Kleine gewählte Bibliothek für Seelsorger. Achten Bandes V. Theil. bcy Franz Joseph Jenko. 17 9 5. Erklärungen über den Grossen Katechismus in den kaiserlich-königlichen Staaten, hauptsächlich zu dem Unterrichte des Landvolks eingerichtet und seiner Pfarrgemeinde vorgetrageu von Joh. Nep. Lang, Pfarrern in der kaiserl. kvnigl. Landbvgtey Ortenau. V. Theil. Von der christlichen Gerechtigkeit. Cilli, 17PL- Bey Franz Joseph Jenko. J N h a l t. des fünften T h eiie s. Seit« V. HanptstSA. Von der christlichen Ge¬ rechtigkeit. s. Erste Abhandlung. ebend. Erster Theil der christlich. Gerechtigkeit: Meide dnS Böse. 6, §. r. Lsn der Erbsünde. 8- §. 2. Don der wirklichen Sünde. r i. Zweite Abhandlung. 3. Don den sieben Hanptft'mdcn. 19. 1. Von den vier ersten Hauptsünden, ebend. Dritte Abhandlung. 2. Von den dreyen letzten Hauptsünd. Z6. Vierte Abhandlung. b. Gon den sechs Sünden in den heiligen Geist. 44. Künste Abhandlung. L. Von den vier himmelschreyenden Sünden. Fy. Z. Von den neun fremden Sünden. 66. Sechste Abhandlung. Zweyter Theil der christlich. Gerechtigkeit: Elm daS Gute. 7;. §. i. Von den göttlich. Tugenden. 74- S i r- Siebente Abhandlung. Seite 2. Von den sittlichen Tugenden. 1. Von den sittlichen Haupttugenden. 87- Achte Abhandlung. 2. Don den sieben Hauptsünden entge¬ gen gesetzten Tugenden. 96. Neunte Abhandlung. z. Von dem, was noch mehr zur christl. Gerechtigkeit gehöret. 107. Zehnte Abhandlung. §. 4. Von den acht Seligkeiten. 122. Eilfte Abhandlung. §. s. Von den guten Werken, und deren Verdienste. rz6. 1. Von den guten Werken überhaupt. 1.Z7. 2. Von den guten Werken insbesondere. 142. Zwölfte Abhandlung. Anhang von den vier letzten Dingen. 7Z4- 3. Von dem Tode. , iLA. h. Von dem Gerichte. 16,z. 6. Von der Hölle. 168. Z. Von dem Hinmiel. 171. Das Das V. Hauptstück. Von der christlichen Gerechtigkeit. Erste Abhandlung. fünfte Hauptstück, welches ich heute zu er¬ klären anfange, handelt von der christlichen Gerech¬ tigkeit, welche dasjenige ist, was nnsern Glauben lebendig machet, und ohne welches derselbe weiter nichts anders, als ein todter Körper ohne Seele ist. Ich bitte euch meine geliebten Pfarrkinder, indem ich euch über eine so wichtige Sache unterrichte, um eure Aufmerksamkeit. Was ist die christliche Gerechtigkeit? Die christliche Gerechtigkeit ist, daß man das Böse meide, und das Gute thue. Der heilige Apostel Petrus hat in seinem ersten Sendschreiben den ganzen Begriff von der christlichen Gerechtigkeit in diesen kurzen Worten abgefaßt: ^Ver das Leben haben will, der vermeide das Böse, und thue das Gute. r.Petr. z, 20. r>. Die christliche Gerechtigkeit besteht mithin aus zwey- A Z en - (6) - enTheilen: der erste vcrbiethet uns das Böse zu thun, und der zweyte befiehlt uns, das Gute zu übeu. Erster Theil der christlichen Gerechtigkeit: Meide das Bose. Welcher ist der erste Theil der christlichen Ge¬ rechtigkeit? ' Der erste Theil der christlichen Gerechtigkeit ist:' Meide das Bose. WaS ist das Vöse? Das wahre und einzige Böse ist die Sünde. Es ist, meine geliebten Pfarrkinder, nur eint einzige Sache, die man im wahren und eigentlichen Verstände ein Uebel nennen kann; diese einzige Sa¬ che ist die Sünde. Armuth, Verfolgungen, Ver¬ lust der Glücksgüter, leibliche Schwachheiten, ge¬ brechliche Gesundheit, Krankheit, und so viele an¬ dere Zufälle, von denen das menschliche Leben voll ist, und die man in den prächtigsten Pallästen der größten Fürsten sowohl, als in den schlechtesten Hüt¬ ten der Bauern, ja dort oft häufiger, als hier an- trifft, sind keine wahre Uebel. Sie sind Merkmale der unendlichen Weisheit und Güte des göttlichen Schöpfers, dem es gefällt, dieselben zuzulaffen, um dadurch den Menschen zu dem ausgesteckten Ziel, zur dauerhaften Glückseligkeit zu führen. Dergleichen Uebel werden entweder frommen oder bösen Menschen zu Lheil. Bey den frommen reinigen sie die Seele von anklebenden Mackeln , sie prüfen — ( 7 ) — prüfen die Standhaftigkeit ihrer Tugend, erhebe» dieselbe zu einem Grade des Heldenmuthes und der Vollkommenheit, erregen in ihnen eine vernünftige Geringschätzung des Jrrdischen, nnd muntern sie auf, sich mit einer lebhaften Begierde nach den ewi¬ gen Gütern zu sehnen, und bringen bey ihnen jene vollkommene Losmachung von der Welt zuwegen- welche Christus in dem Evangelio so nachdrücklich anbefohlen, und welche der Grund und die Quelle der größten Ruhe, des angenehmsten Vergnügens und der vollkommensten Glückseligkeit ist, die man hierunten geniessen kann. Werden die zeitlichen Uebel den Menschen zu Theil, so erwecken sie bey ihnen, als Vorbothcn größerer Strafen, eine heilsame Furcht der Zukunft, sie demüthigen ihren Stolz, hemmen ihre Weich¬ lichkeit, lehren sic Gott fürchten, und wirken nicht selten bey ihnen eine rechtschaffene Besserung; we¬ nigstens ist dieses allemal die Absicht des gütigsten Schöpfers. Aus diesem Gesichtspunkte müssen wir als Chri¬ sten, und nach den untrüglichen Grundsätzen der Re¬ ligion alle Uebel außer der Sünde betrachten, und wenn wir sic so betrachten, so sehen wir, daß sie keine wahre Uebel sind. Mit der Sünde aber ist es ganz anders; sie ist das eigentliche, das einzige Uebel, sie ist das, was wahrhaft Uebel ist, weil sie uns wahrhaft unglück¬ lich machet. Ihr werdet einsehen, wenn ihr dasje¬ nige, was ich euch in dieser Abhandlung von der Sünde vortragen werde, werdet vernommen haben. WaS A 4 ( 8 ) Was ist die Sünde überhaupt ? Die Sünde überhaupt ist eine freiwillige Urber» tretung des göttlichen Gesetzes. Wenn man aus freyem Willen etwas thut, von dem man weiß, daß es durch das Gesetz Gottes verbothen ist, oder etwas unterlaßt, was es be» stehlt, so heißt dieses eine Sünde. Wie vielerley ist die Sünde? Die Sünde ist zweierlei: i. Die Erbsünde, und 2. die wirkliche Sünde, §. i. Von der Erbsünde. WaS ist die Erbsünde? Die Erbsünde ist jene Sünde, welche Adam im Paradiese, und wir in Adam begangen, und die wir von ihm ererbet haben. Um euch einigen Begriff von dieser Sünde zu machen, muß ich dasjenige kürzlich wiederholen, was ich schon in einer Abhandlung über das erste Hauptstück gesagt habe, wo die Rede von der Sünde des ersten Menschen war. Gott erschuf den Adam in seiner Gnade und mit den herrlichsten Vorzügen am Leibe sowohl als an der Seele. Er erschuf ihn zu einer ewigen Glück¬ seligkeit, die er für sich und für seine Nachkommen¬ schaft durch den Gehorsam gegen seinen Schöpfer verdienen sollte. Gott befahl ihm zu dem Ende, sich von ( 9 ) von der Frucht eines Bauches zu enthalten. Er be- drohete ihm zugleich, daß er des Todes sterben, und die vielen kostbaren Vorzüge. in denen er er¬ schaffe» worden, verlieren werde, wenn er von der verbothenen Frucht essen würde. Nun übrtrat Adam das Gcboth, er aß von der Frucht, die ihm Gott verbothen hatte, er sündigte, und wir sündigten in ihm. Dieses sagt uns der Glaube: Durch einen Menschen, schreibt der heilige Paulus, ist die Sünde in diese Welt gekommen, und also ist der Tod in alle Menschen gekommen , indem alle gesündiget haben. Röm. L, 12. Diese Sünde des Adams heißt in Ansehung unser Erbsünde. Woh r hat die Erbsünde ihren Namen? Sie hat ihren Llamen daher, weil die Men¬ schen, welche von Adam abstammen, diese Sünde erben, und dero Strafen, und üblen Folgen zu leiden haben. Wir haben die Sünde, von der hier die Rede ist, nicht in eigener Person begangen, indem wir noch nicht waren, weil aber Adam der Stammvater aller Menschen ist, so bezieht sich das Unglück, wel¬ ches er sich durch die Sünde zugezogen, auf alle Menschen, die als Kinder eines strafbaren Vaters von ihm abstammen, mnd sie erben als Erben eines unglücklichen Vaters auch die Strafen und üblen Folgen seiner Sünde. Welche Welche sind die Strafen und üblen Folgen der Erbsünde? Die Strafen und üblen Folgen der Erbsünde sind der Verlust der heiligmachenden Gnade, der Tod, die Neigung zum Bösen, die Abneigung von dem Guten, viele Mühseligkeiten und Trübsalen. Als Abstämmlinge von dem Adam werden wir als Kinder des göttlichen Zornes gebohren, wir em¬ pfinden lebenslänglich die Neigung zum Bösen in nns, beständig bemächtigen fich unser wider unfern Willen die bösen Begierden, die Eigenliebe, die uns von der Liebe Gottes abzieht, und nachdem wir die Tage unsers Lebens in tausend Müheseligkeiten, Trübsalen, Verdrüßlichkeiten, und Schmerzen dahin gebracht, so müssen wir endlich sterben. An der leidigen Sünde des Adams haben alle Menschen Antheil, das heißt, alle Menschen, weil sie ihren Ursprung von dem Adam haben, werden in der Erbsünde empfangen. Dieß ist die Lehre des Glaubens, welche deutlich bey dem heiligen Paulus geschrieben steht: Durch einen Menschen ist die Sünde in dis Welt gekommen, und durch dis Sünde der Tod, und also ist der Tod in alle Menschen gekommen, in dem alle gesündiget ha¬ ben. Röm. F, 12. Jedoch halten mehrere heilige Väter, daß in Ansehung der seligsten Jungfrau und Gebährerin Gottes Maria eine Ausnahme zu machen sey, und sie die Sünde des Adams nicht geerdet habe. Hat — ( II ) —- Hat die seligste Jungfrau Maria auch die Sünde -eS AdamS geerdet? Die Rirche hat zwar hierüber als einen Glau- bsnüartickel nichts entschieden, jedoch billiget sie die Lehre als eine fromme Mevnung, daß Maria die Mutter Gottes ohne Erbsünde ist empfangen worden. §. L. Von der wirklichen Sünde, und deren Gat¬ tungen. Was ist die wirkliche Sünde? Die wirkliche Sünde ist eine Übertretung des göttlichen Gesetzes, welche der Sünder selbst freywillig begeht. Wie nennet man die wirkliche Sünde noch mehr? Man nennet die wirkliche Sünde auch persönliche Sünde, zum Unterschiede der Erbsünde, wel¬ che die Nachkommen Adams nicht in Person begangen haben. Wie wird die wirkliche oder persönliche Sünde begangen? Die wirkliche oder persönliche Sünde wird be¬ gangen mit Gedanken, Morten und Merlen, oder Unterlassung dessen, was man zu thun schuldig ist. Man sündiget mit Gedanken, wenn man in sei¬ nem Herzen etwas verlanget, was verkochen ist, und verabscheuet, was gebochenist: Haß, Neid» fre- — ( 12 ) — freventliche Urtheile, Argwohn, böse Begierden, sündhafte Anschläge u. d. g. sind Sünden, die mit Ge¬ danken begangen werden. Man sündiget mit Worten aufvielerley Artdurch den Mißbrauch des Redens z. B. Wenn man lügt, falsch oder ohne Noch schwört, flucht, lästert, ehrabschneidet, unzüchtige oder sonst böse Reden führt. Man sündiget mit Werken, wenn man etwas thut, was