschen" von Christian Fandrych und Maria Thurmair sind nützlich für jeden deutschen Muttersprachler und unentbehrlich für jeden, der seine nicht-muttersprachliche Kompetenz perfektionieren will. Stojan Bracic Universität Ljubljana