Inhalt; Leitende Artikel: Synoden, Konferenzen, Vereine. II. — Gott segne das ehrbare HandwerN II. — Nenösterreich II. Korrespondenzen: Klagenfurt. — Ans der Umgebung von Kla¬ genfurt. — Vom Worther-See. — Aus dem Untergailthale. — Von der Gail. — Aus dem Oberrosenthale. — Marburg. — Vom linken Ufer des Zsonzoflusses. — Wien. Zeitnngsrevue. Preise: Diese 48, bis Ende des Jahres in Heften erscheinenden Druckbogen kosten pr. Poft . 5 st. — kr. ohne Post.. 4 „ — , Für neu eintretende Abonnenten kosten die 6 bisher erschienenen Hefte I st. geg eb en am 12 . Mar z 1 862 . Stimmen aus ZRNerSßerreich M. 'M 1862. Das nächste Hest erscheint am 1-t. April 1862. Herausgeber und verantw'ortlicher Redacteur Andreas Einspieler. Klagenfurt. Druck von Johann Leon. 1i242ü ö. /rtr, äsis.1 . lli imieLtlitetlls ltlijinics r lIudiM Verträge zur Durchführung der nationalen, religiösen und politischen Gleichberechtigung. Auch Einiges über die Germunifirrrngsgelüste und den Ginfluß der deutschen Kultur auf die Slaven Oesterreichs I. cs. „Mit unfern Nationalitäten werden wir wohl bald fertig werden", erwiederte vor mehreren Wochen die „Oesterreichische Zeitung" auf die Bemerkung eines preußischen Zeitungsblattes, daß Oesterreich noch vollauf zu thun haben dürfte, um seine Nationen mit ihren Ansprüchen und Wün¬ schen zufrieden zu stellen und sie hiermit zu beruhigen. — Wie dies eigent¬ lich die gute „Oesterr. Ztg." gemeint habe, ließe sich aus dem Inhalte aller ihrer bisherigen, von innigster Liebe (?!) gegen die nichtdeutschen, zu¬ mal und hauptsächlich slavischen Nationen Oesterreichs zeugenden Artikeln nicht gar so schwer abnehmen. Es muß aus den citirten Worten anstands¬ los gefolgert werden, daß darunter gewiß nur die möglichst baldige An¬ wendung der geeigneten Mittel verstanden sei, um die oben gedachten Nationen mit ihren, wenn auch noch so bescheidenen und nichts weniger als überspannten Forderungen zurückzuweisen, sie recht fleißig und eifrig zu germanisiren, ihr Nationalitätsgefühl systematisch zu ersticken und sie zum Schweigen zu bringen. Dies Alles würde ohne Zweifel auch dem Geschmacke und dem Wunsche unserer lieben Landsmännin, der getreuen Trägerin der deutschen Kultur nach allen Gauen Kärntens, so wie der von dem österreichischen Lloyd und respective vom Staate (übrigens aber schwerlich, um — über die Slaven zu schimpfen) durch 11, sage eilf Jahre subventionirt gewesenen, von der „Novice" sogenannten „teta. Tristeren" (Tante Triesterin), dann jenem der „Grazer Tagespost" und der Wiener „Presse" vollkommen entsprechen; denn von diesen ist ja gleichfalls schon längst notorisch, daß sie in Betreff der Slaven zu dem oben gedachten Zwecke unter Anführung von lauter Erfindungen*) *) Zu derlei Erfindungen gehört unter Andern ohne Zweifel auch die unlängst in der „Triester Zeitung" vorgekommene, und, was doch als etwas ganz Natürliches erscheinen muß, in der „Zeitung für Kärnten" nachgedruckte Erzählung von einem Prüfungs-Kandidaten, welche jedoch so lange nur als ein, wie gewöhnlich, erfundenes Mährchen zu gelten hat, bis nicht das Gegentheil wird erwiesen sein, zumal schon aus ihrem ganzen Inhalte unzweideutig hcrvorgeht, daß sie nur — ein derartiges, für leicht¬ gläubige Seelen zum Besten gegebenes Mährchen sei. 9 130 und lediglich aus der Luft gegriffenen Belegen, wodurch sie ihre Blätter nur besudeln, weil ihnen haltbare Gründe gänzlich abgehen, Alles auf¬ bieten und durch Lügen zu verdrehen trachten. Am Ende dürfte sich vielleicht die „Oesterr. Ztg." sammt ihren Mitquackerinnen oder besser Mitkläsferinnen doch täuschen, und eS wäre daher noch zweiselhaft, ob es denselben, respective auch der Regierung (bei einem allfälligen Rücktritte von ihren feierlichen Versprechungen) ge¬ lingen würde, den beabsichtigten Zweck zu erreichen; es könnte sich viel¬ mehr fügen, daß gerade durch sie der Fall einer Förderung statt einer Hinderung der Sache der nichtdeutschen (slavischen) Nationen würde herbei¬ geführt werden. Uebrigens angenommen auch, jedoch im Hinblicke auf den schon gegenwärtigen Stand der Verhältnisse hinsichtlich der Nationalitäten Oesterreichs, sowie auch auf die seitens der Regierung wiederholt gesche¬ hene Zusicherung des Schutzes derselben nicht zugegeben, daß es in ge¬ dachter Beziehung für jetzt nach Wunsch unserer Gegner gehen dürfte oder könnte, so würde sich mit der Zeit oder gar in Bälde die Richtigkeit des Horaz'schen Spruches: sxpsllss lnrast, tsmsn nsqns roonrrot" (d. i. Jag' die Natur mit der Gabel davon und sie kommt doch stets wieder) auch in dieser Hinsicht ganz gewiß bewähren; denn die Natur bleibt sich immer getreu, und weiß sich genau zu rächen, wenn man ihren unabänderlichen Gesetzen entgegenzutreten wagt. Und was gewänne dann die Regierung durch ihren oben erwähnten Rücktritt? Oder was verlöre sie durch die zweifelsohne doch so leicht zu ermöglichende Befriedigung der bekannten Wünsche, welche die verschiedenen Nationen unseres Kaiserthums entweder unmittelbar selbst oder aber durch ihre intelligenten und bestmei¬ nenden Vertreter an den Tag legen,- und die auch Jedermann, der billig, gerecht und unparteiisch denkt oder denken will, als vollkommen berück- sichtigenswerth anerkennen muß? Nichts, gar Nichts! sie würde und müßte vielmehr durch Beseitigung jedes Grundes zur Mißvergnügtheit unter den Slaven auch für sich einen gewiß nicht unbeträchtlichen Gewinn erwirken. — Mögen da die Deutschthümler *) gegen die Slaven (bei uns S lo¬ ven en, vulgo Windisch en) vorbringen und behaupten, was sie nur immer wollen, fest stehen doch hinsichtlich derselben die weiter unten angeführten, in dieser Zeitschrift und auch anderswo schon großenteils besprochenen Thatsachen, die sich nicht im geringsten läugnen lassen, und die übrigens auch in der Erfahrung, die jeder täglich machen kann, wenn er nur will, ihre vollständige Bekräftigung finden; als: *) Wenn in diesem Artikel hie und da von Dentschthümlern (besser eigentlich Slavophagen oder Pan germanisten) Erwähnung geschieht, so versteht es sich wohl von selbst, daß nicht alle Deutschen darunter als begriffen angesehen werden dürsten; es sind da vielmehr blos jene Deutschen (in Minderzahl) und die slavischen Apostaten gemeint, welche als Slavenfeinde erscheinen. 131 1. Es ist Thatsache, daß die Kinder (welcher Nation immer) nur in ihrer Mutter- oder Nationalsprache im richtigen Denken geübt werden, und eine entsprechende oder angemessene Bildung erlangen können. Daraus ergibt es sich nun wohl von selbst, daß sie in den Schulen die betreffenden Gegenstände auch nur in ihrer Muttersprache lernen und sich zugleich in dieser letztem vorzüglich aus dem weiter unten bei dem Absätze 4 ange¬ führten, allerdings sehr wichtigen Grunde möglichst vervollkommnen sollen, — ohne daß übrigens dabei der nöthige Unterricht in der zweiten Landes¬ sprache ganz beseitigt zu werden brauchte*). 2. Es ist Thatsache, daß sich die Slaven, mit allenfallsiger Aus¬ nahme einiger Individuen und namentlich solcher, die irgendwo mit Deut¬ schen oft Geschäfte abznthun haben, oder in den Militärdienst treten, in welchem sie bemüßigt sind, auch deutsch zu lernen und zu sprechen, — gewiß nicht sobald germanisiren lassen**) und sich durch so viele Jahrhun¬ derte bis nun auch wirklich nicht germanisiren oder überhaupt von ihren besondcrn Sitten und Gebräuchen, wie dies z. B. hinsichtlich unserer Gail- thaler der Fall ist, irgendwie abbringen ließen, sondern höchstens, wenn sie in Wer Nähe solcher Ortschaften oder Gegenden ansässig sind, wo nur deutsch gesprochen wird, diese Sprache nur radebrechen lernen, und dabei, wie natürlich, ihre eigene verderben, so daß sie am Ende weder die eine noch die andere auch nur halb richtig sprechen. Wie anders könnten doch die Deutschthümler bei derlei ungermanisirt gebliebenen Slaven ihre Ent- nationalisirnngSgelüste befriedigen, als nur durch Ausübung einer Grau¬ samkeit, die aber gewiß immer nur eine, den Dank solcher Slaven verdie¬ nende — Grausamkeit wäre! 3. Es ist ferner Thatsache, daß in den Ländern oder Gegenden, wo sich ein Volk als rein national oder als ungermanisirt erhalten hat, *) Im Bezirke Arnoldstein in Kärnten z. B. bedauern jedoch die Deutschthümler ungemein, daß die Lehrer außerhalb der Ortschaft Arnoldstein (wo für den Unterricht der Jugend schon über dreißig Jahre ein Schullehrer besteht, der gar nichts slove- nisch versteht, obwohl die Kinder daselbst immer nnr flovenisch mit einander oder auch lonst sprechen, und an Sonn- und Feiertagen, wie ihre Eltern, einer slovenischen Pre¬ digt beiwohnen) — eifrig bestrebt sind, den Unterricht auf die oben erwähnte Art zu ertheilen; nach der Einbildung solcher Leute lernen diese „armen Geschöpfe" dadurch gar nichts (d. h. weil sie nicht — blos deutsch lernen!). Sie können aber, wie doch ganz leicht begreiflich, in dieser Hinsicht auch gar nicht anders denken. Man verzeihe ihnen großmüthig, weil sie nicht wissen, was sic reden! **) In dieser Hinsicht muß hier als eine besondere Merkwürdigkeit erwähnt werden, daß, wenn sich ein Slovene (Wiudischer) hier in Kärnten bei irgend einem Anlasse deutsch nicht ausdrückeu kann, ihm die Deutschen in solchen Fällen eine Bos¬ heit zur Last legen, da er ja nach ihrer Einbildung deutsch wohl sprechen kann, aber nicht sprechen will (sollte sich jedoch so etwas auch wirklich bestätigen, so würde dies abermals nur ein Zeugniß von der Vorliebe der Slaven für ihre Muttersprache abgeben, siehe „St. a. J." III. Heft, S. 135, I. 1861). 