Der Ruf eines ElHtz-OUOU IG NiKG an seine Brüder an der Sava, Drava, Soca und Adria. -W-G-»-- Von Georg Z e n V o Motto: 8spsre suäs. M ^^ruder! jetzt, wo die Blicke des Weltmannes sowohl, als des Filosofen und eines jeden edlen Menschenfreundes auf den politischen Schauplatz geheftet sind, auf dem die heiligsten Interessen der Völker verhandelt werden, haben wir Slovenen am wenigsten Grund, unthä- tig die Hände in den Schooß zu legen, und müßige Zuschauer des erhebenden Schauspieles abzugeben. Unser und unserer Enkel Schick¬ sal liegt in unseren Händen, und es würde eine tadelnswerthe Gleich¬ giltigkeit gegen das Wohl und Weh der Menschheit verrathen, zu Allem zu schweigen. — Ein feindliches Element warf das Gold unserer Nationalität in den Koth, trat es mit Füßen und rief uns dann höhnisch zu: „Sehet, das ist eure Herrlichkeit!" Wir waren gläubig genug, das Blendwerk für Wahrheit anzunehmen, verloren das Selbstgefühl, verlernten unsere Kraft, auf die wir, um mit unserem unsterblichen Lin Hard zu sprechen, einst stolz waren. So kam es denn, daß wir, die wir ehemals keinen Sinn für die Knecht¬ schaft hatten, uns unser selbst schämten, und unsere herrliche Sprache als jene der knechtischen Parias und Heloten verhöhnt wurde. Dann aber hat sich über uns Schwächlinge jenes Element vampyrartig gelagert, um uns das Herzblut auszusaugen. Unser Klagen, unsere Seufzer rührten selbes nicht, weil es sie nicht verstand; — als ein fremdartiges, das stets raubsüchtig gewesen, was unser Schaffarik zur genügenden Ueberzeugung eines jeden Freundes der Wahrheit darthat, nicht verstehen wollte. So kam es denn, daß wir zu einem Zustande gänzlicher Rechtslosigkeit herabsanken, Knechte der Geknech¬ teten wurden; wir waren politisch todt. Unser guter Kaiser, dessen Herz bei dem Anblicke solchen Elendes, das die Selbstsucht einer engherzigen Kaste vor dessen Augen sorgfältig verbarg, weinte, sprach die beseligenden Worte: „Sie sind nicht todt, sie schlafen nur", nahm die Leier der Freiheit in die Hand, schlug den belebenden Accord an, und der Schlaf siel von den Augenliedern der Völker, welche sich jetzt belebten, erhoben und den harmonischen Klängen der 4 Freiheit lauschten. Doch, Brüder! verhehlen wir uns nicht, noch schlafen Viele unter uns fort den tiefen Schlaf, und störend greift in die harmonischen Klänge der Freiheit das Kreischen der Raubvögel, die von ihrer Beute verscheucht. Es gilt die Schlafenden zu wecken, die kreischenden Vögel zu bewachen. Vereinen wir daher unsere Kräfte an der 8svs, Drava, 8oea und am Ackicka, die eine klug berechnende Politik getrennt, und rufen wir dann Alle aus einem Halse: „Wir sind Brüder! Wir wollen beisammen sein! Gebet uns unsere Zunge zurück!" — Machen wir eine Frage, die bis jetzt durch die blinde Gewalt des Stärkeren beantwortet wurde, vor dem Richterstuhle der reinen Vernunft anhängig, fordern wir mit Nachdruck die Wiederherstellung in unsere unverlierbaren Rechte, fordern wir, daß man uns endlich als Selbstzweck ehre, und wahre, d. h. die nationale Freiheit zur Grundlage unserer politischen Verbindung mache. Aber fordern wir es mit vereinten Kräften. Das Zirpen einer Grille ist kaum hörbar, alle zusammen erregen ein großes Geräusch. Der Einzelne wird, wenn er den Fluß durch¬ waten will, von den Wellen fortgerissen und geht zu Grunde; wenn aber