verkochen ist: z. B. wenn man tödtet, verwundet, stiehlt, betrügt, oder Un¬ zucht Lrkibt. u. d, g. Man sündiget mit Unterlassung, wenn man das thut, was befohlen ist: z. B. Wen» man dem Nächsten nicht hilft, da man kann, wenn man dem Gottesdienste nicht beywohnet, nicht All¬ mosen gibt. Was ist für ein Unterschied unter den wirklichen Sünden? Der Unterschied unter den wirklichen Sünden ist dieser: manche sind schwere oder Todsünden, andere aber geringe oder läßliche Sünden. Was ist dis Todsünde? Die Todsünde ist eine schwere Uebertretung des göttlichen Gesetzes. Die Uebertretung des göttlichen Gesetzes ist schwer - wenn dadurch die Gott und dem Nächste« schuldige Liebe gröblich verletzet wird. WaS schadet die Todsünde? Durch die Todsünde wird die Seele des geistli¬ chen Lebens, das ist, der heiligmachenden Gnade — ( rZ ) Gnade Gottes beraubet, der Mensch wird ein Feind Gottes, und des ewigen Todes schul¬ dig» Wie kostbar sind nicht die Schatze, um welche uns das leidige Uebel der Todsünde bringt. Sie be¬ raubet uns der Freundschaft Gottes, sie trennet uns von Gott, und indem sie uns von Gott trennet, raubet sie unS das kostbareste Leben, welches das Leben der Gnade ist, und verursachet uns den aller- klaglichsten Tod, welcher der Tod der Seele ist. Ein Tod, in welchem wir, so lange wir uns darinn be¬ finden, nicht fähig sind, etwas für den Himmel ver¬ dienstliches zu thun, weil wir in diesem Stande des Todes Feinde Gottes sind, und er sich von Feinden nichts gefallen laßt, und von ihnen nichts annimmk, was für die ewigen Belohnungen, die er nur für seine Freunde bestimmet hat, einen höhern Werth haben könnte. Und wenn uns in diesem Stande des geistlichen Todes der leibliche Tod überfallt, wenn- wir sterben, ohne aufrichtige Buße gethan zu ha¬ ben, so gehen wir auf immer und allezeit verlohren. Welches Elend! Welches Unglück! Was nennet man läßliche Sünden? Läßliche Sünden nennet man geringe Uebertre- tungen des göttlichen Gesetzes. Soll man deßwegen, weil läßliche Sünden ge¬ ringe Uebertretungen sind, nicht Fleiß anwenden, solche zu vermeiden? Man soll, obgleich läßliche Sünden -nur geringe Uebertretungen sind, dennoch allen möglichen Fleiß — ( -4 ) -- Fleiß anwenöen solche zu vermeiden : i. Weil die läßlichen Simden, sie mögen noch so ge¬ ring ss?n, dennoch allezeit Beleidigungen Got- teS sind. 2. Weil man bereit sezm soll, lieber alles zu leiden, als Gott mit der geringsten Sünde zu beleidigen, z. Weil läßliche Sün¬ den, ob sie gleich den Sünder der heiligma¬ chenden Gnade nicht berauben, dennoch dis Verleihung anderer wirklichen Gnaden Gottes verhindern, und also den Sünder nach und nach zu großer» und schwerer» Sünden ver¬ leiten. Man halt die läßlichen Sünden gemeiniglich für nichts, man begeht sie ohne allen Scheu, und man gibt sich nicht die geringste Muhe, dieselben zu ver¬ meiden. Wenn man aber ihre Natur und Beschaf¬ fenheit betrachtet, wenn man die Folgen davon überleget, so muß man ganz anders davon urtheilen. Man mag die läßlichen Sunden für noch so ge¬ ring halten, so sind sie doch eine Beleidigung Gottes. Nun ist es ja gewiß nichts kleines, was dem Herrn einer unendlichen Majestät zur Beleidigung gereichet. Gott ist ein seiner Natur nach unendlich vollkomme¬ nes und vortreffliches Wesen und wir sind ein gro¬ ßes Nichts; folget nicht hieraus, -aß auch das Ge¬ ringste, was wir wider die Hoheit dieses höchsten Wesens thun, allemal eine Abscheulichkeit in sich fasse. Wenn gleich die läßlichen Sünden nur eine ge¬ ringe Beleidigung Gottes sind, so sind sie doch eben darum, weil sie eine Beleidigung Gottes sind, ein grö- größeres Uebel, als alle nur immer erdenkliche Ne¬ bel der ganzen Welt. Wenn sie gleich noch so gering sind, so ist es doch gewiß, daß wir mit der geringsten derselben nicht in das Himmelreich eingehen werden. Denn nichts unreines wird in dieses himmlische Keich ausgenommen werden, oder in demselben Platz finden. Offenb. 21,27. Wenn bey unfern Verdien¬ sten, und bey aller Heiligkeit, die wir könnten er¬ langet haben, unsere Seele, indem sie dieses Leben verlaßt, noch mit der geringsten Sünde beflecket ist, welche wir nicht durch die Buße abgewaschen haben, so wird dieses allein ein Hinderniß unserer Seligkeit, und des Besitzes Gottes seyn. Obgleich unsere Seele noch so heilig ist, so muß sie doch so lange von Gott abgesondert bleiben, bis sie für diese Sünden gebusset hat, sie muß in das Fegfeuer, und in dem¬ selben vvrhero gereiniget werden, ehe sie in dieHerr- ljchkeit Gottes ausgenommen wird. Ist es also nicht eine wunderliche Sache, daß wir so leicht eine Sünde begehen, die uns so stren¬ gen Strafen aussetzet; aber noch tausendmal schänd¬ licher ist dieses, daß, da wir Gott alles zu danken, und alles von ihm empfangen haben , wir statt der Liebe und Dankbarkeit, die wir ihm schnldig sind, uns so leicht zu Sünden verleiten lassen, durchwei¬ che er sich beleidiget hält, und die auch wirklich eine Beleidigung für ihn sind. Welches sind die Folgen der läßlichen Sünden? sie sind weit beklagenswürdiger, als wir sie uns viel¬ leicht jemals vorgestellet haben, sie führe» zur Tod¬ sünde, L rü ) fände, wie die Krankheit ^um Tode führet. Wenn uns also die Wohlfahrt unserer Seele noch einiger¬ massen am Herzen liegt, so sollen wir uns in Ansehung der läßlichen Sünden verhalten, wie wir uns in Ansehung einer Krankheit verhalten, von welcher wir sind überfallen worden. Wir brauchen weiter nichts zu wissen, als daß diese Krankheit uns den Tod bringen kann, um die geschwindesten Mittel dawider anzuwenden. Warum urtheilen wir nicht eben so in Ansehung der läßlichen Sünden, welche eine Krankheit der Seele sind, und uns in den Tod der Seele stürzen können, vor welchem man sich tausendmal mehr, als vor dem leiblichen Tode zu fürchten hat. Und in Wahrheit, wer die läßlichen Sünden nicht achtet, oder sie wohl gar verachtet, der wird ganz unfehlbar in die Todsünde fallen. Es ist dieses der Ausspruch des heiligen Geistes, den die Erfah¬ rung nur mehr als zu sehr bestätiget: Wer das Meine verachtet, wird nach und nach in dem Grossen fallen. Ekles. 19, i. Läßliche Sünden ver¬ achten, das ist, sie vorsetzlich begehen, ist der Weg, der gewiß und allezeit zum Laster führet. David war unvorsichtig und müßig, ehe er ein Ehebrecher wurde. Judas liebte das Geld, ehe er seinen Mei¬ ster verrieth. Petrus war vermessen, ehe er den Heyland verläugnete. Magdalena wollte ohne Zwei¬ fel gefallen, ehe sie die Sünderinn zu Jerusalem wurde. Durch die Verachtung der läßlichen Sünden verliert man unvermerkt den Abscheu vor der Tod¬ sünde. Anfangs entsetzet man sich vor der Todsünde, nach und nach gewöhnet man sich daran, und wird mit - — ( 17 ) — mit ihr bekannt. Es geschieht dieses um so viel mehr, weil die geringen Sünden von den Todsünden oftmals gar nicht weit entfernet sind. Selbst non dieser nahen Nachbarschaft, die sich zwischen der läßlichen und Todsünde befindet, rüh¬ ret es ganz natürlich her, daß man die eine mft der andern vermenget. Wie oft geschieht es nicht, daß man sich irret, und, indem man die Sachen nach den Begierden seines Herzens beurkheilet, das¬ jenige für gering halt, was in den Augen Gottes eine schwere und Todsünde ist. Es gibt gewisse Sünden, wozu der Eindruck unserer Natur besonders groß und mächtig, der Hang gar zu stark, und die Begierde gar heftig ist. Und wie viele gefährliche Umstände gibt es nicht, in die man ost, auch wider feinen Willen geräth, in wie viele Gelegenheit kömmt mau nicht, wo man noch heftiger gereitzet wird, und wo alle Umstände so be¬ schaffen sind, daß auch die vorsichtigste und behut¬ samste Tugend Mühe haben würde, sich zu erhalten. Man würde bey solchen Umstanden, um sich zu er¬ halten, ganz besondere Gnaden Gottes vonnöthen haben; nun ist es aber eine sehr gemeine Strafe Gottes, uns wegen Verachtung läßlicher Sünden , seine besondere Gnaden zu entziehen. Alles dieses soll uns antreiben, auch in Anse¬ hung der geringsten Sünden vorsichtig und behutsam zu seyn, allezeit nach dem zu streben, was bey der Beobachtung unserer Pflichten am heiligsten ist, und Gott eifrig zu bitten, er wolle uns ein zärtliches Ge¬ wissen verleihen, welches auch sogar den Schatten der Sünde fürchtet. Erklär. d-Ratechism.V.Thl. E Welch? ( i8 ) —- Welch- sind dis verschiedenen Gattungen der wirklichen Sünden? Die verschiedenen Gattungen -er wirklichen Sün¬ den sind: i. Die sieben Aauptsünde». 2. Die sechs Sünden in den heiligen Geist, z. Die vier himmelschreienden Sünden. 4. Die neun fremden Sünden. Lehren. Fürchtet euch, meine geliebten Pfarrkinder, vor nichts so sehr, als vor der Sünde, denn diese ist allein ein Nebel. Fürchtet euch am meisten vor der Todsünde, denn sie ist das größte Nebel. Eine ein¬ zige schwere Sünde .des Stolzes hat gemacht, daß Gott eine große Menge seiner edelsten Geschöpfe, welche die Engel sind, vom Himmel herab in die liefesten Abgründe gestürzet, daß er Verdammte und Teufel aus ihnen gemacht, und sie auf immerdar aller Strenge seiner Gerechtigkeit übergeben Has. Um einer einzigen schweren Sünde des Ungehorsams we¬ gen hat Gott den ersten Menschen aus dem Paradiese vertrieben, ihn und seine ganze Nachkommenschaft zum Tode verurtheilet. Um der schweren Sünde we¬ gen hat Gott eine Ewigkeit der Strafen in der Hölle zubereitet. Befindet ihr euch vielleicht jetzt wirklich in diesem Zustande, 0! so zittert, denn es braucht weiter nichts, als daß die Hand Gottes, die euch beym Leben hält, sich wegzieht, daß sie euch in den Tod sinken läßt, so seyd ihr ewig in der Hölle. Em Gedanke, der euch antreiben soll, es allzeit zu be¬ reuen. — ( 19 ) — reuen, jemals eine Todsünde begangen zu haken, und euch immer z» hüten, niemals eine zu begehe». Amen. Zweite Abhandlung. ll. Von den sieben Hauptsünden. Von den vier ersten Hauptsünden. Nachdem ich in der vorhergegangenen Abhandlung von der Sünde überhaupt geredet, so muß ich nun jetzt von den verschiedenen Gattungen der Sünden ins¬ besondere reden. Die ersten derselben sind die sieben Hauptsünden. Welche sind die siebe» Hauptsünde»? Folgende sinL die sieben Hauptsirnden: i. Hoffart. 2. Geitz. z. Unkeusch he,t. 4. Neid. s. Fraß und Füllers?. 