Willi Mayerthaler CDU 801.5 Universität Klagenfurt, Institut für Sprachwissenschaft DIE DEPENDENZSYNTAX TESNIERES UND DIE NATÜRLICHKEITSTHEORETISCHE SYNTAX (NTS): Einige Berührungspunkte wie auch Differenzen 0. Mit Tesniere und anderen Valenztheoretikern teilt die NTS die Auffassung, daß das Verb "centre organisateur de la phrase" sei. Frege nannte den Satz ein "gesättigtes Verb". Die NTS drückt eben dies dadurch aus, daß sie den Satz als Verbentfaltung darstellt. Generell gilt, daß Bäume bzw. P-Marker der NTS informationsreicher sind als entsprechende Stemmata ä la Tesniere, da Dependenz wie Konstituenz simultan ausgedrückt wird. Darstellungen der Grundstruktur der NTS finden sich z.B. in Mayerthaler/Fliedl/Winkler (1993: 118-154) oder in Mayerthaler/Fliedl (1993). Im folgenden gebe ich lediglich einige Strukturen an, die aus Mayerthaler/Fliedl/Winkler: Lexikon der natürlichkeitstheoretischen Syntax und Morphosyntax (in Vorbereitung, Publikation für 1995 geplant) stammen. 1. Das Entfaltungsprinzip ymax _ V3 ADVmax = ADV1 Amax = A2 Nmax = N3 pmax _ pl Qmax_Q2 PRONmax = PRON0 SPEZmax = SPEZ0 X" - X7Xn-'. wobei: X" beiKategorienrekursion 0sn^3/[N,V] und xn-l sonst 0^ns2/[A,Q] 0sn=sl/[P,ADV] n=0/[SPEZ,PRON] N-prädikativ = Nmax~' = N2 ART-indefinit = Qmax = Q° V steht hierbei für Verb, N für Nomen, PRON für Pronomen, ADV für Adverb, P für Adposition (Präposition, Postposition, Circumpositon), A für Adjektiv, Q für Quantor und SPEZ für Spezifikator. X ist eine Variable über diesen Wortarten. Die einzelnen Wortarten weisen ein kategorienspezifisches Entfaltungspotential auf, was durch die hochgestellten Indizes gespiegelt wird. Vmax heißt Maximalentfaltung des Verbs. Eben dies ist das Verb samt Aktanten, also der Satz. Die universellen Wortarten N und V weisen eine höhere Entfaltung als alle anderen auf, vgl. V und N . Je höher 137 die Entfaltung eine Kategorie, desto mehr kann man mit ihr syntaktisch tun. Die Syntax entfaltet sich aus dem Lexikon, wobei sie sich auf die Wortebene stützt. Die X° - bzw. Wortebene kann von morphologischen Prozessen unterschritten werden; wir notieren deshalb Morpheme als X"1. Ebenen in schematischer Darstellung anhand von V-Entfaltung: V3 (= Maximalentfaltung des Verbs bzw. Satz) V2 (= V-Entfaltung, welche das Subjekt dominiert) V1 (= V-Entfaltung, welche das Objekt dominiert) lexikalischer Keim der Entfaltung bzw. Verbform auf Wortebene) V (= Kategorienradikal bzw. Verbstamm) V"1 (= Morphem, welches einen anderen Ausdruck zu V° macht, wie z.B. -en in dt. grünen) V° V-i I -en 2. Stemma und P-Marker im Vergleich Stemma Usuelles Darstellungsmittel in dependenzgrammatischen Zusammenhügen, in dem die -*■ Köpfe über den -» Dependenten stehen. Die Notation ist meist an Tesniere (1953/1966) angelehnt. Vgl. z.B. donne (=Kopf) Alfred le livre à Charles oder: donne cousine un livre ä neveu I votre jeune magnifique mon pauvre Ein dependentielles Stemma ist für syntaktische Zwecke insgesamt zu informationsarm, da es -*• Konstituenz wie z.B. auch Reihenfolgebeziehungen nicht bzw. nur insuffizient ausdrück. Störend ist auch, daß alle Aktanten denselben Status aufweisen, also z.B. keine -* Subjekt-Objekt-Asymetrie dargestellt wird. Die -> Bäume der NTS bilden -» Konstituenz wie -» Dependenz simultan ab bzw. die NTS spielt das altbackene Gambit "Dependenz contra Konstituenz" gerade nicht. 138 Der entsprechende P-Marker sieht wie folgt aus: •V3 Die Linie von V° über V1 und V2 zu V3 heißt Kopflinie. Sie zeigt an, daß die Verbform donne "centre organisateur" des Satzes ist bzw. der obige Satz stellt sich als gesättigtes Verb oder maximal entfaltetes Verb dar. SPEZ0 [+dekl] ist der nicht lexikalisierte Satzspezifikator, der den Satztyp - hier Deklarativsatz - ausdrückt: Im Nebensatz, vgl. etwa que Alfred donne .... läge er in lexikalisierter Form vor. Das Subjekt ist derjenige 2 1 Aktant, der von V dominiert wird, Objekte werden hingegen von V dominiert. Da im obigen Satz zwei Objekte vorliegen, war mit V1-Rekursion zu arbeiten. Dies folgt aus der Forderung der NTS, daß syntaktische Dependenzstrukturen maximal binär verzweigen. Wie man sieht, steht das Objekt näher am Kopf V° als das Subjekt. Es sei an dieser Stelle daran erinnert, daß eine Konstituente umso leichter inkorporierbar ist, je näher sie ihrem Kopf steht. Aus diesen Gründen kennen natürliche Sprachen Objektsinkorporation (vgl. z.B. dt. weil er mit dem Rad fährt vs. weil er radfährt"). 