lillllll ji Wtlic> 112420 Inhalt Leitende Artikel: Eine öffentliche Speiseanstalt. — Noch einmal: Oesterreich und Deutschland. — Das katholische Kirchenregiment. — Ueber Steuerreform. — Zahresausstellung der Gartenbau- und Landwirthschafts-Gesellschaft. — Vorarbeiten für die Landtage. Korrespondenzen: Klagenfurt. — Aus dem Bezirke Hermagor. — Aus Triest. Ausgegeien am 27. Dezember 1862. Stimmen XU. Hest 1862. WM- Man bittet die Rückseite des Umschlages zu lesen Klagenfurt. Druck von Johann Leon. Herausgeber und verantwortlicher Nedacteur Andreas Eiuspieler Meiträge zur Durchführung der nationalen, religiösen und politischen Gleichberechtigung. . 112420 Einladung M Pränumeration auf die politische Zeitnng: „Stimmkll M ZnnkiMkmjch." Unabhängige und freisinnige Zeitungen an der Seite der Regierungs¬ blätter sind znr glücklichen Entwicklung eines freien Verfassungslebens unum¬ gänglich nothwendig. Sie liegen im Interesse des Volkes ebenso gut, wie im Interesse einer wahrhaft konstitutionellen Regierung. Darum verwan¬ deln wir unsere Monatschrift in eine Zeitung und lassen sie in der Woche dreimal erscheinen. Der Geist unsers Blattes ist bekannt: Gesetzlicher Ausbau der Ver¬ fassung nach allen Richtungen und in allen Zweigen des staatsbürgerlichen, kirchlichen und sozialen Lebens, größtmögliche, mit der Einheit, Kraft und Macht der Gesammtmonarchie nur immer verträgliche Selbstständigkeit Md Autonomie der Familie, der Gemeinde und des Landes, — wirkliche Gleichberechtigung jeder Person, jeder Konfession und jeder Nationalität Vor dem Gesetze, — das sind in Kürze die Grundzüge unsers Programms. An diesem Geiste werden die Leitartikel, die kritischen Beleuchtungen der politischen Ereignisse und Landtagsverhandlnngen, die aus ganz Inner- Herreich zu erwartenden Korrespondenzen und selbst das Feuilleton gehal¬ ten sein. Auch werden wir die Amts- und Intelligenzblätter in gedrängten, doch getreuen Auszügen bringen und alle üblichen Rubriken der TageS- blätter ausfüllen. Die „Stimmen aus Jnnerösterreich" erscheinen auf einem ganzen Kögen in großem Quartformat jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag Vormittags 9 Uhr, und kosten nur, in der Leon'schen Buchhand¬ lung abgeholt, für Klagenfurt, ganzjährig 10 st. — kr. „ halbjährig 5 „ — „ vierteljährig 2 „ „ monatlich — „ mit portofreier Postversendung ganzjährig " — „ halbjährig „ — . vierteljährig 3 „ — „ Für d e Zustellung in die Wohnung sind halbjährig besonders 30 kr. zu entrichten. Defizit — Staatsschuld — Steuern. (Ein Bruchstück aus einein großem, zum Drucke bereit liegenden Manuscripte des Herrn Johann Seebacher, Realitätenbesitzers bei Klagenfurt.) Das liebe, das große, das reiche Oesterreich hat em Defizit, ist nicht mehr in der Lage, seine Einnahmen und Auslagen ins Gleichgewicht zu bringen. Und dies Defizit ist keine Kleinigkeit, es streift zuweilen um die hundert Millionen Gulden herum! Es ist nur Eine Stimme: So kann, so darf es nicht bleiben. Aber was nun? Was anfangen? Ich habe nie Finanzwisscnschaft getrieben, ja ich gestehe offen, daß die Finanzfrage für mich gerade die schwächste Seite ist, — aber mein Patrio¬ tismus, meine Liebe zu Volk und Vaterland drängen mich, meine beschei¬ dene Meinung auch in dieser Beziehung offen auszusprechen. 1. Verlaßt doch auf immer die althergebrachte Finanzkunst, die uns so schwere Leiden zngezogeu hat, führt ehrliche und offene Karte, wie sie ja hoffentlich nicht mehr anders geduldet werden wird. 3. Schaffet so schnell als möglich das Defizit im Staatshaus¬ halte hinweg, weil dieses wie ein Krebsschaden den ganzen Organismus verwüstet. 3. Orgauisirt den Staatshaushalt ebenso einfach, wie der kluge Bürger in seinem Haushalte thnt, indem er genaue Rechnung hält über Einnahmen und Ausgaben und vorsichtig ist, daß letztere seine Kräfte nicht übersteigen. 4. Man enthalte sich auf das strengste aller Finanzoperationen, die darauf berechnet sind, dem Volke, ohne daß es darum weiß, das Geld aus der Tasche zu ziehen) den» das ist nicht ehrlich, trifft gegen alle Billigkeit einen Staatsbürger mehr als den andern und läßt allerhand bösen Mi߬ brauch zu. 5. Wachet noch sorgfältiger darüber, daß auch keine Finanzoperatio¬ nen stattfinden, die auf schwankenden Cours, Börsenreiterei und Agiotage basirt sind und basirt werden, weil cs eines rechtlichen Staates unwür¬ dig ist. 6. Duldet auf keine Weise und unter keinen Umständen Staats¬ papiere, die dem Courswerthe unterliegen, weil dadurch der Beeinträchti¬ gung des Volkes vollends Thür und Thor geöffnet wird, wie leider die Vergangenheit sowohl als die Gegenwart zahllose Beispiele nachweiset. 45 706 Wenn ihr meine Behauptung übertrieben findet, so geht selbst auf die Tummelplätze der Börsenreiterei, und ihr werdet erschrecken über die Phisioguomien, die euch dort begegnen. — Seht nur, wie in ihren Gesichts¬ zügen die Habsucht, List, Geiz und Schadenfreude im höchsten Grade der Leidenschaften ausgeprägt sind. -— Es sind dies diejenigen entarteten Glie¬ der der menschlichen Gesellschaft, die nicht arbeiten, sondern blos vom Ge¬ winn leben wollen, und unverschämt genug sind, dieses Treiben Handel zu nennen. Wie boshafte Spinnen spannen sie dort ihre verrätherischen Netze aus, um ihre ausersehenen Opfer zu umgarnen und ihnen das Blut aus¬ zusaugen. Und seht dort die andern, es sind dies die trostlosen Opfer dieser Geldmenschen. Sie wanken hin, ihr durch Fleiß und Arbeit erwor¬ benes Vermögen, ihre letzten Ersparnisse an diesem unreinen Orte zu ver¬ lieren, und dem Proletariate zu verfallen. Aber vollends bis zum höchsten Abscheu werden eure Empfindungen sich empören, wenn ihr nach und nach entdeckt, wie diese schwarzen Sünder, nach echter Spinnennatur, sich endlich auch gegenseitig so lange auffressen, bis zuletzt nur wenige dieser bereits sehr dickleibig gewordenen Kreaturen übrig bleiben, die wie große Kreuz¬ spinnen mit ihren gierigen Augen alles erspähen, alle Zugänge umgarnen, und dann im Wege des Einverständnisses den Conrs nach Gefallen steigen und fallen lassen können, und so ganze Völker anSzuplündern vermögen. Seht nun, das ist der Weg, auf dein endlich der Volksreichthnm nur Wenigen in die Hände fällt, während das Volk verarmt und unzählige Familien der Dürftigkeit und dem Proletariate entgcgengehen. — Fort also um jeden Preis mit allen schwankenden Staatspapieren! Die Kreuzspinnen werden schon selbst gehen, wenn sie keinen Leichengernch mehr wittern. 7. Wachet endlich sorgfältig, daß man ans Ersparungen im Staats¬ haushalte ernstlich Bedacht nehme, weil man, was dabei zu ersparen mög¬ lich ist, nicht zu verdienen braucht oder deutlicher bezeichnet, dem Volke nicht aus der Haut schneiden muß. Für diesen guten Zweck werdet ihr auch bald Mittel finden, wenn ihr vorurtheilsfrei Umschau halten wollet. Seht dort die großen Besoldungen hochgestellter Personen in allen Branchen; dort die ungeheueren, Millionen verschlingenden Armeen — dort die unnöthig pensionirten Diener, dort das Heer von Beamten. Vermin¬ dert durch einen vernünftig eingerichteten Geschäftsgang die unnütze Viel¬ schreiberei, und man wird weniger Beamte brauchen. Aber bedenkt auch wohl, daß zwischen der Reduction der Armee und der Beamten ein him¬ melweiter Unterschied ist; denn von jener laufen, wenn es erlaubt wird, neun Zehntel nach dem heimatlichen Boden und finden Brod, während der ver¬ stoßene Beamte der Verzweiflung Preis gegeben wäre. Seid daher ge¬ wissenhaft, und werfet die entbehrlichen Beamten nicht dem Proletariate in den Rachen. Ueberlaßt vielmehr die traurige Nothwendigkeit des Reductions-Geschäftes dem zerstörenden Gesetze der Natur — dem Tode, der ja ohnehin mit unerbittlicher Strenge alljährlich so viel Opfer fordert, daß die Ausgleichung bald herbeigeführt sein wird. Wenn wir weiter sehen. 707 kommen wir auf die Gesandten, die auch eine bedeutende Rubrik in den Ausgaben ausmachen, reduzirt sie auf das Nothwendigste, und durch Um¬ schau und Wachen entdeckt mau so manche Zweige, wo namhafte Erspar¬ nisse ohne die geringste Störung erzielt werden könnten. 8. Endlich aber und vorzüglich treibt nach Innen und Außen eine glück¬ liche Politik, welche geeignet ist, im Innern sich die Zufriedenheit und Liebe aller österreichischen Völker, im Auslande aber Ansehen nnd Gel¬ tung unseres Großstaates zu verschaffen. Mögen unsere Staatsmänner nie vergessen, daß unsere Finanzfrage zum größten Theile eine politische Frage ist. Unser Defizit 60—100 Millionen, und erst unsere Staatsschuld. Sie beträgt nun nahe an 3000 Millionen Gulden! Wie soll es möglich werden, die zu bezahlen? Ja, meine Herren, das ist die Frage. — Denken wir ein wenig nach; es gibt ja mehrere Wege, die nach Rom führen. Sollen wir einen jährlichen Steueraufschlag bewilligen, und so die endliche Tilgung in weite Ferne hinausschieben? Das geht nicht; denn da würden weit über 150 Millionen jährliche Zinsen und enorme Regiekosten mit uns aus der Schüssel essen, — es könnten in der unendlich langen Zeit auch noch andere schädliche Potenzen miteinwirken, die Zinsen hoch steigern und neue Lasten erzeugen, die wir am Ende doch alle selbst tragen müßten, — das geht also nicht. Oder sollen wir Finanz-Operationen machen, und damit eben so fahren, wie unsere seligen Herren Finanziers. Das wird doch nicht leicht Jemanden eiufallen! Nein. Oder sollen wir wieder eine neue Algebra erfinden oder probiren und reduziren? Meine Freunde! das dürfen wir nicht thun, weil ein solches Begin¬ nen des jungen, so ehrenhaft aufstrebenden Zustandes unseres Staates un¬ würdig wäre — und noch aus vielen Gründen nicht. — Wir dürfen es mit einem Worte nicht thun, weil das ehemalige geduldige Volk alten Sthles nicht mehr cpistirt. Aber was sollen wir denn thun? Zahlen, zahlen, und wieder zahlen, wie ehrliche Bürgersleute, mit Vermeidung aller Maskeraden, auf dem einfachen und kürzesten Wege. Ich stelle zu dieser Absicht nachstehenden Vorschlag zur sorgfältigen Berathung hin, und bitte um unbefangene, un¬ parteiische Erwägung desselben. Nachdem auf dem österreichischen Staate — in Folge unglücklicher Kriege und Unverantwortlichkeit seiner Finanziers, — eine ungeheure Staats¬ schuld lastet, welche wie ein unersättliches Ungeheuer an dem Marke des sonst so lebenskräftigen Landes zehrt und die völlige Verarmung seiner Völker herbeiführt; nachdem ferner alle bisherigen Versuche zur Beseitigung dieses mißlichen Zustandes zu keinem günstigen Resultate geführt — im Gegentheile die Schuldenlast nur gesteigert haben, nachdem endlich jeder vernünftige Mensch die volle Ueberzeugung erlangt hat, daß es so nicht 45* 708 mehr bleiben kann; so dürfte folgender Vorschlag von günstigem Er¬ folge sein: a. Es wäre vorerst auf das Genaueste zu erheben, wie groß die Staatsschuld sei, und wie groß im Mittlern Durchschnitt die darauf haf¬ tenden Zinsen. b. Es wäre ferner eben so sorgfältig und möglichst genau zu erhe¬ ben, wie hoch das Vermögen jedes einzelnen Staatsbürgers sich belaufe, und wie groß folglich das Gesammtvermögen aller Staatsbürger sei. — In diese allgemeine Schätzung müßte also alles Grnndeigenthnm, alle Gebäude, alle Fabriken, alle Gewerbe, also auch Kaufleute und Banquiers, alle auf Hypotheken liegenden Kapitalien (mit Ausnahme der Waisengelder und frommer Stiftungen) einbezogen werden. e. Aus der Vergleichung der beiden Summen, nämlich der Summe des staatsbürgerlichen Gesammt-Vermögens und der Summe der Staats¬ schuld wäre dann weiter zu ermitteln, wie viel Prozent des Gesammt- vermögens der Staatsschuld entspricht. 6. Ans diesen Daten wäre ferner zn berechnen, wie viel von der ganzen Staatsschuld auf das Vermögen jedes einzelnen Staatsbürgers entfalle. Wir nehmen z. B. an, die Staatsschuld sei 2000 Millionen, das staatsbürgerliche Gesammtvermögen 100.000 Millionen, so würde also die Staatsschuld 2°/g des Gesammtvermögens betragen, und somit denje¬ nigen Staatsbürger, welcher 25.000 sl. in seinem Vermögen besitzt, die Tangente von fl. 500 zur Tilgung der Staatsschuld treffen. s. Der in solcher Weise ermittelte, auf das Vermögen jedes einzel¬ nen Bürgers (Staatsbürgers) entfallende Betrag wäre demnach demselben zur Zahlung zuzuweisen. 1. Damit aber kein Staatsbürger von dieser, durch den Drang der Umstände herbeigeführten Maßregel mit augenblicklicher Verlegenheit ge¬ drängt werde, so wäre es jedem freizustellen, ob er diesen auf sein Ver¬ mögen fallenden Antheil der Staatsschuld sogleich erlegen oder in Raten abzahlen wolle, in welch letzterem Falle derselbe jedoch verpflichtet wäre, sich die Jntabulation der betreffenden Summe auf sein Vermögen gefallen zu lassen, und ebenso die Verzinsung der noch nicht bezahlten Raten, nach dem (unter s) ermittelten Zinsfüße bestreiten müßte. x. Es müßten ferner von demselben Tage an, an welchem diese Ueber- tragung der Staatsschuld auf den Staatsbürger stattgefunden hätte, die Steuern um dieselbe Summe vermindert werden, die vorher zur Zahlung der Zinsen für die Staatsschuld eingehoben worden. b. Es müßte endlich auf das Sorgfältigste darüber gewacht werden, daß die auf dem hier bezeichneten Wege zur Tilgung der Staatsschuld eingehenden Papiere augenblicklich zur Vernichtung gebracht werden. Diese offene und ehrliche Maßregel zur Tilgung der Staatsschuld würde ohne Zweifel aus jeden einsichtsvollen vernünftigen Patrioten gün¬ stig einwirken, weil er nun endlich einmal wüßte, was ihm gehöre, und weil er auch wüßte, daß man die Bezahlung der Staatsschuld, die man 709 bisher im Wege der Multiplikation hatte erwirken wollen, im Wege der Snbtraction wirklich und wahrhaft erreicht habe. — Diese Maßregel wäre aber zugleich unter allen andern die wohlfeilste, und die am wenigsten die gegenseitigen Verhältnisse im bürgerlichen Leben störende, — voraus¬ gesetzt, daß die Schätzungen des Vermögens in gewissenhafter Weise statt¬ gefunden hätten. Diese Maßregel würde augenblicklich unsere Finanzver¬ hältnisse in das schönste Geleise bringen. Aus dem Letztgesagten folgt die bereits anderswo angeführte Be¬ hauptung, daß nämlich alles Verkaufbare in einem Lande nicht mehr Werth sein könne, als alles in diesem Lande vorhandene Geld, daß also der Preis alles Verkaufbaren mit der Zu- und Abnahme jener Summe Geldes stei¬ gen oder fallen müsse. Es folgt daher ans diesem Satze unwiderleglich, daß die oben an¬ geführte Tilgungsweise der Staatsschuld die wohlfeilste sei, weil die gleichzeitig eiutreteude Verminderung der Steuer nebst dem wiedererwachen- deu Zutrauen auch Wohlfeilheit der Lebensbedürfnisse herbeiführen, und dem Staatsbürger die Abzahlung seines Staatsschnld-Antheiles erleichtern müßte. — Es folgt aber auch, daß die Störung der gegenseitigen Ver¬ hältnisse der Gesellschaft aus jedem andern Wege der Staatsschuldtilguug größer sein müßte, als auf diesem, weil bei gewissenhafter Schätzung des Vermögens alle Staatsbürger relativ auf ihr Vermögen gleichviel bezahlt hätten, und folglich in demselben Verhältniß zu einander ständen, wie vor¬ her, so zwar, daß derjenige, der vorhin zweimal so viel besessen hätte, als sein Nachbar auch dann wieder so wohlhabend bliebe. Es folgt endlick aus der vorgeschlagenen Maßregel, daß sie auch für" die regierende Gewalt selbst die sicherste und bequemste sei, weil sie von dem Augenblick der erfolgten Reparation an aller Sorgen enthoben wäre, und das Zutrauen des Volkes gewänne. Nun auch noch ein Wort von den Steuern. Die Steuern nennt man jeden Betrag, den der Staatsbürger an den Staat bezahlen muß, damit der Staat seine Bedürfnisse decken und sämmtliche Ausgaben, welche das Regierungsgeschäft erfordert, bestrei¬ ten könne. Die Bemessung der Steuern, so wie die Art und Weise ihrer Ein¬ bringung ist ohne Zweifel eine der delikatesten und schwierigsten Aufgaben der Staatsökonomie, weil sie, je nach der Wahl des Weges, der zur Be- steuruug des Volkes cingeschlagen wird, ebenso wohlthätig als nachtheilig einwirken kann, — und weil die richtige Wahl des Weges unendlich aus¬ gedehnte Bekanntschaft mit allen Verhältnissen der Gesammt-Jndnstrie des Landes und mit den Verhältnissen des eigenen Landes zu den Nachbar¬ staaten unbedingt voraussetzt. Ich maße mir nicht au, ein Steuerkünstler zu sein, aber schon meine gewerbliche Stellung bringt mich so oft mit dem Stenerwesen in Berüh¬ rung, daß ich demnach einige Worte darüber hier beifügen zu müssen glaube. 710 Man hat in verschiedenen Ländern mehrere Arten von Steuern ver¬ sucht, von welchen einige hier zur Sprache kommen mögen. Die Personalstener (Kopfsteuer) betrachtete schon der große Kaiser Josef II. als eine unwürdige Behandlung der Köpfe freier Men¬ schen, indem er von der Ansicht ausging, daß der Kopf des Staatsbürgers nicht dem Kaiser, sondern demjenigen gehöre, der die Mühe hat, denselben zwischen den Achseln herumzutragen. Mit dieser Ansicht bin ich auch gleichfalls einverstanden. b. Die Verzehrungssteuer ist, weil sie auf den unentbehrlich¬ sten Lebensbedürfnissen haftet, unter allen die drückendste, demoralisirendste, ungleichförmigste, ungerechteste, hinterlistigste und inhumanste. Die drückendste: weil zu ihrer Einhebung ein ganzes Heer von Be¬ amten und Dienern erfordert wird, deren kostspieligen Unterhalt gleichfalls das Volk zahlen muß, und weil die Kontrolle, welcher dabei das Publikum fortwährend unterzogen wird, nicht nur au und für sich dem Gewerbe in seinem Betriebe unaufhörlich störend im Wege steht, sondern auch eben so oft Neckereien aller Art herbeiführt. Die demoralisirendste: weil diese ewigen Verdrießlichkeiten auch den ehrlichsten Steuerpflichtigen endlich dahin führen, zu versuchen, ob er sich nicht durch Bestechung der Steuerbeamten Ruhe verschaffen könne. Und wenn das gelingt, so findet er bald so viel Logik, einzusehen, wie er sich schadlos halten kann. Auf solche Weise wird aber nicht nur der Staat an der einzuhebenden Steuer verkürzt, sondern es folgt daraus noch viel größerer Schaden für die Gesellschaft, weil sich der Steuerpflichtige gegen¬ über dem ehrlichen Steuerträger unverhältnismäßig bereichert und senen großen Vermögensunterschied zwischen Bürger und Bürger herbeiführt. Die ungleichförmigste, ans denselben Gründen, die eben erörtert worden sind. Die ungerechteste: weil sie auf den unentbehrlichsten Lebensbedürf¬ nissen lastet, und eben darum den Armen schwerer drückt, als den Reichen, und weil es unrecht wäre, den armen Teufel, den der liebe Gott nebst seinem Magen auch uoch mit einem halb Dutzend kleiner Mägenchen beschenkt hat, die alle gerne schmaußen, weil die Kinder gewöhn¬ lich gute Zähne haben, noch obendrein fünf und sechsmal so viel Steuern bezahlen zu lassen, als ein anderer zahlt, der kinderlos und vielleicht auch noch reich ist. Ach! wenn jede Familie nur Einen Magen hätte, und alle Mägen gleichgroße Verdaunngskraft besäßen, oder wenn die Mägen mit dem Einkommen wüchsen, dann wäre die Sache iu der Ordnung. Nachdem es mm aber nicht so ist, fort mit der Verzehrungssteuer, weil sie einen der mächtigsten Hebel zur Vermehrung des Proletariates vor unsere Augen stellt. Die hinterlistigste: weil sie so maSkirt ist, daß es der gemeine Mann gar nicht merkt, wann und wie er sie bezahlt hat, und gegen Bäcker, Wirth und Fleischer wüthet, welche die geheime Steuer ost gleichfalls 711 unwissend bereits bezahlt haben, und die man daher nicht ohne Grund die geheime Abzchrnngsstener nennen könnte. Die inhumanste endlich ist sie: weil sie viele Menschen, besonders ihren eigenen Diener, den Lockungen der Verführung aussetzt. e. Die Einkommensteuer, möge das Einkommen wo immer her¬ bezogen werden, halte ich für die gerechteste und billigste: weil, wer mehr hat, und im Lande also mehr genießt, billigerweise mehr zahlen soll, als der Andere, der weniger hat. Besonders empfehlenswert!) ist aber, daß inan die Zutheilnng dieser Steuer erst bei jenen Staatsbürgern beginne, die etwas mehr Einkommen besitzen, als gerade nur zur Befriedigung der allerdriugendsten Lebensbedürfnisse erforderlich ist, und zwar aus zwei Gründen — erstens aus Nächstenliebe, zweitens, weil dort, wo nichts ist, der Kaiser auch das Recht verloren hat. ck. Die Grnudsteuer halte ich nicht nur neben der Einkommensteuer für gerecht, sondern sogar für nothwendig, und es herrscht darüber die allge¬ meine Ansicht, nämlich daß mau zwar die Besteurung des Bodens, und zwar näher bezeichnet, der Erdoberfläche nie zu hoch treibeu dürfe, weil sie sodami in die Verzehrungssteuer ausarten, und der bürgerlichen Gesell¬ schaft die Lebensbedürfnisse vertheuern würde, daß aber auch kein Boden unbesteuert gelassen werden soll, damit derjenige, der etwa Lust hätte, seinen Boden znm Nachthelle der Bevölkerung unbenutzt liegen zu lassen, gezwungen wird, diesen Boden einem andern zu überlassen, der ihn zu bearbeiten geneigt ist. Dieser Ansicht bin ich ans Gründen der Huma¬ nität, weil ich der Meinung bin, daß die in der Zeit lebenden Menschen mit ihren dringendsten Bedürfnissen ans den in derselben Zeit schlecht oder- gar nicht benutzten Boden von der Natur angewiesen sind, daß folglich, wer diesen Solo-Wechsel nicht respectirt, auf der himmlischen Börse für wechselunfähig erklärt zu werden verdient. v. Der AuSsnhr-Zoll kann nur nachtheilig wirken, wenn er die Aus¬ fuhr des Ueberflnsses solcher Landes-Erzeugnisse belastet, die das Nachbar¬ land nicht selbst besitzt und auch nicht von andern Orten beziehen kann. Er kann aber auch sehr vortheilhaft wirken, wenn er die Ausfuhr solcher Erzeugnisse stärker belastet, deren Ausfuhr dem Lande selbst nachtheilig werden könnte. Der Einfuhr-Zoll kann sehr nachtheilig wirken, wenn er ans Erzeug¬ nisse gelegt wird, die im Jnlandc gar nicht, schlechter oder thenrer erzeugt werden, die aber gleichwohl zur Erzeugung anderer Fabrikate nothwendig sind, weil sodann die Erzeugung dieser letztern dermaßen verthenert würde, daß man diese, obwohl man anch alle übrigen Znthaten besitzt, wohlfeiler vom Auslande beziehen kann, daher dann große Stimmen ins Ausland wandern, die man im Lande hätte behalten können. Er kann aber auch nützlich wirken, wenn daS Erzcngniß ein solches ist, welches isolirt dasteht, also ans anderweitige Fabrikation keinen Ein¬ fluß übt, und überdies ohne Zoll im Laude gar nicht möglich ist, es zu solchen Preisen herzustellen, die Concurrenz überhaupt nicht aushalten kann. 712 1. Die Luxussteuer ist ohne Zweifel die billigste unter allen, weil sie nur denjenigen trifft, der ohnehin schon bereit ist, sein Geld nnith- willigerweise zu vergeuden. Da aber diese Steuerquelle bisher noch wenig ausgebeutet worden ist, und mithin es nur verdienstlich sein kann, diejenige Quelle, aus der man am billigsten Steuern schöpfen kann, ausgiebig zu machen, so wäre es nun zu ermitteln, was alles unter Luxusartikel gehöre und zu besteuern wäre; z. B. die überflüssigen Equipagen, Reitpferde, die gesunden Kur gäste in Badeorten, die Spieler, Tänzerund die in derDamen-Garderobe so hochwichtigen Krinoline» rc. rc. Aus diesen Prämissen geht nun hervor, daß zur Bemessung der Steuern und Zölle nicht nur eine genaue Bekanntschaft mit allen Verhältnissen des industriellen Lebens, sondern auch große Vorsicht unerläßlich ist, wenn nicht geschadet werden soll. Nach diesen gemachten Vorbemerkungen würde ich mich übrigens für ein gemischtes Besteurungssystem entscheiden, welchem gemäß die Steuern zu erheben wären. a. Mit möglichster Mäßigung von dem Einkommen. b. Mit eben solcher Mäßigung von dem Grundbesitz, ans den oben angeführten Gründen. e. In gleicher Schonung in dem Zollsystem. 