6. Zorn. 7. Trägheit. Warum heißen diese Sünden HauptsünLen? Diese Sünden heißen Hauptsunden, weil jede derselben, so zu sage», das Haupt oder die (Quelle vieler andern ist, die daraus entstehen. Was ist die Hoffart? Die Hoffart ist eine allzugrosss Hochachtung sei¬ ner selbst, und eine unordentliche Begierde nach Vorzügen. Wie verhaßt dieses Laster in den Augen Gottes sei), ist aus manchen Stellen der Schrift dcurlich «bzunehmen: Gott widersteht den Hoffärtigen , B sagt < 80 ) sagt der heilige Jakobus in seinem Sewdschreibeu 4, 6. Eben dieses sagt auch der heilige Petrus. 1. Petr. F, A. und der weise Salomon setzet unter je¬ nen Dingen- die Gott der Herr hasset, den Hoch¬ muth zum ersten. Spküchw. 6, 17. WaS entsteht auS der Hoffart? Aus der Hoffart entsteht übertriebene Eigenliebe, Ruhm und Ehrsucht, Hralerev, Verachtung Gottes, der Religion, der Lirche, und des Nächsten, Zwietracht, Streit und Zank Hart¬ näckigkeit, Ungehorsam, Gleißnerey, Re- tzerev- Uebertriebene Eigenliebe, welche sich mit den von Gott und der Natur empfangenen Güter» des Leibes und der Seele blähet, und sich eiubildet, sie habe dieselben aus sich, oder sie habe dieselben vor andern verdienet. Ruhm-und Ehrsucht: Der Hof¬ färtige, so wenig er das Thun anderer Menschen lobet, so sehr verlangt er, daß man alles, was er thut. beloben und bewundern soll, er will überall den Vorzug haben. Pralerey: Der Hoffärtige ist un¬ ermüdet sich selbst zu loben, und von sich groß zu sprechen. Wenn man ihn reden hört, so kann er al¬ les, er weiß alles, er hat alles, er ist geschickter, reicher, klüger, als andere, wenn es ihm schon a» allem fehlt; die guten Eigenschaften, welche er hat, übertreibt er , und seinen Fehlern weiß er eine schö¬ ne Farbe zu geben. Verachtung Gottes, der Re¬ ligion, der Rieche und des Nächsten: Der Hoffär¬ tige erfrechet sich die weißesten Anordnungen der gött¬ lichen — ( 21 ) — lichen Vorsicht, die Gesetze der Kirche, die Verfü¬ gungen seiner Vorgesetzten zu tadeln, darüber zu murren, zu grübeln, wassern dummer Stolz nicht begreift, dawider empöret er sich, das lasiert er. Zwietracht, Streit und Zank : Der Hoffärtige ist immer fertig, andern Beleidigungen zuzufügen, er selbst aber will nicht die geringste übertragen; ein einziges zweydeutiges Wort versetzet ihn in Zorn , eine kleine Beleidigung, mit der ein anderer ihm zu nahe kömmt, bringt ihn auf, entzündet seine Ra¬ che, verleitet ihn zu Zank, Streit und Handel. Hartnäckigkeit: Der Hoffärtige will immer und allezeit Recht, niemals aber gefehlt haben, alles soll nach seinem Kopfe gehen, er ist von feinen auf einmal gefaßten Meynungen nicht abzubringcn, so widersinnig sie auch sind, er vertheidiget sie, er be¬ harret darauf. Ungehorsam: Der Hoffärtige, so ungestümm er im Befehle» ist, so trag ist er im Ge¬ horsamen; was er unterlassen soll, das thut er, wenn aber etwas geschehen soll, so ist er allemal der Letzte, der sich dazu bequemt. Gleißnere?: Die Hoffart bedecket sich mit dem Kleide der Fröm¬ migkeit. und will bey dem verderbtesten Herzen den Schein der Heiligkeit haben. So machten es die Pharisäer; sie gaben ihre Allmosen öffentlich, damit man sie für freygebig hielt , sie wuschen und salbten das Angesicht, damit zu zeigen, daß sie viel faste¬ ten, sie stellten sich an die Ecke der Gassen, wenn sie betheten, damit es die Leute sehen möchten. Durch ihre äußerliche» Tugenden suchten sie nur die Augen der Menschen zu betrügen. Ketzere?: Der Hoffär- B Z tige — ( 22 ) — Lige laugnet dieß oder jenes Glaubensgehcimniß, das er nicht begreifen kann. Die Strafe der Hoffart hat Gott festgesetzt: U)«r damit behaftet ist, der wird mit Aluch er¬ füllet werden, und sie wird ihn endlich stürzen, spricht Sprach io, rz. und Christus sagt, wer sich erhöhet, der wird gedemüthiget werden. Luk. Z8, 14. Es ereignet sich meistens, daß der Hoffärtige in ein schändliches Laster falle, und aus seinem lauten Sturze sich zu schämen lerne, oder ihm sonst etwas begegne, wodurch er beschämet und erniedriget wird. Dieses erfuhren die hoffärtigen Thnrnbauer vonBabcl, mit welchen es folgcndeBe- schaffcnheit hatte: Die Menschen vermehrten sich nach der Sündfluth gar bald wieder, und ihre Menge nö- thigte sie auseinander zu gehen, und sich in mehrere Gegenden auszntheilen, doch wollten sie sich zuvor aus Hochmuth ein Andenken stiften, ihr Stolz gab ihnen ein, sie sollten einen sehr hohen Thurn bauen. Sie ficngen das Werk an, allein Gott, der ein Feind aller hochmüthigen Unternehmungen ist, hin¬ derte die Ausführung dieses Werkes gar bald, er verwirrte die Sprache dieser Leute, so, daß keiner mehr den andern verstund; sie mußten also, weil sie sich nichsmehr untereinander verstanden, das an- gcfangetie Werk liegen lassen, und sich schämen. Ge¬ nes. 11. Wie gieng es dem hochmüthigen Aman? Dieser war ein Liebling des pe. fischen Monarchen Assuerus. Ein gewisser Jud, mit Namen Mardochäus, der ehedem den Anschlag zwcencr Kämmerlinge entdecket, deu sie gemacht hatten, den Assuerus umzubringen, be- ( »Z ) — bezeugte den stolzen Aman seiner Einbildung nach nicht genug Ehre, er wirkte demnach aus Rache wi¬ der den Mardochäus einen Befehl beym König aus, daß alleJuden in dem persischen Reiche aufeinenTag sollen umgebrachk werden. Für den Mardochäus ließ er einen fünfzig Ellen hohen Galgen machen, an den er sollte aufgehangen werden. Allein Gott verfügte es, daß dasjenige, was Aman wider den Mardo¬ chäus beschlossen hatte, an dem Aman selbst erfül¬ let wurde. Affuerus konnte einstens in der Nacht nicht schlafen, er ließ sich für die lange Weile die Tagbücher seiner Regierung vorlefen: unter andern Merkwürdigkeiten laß man ihm auch die schöne Thal des Mardochäus vor, welcher den wider das Leben des Monarchen gefaßten Anschlag zweener Kämmer¬ linge entdeckte. Dadurch ward er erinnert, die Treue des Mardochäus zu belohnen; er befahl, ihn mit königlichen Kleidern zu zieren, auf ein prächtiges Pferd zu setzen, und daß Aman ihn durch die Stadt führen, und ausrufcn solltet Solcher Ehre ist der werth, welchen der Ronrg ehren will. An eben dem Tage speisete der König nebst dem Aman bey sei¬ ner Gemahlin, der Esther, welche eine Jüdin», und von dem Mardochäus, ihrem Vetter erzogen war. Ueber dem Essen trug Esther dem König ihre und ih¬ res Volkes Noth wchmüthig vor , in die sie Aman versetzet hatte; darüber gericth der König wider dkn Aman in Zorn, und befahl auf der Stelle, ihn an eben den Galgen zu henken, den dieser für denMar- dochgus hatte aufrichten lassen. B. Esther. Damit dieses Laster sich euerer nicht bemächtige, nieine geliebte» Pfarrkindcr, so bedenket, daß ihr B 4 nicht — ( -4 ) — nicht die geringste Ursache habet hoffartig zu ftyn. Ihr möget seyn, wer ihr wollet, und haben, was ihr wollet, so wisset, daß ihr durch Gottes Gnade und Barmherzigkeit seyd, was ihr seyd, und was ihr habet, von ihm empfangen habet. Seyd ihr rei¬ cher, mächtiger, angesehener, glücklicher als an¬ dere, so danket Gott dafür, dessen Gaben es sind. Hütet ench, andere, die es nicht sind, zu verach¬ ten, denn sie sind vielleicht in andern Stücken besser, als ihr. Sind sie nicht so reich, so vermögende so mit Glücksgüteru überhäuft, wie ihr, so sind sic vielleichtfrömmer, tugendhafter, und rechtschaffner, als ihr, welche Dinge mehr gelten, als alle eure Reichthümer. Bedenket, daß es nur auf das all¬ mächtige Wollen Gottes ankömmt, euch weiter und tiefer yerabzusetzen, als die, welche ihr verachtet. Er darf nur seinen Segen einhalten, so wird auf einmal euer ganzes Glück sinken. Was aber alle Hof¬ fart am weitesten von euch entfernen soll, besteht darinnen, daß ihr alle fündige Menschen seyd, die ohne Unterlaß Gnade und Barmherzigkeit vounöthen haben, die ihr nicht besser, als durch die Demuth erlangen könnet. Was ist der Geitz? Der Geitz ist eine unmäßige Begierde nach Geld und Gut. Der Geitz ist eine so große Sünde, daß der Apo¬ stel kein Bedenken trägt, ihn eine Art des Götzen¬ dienstes z» nennen, uud ihn unter diejenigen La¬ ster zu setzen, die vvm Himmelreich ausschließen: Ihr ----- s 2L ) —— Ihr sollst wissen und verstehen, daß kein Gsi- tziger, welches ein Dienst der Abgötterei ist> Erbe hat im Reichs Christi und Gottes. Ephes. 5, s. Der Geitzige ist der unseligste und thörichste Mensch, indem er sich bey seinem Vermögen selbst nichts Gutes thut. Der weise Sprach schildert seine Thorheit mit folgenden sehr schönen Worten: Ei¬ nem geitz'gen kargen Menschen sind die Reichthü- mer zu nichts gut. Und was nutzet einem kargen Menschen sein Geld? Der sein Gut mit Angst zusammen bringt, der es andern Leuten sarm mslt, und andere werden mit seinem GuteDOsl- lust und Muthwillen treiben. Nichts fchandli- chers und argrrs ist, als wenn einer ihm selbst abgünstig ist, und nichts Gutes gönnet, und mit dem wird seiner Schalkheit und Bosheit wies dergolten. Syr. 14. Schreckbar sind die Worte des heiligen Jakobus, womit er diejenigen anrcdet, die diesem Laster ergeben sind: Wohlan nun, ihr geitzigen Reichen, weinet und heulet über euer Elend, das über euch kommen wird. EuerReich- thum ist verfaulet, eure Rleider sind von den Motten gefressen, euer Gold und Silber ist ver¬ rostet, und ihr Rost wird Zeugniß wider euch geben, und wird euer Fleisch wie ein Feuer fressen. Ihr habet euch einen Schatz des Zornes an Len letzten Tagen gesammelt. Jak. L, r, 2. Z. Der Gsitz ist eine Wurzel alles Uebels. 1. Tim. 6, ro A L Was Was entsteht aus deyr Gsitz? Aus dem Gertz entsteht Unruhe, List und Be¬ trug, Ungerechtigkeit, Verrätherez», falsche Eidschwüre, Unbarmherzigkeit, Verhärtung des Aerzens. Der GeiHige ist niemals ruhig, weil er niemals genug hat, und folglich niemals vergnügt ist. Er quält sich mit dem, was er hak, weil er immer in Aengsten ist, er möchte darum kommen. Das, was er nicht hat, sticht ihn in die Augen, und er mar¬ tert sich mit der Begierde, es zu haben. Beym Un¬ glücke seufzet er nach Glück, und beym Glücke fürch¬ tet er das Unglück. Mit vielen Sorgen scharret er ein Vermögen zusammen, und wenn er es beysam- men hat, so machet es ihm bang, weil er beständig zu sinnen hat, wie er es bewahre. So gehen die Tage des GeiHigen in lauter beunruhigenden Sor¬ gen , in Kummer, Gram, Verdruße und in Aeng- sten fürüber, mit Aengsten steht er auf, mit Aeng- sien liegt er nieder, mit Aengsten geht er aus dem Hanfe, mit Aengsten genießt er seine schmale Mahl¬ zeit. Der Geitz ist die Quelle der Ungerechtigkeit; der GeiHige sehnet sich nach fremdem Gute, und er wen¬ det alle Mühe an, so unerlaubt und ungerecht sie auch sind, um sich zu bereichern, es ist keine List, der er sich nicht bedienet, kein Betrug, den er nicht treibt, wenn er nur etwas gewinnen kann. Erschwörk falsch, er verräth die Gerechtigkeit, er unterdrückt die Waisen, sauget die Armen aus, er stiehlt, raubt, mordet, wenn es ihm etwas eintragt. Judas ist da¬ von von sik trauriges Beyspiei: er war ein Mörder des Sohnes Gottes, weil er ein Dieb war, und er war ein Dieb, weil er gcitzig war. Bon seinem Geitze sind alle seine Diebstahle hergekommen, und diese Diebstähle sind endlich darauf hinausgeloffen, daß er um ein schlechtes Geld von dreißig Silberlingen alle Pflichten der Erkenntlichkeit und Freundschaft verletzet, und seinen Meister verkaufet hat. Matth. 