einer dem andern die Hand reicht, so gelangen Alle glücklich an das ersehnte Ufer. — Brüder! noch stehen die heiligen Pfeiler des Tempels unserer Nationalität in den klangreichen Tönen unserer herrlichen Sprache, in den schönen Sitten und Gebräuchen unseres Volkes, die der Landmann mit religiöser Sorgfalt vor dem Fremdling verbarg, weil er, öfter in seinen heiligsten Gefühlen verletzt, sie nicht neuem Spotte preisgeben wollte, aufgerichtet, noch sind die hehren Trümmer der Heidenburg am Boheinersee uns sprechende Zeugen, daß unserer Vorfahren Gemüth von gött¬ licher Begeisterung entflammt war, wenn es galt, der Väter Sitten, die Muttersprache, das theuerste Angebinde der Nation, zu verfechten; und wir sollten feige bekennen, daß der schändliche Druck uns so zahm gemacht, daß wir ähnlicher Inspirationen unfähig, oder uns gar entwürdigen, unsere Abkunft von jenen heldenmüthigen Män¬ nern zu verläugnen? — Nein, und abermal nein! Stolz wird jeder von uns ausrufen: „Ich bin ein Slovene!" — Einer tiefen Wehmuth kann ich mich hier nicht erwehren. Die einst so warm- fühlende Tochter der schönen Mutter „8!ovenjs" „Djudljsna" ist 5 iE — geworden. Die Eindringlinge, die sich anmaßend geberden, haben ihr das wärmende Blut ausgesogen, und die kleine edel- müthige Schaar darin, die sie wieder mit patriotischem Geiste beleben, erwärmen will, wird kaum tolerirt im eigenen Hause und muß sich jeden Spott gefallen lassen, und ihre giftigen Pfeile schnellen sie nach allen Jenen ab, die sie gleicher Gesinnung mit ihr wähnen. Brüder Slovenen! wir haben die große Schule politischen Leidens durchgemacht; geben wir ihnen dew ersten Beweis, daß wir sie veredelt verließen, dadurch, daß wir ihnen großmüthig verzeihen; nimmer aber laßt uns dulden, daß sie noch fernerhin unsere heilig¬ sten Rechte mit Füßen treten; denn dies wäre Verrath an uns und unserem Vaterland. Durch die Art und Weise, unser edles Bemü¬ hen zu verdächtigen, verdienen sie eher unser Mitleid, als unsere Verachtung. Sie glauben uns dadurch der öffentlichen Meinung gegenüber zu verdächtigen, daß sie uns ganz naiv „hungrige Lite¬ raten", welchen Titel wir uns noch nie angemaßt, schmähen, und wissen in ihrer Erschlaffung nicht, daß sie mit diesen Worten das Verdammungsurtheil über sich selbst ausgesprochen. Ein Literat wird sich recht wohl, wenn er auch mit Nahrungssorgen zu kämpfen hat, für die heiligsten Ideen von Menschenrecht und Wahrheit begeistern, nie aber die stolze Selbstgenügsamkeit und die bequeme Knechtschaft. Ein Oswoön«, dessen Iwsiacke die ganze gebildete Welt bewundert, war ein Literat; und ein junger Neger mußte in den Gassen für ihn betteln, um ihm während seiner Krankheit, welcher der Tod im Armenspital ein Ende machte, beizustehen; ein Schiller, List und die meisten Männer, deren Gemüth für heilige Aufwallungen, deren Geist für höhere Ideen empfänglich, hatten keine irdischen Güter gesammelt und litten oft Mangel, eben weil sie einen höheren Zweck des Lebens erkannt, als jenen, vergängliche Schätze aufzuhäufen, und welcher wahrhaft Gebildete wird sie deßwegen der Verachtung Preis geben wollen und sie eben wegen ihres Entsagens nicht doppelt achten? — Die uns mit jenen Worten lästerten, haben ihrer Gesinnung den Stempel der Gemein¬ heit aufgedrückt, indem sie sich nicht entblödeten, offen zu erklären, daß bei ihnen