6. Ganz ungenirt aber von Luxusgegenständen, auch aus oben ange¬ führten Gründen, Das katholische Kirchenregimeat III. Dessen Reform: Ihre Art und Weise. Es ließen und lassen sich Stimmen für Reformen in der Kirche ver¬ nehmen. Es ist somit unabweislich nothwendig, daß man solche Vorschläge mit dem Lichte der kirchlichen Wahrheit beleuchte, und es unumwunden ausspreche, welche derselben zu beherzigen, welche abznweisen sind. Wir haben unfern Standpunkt klar bezeichnet mit den Worten: Reformen der Kirche durch die Kirche im Geiste der Kirche. Es könnte vor Allem die Frage aufgeworfen werden: Woher es denn komme, daß in der vom heil. Geiste beschützten und geleiteten Kirche dann und wann Reformen nothwendig werden? — Das kommt daher, weil die Kirche eine menschliche Körperschaft ist, und die Glieder an diesem mystischen Leibe Christi 713 Menschenkinder sind. Dadnrch erfährt mm das Leben aus Gott, welches vom Haupte durch den hl. Geist in die Kirche ansströmt, natür¬ licher Weise in seinem zeitlichen Verlaufe Trübung, Verunreinigung und Entstellung von Seite des Zeit- und Menschengeistcs. Die Kirche, dieser aus göttlichem und menschlichem Elemente gebildete Organismus, ist in Folge dieser organischen Natur mancherlei Nebelständen und krankhaften Zuständen ausgesetzt, wenn nämlich das an sich unvollkommene menschliche Element die ihm gegebene Freiheit wider die göttliche Ordnung der Kirche mißbraucht. Wenn nun gleich derlei krankhafte Affectiouen bei dem Be¬ stände der menschlichen Freiheit schlechthin unabwendbar sind, so ist doch auch dem kirchlichen Organismus solche Kraft eingegeben worden, daß einerseits Störungen der Gesundheit möglichst vorgebengt, andererseits den ansgebrochenen Uebeln Abhilfe und Heilung gebracht werde. Hiemit sind wir nun bei einer zweiten Frage angelangt: Don wem jegliche Reform in der Kirche ausgehen müsse? Es ist eine ausgemachte Sache, daß gar Manche von denen, die heut zu Tage das Wort „Kirchenreform" im Munde führen, nicht einmal einen richti¬ gen Begriff von der Sache haben, zu deren Sprecher sie sich aufwerfen. Gar Manche dieser Leute kennen weder Natur und Wesen der „Kirche", noch beachten sie Sinn und Bedeutung des Wortes „Reform." Beides muß mau klar und deutlich erfaßt und immer lebendig vor Augen haben, will man nicht in oberflächliches, grundloses Raisonniren aus¬ schweifen, und auf vage Jrrthümer gerathen. Mau sei und bleibe sich also auf das Lebendigste bewußt, daß die Kirche, ihrer wahren Natur und Wesenheit nach, jene Körperschaft sei, in welcher das Haupt derselben Christus Jesus durch deu heiligen Geist mittelst des von ihm gesetzten Apostolates das Heil der Menschen bis an's Ende wirket. In der Kirche, dem Leibe Jesu Christi, ist sonach göttliche und menschliche Wirksamkeit auf's Innigste verbunden zur Bollführung der Erlösung: der heilige Geist wirkt der Menschheit Heil nur in und durch den Menschen. Indem der Erlöser aber die Kirche als Seinen Leib schuf, hat er das gesammte Leben derselben an das Gesetz des lebendigen Organismus gebunden. In jedem Organismus waltet aber das Gesetz der Entwicklung oder des Wachsthnms von Innen heraus, kraft dessen er erst im Laufe der Zeit sein innerstes Wesen aufschließt und entfaltet, und immer vollständiger zu Tage legt. Dies Gesetz des organischen Lebens waltet mm auch in der Kirche, die als Leib des Erlösers der vollkommenste Organismus ist. Das Leben der Kirche ist demnach in ununterbrochener Evolution begriffen, und ohne daß man es inne wird, entfaltet es aus sich ihr Wesen in immer reicherem Maße, von Stufe zu Stufe sich erhebend, nichts Fremdartiges von Außen in sich ausnehmend, und das Bewußtsein seines Einen Wesens vom Anfang bis zur Gegenwart in sich tragend. Denn also spricht der Herr (Mark. 4, 26—28.) von Seiner Kirche: „So verhält es sich mit dem Reiche Gottes, wie wenn ein Mensch Samen ausstreut in die Erde, und er geht schlafen und steht auf zur Nacht und am Tage, und der Same geht auf 714 und nimmt zu an WachSthnm, ohne daß Jener es merkt. Denn von sich selbst bringt die Erde hervor zuerst den Halm, hierauf die Aehre und endlich die Fülle des Weizens in der Aehre." Wer diese organische Natur des kirchlichen Lebens nicht beachtet, ist in Gefahr, auf die verhängnißvolle Bahn Jener sich zu verirren, die im sechszehnten Jahrhunderte sich zu Reformatoren der Kirche anfwarfen, und die großartige Entwicklung, die im Laufe von fünfzehn Jahrhunderten in Lehre, Kultus, Verfassung und Disziplin der Kirche vor sich gegangen war, ganz und gar ignorirend nichts Geringeres austrebten, als die im Mannesalter stehende Kirche in den Zustand ihrer Kindheit zurückzuver¬ setzen ! Welch' kläglichen Ausgang dieses der Natur des kirchlichen Lebens widerstreitende Experiment genommen, liegt im Schicksale des Protestan¬ tismus zu Tage. An diesen zum Werke der Kirchenverbesscrung unberufenen Leuten wird auch klar, welch' irrige Ansichten sie in Folge der verkannten Natur der Kirche von einer „Reformation" derselben hegten. Diese dünkte ihnen eine Zurückversetzung der Kirche auf ihren ursprünglichen Zustand, eine Wiederherstellung der sogenannten Urkirche nach Wesen und Form dersel¬ ben. Es ist klar, wie dieser Begriff von Kirchen-Reform der innersten Natur des kirchlichen Lebens widerstreitet, kraft deren das unveränderlich Eine Wesen der Kirche seinen vollen Gehalt erst im Laufe der Zeit ent¬ wickelt, und durch dieses explic.it« zu Tage Fördern des impliells in der Kirche von Anfang Beschlossenen nothwendig eine Verschiedenheit der Form auf den verschiedenen Entwicklungsstufen in die Erscheinung tritt. — Die Kirche des sechszehnten Jahrhunderts war wesentlich dieselbe, wie jene des ersten, zweiten und dritten Jahrhunderts, und dennoch ganz anders gestaltet als jene. Keineswegs war aber die damalige Form des kirchlichen Lebens, wie dies den Pseudorefcrmatoren dünkte, etwas Unwesentliches. Denn die jedesmalige Form der Kirche ist bedingt durch den in ihrem Innern ein- getrctenen Fortschritt; das in die Entwicklung tretende Wesen schafft sich selbst die ihm allein entsprechende Form, und darum ist dieselbe eben wesentlich. Wer die Form zerschlägt, verliert mit derselben auch den In¬ halt, der sich gerade in diese Form, seiner Natur gemäß, gefasset hatte. Der Protestantismus bestätigt die Wahrheit dieses Satzes: er hat die Formen des kirchlichen Lebens vernichtet, aber mit diesen zugleich auch alles kirchliche Leben selbst getödtet. — Aus dem Gesagten ergibt sich uns aber auch der allein wahre und richtige Begriff aller Kirchen-Reform. Diese ist und kann nichts anders sein, als die Zurückführung oder Wieder¬ herstellung der wesentlichen oder natürlichen, und eben darum vollendeten oder vollkommensten Form des kirchlichen Lebens, welche dasselbe auf dem jüngsten Stadium seiner Entwicklung sich gegeben. Man bemerke Wohl: die vollendetste Form aller kirchlichen Institutionen tritt in den letzten jüngsten Eutwicklungsmomenten derselben zu Tage. Der Grund dieser Erscheinung liegt darin, daß aller Fortschritt des organischen Lebens ein stetiger, von Stufe zu Stufe sich erhebender ist; der höchste vollkommenste 715 Zustand des kirchlichen Lebens fußt auf der letzten Stufe seiner Entwick¬ lung, und ein Zuriickgehen ans eine niedrigere Stufe, so unmöglich dies im Leben der Kirche ist, wäre ein Rückschritt auf einen unvollkommenerer»! Zustand.. Also eine dem Wesen und der Form der Kirche entsprechende und von der reformatorischen Thätigkeit des Episkopates durchgeführte Reform ist eine wahre, berechtigte Reform. Aber es ist etwas anderes, eine Reform durchführen, und wieder etwas anderes, eine Reform beantragen und befürworten. Während wir das erstere ausschließlich dem Episkopate vindiziren, halten wir das letztere für Jedermanns — ob Priester oder Laie — Recht und — Pflicht. Es wurde freilich bisher als arge Anmaßung herbe getadelt, wenn ein jüngerer, oder überhaupt „gemeiner Priester" gewagt hat, in Zeitschriften, oder sonst wo durch Schriften sein freimüthiges Wort über die Reformen in der Kirche erschallen zu lassen. Sogleich wurde solch ein Beginnen als Kirchendemagogie, als demokratische Gesinnung, die in das Bereich der heil. Kirche nicht hineingeschmuggelt werden darf, als dreiste Anmaßung und Wühlerei verschrieen! — Freimuth und Anmaßung sind noch himmelweit von einander ver¬ schieden. Das wußten jene herrlichen Geistesmänner, die keine Scheu vor dem freien Geiste hatten, weil sie redlich die große Aufgabe der Kirche verwirklichen halfen, wie z. B. ein h. Benedikt, dessen Regel im 3. Kap. sagt: „Darum aber befahlen wir Alle zn dem Concilinm zu rufen, weil Gott oft einem Jüngern offenbart, was besser ist." Wo nur mit Wissen Demuth in der Ansicht, und Reinheit im Wan¬ del sich paaren, da hat die Kirche von jeher freudig das Recht, ja die Pflicht anerkannt, um- und neugestaltend auf das kirchliche Gesammtlebeu einzuwirken. Beweis dessen sind der jugendliche Diakon Athanasius Vör¬ den Vätern in Nicäa (325), der gelehrte Dekan Nikolaus Cusanus Vör¬ den Vätern in Basel, der sittenreine und beredte Gerson, Kanzler der Sorbonne im Concil von Konstanz — ans ökumenischen Concilien; der hochgelehrte Levit Alenin ans der Synode zu Frankfurt (892) ; der Prie¬ ster Riuguarda auf der ersten Diözesansynode zu Salzburg, Hus vor seiner Entzweiung mit der Kirche auf mehreren Diözesansynoden in Prag haben in den entschiedensten Ausdrücken das Verderbniß der Kirche, d. h. der Kleriker und des Volkes geschildert, zur Reform aufgefordert, und dennoch sind alle in hoher Achtung bei den Kirchenvorstehern gestanden, manche von diesen Reformers z. B. Bernardus, Vincenz Ferrerius, St. Brigitta sogar canonisirt worden, obschon sie keine Bischöfe, sondern ans der unter¬ sten Stufe der Hierarchie stehende Kleriker waren. Obgleich es also jedes einzelnen Priesters Recht und Pflicht ist, die nach seinem besten Wissen und Gewissen für das Wohl der heiligen Kirche nothwendig scheinenden Reformen mit der nöthigen Ruhe und Ehrfurcht anzuregen und zu empfehlen: so wollen wir im Mißtrauen auf die eigene Kraft und Einsicht uns von ganzem Herzen jenem Promemoria anschließen, 716 welches eine zahlreiche Priesterkonferenz in Linz am 23. April 1849 ver¬ faßt und unterfertigt hat. Dieses Promenwria lautet: In der Voraussetzung, daß die l'. 7. hochwürdigstc bischöfliche Ver sammlung in Wien sich nicht nur über die Verhältnisse zwischen Kirche und Staat, sondern sich anch noch insbesondere über rein kirchliche Gegen¬ stände, in deren Bezug eine möglichste Gleichförmigkeit in den einzelnen Diözesen sehr erwünscht wäre, berathen werde, wagt es die Pricsterkonfe- rcnz zn Linz, über nachstehende Punkte ihre Bemerkungen nud Wünsche mit aller Freimüthigkeit anszusprechen, von keiner andern Gesinnung ge¬ leitet, als von der Liebe zu ihrer Kirche, die nun vom Staate ihre Frei¬ heit erhalten soll, und von der Ueberzeugung durchdrungen, daß der unter¬ geordnete Klerus sich fester als je an den Episkopat, als die Mitte der kirchlichen Einheit, anschließe, und von demselben mit schuldigem Gehorsam die kirchlichen Beschlüsse entgegennehme, aber auch als dessen verantwort¬ liche Mitarbeiter voll Vertrauen sich äußern dürfe. In dieser Absicht nahm die Priesterkonferenz um so freudiger das entgegenkommende Aner¬ bieten des ?. I. hochwürdigeu Herrn Domscholastikus De. Rieder, ihres Vorstandes, an, dergleichen besprochene Wünsche des nieder» Klerus zur hohen Versammlung nach Wien mitzunehmen und gelegenheitlich von den¬ selben Gebrauch zu machen. 1. Shnodalwesen. Zur Herstellung einer lebendigen, kirchlichen Einheit zwischen Bischof, KlernS und Volk scheint die baldigste Wieder¬ einführung nud jährliche Abhaltung von Diözesansynoden —- nach der von der Kirche vorgeschriebenen Weise — vor Allem nothwendig. Aber als uöthige Vorbedingung für dieselben sollen die Capitel-Confereuzen dienen, deren ungesäumte Einführung um so mehr geziemend und erwünscht sein dürfte, als bereits überall Schul-Conferenzen gehalten werden, bei denen sich auch Priester zahlreich betheiligen. Wie das einheitliche Leben des politischen Staates durch die Orts-, Bezirks- und Kreisgemeinden und durch die Landesvertretungen unterhalten wird, und im Reichstage, als dem Mittelpunkte, znsammentreten soll, ebenso werden in ähnlicher Weise klei¬ nere Priesterconferenzen, Landcapitel-Conferenzen und die Diözesanshnodeu eine lebenskräftige Einheit der Kirche schaffen und erhalten und in der Provinzialshnode n. s. f. sich coneeutriren. 2. Kirchliche Wahlen. Der Vorschlag oder die Empfehlung eines Geistlichen zur Erlangung der Bischofswürde möge nicht mehr, wie es bisher üblich war, im bnreankratischen Wege geschehen, sondern die Wahl des Oberhirten und Einheitspunktes der ganzen Diözese als ein schon in der naturgemäßen Entwicklung des kirchlichen Organismus begrün¬ detes Recht der Kirche auch durch den Klerus selbst ausgeübt werden dür¬ fen und zwar: durch die wirklichen nud Ehren-Domherren, durch die Prä¬ laten der Stifte und Klöster und durch die Dekanate, deren jedes Einen frei gewählten Priester abordnet. — Wählbar sollte jeder mit den erfor¬ derlichen kanonischen Eigenschaften begabte Säcular- und Regular-Kleriker sowohl der betreffenden als auch jeder andern Diözese sein. — Im Falle 717 aber, daß Se. Majestät kraft Übereinkommens mit dem römischen Stuhle das bisherige Ernennungsrccht auch in Zukunft ausüben, so möge doch der Klerus von seinem Rechte, das einer freien Kirche zustehl, wenigstens so viel Gebrauch machen dürfen, daß er nach der oben bezeichneten Weise eine Wahl frei vornehmen und dann unmittelbar an Se. Majestät einen Ternovorschlag zur definitiven Ernennung eines Bischofcs machen könne. 3. Die Wahl der Domherren möge durch den Bischof mit Ein¬ vernehmen seines Kapitels geschehen. Die Gewählten wären der Regie¬ rung anzuzeigen. 4. Sehr erwünscht wäre es, daß die Bischöfe die Wahl der Dechante allen Priestern des Dekanates überlassen möchten. Die Wahl geschähe nur auf eine bestimmte Anzahl Jahre und es wird jedesmal die bischöfliche Bestätigung dazu erfordert. — Sollte es von Seite des Staates mit der Schulendistriktsaufsicht, wie bisher, sein Verbleiben haben, so möchte es am besten sein, die Schnlendistriktsaufsicht von den Dekanaten, wo möglich, nicht trennen zu wollen. 5. Die volle Verleihung der Pfründen steht in der Regel dem Bischöfe zu — unter Anhörung seines geistlichen Rathes, — vorbehaltlich des Verleihnngsrechtes der Prälaten in Betreff der incorporirten Pfarren der Stifte und Klöster und vorbehaltlich des Präsentationsrechtes der Patrone, jedoch dieser nur in so ferne und auf so lange, als sic auch die Onera wirklich tragen. — Der Gewählte wird durch das Ordinariat der LandcSstelle angezcigt, aber die sonst gebräuchliche Uebergabe der Kircheu- und Pfründengüter durch einen Ncgiernngökommissär hätte von selbst weg- znfallen, wenn der Kirche das freie Verwaltnngsrecht ihres eigenen Ver¬ mögens wieder anheim gegeben wird. 6. Der Unterschied zwischen Pfarrern einerseits, Expositi, Lokalkapläne und Vikarii andernscits dürfte aufhören, alle sollen als wirkliche Pfarrer investirt werden und auf dieselbe Congrna Anspruch haben. 7. Die seither vom Staate anbefohlene Pfarrconcnrs-Prüfung mit all' ihren Formen nnd Wiederholungen möge gänzlich anshören, da dem Bischöfe in einer freien Kirche nach kanonischen Vorschriften überlassen werden muß, ob, in welchen Fällen, wie und in wie weit er eine Prüfung der Pfarramts-Candidaten vornehmen wolle oder vorzunehmen habe. Die aber nach der bisherigen Vorschrift mit gutem Erfolge bereits abgelegte Pfarrconcurs-Prüfnng möge vou den Bischöfen als genügend erkannt nnd die so Geprüften nicht aufs Neue einer nochmaligen Prüfung unterzogen werden. — 8. Kirchenvermögen und Verwaltung. Das Vermögen der Kirche sowohl für ihre Unterrichts- nnd Kultus-, als auch Wohlthätigkeits- Anstalten ist auszuscheiden, wo dieses noch nicht geschehen ist: und sobald die Kirche sich hierzu eingerichtet hat, dieser förmlich als Eigenthümerin zu übergeben nnd ihr auch die selbstständige Verwaltung desselben zu über¬ lassen. Sie erwartet vom Staate den rechtlichen Schutz, bittet aber, für sie in Betreff der ihr rechtlich zustehenden freien Gebarung keine bevor- 718 mundenden Ausnahmsgesetze zu geben, sondern sie, wie jede andere im Staate rechtlich bestehende Gesellschaft auch als gleichberechtigt zu be¬ handeln. Für eine entsprechende Verwendung und Verrechnung werden nach den kanonischen Vorschriften die Bischöfe durch geeignete Männer gewissen¬ hafte Sorge tragen. 9. Das Salarinin erhalten jene Pfründner, welche nicht von der Nutznießung liegender Gründe oder von Stiftungen leben, aus dem Kirchenvermögen überhaupt, wovon der bisherige Religionsfond einen Theil bildet. 10. Kirchliche Instanzen. Die Verbindung mit dem kirchlichen Oberhaupte möge frei und ungehindert sein, und überall und jedesmal der ordentliche Justanzengang der Kirche genau eingehalteu werden. 11. Corporationen. In Betreff der geistlichen Corporationen sind bereits von den Vorstehern derselben die geeigneten Wünsche schrift¬ lich eingereicht worden. Dazu möge noch die Abschaffung jenes Gesetzes, welches (§. 591 d. allgem. bürgerl. Gesetzb.) die Mitglieder eines geistl. Ordens für unfähige Zeugen bei Testamenten erklärt, als zeitgemäß, da es mit dem Begriffe gleichberechtigter Reichsbürger unverträglich ist, ange¬ deutet werden. Warum sollen nicht Ordensgeistliche, wenigstens die in der Seelsorge angestellten, gleich jenen andern als vollgiltige Zeugen bei Testamenten gelten dürfen? — Wie nothwendig wäre so etwas in der Seelsorge — zumal in ausgedehnten oder abgelegenen Orten — schon oft gewesen! 