132 für die Staatsbeamten, Geistlichen, Advokaten u. s. w. absolut noth- wendig ist, die Sprache dieses Volkes, mit dem sie Verhandlungen zu pflegen oder aus welchem Anlasse immer zu sprechen bemüssigt sind, vollkommen zu kennen und zu sprechen*), zumal in der neuesten Zeit, wie ohnehin bekannt, viele Beamte (in Kroatien auch Advokaten) wegen Unkenntniß der Sprache des erwähnten Volkes mit Recht als disponibel erklärt wurden. — Dies führt natürlich für die Regierung die unabweis- liche Nothwendigkeit herbei, auf eine entsprechende Art dafür zu sorgen, daß in solchen Ländern oder Gegenden nur auch der Sprache des dortigen Volkes vollkommen kundige Beamte, Aerzte, Notare u. s. w. angestellt werden, so wie es in der That auch hinsichtlich der Geistlichen mit aller Strenge immer stattsindet, und daß mithin schon die Schüler, eben weil sie nach der Vollendung ihrer Studien Beamte, Aerzte, Notare u.s.w. auch in nichtdeutschen Ländern oder Gegenden werden, in den betreffenden Schulen strenge auch die zweite Landessprache lernen sollen, zumal es entweder an solchen darunter, die geborne Slaven und daher der gedachten zweiten Landessprache kundig wären, fehlen kann, oder aber, wenn es deren auch geben sollte, dieselben auch während der langen Studienzeit nicht *) Was die Slovenen in Kärnten anbelangt, so wollen zwar Einige durchaus behaupten, daß sich dieselben immer und überall deutsch so auszudrücken wissen, daß sie sich den lediglich deutsch sprechenden Beamten oder Andern leicht verständlich machen. Wenn man aber an den Tagen, an denen bei den Aemtern z. B. in Arnoldsiein, in Tarvis u. s. w. Amtshandlungen von welcher Art immer mit diesen Slovenen vorge¬ nommen werden, blos eine kurze Zeit verweilt, so wird man sich wohl sehr leicht über¬ zeugen, daß derlei Behauptungen, die übrigens nur von selbstsüchtigen und bequemen Herren ausgehen, als lauter Lügen erscheinen, obwohl die Herren Beamten, auch wenn sie slovenisch gut verstehen und sprechen, eifrigst und thätigst dahin arbeiten, daß die Slovenen möglichst germanisirt werden und daß sie sich allenfalls dadurch auch ihre Amtirung erleichtern oder bequemer machen! So z. B. suchen sich in der Untersteier¬ mark die Beamten (vielleicht oder ganz gewiß auch die Advokaten, Notare u. s. w.), welche die Sprache der dortigen Slovenen nicht verstehen, die Sache bei ihrer Amtirung mit blos slovenisch sprechenden Parteien auf eine besondere Art zu erleichtern: sie ver¬ langen nämlich, daß solche Parteien von Fall zu Fall mit einem Dolmetscher, der aber denselben stets mindestens zwei Gulden kostet, bei ihnen erscheinen, widrigens sie unverrichteter Sache abtreten müssen (siehe „O. u. W." Nr. 290). — Wie man hört, sind hie und da auch in Kärnten die der deutschen Sprache unkundigen Parteien genö- thigt, zu den bei den Aemtern .... zu pflegenden Verhandlungen eine auch der deut¬ schen Sprache mächtige Person als Dolmetscher mitzubringen, was insbesondere in jenen slovenischen Bezirken, wo noch jetzt in der besagten Sprache gar nicht bewanderte Be¬ zirksvorsteher, Richter, Steuereinnehmer, Notare u. s. w. sind, der Fall sein soll. — Ein schlagendes Beispiel für unsere Aussage bezüglich der Slovenen in Kärnten wird uns indessen soeben mitgetheilt: Zum Bezirksamts B. kommt ein slovenischer Bauer zn einer Tagsatzung, er kommt aber um einen Tag später, als anberanmt war. Auf die Frage: „Warum er erst heute kommt", erwiedert er: „Ich kann nicht deutsch lesen; der mir die deutsche Vorladung gelesen, nannte mir den heutigen Tag." — „Es macht nichts, daß du heute kommst, zahlst blos 3 st. mehr, nämlich der Partei den Weg", antwortete der menschenfreundliche Beamte ironisch. — Wohl traurig genug! (Gleich¬ berechtigung!?) 133 selten ihre eigene Muttersprache vergessen, und , als völlig nur deutsch gebildet, in der Regel sogar zu heftigen Gegnern ihrer eigenen Nation, daher zu Apostaten und allmälig zu den allerärgsten Germanisatoren werden. 4. Es ist endlich Thatsache, daß das slavische Volk hie und da, und namentlich auch in einigen Gegenden Kärntens, einen, den Beamten, Geistlichen, Aerzten u. s. w. aus was immer für einer Ursache nicht ganz verständlichen Dialekt als Muttersprache spricht, und deshalb die Letzter«, weil sie diese nämliche Sprache gewöhnlich grammatikalisch richtig und daher auch zierlicher sprechen, nicht immer leicht versteht, und natürlich auch umgekehrt von ihnen aus dem ganz gleichen Grunde nicht immer leicht verstanden wird. — Daraus folgt nun nothwendigerweise, daß auch die Slovenen oder überhaupt Slaven schon von Kindheit an in den Schulen, wie bereits oben unter Nr. 1 erwähnt wurde, ihre Sprache richtig kennen und sprechen lernen sollen*), wie es bekanntermaßen überall auch die deutschen Kinder thun, wo die Schulen gut eingerichtet sind. Und trotz alledem, wenn es Männer unter den Slaven gibt, welche in der Lage sind, ihre Aeußerungen ganz im Sinne des bisher Gesagten, und übrigens zugleich auch im Geiste der bekannten Erklärungen und respective Zusicherungen der Regierung selbst, wohlmeinend abzugeben, und es in der Wirklichkeit auch thun, — trotz alledem, sage ich, werden solche Männer von unfern Deutschthümlern fortwährend mit allen erdenk¬ lichen Sarkasmen, und nicht selten sogar auf' eine ganz gemeine und abscheuliche Art der Nationalitätsschwärmerei, des Panslavismus und der Ruhestörung beschuldigt, überhaupt als staatsgefährliche Individuen -ver¬ dächtigt und denunzirt! — Die guten Herren bedenken aber dabei gar nicht, daß sie gerade dadurch auch bei den Slaven eben keine Liebe und Neigung zu dem Deutschthum erzeugen! — „Das ist ja rein erlogen," schreien sie über eine derartige Bemerkung. „Äst es ja doch der heißeste Wunsch unserer windischen Bauern selbst, daß ihre Kinder nur deutsch lernen; sie haben schon einen praktischen Sinn, und sehen ihren Bortheil recht gut ein: sie sind ja bemüssigt, mit Deutschen immerfort zu verkehren." — Nun beweist aber zum Glück auch dies gegen die Ansichten der oben gedachten Männer angesichts dessen gar nichts, was unter den Punkten 1—4 angeführt wurde, und was diese als Schwärmer, Wühler n. dgl. ausgeschrieenen Männer eigentlich wünschen und anstreben. Was der gemeine Bauer bei seiner Einfalt haben will, und doch nicht wollen sollte, dann was er nicht haben will, und doch wollen sollte, *) Dies ist ferner auch nothwcndig, damit doch endlich fiir die Deutschthümler der Grund Wegfälle, die slavische (bei uns slovenische) Sprache eine rohe oder barba¬ rische Sprache zu nennen, und damit künftighin die Prüfungs-Kandidaten nicht mehr m Verlegenheiten gerathen! — 134 ist sowohl von Ihnen, als auch von Andern schon längst zur Genüge besprochen worden. Darüber noch ein Weitläufiges zu reden, wäre sowohl überflüssig, als auch unnütz. Uebrigens pflegen unsere Gegner und respec- tive Germanisatoren sehr oft von einem antislavischen Wunsche der Slaven selbst Erwähnung zu thun, der doch in der Wirklichkeit, wenn man die Sache näher analhsirt, nirgends an den Tag gelegt wird. Von den krainerischen Slovenen hat man gleichfalls oft ausgesprengt, daß auch sie das Deutsche lieber wollen, als das Slovenische (Krai nerische!). Und doch ist es uns bekannt, daß dort alle jene, mit denen in der neuesten Zeit hie und da bei