3. Einige Strukturen aus Mayerthaler/Fliedl/Winkler, Lexikon der Natürlichkeitstheoretischen Syntax und Morphosyntax: [+a] -*■ syntaktisches Merkmal der NT für Konstituenten, die entweder Adjektive sind oder partiell adjektivische Verhaltenseigenschaften aufweisen. [+a] kommt also z.B. Partizipien des -» SAE oder den sogenannten Possessivadjektiven romanischer Sprachen zu. A° Natürlichkeitstheoretisch interpretiertes Symbol der X'-Theorie für den Keim bzw. die -» Null-Entfaltung der lexikalischen Kategorie/Wortart namens Adjektiv, z.B. für dt. groß oder it. grande. Notation: 139 A° grande 1 2 Zu -> Entfaltung(en) des Adjektivs -» A und A . A1 Symbol für eine phrasale bzw. intermediäre -* Entfaltung des Adjektivs. Z.B. in seiner Sache sicher erfordert sicher ein -» Komplement und regiert den Genitiv. Da laut Axiomatik der -*• NT alle Komplemente von X1-Projektionen direkt dominiert werden, dominiert im gegebenen Fall der A1-Knoten seiner Sache: A Maximalentfalung I intermediäre Entfalung seiner Sache sicher t_I K-Rektion 0 3 A , der Kopf der Gesamtkonstruktion, steht in -» K-Kommandierung zur -» N , der Maximalentfaltung von N°. A'1 (- X"1) Notation der NT für einen morphosyntaktischen Kopf auf Morphemebene, der aus einer nichtadjektivischen Ableitungsbasis ein Adjektiv erzeugt. Vgl. z.B. Denominale oder deverbale Adjektive enthalten also ein A"1. A2 Symbol für die ^ Maximalentfaltung des Adjektivs, also für die Adjektivphrase. Amax = A2 gilt laut Axiomatik der NT. Z.B. in Er ist sehr stoh. auf seine Tochter ist die unterstrichene Konstituente eine A2 mit dem relationalen Adjektiv stolz auf als Kopf. 140 A2-Koordination (-» Koordination) Koordination von Adjektivphrasen. .A2. A2 JUNC A2 klug und weise 2 Die A -Koordination kann natürlich auch iteriert werden: A2' JUNC [+ad] langsam, aber a2 gut JUNC und sorgfältig A-Position Eine im Rahem von GB _häufig zu findende Abkürzung von Argumentposition. Das Antonym hiezu wird als A-Position Nicht-Argumentposition notiert. A-Syntax Abkürzung für Adjektivsyntax. Accusativus cum infinitivo (ACI) (-> Exceptional Case Marking (ECM); Infinitivkonstruktion, die dadurch charakterisiert ist, daß das Subjekt des Infinitivs gleichzeitig das Objekt des finiten Hauptverbs ist und im Akkusativ steht. Beispiele finden sich in vielen europäischen Sprachen: engl.: 1 thought him to be an excellent choice. ich dachte ihn zu sein eine ausgezeichnete wähl, span.: Vi saltar la valla a un chico. sah klettern den zäun einen jungen. Auch das altbekannte lat. Beispiel Ceterum censeo Cartaginem esse delendam ist natürlich, wenn auch passivisch, eine ACI-Konstruktion. 141 0 0 Veio, o Joäo tocar a guitarra Adäquatheit, grammatikalisierungstheoretische, engl, adequacy with respect to the theory of grammaticalization Forderung der -» NT, daß Einheiten, die aus verschiedenen Grammatika-lisierungskanälen stammen, auch strukturell verschieden repräsentiert werden. Beispiel: Da der indefinite Artikel im Gegensatz zum definiten nicht vom Demon-strativum abstammt, darf er auch nicht nur durch das Merkmal -» [±def] vom definiten Artikel unterschieden werden. Die folgenden denkbaren Bäume scheitern am Kriterium der grammatikalisierungstheoretischen Adäquatheit: ART [+def] house ART [+def] house Es ist gleichgültig, ob man anstelle von ART -*■ Determinator bzw. D(et) und anstelle von NP -» Determinatorphrase bzw. DP schreibt, solange die grammatikalisierungs-theoretische verschiedenen Einheiten auch nicht strukturell verschieden notiert werden. Generell merke man sich: Symmetriebrüche (darunter grammatikalisierungstheoretische) sind als Symmetriebrüche abzubilden! Adäquatheit, typologische, engl, typological adequacy (-» Muster, typologisches) Forderung -» FG, welche die —» NT teilt, daß die Grammatiktheorie auf der Grundlage einer Vielzahl natürlicher Sprachen entwickelt werden sollte. Die NT lehnt das usuelle Diktum "take any human language, for instance English" also explizit ab. Die Grammatiktheorie muß so -*• parametrisiert werden, daß sie es erlaubt, Strukturen typologisch unterschiedlicher Sprachen unterschiedlich abzubilden. Adjektiv, engl, adjective (-»■ Verbale, -» Nominale) Notation: A"1 = Kopf auf -»• Morphemebene, der ein Adjektiv A° erzeugt. 