12. Ehe. Die Matrimonial-Sachen gehören, so wie die Wesenheit der Ehe selbst, vor das Forum der Kirche. In Bezug der einzelnen Ehe¬ hindernisse dürfte eine Verständigung und Vereinbarung zwischen Kirche und Staat zu einer gewünschten Gleichförmigkeit führen: „der Staat wolle die kirchlichen Hindernisse anerkennen, und die Kirche würde dann auch ihre Diener nicht mitwirken lassen zu Ehen, denen ein blos bürgerliches Hin¬ derniß im Wege steht." In Matrimonial-Sachen wird vom Bischöfe ein ätzloiisor wkttiimonii aufgestellt, und diese Angelegenheiten verlaufen nach den gewöhnlichen kirchlichen Instanzen. Die Einsegnung einer gemischten Ehe, in welcher der katholische Theil die von der Kirche verlangten Bedingnisse nicht garantirt, würde ganz abzuweisen sein, auch die passive Assistenz aufhören. — Aber auch bei Garantirung der von der Kirche vorgeschriebenen Bedingnisse sollte die Einsegnung nicht ohne kirchliche Erlanbniß geschehen. Die Garantie für Einhaltung der kirchlichen Erfordernisse wird ent¬ weder mittels Eid oder Revers, — von zwei oder drei Zeugen unterschrie¬ ben — geleistet. — Dieser Revers hätte dann die nämliche bürgerlich bindende Kraft und Giltigkeit wie ein anderer Vertrag. Alle Angelegenheiten und Streitsachen, die den materiellen Vertrag, d. i. ven Heirathskontrakt als solchen betreffen, gehören vor das weltliche Forum. 719 13. Unterricht. Die Volksschule bleibt ebenso gut unter Aufsicht der Kirche, als des Staates. Die Anstellung der Neligiouslehrer geschieht durch die kirchliche Be¬ hörde, der überhaupt die unmittelbare Leitung des gesummten Religions¬ unterrichtes zusteht; aber auch eine Mitwirkung bei der Bildung, Anstellung oder Entfernung des übrigen Lehrpersoualö gebührt dem Ordinariate und sollte ihm nicht entzogen werden. Auch die Besetzung oder Leitung jener Lehranstalten, die aus kirch¬ lichen Fonden unterhalten werden, möge der Kirche überlassen werden. Auf Universitäten muß die theologische Fakultät unter dem Einflüsse des Bischofes insoferue stehen, daß kein Professor ohne dessen Genehmigung angestellt werden darf; aber bei bischöflichen Lehranstalten ist auch die Anstellung der theologischen Lehrer dem Bischöfe anhcimzugeben. Die Semiuaricu bleiben gänzlich unter der Aufsicht der Bischöfe, von ihnen hängt einzig und allein die Wahl der Vorstände ab. Auch die Zahl der Alumnen hat der Bischof zu bestimmen, so wie auch, welche und wann er sie weihen wolle. Demnach hätte es von der bisherigen Eingabe um den Tischtitel sein Abkommen. Die Geweihten werden der Regierung angezeigt. — Die Rechnung über den Haushalt und die Ver¬ pflegung der Zöglinge führt der Direktor und legt sie am Ende jedes Verwaltungsjahres — ohne Revision durch die Staatsbuchhaltuug — dem Bischöfe vor. 14. Kirchliche Strafgewalt. Die freie Ausübung der kirch¬ lichen Strafgewalt sowohl über Geistliche, als auch Laien kommt dem Bischöfe zu, der dabei nach den kanonischen Vorschriften verfahren wird. Zum Punkte 14 erlauben wir uns Folgendes zur Erläuterung bei¬ zufügen: Die Reform des leider zu früh verstorbenen Erzbischofes von Paris, Sibour, verdient Anerkennung und Nachahmung. Sibour hat nämlich für die Geistlichkeit eine eigene geistliche Inrh errichtet, welche die Klagen gegen Geistliche untersuchen und richten sollte. Dieses Forum besteht nicht nur aus Richtern und Stellvertretern des Bischofes, sondern auch aus acht Beisitzern, unter denen zwei Kauouiei, vier Pfarrer und zwei Kapläne Sitz und Stimme haben. Ein bedeutender Schritt zur unpar¬ teiischen Ausübung der kirchlichen Strafgewalt! Wenn wir, sagt der gelehrte I>r. Binterim, in gehöriger Form ein gesetzliches Gericht für alle Klagen gegen alle Geistlichen fordern, was fordern wir denn anders als Gerechtigkeit? — Ist cs denn eine Ehre für eine kirchliche Oberbehörde, eine Ehre für den Klerikalstand, wenn ein Priester ohne Urtheilsspruch (!), wie ein armer Sünder mit Sack und Pack von Süden nach Norden, von Osten nach Westen wandern muß? — In der Kirche Gottes hat der gemeine Priester dasselbe Recht, gehört zu werden, was ein Dechant hat. — Papst Jnnocenz I. schrieb an den Bischof Victorius von Rouen in Frankreich: „Die Streitsachen der Kleriker einer höhern, wie einer niederu Weihe sollen auf gleiche Weise geschlichtet wer- 720 den." - In gleicher Weise und Ueberzeugung kündigte vor einigen Jahren der edle Sibour, seinem Diözesankleruö die von ihm beschlossenen Reformen in der geistlichen Gerichtsbarkeit mit folgenden Worten an: „Die Kirche hat den Bischöfen die ganze richterliche Gewalt gegeben; aber der Geist der Kirche will, daß diese Gewalt nichts von Willkür an sich habe, sondern, daß sie geübt werde mit Liebe, mit Umsicht und Mäßigung!" — O herr¬ liche Worte, wäre jeder Bischof von denselben überzeugt! — Groß wäre die Freude des nieder» Klerus und segensreich die Fol¬ gen für die Kirche, wenn wir die Artikel über das katholische Kirchenregi- mcnt nicht ganz ohne Erfolg geschrieben haben würden. Mögen die geehrten Leser zum Schlüsse noch die Entstehung dieser heiklen Artikel vernehmen. Das bekanntlich streng kirchliche Blatt „Sion" brachte im I. 1848 in 133 eine Zuschrift von Köln am Rhein, worin von einer Peti¬ tion gemeldet wurde, welche von 370 Klerikern, hoch und niedrig, an den Erzbischof eingesendct wurde. Der Berichterstatter schloß darin mit fol¬ genden Worten: „Der Geist dieser billigen Forderungen ist Zulassung des niedern Klerus zu seinem Rechte. Wiederherstellung des früheren, stets neben dem monarchischen Prinzipe mitwirkendeu demokratischen Elements in der Kirche, das der Absolutismus erdrückt hat. Mit dem Aussprechen desselben ist nun eine Bewegung begonnen, welche für die Kirche selbst von unnennbarem Vorthcil sein wird, und die vielleicht das einzige Rcttungs- mittcl für die Stellung der katbcnischeu Kirche zu unserer Zukunft enthält. — Wir fügen bei: Wird dem Rufe der wahren Freunde der Kirche nicht Gehör gegeben; werden die Bischöfe den Sirenenstimmen ihrer Günstlinge mehr Vertrauen schenken, als dem Phalanx des durch Erfahrung geläuter¬ ten Klerus; werden die Kleriker saumselig und stumps Zusehen, wie eine Wand nach der andern am Hause Gottes cinfällt; werden die hohen Kleriker abwarteu, die niedern vom Rufe ablassen — dann ist Rettung unmöglich, dann könnte unser kath. Bruder in fremden Welttheilen vielleicht in nicht sehr ferner Zeit über den Ocean herübcrweisen, und zu den Sei- nigen wchmüthig sprechen: Dort lag einst das christliche Europa!-" Diese tiefernsten Worte machten auf uns einen unverwüstlichen Ein¬ druck, unser streng und glühend katholisches Herz hatte weder Ruhe noch Rast, bis es sich nicht in den Artikeln über das katholische Kirchenrezi- mcut Luft und Erleichterung verschaffte. O wenn es nur andern Leuten auch so ginge! Die Frucht wären dann nicht — wie bei uns — todte, leere Worte, sondern lebendige, herrliche Thaten. Gebe Gott der guten und gerechten Sache seinen Segen! — 721 Ueber Steuerreform XIV. Unser Steuerreform-Plan. L. k. Die Grundursache unserer traurigen Finanzlage muß in der starren Centralisatiou der Staatseinnahmen und Ausgaben gesucht werden. So lange Oesterreich dem absolutistischen Centralisations-Shsteme huldigte, war die Centralisatiou des Staatsbudgets nur die natürliche Consequenz des Systems; nach den Grundsätzen des Oktober-Diploms wäre die Bei¬ behaltung desselben verfassungswidrig; denn nach diesem Staatsgrundgesetze gehören alle Angelegenheiten, in so weit sie nicht unmittelbar als Reichs¬ angelegenheiten erklärt sind, in das Bereich der Kronländer-Verwaltung. Es hat also Alles, was nicht in das allgemeine Staatsbudget gehört, in das Budget der Kronläuder ausgenommen zu werden. Aber selbst, wenn wir uns auf den faktischen Boden der Februar-Verfassung stellen, sind drei Haupt-Budgets erforderlich, um dieser Verfassung gerecht zu werden; nämlich: 1. das eigentliche Staatsbudget für alle gemeinsamen Angelegenheiten des Reiches, 2. das Budget für die Angelegenheiten der ungarischen Krone, und 3. das Budget für die Angelegenheiten des engeren Reichsrathes. Außerdem noch, wie es sich von selbst versteht, die Budgets der ein¬ zelnen Kronländer. Demnach gehören in das eigentliche Staatsbudget ledig¬ lich einzig und allein unr jene Ausgaben, welche für die den Wirkungskreis des gesummten Reichsrathes umfassenden Angelegenheiten nothwendig sind. Nach dem Februar-Patente sind als Reichsangelegenheiten erklärt: a) Alle Angelegenheiten, welche sich auf die Art und Weise, so wie auf die Ordnung der Militärpflicht beziehen; b) alle Angelegenheiten, welche die Regelung von Geld-, Kredit-, Münz- und Zettelbankweseu, die Zölle und Handelssachen, die Grundsätze des Post-, Eisenbahn- und 'Telegrapheuwesens betreffen; o) alle Angelegenheiten der Neichsfiuanzen überhaupt, insbesondere der Voranschläge des Staatshaushaltes, die Prüfung der Staatsrechnungs¬ abschlüsse und der Resultate der Finauzgebahrung, die Aufnahme neuer Aulehen, die Convertirung stehender Staatsschulden, die Veräußerung, Umwandlung, Belastung des unbeweglichen Staatsvermögens, die Erhöhung bestehender und die Einführung neuer Stenern, Abgaben und Gefälle. Nach diesen Bestimmungen gehört also in das Bereich der Staats¬ ausgaben nur: 46 722 1. die Ausgaben für den allerhöchsten Hofstaat, präli- minirt pro 1862 in runder Summe 6,000.000 st. 2. Kabinetskanzlei Sr. Majestät 73.000 „ 3. Staatsrath 186.000 „ 4. Ministerrath 50.000 „ 5. Ministerium des Aeußern 2,500.000 „ 6. Finanzministerium (präliminirt mit 22,500.000 st.; nach Abfall der Nichtreichsängelegenheiten, sowie nach Auf¬ lassung der indirecten Steuern und Staatsmonopole) höch¬ stens mit einem Erfordernisse von 5,000.000 „ 7. Handelsministerium und Volkswirthschaft, angenom¬ mener Bedarf . 3,000.000 „ 8. Polizeiministerium, präliminirt pro 1862 . . . 3,300.000 „ 9. Kontrol - Behörde (präliminirt auf 4,886.000 st.) Nach Beschränkung auf die Kontrole der Reichsfinanzen höchstens mit 1,000.000 „ 10. Kriegsmiuisterium erfordert der Machtstellung Oesterreichs angemessen . 90,000.000 „ 11. Marine detto detto 10,000.000 „ (Die Verausgabung von 10,000.000 st. für die Marine erscheint uns im Interesse der Machtstellung Oesterreichs nach Außen geboten; denn so sehr wir im Innern größt¬ möglichste Einfachheit und Sparsamkeit der Verwaltung wünschen, welche wieder nur durch größtmöglichste Autono¬ mie der Kronländer und Munizipalitäten erzielt werden kann, so kräftig und imponirend wünschen wir den Kaiserstaat gegenüber dem Auslande. Eine starke Flotte, welche jener von Italien gleichkommt, ist eine Grundbedingung des Frie¬ dens und fruchtbarer Allianzen, und es wirft ein bezeich¬ nendes Licht auf unsere centralistischen Herren Parteigänger, daß sie gerade an Heer und Flotte am meisten mäkeln wollen.) 12. Subventionen und Zinsengarantien, präliminirt pro 1862 mit 3,200.000 „ 13. Staatsschuld-Zinsen mit 130,000.000 „ 14. Kapitals-Anlagen 7,000.000 „ 15. Sonstige, zu keinem bestehenden Verwaltungszweig gehörige Ausgaben, darunter auf die Ausgaben für Kultus und Unterricht, so weit sie Reichsinstitute betreffen, ange¬ nommen mit 5,000,000 „ Zusammen also mit 266,309.000 st. Das Ordinarium des Staatsausgaben - Erfordernisses würde sich also auf circa 266 Millionen Gulden belaufen, und würde nach unserm Reform¬ plane die Bedeckung finden: 723 1. In der Grundsteuer mit 120,000.000 fl. 2. Die Gcbäudesteuer 12,000.000 „ (Um 9 Millionen geringer im Ertrage, als pro 1862 prä- liminirt, und zwar wegen Auflassung der Hausklassensteuer am flachen Laude, tu so ferne solche schon in der Grund¬ steuer inbegriffen erscheint; daun wegen der so nothwendigen Herabminderung der Hausziussteuer.) 3. Die Einkommensteuer und zwar: a) die Erwerbsteuer würde mit Rücksicht auf den ihr in unserm IV. Artikel zugewiesenen Umfange, in¬ begriffen der Tabakvcrschleißsteuer, mindestens 30,000.000 „ d) die Rentensteuer mit mindestens 30,000.000 „ 4. Die Zolleinuahme mit 16,000.000 „ 5. Das Salzmonopol-Erträgniß pro 1862 mit einem Nettoerträge pr. 32,638.000 fl. präliminirt, rechnen wir mit Rücksicht auf die im volkswirthschaftlichen Interesse noth- wendige Herabminderung und Ausgleichung des Preises, nur mit - . 15,000.000 „ 6. Klassenlotterie 3,000.000 „ 7. Postgefälle 3,000.000 „ 8. Staatsgüter und Forste 2,500.000 „ (welcher Ertrag durch Verpachtung und successiven Verkauf sehr gesteigert werden könnte, und alternativ zur Vermin¬ derung der Staatsschulden-Zinseulast beitragen würde.) 9. Telegraphen Verpachtung 500.000 „ 10. Bergwesen . . 2,000.000 „ (Durch Sparsamkeit iu der Verwaltung, Verkauf und Ver¬ pachtung ist ein noch höherer Ertrag, alternativ zum Staats- schulden-Zinseuermäßigung zu erzielen.) 11. Einnahmen der Münzämter 1,000.000 „ 12. Verschiedene andere Einnahmen 1,000.000 . 13. Einnahmen der Militär- und Marine-Verwaltung, (mit Ausnahme der directen Steuern aus der Militär- gränze) mit . 5,200.000 „ Zusammen also mit 241,200.000 fl. Es würden also zur Deckung des Staatsbudgets (Ordinarium) noch circa 25,000.000 fl., so wie die Deckung des Extraordinariums erforder¬ lich sein, worauf wir im nächsten Artikel zu sprechen kommen. Die hier aufgesührten Ziffern der Bedeckung sind keineswegs über¬ trieben hoch angenommen, im Gegentheil sind sie auf das Minimum des voraussichtlichen Ertrages berechnet, obschon noch gar nicht abzusehen ist, welchen fruchtbringenden Einfluß die Aufhebung der Verzehrungssteuer, des Stempelgebühren-Gesetzes, der Weg- und Brückenmäuthe, des Tabak¬ monopols, dann der Ermäßigung des Salzpreises und der Hanszinösteuer 46* 724 auf die Entwicklung der Landwirthschaftskultur, der Industrie, des Handels und der Gewerbe ausüben wird und muß. Die übrigen gegenwärtig im Erforderniß-Budget des Staates figu- rirenden Posten gehören sowohl dem Wortlaute, wie dem Sinne der Staatsgrundgesetze nach in das Bereich der Kronländer, und sind jene Erfordernisse für das Staats- und Justizministerium (präliminirt pro 1862 mit 44 Millionen) auf die Kronländer des engeren Reichsrathes, in so lange die vollständige Autonomie der Reichstheile nicht zur Wahrheit wird, durch ein Gesetz zu repartiren, — die für die ungarische, kroatische, sla- vonische und siebenbürgische Hofkanzlei (präliminirt pro 1862 mit 20 Mill.) diesen Kronländern zuzuweisen. Der Verfasser dieser Artikel spricht hier nochmals seine oft angedeu¬ tete Meinung aus, daß der Gesammtreichsrath ganz sicherlich den Gesammt- staat Oesterreich auf föderalistischen Grundlagen aufbauen wird. Setzen wir den Fall, es gelingt der Regierung, den Gesammtreichsrath auf Grund¬ lage des Februarpatentes zusammenzubringen, was wird geschehen? Nach aller Wahrscheinlichkeit werden von den nach der Februar- Verfassung in das Abgeordneten-Haus berufenen 85 Ungarn mindestens 70 von 54 Böhmen ..... 37 „ 20 Italienern.18 „ 5 Dalmatinern ... 4 „ 9 Kroaten und Slavoniern 8 „ 38 Galiziern.25 „ 28 Erzherz. Oesterreichern 10 „ 13 Steierern.7 „ 5 Kärntnern.1 „ 6 Kramern.3 „ 5 Bukovinern .... 2 „ 26 Siebenbürgern ... 18 „ 22 Mährern . . . . . 10 „ 6 Schlesiern ..... 2 „ 12 Tirolern.6 und von 6 Jstrianern, Görzern u. Triest. 4 mehr oder minder der förderalistischen Partei angehören; es werden sonach im Abgeordneten-Hausc von 342 Mitgliedern die große und kompakte Majorität von 225 Förderalisten tagen, denen es ganz leicht sein wird, ihre föderalistischen Ideen zur Geltung zu bringen. XV. Einhebung der Steuern. Die Schwerfälligkeit und das Unzweckmäßige unseres bisherigen Steuereinhebungs-Prinzipes ist nicht nur allein ein fortwährender Hemm¬ schuh konstitutionellen Volksbewußtseins, sondern auch ein ungeheurer Faktor 725 der kostspieligen Civilverwaltnug, zugleich aber auch ein Hauptmittel der Ceutralisation. Fragt mau nur den einfältigen Landmanu, vor welchen „Herren" er am meisten Furcht und Respekt habe, so wird die Antwort unter hundert Fällen neun und neunzig mal lauten: vor den „Herren" im Steueramt. Nach dem gegenwärtigen Systeme ist die Steuereinhebung, wie sie heute gepflogen wird, die großartigste Ausbeutung des Centralisirungs- Shstems. Der Staat tritt durch seine Organe mit jedem Steuerpflichti¬ gen, -- und handelt es sich auch nur um Kreuzer, — in direkten Ver¬ kehr, er schreibt durch seine Organe nicht nur allein vor, sondern er hebt auch von den einzelnen Parteien ein, und betreibt, exequirt und kontrolirt diese Eiuhebung. Dadurch wird ein Heer von Verwaltungsbeamten noth- weudig; denn nicht nur allein jeder einzelne Steuerpflichtige, sondern jede einzelne Steuerpost muß vorgeschrieben, in Evidenz gehalten, zur Abstattung, gebracht und wieder abgeschrieben werden. Eine einzige Partei hat oft mehrere Grundsteuer- und Hauszinssteuerbüchel, Erwerb- und Einkommen- steuerbögeu nebst dem Anhängsel von verschiedenen anderen Zahlungsauf¬ trägen. Jede einzelne Partei erscheint also oft zwei bis zehn und mehrmal bei einem einzigen Steueramte als zahlungspflichtig, und es ist eine trockene Thatsache, daß die Meisten, besonders am Lande, ihre Gesammtschuldigkeit gar nicht kennen. Kaum hat der Steuerpflichtige heute eine Schuldigkeit abgetragen, so erhält er schon morgen unter Androhung der Exekution wieder eine Er¬ mahnung zu einer andern Steuereinzahluug; die von den Steuerämtern entfernteren Parteien müssen nicht selten ihre kostspielige Zeit opfern, um ihrer Steuerpflicht gerecht zu werden. Und dann mit welchen Klauseln werden berücksichtigungswürdige Fälle gebunden, um eine Nachsicht oder Fristung zu erlangen; ja in den meisten Fällen ist ein diesfälliges Ansuchen gar nicht möglich, — weil die Kosten des vorgeschriebeuen schriftlichen Bittgesuches, abgesehen davon, daß sich ein sachverständiger Verfasser eines solchen nicht leicht findet, auch im Fin- dungsfalle zumeist in keinem Verhältnisse mit dem Risiko des Resultates stehen. — Weiters ist die direkte Steuereinhebung durch Staats¬ beamte eins Hauptursache der politischen Unzufriedenheit. Die Steuerämter sind untergeordnete Organe der politischen Be¬ hörde erster Instanz, — dermalen noch in Verbindung mit der Gerichts¬ behörde. Der einfache Landmaun, dessen ganzes Vertrauen sowohl in allen civil- als strafrichterlichen, politischen und steuerpflichtigen Angelegenheiten dermalen auf „die Herren" im Bezirksamte beruht, der wenig zu unter¬ scheiden weiß, in welche Unterabtheilungen dieses Bezirksamt getrennt ist, sieht eine ihm von einem Steuerbeamten geschehene Rechtsverletzung oder eine oft pflichtschuldige Unbarmherzigkeit, ja selbst ein Versehen als Aus¬ fluß politischer Staatsorganisation an; er wird störisch und ungehalten, jeder politischen Partei-Verführung zugänglich; — und zweifelt endlich an 726 der Gerechtigkeit des Richters, an dem Billigkeitssinn des politischen Be¬ amten, weil er die Stellungs-Verschiedenheit „der Herren" nicht zu unter¬ scheiden vermag, und eben nur zumeist mit dem Steueramte zu thun hat, welches, — kann er seinen Verpflichtungen nicht pünktlich nachkommen, — die folgenschwere Hand der politischen Justiz in Anspruch nehmen muß. Diese Art und Weise der Steuerneinhebung ist also ein Hauptbeförderungs¬ und Erhaltungsmittel der für die Völker Oesterreichs so unheilbringenden absolutistischen Centralisation, sie verhindert den einzelnen Staatsbürger an Erkenntniß seiner Rechte, am Bewußtsein des selbstständigen Gemeinde¬ lebens und mit ihm an der Erkenntniß der Wohlthaten konstitutioneller Prinzipien, insbesondere aber an richtiger Würdigung des Selfgouver- nements! — Wir wollen hier keineswegs irgend ein k. k. Amt verdächtigen, aber gestützt ans rationelle Schlüsse fragen wir blos: Läßt sich nach der gegen¬ wärtigen Staats-Organisation in Stenersachen ein freies, konstitutionelles Oesterreich denken? Kann der Steuerpflichtige, welcher fort und fort die Ruthe exekutiver Steuereintreibung hinter sich fühlt, und der in den Ein¬ treibenden nur .die Herren" sieht, sich einen Begriff von den Wohlthaten konstitutioneller Regierungsformen machen? Nimmermehr! Und durch welch schwerfälligen Mechanismus wird die Steuereinhe¬ bungsmaschine im geregelten Gang erhalten! Ein Steuerbezirk, wie z. B. Klagenfurt, mit etwas über 30.000 Seelen und 128 Steuergemeinden, hat gegenwärtig einen Borschreibungs-, Evidenzhaltungs-, Abstattungs- und Abschreibungs-Apparat von mindestens 50.000 Partei-Vormerkungen, die, wohlgemerkt, wieder alle von den obern und obersten Behörden kontrolirt werden müssen oder wenigstens sollen. Welches Heer von Einhebungs- und Kontrolsbeamten ist nach dieser Methode nothwendig? Welche Stütze findet nicht die abstrakte Bureau- kratie und mit ihr das Centralisirungssystem in dem Bewußtsein des Gebietens über den Geldsäckel jedes einzelnen Steuerpflichtigen? — Wir müssen also die gegenwärtige Steuereinhebungsmcthode als mit der Frei¬ heit überhaupt, insbesondere aber mit dem Begriffe von Selfgouvernement und Gemeinde-Autonomie im Widerspruch erklären. Es ist daher nicht nur allein Wünschenswerth, daß die Steuereiu-- hebung sowohl zum Vortheile des Staates, als auch der Steuerpflichtigen nicht direkte durch die Organe der Finanzverwaltung, sondern unter Ver¬ mittlung und Haftung der Gemeinden geschieht. Die Gemeinde an und für sich kennt die pekuniäre Lage jedes Ein¬ zelnen viel besser, als der Steuerbeamte, sie weiß, ob Renitenz oder mo¬ mentanes Unvermögen die Abstattung der Steuerpflicht verhindern, sie ist daher auch in der Lage, mit voller Gerechtigkeit Strenge oder Nachsicht zu üben. Die Gemeinde steht fixier unter Kontrole der Oeffentlichkeit, und es bedarf nur eines liberalen Vereinsgesetzes, um jede Ungebührlich-- keit unmöglich zu machen, oder im Vorkommungsfalle der verdienten Rüge zuzuführen. Und wie einfach wird da die Steuereinhebung durch die Steuer¬ ämter! Anstatt der 50.000 Partei-Steuer-Bormerkungen wären z. B. im Steuerbezirke Klagenfurt nur fünf Evidenzprotokolle nothweudig, wenn nämlich der Bezirk Klagenfurt in fünf Bezirksgemeinden: Stadt, Maria Saal, St. Jakob, Viktring und Krumpendorf, eingetheilt würde. Und wie einfach die Kontrole. Die betreffende Steuer wäre von der Steuerbehörde auf Namen der Steuerpflichtigen für die Gemeinde in Form von Zahlungsaufträgen vorzuschreiben und von letzteren, unbekümmert um die Partei, einzuheben. Wir wollen hier ein Formular eines solchen Zahlungsauftrages geben, welches zugleich dazu dienen soll, unsere Ansicht über die Vorschreibung der Grundsteuer nach dem Werthskataster zu versinnlichen. Dasselbe hätte zu lauten: Zahlu ngsauftrag. „Im Grunde des zwischen Johann Schwarz und Kaspar Weiß am 1. Oktober 1863 abgeschlossenen Kaufvertrages hat letzterer als Erwerber der Franzhube zu Pokersdorf von dem Kaufpreise pr. 30-000 ff. bis zur nächsten Besitzveräuderuug jährlich die verfassungsmäßig stipulirte Grund¬ steuer mit 2°/o vom Werthe der Realität, daher nach Abzug des lOperc. Nachlasses pr. 60 sl. im Betrage von .... 