Gerichtsbehörden bisher in ihrer Sprache ämtliche Protokolle aus¬ genommen wurden, jedesmal eine ganz besondere Freude hierüber fühlten und äußerten, wie es auch natürlich ist, und daher gar nicht anders sein kann: — Natur bleibt ja immer Natur! —Dann was bedeuten doch die 20,000, sage: zwanzigtausendUnterschriften auf der bekannten Monstre- Petition der Slovenen? Was bedeutet das in dieser Zeitschrift S. 309 I. 1861 besprochene Verlangen der Unterkärntner, daß nämlich mit ihnen die daselbst erwähnten Verhandlungs-Protokolle in ihrer Sprache ausgenommen werden müßten? „Ja, schaue man doch auf die Untersteier¬ mark hin! Der Reichsraths-Deputirte Herr Lohninger hat ja eine Menge Petitionen der dortigen windischen Gemeinden gegen die Einführung des Windischen in Schule und Amt eingebracht", sagen weiter unsere Gegner. Allerdings hat er sie eingebracht, wie wir gelesen haben; es ist uns aber auch bekannt, wie und durch welche Leute diese Petitionen eigentlich zu Stande gekommen sind. Es haben Unfüge in dieser Hinsicht stattgefunden, die sich in Betreff der oben gedachten Monstre - Petition nach dem uns diesfalls recht Wohl bekannten Sachverhalte Niemand hat zu Schulden kommen lassen. — Uebrigens hat sich bekanntermaßen das Kreisgericht in Cilli in sprach¬ licher Hinsicht über eine oberbehördliche Anfrage auf eine dem Inhalte der besprochenen Petitionen entgegengesetzte Art geäußert, und sich, da es die diesfälligen Verhältnisse genau und am besten kennt, und sie zu kennen wirklich in der Lage ist, auch nicht anders hat äußern können. — Endlich verdient hier zugleich auch der Umstand eine Erwähnung, daß eben die Untersteiermärker es sind, welche unlängst den Ur. Johann Bleiw e is als den Beförderer der slovenischen Literatur mit einem silbernen Becher auf eine feierliche Art beschenkt haben, wie wir es in den Zeitungen gelesen haben, — mögen die Slavophagen darüber sagen, was ihnen nur beliebt. Was den Verkehr der Slaven (Slovenen) mit den Deutschen anbe- langt, so ist die Sache doch nicht ganz einleuchtend, wenn man da ver¬ langt, daß wegen dieses Verkehres alle Slaven nur deutsch lernen sollten. In sprachlicher Beziehung gilt ja beim Verkehr im Kleinen das, was da im Großen gilt. Wie es nämlich Niemandem einfallcn könnte, zu behaupten, daß alle Glieder einer Nation, welches Landes oder Staates immer, z. B, der englischen, französischen u. dgl., weil sie doch 135 auch mit andern Nationen einen Verkehr haben, die Sprache dieser letz¬ tem in den betreffenden Schulen lernen müßten, ebenso muß Jedem auch das Verlangen unserer Deutschthümler als völlig absurd, — als ein Unsinn erscheinen, daß des oben gedachten Verkehres wegen in Oesterreich alle Slaven nur deutsch zu lernen und zu kennen hätten. Warum sollten denn gerade die Deutschen von der slavischen Sprache bei diesem Verkehre nichts verstehen? — Uebrigens haben aber die Vertreter unserer Slovenen bisher nirgends ausgesprochen, daß bei diesem Volke nicht zugleich auch das Studium der deutschen Sprache zu betreiben wäre. Die dies¬ fälligen Aeußernngen lauten ja gerade im entgegengesetzten Sinne, während hin¬ gegen die Deutschen das Studium der slovenischen Sprache als angeblich unnöthig bei uns ganz ausgeschlossen haben wollen! — Wenn es in Allem und Jedem nur auf das Wollen und Nichtwollen des gemeinen unwissenden Bauers ankommen müßte, so wäre es um dessen Wohlsein gewiß ewig schlecht bestellt; — es würden in einem noch so schlecht ein¬ gerichteten Staate nie Verbesserungen eintreten. Es ist ja doch notorisch, daß von jeher überall nur durch Einfluß und zweckentsprechende Verwen¬ dung der Intelligenteren, für das Wohl ihrer Nation aufrichtig eingenom¬ menen Männer in verschiedenen Beziehungen bessere und zweckmäßigere Einrichtungen ins Leben traten, wie dies noch fortwährend der Fall ist. — Ein Deutschthümler, der mir da behaupten wollte, daß einzelne Individuen (von welchem Stande immer) ans dem Volke sich überhaupt um die Nationalitätsangelegenheiten, und namentlich in sprachlicher Hinsicht nichts zu kümmern haben, und der insbesondere die Ausbildung und Ver¬ vollkommnung der slavischen Sprache durchaus Hintertrieben haben wollte, müßte nach meiner Ansicht einem Staatsoberhanpte als Autokraten ähnlich erscheinen, der sich, um über seine Unterthancn desto leichter, unge¬ störter und mit mehr Willkür zu herrschen, beikommen ließe, dieselben immerfort, wie wilde Thiere, in Unwissenheit nnd Dummheit zu erhalten; — aus Furcht und Angst, daß ihre Bildung nnd Civilisation eine Stö¬ rung in seinem Staate herbeiführen könnte. „Aber, mein Gott! selbst Geistliche, die doch einen ganz andern Beruf haben, befassen sich mit Erörterungen über die Nationalsprachen und werden zu Unruhstiftern! Das sollte doch durchaus nicht sein!" So pflegt man hie und da oft zu exklamiren und hiebei zugleich schänd¬ liche Verdächtigungen und Denunziationen vorznbringen! Darauf erlaube ich mir*) nur folgende Fragen zu stellen: 1. Wer befindet sich wohl eher als gerade ein Geistlicher in der Lage, zur Ergrei¬ fung von zweckdienlichen Maßregeln behufs der, auch durch die Ausbil¬ dung und Vervollkommnung der Nationalsprachcn möglichen Verbesserung des Zustandes derjenigen, welche derselben nach seinem Dafürhalten bedürfen, *) Der Einsender dieses Artikels ist übrigens kein Geistlicher. 136 einen guten Nach zu ertheilen, und im erforderlichen Falle diesbezüglich auch angemessene Aufsätze zu liefern, da er ja doch vermöge seiner Stel¬ lung und seines Wirkungskreises am besten die Verhältnisse kennt, welche die Ergreifung der gedachten Maßregeln als absolut nothwendig erscheinen lassen? 2. Wo und durch welche Gesetze ist es übrigens den Geistlichen untersagt, sich, sei es mündlich oder schriftlich, auch über Nationalitäts¬ sachen auszusprechen, wenn dadurch seinem eigentlichen Berufe kein Ein¬ trag geschieht, und er sich dabei innerhalb der Grenzen der bestehenden Vorschriften bewegt? 3. Werden nicht vielmehr auch Geistliche, indem sie auf Grund eines Gesetzes zu Abgeordneten für den Landtag oder Reichs^ rath gewählt werden können, in die Lage versetzt, ihre Meinung auch über Nationalitätssachen, so wie überhaupt über alle sonstigen politischen Ange¬ legenheiten ganz frei zu äußern, welche Aeußerung doch auch mittelst Zei- tungs- oder anderer Blätter zur Kenntniß des Volkes gelangt? 4. Wer wird da die Albernheit begehen wollen, von einem Geistlichen, der als Abgeordneter, von dem ihm zustehenden Rechte Gebrauch machend, seine Ansicht auch in oben gedachter Beziehung an den Tag legt, zu behaupten, daß so etwas gegen seinen Beruf sei, oder daß er da als Wühler oder Ruhestörer auftritt? 5. Warum sollte aber ein Geistlicher, wenn er auch weder Land¬ tags- noch Reichsrathsdeputirter ist, sobald er seinen Verpflichtungen genau und gewissenhaft nachkommt, nicht gleich Andern sich mit der Erörterung der Frage über die Naticnalitätssachen befassen, wenn es sich um die Einleitung einer Verbesserung handelt, und wenn ihm solches nir¬ gends untersagt ist (siehe Nr. 1 u. 2)? Und endlich 6. wenn in Folge von Besprechungen der gebührenden Inschutznahme der Nationalitäten und namentlich der den Deutschthümlern ganz besonders verhaßten Slaven Oesterreichs von welcher Seite immer, mithin nicht nur von Seite der Geistlichen, sondern auch von Seite der Weltlichen, worunter aber natür¬ lich ans den ohnehin schon zur Genüge bekannten Gründen auch seine Majestät der Kaiser und der Herr Staatsminister v. Schmerling verstan¬ den werden müssen, bisher wirklich Störungen oder Beunruhigungen her¬ beigeführt worden sein sollten, so frage ich nun, wo eigentlich und bei wem sich doch solche schon geäußert, oder wo und von wem sie bisher gefühlt wurden, und noch fortwährend gefühlt werden? Etwa von den in sprachlicher Hinsicht durch so lange Zeit ganz stiefmütterlich behandel¬ ten oder eigentlich gedrückten und daher allerdings einer baldigen Hilfe benöthigenden slavischen Nationen, oder aber vielmehr von denjenigen, welche deren Bildung, die doch nach den bereits wiederholt und wiederholt gelieferten Beweisen nur auf die in diesen angedeutete naturgemäße Art erlangt werden kann, durchaus Hintertrieben haben wollen, also von den Deutschthümlern, Germanisatoren? Ja! und nur von diesen; denn das deutsche Volk wird sich dadurch, daß man bei uns den Slo¬ vencu — ihren Landsleuten — die natürlichsten Menschenrechte