26. DerGeitzhals hat ein hartes und steinernes Herz- er ist bcy dem Elende eines andern unempfindlich, er bekümmert sich nicht um die Dürftigen, er läßt den Elenden eher verschmachten, und den.Hungrigen umkommen,, als daß er von dem Genügen etwas hergibt, da er sich selbst nichts Gutes thut, so thul ers andern noch weniger: Denn, wer ihm selbst ein Schalk und untreu ist, wem soll der wohl gut fezm? Syr. 14, F. Der Geitzige fürchtet nichts mehr als den Tod: denn weil sein Geld sein Gott und sein Himmel ist , so fürchtet er sich zu sterben, und wünschet sich ewig zu leben, um bep seinem Gelde zu sepn. Jemehr der Geitzige sich dem Tode nähert, desto mehr hängt er das Herz an sein Geld, er seufzet bis in die letz¬ ten Augenblicke für sei» Geld. Was ist die Uukeuschheit? Die Uukeuschheit ist eine unordentliche Begierde nach fleischlicher Wollust. Die Uukeuschheit ist ein Laster, welches seinen Grund in der Unordnung einer ausgcarteten Seele hat. — l 23 ) — hat, welche nach körperlichen Wollüsten strebet, in¬ dem sie die Mäßigkeit verbannet, die uns zu geistli¬ chen Vergnügungen aufgeleget machet. Nichts ist der Heiligkeit des Standes eines Chri¬ sten mehr zuwider, als dieses Laster. Wir sind, da wir die heilige Taufe empfangen haben, in dem BlnteJesu Christi von aller Unreinigkeit abgewaschen worden, wir sind lebendige Tempel des heil. Geistes, die durch die Gnade geheiliget worden, wir sind Glieder des Leibes Jesu Christi. Was ist nun aber dieser Heilig¬ keit mehr entgegengesetzt, als die feindlichen Unflätte- rcyen der Unkcnschheit, durch die Leib und Seele zu¬ gleich verunreiniget, dir lebendigen Tempeldesheiligen Geistes schändlich besudelt, die Glieder Christi zu Hurenglieder, wie sich der Apostel ausdrückt, gema- chct werden? Nein, nichtsschändetdenCharaktcr ei¬ nes Christen mehr, als die Sünden der Unkeuschheit. Ans diesem Grunde ist die wichtige Ermahnung hcr- geholct, die uns der heilige Paulus gibt, dieses La¬ ster zu vermeiden. Dießist, schreibt er/ der Wille Gottes eure Heiligung, und daß ihr euch von der Hurerey enthaltet/ auf daß ein jeglicher fein Gefäß in Heiligung und Ehren zu behalten wisse, nicht in fleischlicher Lust wie die Heyden, die von Gott nichts wisse», r. Thessal. 4, Z. 4. L. Wis¬ set ihr nicht, daß eure Leiber Glieder Christi find? sollte ich nun die Glieder Christi nehmen, und Hurenglieder daraus machen, das fey fern von mir! i.Kor. 6, iL. Oder wisset jhr nicht, daß euer Leib ein Tempel ist des heiligen Geiste», der in euch ist, welchen ihr von Gott habet, und feyd nicht euer selbst, denn ihr seyd theuer erkair- —X ( 29 ) -°-- erkaufst worden. Darum so preiset und traget Gott in euerm Leibs. Ebcnd. V. 19. 20. Wen» wir, weine geliebten Pfarrkinder, alles dieses erwägen, so dürfen wir uns nicht wundern, wenn der heilige Paulus behauptet, daß alle dieje¬ nigen, die den fleischlichen Wollüsten nachstrrben, von dem Reiche Gottes ausgeschlossen sind: Weder die Unkeuschen, noch die Ehebrecher . noch die Weichlinge werden das Keich Gottes besitzen. 1. Kor. s, 9. 10. Wir dürfen uns nicht wundern , wenn er sagt, daß fleischlich gesinnet sepn, Feind¬ schaft wider Gott ist, und daß, die fleischlich sind, Gott nicht gefallen mögen. Röm. 8, 7.8. Was entsteht ans der Unkeufchheit? Lus der Unkeuschheit entsteht Verblendung des Gemüthes, heftige Begierde nach dem zeitli¬ chen Leben, Vergessenheit Gottes, Les Todes und des zukünftigen Gerichtes, Verzweiflung die ewige Seligkeit zu erlangen. Ja, es ist keine Sünde zu finden, die den Men¬ schen in eine größere Verblendung siürzete, als die¬ se. Denn diese Sünde ist eine unordentliche Reigrmg, ja sogar eine schimpfliche Unterwerfung des Geistes Unter das Fleisch , und sie macht dadurch den Geist, so zu sagen, ganz fleischlich. Daher kömmt es, daß der heilige Paulus, wenn er von einem Unzüchtigen redet, ihn nicht mehr schlechthin einen Menschen, sondern einen thierischrn Menschen nennet, r. Kor. 2, 14. Der ( Z6 ) — Der Mensch, wenn er sich den unzüchtigen Lü¬ sten und Begierden des Fleuches ergibt, sündiget als ein Thier, weil er den Bewegungen einer Lei¬ denschaft folget, die vornehmlich in den Thieren herr¬ schet. Sündiget er mm als ein Thier, so ist das Licht des Verstandes nicht mehr in ihm, es ist zwi¬ schen ihm und eiiwm unvernünftigen Thiere kein an¬ derer Unterschied zu finden, als daß er bey seinen Ausschweifungen strafbar ist, welches die Thiere nicht seyn können. Der Mensch, da er in Ehren rvar, hat ers nicht verstanden, er hat sich ge¬ halten, wie dis unvernünftigen Thiere, und ist ihnen gleich geworden Pf. 48, 21. Diese Wahrheit wird durch die tägliche Erfah¬ rung bestattiget. Denn wir sehen, daß dergleichen Leute, welche Sklaven dieser Sünde find, zu der Zeit, wenn sie von ihrer Leidenschaft gereitzet wer¬ den, auf eine erbarmungswürdige Art blind sind. Sie sind nicht mehr im Stande Vorstellungen zu machen, oder anzunehmen, sie handeln ohne Regel, ohne Klugheit, und werden thöricht und unvernünf¬ tig. Denn es ist kein Vortheil, den sie nicht verach¬ ten, keine Ehre, die sie nicht mir Füssen treten, kei¬ ne Schande, der sie sich nicht ausfetzen, kein Glück, das sie nicht auf das Spiel fetzen, keine Pst cht, die sie nicht verletzen, damit sie nur ihrer Leidenschaft Genüge thun mögen. Ein unkeuscher Vater vergißt, was er seinen Kindern schuldig ist. und er tragt nichts darnach, daß er sie durch seine Ausschweifun¬ gen in das Unglück stürzet. Ein unzüchtiger Vorge¬ setzter vergißt, was er dem gemeinen Besten schuldig ist, und machet sich kein Gewisse» mehr, Recht und Gerech- -- ( Z! ) — Gerechtigkeit seinen ErgöHlichkeiten aufzuopfern. Ei¬ ne unzüchtige Fra» vergißt, was sic ihrem Manne schuldig ist, und denkt nicht mehr an die Treue, die sie ihm geschworen hat. Ein junges Weibsbild ver¬ gißt, was sie sich selbst schuldig ist, und schämt sich nicht mehr, sich ihrer schönsten Zierde zu berau¬ ben, und sich Schimpf und Schande zuzuzichen. Ein junger Mensch vergißt sein Glück, und denkt nicht mehr, daß er durch sein böses Leben seiner Versorgung im Wege steht. So viel Macht und Gewalt hat diese Sünde, den Menschen zu ver¬ blenden. Aus der Unkcuschheit entsteht heftige Begierde nach dem zeitlichen Leben. Der Unkeufche wünschet nichts so sehnlich, als lang zu leben, er fürchtet nichts mehr, als sich von seinem Leibe zu trennen, dem er beständig schmeichelt, den er für feinen Ab¬ gott hielt. Vergessenheit Gottes: Dieses Laster se¬ tzet gleichsam einen Abgrund zwischen Gott und der wollüstigen Seele, es machet ihr alle himmlischen Dinge unschmackhaft, und laßt sie nicht an Gott ge¬ denken, dahero entsteht nicht selten die Verzweif¬ lung an der Seligkeit. Wenigstens ist keine Sünde zu finden, die den Sünder der Versuchung zu ver¬ zweifeln mehr bloß stellt als diese. Der heilige Pau¬ lus lehrt cs uns, wenn er schreibt: welche als die Verzweifelten sich selbst der Geilheit übergeben haben. Ephes. 4, »9. Der Unkeusche verzweifelt an seiner Seligkeit, weil er an seiner Bekehrung ver¬ zweifelt, er verzweifelt an seiner Bekehrung, weil es ihm unmöglich scheint, eine Leidenschaft aus seinem Herzen auszurvtten, welche das einzige Ver- gnü- gnügen seines Lebens ausmackek, weil er zwischen Gott und sich unendliche Hindernisse wahrnimmt, die er sich nicht zu übersteigen getraut, und welche machen, daß er den Entschluß fasset, sich den Lüsten und Begierden seines Herzens zu übergeben. Ist wohl, meine geliebten Pfarrkinder, ein betrübkersr und trostloserer Zustand zu finden, als dieser? Wie sorgfältig müssen wir uns demnach nicht vor diesem Laster hüten, damit wir nicht in diesen Zustand fallen mögen. Da kein Laster ist, wozu wir mächtiger gereitzet werden, als dieses, so müssen wir dagegen am mei¬ sten auf unserer Hut seyn, niemals die genaueste Ausübung der christlichen Wachsamkeit unterlassen, und Gott mit der größten Inbrunst um seinen Bey- stand anrufen. Dieses ist aber noch nicht genug, sondern wir müssen uns zu dem göttlichen Beystande vorbereiten, indem wir die Gelegenheiten vermeiden, unsere Sinnen tödken, mäßig leben, allen freyen Umgang mit Personen des andern Geschlechtes ver¬ meiden, den Müssiggang fliehen, vor bösen Gesprä¬ chen die Ohren verstopfen. Was ist -er Neid? Der Neid ist eins Bstrübmß wegen des Gutes Les Nächsten, als wen» es dem eigenen Gute schädlich wäre. Der Neid ist das finsterste und traurigste Laster, welches dem, der damit behaftet ist, nur Unwillen und Verdruß machet. Die Gesinnungen eines Nei¬ dischen sind der weisen Vorsehung Gottes entgegen Besetzet, indem er die Anstalten derselben in der Aus- — ( ZZ ) — Heilung der Güter verwirft; der Nächstenliebe, in¬ dem er eine der wesentlichsten Pflichte» derselben ver- nachläßigct, welche darinnen besteht, daß man sich über das Glück des ander» erfreue; der ordentlichen Selbstliebe, indem er sich selbst unnöthiger Weise Verdruß machet, und seine Tage in Gram und bit¬ ter» Kummer bringt. ,,Der Neid, spricht der weise Salomo, ist Efter im Gebein." Sprüchw. 