540 st. vom 1. November 1863 angefangen bei der Steuerbezirksgemeinde St. Jakob zu entrichten. Diele Steuer wird der Steuerbezirksgemeinde St. Jakob zur Ein¬ hebung unter solidarischer Haftung im Evidenz-Protokolle III. Fol. 125 Post 1518 vorgeschrieben, und es hat dieselbe sonach mit Rücksicht auf die letzte Veränderung sub Post 1210 des Evideuz-Protokolles vom I. Nov. 1863 an die einvierteljährige Gesammtsteuerquote pr. 5350 fl. zu ent¬ richten." K. k. Steneramt Klagenfurt am ... . Wie leicht und mit wie wenig Kosten verbunden wäre diese Art der Steuereinhebung! Wie einfach die Kontrole! Alles Gehässige und Drückende der Stcuereinhebung würde verschwinden, die Organe der Finanz-Verwal¬ tung dürften nicht mehr die einzelnen steuerpflichtigen Parteien durch Exekution zur Abstattung der Steuern zwingen; Rügen und nötigenfalls Geldstrafen würden bei saumseligen Gemeinden hinreichen, die regelmäßige Steuerabfuhr zu erzwecken. Und die Gemeinden? — Im Anfänge ginge es freilich etwas schwer, daran ist nicht zu zweifeln, allein bald würden sich auch die Vortheile dieser Art Steuereinhebung für die Gemeinden zeigen. Abgesehen davon, — daß bcrücksichtigungswürdige Fristnngen und Ratenzahlungsbewilligungen von der Gemeinde leichter ertheilt werden können, als von Steuerbeamten, weil die Gemeinde einestheils besser die sozialen Verhältnisse ihrer Mit¬ glieder würdigen kann und wird, anderntheils sie nur die Abfuhrs-Pflicht der '/«jährigen Steuerquote hätte, viele Parteien aber leicht zur Bezahlung 728 der halb- oder ganzjährigen Steuerpflicht zu vermögen sein werden, — wird sich bald ein regeres öffentliches Leben kundgeben, denn wo der Getdsäckel ins Mitleid gezogen wird, verschwindet die Letargie, und die evidente Be¬ theiligung am Gemeinwesen wird, weil im Interesse eines Jeden gelegen, zur zwingenden Nothwendigkeit, zugleich aber auch der wohlthätig wirkende Verkehr zwischen den Gemeindegliedern und ihren Vorständen belebt und vermehrt, mit Einem Worte: Erst mit der Stener-Einhebungs- und Ab¬ fuhrspflicht wird die Autonomie der Gemeinde zur Wahrheit! XVI. Bedeckung des Deficits und Herstellung des Gleich¬ gewichtes im Staatshaushalte. Wer den Finanzdebatten im Reichsrathe mit Aufmerksamkeit gefolgt ist, muß die Ueberzeugung gewonnen haben, daß Oesterreich im Allgemeinen sich nicht über die Höhe der Steuerpflicht zu beklagen hat, sondern vielmehr nur über die ungerechte Vertheilung und das drückende der Einhebuugs- Methoden Klage geführt wird; er wird aber auch zur Ueberzeugung gelangt sein, daß sowohl der Herr Finanzminister, so wie die Herren Abgeordne¬ ten rathlos vor dem furchtbaren Abgrund stehen, welcher uns unter dem Namen Deficit entgegen grinst, unvermögend, denselben auszufüllen oder auch nur zu überbrücken. So löblich die Dränguug des Abgeordnetenhauses zur Sparsamkeit auch ist, das Uebel heilt Sparsamkeit nicht allein; es sollen und müssen Opfer gebracht werden, und die Völker des Kaiserstaates werden sie mit Freuden bringen, wenn man ihnen anderseits wieder gerecht wird. Aber ein ganz verfehltes, und nicht zum Ziele führendes Mittel ist es, durch Sparsamkeit und Erhöhung der auf fiskalischer Basis ruhenden alten Steuern das Gleichgewicht im Staatshaushalte Herstellen zu wol¬ len, und dennoch nebstbei Anleihen auf Anlehen zu häufen. Gesetzt aber auch, es gelänge nach einer Reihe von Jahren das angestrebte Ziel zu erreichen, so wäre dieses glückliche Ereigniß dennoch von keiner Dauer; denn der leiseste Sturm von irgend einer Seite her würde uns wieder in die alten Zustände stürzen, und wehe Oesterreich, wenn der Sturm vor Herstellung seiner finanziellen Ordnung hereinbrechen würde. Das Eine müssen wir uns gegenwärtig halten, der nächste Krieg, welchen wir über kurz oder lang haben werden, — und wir werden ihn haben, - wird kein lokalisirter, es wird ein Weltkrieg sein, in dem vielleicht Oesterreichs Existenz auf dem Spiele steht, wenn es nicht mit geordneten Finanzen sein gewichtiges Schwert in die Wagschale legen kann. Eine Ordnung der Finanzen aber ist in Oesterreich nur möglich, wenn erstens, wie wir im Verlaufe nuferer Artikel gezeigt haben, die Central- Verwaltungsmaschiue und die Steuergattungen so sehr als möglich verein¬ facht werden, und dann noch zweitens das Defizit für immer aufgehoben 729 wird. Die Lösung dieser zweiten und eigentlichen Lebensfrage ist unsere heutige Aufgabe. Nach unserem Veranschlage würde das Erforderlich deS künftigen ordentlichen Staatsbudgets jährlich circa 266,000.000 fl. betragen. Rechnet man hiezu noch ein Extra-Ordinarinm pr. 25,000.000 „ so ergibt sich (angenommen) ein Gesammterforderniß von jährlich 291,000.000 „ Dem gegenüber steht nach nnserm Plane das Be¬ deckungs-Budget mit 241,000.000 „ es kommt also noch ein Defizit von circa 50,000.000 fl. im außerordentlichen Wege zu decken. Daß dieser außerordentliche Weg jener der Staatsanlehen in Zukunft nicht mehr sein kann und darf, leuchtet jedem Patrioten und Finanzmanne ein. Es erübrigt also nichts, als das Defizit im Wege der Bcstenrnng zu decken, und zwar durch eine solche Steuer, die eine ganz leichte Veründerungsfähigkeit in sich birgt, und je nach Bedarf ohne Zeit und Kostenaufwand erhöht oder vermindert werden kann, und die daher auch geeignet ist, den Staat in außerordentlichen Kriegsfällen vor Geldkalamitäten zu bewahren. Diesen Zweck erreichen wir durch eine allgemeine, jährlich im verfassungsmäßigen Wege bestimmt werdende Communal-Auflage. Wir haben in nnserm gemachten Bedeckungsbudget die direkten Steuern, nämlich die Grund-, Gebäude-, Erwerb- und Rentensteuer, zu¬ sammen im Betrage von 192 Millionen Gulden angenommen, und die Einhebung dieser Steuern durch die Gemeinden beantragt. Diese durch die Gemeinden eingehoben werdende direkte Steuer hätte als Basis für die Communal-Besteurnng zu dienen, und zwar so, daß vorerst nach Ma߬ gabe des direkten Steuerertrages vom Vorjahre die Prozente der Com¬ munal-Auflage zu berechnen wären, — im heutigen Falle kommen, auf 192 Millionen vertheilt, 50 Millionen,: rund 26 kr. pr. Steuer¬ gulden. Nach Ermittlung des Erfordernisses der Communal- Besteurnng und Berechnung der Prozente, sind diese nach Maßgabe der von den Gemeinden abgeführten direkten Steuerquote zu repartiren, so zwar, daß (nach der heutigen Berech nung) wenn eine Gemeinde im Vorjahre 1000 fl. abgeführt hätte, sie 260 fl. Communal-Auflage einzuheben und abzuführen hätte. Diese Commnnal-Auflage wäre sodann nach eigenem Ermessen der Gemeinde, jedoch niemals durch Zuschläge auf die direkten Steuern auf die Gemeinde-Steuerpflichtigen zu repartiren, oder besser gesagt, durch von der Gemeinde selbst zu creirende Gemeindesteuern her¬ ein zu bringen. Als Stenerobjekte für rie Gemeinden hätten zu dienen: Der Ver¬ schleiß von geistigen Flüssigkeiten, die Einfuhr derselben, also Communat- Verzehrungsstencr; — Lupus-Artikel, wie z. B. Wagen, Pferde, Hunde, Crinolinen w., dann Einnahmen für Gemeinde-Bürgerrechts-, Gewerbe.- M und sonstige Verleihungen,.Erbschaftstaxen re. — Es müßte aber stets in der freien Wahl der Gemeinden bleiben, ihr beliebige Steuern einzuführcn, natürlich in so ferne sie nicht das Recht anderer Gemeinden beirren. Durch diese Communal-Auflage würde nicht nur allein eine gerechte und billige Steuerausgleichuug auf die wenigst drückende und wenigst kost¬ spielige Art ermöglicht, sondern auch das Gleichgewicht im Staatshaus¬ halte auf eine schnelle, sichere und dauernde Weise hergestellt. XVII. S ch l u ß b e tr a ch t n n g. Bevor wir zur Selbstkritik unseres Steuersystems übergehen, müssen wir vor Allem die Grundsätze näher berühren, welche uns bei Aufstellung unseres Planes leiteten. Unser leitende Gedanke ist der Jahrhundert alte Wahrspruch: „Oesterreich über Alles, wenn es nur will", eine Prophezeihung, die ganz gewiß früher oder später in Erfüllung gehen wird und muß, wenn nur erst einmal die Völker Oesterreichs zum Wol¬ len kommen. — Nach unserer innersten Ueberzengung aber liegt die Kraft und Machtstellung Nenösterreichs und das Glück seiner Völker in drei Hauptfaktoreu: erstens, Achtung gebietend und impvnirend uach Außen zu; — zweitens, möglichst ausgebreitete gesetzliche Freiheit des Individuums, der Gemeinden und Kronländer uach dem Priuzipe wahrer lebenskräftiger Gleichberechtigung im Innern, und drittens: geordnete Finanzen für alle Eventualitäten! — Nur diese drei Faktoren in Wechselwirknng werden und können Oesterreich glücklich machen. — Wir haben jedoch keineswegs außer Acht gelassen, die Dinge zu nehmen, wie sie sind und möglich sein kön¬ nen, nicht aber, wie sie sein sollten, oder wir sie uns identisch denken. Eine Achtung gebietende Stellung nach Außen kann Oesterreich, — zumal nach der heutigen, — wer weiß, wie lange noch andauernden Welt¬ lage, — nur durch stete Kampfbereitschaft, mithin durch Erhaltung einer großen Armee und progressiv anwachsenden Flotte erringen und erhalten, und diese aus unserer innigsten Ueberzengung hervorgehende Bevorwortung ist der sicherste Beweis unserer aufrichtig loyalen Gesinnung und unseres Vertrauens auf das Kaiserhaus. — Wir können unmöglich jene Herren Centralisten, welche die Weltlage verkennen oder ignoriren, und, der Re¬ gierung fort und fort den Geldbeutel entgegen haltend, auf Verminderung und Ersparung in der Armee dringen, für wahre Patrioten Oesterreichs halten, und müssen ihnen, wenn nichts Schlimmeres, — wenigstens Be¬ schränktheit in Beurtheilung der Sachlage in die Schuhe schieben. Wir wollen nicht gesagt haben, daß sich in der Armee keine Erspa¬ rungen erzielen lassen und ihre Organisation fehlerfrei sei, oder daß nickst rin besseres Militärshstem - vielleicht die Volkswehr — eingeführt wer- 7Sl den könnte, nein, wir werden vielmehr diesfalls in einer Reihe von Arti¬ keln unsere Ansicht nächstens kundgeben; aber heute ist die Lage Europas derart, daß Experimente an der Armee versucht, oder selbst nur Knicke¬ reien verdammt werden müssen. Heute bestehen in Europa nur zwei Armeen, die sich einander eben¬ bürtig sind: die französische und österreichische; doch welcher Unterschied zwischen diesen beiden Armeen! In Frankreich, wo das Wort „Vaterland" ins Herz jedes Fran¬ zosen von Marseille bis Straßburg dringt, wo die Regierungsform Neben¬ sache, die „Glorie der großen Nation" Hauptsache geworden ist, — bildet die Armee allerdings ein furchtbares Wehrmittel gegen jeden Angriff von Außen; allein, das möge man nicht übersehen, sie ist dennoch nicht so sehr der Ausdruck des nationalen Willens als der herrschenden Partei, und ein willenloses Werkzeug in der Hand jedes Machthabers, welcher durch die Armee der eitlen Nation zu schmeicheln versteht; die französische Armee kann daher so gut gegen als für die Freiheit gebraucht und mi߬ braucht werden. Die österreichische Armee hingegen steht außerhalb jeder politischen Parteiung, ihren Ruhm und ihren Stolz in der felsenfesten, unerschütterlichen Treue gegen ihren obersten Feldherrn, den Kaiser, suchend und findend. Die französische Armee erzieht die Nation, die österreichische sich selbst; und darin liegt der große Unterschied zwischen beiden, und macht in letzterer einen höheren effectiven Friedensstand nothwendig. Die Auslagen für unsere Armee werden daher, in so lange die Welt unter Waffen, wenngleich Gewehr beim Fuß, steht, — und dies dürfte noch hübsch lange dauern, — ungeachtet aller Sparsamkeit dennoch enorm sein, und, wenn wir ein starkes Oesterreich haben wollen, auch sein müssen. Ebenso die Auslagen für unsere junge Flotte, die. Dank ihrem Regenerator, sich so kräftig erhebt. Die Geschichte aller Zeiten und Staaten beweist uns, daß die Macht, ja auch der Wohlstand der Völker, im innigsten Zusammenhänge mit ihrer maritimen Wehrkraft steht. Aus¬ nahmen,' wie Frankreich unter Napoleon I. war, sind eben nur Ausnahmen, und wer weiß es, wie die Welt-Charte ohne die Schlacht bei Trafalgar- Heute aussehen würde? — - Die Unabhängigkeit Oesterreichs erfordert eine respektable Flotte; denn nur mit einer solchen wird seine Allianz gesucht und gefürchtet werden. Die Ausgaben für Heer und Flotte sind daher eine unabweisbare Nothwendigkeit zur Erhaltung des Ganzen, aber- eben deshalb ist es für Oesterreich von größter Wichtigkeit, daß die Civil- Verwaltung ans das allernothwendigste beschränkt wird, und dies kann nur durch'größtmöglichste Freiheit und Ungebundenheit seiner Glieder ge¬ schehen, nicht aber durch starre Centralisirung und Einmischung des Staa¬ tes in Dinge, die ihn als solchen gar nichts angehen. Nur auf diese Weise werden wir den Hauptfaktor unseres Wohlstandes: geordnete Finanzen, erlangen. 732 Was nun unfern Plan selbst betrifft, so wird, wenn man die Auto¬ nomie der Gemeinden anerkennen will, gegen die Selbstbesteurung dersel¬ ben wohl nur wenig einzuwenden sein; im Anfänge freilich wird es hie und da hapern, aber ist nur einmal der Geist zur Theilnahme am öffent¬ lichen Leben allgemein wachgerufen, und der Geldsäckel wird hiezu ein schallendes Horn werden, — so werden die anfänglichen Unbeholfen¬ heiten und Uebergriffe unter der Kontrole der Öffentlichkeit, einer freien Presse, und, — wie wir hoffen, — eines zu erlangenden freien Vereins¬ gesetzes bald beseitiget werden. Einem weitern Einwurf, daß durch unsere projektirtc Besteurungs- art manche Gemeinden zu hart, manche wieder zu leicht getroffen werden würden, begegnen wir damit, daß unser Vorschlag der Kommunal-Auflage keineswegs auSschließt, daß dieselbe nicht in Klassen eingetheilt werden könnte, so zwar, daß die reichsten Gemeinden, wie z. B. die Reichshaupt¬ stadt Wien, und größere Provinzial - Hauptstädte in die I., — ärmere Gemeinden in die II. und auch I!I. Klasse gereiht würden. Uebrigenö bemerken wir nochmals, daß den Gemeinden weit mehr Steuer-Objekte zu Gebote stehen, als dem Staate, weil viele solcher Objekte für die Be- steurung durch den Staat sich nicht eignen, ganz leicht aber durch die Gemeinden besteuert werden können. Ein weiteres Bedenken ist der Kosten¬ punkt der Einhebung; allein auch dieses Bedenken entfällt mit der Erwä¬ gung, daß so wie so die Steuern eingehoben werden müssen, und die Gemeindeeinhebnng naturgemäß für die Steuerzahlenden sich weit weniger kostspielig zeigen muß, als jene durch den Staat mit seinen schwerfälligen Verwaltungsmaschinen. Aber alle, alle Einwendungen verschwinden gegen¬ über den enormen Vortheilen, welche der Staat und die Völker durch unser projektirtes Steuersystem gewinnen würden. Mit Aufhebung der die Finanzwache nothwendig machenden Verzeh¬ rungssteuer, des Stempel- und Gebnhrengesetzes und Tabakmonopols, wäre der erste und wesentlichste Schritt der Versöhnung mit Ungarn geschehen, und dadurch der Grund zu einem starken, freien nnd einigen, wenn auch föderativen Oesterreich gelegt. Ackerbau, Industrie und Handel, von der hemmenden Fessel der Finanz-Staatskontrolle entbunden, würden in kurzer Zeit einen dermalen vielleicht noch nicht geahnten Aufschwung nehmen und den materiellen Wohlstand der Völker begründen. Das eiserne Band, welches gegenwärtig zu beider Schaden die Bank und den Staat umschlingt, wäre für immer zum Vortheile beider gelöst und der Theilnng der ersteren in segenbringende Landesbanken stände kein Hindcrniß mehr entgegen. Die Staatsfinanzen wären mit einem Schlage geordnet, das furebt- bare Defizit beseitigt nnd dadurch auch die Herstellung eines geregelten Geldmarktes mit Erlöschung der unseligen Agio Verhältnisse begründet. Die Finanzverwaltung würde in gewöhnlichen, ja auch in kritischen Friedensjahren, wie gegenwärtig, nicht zu dem verzweifelten Mittel fort 733 und fortgesetzten Schuldenmachens ihre Zuflucht nehmen müssen, und selbst in Kriegszelten wäre unser System das einfachste, Hilfe dort zu suchen, wo sie am sichersten zu finden: im Volke! Eduard Preschern. Vorarbeiten für die Landtage XIV. Agrarbanken. Unser zwar kleines, aber vielseitig gesegnetes Land Kärnten wird von einem Kranze mächtiger Gebirge umschlossen, deren Ausläufer mit den im Innern der Provinz vorhandenen erhabenen Gebirgsstöcken dasselbe durchfur¬ chen, und ansehnliche Thäler bilden. Es wird zum österreichischen Alpenlande gezählt, und von Naturforschern und Fremden nicht mit Unrecht die kleine Schweiz genannt, weil man in den durch ihre Schönheit ausgezeichneten Thälern den Gewerbsfleiß in den höchsten Gebirgen und sogar bis in die Eisregionen hinauf thätig hervortreten sieht. Die vorzüglichste Erwerbsquelle des Landes besteht in der Ausbeute der Bodenkultur und der damit verbundenen Viehzucht, und ihr würdig zur Seite steht die Industrie, die insbesondere in der Zutageförderung und Verarbeitung der vielseitigen und reichhaltigen Montanprodukte mächtig hervor tritt. Alle diese Beschäftigungen unterstützen und fördern sich gegenseitig und haben auch einen weit verbreiteten Handel hervorgerufen. Wenn aber gleich die Agrikultur sich in ihrem Fortschritte mit jedem Kronlande Oesterreichs messen darf, so fällt uns doch der höhere Auf¬ schwung in den Provinzen Böhmen und Mähren, nnd insbesondere der Fortschritt auf, den die Oekonomie in mehreren, uns in mancher Beziehung überflügelnden norvwestlichen Staaten Europas erreicht hat. Kärnten bedarf so mancher Nachhilfe, und ist im Stande, bei seiner augenscheinlichen Produktionsfähigkeit mit gehöriger Würdigung und Be¬ nützung der vorhandenen Kräfte den eigenen Bedarf nicht nur zu decken, sondern selbst ungeachtet der schon ziemlich fortgeschrittenen Bevölkerung noch einen Ueberfluß zu erzeugen. Würde den landwirthschaftlichen Interessen mir Halbwegs jene Auf¬ merksamkeit und fortwährende Nachhilfe znkommen, wie man sie der In¬ dustrie augcdeihen läßt, um wie viel wären wir vorwärts, während solche nur gleichsam das Gnadenbrod der Industrie genießen, als ein Aschenbrödl 734 meist sich selbst überlassen bleiben, und ihnen sogar noch der vorzüglichste Hebel, die Geldkräfte, verkümmert werden. Als die nothwendigsten und auch zeitentsprechendsten Mittel zur He¬ bung der Landwirthschaft ist nach unserer Ueberzeugung Folgendes: 1. Errichtung einer Agrarbank in Klagenfurt mit Filialen in jedem politischen Bezirke. 2. Einführung von Filialen der Landwirthschafts-Gesellschaft in mehrere Gauen. 3. Errichtung einer landwirthschaftlichen Schule in der Hauptstadt und Dahinwirken, daß Vorträge über Agrikultur als obligater Gegenstand in allen Landschulen gehalten werden. 4. Vorkehrungen in Bezug der kräftigen Pferdezucht und Errichtung einer Hufbeschlag- und zugleich Lehranstalt für Thierarzneikunde. 5. Einführung selbstständiger Assekuranzen in Kärnten in Bezug auf Feuer-, Hagel- und Wasserschäden. 6. Einwirkung auf möglichste Herabsetzung der Salzpreise. 