endlich einmal gewährt, ohne dem deutschen Volke das geringsteUnrecht 137 zuzufügen, gewiß nur zur Freude und zum Jubel, nicht aber zur Traurig¬ keit, zu Ruhestörungen und Demonstrationen veranlaßt fühlen. Das hof¬ fen und erwarten wir mit Grund und Zuversicht von dem gebildeten christ¬ lichen Volke. Aus den hier eben aufgestellten Fragen wird zweifelsohne jeder Unparteiische ganz leicht abnehmen, auf welch' einem seichten Grunde auch Exclamationen der oben besprochenen Art beruhen! — II. Nun will ich hier noch einen zweiten, die Nationalitäten Oesterreichs betreffenden Punkt berühren. Statt die Slovenen Oesterreichs (von denen hier als einer nicht¬ deutschen Nation hauptsächlich die Rede ist) zu bedauern, daß dieselben durch die fatale Ungunst der Verhältnisse mithin (wenigstens zum größten Theile) ohne ihr Verschulden in der Entwicklung und Ausbildung ihrer Nationalität so lange zurückgeblieben sind, und statt ihren jetzigen eifrigen Bestrebungen aufrichtig Glück zu wünschen und dabei die bekannten Grund¬ sätze: „Was du willst, daß dir nicht geschehe, thue auch einem Andern nicht"; „8uum czuigus", „Jedem das Seine" u. dgl. IN. gebührend zu beachten und zu beherzigen, pflegen die Deutschen, übrigens selbstverständlich immer nur als Deutschthümler oder als ihnen gleichkommende Apostaten (siehe S. 130 Anmerkung), diesen Bestrebungen allerhand Hindernisse in den Weg zu legen, damit ja ein Mißlingen derselben — ein Masco — möglichst zum Vorschein komme. Dabei unterlassen sie natürlich ja nicht, den Slaven oft auch Undankbarkeit vorzurücken, deren sie sich nach Ansicht derselben dadurch schuldig machen, daß sie die Wohlthaten, die ihnen bis¬ her aus der Verbreitung der deutschen Kultur zugeflossen seien, gewisser¬ maßen zurückweisen (weil nämlich die Slaven nnd respective ihre Vertreter nun nach allen Kräften dahin arbeiten, um ihre Nationalität möglichst zu retten und zu behaupten, oder sich zu emancipiren, was ihnen doch kein billig und aufrichtig Denkender, mag er auch zu welcher Nationalität immer gehören, verargen kann). Es gibt hie und da Deutschthümler, welche neben vielen andern Absurditäten behaupten wollen, daß die Slaven ihnen sogar Wörter oder überhaupt Ausdrücke für ihre Sprache entlehnt haben nnd noch fortwährend zu entlehnen pflegen. Insofern darunter jene Slaven verstanden sind, don denen in diesem Artikel oben Seite 131 beim Absätze 2 gesagt wurde, daß sie, wenn sie in der Nähe solcher Ortschaften ansässig sind, wo nur deutsch gesprochen wird, diese letztere Sprache radebrechen lernen und eben dadurch ihre eigene verderben oder ganz entstellen, was übrigens auch gar nicht anders möglich und überhaupt bei allen sich berührenden Nationen der Fall ist, so ist diese Behauptung allerdings richtig; unrichtig und als eine Lüge anzusehen ist sie aber, wenn man ein Gleiches auch 138 von den sonstigen Slaven behaupten wollte. Daß es manche Ausdrücke im Slavischen gibt, welche den im Deutschen vorkommenden mehr oder weniger ähneln und natürlich auch umgekehrt, daß manche Ausdrücke der deutschen Sprache mit denen der slavischen mehr oder weniger gleichlautend erscheinen, ist doch nicht besonders schwer zu erklären, ohne gerade anneh¬ men zu müssen, daß in solchen Fällen die Slaven den Deutschen etwas entlehnt haben. Mau braucht ja nur in Erwägung zu ziehen, wie denn eigentlich die verschiedenen Sprachen entstanden sind: daß mithin viele Ausdrücke, die ursprünglich einem Hauptvolksstamme eigen waren, mit den nach der allmäligen Bildung mehrerer Stämme durch deren Verbreitung in ver¬ schiedenen Ländern, oder durch gegenseitige Verschmelzung neugebildeten Aus¬ drücken bei allen diesen Stämmen, oder aber nach Umständenchei mehreren derselben verblieben sind und bei ihnen noch gegenwärtig erscheinen. Da¬ durch eben ist es nur erklärbar, daß man z. B. das im Deutschen vor¬ kommende Wort: „Helm" im Italienischen mit das deutsche „backen" im Slavischen mit (gebacken „pobsl", sprich „pskn"), das deutsche „stehen" im Slavischen mit „»mti«, im Italienischen und Lateinischen „«Mio", im Griechischen das deutsche „Grab" im Slav, mit „A-ob" (bei einigen Slaven „Arsb" von »-n-.bsu' graben), das lateinische „vicksoo" im Italienischen mit „veäoro", im Französischen mit „vnir", und im Slavi¬ schen Ulit „viäiti" (viämi), dann das deutsche „Nase" im Lateinischen mit im Italienischen mit „n-iso", im -Französischen mit „nai8", im Englischen mit „noss", und im Slavischen mit u. dgl. m. findet, — ohne daß man deshalb mit Grund annehmen könnte, daß da eine Entlehnung stattgefunden habe (siehe auch Xolsäarcok für das I. 1862 Seite 42, welchen ..viuLtvo «v. Nolwr»" in Klagenfurt herausgege¬ ben hat). Was insbesondere die slavifche Sprache aubelangt: so ist dieselbe in jedem ihrer Zweige bekanntermaßen außerordentlich reich an eigenen Ausdrücken, und braucht daher von anderen Sprachen gar keine — außer höchstens einige technischen oder wissenschaftlich gebrauchten — zu borgen. Hingegen kann wohl nicht der leiseste Zweifel darüber erhoben werden, daß nebst einigen andern auch mehrere, in den ursprünglich nur von Slaven bewohnt gewesenen Ländern oder Gegenden, im Deutschen vorfindigen eigenen Namen der Ortschaften, Flüsse, Berge, Personen u. dgl., z. B. „Friesach" (slav. ZisLs oder „ltrsss" — Ortsendung pllm. Li-kL-tli«, daher „Friesach", so viel als im Slavischen „v IZi-o.L-üi" d. i. „in Friesach"), „Feistriz" (slav. „HiMrieg,", d. h. Helles, klares Wasser), „Reifnitz (slav. d. h. Fischfluß, auch Fisch¬ teich"), „Saifniz" (slav, Froschwasser"), „Praevali" (so viel als im Slav, „kll-nvoli", Orts-Endung sin^. „in Prevali" von „pro- v-ck", Ruine, Schutt), „Döllach" (slav, „v vcll-rb — Orts-Endung plm. „in den Tiefen" von „äol", tief unten), „Gsritschitzen" (slav. „Aoriöios", d. i. eine kleine Anhöhe), „Jefsernigg" (slav. „.ilsEniK", d. i. „Seeufer- bewohuer" oder „Seebacher"), „Wlattnigg (slav, dimnik, d. i, Mooser), 139 „Tschabuschnigg" (slav. 6) ein übertragener. K. 5. Der selbstständige Wirkungskreis der Gemeinde umfaßt über¬ haupt alles, was das Interesse der Gemeinde zunächst berührt und inner¬ halb ihrer Grenzen durchführbar ist. Hieher gehören insbesondere: 1. die freie Verwaltung ihres Vermögens und ihrer auf den Ge¬ meindeverband sich beziehenden Angelegenheiten, 2. die Sorge für die Sicherheit der Person und des Eigenthums, 3. die Sorge für die Erhal¬ tung der Gemeindestraßen, Wege, Plätze, Brücken, so wie für die Sicher¬ heit und Leichtigkeit des Verkehrs auf Straßen und Gewässern und die Flurcnpolizei, 4. die Lebensmittelpolizei und die Ueberwachnng des Markt- Verkehres, insbesondere die Aussicht auf Maß und Gewicht, 5. die Gesund- 174 heitspolizei, 6. die Gesinde- und Arbeiterpolizei und die Handhabung der Dienstbotenordnung, 7. die Sittlichkeitspolizei, 8. das Armenwesen und Sorge für die Wohlthätigkeitsanstalten, 9. die Bau- und Feuerpolizei, die Handhabung der Bauordnung und Ertheilung der polizeilichen Baubewilli¬ gungen, 10. die durch das Gesetz zu regelnde Einflußnahme aus die von der Gemeinde erhaltenen Mittelschulen, dann auf die Volksschulen, die Sorge für die Errichtung, Erhaltung und Dotirung der letzteren mit Rück¬ sicht auf die noch bestehenden Schulpatronate, 11. der Vergleichsversuch zwischen streitenden Parteien durch aus der Gemeinde gewählte Vertrauens¬ männer, 12. die Vornahme freiwilliger Feilbietungen beweglicher Sachen. Aus höhern Staatsrücksichten können bestimmte Geschäfte der Orts¬ polizei in einzelnen Gemeinden besonderen landesfürstlichen Organen im Wege des Gesetzes zugewiesen werden. Z. 6. Den übertragenen Wirkungskreis der Gemeinden, d. i. die Verpflichtung derselben zur Mitwirkung für die Zwecke der öffentlichen Verwaltung, bestimmen die allgemeinen Gesetze und innerhalb derselben die Landesgesetze. Z. 18. In den Wirkungskreis der Bezirks- (Gau-, Kreis-) Vertre¬ tung, in so ferne eine solche, constituirt wird, gehören alle innern, die gemeinsamen Interessen des Bezirkes (Gaues, Kreises) und seiner Ange¬ hörigen betreffenden Angelegenheiten; außerdem können der Bezirks-(Gau-, Kreis-)Vertretung durch das Landesgesetz rücksichtlich der Gemeinden zuge¬ wiesen werden: a) die Ucberwachung, daß das Stammvermögen und Stammgut der Gemeinden und ihrer Anstalten ungeschmälert erhalten werde; l>) die Genehmigung wichtigerer, insbesondere den Gemeindehaushalt betreffender Acte; o) die