14, Zc>. Welches die gesunde Safte ansteckek, verderbet, und de» Menschen auszehret. WaS entsteht aus dem Neide? Aus -em Neide entsteht Verleumdung, Ehrab¬ schneidung, falsches Urtheil, Haß gegen de» Nächsten, Freude, wenn es »hm übel, Be-» trübniß, wenn es ihm wohl geht. Ein neidischer Mensch setzt darin» seine Ehre , wenn er andere um die ihrige bringt, er sucht sein Lob, da er andere schändet, und weil er bey allen rechtschaffenen »nd ehrliebenden Menschen verhaßt ist, so sucht er andere so schwarz zu machen, als er ist. Der Neidige kann seine Verlcumdungssncht nicht ber¬ ge», laßt er sie nicht allemal völlig ausbrechen, so vcrräth er sich durch drohende Augen, durch höhni¬ sche Blicke, durch blaffe Wangen, durch bittercsLa- cheln, durch spitzige Worte, durch anzügliche Spöt- tereyen. Der Neid ist ein Zunder falscher Urtheile und des Argwohns, der Neidige messet einen jeden nach seiner Elle, da, wo es bey ihm nicht richtig ist, glaubt er, daß es einem jeden fehle. Der Nei¬ dige ist keines Menschen Freund, er ist niemand hold. Erklirr, d. K.atechism. V. Tyl. C er ( Z4 ) rr hasset jedermann, er hasset diejenigen, die mehr sind, und mehr haben', als er, weil er es ihnen nicht gleich thun kann, er hasset, die geringer sind, und weniger haben als er, aus Furcht, daß sie ihm gleich werden möchten, er hasset diejenigen, die ihm gleich sind, weil es ihn verdrüßt, daß sie ihm gleich sind. Der Neidige kehrt die ganze Ordnung der Liebe um, ein fremdes Wohlergehen ist sein Unglück, sein Verdruß, ein fremdes Unglück seine Freude und sein Segen. Bey Glückwünschen ist er niedergeschlagen, beym Leidwesen der andern munter. Sein Schatz ist fremde Armuth, fremdes Vermögen rechnet er zu sei¬ nem Elende. Kann man sich einen größeru Menschen¬ feind vorstellen? Alle diese bösen Folgen, die aus dem Neide ent¬ stehen, nehmen wir an den Kindern Jakobs wahr, die ihren Bruder Joseph beneidet. Joseph ward von feinem Vater mehr geliebct, als die andern Kinder; dieß erweckte bey seinen Brüdern Neid wider ihn, hierzu kam noch, daß Jakob dem Joseph einen bun¬ ten Rock machen ließ, dieß verdroß die übrigen Brü¬ der. Es kam dem Joseph einstens im Schlafe vor, als wenn er mit seine!» Brüdern auf dem Felde Gar¬ ben bände, und als wenn seine Garbe auftechts stände, die Garben seiner Brüder aber um seine Gar¬ be herumlägcn, und selbige anbetheten. Wiederum hatte ihm geträumet, als wenn Sonne, Mond, und eilf Sterne ihn anbetheten. Seine Brüder glaubten, er wollte ihnen durch diese Träume zu verstehen ge¬ ben, daß er einstens einen sehr hohen Rang über sie haben würde, sie nannten ihn deßhalben zum Spotte nur den Träumer. Der — ( ZL ) — Der Neid, welchen sie gegen ihren Bruder ge- schöpfet halten, erwuchs bis zu einem tödtlichenHaß, und als er sie einstens auf Befehle seines Vaters auf der Weide besuchen mußte, so fasteten sic den Entschluß, ihn umzubringen; sie würden es auch gcthan haben, wenn Ruben, der Aelteste unter ih¬ nen es nicht hintertrieben hätte. Um aber seiner dost- los zu werden, sielen sie auf einen andern Anschlag, den sie auch ausführten. Sie verkauften ihn um zwan¬ zig SilberlingeanismaclitischeKaufleute, seinen Rock aber zerrissen sie, benetzten denselben mit Blute eines ge¬ schlachteten Bocks, schickten ihn an den Vater, um ihn glauben za machen, daß ein wildes Thier ihn zerrissen hätte. Genes. Z/. Dieses Beispiel zeigt uns, wohin das Lasier des Neides den Menschen verleiten kann, und wie sehr mau auf seiner Hut seyn soll, um sich von dem¬ selben nicht beherrschen zu lassen. Lehren. Lasset uns, meine geliebten Pfarrkinder, ein so abscheuliches Laster, als der Neid ist, hassen; be¬ denket, daß die weiseste Vorsicht Gottes eben so ge¬ rechte als heilige Absichten habe, warum sie die Gü¬ ter, worüber sie vollkommener Herr ist, ungleich austhrile, und einem mehr als dem andern gebe; bedenket, daß es boshafte Empörung wider Gott ist, mit der Austhcilung, die er gemacht hat, un¬ zufrieden zu seyn, begnüget euch mit dem, was euch Gott geschenket, und gönnet auch euren Brüdern den Theil, den ihnen der Herr bestimmet hat. Warum C 2 grämet - ( ZÜ ) — grämet ihr euch über fremdes Wohlergehen? Was hilft es euch, wenn ihr einem andern das, was er hat, beneidet? Seyd ihr denn glücklicher, wenn ers nicht hat, ist es nicht Unsinn, indem, was andere glücklich machet, seinen Verdruß, Mißvergnügen und Unglück suchen? Machet euch fremdes Glück zu eurem eigenen durch den Antheil, den ihr durch die Freude daran nehmet. Dieß ist die Pflicht der Liebe, die das wesentliche Kennzeichen des Christenthums ist. Amen. Dritte Abhandlung. 2. Von den dreyen letzten Hauptsünden. Nebst Hoffart, Geitz, Unkeuschheit und Neid, wovon ich in der letzten Abhandlung geredet habe, gehören noch Fraß und Füllcrey, Zorn und Träg¬ heit unter die Hauptsünden. Ich.werde in der gegen¬ wärtigen Abhandlung davon reden. Was »st Fraß und Füllcrey? Fraß und Füllsrev ist eine unordentliche Begier¬ de nach Essen und Trinken, und unmäßiger Gebrauch der Speise und des Trankes. Man muß den Wahrheiten der Religion gänzlich abgesaget haben, wenn man zweifeln will, ob die Unmäßigkeit im Essen und Trinken ein Laster sey. Nichts ist der so nothwendigen, und von Jesu Chri¬ sto so oft anbefohlenen Kreutzigung des Fleisches mehr zuwider, als die Unmäßigkeit, die den Menschen zu einem — ( Z7 ) — einem Sklaven seines Leibes, zu einem Diener sei¬ nes Bauches machet. Die Unmaßigkeit ist eines von jenen Lastern, von welchen der Apostel ausdrücklich saget, daß sie vom Reiche Gottes ausschließen: Weder die Vollsäufer werden jemals das Aeich Gottes besitzen, r. Kor. 6, 9. Und wie sollten die Vollsänfer nicht von dem Himmelreiche ausgeschlos¬ sen seyn, nachdem sie, wie der nämliche Apostel saget, offenbare Feinde des Rreutzes Christ« sind. Philipp. Z, »8. und als wahrhaft Abtrünnige von demselben leben ; da sie Leute sind, denen der Bauch ihr Gott ist. ebend. 19. Und denen der Apostel,nit weinenden Augen vorsaget, daß ihr En¬ de die verdammniß ist. Ebend. 20. Wie sollte die Unmaßigkeit nicht vom Himmelreiche ausschließen, nachdem sie nicht nur an sich selber schon ein Laster, sondern auch eine reiche Quelle sehr vieler Uebel ist, die daraus entstehen. Was entsteht aus Fraß und Fülleeey? AuS Fraß und Füllerev entsteht Ausgelassenheit in Sitten, Zank, Frechheit, Unzucht, Ver¬ schwendung der Zeit und des vermögens, ver- derbniß der Gesundheit, Schwächung der Seelenkräfte. Lasset uns diese so leidigen Folgen genauer ein¬ sehen! Die Unmaßigkeit verderbet die guten Sitten, bey der Schwclgerey hört die Uebereinstimmung zwi¬ schen Vernunft und Sinnen auf, der ganze Wohl¬ klang der Anständigkeit wird verstimmet, und die beßte Gemüthsart unterliegt oftmals der hinreisseu- C Z den - l Z8 ) - den Ausgelassenheit. Sie stiftet Handel, Zänkereyen, Zwist, Raserey, die oft nicht anders als mit Blut, mir tvdtlichen Wunden, und mit dem Tode selbst geen- diget werden. Sie machet frech, unverschämt, und rei¬ het zur Unzucht; Der Wein, spricht der weise Sa¬ lomo , machet unkeusch, und Trunkenheit machet Aufruhr des Fleisches. Spr. Sal. io, i. Wo Fraß wohnet, da bleibt die Schlüpfrigkeit nicht lan¬ ge aus, spricht der heilige Hieronymus. Sie ma¬ chet den Mensche» viel kostbare Zeit verderben, die er auf seine Arbeit verwenden sollte, sic erschöpfet das Vermögen, richtet das Hauswesen zu Grunde, und stürzet ins Elend, sie entkräftet den Körper, schwächet die Gesundheit, und beschleuniget den Tod. „Viel Fressen machet krank, sagt der weise Sprach, und Füllerey bringt zuletzt das Grimmen, und Ue- berfluß unverdauter Feuchtigkeit. Durch Füllerey sind viele gestorben." Syr.Z7,FZ.Z4. Sieschwächt die Seelenkräfte, schlägt die Lebensgeister nieder, machet den Verstand stumpf, »nd tilget alle Beur- thcilungskraft. Esau vergißt die so kostbaren und hochgeschätzten Vortheile des Rechtes der Erstgeburt, und ist so dumm, daß er dieses Recht seinem Bru¬ der Jakob um die schlechte Speise eines Linscnmuses, wornach es ihn lüstete, verkaufet. Genes. 2L. Man muß nicht um des Geschmacks, um der Sinnlichkeit, und der Wollust wegen essen und trin¬ ke», sondern um der Nothdurft wegen. Jener ist glücklich, der für den Hunger ißt, und für den Durst trinket, weil ein solcher der Natur Genüge leistet, seine Gesundheit erhält, und ein vergnügtes Leben führet. Wer wenig ißt und trinkt, der vermehrt die Tage — L Zy ) — Tage seines Lebens. „Wer sich mit Essen und Trin¬ ken ziemlich halt, der verlängert sein Leben." Syr. Z/, Z4. Der Wein ist ein edles und kostbares Ge¬ tränk, wenn man ihn mäßig trinkt, trinkt man ihn aber unmäßig, so ist er ein Gift, das umbringt. „Er geht lieblich ein, sind die Worte Salomons, aber zuletzt beißt er wie eine Schlange, und gießt aus sein Gift wie eine Natter. Spr. Sal. 2Z, Z i. Z2. Derjenige ist ein elender Mensch, der seine Freude und sein Glück in vielen Fressen und Saufen setzet, er würdiget sich zum unvernünftigen Viehe herab, machet sich zu Geschäften unbrauchbar, und setzet sich dem Gespötte aus. Was ist der Zorn? Der Zorn ist eine unordentliche Verbitterung des Genrüthes, und Begierde sich zu rächen. Der göttliche Heyland gibt uns selbst zu erken¬ nen, was für ein großes und schädliches Lasier der Zorn sey, indem er sagt: „Ich sage euch, daß ein jeglicher, der mit seinem Bruder zürnet, des Ge¬ richts wird schuldig seyn." Matth. L, 22. Was entsteht aus dem Zorne? Aus dem Zorne entsteht Aast, Verwirrung des Gemütheö, Unwillen, Händel, Schimpfen und Lästern, Mord und Todschlag. Was für eine böfe Sache ist es nicht um den Zorn? Er ist der Anfang des unversöhnlichen Has¬ ses, tödtlicher Feindschaften, die oftmals in große Händel ausbrechen, und sich mit Mord und Lod- C 4 schlag — ( 4o ) —- schlag endigen. Der Zorn hindert den Menschen cm aller Ueberlegung, die Verzweiflung stürzet ihn in die größte Verwirrung, der Verstand kann seine Ver¬ richtungen nicht ausüben, er unternimmt alles ohne Vorstcht, ohne auf Ordnung oder Folge zu sehen; die Billigkeit verliert sich vor seinen Augen, er stra¬ fet ohne Maß, weil ihn die Wuth seines Zornes die Sache nicht untersuchen laßt, seine Galle ist in allem seine Triebfeder, der Zornige ist einFeind des gesellschaftlichen Lebens, weil er mit Niemanden, und Niemand mit ihm auskommen kann, weil ihn alles aufbringt, weil er überall Recht zu haben denkt, so fliehen ihn die Menschen als ein reissendes Thier. Der Zorn stürzet in Unsinn, hat er sich an andern satt geärgert, so ergrimmt er wider sich selbst. Zwischen einem Zornigen, und Wahnwitzigen ist fast gar kein Unterschied, der eine handelt allzeit när¬ risch , der andere allzeit wüthig. Der Zorn bringt die Galle in Bewegung, daß sie sich ausgießt, und die übrigen Safte im Leibe verderbet, wodurch die Gesundheit zu Grunde gerichtet, Krankheiten verur¬ sachet, das Leben abgekürzet, und der Tod beschleu¬ niget wird. Lasset euch, meine geliebten Pfarrkinder, von diesem Lasier nicht beherrschen. Was tbut ihr, wenn ihr euch unmäßig und unordentlich erzürnet, ihr ge¬ bet zu eurer eigenen Schande zu erkennen, daß ihr nicht Meister über euch selbst seyd, daß cs euch an Ueberlegung, an