7. Möglichste Trockenlegung der Seen und Entsumpfung der vielen und mitunter ausgedehnten Moorgründe, sowie Auflassung aller Teiche. 8. Vertheilnng sämmtlicher Gemeindeweiden. 9. Erwirkung eines Gesetzes zur kräftigen Handhabung der Insekten¬ vertilgung und zum Schutze aller Vögel. 10. Einführung von Gemeindespeichern und Backöfen. Nachdem wir über die so dringend nothwendige Kultur unserer Wäl¬ der, so wie in Bezug der Grundzerstücklungen im Artikel über Aufhebung der Fideikommisse in den Heften IX. und X. unsere Ansichten bereits aus¬ gesprochen haben, so übergehen wir für heute nur auf die Erörterung über Agrarbanken, und glauben denselben nur Folgendes voranschicken zu müssen. Vor allem erfordert es, die Nothwendigkeit, damit nutzbare Anträge, nicht wie bisher blos zu Papier gebracht, dann nach bisheriger Art und Weise einschlummern sollen, daß sich Organe bilden, welche zur Verfolgung und zur Thatbringnng berufen für Ausführung derselben unablässig thätig sind. Dieses kann aber nur erzielt werden, wenn aus der Mitte der Land¬ tagsabgeordneten sich Eomilss bilden, vorzüglich wenn eigene und selbst¬ ständige Sectionen errichtet werden, deren Aufgabe blos landwirthschaftliche Interessen betreffen sollen, und die berufen sind, zweckdienliche und für die Provinz nützliche Anträge zur Geltung und Thatwerdung gelangen zu machen. Dieses vorausgeschickt gehen wir nun zur nähern Begründung unserer obenangeführten Anträge und zwar heute über die Art der Einführung von Agrarbanken über. 735 Agrarbanken und Realkredit. Es berührt einen Menschen von Gefühl wirklich schmerzhaft, wenn man fast in jeder Landeszeituug und oft mehrfältig Exekutionsedikte zur Feilbietung von Bauernrealitäten liest, und mehrfältig Gelegenheit hat zu beobachten, welch unbedeutender Beträge wegen Realitäten feilgeboten wer¬ den, daß sich sogar nicht selten die Exekntiouskosten höher belaufen, als die einznbringende Forderung beträgt, unv wenn inan erwiegt, wie viele Mühe, Sorgen, Zeitverlust und Kosten vom Exekntoren vergeblich verwendet sein mochten, und er sich dennoch von seinem angestammten, oder mit Anwendung aller früheren Ersparnisse ermöglichten, und so lieb gewordenen eigenen Herde trennen mußte, und dann oft nicht weiß, wo er sein sor¬ genbewegtes Haupt niederlegen, oder für seine Familie ein Obdach fin¬ den wird. Oft ist die Geldklemme aus mißlungenen Spekulationen, Familien- verhältnissen, meist aber aus Uuglücksfällen in Folge von Feuer-, Wetter¬ oder Wasserschäden, Mißgeschick im Viehstaude hervorgegangcn. Abgesehen hievon ist aber vorzüglich zu beachten, daß wegen Mangel der nöthigen pekuniären Kräfte, meist aber bei kleinern Besitzern, nur ein steter Kampf, sich solvent zu erhalten, statthaben muß, und ihnen nie eine Möglichkeit geboten ist, auf Verbesserung en an ihremGrund- be sitze zu denken, viel weniger aber mit kostspieligeren Erfindungen Versuche anstellen zu können. Für die Industrie, für den Handel, sogar für die so einfache Geld¬ spekulation war zur Erleichterung des Geschäftsganges Vorsorge durch Errichtigtuug von Banken oder anderweite Flüssigmachung der erforderlichen Geldkräfte getroffen, nur die Agrikultur blieb uuberücksichtiget und sich selbst überlassen und dadurch sogar noch mehr beeinträchtigt, daß ihr die vormalige Unterstützung ans Pupilar- und Depositengeldern, aus Kirchen- und Gemciudekassen, die meist nur im Schoße der Landwirthschaft ihren Ursprung hatte, seit 13. August 1854 noch entzogen worden war, nachdem bereits fast alles disponible Geld den leidigen Anlchens-Operationcn zuge¬ führtworden war. Die einzige Hilfe, die noch übrig blieb, war die Sparkasse; allein die kleinlichen Formalitäten in der übertriebenen Sorge wegen Erleidung vor Verlusten, und noch das seit nicht lange her eingeführte kostspielige Notariat verleideten Manchem die Abhilfe, daher sich der Zuspruch zur Sparkasse nur auf dringende Fälle und meist nur zur Tilgung von Pas¬ siven beschränkte. Bei derlei Umständen ist sonach auf eine Hebung der Landwirth¬ schaft durch Verbesserung der Grundstücke oder Versuche mit neu auftauchenden Methoden nicht zu denken. Das Kapital aber erleichtert den Grundbesitzern und Handwerkern ihr Geschäft, befördert die Gewerbsthätigkeit nach jeder Richtung, ist beim Grundbesitz nie so gefährdet wie bei Gewerben, wo nur mehr der Personal- Kredit obwaltet, indem die Hypothek immer, wenn auch nicht vollkommene, 736 doch wenigstens einige Sicherheit leistet und in Exekutionsfällen im äußer¬ sten Falle, besonders wenn Gefahr für tabularmäßig sicher gestellte For¬ derungen vorhanden wäre, für den Vorschußfond erstanden werden könnte. Der Werth der Realitäten ist seit einem Sekulum her, ungeachtet so mancher Stürme, durch Kriegsaffairen, Epidemien, Viehseuchen, Mi߬ wachs und Hungersnot!) fortwährend im Steigen, und muß es sein, da die zunehmende Bevölkerung das Begehren nach Unterkunft und Nahrung steigert, und somit den Bodemvsrth hebt, ein künstlich erzeugtes Rückgehen einzelner Realitäten im Werthe aber durch eigenen Verkauf vereitelt wer¬ den kann. Das dringendste Bedürfniß zur Instandhaltung und Förderung land- wirthschaftlicher Interessen bleibt unbestritten eine leichtere Ermittlung des Kapitals, um in Bedarfsfällen sicher und schnell Abhilfe zu finden, da die Noth des kleinen Besitzers, besonders aber bei weiter Entfernung von größern, von der Industrie belebten Orten, wo ein vermehrter Geldbedarf statthat, besonders hervortritt. Vom großen Kapitale, das sich mit gewöhnlichen Zinsen nicht befaßt, und meist in vielfachem Verkehre noch größern Gewinn sucht, ist eine Ab¬ hilfe für die Agrarkultur um so weniger zu suchen, als solcher in ihrem gegenwärtigen Zustande schon 5°/o Zinsen schwer fallen und zur Rückzah¬ lung, wenn das Kapital derselben von Nutzen sein soll, mehrere Dezennien erfordert werden. Es muß daher seine Zuflucht zum kleinen Kapital nehmen, das sich so häufig am Lande vorsindet, für die Eigenthümer nur kleinen Nutzen abwirft, der Unbedeutenheit wegen wenig beachtet, oft nutzlos ausgegeben wird, und selbst zur Defraudation Anlaß gibt; fruchtbringend gemacht aber denselben dadurch auch den Vortheil bietet, daß Jedermann sich bequem Kapitalien sammeln könne. Ferner wird durch die Aufhebung der Wuchergesetze für die Grund¬ besitzer sicher noch eine größere Kalamität zu befürchten sein, darum drin¬ gend erforderlich ist, daß für eine Abhilfe und alsbald Sorge getragen wird. Eine Abhilfe kann mir erzielt werden, daß entweder g) möglichst zahlreiche Filialen der Sparkasse zur Aufsammlung des kleinen, meist todtliegenden Kapitals, und damit ein leichteres Zugänglich¬ werden derselben im Lande errichtet werden; b) durch Einführung von landwirthschaftlichen Kassavereiuen nach den Grundsätzen des Klagenfurter Gewerbskasse-Vereines in jedem Bezirke; c) durch Errichtung von Agrikultur-Banken, unter thätiger Mitwir¬ kung der Staatsverwaltung bei allen Steuerämtern mittels Vorschußlei¬ stung und Zuführung aller Depositengelder oder uöthigen Falles eines nur unbedeutenden Zuschlags an die Grund- und Hausklassensteuer, wo die Rückzahlung in Annuitäten von wenigstens 20 Jahren zu erfolgen hat. ci) Durch sogleich« Benützung der der Landwirthschastsgesellschaft von Franz Strutzmann in Wien gewidmeten Stiftung. 737 Ohne noch in eine Erörterung und Begründung der ersten drei Punkte dermalen einzugehen, und unsere Anträge zu stellen, wollen wir vor Allein den letzten Absatz hervor heben, und ihn zur Geltung bringen, weil er allein schon geeignet ist, selbstständig eine mächtige Wirkung hervor zu bringen, vorzüglich darum auch, weil es, würden dabei auch die Punkte b. oder o. berücksichtigt, dieselben ungemein zu fördern, und in der Anwen¬ dung alle Noth in der Agrikultur kräftigst und schnell zu heben im Staude ist. Franz Strutzmanu in Wien hat zufolge der „Landwirthschaft- lichen Mittheilnngen" vom Jahre 1855 Nr. 1, mit Erlaß der h. Landes¬ regierung dd. 13. Oktober 1854 Z. 9070 in seinem Testamente Folgen¬ des verordnet: „Mein Sohn Josef Vinzenz Strutzmaun hat zwar auch die nach Abzug des Witweugehaltes und des erwähnten Fruchtgenusses erübrigenden Nutzungen lebenslänglich zu genießen, jedoch die Substanz dieser. Erbs- hälfte muß ungeschmälert erhalten werden; zu den Notherben meines Sohnes Josef Vinzenz Strutzmanu in Betreff ihrer Erbhälfte ernenne ich die einstigen ehelichen Kinder ersten Grades meines Sohnes Josef Vinzenz- Strutzmanu, welche hievon ebenfalls nur die Nutzungen zu genie¬ ßen haben, weil ich für den Fall, daß mein Sohn Josef Vinzenz Strutz- mann entweder keine ehelichen Kinder hinterläßt, oder seine Kinder ersten Grades zwar die Wirksamkeit der Substitution erleben, nach deren Tode die erwähnte Erbshälfte zu einer eigenen Stiftung unter dem Namen „Strutzmaun's Agrikultur-Stiftung" für mein geliebtes Vaterland, nämlich die Landeshauptstadt des Herzogthums Kärnten in der Art bestimme, daß davon nie oer Hauptstamm angegriffen werden soll, sondern die Nutzungen hievon; doch ein i>io ecm<> dieser 'Nutzungen soll jährlich wieder zum Ka¬ pital geschlagen und fruchtbringend angelegt werden, doch möglichst sicher, das übrige Interesse zur Hebung der Urproduktion, z. B. durch Ent¬ sumpfung der MooSgrüude, Urbarmachung der Haiden verwendet werden soll, und zwar nach den Beschlüssen der Generalversammlung der kärntu. Landwirthschafts-Gesellschaft mit den Herren Landes-Ständen Kärntens." Laut weitern Erlasses der Landesregierung vom 5. Oktober 1855, Z. 13002 („Mittheilnngen" vom Jahre 1855 Nr. 11) wurde bekannt gegeben, daß die k. k. Landesregierung als Stiftungskuratels-Behörde den Substitutiousausweis des Fran; Strutzmann'schcn Vermögens bezüglich der Substitutionsmasse pr. 171.084 sl. 35 kr. C.-M. zu genehmigen und die k. k. nieder-österreichische Finanz-Prokuratur zu ermächtigen befunden habe, sich über diesen Substitutiousausweis an die berufene Abhandlungs- Instanz zu äußern. Der so großmüthige Stifter bat in seinem Testamente sich nicht ausgesprochen, wie und wo das dem Lande Kärnten vermachte Stiftungs¬ kapital bis zur Zeit, als die Widmung vollends rcalisirt werden kann, sicher gestellt werde. 738 Durch die Widmung ist aber das Kapital iu das Eigenthum dieser Provinz übergegangen, und Kärnten hat damit auch die Verbindlichkeit überiwnunen, die weitern Bestimmungen des Geschenkgebers iu Bezug des den Erben desselben zugesprochenen Fruchtgenusses zu erfüllen. Zeitverhältnisse erfordern für die Agrikultur iu Käruten dringend eine Abhilfe, die allerorts angestrebt wird, und nur iu der Kreiruug einer Agrarbank ermöglicht werden kann, wozu bis nun die Mittel fehlten. Durch dieses Bermächtniß ist aber dem Lande das Stammkapital für eine Agrarbank ermöglicht, und solche kann damit sogleich in's Leben gerufen werden, ohne daß,verWille des Testators im mindesten beein¬ trächtigt wird, wohl aber sogar jetzt schon zum großen Nutzen des Landes realisirt werden kann. Nachdem Wien, als Metropole, der Geldmarkt der ganzen ^österr. Monarchie, auf dieses Kapital nicht ansteht, so glauben wir, eS wäre wohl keine unbillige Anforderung des Landes, wenn dasselbe sein Eigenthum an sich zieht, selbst verwahrt nnd von hier den Fruchtgenuß den dermalen begünstigten Erben zukommcu läßt. Ist es aber vielleicht nicht möglich, ohne im mindesten dem als heilig zu betrachtenden Willen des Testators nahe zu treten, mit den Erben bezüglich ihres Fruchtgenusses eine sogestaltige Abfindung zu treffen, daß sie von dem ihnen vom Stiftuugskapitale zusteheudcn Fruchtgcuuß abstehen, welche Abfindung entweder durch Abtretung eines Kapitalsantheiles, falls der Erbe zu einem Verständniß schon berechtigt wäre, oder durch einen ander¬ weitigen großmüthigen Vorgang von Seite des dermaligen Nutznießers zum Wohle Kärntens, wodurch er gewiß uur den Willen des Stifters ehrt, und sich um das Land ewig währende Verdienste sammelt, in einer oder der andern Weise geschehen könnte? Kärnten würde durch einen derlei Vorgang, wenn es gegenwärtig schon die selbstständige Benützung seines Eigenthums ermöglichen könnte, in mancher Richtung und mehrfällig ge¬ winnen, im Allgemeinen aber, wenn es auch nur allem das Hereinziehen des Kapitals bezwecken könnte, von der gehörigen Sicherstellung und Ge- bahrung damit in steter Kenntniß sein. Ob unsere Landwirthschastsgesellschaft, die seit ihrem hundertjährigen Bestehen stets von einsichtsvollen Männern geleitet und unermüdet bestrebt ist, die Landesinteresseu zu fördern, seit der Zeit, als ihr die Kunde von dieser Stiftung zukam, was mehreres verfügte, ist uns nicht bekannt ge¬ worden, jedenfalls wäre aber ein einfaches „zur Wissenschaft nehmen" von dieser Erbschaft wohl nicht genügend gewesen, und wir erlauben uns, die hochansehnliche Gesellschaft auf Verfolgung der weitern Schritte nach oben gedeuteter Art aufmerksam zu machen, und sind der unvorgreiflichen Ansicht, daß ein mehreres Entgegenkommen zu den Erben des Stifters, um sie von der Hochachtung und dem fortwährenden Danke des Landes für den unvergeßlichen Stifter zu überzeugen, füL den Gegenstand sehr förderlich sein würde. 739 XV. Die Patronatsfrage. Im Einverständnisse mit dem Ministerium der Justiz hat das k. k. Ministerium des Innern mit Erlaß vom 10. Juni 1849, Z.3965 Nach¬ stehendes bekannt gegeben: „Nach der historischen und rechtlichen Ent¬ wicklung des Patronatsverhältnisses steht dasselbe mit den durch das Gesetz vom 7. September 1848 (betreffend die Grundentlastung) aufgehobenen Verhältnissen in keiner Verbindung, sondern es beruht auf Stiftungen oder Verträgen, und selbst bei den sogenannten neuen Pfarren auf der freiwilligen Annahme der ehemaligen Grundobrigkeiten. Es kann daher durch jenes Gesetz nicht als aufgehoben betrachtet werden .... Indessen ist es unerläßlich, auch hinsichtlich des Kirchcnpatronats den veränderten Zeitverhältnissen Rechnung zu tragen." Bis zum Jahre 1855 gelaugte aber außer einigen Zeitungsartikeln über das Patronatsvcrhältniß gar nichts in die Oefsentlichkeit, und selbst in dem im eben gedachten Jahre abgeschlossenen Konkordate fand diese dringende Frage wohl eine kurze Erwähnung, aber keine endgiltige Lösung. In den: verstärkten Reichsrathe des Jahres 1860 machte der Reichs¬ rath Gras Barkoczh, und in dein gegenwärtigen Reichsrathe der Abge¬ ordnete Graf Hartig über die Verschleppung der Patronatsfrage bittere, doch leider gegründete Bemerkungen. Wir glauben darum gern die von den öffentlichen Blättern gebrachte Nachricht, daß die Ordnung der Patronats-Verhältnisse schon bei dem nächsten Landtage eine Regierungsvorlage bilden werde. Wir gestehen es offen, daß wir die Patronats-Angelegenheiten — als der Natur nach kirchliche Gegenstände betreffend - vor das Forum der Kirche gehörend betrachten. Nachdem aber einerseits die kirchlichen Organe durch ganze 14 Jahre die Lösung dieser Frage leider außer Acht gelassen haben, an¬ dererseits aber dieser Gegenstand auch in das „Mein" und „Dein", somit in's Weltliche eingreift: so müssen wir diese Regierungsvorlage als voll¬ kommen berechtigt und höchst erfreulich herzlich begrüßen. Es werden somit unsere hohen Landtage über eine eben so wichtige und verwickelte, als auch vielseitig unbekannte oder verkannte Frage zu entscheiveu haben. Es dürften somit nachfolgende Andeutungen nicht ganz überflüssig sein. Das Patronalsrecht ist bekanntlich der Inbegriff der Jemanden ver¬ möge einer Stiftung oder einer ihr gleich geachteten Handlung an einer Kirche oder frommen Anstalt zukommendcu Rechte und Pflichten. Behufs des Verständnisses und der Würdigung unserer weiter unten über das Patronatswescn aufgestellten Grnndsätze lassen wir eine, wenn auch nur sehr gedrängte Geschichte des Patronatswesens, wie sie im Wetzer'schen Kirchen-Lexikon enthalten ist, hier folgen: 47* 740 Geschichte des Patronates. 1) Im Allgemeinen. Die Dank¬ barkeit der Kirche erkannte von jeher demjenigen, der eine Kirche erbaut, ein Kirchenamt dotirt oder sonstwie durch besondere Wohlthaten sich um sie verdient gemacht hatte, gewisse Auszeichnungen, namentlich die Erwäh¬ nung seines Namens im Opfer der h. Messe, zu. Das erste Beispiel aber, daß der Stifter einer Kirche das Recht erhielt, auch den Geistlichen für dieselbe zu ernennen, finden wir im fünften Jahrhundert in Gallien: es war jedoch dieses Recht dort vorerst nur einem Bischöfe zugesprochen, der in einer fremden Diözese eine Kirche gegründet hatte. Laien dagegen erfreuten sich dessen nicht, sondern dem competenten Bischöfe verblieb das freie und ungeschmälerte Recht der Einsetzung der an den unterrichteten Kirchen benöthigten Kleriker. Nur zur Verwaltung des Vermögens der von Laien gestifteten oder dotirten Kirchen wurden die Stifter, wenigstens im Orient, beigezogen, bis durch Justinian's Gesetzgebung allgemein aus¬ gesprochen wurde, daß der Stifter einer Kirche befugt sei, dem Bischöfe einen Geistlichen zur Anstellung au derselben zu präsentsten. Um dieselbe Zeit (Mitte des sechsten Jahrh.) oder bald hernach wurde auch im Abend¬ lande den Laienpatronen das Präseutationsrecht eingeräumt, ausdrücklich aber jedes Eigenthumsrecht an der Kirche und dem Stiftungsgute derselben abgesprochen. Auch war jenes Patronatrecht onm fürs pissssntunäl An¬ fangs nur ein persönliches Recht des Stifters, und nur das Recht der Vermögensverwaltung an der Patronatkirche wurde als eine vererbbare Befugniß anerkannt. Zu einem erblichen Rechte gestaltete sich das volle Patronatrecht zunächst im Fraukeureiche, und namentlich durch zwei Um¬ stände. Die eine Veranlassung dazu gaben die Privat-Oratorien, welche Gutsbesitzer auf ihren größeren Gütern anlcgten, und wie volles Eigcu- thum behandelten. Hieraus wurde für den Eigeuthümer auch das Recht, init Vorbehalt der bischöflichen Genehmigung den Geistlichen anzustellen, abgeleitet, was die fränkischen Kapitularien ausdrücklich bestätigten. So vererbten sie denn auch dieses Recht zugleich mit dem Grundbesitze auf ihre Nachfolger. Auch nach der Umwandlung solcher Oratorien und Burg¬ capellen in Pfarrkirchen blieb dieses Verhältnis; im Wesentlichen unver¬ ändert, da nunmehr nach der Auffassung des herrschenden Feudalsystems der Grundherr berechtigt war, den Pfarrer zn belehnen. Eine andere V-ranlasfnng zur Uebertragung des Patronatrechts auf andere lag darin, daß weltliche Fürsten und sogar Bischöfe, von den Umständen gedrängt, häufig einzelne Kirchen als Lehen an Laien Hingaben, welche sofort wie deren Eigenthümer sich bestachteten, die Einkünfte der Kirche willkührlich an sich nahmen, und sich oft nicht einmal mehr mit dem Rechte, die Geistlichen dem Bischöfe zur kanonischen Institution zu präsentsten, be¬ gnügten, sondern dieselben ohne weiters selbst in das geistliche Amt ein¬ setzten. Als aber endlich die Kirche im eilften Jahrhundert sich der durch die weltlichen Machthaber geübten Investitur der Bischöfe und Aebte zu erwehren angefangcn hatte, begann sie gleichzeitig den Kampf gegen diese widerrechtliche Ausdehnung des Patronatrechtes auf die Besetzung der nie- 741 deren Pfründen, und führte dasselbe wieder auf das alte Recht der bloßen Präsentation, und zwar als einer Vergünstigung, zurück. Häufig wurden im späteren Mittelalter auch von Stiftern, Abteien und Klöstern auf ihrem eigenen Grund und Boden Kirchen errichtet und dadurch das Patronat auf diese erworben: und nicht selten gingen auch Laienpatronate durch Schenkungen und Vermächtnisse oder sonstwie in den Besitz geistlicher An¬ stalten und Korporationen über, oder es wurde durch Jncorporation von Pfarreien ein Besetzungsrecht auf letztere von Seite des Stiftes oder Klosters, dem sie waren einverleibt worden, begründet, und ihnen biswei¬ len durch besondere Jndultc oder unter gewissen Beschränkungen sogar das volle Verleihungsrecht zugestanden. 