Entscheidung über Berufungen gegen Beschlüsse der Gemeinde¬ ausschüsse in allen der Gemeinde nicht vom Staate übertragenen Angele genheiten. In den vom Staate den Gemeinden übertragenen Angelegenheiten geht die Berufung an die Staatsbehörde." Gewiß einen schönen Rechts- und Wirkungskreis weist das Ge¬ meindegesetz den Gemeinden zu. Die Gemeinden find dafür dem Reichs- rathe und der Regierung zum großen Danke verpflichtet. Jedoch können wir nicht umhin, offen zu gestehen, daß wir noch man¬ ches Recht vermissen, welches nach unserer Ansicht der Gemeinde zuste¬ hen sollte. So z. B. wollen wir der Gemeinde auch ein Richteramt in Streit¬ sachen vom Staate anvertraut haben. Wir sind nämlich dafür, daß durch von der Gemeinde selbst ge¬ wählte Ortsgerichte das Spruchrecht in Lohn- und Arbeitsstreitigkeiten zwischen Gewerbsleuten und Gesellen, (wenn etwa nicht die Körper¬ schaften dieß Recht ausüben) dann zwischen Grundeigenthümern und Tag¬ löhnern, ferner überhaupt zwischen Dienstgebern und Dienstleuten ausge¬ übt werde; endlich wünschen wir diesen Ortsgerichten auch weitere kleinere 175 Streitsachen — etwa bis 50 fl. Streitwerths zugewiesen. Das Letztere ist schon durch eine Verordnung vom 26. Mai 1860 für Ungarn und Kroatien geschehen und wir leben der Hoffnung, daß man jetzt zur Zeit der Constitution den deutsche» und slavischen Gemeinden zum mindesten ebensoviel Reife und Rechte zuerkennen werde, als man zur Zeit des Absolutismus den ungarischen und kroatischen zugestand. An die Stelle der Polizeikommissariate, der politischen Bezirksämter und in zweiter In¬ stanz der Landesregierungen hätte in dieser Beziehung das Strafrichteramt von unabhängigen Gemeindegeschwornen zu treten. Diese Jury hätte als inappellabel zu erkennen, so daß gegen ihre Sprüche nur die Nichtigkeits¬ beschwerde an die kaiserlichen Gerichtsbehörden zulässig wäre. Dasselbe hätte auch für Polizei-Uebertretungsfalle zu gelten, mit dem einzigen Un¬ terschiede,. daß hier der Cassationszug nicht an die kaiserlichen Behörden, sondern an die höhere Gemeinde zu gehen hätte. Endlich wünschen wir der Gemeinde auch eine entsprechende Mit¬ wirkung am sogenannten officiöscn Richteramte, insbesondere am Verlassen¬ schafts - Abhandlungsgeschäfte. Die Verlassenschafts - Abhandlungen sollen überhaupt ausschließlich den Notaren, unter Mitwirkung der Gemeinden, überlassen werden, so daß den Gerichten nur die Schlußgenehmigung des Abhandlungsaktes bezüglich ihrer Pupillen und Curanden vorzubehalten wäre. Dermalen ist das Abhandluugsgeschäft zwischen Notariat und Ge¬ richt so ungeschickt vertheilt und zerstückt, daß der Zeit- und Kostenauf¬ wand ein sehr großer und bedauerlicher ist. Bezüglich des Wirkungskreises der höher» Gemeinden führen wir zur Verdeutlichung des ß. 18. noch folgendes an: Wir wünschen den hö¬ her» Gemeinden (Bezirks- oder Kreisgemeinden) hinsichtlich der von ihnen gegründeten oder dotirtcn Mittelschulen (Gymnasien, Real-, Gewerbe-, Ackerbau-, Forst-, Handelsschulen) dieselben Rechte, die wir den Ortsge¬ meindenbezüglich der Trivialschulen imZ. 340 des Jahrganges 1861 unserer Zeitschrift zuerkannt haben, und beantragen dafür die Kreirung eines aus der Gemeindevertretung gewählten Bezirksschulrathes. . Im übertragenen Wirkungskreise wären aber diesen höher» Gemein¬ den mit Zustimmung derselben durch die Landesgesetze die wichtigem der bisher von den Bezirksämtern und Kreisstellen besorgten Verwaltungsge¬ schäfte zuzuweisen, insbesondere die Repartirnng der ans den Bezirk oder Kreis entfallenden Steuer- und Rekrutenqucte unter die einzelnen Ortsge¬ meinden, gleichwie der Landtag die auf jedes Königreich oder Land entfal¬ lende Steuer- und Truppcnziffcr ans die Bezirke oder Kreise zu Vertheilen hat. Ueber ein den höher» Gemeinden zucrkanntes Recht müssen wir aber unser Bedauern aussprechcn, nämlich über das diesen Gemeinden einge¬ räumte Aufsichtsrccht hinsichtlich der Erhaltung des . Polith folgende Prinzipien auf: a) Man bilde die höhern Gemeinden nach der Nationalität; was selbst in Kärnten fast ohne Ausnahme leicht geschehen kann. k>) Ist nun in dieser höhern Gemeinde nur eine Nationalität und etwa nur sporadische Familien anderer Nationalitäten, da ist es selbstver¬ ständlich und folgt schon aus dem Prinzips der Selbstverwaltung, daß die nationale Verwaltung sich nach dieser Nationalität richten muß. e) Sind in einer Bezirks-, Gau- oder Kreisgemeinde zwei oder meh¬ rere Nationalitäten, so muß auch hier, wie in allen Dingen, eine gewisse Grenze eingehaltsn werden. Die Feinde der nationalen Gleichberechtigung wenden so gern ein: „Die Befriedigung der Ansprüche der Nationalitäten ist ein babilonischer Thurmbau, ist unmöglich, und darum eine Nationali¬ tät nothwendig, in welche alle übrigen aufgehen müssen." Diesem belieb¬ ten Einwand wird dadurch begegnet, daß eine gewisse Grenze in den For¬ derungen eingehalten wird. Diese Grenze besteht nun darin, daß sich Einzelne zu Gunsten der Gemeinschaft beschränken, daß sich bei einer Ge¬ meinschaft die Minorität der Majorität fügt. Darum wird die Verwal¬ tung einer höhern Gemeinde mit zweien oder mehreren Nationalitäten das Gepräge jener Nationalität tragen müssen, welche sich allen andern gegen¬ über in der Majorität befindet. Was die in der Minorität bleibenden Nationalitäten anbelangt, so versteht es sich jedoch von selbst, daß ihnen ihre Nationalität in Kirche, Schule und Gemeinde bleiben muß. 183 Auch muß diesen Nationalitäten (insofern sie nicht blos sporadische Familien sind) das Recht zugestanden werden, die Eingaben bei ihren Be¬ hörden in ihren Sprachen zu machen. Die Kenntniß zweier oder dreier Sprachen (inehrere Sprachen kann es bei einer guten Arrondirnng gar nicht geben und gibt es selbst in Süd-Ungarn, wo das Gemisch der Na¬ tionalitäten am größten ist, nicht, denn wenn es noch mehr Sprachen in einem Mnnicipium gibt, so sind das Sprachen sporadischer Familien) muß bei den Beamten eines solchen Municipiums vorausgesetzt werden. Die Schwierigkeit wegen des Beamtenpersonals hebt sich in einem Municipinm mit Selbstverwaltung von selbst, da ja die Beamten meist Eingeborne des Municipiums sind und daher auch größtentheils aller Sprachen des Municipiums mächtig sind. Was die sporadischen Familien anbelangt, so können dieselben unmög¬ lich in der Verwaltung des Municipiums berücksichtigt werden, denn sie würden durch eine, solche Berücksichtigung die Verwaltnng zum Nachtheile fast aller Angehörigen des Municipiums erschweren. Wie wenn in Oester¬ reich einige ansässige Familien Franzosen oder Engländer im Sinne der Gleichberechtigung ihre Eingaben bei den Behörden in französischer oder englischer Sprache machen wollten! Dasselbe muß hinsichtlich der sporadischen Familien auch dann gel¬ ten, wenn sie zu einer Nationalität gehören, die in einem anderen Muni¬ cipinm oder der ganzen Provinz die Majorität hat. So könnten z. B., wenn es in Kärnten Municipien gäbe, in einem rein deutschen Municipinm einzelne slovenische Familien in der Verwaltung nicht berücksichtigt werden, Wohl aber müßte das in der von uns angegebenen Art geschehen, wenn sich die slovenische Nationalität der deutschen gegenüber im Municipinm nur in der Minorität befände. Den sporadischen Familien bleibt es natürlich unbenommen, Schulen für ihre Nationalität zu errichten und für die Erhaltung derselben durch genügende Fonds zu sorgen. Der Staat darf sie begreiflicherweise in diesem Vorhaben nicht beirren. Das Loos dieser Familien wird aber naturgemäß stets das sein müssen, daß sie in die dieselben umschlingende Nationalität übergehen. In der Thal zeigt sich dieses Phänomen nicht nur bei verwandten, sondern ganz heterogenen Nationalitäten. So haben sich z. B. in der Wojwodina die zwischen Serben ansässigen sporadischen Familien der Griechen und Zin- Zaren fast ganz serbisirt. Die serbischen und griechischen Schulfonds beste¬ hen hie und da noch getrennt, aber die griechischen Schulen werden nur spärlich besucht und die scrbisirten Griechen lernen das Griechische, wie sie überhaupt eine andere fremde Sprache lernen würden. Solche sporadische Familien sind jenen Pflanzen zu vergleichen, die in ein fremdes Klima und in einen anderen Boden versetzt, mit der Zeit Natur und Gestalt der in diesem Boden wachsenden Pflanzen annehmen. Was nun die Municipien anbelangt, so versteht sich von selbst, daß der innere Geschäftsgang des