142 A = —> Kategorienradikal A0 = Adjektiv auf -* Wortebene (-» Keim, syntaktischer) A1 = -^»Entfaltung eines Adjektivs, die -» Komplemente —» dominiert. A2 = Amax bzw. Maximalentfaltung bzw. Adjektivphrase, samt Adjunkten. Das Adjektiv ist eine Wortart, die nicht -» universell, jedoch z.B. im SAE gut repräsentiert ist. Die -» Mächtigkeit der Menge der Adjektive ist —» L-spezifisch -»■ parametrisiert. -» Dimensionsadjektive gehören zu den stabilsten. In Termen syntaktischer Merkmale sind Adjektive zu charakterisieren als: A° "+n~ +v Adjunkt, attitudinales -> Adjunkt, das a) in semantischer Hinsicht nur einen losen Konnex mit dem -»• Satzradikal aufweist und b) eine persönliche Haltung des -» Sprechers ausdrückt. Vgl. z.B. In my opinion, John is a fool. Adjunkt Satzradikal Die -» Adjunktion attitudinaler Adjunkte erfordert V -Rekursion und führt zu einer erweiterten Proposition: SPEZ0 [+dekl] . V3-— P'" ■ V2- V2 0 In my opinion John is a fool Daß attitudinale Adjunkte nicht extrasentential sind, erkennt man im Deutschen z.B. danran, daß sie -» V-zweit-Stellung erzwingen, also als X in -*• XV funktionieren: * (Meiner Meinung nach) (der Hans) ist.. X Y V Adjunktion (-» Chomsky-Adjunktion) * Die Hinzufügung eines -» Astes mittels einer -» Transformation, in der "Urfassung" der generativen Transformationsgrammatik insbesondere das Herauslösen einer -» 143 Konstituente aus einer tiefenstrukturellen Position (-» Tiefenstruktur) und ihre Hinzufügung in einem P-Marker der -» Oberflächenstruktur, z.B. [X + Y]s => [X + Y + Z]s s s An X Y => X Y Z Adjunktionen dieser Art sind in der -*■ NTS nicht -»• wohlgeformt, da die NTS bei endozentrischen Konstruktionen nur binäre -» Verzweigungen erlaubt. Die einzig mögliche NTS-Adjunktion ist also eine Chomsky-Adjunktion mittels Knotenrekursion: X Y => X Y Z Adverb, temporales, auch Temporaladverb Notation: ADV0 [+temp] Ein Adverb, das einen Zeitpunkt oder ein Zeitintervall denotiert. Es hat im unmarkiertierten Fall -»• Adjunktstatus bzw. wird von -* V dominiert. Im markierten Fall ist mit V1-Dominanz zu rechnen. Vgl. z.B. (1) // promet ((d'aller en ville) V1 demain) V2 (2) Il promet (d'aller demain en ville) V1 d'aller demain en ville Es könnte sein, daß das Temporaladverb in die V1 hineinbewegt wurde; die entsprechende Bewegung samt Spur wurde hier jedoch nicht dargestellt. Apposition zu PRON0 (-» Pronominalphrase, Spezifikator, pronominaler) Vgl. z.B. dt. Wir, Linguisten aus Kärnten, meinen... 144 Da PRONmax = PRON0, wird die Apposition unter -* Knotenrekursion an PRON0 adjungiert: PRON0 PROI Wir, Linguisten aus Kärnten,... Diese Struktur wird genau dann zugewiesen, wenn eine Sprechpause vorliegt. Apposition, enge, engl, narrow apposition Eine Apposition unter Kategorienidentität, wobei das Appositiv im unmarkierten Fall eingliedrig ist. In formaler Hinsicht handelt es sich um eine Adjunktion von Xmax an Xmax; hierbei X-Rekursion, falls X schon verzweigt. Vgl. z.B. (1) die Stadt Graz (N3 neben N3) (2) die Uni Klagenfurt (3) Neues Forum Leipzig (4) Hotel Stadt Berlin In (4) ist die enge Apposition iteriert: Stadt Berlin tritt apposition zu Hotel und weist zugleich eine interne appositive Struktur auf. Strukturbeispiele: [+def] I N° No [+n.p.] [+def] No [n.p.] die Stadt Graz das Herzogtum Kärnten Vgl. die attributive Struktur: SPEZ0 [+def] das Kärntner Herzogtum 145 Appositive, weite, engl, broad apposition Eine Apposition ohne Kategorienidentität wie z.B. in ADV1- I ADV0 [+temp] damals, als sie noch studierten,... Argumentblockierung, engl, argument blocking/reduction Reduktion bzw. Blockierang der Argumentstruktur der Basis bei -» Wortbildungen. Vgl. z.B. (1) Er ist frei (von Schuld) (2) Er ist unfrei (*von Schuld) Offensichtlich blockiert die Mn-Präfigierung das -» interne Argument des -* Adjektivs frei. In (1) ist die P1 von Schuld Komplement von A1 bzw. internes Argument in SF. A° I frei Manche Argumentblockierungen sind lexemgebunden, andere generell. Z.B. verliert jedes dt. Partizip II (vgl. Lenz 1991) sein internes Argument im Falle von «n-Präfigierung: (3) Die Suppe ist (mit Salz) gewürzt (3.1) Die