2) Das landesherrliche Patronatrecht insbesondere. Diese Verhältnisse blieben bis in die jüngste Zeit im Wesentlichen dieselben. Dagegen aber hat in neuerer Zeit das landesherrliche Patronat in der angemaßten Erweiterung der sogenannten Majestätsrechte in kirchlichen Angelegenheiten eine nngemessene Ausdehnung erhalten, die mit dem kano¬ nischen Rechte in offenbarem Widerspruche steht. In der That waren nämlich die ehemaligen deutschen Reichsfürsten durch Fundation und Do¬ tation von Kirchen und Kirchenämtern, durch Belehnung mit Kirchengütern, durch Vogteiverhältnisse, durch päpstliche Jndulte und verschiedene andere Rechtstitel zum Besitze vieler Patronate gelangt; wie namentlich (um nur ein Beispiel anzuführen) das Haus Baiern in seinen Landen nicht nur alle Propsteien und Dekanate der Kapitel, sondern auch nach einer vom apostolischen Stuhle 1563 bestätigten Gewohnheit auf alle übrigen Pfrün¬ den in den päpstlichen Monaten zu präsentiren hatte. So weit also waren die Regenten in ihrem guten Rechte. Allein mit der extravaganten Ent¬ wicklung der landesherrlichen Rechte in Kirchensachen, wie sie die Neuzeit herbeigeführt, setzte sich die irrige Ansicht fest, als seien jene Patronate nicht durch spezielle Rechtstitel erworben und fortgeleitet worden, sondern als inhärirten sie den Regenten in der Eigenschaft landeshoheitlicher Rechte. Noch einen bedeutenden Zuwachs aber erhielten diese Patronate durch die Aufhebung von vielen Stiftern und Klöstern zuerst in Oesterreich, wo die Kirchenämter, Pfarreien und Benefizien, welche früher dem Prä¬ sentationsrechte dieser Korporation zustanden, der landessürstlichen Kollation unterworfen, und die Bischöfe dabei nur auf einen Besetzungsvorschlag beschränkt wurden; dann auch im übrigen Deutschland durch die zu An¬ fang des gegenwärtigen Jahrhunderts eingetretene Säcnlarisation, in Folge welcher die betreffenden Landesherren ohne weiters die Patronalrcchte der säcularisirten Stifter, Abteien und Klöster, ja sogar die bischöflichen Kolla- tionsrcchte in Anspruch nahmen. Zur Beschönigung dieses excedenten Verfahrens, für welches man in dem Reichsdepntations-Hauptschlnß von 1803 8- 36 eine gesetzliche Bestätigung finden wollte, wurde vollends die plausible Theorie von einem sogenannten allgemeinen landesherrlichen Pa¬ tronatrechte erfunden, aber in ihrer ganzen Grundlosigkeit nachgewiesen und vom päpstlichen Stuhle mit dem entschiedensten Widerspruche belegt. 742 Zufolge a. h. Entschließung vom 3. Oktober 1858 haben sich Se. Majestät Vorbehalten, die Patronatsverhältnisse mit Rücksicht auf das Kirchengesetz, die Landesgewohnheiten und die durchgeführte Grundentla¬ stung nur zu ordnen. In diesem ganz gerechten Geiste wird auch die diesbezügliche Regierungsvorlage gehalten sein, und in eben diesem Geiste dürften auch die nachfolgenden Prinzipien bei der weitern Durchführung der Ordnung der Patronatsangelegenheiten gegründet und einer Berück¬ sichtigung von Seite der Landtage nicht ganz unwerth sein. 1. Alle Patronate, welche nicht nach dem kanonischen Rechte an die Patrone gekommen sind, sind aufgehoben und die Kirchen werden frei — libsras eollutionis, bischöflicher Verleihung. In diesem Sinne wären nun einige Artikel des Konkordates abzuändern, indem alle Privilegien nur Wunden des Gesetzes sind. 2. Alle rechtmäßigen Patronatsinhaber — geistliche und weltliche — sind aufznforden, sich zu erklären, ob sie ihre Patronate auch ferner be¬ halten wollen oder nicht. 3. Im bejahenden Falle ist die Sicherstellung der Einhaltung der Patronatspflichten in Folge vielfach gemachter bitterer Erfahrungen jeden¬ falls zu veranlassen. Das wird erzielt, wenn entweder die jährliche Aus¬ zahlung der Interessen eines kommissionell, jedoch billig mit Rücksicht auf die Grundentlastung und auf den Umfang der fraglichen Gebäude zu bestim¬ menden Kapitals garantirt, oder aber, falls es der Patron vorzieht, das ganze Kapital für alle diesem Patronate bis nun unterstehenden Kirchen und Pfründen ausbezahlt und unter pupilarmäßiger Sicherheit fruchtbringend angelegt wird. 4. Im verneinenden Falle werden die Patronatslasten mit einem billigen Kapitale abgelöst, indem es Wohl bekannt ist, daß bei UebergabS-, Tausch- oder Kaufverträgen die Patronatslasten genau und in hohem Be¬ trage in Berechnung genommen wurden. Ein freundlicher Vergleich dürste dabei am ehesten zum erwünschten Ziele führen. Diese Pfarren werden dann Pfarren freier, bischöflicher Verleihung. ES könnte den Patronen dafür das Recht eingeräumt werden, daß sie bei jedesmaliger Besetzung einer jeden unter ihrem.Patronate gestandenen Pfründe in der Gemeinde¬ repräsentanz immer eine Stimme haben. 5. So wie die Lasten, so haben in Zukunft auch die Rechte der Patrone an die Pfarrsgemeinden überzugehen. Nach dem alten Spruche: „Wer zahlen thäte, auch mitzureden hatte" bekamen die Gemeinden bereits bedeutende Rechte bei der Verwaltung des Kirchenvermögens und bei den Bauführungen, — wir möchten ihnen auch einen bedeutenden, wenngleich nach deni gegenwärtigen Rechte ihnen nicht zustehenden Einfluß bei der Besetzung der Pfründen eingeränmt wissen. Darum beantragen wir Folgendes: 6. Bei allen Pfründen macht der Bischof der Pfarrsgemeinde einen Terno-Vorschlag; bei Pfarren bischöflicher Verleihung präsentirt die Gemeinde-Vertretung dem Bischöfe einen von den drei Vorgcschlagenen; 743 bei Pfarren aber, welche unter einem andern Patronate stehen, präsentirt die Gemeindevertretung aus dem Terno-Borschlag desBischofeS zwei dem Patrone, der nun einen aus diesen zweien zu wählen hat. Bei einem solchen Vorgänge bei Pfründenbesetzungen würde dabei dem Diözesan-Bischofe — als dem eigentlichen Verleiher aller Kirchen¬ ämter — mit vollstem Rechte der größte Einfluß gesichert sein, indem er schon bei dem Vorschläge die würdigsten Bittsteller berücksichtigen, so wie hingegen einem untauglichen oder unwürdigen die exolus8ivam geben könnte. Sollte jedoch dieser Vorschlag nicht genehm erscheinen, so würden wir wenigstens dies beantragen, daß die H. H. Bischöfe bei Besetzungen von Pfarren bischöflicher Collation den nm die Ehre des Hanfes Gottes besonders verdienten Gemeinden zur Belohnung und Aufmunterung den oben angedeuteten Einfluß zugestehen. Es ist freilich wahr, daß auf diese Weise Einige in ihren alten Rechten gekränkt werden; aber bei so verwickelten Fragen und bei einer so laut geforderten Berücksichtigung der Gemeinden dürfte sich ein glück¬ licherer Ausweg wohl kaum ermitteln lassen. 7. Die Schulpatronate sind einfach aufgehoben, und gehen die diesbezüglichen patronatlichcn Rechte und Pflichten auf die Gemeinden über. Dieses Patronat, welches in Oesterreich in den Jahren 1788 und 1789 auftauchte, kennt die Kirche nicht, und auch der Staat scheint, wenn es erlaubt ist, nach einigen Verordnungen und Thatsachen zu schließen, das Schulpatronat bereits faktisch anfgehoben und die patronatlichen Rechte und Pflichten den Schulgemeinden übertragen zu haben. Und wir können dem Schulwesen in mancher Beziehung nur gratnliren, wenn nicht blos die Zahlungen und Leistungen, sondern — wohlgemerkt! --- auch die Rechte der Patrone auf die Schulgemeinden übergehen. Darum fordern wir für die lasttragenden Gemeinden eine maßgebende Stimme bei Schulbauten, um die theuren uud den Ban verschleppenden Kommissionen zu beseitigen und praktisch gebaute Schnlhäuser zu erhalten. Wir wollen hier nur zwei eben im Bau begriffenen Schulhäuser kurz erwähnen: das Schulhaus zu St. Stefan am Krapfelde und das zu Ferlach im Rosen- thale. Das erstere ist ein Werk eines k. k. Ingenieurs uud steht wahr¬ lich als Muster da, wie die Schulhäuser nicht gebaut sein sollen! Das andere, von der Schulgemeinde Ferlach anfgrführt, wobei sich der Herr Baron Silbernagel durch seine großartige Freigebigkeit, der Herr Bürger¬ meister Ignaz Just und ganz besonders der Herr Gemeinderath Philipp Poschinger durch seinen genialen, praktischen Bauplan und durch seine ungemeine Thätigkeit auszeichneten, wird noch für spätere Geschlechter als ein Ehrendenkmal für die brave Gemeinde und als Beweis dastehen, wie man Schulhäuser schnell, zweckmäßig uud — wohlfeil aufbaut. Bezüglich der Besetzung der Schullehrerdienste sollte man den nämlichen Weg wie bei den Pfarrspsründen einschlagen. Das Konsistorium mache einen Terno- 744 Vorschlag und die Gemeinde-Vertretung wähle den ihr aus den drei Vorgeschlagenen Genehmsten heraus. Nach diesen Modalitäten dürften die Patronats-Angelegenheiten am glücklichsten und gerechtesten gelöst werden. XVI. Das Verhältniß der Hauptstadt Klagenfurt zum Lande. L. ?. Das Verhältniß der Hauptstadt Klagenfurt znm Vanve wird unzweifelhaft beim nächsten Landtage zur Sprache kommen und endlich geordnet werden müssen. Die Hauptstadt Klagenfurt war bekanntlich vor dem Jahre 1848 Eigenthum der Stände, das heißt, sie stand im Unter- thansverhältnisse zu letzteren. Jetzt, nachdem dieses Verhältniß aufgehoben, und die Stände der Landes-Vertretung weichen mußten, ist cs aber noth- wendig, daß auf billiger Grundlage eine gänzliche Scheidung dieses alten Verbandes stattsinde; denn was seiner Zeit die Stände von ihren Unter- thanen, der Stadt Klagenfurt, zu fordern berechtiget waren, so wie, was sie leisteten, kann die neue Landschaft weder fernerhin fordern, noch, ohne die Interessen des Landes zu verletzen, in Zukunft mehr leisten. Vor Allem wird eine strenge Sichtung des Eigenthums nothwendig sein. In dieser Beziehung halten wir dafür, daß alle öffentlichen Platze, Alleen, Gästen und Wege, selbst wenn selbe über ständisches Eigenthum führen, wie z. B. in den Stadtgräben, so auch die sogenannten Schütten ein Eigenthum der Stadt Klagenfurt sind, und wenn auch aus keinem andern Rechtstitel als dem der Ersitzung. Ebenso scheinen uns Verpflichtun¬ gen, welche die Stände nicht in ihrer Eigenschaft als Grundobereigen- chümer, sondern ans andern Beweggründen Jahrhunderte lang aus dem ständischen Vermögen leisteten, wie z. B. die Erhaltung des Feuerbaches, durch das neue Verhältniß nicht aufgehoben, weil das ehemals ständische Vermögen dem Lande zugefallen ist, dadurch aber erworbene Rechte der Stadt Klagenfurt nicht gelöst werden konnten. Ganz anders verhält es sich aber mit einem andern Institute, wel¬ ches noch heute auf Kosten des Landes zu Gunsten der Bewohner Klagen- genfurts erhalten wird; wir meinen nämlich das landschaftliche Theater. Hier spricht kein Rechtsarund oder auch nur scheinbarer Rechtstitel für die fernere Leistung. Ja selbst aus BilligkcitSrücksichten läßt sich der wei¬ tere Fortbestand des landschaftlichen Theaters in Klagenfurt nicht recht¬ fertigen, es wäre denn, daß es eine Rente abwerfc. Doch auch im letzteren Falle glauben wir, daß die Würde der Landschaft sich mit der Verwal¬ tung eines Kunstinstitutes nicht gut verträgt, weshalb die Uebertragung des Eigenthumsrechtes unter billigen Bedingnissen an die Stadtgemeinde wohl das Zweckmäßigste wäre. 745 Jetzt noch bestehende Dienstplätze, welche weder der Stadt noch dem Lande frommen, werden aber jedenfalls im Interesse des Landes aufgehoben werden müssen, XVII. Landes-Fenerassekuranz-Verein. Am 4. Dezember l. I. hielt der hochw. Pfarrer von Schwabegg, Herr Lorenz Deutsch mann, in der monatlichen Sitzung der kärntn. Landwirthschafts-Gesellschaft folgenden, der höchsten Beachtung und der regsten Theilnahme würdigen Vortrag: Am 5. Juni d. I. brachte ich hier in der Sitzung des löbl. Ceu- tralausschnsses den Plan oder besser Antrag vor, den inncrösterreichischen wechselseitigen Feuerasseknranz-Vcrein aufzulösen, und einen solchen für das Land Kärnten für sich selbstständig einzuführen. Mein Antrag fließt ans der Betrachtung der Nachtheile, die den Mitgliedern der gegenwärtigen wechselseitigen innerösterreichischen Feuer¬ assekuranz erwachsen, und der Betrachtung der Vortheile, die aus der Constituirung eines neuen, auch wechselseitigen, aber Landesvereines für Kärn¬ ten, erwachsen würden. Die Nachtheile sind ersichtlich aus dem Vergleiche der 1. wechselseitigen i nn er österreichische u Assekuranz mit andern dergleichen Assekuranzen; denn erstens ist sie im Vergleiche mit andern Gesellschaften die theuerste — denn der Landmann und Bürger in den Märkten, deren Gebäude meistens in der 6. Klasse sind, zahlen z. B. wie für 1861 nicht 34, sondern 68 kr., wo keine einzige Gesellschaft eine solche Prämie fordert, und zweitens, weil bei einem Schaden jede auch sogleich und baar zahlt, während man sich bei dem gegenwärtig inner¬ österreichischen wechselseitigen Feuerasseknranz-Verein so manche Bedingun¬ gen muß gefallen lassen, von denen man statutenmäßig nicht abgeht. 2. Sind die Nachtheile auch ersichtlich aus der eigenen statutenmäßi¬ gen Verwaltungsweise, — ans dem Regie- oder Auslagenansweise. Wir wollen dieselben kurz berühren: Die Direktion der Anstalt hat das ganze, jetzt schon bedeutende Assekuranz-Vereins-Vcrmögen dort zu Graz in Händen zur freien Dispo¬ sition. Es zirknlirt alldort schon ein schönes Reservekapital, wobei auch unser Antheil ist, und der uns hier im Lande abgeht, welcher Abgang dem Landwirth und Industriellen oder auch Gewerbsmann besonders empfindlich ist, wenn er schnell ein Aufnahmskapital (ein Darlehen oder Vorschuß oder Aushilfe) bedarf, wo er jetzt voni Pontius zum PilatuS lausen muß, nm Sicherheit genug nachzuweisen, und er dann bei Hcrodes noch nichts bekommt; was aber bei einer hierländischen Verwaltung, nach Art des hierstädtischen Aushilfs-Vereins, so leicht geschehen könnte. Das für den Landmaun und Industriellen so leichte Erhalten eines Kapitals (jedoch 746 für die Gesellschaft nicht unsichere Hingabe) würde den Landwirth und auch Bürger anziehen, den Kredit der Gesellschaft heben, die Mitglieder vermehren, somit das Rescrvkapital kräftigen, wachsen machen, und nach Verlauf einer Generation ein herrliches, wohlthätiges Landesinstitut werden — mau sehe hin ans das herrliche, so segenbringende wohlthätige Spar¬ kasse-Institut, was allen Vereinen zum Muster dient. Betrachten wir ferners bei unserer Feuerassekuranz die Berwaltungs- auSlagen nach ihren Punkten. Laut Rechnung vom Jahre 1860 betragen die Verwaltungsauslagen: a) Gehalte des Kanzlei-Personals bei derDirection und den beiden Jnspectionen in Kärnten und Krain 13,775 fl. — kr. b) Miethzins, Beheitznng, Beleuchtung der Direc- tionskanzlci und der Amtsdieners-Wohnnng . . . 1,959 „ 89 „ e) Druckpapiere, Kanzleireguisiten, Jnventarial- Gegenstände, Diurnen, Schreibgebühren bei der Direk¬ tion, den Jnspectionen in Kärnten und Krain und bei verschiedenen Districten 4,074 „ 55^ „ ) Miethzins, Beheitznng, Beleuchtung rc. wäre zwar dann auch, jedoch es würde Alles im Lande geleistet und auch Alles dem Lande zu Nutzen, ebenso o) Druckpapiere, Kanzleirequisiten rc. würden heimische Handelsleute besorgen und das W-ns dafür haben. Diurnen und Schreibgebühren wür¬ den Heimische genießen, welche man eben damit bedenken wollte. 4, « und 1 blieben auch hier. x) Der obwohl nur proportionirte Beitrag für das Pompier-Corps und Feuerwache am Schloßbergc entfiele gänzlich, und Wollte man allda freiwillig einen Beitrag für die eben in Klagenfurt beantragte Feuer- 747 wache leisten, was man dort leisten muß, so würde ich, ohne darum dem schönen Schloßberge in Graz mißgünstig oder abgeneigt zu sein, es doch lieber meiner Landeshauptstadt gönneu. Nach Rechnung pro 1861 fallen an Regie ans Kärnten, nach Pro¬ zenten (beiläufig) ein Viertel, somit 9300 st., welche jährlich bis jetzt in Steiermark verbleiben, welche Summe aber Hierlands vielleicht um 2—3000fl. erspart, und der andere Betrag pr. 6—7000 fl. im Lande verausgabt werden könnte. Bei der im Jahre 1861 so ziemlich hohen Beitragsquote von 34 kr. von 100 fl-, trifft den Landmann und oft auch Bürger in Städten und Märkten, deren Gebäude meistens in sechster Klasse stehen, und 68 kr. pr. 100 fl. beträgt, schwer, was wohl keine andere ähnliche Gesellschaft verlangt, sich also unser Assekuranz-Verein wohl als der theuerste herausstellt, somit die Gesellschaft wohl manchen Klecksen von Agenten anderer dergleichen Gesell¬ schaften bei Anpreisung der Vortheile ihrer Gesellschaft erhält — darum so viele Austritte — und Eintritte Wohl nur über ämtliche Aufträge bei Vormundschaften oder Curatelen, und die sonstige, jetzt schon unüberwind¬ liche Abneigung gegen die jetzt noch unsrige Assekuranz. Diese ungünstige Stellung unserer Feuerassekuranz würde aufhören, wenn dieser bestehende Verein aufgelöst und ein selbstständiger Landes- Feuerassekuranz-Verein constituirt werden möchte; denn dadurch würden sich alle die sub a, b, e, A, b angeführten Nachtheile beheben, und die heimische Verwaltung hätte Gelegenheit, bessere Verhältnisseherbeizuführen, und zwar: 1. Schon dadurch, daß die unausweichlichen Berwaltungsauslagen von einigen Tausend, circa 5— 7000 fl. im Lande verbleiben, und das dabei verwendete Personale heimisch wäre, schon dies ist keine unbedeutende Rubrik. 2. Die Erfüllung des Wunsches so vieler hiesigen Assekuraten, würde noch viele andere Thcilnehmer zum Assekuranz-Verein herbeiführen, dadurch die Gesellschaft vermehre» — und je mehr Beitretende, um so schneller die Vermehrung des Vorschuß- resp. Neservefoudes, also Gewin¬ nung der Geldkräfte und Sicherung des Vereins — besonders wenn er ein wechselseitiger bleibt, weil hier das sicherste Stammkapital ist. Mit dem Wachsen des Reservekapitals könnte der Verein auch seine Versicherungen erweitern, allenfalls auf Jnventarial- und Futtervorräthe, und gegen Elemente und Hagelschaden — allenfalls eine Waisen- und Witwen-Versorgungsanstalt errichten, die Vorschußfonds-Beiträge beim Eintritt von 5 zu 5 Jahren erhöhen — dadurch die Reserv-Kapitalien- Jnteressen vergrößern, und gewisse Prozente von diesen Interessen auch für Landes- und wohlthätige Zwecke, zu Aushilfen, Unterstützungen, und wie die Rinnions süristioa für das Marianum ihre 20pE't. gibt, so könnte hier solche Gabe wohl verdoppelt und verdreifacht werden. 748 Den Reservefond jedoch sollte man trachten zn einer solchen Höhe anwachsen zu lassen, daß dessen Interessen mit der Zeit alle Regiekosten decken, und auch die jährliche Beitragsquote mitbestreiteu helfen würden. Wenn also der Landes-Feuerassekuranz-Verein, der auch Jnventarial- und Futtervorräthe assekurirt, so viele Vortheile bietet, so ist bei solchen Umständen die Auflösung unseres innerösterreichischen wechselseitigen Feuer- Assekuranz-Vereins ja als nützlich und Wünschenswerth ersichtlich, somit solches anzustreben, und ein Landesassekuranz-Verein nach den Statuten einzuführen. Anmerkung der Redaction: Gegen diesen patriotischen Vor¬ schlag wurde das Bedenken vorgebracht, ob die innerösterreichische wechsel¬ seitige Feuerassekuranz-Gesellschaft wohl auflöslich sei, was vor Allem zn konstatiren wäre. Wir hegen über die Auflösbarkeit dieser Gesellschaft wohl nicht den geringsten Zweifel, indem schon der letzte Paragraf der Statuten dieser Gesellschaft den Fall einer möglichen Auflösung bespricht, und der ß. 832 des A. B. G. ausdrücklich sagt: „Eine Verbindlichkeit zu einer immerwährenden Gemeinschaft kann nicht bestehen; die Ztz. 830, 834, 835, 840, 841 und 888" stellen die Normen für die Theilung des gemeinsamen Gutes fest. XVII. In Sachen des laudwirthschaftlichen Unterrichtes. v. Sind landwirthschaftliche Schulen nothwendig? Die Zeit, in welcher andere Stände mit Geringschätzung auf die Landwirthschaft herabsahen, nnd sie nur als mechanisches Gewerbe betrach¬ teten, gehört bereits der Vergangenheit an; die Gegenwart hat die Wich¬ tigkeit dieses Zweiges menschlichen Wissens und Könnens in national¬ ökonomischer Bedeutung als Grundlage des geflammten Staatslebens gewür¬ digt, und erkannt, daß zu seiner erfolgreichen Ausübung ein größeres Kapital von Talent und Kenntnissen erfordert wird, als zu jedem andern Fache; die Zukunft wird dieser Wissenschaft und Kunst Lehrstühle und Stätten aller Art errichten, und ihren Heroen, als den größten Wohlthä- tern der Menschheit, ehrende Denkmäler setzen. In frühester Zeit war die Bevölkerung nnd die Zahl ihrer Lebens¬ bedürfnisse noch gering, und es konnte der rationelle Betrieb des Acker¬ baues leicht vermißt werden; nicht so gegenwärtig und in kommenden Ta¬ gen, wo die progressiv steigende Vermehrung der Bevölkerung das Gebot der Nothwendigkcit dictiren wird, dem Boden durch Arbeit und Kunst mehr Früchte abzugewinnen und seiner Erschöpfung durch Zufuhr neuer Frucht¬ barkeit vorzubeugen. Zur Lösung dieser Aufgabe genügt aber das alte Sich-gehen-lasscn nicht mehr; es gehören außer praktischen Handgriffen auch noch theoretische Kenntnisse dazu, mögen sie auf was immer für einem Wege erworben worden sein. Der einfachste Weg zur Erwerbung dieser 749 ist unstreitig der Selbstunterricht durch Lektüre nützlicher landwirthschaft- licher Schriften. — So natürlich und eben dieser Weg im ersten Augen¬ blicke erscheinen mag, so ist er doch der überwiegenden Menge der gegen¬ wärtigen kleineren Grundbesitzer, mindestens iu dem größeren Theile der Monarchie, unzugänglich, da er das Vorhandensein gewisser Elementar¬ kenntnisse voraussetzt, wenn nicht durch Mißverständnisse Unklarheit und Verwirrung entstehen soll. So wäre, um nur ein Beispiel anzuführen, eine Abhandlung über den Werth irgend eines Düngers, sei sie in noch so gemeinfaßlicher Weise dargelegt, Jedem unverständlich, der sich nicht im Besitze gewisser, der Chemie entnommenen Begriffe befände; daß die Existenz dieser Begriffe als geistiges Eigenthum nur einem geringen Bruch- theile unserer kleineren Landwirthe zugemuthet werden darf, ist kaum zu bezweifeln. Damit soll keineswegs behauptet werden, jeder Landwirth müsse Chemiker sein, da man ja auch nicht Sprachforscher vom Fache zu sein braucht, um eine Zeitung lesen oder einen Brief schreiben zu können. Dem Gesagten zur Folge wird nur jener Landwirth sich durch Lektüre landwirthschafilicher Schriften auszubilden im Stande sein, der sich in den Besitz der wichtigsten Grundlehren der Disziplinen gesetzt hat, welche man als die Grundwissenschaften der Landwirthschaft bezeichnet. Der Weg aber, sich diese zu verschaffen, ist die Schule. Die Neuzeit leidet keinen Mangel an Anstalten, an denen vorzugsweise nur Realien gelehrt werden, aber dieselben sind nicht speziell für angehende Oekonomen, sondern in erster Linie für Jünglinge bestimmt, welche sich dem Handel oder den Gewerben widmen. Das Studium der Landwirthschaft ist nicht in ihren Lehrplan ausgenommen, und Naturgeschichte, Physik, Chemie, Geometrie und Baukuude werden nicht mit besonderer Berücksichtigung des .Ackerbaues gelehrt. Das ökonomische Studium begreift ferner nicht nur theoretische Kenntnisse, sondern auch die Handwerks- und kunstmäßige Erlernung der Landwirthschaft. Dies mögen die wichtigsten Gründe gewesen sein, welche zur Errich¬ tung eigener, neben Realschulen bestehender, landwirthschaftlicher Lehran¬ stalten geführt haben, an denen die Theorie nicht nur spezieller vorgetra¬ gen, sondern auch mit der Praxis verbunden wird. Arten landwirthschaftlicher Schulen. Die dem landwirthschaftlichen Studium bisher errichteten Lehranstal¬ ten gliedern sich in niedere, Mittel- und höhere Schulen. Die Institute der ersten Art sind als Ackerbauschulen bekannt, und man kann bei ihnen folgende Hauptformen der Ausführung unterscheiden: - 1. Die Zöglinge werden jung ausgenommen; der Unterricht umfaßt außer Elementarnachhilfe alle Realie» und die Landwirthschaftslehre; die Arbeit füllt nicht oder nur ausnahmsweise den ganzen Tag ans, ist Hand¬ arbeit und nur für die älteren Zöglinge Gespannarbeit. 