Municipiums nur in der Sprache der die 184 Majorität bildenden Nationalität sein kann, da jedes Municipium das Gepräge dieser Nationalität tragen muß. Bei dem Geschäftsgang der Municipicn unter sich müßte man die Reciprocität walten lassen. Der bekannte Publicist Baron Andri ani hat in seiner Brochure: „Centralisation und Decentralisation" schon im 1.1850 geschrieben: „Ich glaube, daß das Ministerium am Klügsteu gethan hätte, gar kein provi¬ sorisches Gemeindegesetz zu erlassen, sondern sich damit zu begnügen, ein Minimum der Gemeinderechte festzustellen, und es den einzelnen Landtagen zu überlassen, für ihre Kronländer innerhalb der Schranken der Verfassung ebenso viele definitive Gemeindegesetze auszuarbeiten." Wir können dem gegenwärtigen hohen Ministerium nur gratnliren, daß es diesen Weg ein¬ geschlagen und so den Weg der Decentralisation betreten hat. Der Reichs¬ rath hat den vom chohen Ministerium in den weitesten Umrissen begon¬ nenen Bau des Gemeindegesetzes mit so ziemlicher Wahrung der Autono¬ mie und Selbstverwaltung fortgesetzt und die Landtage werden ihn vollenden. Möge ihnen der Ausbau der Grundlage des freien Staates gelingen! Kommt dann so ein den Bedürfnissen der einzelnen Länder angemessenes Gemeindegesetz zu Stande, und geht es durch längere Nebnng beim Volke in Fleisch und Blut über, — dann wird die allgemein gewünschte Auto¬ nomie und Selbstverwaltung nicht blos ein schönes Wort, sondern auch eine schöne Wirklichkeit sein. Es geschehe! Korrespondenzen. * Klagenfurt. (Die Patentfeier). Wir haben schon einige Konstitutions-Feierlichkeiten erlebt und mitgemacht. Aber diese Ruhe und Kälte, ja diese TheilnamSlosigkeit von Seite der Bevölkerung haben wir noch nie wahrgenommen. Bei den kommandirten kirchlichen Feierlich¬ keiten, bei den angeordneten Theatervorstellungen und den bestellten Fest¬ essen erblickte man fast durchaus nur officielle Persönlichkeiten. Darum können wir es nicht einsehen, waö man mit den pomphaften Berichten denn eigentlich erzielen will. Die Liebe zur gegenwärtigen Verfassung laßt sich nicht hervorzaubcrn. Wo sie ist, da trat sie bei der Feierlichkeit am 26. Februar hervor. Wir müssen aber nur bedauern, daß dieß von Seite der Bevölkerung nicht im höhern Grade geschah, obgleich von ver¬ schiedenen Seiten und auf allerlei Wegen Alles aufgeboten wurde, um 185 eine glänzende Demonstration zu erzielen; daß dies nun mißlungen, muß wieder der Klerus, namentlich der Klerus in den slovenischen Gegenden verschuldet haben und dafür entgelten; denn wir hören von verschiedenen Seiten, daß man gesonnen sei, gegen einzelne Priester deßhalb sogar Kla¬ gen einzuleitcn. Am 20. Oktober war die Jahresfeier, wo Se. Majestät das unab¬ änderliche Staatsgrundgesctz herausgab und so deu eigentlichen Grund zu allen nachfolgenden Patenten und Anordnungen legte. Diesen herrlichen Tag — den Geburtstag unserer Konstitution — hat keine Seele nur er¬ wähnt, geschweige denn gefeiert, und man hörte gar nichts von Mißbilli¬ gungen oder Klagereieu. Wir sind neugierig, die Gründe zu vernehmen, welche man für die Klagen anzuführeu gedenkt, daß einige Geistliche sich an der Patentfeier vom 26. Februar nicht betheiligten. Es ist uns eine Anordnung von der kirchlichen, somit in kirchlichen Angelegenheiten kompe¬ tenten Behörde in dieser Hinsicht nicht bekannt. Für eine Konstitution ist gewiß Jedermann. Wird die Konstitution die Wünsche und Forderungen aller Völker in allen Klassen befriedigen, werden die Leute auch endlich einmal einige Früchte und Vortheile der Konstitution sehen und fühlen: dann werden auch dergleichen Feierlichkeiten wahre und herzliche Festlichkeiten, wahre Volksfeste sein, wenn auch kein Kommando von irgend einer Seite erfolgt. Dann wird aus Millionen und Millionen Herzen ein begeistertes Hoch erklingen auf das Wohl Sr. Majestät, unsers allergnädigsten Kaisers, der uns die Kon¬ stitution aus freier Entschließung und allerhöchster Machtvollkommenheit verliehen hat. Aber auch diejenigen, welche der Patentfeier am 26. Februar wirklich in Andacht beiwohnten, haben mit dankbarem Herzen für Se. Majestät, der zu unserm neuen konstitutionellen Leben schon am 20. Oktober 1860 den eigentlichen Grund legte, und in diesem Diplome den für Oesterreichs Macht und Ruhm allein richtigen Weg bezeichnete, für Se. Majestät haben alle diese gebetet. 8. U. Aus dem Oberrosenthal e. (Ueber Freiheit der katholischen Kirche und deren Selbstverwaltung.) Was den Besitz und den Genuß der für die Kultus-, Unterrichts- uud Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds der katholischen Kirche anbelangt, so übe der Staat nur immerhin Gerechtig¬ keit aus und lasse der Kirche die vollkommenste Freiheit, wie sie in der That auch angebahnt wird; die Kirche wird sich dabei wohl und jedenfalls besser befinden als unter der bisherigen bis in die minutiösesten Details ge¬ henden, ja gar zu wohlmeinenden (?) bureaukratischeu Fürsorge. Man mache nur Ernst mit der vollkommenen Freiheit in der Verwaltung des Kirchen- Vermögens durch die Kirche selbst. Wem hat man denn den Verfall der Kirchen und das oft Anstößige der ewigen früher» Reibungen zwischen Kirchenvorstehungen und der k. k. Buchhaltung zuzuschreiben, als der Bu- 186 reaukratie selbst*). Ein Mick in die srühern Zeiten zeigt uns das Land bedeckt mit schönen Gotteshäusern und wiewohl deren viele durch Staats- maßregeln abgebrochen worden, geben die übrigen noch das sprechendste Zeugniß des damaligen Eifers. Wer hat denn Kirchen gebaut, eingerichtet und erhalten? Der fromme Eifer von Wohlthätern, christliche Gemeinden und die Thätigkeit der Kirchenvorstehungen, denen es unbenommen war, die Mittel der Kirchen auf ihre Erhaltung und Ausschmückung zu ver¬ wenden. Von welcher Zeit an beginnt der Verfall unserer Gotteshäuser, ihre Armnth, Vernachlässigung und ihre Bettelhaftigkeit? Alles dieses fing mit dem Tage an, wo die Staatsverwaltung das Kirchenvermögen den Kirchenvorständen entzog, es der Aufsicht und Fürsorge einer allweisen, all¬ mächtigen und allwissenden Bureankratie übermittelte und eben dadurch die Gotteshäuser dem allmäligen Verfalle preis gab. Es ist eine allgemeine Erfahrung, daß die Gemeinden dort, wo ihre Kirche kein eigenes Vermö¬ gen hat, am meisten für sie thun, das aber dort, wo Vermögen vorhanden ist, bisher nichts geschah und deßwegen nichts geschah, weil die Staats¬ verwaltung nichts geschehen ließ und die Gemeinden eben deßwegen auch nichts thaten. Kaum aber wurde den Bischöfen und mittelbar den Kir- chenvorstehnngen neuester Zeit freiere Hand gelassen, so zeigen sich wieder die einstmaligen günstigen Resultate. Wahrhaft schleichend und ermüdend war der bureaukratische Geschäftsgang bezüglich kirchlicher Bauten; Bau¬ gebrechen, denen anfangs mit kleinen Kosten abgeholfen worden wäre, er¬ wuchsen bei den gewöhnlich jahrelang sich hinschleppenden Verhandlungen zu Hauptgebrechen, und kosteten dann dreifach mehr, als sie anfangs gekostet hätten, geschweige daß die gewöhnlich öftern Commissionskosten der betreffen¬ den Kirchenkasse beinahe eben so thener zu stehen kamen, als der Bau selbst, und nicht zu gedenken, daß nicht Jedermann so schreibselig und mit solcher Geduld ausgerüstet ist, nm sich mit derlei Schreibereien und Pla¬ ckereien zu befassen und daß schon deshalb dem Verfalle der Gotteshäuser oft ruhig zugesehen worden ist. Lasse die Staatsverwaltung getreu dem Selfgovernements-Prinzip den Bischöfen und den Kirchenvorstehungen nur immer freie Hand und beschränke die Freiheit der Kirche nicht; die Kirche wird mit ihrem Vermögen keinen Schiffbruch leiden, wenn auch die Bureankratie nicht mehr den Kirchensäckel hütet und jeden Pfennig zehn¬ fach verbuchet, — der Bureankratie wird das Heil der Kirche Wohl nicht mehr am Herzen liegen als der Kirche selbst, sie wird nicht kirchlicher sein wollen, als die Bischöfe! Oesters noch vernimmt man von Seite der Bureaukratie den bangen Stoßseufzer, daß der Staatsschatz für die Bedürfnisse der katholischen *) Wer es gibt auch eine Bureankratie in der Kirche, und die soll sogar arger sein wie die im Staate; bezüglich der Diözesan-Buchhaltungen wenigstens sind die Kla¬ gen jetzt noch häufiger und ärger als früher. Die Rcdactien. 