Vernunft fehlet. Nur Leute, die eine schwache Vernunft haben, überlassen sich dieser Leidenschaft, und man hält nie einen Mann vor groß, der sich nicht zu mäßige» weiß. Wahre Ehre besteht ------ l 41 ) —-» besteht in dergroßmüthigen Vergebung der Unbilden, nicht in der Rache. Was gewinnet ihr, indem ihr euch erzürnet? Ihr schadet allemal euch sechsten, in¬ dem ihr euch selbst unruhig machet, und im Aus¬ bruche des Zornes vielmal Dinge thut, die ihr nach der Zeit gar oft bereuet. und um derentwillen ihr euch schämen müsset. ,,Wendet euch zu Gott, und bittet ihn um die Gnade, daß ihr den Zorn in eure Gewalt bekommet, und wie die Auserwahlten Got¬ tes, wie die Heiligen und Geliebten die Gütigkeit, Demuth, Sanftmüthigkeit, und Geduld anzichet, einer den andern übertrage, und so einer über den andern zu klagen hat, einander vergebet, wie der Herr euch vergeben hat." Koloss. Z. 1-4. WaS ist die Trägheit? Die Trägheit ist ein Verdruß und Eckel in Sa¬ chen, welche Gott und unser Seelenheil be- treffen. Trag seyn heißt, keine Lust zu löblichen Uebun- gen haben, am Bethen, an der Versammlung des Geistes, an den Betrachtungen göttlicher Wahrhei¬ ten, an der Lesung guter Bücher, an der Beobach¬ tung seiner Pflichten keine Lust, sondern Verdruß und Eckel finden. Es heißt in Ausübung der Tugend gleich müd, der Verrichtung seiner Pflichten gleich überdrüßig, in Krankheiten, Verfolgungen, und anderem KrenHe gleich ungeduldig, und niederge¬ schlagen werden, cs heißt, bep Anhörung des gött¬ lichen Wortes, bey dem Gcbethe, bey dem Gottes¬ dienste lange Weile finden, es heißt, selten mit Ernste an sein Heil gedenken. C 5 Be- - ( 42 ) - Betrübter Znstand eines trägen und lauen Chri¬ sten, Gott verabscheuet ihn: „Ich weiß deine Wer« ke, daß du weder kalt, noch warm bist, dieweil du denn lau bist, und weder kalt noch warm, so will ich anfangen, dich aus meinem Munde auszuspeyen." Dssenb. Z, iL. 16. Was entsteht aus der Trägheit? Aus der Trägheit entsteht IlTachläßigkeit im Got¬ tesdienste, Versäumung der zur Erlangung der göttlichen Gnade und ewigen Seligkeit no- thigen Mittel, Traurigkeit, Rleinmüthigßeit, Unbußfertigkeit, Verzweiflung. Alles, was Dienst Gottes, was Sorgfalt und Eifer für das Seelenheil heißt, ist dem trägen Chri¬ sten zuwider, er erscheinet selten, oder doch allemal mit einem Unwillen bey dem öffentlichen Gottes¬ dienste, er beklagt sich über die lange Dauer dessel¬ ben, er ist der letzte, der sich dabey einfindet, und der erste, der davon weggeht, er hat keine Lust, das Wort Gottes anzuhören , und wenn er es an¬ hört, so fallt es auf sein Herz, als auf ein dürreS Land, wo es sogleich erstirbt. Er findet sich selten bey den heiligen Geheimnissen ein, und wenn es je bisweilen geschieht, so geht er eben so kalt und un¬ empfindlich hinweg, als er zu denselben gekommen ist, er lebt in einer beständigen und ruhigen Nach- läßigkeit in Ansehung alles dessen, was er bey den Pflichten der Religion nicht für höchst nöthig hält. Dadurch versäumt nun aber der träge Christ so viele zur Erlangung der göttlichen Gnade und ewi¬ gen — ( 4Z ) — gen Seligkeit nöthigen Mittel. Es findet fich bey der Austheilung der Gnade und Gaben Gottes eine ge¬ wisse Ordnung, die höchst billig und weise ist, er theilet sich einer Seele, welche ihm mit Eifer dienet, in einem weit größer» Maße mit; hingegen ist es aber auch billig, daß eine laue und trage Seele, die ihrem Gott auf eine nachlaßige und verdrossene Art dienet, seine Gnaden nicht so häufig empfange, daß Gott ihr weiter nichts, als seinen allgemeinen Beystand ertheile, und sie ihrer eigenen Schwachheit überlasse. Nun hat aber eine träge Seele, welche dieser Salbung der Gnade beraubet ist, weiter nichts mehr für sich, als die Schwere des Joches ohne die Trö¬ stungen, die es lindern. Alle Pflichten der Gottse¬ ligkeit werden ihr unschmackhaft, alle gottselige Handlungen verdrüßlich, und ihr Gewissen, welches 'wegen ihrer Kaltsinnigkeit und Treulosigkeit ganz un¬ ruhig und bestürzt ist, läßt sie in dem Dienste Got¬ tes keinen Frieden und keine Freude mehr verspüren. Auf diese Art lebet der trage Mensch in der grö߬ ten Unruhe, erfüllt in Traurigkeit und Klcinmü- thigkeit, er wird des Ueberrestes der Tugend, die sein Herz nicht befriediget, überdrüßig, und wirft sich endlich in die Verzweiflung. Lehren. Ein jeder Mensch ist verbunden, nach der Voll¬ kommenheit seines Standes zu streben. Es ist einem jeden befohlen, und es ist eine wesentliche Pflicht für alle Menschen ohne Ausnahme, nach der Voll- ko m- -- ( 44 ) -- kommenheit zu streben, und sie zu erlangen zu su¬ chen :-,,Seyd vollkommen, sagt Jesus Christus, weil euer himmlischer Vater auch vollkommen ist." Matth. L, 48- Das Leben des Glaubens, welches Her Gerechte lebet, uud ein jeder leben soll, ist nichts anders, als ein ununterbrochenes Bestreben, ein fortgesetzter Eifer, daß das Reich Gottes in unserm Herzen möge vollkommen werden, es ist eine hei¬ lige Begierde, Gott von ganzem Herzen zu dienen, sich seinem Gesetze mit der genauesten Vollkommen¬ heit zu unterwerfen, ihm mit Eifer zu dienen, sei¬ nen Pflichten ämsig nachzukommen, an das Ge¬ schäft des Heils unermüdet Hand anzulegen. Erneuert euch demnach, meine geliebten Pfarr- kinder, ohne Unterlaß in dem Geiste eures Berufes, erwecket täglich durch das Gebeth, durch die Tödtuug der Sinnen, durch die Wachsamkeit über eure Lei¬ denschaften, durch eine öftere Zurückkehrung in euer Herz, den Eifer, Gott in allen Dingen treu zu seyu, und eure Seligkeit sicher zu setzen, damit ihr würdig seyn möget, die Krone zu erhalten , die de¬ nen verheißet» ist, welche ritterlich und eifrig kam- vfe». Amen. Vierte Abhandlung. b. Von de« sechs Sünden in den heiligen Geist. Unter die verschiedenen Gattungen der Sünden, unter welchen die sieben Hauptsünden den ersten Platz cinnehmen, gehören zum andern die Sünden in den heili- — ( 45 ) — heiligen Geist. Es sind derer sechs, die ich in der gegenwärtigen Abhandlung auslegen will. Welche sind die sechs Sünden in den heiligen Geist? Die sechs Sünden in den heiligen Geist sind i. Vermessentlich auf Gottes Barmherzigkeit sündigen. 2. An Gottes Gnade verzweifeln, z. Der erkannten christlichen Wahrheit wider¬ streben. 4. Seinem Nächsten die göttliche Gnade mißgönnen, und ihn darum beneiden. 5. Wider heilsame Ermahnungen ein verstock¬ tes Herz haben. 6. In der Unbußfertigkeit vorsätzlich verharren. WaS heißt in den heilige» Geist sündigen? In den heiligen Geist fündigen heißt, die Güte und Gnade Gottes, welche dem heilige» Gei¬ ste, als der Guelle alles Guten besonders zu¬ geeignet wird, mit vorfetzlicher Bosheit und Verachtung verwerfen. Dieses geschieht hauptsächlich und vornämlich durch die obcnbesagten sechs Sünden, darum wer¬ den sie auch mit dem besondern Namen, Sünden in den heiligen Geist genannt. Die Größe dieser Sünden können wir aus den Worten des Heylandes abnehmen, welcher sagt: "Diese Sünden werden weder in diesem , noch in dem andern Leben nachgelassen werden.,, Matth. 12, 2Z. welches nicht also verstanden werden darf, als könne man , indem man sich wider den heiligen Geist verf,ichiget hat, Leine Verzeihung hoffen, denn es gibt — ( 46 ) — gibt keine Sünde- wie sie immer Namen haben mag, die der unendlich barmherzige Gott nicht bereit ist, dem Sünder zu vergeben, wenn er aufrichtige Bu¬ ße darüber wirket. Sondern Warum wir- gesagt, daß die Sünde»! in den Herligen Geist schwer oder gar nicht, we¬ der in diesem noch in jenem Leben nach¬ gelassen werden? Man sagt: die Sunden in den heiligen Geist wer¬ den schwer oder gar nicht, weder in diesem noch in jenem Leben nachgelassen, weil g. nni- niglich ein solcher Sünder bis an das End mit Bosheit und Verachtung die Zeilsmittel von sich wirst. Wir wollen uns von dieser so schrecklichen Wahr¬ beit zu überzeugen suchen, indem wir diese Sünden selbst etwas genauer betrachten. "Vermeffentlich auf Gottes Barmherzigkeit sün¬ digen heißt; " eben deswegen sündigen , weil Gott barmherzig und geneigt ist, die Sünden zu vergeben. Es heißt, aus der unendlichen göttlichen Güte, wel¬ che einer der mächtigsten Beweggründe seyn sollte, Golt von ganzem Herzen zu lieben , und iym erge¬ ben zu seyn, Anlaß und Gelegenheit nehmen, ihn zu beleidigen. Es heißt weil Gott gut ist, böse seyn wollen. Wer sieht nicht ein, daß Gott nichts sosehr beleidiget» könne, als ein solches Betragen, wodurch seine bcwunderungs-und liebenswürdigste Güte auf die cbentheucrlichste Weife gemisbrauchet , und auf die gottesrauberische Art entheiliget wird. Dieses ( 47 ) "" Dieses vermessene Vertrauen ist aber auch in An--, sehung des Sünders ein sehr betrüglichesVertrauen- Ein solcher Sünder verläßt sich frecher Weise aufdie göttliche Barmherzigkeit, wahrend daß er sie täglich rnisbrauchet, ihrer beständig spottet, sie immer ver¬ achtet, und sich ihrer je langer, je mehr unwürdig machet. Kann wohl ein thönchters, ein nngegrün- deters Vertrauen erdacht werden. Was hat ein sol¬ cher Sünder gewisser zu befürchten, als daß ihn Gott in seinem Vertrauen werde lassen zu schänden werden, ach! wie viele Sünder, die sich auf eine vermessene Art auf die Barmherzigkeit Gottes ver¬ lassen haben, haben dieselbe nicht erlanget, sie sind mit ihrer Hoffnung endlich in die Verblendung des Geistes gefallen, das Maß ihrer Sünden ist er¬ füllet, ihr Herz verhärtet worden, ein gähcr und plötzlicher Tod hat sie überraschet, sie sind gestorben, eh sie mit Ernste um die Barmherzigkeit Gottes fle- heten, aufdie sie sich immer verließen. Gegen diese Sünde eines vermessenen Vertrau¬ ens gibt uns der weise Sprach eine nachdrückliche Warnung , die wir uns zu Nutze machen sollen. "Sprich nicht, sagt er, ich habe gesündiget, was ist mir denn Leids wiedcrfahren, denn der Allerhöch¬ ste ist ein geduldiger Vergelter. Sey nicht ohne Furcht der vergebenen Sünde halber, und Haufe nicht eine Sünde aufdie andere. Sage auch nicht, die Erbarmung des Herrn ist groß, er wird die Men¬ ge meiner Sünden verzeihen. Denn er kann so bald zornig als barmherzig werden, und sein Zoru sieht auf die Sünder. " Spr. s, 4, Z. 6. 