760 2. Die Zöglinge werden nicht vor dem 16. bis 18. Lebensjahre und nur nach vorgängig erlangter Elementarbildung und landesüblicher Kenntniß der Ackerarbeiten ausgenommen, sie verrichten alle Arbeiten selbst; der Unterricht ist vorzugsweise auf den Winter concentrirt. Hierbei wer¬ den entweder gar keine Knechte gehalten, daher der Unterricht sich nur auf ein geringes Maß theoretischer Kenntnisse beschränkt und die mechanische Erlernung der Arbeiten die Hauptaufgabe bildet, oder es werden neben den Zöglingen noch Knechte für Fuhren und solche Arbeiten gehalten, bei denen gar nichts zu erlernen ist; der Unterricht wird hier während des Sommers meist mir als Erläuterung im Felde, im Winter aber zusam¬ menhängend und in populärer Weise ertheilt, und zwar sowohl über die nöthigsten Theile der Naturwissenschaften als über Landwirthschaft. Hier¬ her gehören die würtembergischen, badischen, ein Theil der preußischen und, wenn wir nicht irren, alle bisher im Inlands errichteten Ackerban- schnlen. Wie man aus Vorstehendem ersehen haben wird, ist es also Zweck der Ackerbauschulen, künftige Besitzer oder Pächter kleinerer Wirtschaften und Aufseher, Schaffer und Oberknechte für größere Wirthschaftsobjecte heranzubilden. Dagegen verfolgen die landwirthschastlichen Mittelschulen als Zweck, junge Männer, welche mit einer angemessenen wissenschaftlichen Vorbildung ausgestattet sind und der Klasse künftiger Besitzer oder Pächter größerer Güter angehören oder sich zu Wirthschaftsbeamten ansbilden wollen, für die rationelle Ausübung der Landwirthschaft in der angegebenen Sphäre zu befähigen. Bedingungen der Aufnahme sind meist Nachwei¬ sung jener theoretischen Ausbildung, welche der Besuch der untern Klassen der Realschule oder des Gymnasiums bietet, eine vorhergegangene, wenig stens einjährige Verwendung in einer Wirtschaft und ein Alter von etwa 16—18 Jahren. Ein derartiges Institut besteht beispielsweise zu Tetschen- Liebwerd in Böhmen. Die meisten im außerösterreichischen Deutschland befindlichen sogenannten höheren landwirthschastlichen Schulen gehören in diese Kategorie. Die ökonomischen Hochschulen, wie sie in Ungarisch-Altenburg, Ho¬ henheim, Eldena, Tharand, Jena n. s. w. bestehen, bezwecken die streng wissenschaftliche Ausbildung höherer Landwirthe und sogenannter Camera¬ listen, sie setzen bei ihren Zöglingen meist vollständig absolvirte Gymnasial-, Real- oder diesen äquivalente Studien voraus. Zu dieser Gruppe sind noch die an Universitäten und polytechnischen Instituten bestehenden Lehrkanzeln der Landwirthschaft zu rechnen. Braucht Kärnten eine Ackerbauschule? Sehen wir uns nun im Heimatlande nach dem um, was für den landwirthschastlichen Unterricht geschieht, so begegnen unsere Blicke nur der an der theologischen Lehranstalt bestehenden Lehrkanzel der Landwirth¬ schaft, an deren Vorträgen übrigens nicht allein angehende Priester, son¬ dern auch andere gebildete Personen, welche darum ausuchen, theilnehmen 751 können. Damit ist allerdings schon etwas geschehen, aber der soziale Kern eines ackerbautreibenden Landes, die kleineren Landwirthe gehen dabei leer aus. Diesem Uebelstande soll nun, wie man hört, dadurch abgeholfen werden, daß man die Landwirthschaft als unobligates Fach an der Real¬ schule lehren laßt und somit dem Jünglinge, dessen künftiger Berns die Ausübung der Oekonomie ist, Gelegenheit bietet, sie theoretisch zu erlernen. Hierdurch wäre man allerdings nm einen Schritt weiter gerückt; aber es machen sich, wenn man sich auf Erfahrung stützt und über die Sache weiter nachdenkt, allerlei Gründe geltend, welche die Zweckmäßigkeit einer solchen Maßregel etwas zweifelhaft erscheinen lassen. Die Erfahrung lehrt nämlich, daß dermöglichere Landleute ihre Kna¬ ben, welche sie der Landwirthschaft oder deren Nebengewerben widmen wollen, gewöhnlich auf ein bis zwei Jahre, in sehr seltenen Fällen drei Jahre, an die Realschule schicken und dann nach Hanse nehmen. Nach absolvirten Unterrealklafsen wäre der Jüngling befähigt, mit Erfolg popu¬ läre Vorträge über Landwirthschaft zn hören, aber jetzt und in der Mehr¬ zahl der Fälle noch früher, ist seine Schulzeit zu Ende, und er muß den Schulbänken den Rücken kehren, nm im Vaterhanse rohes Erfahrungs¬ wissen über Bodenkultur zu sammeln. Die Oberrealschüler, welche an den landwirthschaftlichen Vorträgen mit Nutzen theilnehmen können, widmen sich aber nur in den seltensten Fällen der Landwirthschaft, sondern vorwie¬ gend der Industrie und dem Handel. Daß auch diesen die Borträge nicht schaden, sondern nur nützen können, ist richtig, da ein größeres Wissen immer einem geringeren vorzuzichen ist. Wo bleibt aber da die praktische Anwendung und die Nutzbarmachung im Leben? Als Resultat würde sich am Ende ergeben, daß Jünglinge, welche zu praktischen Oekonomen bestimmt sind, die landwirthschaftlichen Vorträge wegen ungenügender Vorbildung oder wegen Zeitmangels (da ihr LernturnuS um ist) nicht besuchen können, jene aber, denen dieselben zugänglich sind, nicht praktische Landwirthe werden. Aus diesem Dilemma gibt cs unreinen Ausweg: die Errichtung einer Acker bau sch ule, in welche Knaben, welche sich mit einem befrie¬ digenden Zeugnisse aus der letzten Hauptschulklasse ausweisen, ausgenommen, und in der Weise auSgcbildet werden, daß sie zunächst die wichtigsten Sätze aus den ökonomischen Grundwissenschaften und hierauf die Landwirth¬ schaft theoretisch und praktisch erlernen. Die Ausführung dieses Projektes kann, wenn guter Wille vorhanden ist, auf keine nennenswerthe Hinder¬ nisse stoßen. Für den Vortrag in den Grundwissenschaften sind Lehrer und Lehr¬ mittelsammlungen, wie nicht minder ein Laboratorium und ein botanischer Garten vorhanden. Für den eigentlichen landwirthschaftlichen Unterricht steht ein Landwirthschaftsgarten zur Verfügung; für die Anschauung und praktische Einübung der Arbeiten aus dem Felde könnte vielleicht die Zu¬ stimmung der Wissenschaft und Kunst liebenden Großgrundbesitzer der Um¬ gebung gewonnen werden, und zwei Lehrzimmer wären wohl noch im Real¬ schulgebäude zu beschaffen, wenn man sich entschlösse, die beiden Parallel- 752 klassen des ersten und zweiten Jahrganges der Hauptschule au einen an¬ dern Punkt der Stadt zu verlegen und damit den lieben Kleinen aus den nördlichen Stadttheilen den langen Weg zur Schule zu ersparen, der ihnen, namentlich während der kalten Jahreszeit, nicht immer wohl bekom¬ men mag. Wir übergeben im Nachstehenden unseren Lesern den Entwurf einer zu errichtenden Ackerbauschnle, dessen Autor zwar einigermaßen bewandert in landwirthschaftlichen Schriften, aber kein praktischer Oekonom ist, und ersuchen dieselben, namentlich die gebildeten Männer der Praxis, auf deren Urtheil wir ein sehr großes Gewicht legen, diesen Entwurf zu prüfen, seine etwaigen Mängel hervorzuheben und ihre eigenen Ansichten entweder in dieser oder in einer andern heimischen Zeitschrift zu veröffentlichen. Nur durch gegenseitigen Meinungsaustausch werden die Begriffe klarer und die Urtheile schärfer und treffender, das wirklich Gute vom scheinbar Guten, das Richtige vom Unrichtigen unterschieden werden. Solchen Diskussionen verdankt nächst dem kosrll ok ggrioullm^ England die Höhe, auf der gegenwärtig seine Landwirthschast steht. Das Weitere mag dann den Vertretern des Landes überlassen bleiben, welche in einer so wichtigen Sache gewiß nicht denen anderer Länder zurück¬ stehen werden. Grnndzüge einer Ackerbauschnle, welche mit der k. k. Real¬ schule in organischen Zusammenhang gebracht werden sollte. Der Zweck dieser Anstalt ist, künftige Besitzer kleinerer Wirthschaf- ten und Aufseher für größere Wirthschaftskomplexe heranzubilden. Dieser Zweck wird erreicht durch Ertheilung eines angemessenen theoretischen Un¬ terrichtes in den grundwissenschaftlichcn Fächern, in der eigentlichen Land- wirthschaft und ihren Hilssfächern; durch Anschauung und (in so weit nothwendig und zulässig) Einübung aller landwirthschaftlichen Arbeiten und durch Exkursionen. Zur Aufnahme befähigen ein Alter von minde¬ stens 12 Jahren, körperliche Gesundheit und ein befriedigendes Zeugniß der vierten Hauptschulklasse. Der Unterricht dauert durch zwei Jahre; das erste Jahr ist den vorbereitenden Fächern, das zweite der Landwirthschaftslehre und ihren Hilfsfächern gewidmet. Uilterrichisgegenstäirde. 1. Grundlagen allgemeiner Bildung. Religion, Unterrichtssprache, zweite Landessprache, allgemeine Geo¬ graphie, Schönschreiben. 2. Grundwissenschaftliche Fächer. Naturgeschichte, Naturlehre, Chemie, Arithmetik, Geometrie und landwirthschaftliche Baukunde. 753 3. Eigentliche Landwirthschaftslehre. Bodenkunde, Düngerlehre, Werkzeugslehre, Pflanzenbau, Thierzucht, (letztere so weit als zulässig). 4. Hilfswissenschaftliche Fächer. Obstbaumziicht, Gartenbau, Forstwirthschaftslehre, Thierheilknnde. 5. Praktische Verwendung. Einführung in alle wichtigeren landwirthschaftlichen Arbeiten; Demon¬ stration des Betriebes einer Wirthschaft; Ausflüge auf interessante Wirt¬ schaften, in Forste, technische Etablissements; botanische und geognostische Ausflüge. Fächer- und Stundcnvertheilung. I. Jahrgang. 48 754 26 12 Wir geben diese Fächer- und Stundenverteilung nicht etwa als mustergiltig, sondern blos um dem Leser die Orientirung zu erleich¬ tern. Eine flüchtige Durchsicht wird lehren, daß die dem theoretischen Unterrichte im zweiten Jahrgange gewidmete Stundenzahl im Verhältnisse zu jener des vorbereitenden Jahrganges gering ist, was in der praktischen Verwendung und den häufigem Ausflügen der Schüler seine Erklärung findet. Zum Schlüsse sei uns noch erlaubt, den Umfang anzugcben, in welchem etwa die grundwissenschaftlichen Fächer gelehrt werden sollten. Der naturhistorische Unterricht hätte zn umfassen: die Kenntniß der Hausthiere und der dem Acker- und Waldbaue nützlichen und schädlichen Thiere aller Ordnungen unter Berücksichtigung der heimatlichen Verhält¬ nisse; die Betrachtung der Pflanzeuorgane, ihrer Lebensverrichtungen und der ökonomisch und forstlich interessanten Gewächse Kärntens; die Kenntniß der für den Landwirth wichtigen Stein- und Bodenarten; häufige Aus¬ flüge. In der Naturlehre wären die allgemeinen Eigenschaften der Körper, die Grundgesetze der Statik und Dynamik, die Wärme und die Meteoro¬ logie abzuhandeln. Die chemischen Vorträge hätten sich vorzugsweise ans unorganische Chemie mit Hinweglassung alles für den angehenden Land¬ wirth minder Wichtigen zu beschränken, und von den organischen Verbin¬ dungen nur jene abzuhandeln, deren Gewinnung die Basis für die land- 755 wirtschaftlichen Nebengewerbe ist, ferner den Verwesungs- Fäulnißprozeß u. s. w. Dazu kämen einfache agrikultnrchemische Versuche im Laborato- riuni, wie z. B. Bestimmung des Humusgehaltes, der wasserhaltenden Kraft einer Bodenart u. s. w. Reine Agrikulturchemie gehört in den Lehrplan der höheren Lehranstalten. Was davon dem niedern Landwirthe paßt, wird der Lehrer der Landwirthschaftslehre abzuhandeln haben. In der Arithmetik wäre etwa das Wichtigste dessen zn lehren und einzuüben, was für die beiden untern Realklassen vorgeschriebeu ist. Aus der Geometrie: Elemente der¬ selben, Drei-, Vier-, Vielecke: Theilung, Berechnung, Verwandlung der¬ selben; Körperberechnung. Anwendung der Geometrie auf das Distanz-, Höben- und Flächenmesseu, wobei vorzüglich mit einfachen Instrumenten, die sich der Landwirth selbst machen oder leicht verschaffen kann, gearbeitet werden soll. Mit diesen: Unterrichte wäre das konstruktive Zeichnen zu verbinden; Ausführung des auf dem Felde Aufgenommcnen; Nivellements Profile :c. Aus der Baukunst: Keuntniß, Zubereitung und Verwendung der Baumaterialien; Holzkonstrnktioucn, Dachstühle, Gewölbe, Stiegen, Anwendung des Vorgetragenen auf den Entwurf laudwirthschaftlicher Ge¬ bäude, liebst Berechnung der Vorausmaße. Aus dem Wasserbau das Wichtigste über Brücken, Wasserleitungen und Uferversicherungen. In diesem Unterrichte können an passenden Orten auch Mühlen, Sägen rc. besprochen werden. XIX. Zur Einquartirungsfrage. Die Einquartirungsfrage ist eine stehende geworden. Jedermann ist nur zu sehr durch selbst getragene empfindliche Verluste davon überzeugt, daß hier, und zwar in kürzester Zeit, ein entscheidender und energischer Entschluß gefaßt werden muß, thcils um die schwere Last der Bequartst rung den Bewohnern Kärntens von den Schultern abzunehmen, theils um der Truppe selbst im Interesse des Dienstes eine wohnliche und concen- trirte Unterkunft zu bieten. Wir wollen hier die gegenwärtige Bequartirung nicht schildern; denn der Druck auf das ganze Land ist allgemein anerkannt. Man weiß es, daß z. B. einzelne Compagnien in mehreren Dör¬ fern einquartirt sind, was nur zum Nachtheile des Dienstes in jeder Weise ausschlägt. Ebenso ist es nur zu sehr bekannt, welchen Leiden die Ouartierträger selbst ausgesetzt sind. Darüber sind also beide Theile einig, daß es unmöglich ist, dieses Verhältniß länger aufrecht zu erhalten. Von der Aussicht auf eine Verminderung der Garnison z. B. in Klagenfurt ist nicht zu reden. Erstens wäre dies gar nicht Wünschens¬ werth; denn eine starke Garnison läßt große Summen im Course, bringt bewegtes Leben, und so gewinnt das Allgemeine dabei. 48* 756 Doch aus andern Gründen wird eine kleinere Garnison nie zu erwar¬ ten sein, weil sich hier das Haupt-Verpflegs-Magazin befindet, daher die meisten Durchmärsche bei Eröffnung der Bahn hier Platz greifen werden. Ich werde mich nun bemühen, die Frage zu beantworten, was nun zu thun sei, um beiden Theilen gerecht zu werden. Man will vernommen haben, daß ein Antrag gemacht werden soll, die nahen, leer stehenden Schlösser zur Bewohnung zu adaptiren. Abgesehen von den großen Kosten der verschiedenen Bauherstellungen und kostspieligen andern Beischaffungen glauben wir, daß die Militär¬ behörden aus mehrfachen Gründen dieses wenngleich gut gemeinte Project ablehnen würden. Mit den alten verfallenen Schlössern ist dem Militär-Aerar unv dem Dienste überhaupt nicht gedient. Die Zufuhr von Brod, Service aller Art, Stroh, Bettfornituren, Austausch derselben, Ueberführung der Kranken in das hiesige Spital, die Auswahl von nahen Exercierplätzen rc. ist mit hohen, stehenden Ausgaben verbunden. Die Offiziere und Mannschaft find dort vornehmlich im Winter abgesperrt, und bei schlechtem Herbst- oder Thauwetter im Frühjahre und bei Schneefall förmlich in Gefangenschaft. Dieses Projekt wäre ein Streich ins Wasser, das Militär wünscht concentrirt zu sein und wird jeden solchen Antrag ablehnen. Ich kann auch gar nicht einsehen, daß man in diese vom Ungeziefer strotzenden alten Gemäuer das Militär unterbringen will, indeß diese Ueberreste alter Zeiten von der Bewohnung durch das Civile ausge¬ schlossen sind. Was ist nun zu thun? Ich komme nun zur Beantwortung der oben ausgesprochenen Frage. Man bringe beim Landtage den Antrag ein, das rückwärtige Dreieck der Waisenhaus-Kaserne auszubauen. Die Landes-Umlage könnte ans drei Jahre auf das ganze Land anre- partirt werden, wodurch das Land auf eine wenig fühlbare Art von der stabilen Bequartirungslast befreit würde. Im Erdgeschoß trage man ans Stallungen an, und das Gebäude auf 1 Bataillon am Kriegsfuß zwei Stöcke hoch, wonach sodann in dieser Kaserne 2 Bataillone und in der Jesuiten-Kaserue ebenfalls bei 2 Bataillone Unterkunft fänden. Gegenüber dem Hauptthore könnte im ersten Stocke eine Garnisons- Kapelle für die dort untergebrachte Infanterie, Artillerie oder Kavallerie angebracht werden, um für Offiziere und Mannschaft (beinahe 3000 Mann) die Andacht zu üben. Hiezu genügt ein Balkon auf zwei massiven Tragsteinen, mit Glas¬ wänden eingeschlossen. Möge man nun mit aller Kraft dieses Projekt zur Ausführung bringen! Ein Soldatenfreund. 