Suppe ist (*mit Salz) ungewürzt (4) Der Brief ist (von Maria) geschrieben (4.1) Der Brief ist (*von Maria) ungeschrieben (5) Ich bin reif (für die Insel) (5.1) Ich bin unreif (*für die Insel) von Schuld 146 Argument, externes Element, das außerhalb der -» Rektionsdomäne eines lexikalischen Kopfes liegt und Subjektsfunktion besitzt. Im -*• NTS-Modell wird das externe Argument vom V2 oder N2-Knoten dominiert. Im folgenden Strukturbaum ist dies der Fall: V3 Peter liebt Ilse Argument, internes Element, das vom lexikalischen -» Kopf regiert wird, also in den Subkategorisierungsrahmen dieses Kopfes fällt. Es hat meist nominalen Charakter und im unmarkierten Fall die Funktion eines -*• direkten Objekts, besitzt also den Status eines (obligatorischen) Komplements. Die -> NTS lokalisiert ein internes Argument in der X1 (V1, N1, p')-Domäne: V1 PRON0 V° ... hilft mir Artikel, definiter Die —> NT nimmt an, daß der definite Artikel unmarkierterweise nicht —> Kopf, sondern -*• Spezifikator des Nomens ist und wie das -*■ Demonstrativum von N dominiert wird. SPEZ0 N° [+def] la casa la maison 147 Diese Analyse steht im Gegensatz zum Konstrukt der -» Determinatorphrase. Über den Grammatikalisierungskanal DEM => def. Artikel speist sich die Entstehung des definiten Artikels. Ergo bilden der definite Artikel und das Demonstrativum eine -» natürliche syntaktische Klasse, nicht aber der definite und der -»indefinite Artikel, der von -> N dominiert wird. Der definite Artikel kann -*■ prä- wie -» postnominal —» serialisiert werden, in postnominaler Position auch als Suffix. Vgl. z.B. dän. huset oder rum. profesorul. Im Balkansprachbund kann der definite Artikel sogar an die erste Konstituente einer o komplexen -*■ N suffigiert werden, vgl. z.B. rum. bunele mame oder Makedo-bulgarisch ubavite sela "die schönen Dörfer", motte ubavi sela (meine-die schöne dörfer) "meine schönen Dörfer". Strukturbeispiele: N3 t N2 A2 I N° A° bune gute SPEZ1 [+def] I -le -die N° hus SPEZ"1 [+def] -et mame mütter "die guten Mütter" Wie man sieht, nimmt der definite Artikel keineswegs notwendig den -» Rand ener Konstruktion ein; dies spricht zugleich gegen den -*• Kopfstatus des Artikels, wie ihn DP und auch Teile der -*■ kategorialen Syntax postulieren. Bezüglich weiterer, nicht peripherer Artikelposition, vgl. z.B. gr. amö xo xpevo "dieser der Zug" oder rum. caietul acesta "Heft-das dieses" caiet SPEZ0 [+dem] acesta SPEZ0 [+dem] amo xo xpevo 148 Artikel, indefiniter Der indefinite Artikel speist sich aus dem Grammatikalisierungskanal "Quantor EINS => indefiniter Artikel". Im Laufe dieser Grammatikalisierung verliert der Quantor seine Entfaltungsfähigkeit bzw. der indefinite Artikel wird als reduzierter Quantor analysiert, für den gilt: Qmax = Q°. Aus diesem Grunde ist er in verschiedenen Sprachen auch pluralisierbar und dient als Teilungsartikel (-*■ Artikel, indefiniter als Teilungsartikel). Der indefinite Artikel wird im Gegensatz zum definiten von -» N dominiert. Wie z.B. anhand von engl. It's too big a carfor this garage ersichtlich, führte Dominanz durch -» N zu einem nicht-projektiven -» P-Marker. N3 t .A2 ADV1 I ADV0 [+grad] A° [-Sef] N° too big car Der indefinite Artikel nimmt also nicht notwendig den Rand einer nominalen Konstituente ein. Randstellung ist im -> SAE die Regel, z.B. in Turksprachen aber nicht, da der indefinite Artikel dort regelmäßig zwischen dem Adjektiv und dem -* Nomen steht. Vgl. z.B. türk. N3 t güzel bir ev schön ein haus (=ein schönes Haus) 149 Artikel, indefiniter als Teilungsartikel In verschiedenen romanischen Sprachen, aber auch im Bairischen, kann der indefinite Artikel pluralisiert werden, vgl. z.B. (1) kat. unes dones (Frauen, frz. des femmes) (2) bair. ane Weiber N3 t bair. sp. Ptg-kat. KS ane unos uns uns N° Kinder niños meninos nens In bairischen Konstruktionen der Sorte Häm's no öa? ("Haben Sie noch welche?", wörtlich "eine", entspricht öa dem franz. en in Est-ce que vous en avez encore? und kodiert Partitivität. In -* SF gilt deshalb die Interpretationsregel: Q° Z> [+partitiv] [-def] [+pl] Artikel, personaler Eine Sonderform des -* definiten Artikels, dessen Distribution auf -» Personennamen beschränkt ist. Viele pazifische Sprachen kennen den personalen Artikel, in Europa kann er nur