Alles auf der groben Wage gewogen wird, und das geistige Verdienst keinen Werth hat. Und hätte ein Kepler unter 6 ihnen gelebt, so hätten sie ihn gewiß auch nicht von dem Ster¬ ben am verfaulten Strohlager gerettet und der deutsche Dichter hätte ganz Recht, wenn er auch von ihnen sagen würde: „Er wußte Geister nur zu vergnügen, darum ließen ihn die Körper ohne Brot." Wenn sich demnach ihr Geist nicht über die materielsten Bedürfnisse emporringen kann, und von Indolenz, Selbsttäuschung und Schlaff¬ heit umnebelt ist, so ist es ganz natürlich, daß sie alle jene, die noch ein edleres Bedürfniß kennen, ohne Schonung Ultra's, Schwärmer rc. lästern. Da sind die kosmopolitischen Filister schon etwas besser, denn die lächeln nur mitleidig über uns. Die gefährlichsten aber sind die entschiedenen Gegner unserer gerechten Sache, die in Schafspelzen Herumschleichen, und die Selbstsüchtigen, die Pestbeulen der mensch¬ lichen Gesellschaft, die unter dem beschönenden Deckmantel von edlem Patriotismus unserer Knechtschaft nur ein neues Gewand anziehen wollen. Diese geben vor, daß das geeignetste Mittel uns zu nützen ein enger Anschluß an Deutschland sei, versprechen uns das Füllhorn deutscher Bildung, noch nie da gewesene Macht nach Innen und nach Außen, und denken dabei nur an die Diäten, die sie erlangen werden, falls sie gewählt werden sollten, und an die Annehmlichkeit der Reise, verbunden mit noch nie dagewesenem Ruhme. Warum sagen sie nicht frei heraus: Slovenen, wir möchten euch germanisiren! Euer Land ist doch so schön! was Guckov und Andere thaten, und im politischen Lesevereine in Wien laut geprediget wurde. Böhmen und Mähren, wo noch überdies viele Deutsche wohnen, wollen nichts von einem Anschluß an Deutschland wissen, und wir Slovenen sollten schweigen? Würde nicht der Tropfen im Meere aufgehen? — Da tritt wieder eine Partei mit einem langen Zopf, aus der alten Politik herstam¬ mend, wo man das Wort „Slave" nicht aussprechen durfte, und in der Unterredung eines vechischen Arbeiters an der Eisenbahn mit einem Slovenen den furchtbarsten Panslavismus witterte, hervor und ruft: Ihr seid Panslavisten! Ja, wir sind Panslaviste», in sofern als wir einen näheren Anschluß österreichischer Slaven wün¬ schen, in so weit sie darin Schutz gegen die Angriffe auf ihre Natio¬ nalität und mehr Kraft finden, den Thron, wenn er von irgend einer Seite bedroht sein sollte, mit ihrer erprobten Treue zu wahren. Oder sollte uns das nicht gestaltet sein, da doch die Deutschen sich mit dem gesammten Deutschland verbinden und sogar uns ins Schlepptau nehmen wollen? Oder sollte bei uns das als Ver¬ brechen gelten, was ihnen als Verdienst angerechnet wird, abgesehen davon, daß der Panslavismus von den österreichischen Slaven nie so weit greifen wird, als der Pangermanismus der Deutschen greift? Wo ist dann das Recht ? — Brüder, das sind die Klippen, die uns die Bosheit, Selbstsucht, Indolenz unserer Gegner, die am Hellen Tage nicht sehen wollen, bereitet, die jedes noch so edle und gerechte Stre¬ ben verdächtigen, um es zu vereiteln. Unser Handeln ist offen, der Zweck, den wir erreichen wollen, legal, wird von der Vernunft und der Natur gefordert. Lasset euch darum nicht entmuthigen, euer Wille sei felsenfest, unerschütterlich euer Entschluß. Edel ist unser Streben, der Teufel unterliegt dem — Himmel.