757 XX. Das Gemeindestatut für die Landeshauptstadt Klagenfurt. .1. LI. Soli. Es wurde bereits in diesen Blättern erwähnt, daß unser Gemeinderath an der bisher wirksamen provisorischen Gemeindeordnung vom 9. Juni 1850 Abänderungen und Ergänzungen im Sinne des sanctionirten Gemeindegrundgesetzes vorzunehmen beschlossen hat, nnd dies¬ falls eine Vorlage an den Landtag richten wird. Das mit der Revision betraute Comitä*) hat seine Wirksamkeit bereits begonnen, und es kann bei diesem Anlasse nicht übergangen werden, auf jene tiefer eingreifenden Abänderungen des Statutes, welche selbes nach dem zur Richtschnur dienenden Grundgesetze voraussichtlich erfahren dürfte, besonders aufmerk¬ sam zu machen und selbe dem Landtage zur Annahme zu empfehlen. Während nach deni bisherigen Statute der Klagenfurter Gemeinde¬ rath directe dem jeweiligen Statthalter untergeordnet war, kömmt selber nun, so wie überhaupt alle mit einem eigenen Statute versehenen Städte nnd Kurorte, unmittelbar unter den Landesausschuß, beziehungsweise Land¬ tag zu stehen, und nur bezüglich des der Gemeinde vom Staate übertra¬ genen Wirkungskreises steht selbe unter der Landesstelle. Der Gemeinde- Vorstand als verwaltendes und vollziehendes Organ ist für seine Amts¬ handlungen der Gemeinde nnd bezüglich des übertragenen Wirkungskreises auch der Regierung verantwortlich. Dieses kleine Wörtchen auch schließt den unfehlbaren Begriff in sich, daß der Bürgermeister hinsichtlich seiner übertragenen Amtswirksamkeit nicht wie bisher allein der Regierung, sondern auch der Gemeinde verantwortlich ist, welcher Umstand die Rechte der letztem bedeutend erweitert. Die Stellung der Gemeinde nach Außen und nach Innen nimmt sohin einen ganz andern Charakter an; denn wäh¬ rend der Staat nunmehr das Anfsichtsrecht über die Gemeinde nur dahin ausübt, daß selbe ihren Wirkungskreis nicht überschreitet und nicht gegen die bestehenden Gesetze vorgeht, steht die Gemeinde im Uebrigen unmittel¬ bar unter dem Landesansschnsse, beziehungsweise Landtag, an dessen Ge¬ nehmigung wichtigere, insbesondere den Haushalt betreffende, Akte der Gemeinde gebunden sind. Wir sind im Voraus überzeugt, daß ein ans der Wahl des Volkes hcrvorgegangener Vertretnngskörper, wie der Land¬ tag, der selbst innerhalb seines Wirkungskreises nach möglichster Selbst¬ ständigkeit strebt, nnd dem eine fremde Einmischung in seine Angelegen¬ heiten gewiß kein sonderliches Vergnügen erregen würde, diese Unterord- *) Bestehend aus dem Bürgermeister Jeffernigg, daun den Rächen Canava!, vr. Edlmann, v. Kleimnayr und Schleicher», letzterer als Antragsteller zugleich Be¬ richterstatter. Anmerk, der Rcdacti.on. 758 nung der Gemeinde bezüglich wichtigerer Akte nicht in allzu ängstlich bevor¬ mundender Weise verstehen und ausüben werde; in keinem Falle aber erwarten wir, daß der Landtag die Grenzen, welche bezüglich des Ein¬ griffsrechtes in die Gcbahrung niit dem Gemeindevermögen, Erzielung von Einnahmen, Ausnahme von Darleihen, Erwerbung und Veräußerung vom Gemeindegute in den 64, 67, 68 und 69 der prov. Gemeindeordnung festgestellt wurden, ans Kosten der Selbstständigkeit der Gemeinde zu seinen Gunsten weiter ausdchncn und so die herrliche Idee einer autonomen Gemeinde zu einem lebens- und regungslosen Zerrbilde gestalten werde. Was du nicht willst, daß dir ein Anderer thue, das thue auch du ihm nicht; diese Worte möge der Landtag wohl beherzigen, und sich zu Gemüthe führen, daß in der möglichst selbstständigen Stellung der Gemeinde die beste Garantie für die Selbststäudigkeit und die Wohlfahrt des Landes selbst liegt. Nach diesen allgemeinen Voraussetzungen gehen wir nun au die speziellen Aendcrungen des prov. GemeindcstatnteS über. Selbes beginnt mit der Grenzbezeichnung des Stadtpomerinms, und da höchst wahrschein¬ lich zu erwarten steht, daß die bisherigen Ortsgemeinden eine Grenzregu- lirung erfahren dürften, so wäre eS gewiß ein Gegenstand der Beachtung, wenn auch die Stadt Klagenfurt in jener Richtung, wo die Stadterweite- rnng zunächst in Aussicht steht, einer Grenzausdchnuug theilhaftig würde. Dies ist aber vorzüglich in südlicher Verlängerung der Stadt gegen den Bahnhof zu in Anhoffuung und bei den bedeutenden Auslagen, welche sich die Stadtgemeinde bei Anlegung der Bahnhofstraße gemacht hat, bei dem weitern Umstande, als gerade in Folge dieser Straße sich nach und nach nam¬ haftere Bauten auf dieser Strecke erheben werden, scheint es gewiß ein billiges Begehren zu sein, wenn zeitlich genug die Vorsorge getroffen wird, daß diese in Aussicht stehenden Neubauten der Stadtgcmeinde einverlcibt werden, und ihr dadurch eine größere Steuerkraft erwachse. Es wäre sohin bei der Eintheilnng der Gemeinden darauf Rücksicht zu nehmen, daß in südlicher Richtung zwischen dem am Gasometer vorüberfließenden Kanale und der Laibacher Hauptstraße die Bahnlinie als Grenze des Stadtpome- riums festgcstellt würde, was auch aus politischen Rücksichten gewiß sehr Wünschenswerth erscheinen muß, da bei den häufigen Jngerenzfällen an einem Bahnhofe eine kleine Landgemeinde nicht in der Lage ist, eine solche umfassende Thätigkeit zn entwickeln, wie sie einer Hauptstadt zu Ge¬ bote steht. Der Z. 13 der prov. Gemeindeordnung schließt Frauenspersonen von der Erlangung der Gemeindebürgerschaft gänzlich aus, und macht sie der bürgerlichen Rechte nur in so ferne theilhaftig, als sie Gattinen, Witwen oder Kinder von Gemeindebürgern sind. In Folge der Gewerbesreiheit aber sind Frauenspersonen in Bezug auf den Erwerb dem Manne gänzlich gleichgestellt, selbe können selbstständig ein Gewerbe ausüben, müssen hiefür Stenern bezahlen, und überhaupt alle Lasten wie jeder Mann tragen; es wäre daher höchst ungerecht, wenn man dem schwachem Geschlechte, welches 769 eben deshalb einer besondern Fürsorge bedarf, nur die Lasten eines Ge¬ meindebürgers aufbürden, dagegen sie der daraus entspringenden Rechte, wie namentlich des Anspruches auf Bürgerstipendien, auf VcrsorgungPm Bürgerspitale und dergleichen Benefizieu verlustig erklären wollte. Im Interesse der Frauenspersonen käme daher der hierauf bezügliche Paragraf dahin abzuändern, daß ledige und solche verwitwete ovcr verehelichte Frauens¬ personen, deren Gatten nicht selbst die Gemeiudebürgerschaft besessen haben oder besitzen, und welche die zur Erlangung derselben erforderlichen Eigen¬ schaften nachweisen, das Bürgerrecht in der Gemeinde selbstständig für sich erwerben können. Hiemit ist jenen stenerzahlendeu Frauenspersonen gebüh¬ rende Rechnung getragen, welche ehelos bleiben und ein selbstständiges Gewerbe ansüben, sowie jenen der gleichen Kategorie, welche zwar ver¬ ehelicht oder verwitwet sind, deren Gatten aber keine Anwartschaft auf die Gemeindebürgerschaft besitzen oder besessen haben. Diese Gleichstellung der Frauenspersonen mit dem Manne, welche lediglich ihre Ansprüche auf ein¬ stige Versorgung im Auge hat, wird gewiß jedem billig Denkenden voll¬ kommen gerechtfertigt erscheinen, und wir hoffen mit voller Zuversicht, daß der Landtag dieser Seite der Fraucnemancipation die gebührende Rücksicht widmen werde. Da das Gemeinde-Grundgesetz an die Theilnahme am activen Wahl¬ rechte einzig und allein die Bedingung knüpft, daß man ein Gemeindeglied sei, so erscheint nach dem klaren Buchstaben dieses Gesetzes jedes Gemeinde- glicd wahlberechtigt, welches in der Gemeinde seinen ordentlichen Wohnsitz hat. Der Steuercensus fällt sohin ganz weg, und es kommen nur mehr die im Grundgesetze bezeichneten Ausuahms- und Ausschließungs-Gründe zu berücksichtigen; im klebrigen wären noch Personen, welche unter väter¬ licher Gewalt, Vormundschaft oder Curatcl stehen, eine Armenversorgung genießen, in einem Gesindeverbande oder volu Tag- oder Wochenlohne leben, von der Theilnahme am activen Wahlrechte aus nahe liegenden Gründen auszuschließen. Es ist in keinem Falle anzunehmen, daß der Landtag das activc Wahlrecht, welches das Grundgesetz den Gemeinde- gliedcrn auf breitester Basis einränmt, selbst eiuengen, und so noch hinter den Bestimmungen des Grundgesetzes Zurückbleiben werde. Durch dieses in weitester Ausdehnung eingeränmte active Wahlrecht gelangen viele Gemeindcglicder zur Ausübung desselben, denen eine solche bisher ent¬ zogen war. Das passive Wahlrecht wird allen Gemeindegliedern zugcstanden, welche das 24. Lebensjahr erreicht haben und im Vollgenusse der bürger¬ lichen Rechte stehen. Auch hier gelten die oberwähnten Ausnahms- und Ausschließungsgründe, auch hier ist von einem Steuercensus keine Rede, und es ist nur bei Zusammenstellung der Wahlordnung auf die Sicherung des Interesses der Höchstbesteuerteil genügeude Rücksicht zu nehmen. Die bisherige Eintheilung sämmtlicher Wahlberechtigten in drei Wahlkörper bat sich als sehr zweckmäßig erwiesen, und wäre deren Beibehaltung unter gehöriger Rücksichtsnahme auf die cintretenden Modifikationen nur sehr 760 Wünschenswerth. Ein möglichst freies Wahlrecht hat noch überall die besten Wirkungen auf das Gedeihen eines gesunden politischen Lebens her¬ vorgebracht, und nur durch selbes wird die angestrebte Gleichberechtigung Aller im wahren Sinne des Wortes erzielt. Um den Interessen der Höchst- besteuerten möglichst Rechnung zu tragen, wäre auf selbe bei der Einthei- lung in Wahlkörper geeignete Rücksicht zu nehmen. Den ersten Wahl- körpcr könnten sohin, bis zu einer bestimmten Grenze die höchstbesteuerten und höchstbesoldeteu Civil- und Militär-Personen, die ihnen zunächst kommenden mit gebührender Rücksicht aus die Intelligenz den zweiten Wahlkörper und alle übrigen Gcmeindeglieder den dritten Wahlkörper bil¬ den. Zn Letztem gehören die minderbestenerten Gewerbsleute, der niedere Klerus, die subalternen Beamten und alle jene Gemeiudeglieder, welche keine Steuern bezahlen, aber doch als solche Anspruch auf das Wahlrecht haben. Die Unterstellung des Gemeinderathes unter die Landesbehörde hört nach den Grundzügcn des Reichs-Gemeindegesetzes auf, und an deren Stelle tritt in allen Städten mit eigenen Statuten der Landesausschuß, beziehungsweise Landtag, und es werden daher im neuen Statute die bezüglichen Abänderungen zu treffen sein. Bezüglich der Gemeinde-Beamten und Diener galten bisher dieselben Normen, wie bei den Staats-Beamten, und wenn wir auch gleich noch nicht an jenem Punkte angelangt sind, auf welchem andere konstitutionelle Staaten bereits stehen, daß nämlich Beamte und Diener aus directen Volkswahlen aus bestimmte Zeit hervorgehen, so soll den Gemeinden wenigstens das Recht eingerämm werden, bezüglich der Besoldung, Pensio- nirung, Anstellung und Entlassung ihrer Beamten und Diener nach den einzelnen Bedürfnissen ein eigenes Normale festsetzen zu können. Hiedurch wäre der Lauigkeit im Dienste, so wie dem Umstande abgeholfen, zuweilen unbrauchbare Beamte und Diener im Amte behalten zu müssen; ist die Gemeinde in der Lage, entschieden nachlässige und unbrauchbare Beamte und Diener unter gewissen Modalitäten entlassen zu können, so wird dadurch die Thätigkeit der Einzelnen angespornt und der Gemeinde werden in der Handhabung des Dienstes wesentliche Vortheile erwachsen; denn es wird in dem persönlichen Fleiße jedes Einzelnen gelegen sein, seine Stellung zu behaupten. Eine Frage von besonderer Wichtigkeit ist aber der Wirkungskreis, welchen die Gemeinde künftighin einnehmen soll. Selber ist ein selbst¬ ständiger und ein übertragener. Zum selbstständigen Wirkungskreise gehört vor Allem die freie Verwaltung des Vermögens, und wenngleich ein Nach¬ satz des Grundgesetzes, daß nämlich der Landtag mittelst seines Ausschusses darüber zu wachen hat, daß das Stammvermögen der Städte und ihrer Anstalten ungeschmälert erhalten werde, und daß an seine Genehmigung wichtigere, und insbesondere den Haushalt betreffende Akte gebunden sind, die Gemeinde gleich einem minderjährigen Kinde unter die Vormundschaft des Landtages und Landesausschusses stellt, was jedenfalls eine drückende Last für dieselbe ist, so glauben wir doch schon bei dem Umstande, als die 761 Regierung seither die ihr aus der provisorischen Gemeinde-Ordnung der Gemeinde gegenüber zustehenden Rechte auf die maßvollste Weise handhabte, so daß man diese Bevormundung kaum verspürte, mit Grund annehmen zu können, daß der Landtag, beziehungsweise Landesausschuß, in Bezug auf Vermögens-Gebahrung nicht hinter jenen Rücksichten zurückbleiben werde, welche die Regierung im Allgemeinen gegen die Gemeinde beobachtet hat. Gerade die Vermögensgebahrung, die Erwerbung und Veräußerung des Gemeindevermögeus und die Deckung des Abgangs gehören zu den her¬ vorragendsten Ereignissen in der Gemeinde, und es ist ein gewaltige in- griff in die Selbstständigkeit der letztern, wenn ihr in diesem ..icht möglichst freie Hand gelassen wird. Ein Vertretungskörper, der mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln und mit der Erwerbung derselben immer an eine höhere Genehmigung gebunden ist, büßt dadurch den größten Theil seiner Selbstständigkeit ein. Wir wollen größere, entscheidendere Opera¬ tionen der Kontrole des Landtages nicht entzogen wissen, und glauben mit Zuversicht annehmen zu können, daß das Grundgesetz unter jenen wichti¬ geren Akten, welche an die Genehmigung des Landtages gebunden sind, jedenfalls eine größere Ausdehnung der Rechte der Gemeindevertretung versteht, als wie sie derselben schon in der provisorischen Gemeinde-Ordnung zugestanden sind. Es wäre in dieser Richtung, namentlich in Bezug auf Deckung des Abganges durch Eröffnung neuer Ertragsquellen, in Bezug auf Aufnahme von Darlehen, Verpfändung, Erwerbung und Veräußerung des Gemeinde-Gutes eine strenge Grenze zu ziehen, die der Gemeinde den größtmöglichsten Spielraum übrig läßt; die höchst entmuthigende Bestim¬ mung, daß die Bewilligung zu Darleihen, welche das jährliche Einkommen der Gemeinde übersteigen, nur durch ein Landesgesetz erfolgen könne, muß für die Stadt Klagenfiwt, welche fast gar kein eigenes Vermögen besitzt, und größtentheils nur auf die Hilfsquellen durch Umlage auf directe oder indirecte Steuern angewiesen ist, durch Fixirung eines bestimmten Betrages, bis zu welchem sie freies Verfügungsrecht hat, modulirt werden, indem sie sonst andern Städten gegenüber, welche ein bedeutendes eigenes Vermögen besitzen, zu sehr eingeschränkt wäre. Die freie Vermögens¬ gebahrung in der Gemeinde nach jeder Richtung hin ist der wichtigste Bestandtheil des selbstständigen Wirkungskreises, welcher im klebrigen namentlich in Bezug auf das Lokal-Polizeiwesen mit kaum nenuenswerthen Beschränkungen der Gemeinde die wichtigsten Rechte einränmt. Der übertragene Wirkungskreis, welcher dem Bürgermeister mit dem Magistrate zugewiesen wird, wäre möglichst auszudehnen, indem es nur im Interesse der Gemeinde gelegen ist, auch ihre rein politischen Angele¬ genheiten vor ihrem eigenen Forum zu schlichten, was schon darum um so wesentlicher erscheint, als der Bürgermeister auch bezüglich seiner Amts¬ wirksamkeit im übertragenen Wirkungskreise der Gemeinde verantwortlich ist. Wir haben hier die wesentlichsten Aenderungen und Ergänzungen angeführt, welche an der bisherigen prov. Gemeinde-Ordnung im Sinne des Grundgesetzes mit Recht beansprucht werden können. Die Freiheit der 49 562 Gemeinde ist der Grnndstein der Entwicklung des politischen Lebens über¬ haupt, und da wir cs der Landesvertretung zumuthen müssen, daß sie dieser Entwicklung volle Rechnung tragen werde, so sehen wir den Ver¬ handlungen mit Beruhigung entgegen, und erwarten ein recht freisinniges Gemeinde-Statut, das die Bevormundung der Gemeinde von Seite des Landtages wenig oder gar nicht fühlbar macht; nur erwarten aber auch, daß den übrigen Gemeinden Kärntens eine gleiche Begünstigung im aus¬ gedehntesten Maße zu Theil wird. Wer Andern Freiheit gibt, macht sich dadurch selbst frei und erwirbt sich den größten Anspruch auf den Dank seiner Zeitgenossen; wer aber mit ängstlicher Klügelei Vertretungskörpern minderer Gattung die Lebensfähigkeit nimmt, untergräbt das aufzubauenve Verfassungswerk an der Stätte der Geburt. Korrespondenzen. * Klagenfurt. Im XI. Hefte Seite 664 wurde erwähnt, daß es in einigen Diözesen Geistliche gebe, die vom Messelesen und von der Seelsorge gänzlich enthoben werden — ohne allen Gehalt. Diese Angabe muß dahin ergänzt werden, daß der Grund dieser traurigen Thatsache nickst in dem diesbezüglichen Ordinariatsdekrete zu suchen sei, indem es darin ausdrücklich heißt: „Sie werden von der Seel¬ sorge, von dem Messelesen und dem Gehalte insolange enthoben, bis sich nicht ein Pfarrer oder Kloster Ihrer erbarmt." Es wäre somit Sache des unverbesserlichen Priesters gewesen, die Barmherzigkeit eines Pfarrers oder Klosters anznslehen und sich dann um den Tischtitel bittlich zu verwenden. ?? Klagenfurt. (Verwaltung von Arnoldstein.) Die „Stimmen aus Jnnerösterreich" enthalten im 10. Hefte einen von einem angeblichen Fachmanns eingesendeten Artikel, betreffend die Verwaltung der Religionsfonds-Domaine Arnoldstein und des Staatsgutes Straßfried. In diesem augenscheinlich von einem k. k. Beamten in Arnoldstein verfaßten oder inspirirten Artikel wird, um es kurz zu sagen, nachzuweisen gesucht, daß die Verwaltung der bezeichneten Domänen zu kostspielig sei, und es wir,d in demselben, um dem Uebelstande im Interesse der Staats¬ finanzen abzuhelfeu, schließlich folgender Wunsch ausgesprochen: .Würde man die schon seit mehreren Jahren in Verhandlung stehende Auflassung des gegenwärtigen Verwaltungöamtes endlich einmal mit Ernst 76Z durchführen, würde man, wie schon längst beantragt, die Verwaltung der Domäne einem fähigen Beamten des k. k. Steueramtes oder einem andern k. k. Beamten in Arnoldstein übergeben, jeder würde sich gegen Bezug des Diurnums und gegen Ueberlassung eines kleinen Theils der gegen¬ wärtigen Deputate des Verwalters zur Uebernahme dieser Verwaltung her¬ beilassen, die Domaine würde besser verwaltet, als wie sie gegenwärtig verwaltet wird, so würde der Gehalt und die sonstigen Bezüge des Ver¬ walters mit mindestens 800 sl. erspart." Der Fachmann hat hiebei vergessen, oder hat es absichtlich ignorirt, daß der Verwalter, dem nur ein Diurnist zur Aushilfe beigegeben ist, schon über 40 Jahre zur Zufriedenheit dem Staate dient, und daß er daher mit seinem vollen, in jährlichen 525 fl. bestehenden Gehalte und dem Aequivalente seines Holzdeputates pensiouirt werden müßte. Wenn nun die Verwaltung einem andern k. k. Beamten in Arnoldstein gegen Bezug des Diurnums des Tagschreibers und eines, wenn auch kleinen Theiles der gegenwärtigen Deputate des Verwalters, welche sich außer dem Holzdeputate nur auf eine freie Wohnung beschränken, übertragen würde, wer würde darin eine Ersparung überhaupt und von mindestens 800 fl. insbesondere finden, abgesehen davon, daß der Fachmann den Beweis für eine bessere Verwaltung vollständig schuldig geblieben ist. Die Verwaltung würde im Gegentheil schlechter sein, wenn man bedenkt, daß die bei den Domainen noch schwebenden Eigenthums-Prozesse ein oftmaliges Nachforschen in den alten Akten, welche Akten daher auch nicht ohne weiters scartirt werden können, nothwendig machen. Welcher andere Beamte könnte und würde sich dieser Mühe unterziehen? Dem mit dem Domainen-Geschäfte vertrauten gegenwärtigen Verwalter ist eS aber schon gelungen, diesfalls günstige Erfolge zu erzielen. Ohne sich viel in das Einzelne einzulassen, worüber die Verhand¬ lung anders wohin gehört, dürfte doch die Bemerkung nicht über¬ flüssig sein, daß der Fachmann die ihm wohlbekannte Auflassung des k. k. Ossiacher Militär-Gestüts und der Abtheilung in Arnoldstein und die da¬ durch bedingte Vermehrung der verwaltungsämtlichen Geschäfte ganz zu ignoriren für gut fand! FernerS hat der in den verwaltungsämtlichcn Ge¬ schäften anscheinend gut informirte Fachmann nicht berücksichtiget, daß die Uebertragung der Rentverwaltung in Arnoldstein an das dortige k. k. Steuer¬ amt, von welcher Uebertragung allein die Rede sein kann, von der betref¬ fenden competenten Behörde an die Bedingung der früheren Beendigung mehrerer noch anhängigen, Zeit raubenden Arbeiten, namentlich die Begren¬ zung der landwirthschaftlichen Domainen - Grundstücke geknüpft, daß die Austragung dieses letzteren Geschäftes bereits vor längerer Zeit dem k. k. Bezirksamte als Gericht in Arnoldstein ersuchsweise übertragen wurde, und daß dasselbe noch immer nicht beendet ist. Was der Fachmann über die Scontrirunzen, welche, nebenbei be¬ merkt, nicht viermal, sondern höchstens dreimal des Jahres stattfinden, und über die Zeitverwendung der Scontrirnngs-Kommissäre sagt, muß in so lange 764 als bloße Verdächtigung bezeichnet werden, als nicht bestimmte Daten ge¬ liefert werden. In der Angelegenheit des Schulhausbaues zu St. Georgen vorn Bleiberg und in jener der Schulerweiterung in Arnoldstein hat der Ver¬ walter, wie es seine Pflicht und Schuldigkeit ist, nur die Interessen der Patronatherrschaft gewahrt, und es müssen die diesfalls gemachten Bemer¬ kungen entschieden als unwahr zurückgewiesen werden, so wie es auch unwahr ist, daß die Aversualsumme zum Schulhausbaue in St. Georgen vorn Bleiberg pr. 650 fl. erst erstatten werden mußte. Die vom Fachmanns hiebei gebrauchten Ausdrucke „Umtriebe und Winkelzüge" dürften anderswo bessere Anwendung finden. Schließlich kann nur bedauert werden, daß der Fachmann, wenn man sich in seiner Eigenschaft eines k. k. Beamten nicht täuschen sollte, die allfälligen Uebelstände und Unzukömmlichkeiten in der Verwaltung der Domaine Arnoldstein und Straßfried, welche ein Scontrirungs-Kommissär bei seinem kurze;! Aufenthalte nicht immer zu entdecken in der Lage ist, nicht früher in geeigneter Weife zur Kenntniß der betreffenden Behörden brachte, wozu er in der Voraussetzung, daß er ein k. k. Beamter sei, auch verpflichtet war, und daß es daher den Anschein hat, er habe mit dem erwähnten Artikel nicht so sehr das Interesse des Aerars vertreten, als andere Zwecke erreichen wollen. Klagenfurt, am 17. November 1862. Wir mußten aus Mangel au Raum viele Artikel hinterlegen. Wir bitten alle l'. '1. Herren Einsender höflichst um Vergebung und versprechen, alle Artikel im nächsten Jahre zu bringen. Die Pränumerationsbeträge bitten wir portofrei an die gefertigte Redaction oder an die Joh. Leon'sche Buchhandlung ehestens einzusen¬ den, damit die Größe der Auflage bestimmt werden kann. Endlich empfehlen wir unsere Zeitung zu Inseraten jeder Gat¬ tung, indem wir bei der billigsten Berechnung den Vörtheil bieten, daß die Ankündigungen in Folge der Verbreitung unseres Blattes in ganz Jnnerösterreich und des längern Aufliegens der einzelnen Nummern in sehr weiten Kreisen bekannt werden. Was wir hier in kurzen Worten versprochen, werden wir getreu und männlich zu halten uns bestreben, und bauen dabei auf den Schutz und Beistand Gottes und auf die Hilfe unserer vielen tüchtigen Mitarbeiter und Gesinnungsgenossen. Im Geiste unseres Wahlspruches: „Gleichberech¬ tigung Aller in Allem" laden wir auch alle wahren Vaterlands- ßreunde ohne Unterschied der Religion und Sprache, des Standes und Ranges nachdrücklichst ein, für das Wohl des Vater¬ landes in Vereinigung mit uns nach Kräften zu wirken. Das erste Blatt erscheint neun Tage nach der Kundmachung des neuen Preßgesetzes. Se. k. k. apost. Majestät selbst hat in der feierlichen Thronrede am Schlüsse des Reichsrathes das Preßgesetz unter den verfassungsmäßig zu Stande gekommenen Gesetzen aufgezählt; daher ist die Kundmachung desselben auch jede Stunde zu erwarten. Klagenfurt, den 24. Dezember 1862. Andreas Einspieler, Eigenthnmer und Redactenr. Inhalt eilende Arlikcl: Defizit — Staatsschuld — Steuern. — Das katholische Kirchcnregimcnl. — Ueber Steuerreform. — Vorarbeiten für die Landtage. orrespondenzen: Klagenfurt.