im Katalanischen beobachtet werden: SPEZ0 r N° [+def] [++n.p.j en Joan Die Setzung des Artikels vor Personannamen ist im Katalanischen wie z.B. im Bairischen obligatorisch. Historisch ist die -*• maskuline Form en eine Reduktion von dominus, die -» feminine Form na eine Reduktion von domina. Die sonstigen, unpersönlichen Formen des definiten Artikels im Katalanischen (la casa, les cases, el port, eis ports) setzen lat. ille-Formen fort. 150 Artikelpräposition, engl, article preposition Bezeichnung der -» NTMS für das, was traditionell, jedoch irreführend "Präpositionalartikel" heißt. -» Attraktor ist die —* Präposition, die auch als -» Kopf der Konstruktion funktioniert. Vgl. z.B. zu bei SPEZ"1 [+def] I -m -m Weist eine Sprache Artikelpräpositionen, bestehend aus Präposition und indefinitem Artikel auf, so kennt sie auch die Kontraktion von Präposition und definitem Artikel, z.B. ptg. numa (von em + uma) impliziert die Existenz von na (aus em + a) etc. Die Existenz von it. nella (von in + la) impliziert aber nicht *nuna anstelle von in una. Diese markiertheitstheoretische Asymmetrie gründet sich auf Unterschiede der syntagmatischen Distanz. Die Entstehung von Artikelpräpositionen ist als Flexionsaufbau zu weiten. Artikelsenkung, engl, article lowering (-» Quantor) Metapher der -» NT für das Verhältnis des spezifizierenden -» definiten Artikels, der von -*• N -*• dominiert wird, zum genetischen Artikel, der das —» Merkmal [-def] trägt und deshalb in der ^ S-Struktur wie der indefinite Artikel von —* N dominiert wird. Der generische Artikel ist ein Quasiquantor, weil er quantorenähnliche Eigenschaften besitzt. Die NTS plädiert daher für eine Plazierung unter -» Q°. SPEZ0 [+def] ti Derj Kärntner (singt gern) In natürlichkeitstheoretischer Hinsicht gilt: >nat(-Senkung, +Senkung)/[Artikel] bzw. >nat(-gen., +gen.)/[ Artikel] 151 In -» SF wird eine -» generische NP nicht als logische Allquantifikation dargestellt bzw. der generische Artikel ist kein simpler -» Allquantor, sondern führt zu einer Prototypenquantifikation. Hiebei funktioniert der generische Artikel als -> Termquantor, wobei der jeweilige -» Term ein Prototyp ist. Er wird sozusagen interpretiert als: (EIN(TYPISCHER KÄRNTNER))SINGT GERN. Von hier aus kann auf (ALLE(TYPISCHEN KÄRNTNER))SINGEN GERN geschlossen werden, nicht aber auf: Vx(KÄRNTNER(x)DSINGT GERN(x)) Adjektiv, restriktives, engl, restrictive adjective In romanischen Sprachen mit postnominalem Adjektiv ist das Adjektiv notwendig restriktiv, wenn es vor einem -*• P'-Komplement steht. Es muß also von -» N1 dominiert werden, da Dominanz durch -»N zu einem -* nicht projektiven Baum führte. Diese lokale strukturelle Zwang ist Auslöser für die Daumenregel bezüglich der Interpretation romanischer Adjektive: A°/_N° = [-restr], A°/N°_ = [+restr] PRO (-> Subjekt, logisches) Logisches Subjekt einer satzwertigen Infinitivgruppe. Das Symbol PRO wird in der -» Rektions- und Bindungstheorie verwendet. Das Symbol PRO stammt ursprünglich aus der Rektions- und Bindungstheorie (GB). Die -» NTS hat es übernommen, wenngleich partiell anders definiert, und zwar wie folgt: PRO: [+pronominal] "von daher die Bezeichnung 'PRO'" [aanaphorisch] "kann anaphorisch sein, muß aber nicht" [+©-regiert] "trägt eine Thetarolle" [-k-regiert] "wird nicht kasus-regiert" [-Kongruenz] "kongruiert nicht" Strukturbeispiel: 152 SPE [+dekl] V3 PRON0 ^V. V° - ^ spez0 ^y1- PROj 0 N3 V° Z^ I Er; versprach 0 0 den Aufsatz abzuliefern Der Infinitivanschluß den Aufsatz abzuliefern ist satzwertig, weil er sich zu daß er den Aufsatz abliefert umformulieren läßt, ergo enthält er auch PRO. Im obigen Satz liegt Subjektskontrolle vor und deshalb wurde das Subjekt er des Matrixverbs versprach mit PRO koinzidiert. Pluralform, nackte, engl, bare plural (-* Nomen, nacktes) Eine Form des -*• Nomens, die sich dadurch auszeichnet, daß das Nomen als reiner Subjektskopf im -» Plural steht. Vgl. z.B. (1) Hunde bellen. (2) Raubtiere jagen. (3) Buben sind halt so. (4) Männer halten eigentlich weniger aus. (5) Frauen kriegen Kinder. Nackte Plurale weisen eine —»• generische Interpretation auf. Z.B. bedeutet Satz (1) nicht, daß eine bestimmte Anzahl von Hunden zum -» Äußerungszeitpunkt bellen, sondern daß es eine typische Eigenschaft von