7, Wir — ( 48 ) — Wir sollen uns der göttlichen Barmherzigkeit erinnern, auf dieselbe hoffen, und sie niemals aus unsrem Sinne kommen lassen. Diese Hoffnung ifi uns, die wir Sünder sind, höchst nvthwendig. Aber wir sollen, indem wir auf die Barmherzigkeit un- sers Gottes hoffen , zugleich vor seiner Gerechtigkeit zittern. Wir sollen, indem wir gesündiget haben, an die Güte Gottes uns erinnern, welcher geneigt ist, uns zu verzeihen. Wir sollen daran gedenken, nicht um unter diesem Vorwande in der Sünde zu verharren , sondern um uus dadurch aufzumuntern, zu ihm vermittelst einer aufrichtigen und schleunig¬ sten Buße zur ückzukehren , und uns beständig an ihn zu halten. In Wahrheit, meine geliebten Pfarrkin¬ der, der unendlich gütige Gott har uns bisher» ver¬ schonet , tausend und tausendmal haben wir gesün- diget, und dadurch seinen Zorn, die Hölle, ewige Strafen verdienet, er Hal aber die Streiche seiner Gerechtigkeit noch immer eingchalten, und seine Liebe läßt nicht nach uns zu rufen. Können wir au eine solche Güte unscrs Gottes gedenken, ohne ein zärtliches Gefühl der Dankbarkeit in uns zu empfin¬ den , können wir daran gedenken, ohne in dem Au¬ genblicke den Entschluß zu fassen, einen gegen uns so guten Gott nicht mehr zu beleidigen, ihn aufrich¬ tig und standhaft zu lieben. "An Gottes Gnade verzweifeln ist eine Sünde," die der vorigen gerade entgegen gesetzet ist, welche aber eben so groß , als sie ist. Denn gleichwie es Gott zu seiner äußersten Beleidigung gereichet, wenn man auf seine Barmherzigkeit vermcssentlich sündi¬ get, so ist die Beleidigung nicht geringer, wenn man — l 49 ) °- man nach begangener Sünde die Hoffnung aufgibt, jemals Verzeihung zu erlangen. Denn dieß heißt, glauben, daß unsere Sünden mächtiger sind, als die Gnade, als das Leiden, als die Genugtuun¬ gen des Sohnes Gottes Jesu Christi. Wer sieht nicht ein, daß eine solche Mepnung sehr gotteslästerisch, der Güte Gottes höchst schimpflich, und für dieBe- kehrung des Sünders ein grosses Hinderniß sey. Judas der Verräther Jesu, machte sich dieser Sünde schuldig. Nachdem er die Anstalten sah, die man machte, den Heyland um das Leben zu brin¬ gen, kam ihn ein Grausen an, daß er ihn verrathen hätte, und er gieng hin zu den Pharisäern und sprach: "Ich habe gesündiget, daß ich das unschul¬ dige Blut verrathen habe. „Sie aber sprachen: "WaS geht dieses uns an ! Da sieh du zu. „ Da er nun ssah, daß JesuS nicht mehr aus den Händen der Ju¬ den zu retten war, so nahm er die drepßig Silber¬ linge, um die er ihn verrathen hatte, warfselbe in den Tempel, machte sich davon , und gieng iu der Verzweiflung hin und henkte sich selbst. Matth. 27. Hüten wir uns, daß sich die Kleinmüthigkeit und die Verzweiflung unser niemals bemächtigen. So groß unsere Sünden auch immer seyn mögen, wenn ihre Zahl jene der Haare unsers Hauptes, und der Sandkörnlein am Ufer des Meeres überträfe, wenn wir gleich lange Jahre hindurch in Sünden und Lastern gelebt, so sollen wir dennoch nicht auf- hören, die Vergebung zu hoffen, weil die Erbar- mnngen Gottes unendlich sind, wkr sollen dieHoss- nung und das Vertrauen, Verzeihung mlserer'Sün- den durch die Gnade Gottes um der Genugthuuug Erklär. d.Ratechisin. V.Thl. D Jesu —- < AO ) — Jesu Christi willen, bey dem unendlich barmherzi¬ gen Vater zu erlangen, niemals aufgcven, jene heilige Hoffnung, jenes wahre christliche Vertrauen, welches uns anlreibet, unsere Sünden schmerzlich zu beweinen, und sorgfältig zu fliehen. "Der erkannten christlichen Wahrheit widerstre¬ ben heißt,,, wenn man die Wahrheit der christlichen Religion erkennet, und sie dennoch nicht annehmen will. Diese Sünde warf der heilige Stephanus den Juden vor. Stephanus, der voll der Gnade und Kraft war, wirkte unter den Juden große Wunder und Zeichen. Einige ans den Gelehrten ließen sich mit ihm in einen Worl-und Glaubensstreit em. Er über¬ zeugte sie von der Wahrheit der Lehre Jesu Christi so deutlich, daß sie ihm nicht widerstehen konnten. Aber anstatt die Wahrheiten anzunehmen, ergrim- meten sie wider ihn, stießen ihn zur Stadt hinaus, und steinigten ihn. Bey dieser Gelegenheit machte er ihnen den Vorwurf, daß sie dem heiligen Geiste rviderstrebeten: "Ihr Hartnäckigen und Unbeschnitte¬ nen an Herzen und Ohren , ihr habet dem heiligen Geiste allezeit widerstrebet, wie eure Väter, also auch ihr, „ Apostgesch. 6. und 7. Der Glaube, das ist, die Erkenntniß und der Beyfall der von Christo geoffenbarten, von den A- posteln gepredigten, und in der Kirche allezeit rein erhaltenen christlichen Wahrheit ist der Anfang, der Grund , und die Wurzel unserer Rechtfertigung und unsers Heils. Danken wir Gott dem heiligen Geiste, daß wir von der Wahrheit der christlichen Religion überzeuget sind, denn es ist das Werk seiner Gna¬ de, ohne die wir diese Wahrheit nicht erkennen, noch -7- ( Li ) noch auch davon überzeugt seyn würden. Bitten wir ihn inständigst, er wolle, nachdem wir diese Wahr¬ heit durch seine Gnade angenommen haben, es auch verhindern, daß wir die entsetzliche Bosheit nicht begehen, und der einmal erkannten und angenom¬ menen Wahrheit des Glaubens widerstreben oder sie verlassen. Der erkannten christlichen Wahrheit widerstreben heißt aber nicht nur, sie nicht annehmen, sondern auch sie nicht ausüben. Und in diesem Verstände sind vielleicht wenige aus euch, die sich dieser Sünde wider den heiligen Geist nicht schuldig gemacht hät¬ ten. Ihr gebet euch als Schüler und Bekenner der christlichen Wahrheit aus, findet ihr aber auch wohl an dieser Wahrheit einen Geschmack, seyd ihr wirk¬ lich und im Ernste geneigt, sie auszuüben, richtet ihr euren Wandel darnach ein, stimmen eure Sit¬ ten mit ihr überein , gebet ihr zu erkennen, daß ihr von der christlichen Wahrheit überzeuget seyd, in¬ dem ihr euer Kreuz willig auf euch nehmet, euch selbst verläugnet, der Eigenliebe'widerstehet, euer Fleisch abtödtet, eure Leidenschaften bezähmet, das Unrecht vergesset, Böses mit Gutem vergeltet, wenn ihr von allen diesen Hauptstücken, der christlichen Wahr¬ heit keine ausübet, heißt das nicht derselben wider¬ streben. Lasset uns diesen so wichtigen Fehler mit Ernst verbessern , und den heiligen Geist bitten , er wolle uns durch seine Gnade unterstützen, damit wir, gleichwie wirSchülerseinerWahrheit demBekenntm sie nach sind, also auch der Ausübung nach seyn mögen. "Seinem Nächsten die göttliche Gnade mißgön¬ nen und ihn darum beueiden. „ Gleichwie es einen D s Neid — ( L2 ) — Neid gibt, der dem Nächsten die irrdische Güter mi߬ gönnet, und der eine der Hauptsünden ist, so gibt es auch einen Neid, der dem Nächsten die göttliche Gnade und die geistlichen Güter mißgönnet, und welchceine Sündewiderden h. Geist ist. Dieser Neid ist eine weit grössere Sünde, als der andere, weil die Güter der Gnade weit kostbarer sind, als die Güter des Glückes. Diese Sünde begieng Kain der älteste Sohn A- dams, an seinem Bruder Abel. Abel beschäfftigte sich mit derMehzncht,und Kain mitdem Ackerbau.Bey- de opferten eines Tages dem Herrn von dem, was sie gezogen und angcbauct hatten. Kain brachte dem Herrn Gaben von den Fruchten der Erde. Abel opfer¬ te von den Erstlingen seiner Heerde und von ihrem Fett. Die Opfer des Kain gefielen dem Herrn nicht, wohl aber die.Opfer des Abels. Kain beneidete sei¬ nen Brnder des Wohlgefallens wegen, welches Gott gegen dessen Opfer bezeigte, er ergrimmete vor Neid, sein Angesicht fiel ein, und er entschloß sich sogar ihn zu tödten. Gen. 4. Wenn wir sehen, daß unsere Nebenmenscheü häufigere Gnaden von Gott erlangen, als wir, mit mehr geistlichen Gütern beschenket werden, als wir, so müssen wir uns darüber erfreuen, und ihnen da¬ zu von Herzen Glück wünschen, dieß ist Pflicht der Liebe, welche uns befiehlt, daß wir uns über die Wohlfahrt unsers Nächsten, sie mag den Leib oder die Seele betreffen, erfreuen sollen. Wir müssen be¬ denken, daß Gott die geistlichen Güter eben so wohl, wie die irrdischen nach seinem allerhöchsten Willen und Wohlgefallen^ustheile, und seine Austheilun- unend« — ( LZ ) — unendlich weift, heilig und gerecht sey. Wir müssen uns überzeugen, -aß die häufigen geistlichen Güter, womit Gott einige besonders beschenket, Belohnun¬ gen ihrer Treue, ihrer Frömmigkeit, ihrer Tugen¬ den find, und uns aufmuntern, ihnen nachzufol¬ gen, damit wir uns dadurch geschickt machen, die Schätze der Gnaden Gottes zu empfange». "Wider heilsame Ermahnungen ein verstocktes Herz haben, „ heißt, den Einsprcchnngen Gottes, vermittelst derer uns Gott in das Herz redet, wider¬ streben , die Ermahnungen unserer Vorgesetzten in den Wind schlagen, wider diejenigen, die uns Gu¬ tes rathcn, aufgebracht werden , durch keine Züch¬ tigungen fich bessern lassen. Welches Eiend, welches Unglück für einen Men¬ schen, der fich in diesem Zustande befindet, die gött¬ liche Schrift liefert uns ein schreckbares Beyspiel ei¬ nes solchen Menschen in der Person des egyptischey Königs Pharao. Lasset mich es euch zu eurer War¬ nung und zu eurem heilsamen Schrecken erzählen. Das Volk Israel lebte unter -er Regierung dieses Königs in einer sehr harten Sklaverey. Gott wollte es davon befreyen. Er bedienete fich hierzu des Mop¬ ses. Da dieser einstens milden Schaafen in der Wü¬ ste am Berge Horeb weidete, erschien ihm Gott -er Herr in einem brennenden Dornbüsche, welcher, oh¬ ne zu verbrennen , brannte. Der Herr gab ihm Be¬ fehl, nach Egypten zu reisen , und dem Pharao zu gebiethcn, daß er das Volk Israel entlassen sollte. Mopses zog auf den Befehl des Herrn sammt seinem Bruder Aaron nach Egypten , gieng zum Kö- D Z "ig — < S4 ) — mg, und richtete ihm den göttlichen Befehl auS, -aß er die Israeliten entlassen sollte. Allein Pharao gehorchte nicht, sondern er plagte von jetzt an die Israeliten viel harter, als vorhin. Mopses und Aaron mußten das zweytemal zum Pharao gehen, und ihm den Befehl Gottes wieder¬ holen, daß er das Volk Israel entlassen sollte. Zum Beweise, daß dasjenige, was sie sagten, der Be¬ fehl Gottes sey, ward die Ruthe des Aarons in Ge¬ genwart des Königs in eine Schlange wunderbarer¬ weise verwandelt, und als die egyptischen Zaube¬ rer ihre Ruthen auch in Schlangen verwandelten, und dadurch das göttliche Wunder zu vereiteln such¬ ten, fraß die aus Aarons Ruthe gewordene Schlan¬ ge die andern auf. Alles dieses konnte aber den Pha¬ rao nicht bewegen, das Volk frey zu lassen. Gott suchte Egypten wegen dieser Verstockung ih¬ res Königs mit zehn entsetzlichen Plagen heim, erst¬ lich ward der Nilfluß in Blut verwandelt, und die Fische standen darinnen ab, das Wasser ward stin- ckend und niemand konnte davon trinken. Zweytens fanden sich eine unsägliche Menge Frösche ein, die alles auf dem Lande sowohl, als in den Städten