187 Kirche schwere Beiträge zu leisten habe; mag sein! — aber diese betragen nicht einmal die Zinsen des Werthkapitals des Kirchengutes, welches der Staat an sich gezogen hat. Aber man frage nur nach, seit wann die Kirche angefangen hat und gezwungen war, bei dem Staate um ein Almo¬ sen zu betteln, und man wird finden, daß dieser Bettel just damals begon¬ nen hat, wo der Staat der Kirche die Mittel zur Selbstverwaltung entzog und ihr noch überdies aus einer echt bureaukratischen Laune in seinen Kurazien, Localien und Vicariaten ebenso viele Bettelkirchlein und Bettel¬ pfarrlein vor die Thüre gesetzt hat. Die alten Pfarren und Kirchen haben nie eine Staatsunterstützung gebraucht; wenn die neuen derlei branchen, so ist es nicht die Schuld der Kirche. Die Selbstverwaltung kann im Verlaufe der Zeit vielleicht auch diese Last des Staates erleichtern! — Freilich bietet man von Staats Gnaden erst jetzt der Kirche die Sorge für ihr eigenes Vermögen an, erst jetzt, nachdem dieses Vermögen ohne Verschulden der Kirche sehr — sehr vermindert und zudem größteuthcilö in schwankende Staatspapiere verwandelt worden ist, so daß der ans diesem verminderten Kirchengute gegründete Religionsfond die auf ihm lastenden Ausgaben kaum mehr zu leisten vermag und der Staatshilfe bedürftig ist. Welcher Schreibereien aber bedarf es noch, um für irgend eine arme Kirche, Pfründe oder einen Seelsorger einen dringend benöthigten Unter stützungsbeitrag aus dem Religionsfonde von der ihn hütenden Staats¬ verwaltung zu erwirken? — Gebe man der Kirche, was man ihr genom¬ men, und sie wird ohne Staatsunterstützung ihre Bedürfnisse leicht decken können, wie sie ehemals dieselben gedeckt hat! Dies gilt auch von allen kirchlichen Anstalten und Instituten — sie litten alle unter der gleichen bureaukratischen Bevormundung und unter gleichem Drucke, alle tragen noch die herben Folgen des überschwänglichen Zuvielregierens. Wie blüh¬ ten einst die kirchlichen Wohlthätigkeitsanstalten im Schoße der Kirche, was thaten einst die christlichen Gemeinden im liebevollen Eifer und in frommer Werkthätigkeit? — Beinahe alle gegenwärtigen, leider oft ver¬ kümmerten Anstalten geben das sprechendste Zeugniß für den Wohlthätig- keitssinn und die wahre Nächsten- und Gottesliebe unserer Voreltern. Nachdem aber über alle Anstalten und christlichen Institute die allbeglückende Bureaukratie ihre Fittige ausbreitete, zog sich vor dieser zu gütigen und aufgedrungenen Fürsorge die christliche cmritas zurück und wurde zur rsritus, dafür aber erwuchs obige papierne Providenz bis zum widerlichen Unge¬ heuer mit so und so vielen Verordnungen, Circularen und Paragraphen. Lasse man nur die Kirche und die christliche Gemeinde gewähren, lasse man ihnen die Sorge für ihre Anstalten; diese liegen ihnen jedenfalls mehr und heiliger am Herzen, als einem gleichgiltigen oft glaubensarmen Kanzlei- Personale. 188 * Görz*). In Folge des Aufsatzes „vom linken Ufer des Jsonzo" in dem letzten Monathefte Ihrer geehrten Zeitschrift „Stimmen aus Inner¬ österreich" bin ich so frei, zur gefälligen Berichtigung im nächsten Monat¬ hefte Nachstehendes zu bemerken: An der k. k. Oberrealschnle zu Görz sind bis heute weder italienische noch slovenische Vorträge aus der Religion gehalten worden, weit zur Richtschnur noch die spezielle Weisung höhern Orts abgewartet wird. Wie konnte also der Korrespondent „vom linken Ufer des Jsonzo" von den „erbärmlichen (slowenischen) Vorträgen" reden? — Wie kann er seine Aussage rechtfertigen? — Wären aber die deutschen Vorträge ans der Religion „erbärmlich" gewesen, so hätten sie anch einen solchen Fort¬ gang zur Folge gehabt. — Wir können aber den Korrespondenten über¬ zeugen, das sowohl das fürsterzb. Ordinariat, als auch die hochlöbl. k. k. Statthalterei den Erfolg des im Schuljahre 1860/61 an der hiesigen k. k. Oberrealschule ertheilten Religionsunterrichtes mehr als befriedigend erkannt haben, und daß in Folge dessen das fürsterzb. Ordinariat sich bewogen fand, den prov. Katecheten für den ertheilten Unterricht durch das Decret Nr. 2205 vom 22. Dezember 1861 seine Anerkennung aus¬ zudrücken. Bezüglich Ertheilnng des Religionsunterrichtes in den beiden Landes¬ sprachen und Verwendbarkeit der geeigneten Lehrbücher ist bereits das Nöthige eingeleitet worden; maßgebende Verordnungen hierüber werden jedoch noch erwartet. X Görz, 14. Februar. Der Korrespondenz-Artikel „vom linken Ufer des Jsonzoflusses" im Februarhefte d. I. hat hier sowohl in slove- nischen als nichtslovenischen Kreisen gerechtes Aufsehen erregt. Mit Be¬ dauern lasen wir ihn in den allgemein beliebten „Stimmen ans Jnner- österreich", die sich sonst während der kurzen Zeit ihres Bestandes ein so vortheilhaftes Renommäe zu erobern gewußt haben. Die Ungenirtheit, mit der der Korrespondent im letzten Absätze seines Schreibens ohne alle Noth Verhältnisse hervorzerrt, die — mindestens nicht vor die Oeffentlichkeit gehören; das Spiel, das hier mit der Repu¬ tation eines im Ganzen keineswegs verdienstlosen Schulmannes getrieben wird, hat auf uns den peinlichsten Eindruck gemacht. Indem ich nun dieses constatire, glaube ich die Gesinnung der hie¬ sigen Slovenen vollkommen richtig zu interpretiren, wenn ich offen erkläre, *) Die antikirchlichen und antinationalen Blätter pflegen wohl selten eine Be¬ richtigung ihrer gebrachten Unwahrheiten zu bringen. Aber wir fordern Gerechtigkeit und üben auch Gerechtigkeit. Darum bringen wir zwei Berichtigungen des Aufsatzes: „Vom linken User des Jsonzo." Wir wollen Niemanden unrecht thnn; deshalb bitten wir unsere geehrten Herren Korrespondenten, immer die reine Wahrheit zu berichten, irnd sich mehr mit den Objecten als den Subjecten zu befassen. Die Redaction, 189 daß wir allfällige Zumuthungen einer Solidarität bezüglich derartiger schiistischer Productionen entschieden zurückweisen. Wahr ist es, wir Slovenen, wie anderwärts so Hierlands, sehen uns, da unsere Nationalität einer unbedingten Anerkennung und des gehö¬ rigen Schutzes immer noch entbehren muß, dann und wann gcnöthigt, den mächtigen Hort der Oeffentlichkeit anzurufen, damit doch wenigstens diese aus gewisse Belleitäten einen heilsamen Druck ausübe; wir sind genöthigt, drohende Gefahren oder offenkundige Rechtsverletzungen vom Wachtthurme des Patriotismus herab zu signalisiren, offenen und verkappten Gegnern freimüthig entgegen zu treten; aber wenn das koi-tllsr in rs, suavitsr in nwäo ganzen Parteien von Gegnern gegenüber unsere Kampfweise charakterisiren muß, so erscheint die Anwendung dieses heilsamen Grund¬ satzes um so mehr dort angezeigt, wo es sich um — ich lasse ununter¬ sucht, ob vermeintliche oder wirkliche, böswillige oder unbesonnene >— Rechtsverletzungen oder Verirrungen Einzelner handelt. Die gerechte Nothwehr darf nicht zu einem moralischen Todschlag werden. Bei dieser Gelegenheit wolle man mir noch eine wohlmeinende Be¬ merkung zn Gute halten. Meines Erachtens ist es für denjenigen nicht rathsam, sich der heiklen Aufgabe eines — zumal kirchlich- und national¬ politischen Korrespondenten zn unterziehen, der die Verhältnisse zu kennen nicht in der Lage ist, und dem die Umstände den Ueberblick der jeweiligen Situation nicht gestatten. Wir werden wohl thnn, wenn wir uns vor Fehltritten und Mißgriffen aller-Art sorgfältig hüten, die geeignet sein könnten, unsere edlen, bisher durchaus vorwurfsfreien nationalen Bestre¬ bungen zu compromittiren und unsere Interessen ernstlich zu gefährden. So viel zur Verständigung nach Innen und nach Außen. /X Wien, 22. Februar. Ich schreibe unter dem Eindrücke der Nachricht: Die Schwurgerichte sind also für diesmal durch¬ gefallen, selbst für das Verfahren in Preß fach en durchgefallen. Eine inhaltschwere Nachricht für alle betreffenden oder vielmehr „betroffenen" Redacteure unabhängiger politischer Blätter unserer Monarchie. Nach den liberalen Phrasen der Linken namentlich in Bezug aus die Tagespressc, nach dem wiederholten rauschenden Beifalle zu nrtheilen, denn die sich selbst so nennende „liberale Partei" der in der gestrigen Sitzung des Abgeordneten¬ hauses gehaltenen glänzenden, mit viel Humor gewürzten Rede des Herrn Ladisl. Rieger „ausnahmsweise" gespendet hat, hätte mau geglaubt, daß die Majorität des Hauses die Schwurgerichte auch „ausnahmsweise" wenigstens für das Verfahren in Preßsachcn votiren werde. Allein man hat sich gewaltig getäuscht. Das Ministerium Schmerling, welches gegen¬ wärtig der Ansicht huldiget, cs sei noch nicht an der Zeit bei uns wieder Schwurgerichte einzuführen, (die Gründe