Hunden ist, zu bellen. (1) wird deshalb nicht falsch, wenn man auf einige Hunde hinweisen kann, die gerade "die Schnauze halten". Die NTS bildet die generische Interpretation mittels des Merkmals [+gen] ab und notiert: 153 ,v3 SPEZ0 [+def] >2 0 N3 I N° [+Pl] [+gen] I Hunde yo bellen Possessivadjektiv, engl, possessiv adjective (-» Possessivpronomen, —» Possession) Wortart des -» SAE, welche Possession kodiert und unmarkierterweise in -» pränominaler Position steht. Die NTS betrachtet - Nomen non est Omen! -Possessivadjektive als Sonderfall des -» Possessivpronomens mit dem Merkmal [+a]. In manchen Sprachen (so z.B. im Portugiesischen, Altspanischen, Katalanischen, Italienischen, Bairischen) ist das "Possessivadjektiv" mit dem Artikel kombinierbar, in anderen hingegen nicht. Vgl. z.B. *le mon pays/das mein Haus/the my house etc. Kontrollvariable für die (Un)Verträglichkeit ist das -» Merkmal [±def]. Sprachen, welche "Possessivadjektive" (wie andere Adjektive als [-def] konzeptualisieren, erlauben die Kombination mit dem Artikel. Vgl. z.B. SPEZ0 [+def] ,Nl PRON0 [+poss] [-def] [+a] ~"N2 N3 I N2 N° PRON0 [+poss] [+def] N° it. la mia casa ma maison ptg- a minha casa my house kat. la meva casa mein Haus Wie die Struktur zeigt, kann der -*• Definitheitsoperator Indefinitheit im Skopus haben. Indefinite Possessivpronomina sind adjektivischer als definite. Dies erklärt, weshalb in romanischer Tradition Possessivpronomina meist als Adjektive (z.B. span, adjetivo posesivo, aber auch engl, possessive adjective) klassifiziert werden. Die 154 Verträglichkeit des -* indefiniten Artikels mit dem Possessivadjektiv ist ebenfalls in verschiedenen Sprachen zu beobachten. mhd. ein bair. a it. un mfrz. un sin meiniger mio mien bruoder Freind amico ami (*ein meiniger Freund) Prädikatsnomen, auch "prädikatives Nomen", engl, predicative noun (-*• Kopula; -» Kopulasatz; -» Nomen; -» Prädikativ; Referentialität) Gemäß Entfaltungsprinzip gilt: N[+präd] = Nmax"1 = N2 Das Prädikatsnomen ist markiert und weist deshalb eine reduzierte (-» gekapptes Nomen) Entfaltung auf. Da lediglich -*• N3 referiert, referiert das Prädikatsnomen allein nicht, sondern nur -* V1, d.h. die Kombination von Prädikatsnomen und qualifizierender Kopula. Strukturbeispiel: SPEZ0 [+dekl] 0 Sepp ist Schilehrer die , max Maximalentfaltung des Prädikatsnomens mit der Man beachte, daß Maximalentfaltung (-*• A"1"* = Az) bezüglich der Entfaltungshöhe übereinstimmt. In diesem Sinne ist das Prädikatsnomen adjektivischer als N . Diese Ubereinstimmung macht verständlich, weshalb manche dt. Prädikatsnomina Adjektivflexion aufweisen. Vgl. z.B. (1) Er ist Beamter. (Adjektivflexion) 155 (2) Er ist ein Beamter. (Verträglichkeit mit dem indefiniten Artikel) (3) *Er ist der Beamter. (4) Der Beamte/*der Beamter/*ein Beamte. 2 3 Da der indefinite Artikel von N dominiert wird, der -> defmite aber von N , macht die obige Analyse auch verständlich, weshalb das Prädikatsnomen nach qualifizierender Kopula nicht nur Adjektivflexion aufweisen kann, sondern auch keinen definiten Artikel verträgt. Präpositionalobjekt, doppeltes Unmarkierte -» Nische für doppelte Präpositionalobjekte sind Verba dicendi wie reden, sprechen, diskutieren etc, z.B. X sprach mit Y über Z. Doppelte Präpositionalobjekte erfordern -> V1-Rekursion. SPEZ0 [+COMP] PRON0 da er mit Ilse über Otto sprach. Kategorie, grammatische, engl, grammatical category Grammatische Kategorien (phonologischer, morphologischer, syntaktischer oder semantischer Natur) werden von der -» NT nicht als logische Klassen/-Mengen, sondern als Prototypen mit einem unmarkierten Fokus und einer markierten Peripherie interpretiert. >nat (Fokus, Peripherie)/[Kategorie] Es ist also klar, daß es für jede Kategorie K mehr oder minder typische Repräsentanten gibt, z.B. ist [a] ein typischerer Vokal als [y] und ein belebter -» Agens typischer als ein unbelebter, ein expletives Subjekt ist weniger typisch als ein referierendes usw. Der Fokus von K gilt als strukturell stabiler Attraktor. Eine Dynamik, die vom Fokus in die Peripherie führt, gilt hierbei als Markiertheitszunahme (m) und die Inverse, also der Weg von der Peripherie in den Fokus von K als Markiertheitsabnahme (>m 2 -> 3 -»■ führt in die markierte Peripherie von K und gegebenenfalls in den Überschneidungsbereich Kj PI Kj. Ein Beispiel zur Illustration: (1) Mario scrive una lettera. In (1) ist Mario ein typischer Agens. In (2) Faccio scrivere a Mario una lettera wird der ursprüngliche Agens Mario durch den Prozeß der Kausativierung degradiert; er erwirbtpartiell instrumenteile Eigenschaften. In (3) Faccio scrivere una lettera a Ugo da Mario ist die Agens-Degradierung noch deutlicher ausgeprägt. Als Kodierungsindiz hierfür gilt, daß analog zu authentischen Passivkonstruktionen Mario als adverbiale Präpositionalphrase realisiert wird. Dies unterstreicht den quasi-instrumentellen Charakter. Es führt also ein Weg vom Fokus über die Peripherie von Agens in die Peripherie von -» Instrument. In (3) liegt da Mario im gemeinsamen Durchschnitt von Agens und Instrument, ist also z.B. als Agens markiert. Umgekehrt ist im Satz Die Sonne wärmt die Erde die Sonne ein markiertes Instrument mit partiell agentivischem Charakter. Genitivus objectivus (-> Genitivus subjektivus) Traditionelle Bezeichnung für eine -*■ Genitivattribution, in der das Genitivattribut Objektstatus hat. Vgl. z.B. lt. amor (pat(e)ris mit der Lesart "jemand liebt den Vater". N3 N1 N° N3 N° SPEZ"' amor pat(e)r -is I_* GEN 157 Die Dominanz durch N drückt den Objektstatus von Patris aus. Genitivus subjectivus (-* Genitivus objectivus) Traditionelle Bezeichnung für eine -» Genitivattribution wie z.B. It. amor pat(e)ris, in der die Konstituente im Genitiv in semantischer Hinsicht sozusagen -> Subjekt der Konstruktion ist. In der zweiten Lesart von amor pat(e)ris liebt nicht der Vater jemanden, sondern jemand den Vater. In diesem Fall handelt es sich um den Genitivus objectivus. N1 N° amor N3 N° I pat(e)r GEN SPEZ" -1S Die -» NTS bildet den Genitivus subjectivus dadurch ab, indem sie dem -» Genitivattribut die -» Thetarolle -» Agens zuweist und den Subjektstatus des Attributes mittels Dominanz durch -*■ N2 ausdrückt. Subjektsatz, [+/- infiniter], engl, subject clause (-*• Subordination; -» Kontrolle) Ein Komplementsatz an der Stelle eines -*• Subjekts. Wie das Subjekt wird deshalb auch der Subjektsatz von -» V dominiert bzw. wir können definierten: Subjektsatz = V3)V2 Der Subjektsatz selbst kann -» finiter oder infiniter Natur sein, sein —> logisches Subjekt -» PRO weist im unmarkierten Fall -» arbiträre Referenz auf. Vgl. die folgenden Beispiele: (1) it. Non rivelarmi nulla é stato crudele. (2) E chiaro che non ti seipreparato a sufficienza. Im iberoromanischen Sprachraum übernehmen häufig Infinitivgruppen Subjektsfunktion: (3) span. Ver como un sueño resbalar la vida es agradable. sehen wie ein träum gleiten das leben ist angenehm. Als Strukturbeispiel vergleiche man z.B. 158 SPEZ0 0 0 0 Non rivelarmi nulla e stato cradele Subjektsinversion, engl, inversion of subject Die traditionelle Redeweise "Subjektsinversion" bzw. "invertiertes Subjekt" suggeriert, daß bei der Ableitung des Fragesatzes das Subjekt invertiert/bewegt würde. Laut NTS schaut das nur so aus und bewegt wird in Wirklichkeit das -> Finitum/finite Verb. Also nicht: Sondern: du kommst du kommst t_I t kommst du? kommst du t? Spezifikator, relativierender, engl, relativizing specifier Junktor in relativsatzeinleitender Position, der nicht mit den normalerweise verwendeten Relativpronomen zu verwechseln ist. Vgl. z.B. (basilektales) It.: L'uomo che gli ho scritto Der mann der/daß ihm ich-habe geschrieben. La scatola che ci ho messo ifiammiferi Die Schachtel die/daß wo ich-habe gegeben die zündhölzer. Genauso wie das komplementsatzeinleitende che trägt der relativierende Spezifikator che keinen Kasus und wird deshalb unter SPEZ0 besisgeneriert: SPEZ0 [+def] N° IV3- SPEZ0 L'uomoj che pro 0 ;V2„ PRON0 V° glii ho scritto 159 Subjekt, natürliches, engl, natural subject Im Rahmen der NT kommt dem maximal natürlichen Subjekt das folgende, hierarchisch geschichtete Merkmalsbündel zu: max nat Subjekt +thematisch +Agens +human (D [+belebt]) +definit +pronominal Aufgrund der hierarchischen Schichtung der Merkmale führt z.B. eine Verletzung von [+pronominal] zu einer geringeren Markiertheitszunahme als eine Verletzung von [+Agens], Daß nat. Subjekte referieren (-» Subjekt, expletives) folgt aus anderen Merkmalen und mußte deshalb in der obigen Charakteristik nicht speziell ausgedrückt werden. Bezüglich der Typabhängigkeit des Subjektsbegriffes -*■ Nom.