hiefür sind bekannt), hat wieder einen Sieg gefeiert, wobei auch die lieben galizischen Russen (Ruthenen) ihre Verdienste haben. Unterhaltend war der Umstand, daß sich durch den 190 Ausdruck Rieger's „mattherziger Liberalismus" so viele Mitglieder des Hauses so wie auch das Ministerium selbst getroffen fühlte. Merkwürdig ist aber die Logik des Herrn IW. Brinz, (dessen sar¬ kastische Redeweise und rauhe norddeutsche Aussprache stets sehr unange¬ nehm berührt), der schon zu wiederholten Malen am Schluffe seiner Rede — zu einem ganz andern Schluffe gelangt, als man ihn nach den Prämissen erwartet hätte, d. h. gerade zum Gegentheil. — Es ist dies bekanntlich der berühmte deutsche Professor des röm. Rechtes in Prag, der bekanntlich in einer Sitzung erklärt hatte, für einen Antrag blos aus dem Grunde nicht stimmen zu wollen, weil... er von der „andern" (der rechten) Seite des Hauses ausgeht. Gott bewahre uns vor solchem „römischen" (?) Recht! Die Schwurgerichte wären somit einstweilen — bis nämlich die... Cultur so große Fortschritte gemacht hat, daß jeder Bauer, oder doch Bür¬ ger ein gelehrter Jurist ist, glücklich beseitiget. Ich weiß zwar, daß auch die Schwurgerichte, wie jede menschliche Institution ihre schwache Seite haben; allein der beste Beweis für ihre Vortrefflichkeit ist, wie Rieger scharfsinnig bemerkte, eben die Furcht, welche die Diebe, Betrüger und andere Spitzbuben, vor den Geschwornengerichten haben. Dieses, während des kurzen Bestandes derselben bei uns gewon¬ nene Resultat gibt dem Institute der Geschwornen in der That ein so glänzendes Zeugniß, daß es durch alle bekannten Gegengründe nicht ver¬ dunkelt werden kann. Wie sehr überdies das Geschwornen-Justitut zum Rechtsbewußtsein des Volkes und zur Ausbildung seiner Sprache beiträgt, wissen wir aus eigener Erfahrung. Wir Slovenen haben daher insbesondere Grund dazu, die Beseiti¬ gung der Schwurgerichte, auf weiß Gott wie viele Jahre, im hohen Grade zu beklagen; denn wenngleich durch den Majoritätsbeschluß des Abgeord¬ netenhauses .nur die ausnahmsweise Einführung derselben für das Verfah¬ ren in Preßsachen abgelehnt wurde, so ist doch so viel als gewiß, daß dadurch das Prinzip überhaupt abgelehnt worden ist. Auffallend ist aber, daß das h. Ministerium, welches für jede, gegen einen Beamten vorgebrachte Beschwerde Beweise (und was für Beweise!) fordert, keine Thatsachcn, keine speziellen Fälle angeführt hat, als hätten die Geschwornen bei uns während des Bestandes der Schwurgerichte unge¬ rechte oder widersinnige Wahrsprüche gefällt. Man könnte in dieser Beziehung noch so Manches zum Vortheile der Schwurgerichte anführen, doch wozu jetzt in den Wind reden? Es kommt schon wieder die Zeit dazu. Von den gegen den Redakteur von „Ost und West", Herrn vr- Tkalac, anhängig gemachten Preßprozessen, welche mittlerweile schon bis auf 23 angewachsen waren, sind sicherm Vernehmen nach seither bereits 15 fallen gelassen worden, so daß es zu keinem Anklagebeschlusse kam. Der Präsident des neuen Unterrichtsrathes ist noch immer nicht be¬ kannt Md wahrscheinlich noch nicht ernannt. Die Ernennung des Herrn 191 Professors vo. Miklos ich zum lebenslänglichen Mitglieds des Herren¬ hauses ist jedenfalls als eine der Wissenschaft dargebrachte Huldigung an¬ zusehen. Ob aber diese unerwartete Auszeichnung zugleich als eine Vor¬ bereitung für eine andere ansehnliche Stelle zu deuten sei, wird wohl bald die Folge lehren. Aritungsrevue. ?Aus Laibach. Wie ich gelesen, geht es Dir mit Deinen „Stimmen" ja schlecht; man feuert ja auf sie mit gezogenen Kanonen. Aber wenn Deine Gegner nicht besser laden, sei gutes Mnthes, und laß Dir Deine wenigen Haare nicht grau werden. So weit ich die „Gegen¬ stimmen aus Jnnerösterreich" bcurtheilen kann, sind sie wirklich wohl nur blind geladen, es raucht und kracht an allen Seiten, aber auch nicht eine Fliege fällt. Ich möchte auch gern in den Streit etwas dreinreden; aber die nationale Frage ist schon zu abgedroschen; die Gegner wollen unser Streben nicht verstehen, obgleich wir cs ihnen tausendmal schon geschildert haben; darum schreibe ich auch nichts, es wäre leeres Strohdreschen. Die kirchlichen Angelegenheiten sind zwar sonst mein Licblingsthcma nicht, aber Deine Ansichten und Pläne könnten mich doch fesseln, es weht darin ein gesunder und frischer kirchlicher Geist. Weiter kann ich mich dießbezüglich nicht einlassen, damit es nicht heiße: Schuster bleib bei deinem Leisten! Darum vom politischen Etwas, doch auch nur Weniges. Besonders auf¬ fallend ist mir der Passus vorgekommen, der in den „Gegenstimmen" von den Polen handelt. Dein Gegner hat hier so excerpirt, daß er gerade daß Gegentheil von dem heraus brachte, was Du geschrieben hast. In den „Stimmen" heißt es S. 122 wörtlich: „Möchten sich jedoch die Po¬ len ihr Königreich aus dem Kopfe schlagen, möchten sie doch der Unbilden vergessen, welche sie von Rußland erduldet, möchten sie doch in die sla- vische Idee unbedingt eingehen.... Auf dem friedlichen Wege der politi¬ schen Reformen und im Geiste der slavischen Idee kann Polen vieles er¬ warten und erreichen." Die „Gegenstimmen" bringen diesen Passus so: „Den Polen räth die politische Rundschau unserer Stimmen Seite 122 ein friedliches Abkommen mit Rußland: Möchten sie doch, heißt es , in die slavische Idee unbedingt cingehen! Deutlicher kann man doch nicht auö- sprechen, wohin dieses Alles hinaus will." Der Herr Gegner will wahr¬ scheinlich den RusiSmus und Panslavisnms herausbringen! Es wird nicht Bosheit oder Denunziationssucht, sondern die Unwissenheit Deines Herrn Gegners davon die Ursache sein. Daher will ich ihm einen kleinen Be¬ griff über die slavische Idee beizubringen versuchen. Ich kann ihn 192 dabei aus der lautersten Quelle — dem Slavencongreß in Prag —> bedienen. Da waren doch die Hauptpanslavisten beisammen, die Zeiten waren äußerst bewegt, daher kann man da das reinste Wasser erwarten. In dem Aufrufe an alle Slaven in Oesterreich, sich zur Berathung unse¬ rer gemeinschaftlichen Angelegenheiten in Prag am 31. Mai 1848 zu versammeln, lesen wir wörtlich: 1. „Wir erklären offen und feierlich, daß wir fest und unwandelbar entschlossen sind, dem angestammten, uns nach konstitutionellen Grund¬ sätzen regierenden Hause Habsburg-Lothringen die alte Treue unverändert zu bewahren, und die Erhaltung der Integrität und Souverainität des öster¬ reichischen Kaiserstaates mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln zu sichern. Wir weisen daher im Vorhinein alle von Uebelwollenden gegen uns etwa erhobenen Verdächtigungen über angeblichen Separatismus, Pan- slavismns, Rassismus und wie alle derlei Schlagwörter sonst noch heißen mögen, dahin zurück, woher sie kommen, in das Gebiet der Lüge und Verläumdnng. 2. Wir erklären ebenso feierlich, daß es nie unsere Absicht gewesen ist, noch sein wirb, irgend eine nichtslavische Nationalität zu beeinträchti¬ gen oder zu bedrücken, indem unser Streben von jeher nur dahin gerich¬ tet ist, dem Grundsätze der vollen Gleichberechtigung aller Nationalitäten im österreichischen Kaiserstaate die nöthige Anerkennung und praktische Geltung zn verschaffen. 3. Endlich erklären wir, daß wir entschlossen sind, die dem soeben ausgesprochenen Grundsätze gemäß unserer slavischen Nationalität im Volks- uud Staatsleben gebührenden Rechte in ihrem vollen Umfange in Anspruch zn nehmen, sie zu bewahren und gegen jeden Angriff, er komme, woher er wolle, zu schützen, und daß somit der von uns beabsichtigten Slaveu- versammlung kein anderes Motiv zn Grunde liegt, als der Wunsch, durch freundliches Einverständniß der von einander getrennten W-venstämme je¬ nen uns heiligen Zweck auf die zugleich sicherste und friev- Hste Weise zu erreichen. Da somit unsere nationale Selbstständigkeit und Einigung durch den Fortbestand der Integrität und Souverainität des österreichischen Kaiser¬ staates mitbedingt wird, so ist es einleuchtend, daß diese ganze Maßregel von wesentlich konservirender Natur ist, und nichts darbietet, was unsere gerechten und freisinnigen Mitbürger von nichtslavischem Stamme nur im Mindesten beunruhigen könnte." Das war die slavische Idee vom Jahre 1848, das ist sie gegenwärtig und wird es sein. Ein großer slavischer Geist hat sie in den prägnanten Worten aus¬ gedrückt: „Gebe es kein Oesterreich, so müßten wir eines schaffen." Das mögen unsere Gegner nicht vergessen!