-Akk.-System. Satzspezifikator, sekundär lexikalisierter, engl, secondary lexicalization (of SPEZ0) Ein —» Komplementierer lexikalisiert die Position des Satzspezifikators primär. Wenn 0 3 durch -» Bewegung eine Konstituente in die SPEZ )V - Position gelangt - so z.B. bei Inversionsfragen - heiße die Spezifikatorposition sekundär lexikalisiert. daß Ilse heute kommt Kommtj Ilse heute t¡ : t_I prim. Lexikalisierung sek. Lexikalisierung Spezifikator, pronominaler, engl, pronominal specifier Pronomen, das im Zuge der syntaktischen Ableitung in die Spezifikatorposition hineinbewegt wird. z.B. Wir Kärntner. S-Struktur: ,N SPEZ0 [+Pron] Wir Kärntner 160 pro (-» pro-drop Sprachen, -> Sprache, apositionale) Unausgedrücktes pronominales -» Subjekt einer finiten Verbalform. SPEZ0 [+dekl] 0 V PRON0 I proi V° viene, Rolle, illokutionäre, engl, illocutionary force (-* Illokution) Die NT berücksichtigt wie die FG illokutionäre Rollen in der -» Syntax, soweit sie durch den Satztyp ausgedrückt werden. [+dekl.] steht hierbei für den Typ des Deklarativsatzes, [!] für den Imperativ-, [?] für den -»• Frage- und [+exkl.] für den Exklamativsatz. Entsprechend wird in -* Bäumen wie z.B.: SPEZ0 [+Pron] V2 SPEZ0 y2 SPEZ0 * ['] [?] v /v\ V2 SPEZ0 V2 [+exkl.] 0 Er ist da. 0 Komm! Woj bist du tj 0 Das ist dumm! der -* Satzspezifikator samt jeweiligem Merkmal in SF als illokutionärer 2 Operator gedeutet, der -»V im-» Skopus hat: SF => [+dekl.[(V2) [!](V2) [?](V2) [+exkl.](V2). -» Eingebettete Sätze haben keine illokutionäre Rolle. Man stelle sich vor, daß der Komplementierer partiell -*• nominalisiert, also den eingebetteten Satz um die illokutionäre Rolle bringt. SPEZ0 [+COMP] daß sie nicht herkommen wird 161 Die NT notiert: [+COMP] D [-Illokution] Bezüglich des Verhältnisses von direkten und -» indirekten Sprechakten gilt: >nat(direkter, indirekter)/[Sprechakt] Die Analyse indirekter Sprechakte ist nicht Aufgabe der Syntax, sondern der -» Pragmatik. Jenseits des -*• SAE ist zu beobachten, daß die illokutionäre Rolle nicht -» satzinitial kodiert werden muß; etwa in vielen asiatischen Sprachen - so z.B. im Koreanischen -erscheint der "Satzspezifikator" als -» Suffix des Verbs (-» V-Spezifikator). 4. Schlußwort Einen großen Mann wie Lucien Tesniere zu ehren kann nicht heißen, ihn sklavisch nachzubeten. Die NTS hat die Verbzentriertheit seines Modells übernommen, weicht aber, wie inzwischen ersichtlich, in der technischen Ausführung eben dieser Tesnier'sehen Grundidee erheblich von ihm ab. Wenn die NTS meint, weiter zu blicken als der Meister selbst, so deshalb, weil sie auf seinen Schultern steht. Bibliographie Mayerthaler, W. 1988: Morphological Naturalness. Karoma Publishers, Ann Arbor Mayerthaler, W./Fliedl, G./Winkler, Ch. 1993: Infinitivprominenz in europäischen Sprachen. Teil 1: Die Romania (samt Baskisch). Narr Verlag, Tübingen Mayerthaler, WVFliedl, G./Winkler, Ch. 1994: Infinitivprominenz in europäischen Sprachen. Teil 2: Der Ostalpenraum als Schnittstelle von Romanisch, Germanisch und Slawisch. Narr Verlag, Tübingen (im Druck) Mayerthaler, WVFliedl, G. 1993: Natürlichkeitstheoretische Syntax (NTS). In: Syntax. An international Handbook of Contemporary Research. Hrsg.v. Jacobs JVvon Stechow A ./Sternefeld W./Vennemann Th. De Gruyter, Berlin, S. 610-635 Tesnière, L. 1959: Eléments de syntaxe structurale. Klincksieck, Paris 162 Povzetek TESNIERJEVA SKLADNJA ODVISNOSTI IN NARAVNA TEORIJA SKLADNJE: STIČNE TOČKE IN RAZHAJANJA Naravna teoretična skladnja (NTS) je tako kot Tesnierjeva skladnja odvisnosti ali skladnja vezljivosti osredotočena na glagol, se pravi, glagol je razumljen kot organizacijsko središče stavka. Naravna teoretična skladnja posega dlje kot Tesniere in zahteva sočasno predstavitev odvisnosti in povezanosti v zgradbi. Nesoglasja v simetriji med osebki in predmeti so še posebej vidna, kadar se notranji predmet (objekt) pojavi bliže povedku kot osebek, ki velja za zunanji predmet. Kot opisni skladenjski jezik izbira NTS sistem, ki se v razvejanosti specifičnih kategorij razlikuje od skladenjskih sistemov generativne slovnice. Skladenjske zgradbe bodo ocenjevane s pomočjo t.i. naravnih odnosov. 163