bedeckten, und in den Häusern, Zimmern, und Ge¬ schirren herum hupften. Drittens kamen eine Men¬ ge beissender Schnacken, die Menschen und Viehe plagten, aller Staub des Landes ward Schnacken in ganz Cgyptenland. Viertens schickte Gott eine erstaunliche Menge Fliegen in die Häuser PharaonS und seiner Diener und über ganz Egyptenland, die alles verderbten. Fünftens ließ der Herr eine gräu¬ liche Seuche über alles Vieh kommen, woran alles Vieh — ( S5 ) "" Dich der Egyptier starb. Sechstens ließ er die Pe¬ stilenz über die Menschen kommen. Siebentens schick- ! te er Blitz nnd Hagel, der alles aufdem Felde dar¬ nieder schlug. Achtens ließ er Heuschrecken kommen, die alles verzehrten, was vom Hagel nicht erschla¬ gen war. Neuntens bedeckte er das ganze Land mit einer dicken Finsterniß , die drey Tage lang dauer¬ te, so, daß keiner den andern sah , noch keiner von dem Orte, wo er war, Weggehen konnte. Bey al¬ len diesen Plagen blieb des Pharaons Herz verstockt, und er entließ das Volk nicht. Da Mopses dem Pharao die zehnte Plag an- kündigte, befahl er den Israeliten, sie sollten in je¬ der Haushaltung ein Lamm schlachten, mit dem Blu¬ te des Lammes die Posten der Hausthüren bespren¬ gen, das Lamm aber braten, und auf den Abend > aufesscn, damit sie auch von dieser letzten Plage, wie von den vorhergehenden, womit Gott die Egyp¬ tier schlug, befreytblieben. In derselben Nacht töd- keke der Herr in ganz Egypten alle Erstgebohrnen von Menschen und Vieh , den Erstgebohrnen des Königs bis auf den Erstgebohrnen der geringsten Sklave«. Pharao schickte noch des Nachts zu Mopses und Aaron, und befahl ihnen , mit allen Israeliten, mit Weibern, Kindern, nnd allem Viche fortzuziehen. Die Israeliten zogen hinauf in aller Eile aus Egyp¬ ten fort. Es waren ihrer an der Zahl sechsmal hun¬ dert tausend, ohne Weiber und Kinder. Kaum aber waren sie fort, so reute es den Pha¬ rao schon wieder, daß er sie hat wegziehen lassen. Er eilte ihnen mit seinem ganzen Kriegsheere nach und holete sic bey dem rothen Meere ein. Da die D 4 Israeli- — c Z«) — Israeliten das rotheMeer vor sich, und das Kriegs- Heer des Pharao hinter sich hatten , so würden sie in ihre alte Sklaverey haben zurückgehen müssen, wenn nicht Gott sie durch ein neues Wunder gerettet hätte. Mopses schlug mit seiner Ruthe aufdas rothe Meer, und das Wasser theilete sich bis auf den Grund so weit voneinander, daß die Israeliten tro- kenen Fußes durch das Meer gehen konnten. Pha¬ rao eilete dem Volke Israel nach, allein da dieses am andern Ufer ausgetretten war, und Pharao mit seinem ganzen Heere noch mitten im Meere war, lief das Wasser auf einmal wiederum zusammen , und Pharao wurde mit seinem ganzen Heere, ohne daß ein einziger davon gekommen wäre, im Meere begraben. Dicß war die Strafe Gottes, die sich die¬ ser König dadurch zuzog, daß er gegen den höchsten Befehl Gottes ein verstocktes Herz hatte. Bitten wir Gott mit Vertrauen und Demuth, er wolle es gnädiglich verhüten, daß es mit uns nie¬ mals so weit komme, er wolle uns verleihen, daß wir uns wider heilsame Ermahnungen, die er uns selbst ins Herz redet, oder durch andere gibt, nicht verstocken, daß wir uns wider diejenigen nicht er¬ bittern, die uns Gutes rathen, daß wir es denjeni¬ gen Dank wissen, welche uns unsere Fehler entde¬ cken, und die Wahrheit sagen. "In der Unbußfertigkeit vorsätzlich verharre», ,, ist die letzte Sünde in den heiligen Geist. Man be¬ geht diese Sünde, wenn man seine Bekehrung und Lebensbesserung von einer Zeit zur andern, von der Jugend bis in das Alter, und vom Alter bis in den Lod verschiebet. Dieß heißt, die Zeit seiner Buße festsetzen. — t F7 ) — festseßen, die doch nicht in unserer Gewalt, sondern in der Hand Gottes steht. Es heißt, sich der Ge¬ fahr aussetzen, ohne Buße zu sterben. Dieses ist gemeiniglich das traurige Schicksal derer, die nicht eher, als in der letzten Stunde sich zu Gott wenden wollen. Dieses ist die gerechte Strafe, die sich sol¬ che Menschen zuziehen, und welche ihnen der Hey- land bedrohet, da er spricht: "Ich gehe hinweg, und ihr werdet mich suchen, und in eurer Sünde sterben. ,, Joh. 8, 21. Und kann wohl eine grössere Blindheit seyn, als diejenige ist, die man begeht, indem man von sei¬ nem bösen Leben nicht eher abstchen will , als bis man den Tod vor Augen sieht, denn meine gelieb¬ ten Pfarrkiuder , wer hat uns versichert, daß wir im Tode so viel Zeit haben werden, als uns nölhig seyn wird , eine wahre Buße zu wirke», sind wir vergewisset, daß wir nicht plötzlich sterben werden, Horen wir nicht alle Jahre , daß da einer am Essen ersticket, dort ein anderer ersoffen , dieserden Hals gebrochen, jener vom Schlage getroffen worden, wer kann uns gut dafür seyn, daß wir nicht auch auf eine plötzliche Art unser Leben verlieren werden, wie blind sind wir also nicht, wenn wir unsere Buße, von der unsere Seligkeit abhängt , Huf eine so un¬ gewisse Sache, als in Ansehung unser die zuküuftjs ge Zeit ist, und auf welche wir uns vernünftiger Weise nicht die geringste Rechnung machen können, setzen. Gesetzt aber auch, daß wir in unserm Tode die Zeit haben werden, Buße zu chun, werden wir un¬ wohl dieselbe zn Nutze machen? ach les ist eine Wahr- D L heit. — ( F8 ) — heil, welche durch vielfältige Beyspiele bestätiget ists -aß Leute, die sich immer auf die Buße im Todes- bette verlassen, wenn sie darauf kommen, in die Verzweiflung fallen. Können wirunsgut dafürstyn, daß dieses bey uns nicht geschehen werde. Lehren. Da ihr nunmehro wisset, was es heisse, wi¬ der den heiligen Geist sündigen, so hütet euch davor. Wenn euch der Teufel zur Sünde reihet unter dem vermessenen Vorwande, daß Gott barmherzig sey, so denket, daß dieser Gott um somehr geliebt zu werden verdienet, je barmherziger er ist. Habet ihr das Unglück gehabt zu sündigen, so bedenket, daß ihr wider einen Gott gesündiget, der geneigt ist, sich alle Augenblicke mit euch auszusöhnen. Da es das Werk der Gnade des heiligen Geistes ist, daß ihr die christliche Wahrheit erkennet, so danket ihm mit der ganzen Inbrunst eures Herzens für diese Gnade, suchet diese Kenntniß täglich vollkommener zu machen, und nach demselben zu leben, lasset euch die reichlicheren Gnaden, womit ihr andere Menschen überschüttet sehet, ihre hohe Stusse der Heiligkeit, kein Anlaß, sie zu beneide», sey», son¬ dern vielmehr ein Antrieb, ihnen nachzufolgen. Leffnet euer Herz allen heilsamen Ermahnungen, von wem sie immer kommen mögen, liebet und eh¬ ret diejenigen, die euch die Wahrheit sagen, die eu¬ re Fehler ahnden, die euch Gutes rathen, die euch warnen, liebet sie als eure beßten Freunde, denn wer ist wohl ein besserer Freund, als der das Beßre un- — ( 59 ) — unseres Heils suchet, lasset euch endlich angelegen sey», eine baldige Buße zu thuu. Bedienet euch hier¬ zu der Zeit, die ihr habet, und verlasset euch nicht auf eine zukünftige, die ihr vielleicht nicht haben werdet. Bittet zu dem Ende den heiligen Geist um seine Gnade, damit ihr diese heiligen Eukschließnn- gen glücklich zu Stande bringen, und niemals da¬ von abweichen möget. Amen. Fünfte Abhandlung. c. Von den hiev himmelschreyenden Sünden. Unter die verschiedenen Gattungen der wirklichen Sünden gehören auch noch die sogenannten himmel¬ schreyenden Sünden, von welchen die gegenwärtige Abhandlung seyn wird. Welche stnd dis Vie« himmelschreyenden Sünden? Die vier himmelschreyenden Sünden sind: i. yorsetzlicher Todschlag. 2. Die stumme oder sodomitischs Sünde, z. Die Unterdrückung der Armen, Wittwen und Waisen. 4. wenn man den verdienten Liedlohn de» Arbeitern und Taglöhnern vorenthält und entzieht. Warum Heißt man diese vier Sünden Himmel- fchreyende Sünden? Diese Sünden heißt man himmelschreiende Sün¬ den: i. weil von feder derselben in der hei¬ ligen Schrift, wenn davon die Rede ist, aus-- drück- »»»— ( 60 ) örncklich gesagt wird, daß sie in dem Kim¬ mel um Aache schreien. 2- IDeil dadurch dis göttliche Gerechtigkeit ganz besonders zur Be¬ strafung bewogen wird. Wir wollen über eine jede dieser Sünden eine kurze Betrachtung anstellen. Vorsetzlicher Todschlag ist eine Sache, worüber die Natur sich selbst entse¬ tzet, und es ist unbegreiflich, wie ein Mensch den andern vorsetzlichcrweise ums Leben bringen könne. Das Leben ist das größte Gut des Menschen, ihn darum bringen, heißt ihm einen Schaden zufügen, der nicht mehr gut gemacht, nud durch nichts ersetzet werden kann. Der Todschlag ist folglich die aller¬ größte Ungerechtigkeit, d'e man gegen seinen Näch¬ sten begehen kann, der Todschlag ist ein offenbarer Eingriff in die höchsten Rechte Gottes, der allein Herr über daS Leben der Menschen ist; es ist eine Sünde, für welche man die gewißeste Rache von Gott zu fürchten hat. Das verspritzte Blut des von uns nngerechtcrweise Getödteten wird von der Erde gen Himmel fchrepen, und Rache fordern: „Die Stimme des Blutes deines Bruders schreyet von der Erde zu mir, spricht Gott zu dem Brudermörder Kain." Gencs. 4, 10. Diese göttliche Rache äußert sich vielfältig noch bey Lebszeiten des Todschlägers, sie wird sich aber dort in der andern Welt noch mehr und erschrecklicher äußern, wo er seine verübte Grau¬ samkeit in den Pcinen der Hölle wird büßen müssen. „Die Todschläger werden ihren Theil in dem Pfuhle haben, der mit Feuer und Schwefel brennet." Of¬ fenbar. 21,8. In- Indessen wird diese so erschreckliche Sünde ga^ ost begangen von zornigen, rachsüchtigen, unruhii- gen Menschen, Handel, die mit Schimpf-Schmach- und Lasierwort anfangen , und in Schlägereyen und Raufereyen ausbrechen, werden gar oft mit Mord und Tod geendiget. Nicht selten wird diese Sünde von gefallenen le¬ digen Weibspersonen begangen, die ihre unehelichen Kinder entweder vor oder nach der Geburt umbrin¬ gen. Was kann denn die zarten Mutterherzen zu so einer erstaunlichen Grausamkeit, die keine Löwen , und keine Lieger begehen, abharten, daß sie in ihr ei¬ genes Eingeweide wüthen, »ödten, was sie gebohren haben, und vielleicht noch vor der Geburt, und so die Frucht ihres Leibes nicht nur um ihr leibliches , sondern auch um ihr geistliches Leben bringen, da¬ mit sie auf eine doppelte Art Mörderinnen werden. Es geschieht dieses gemeiniglich aus einer übel an- gewendcten Schamhaftigkeit, auS Furcht eine Hure zu heißen, und verachtet zu leben. Kinder zur Welt gebühren, und groß ziehen , die mau in Unehren empfangen hat, das ist nicht unehrlich, nicht schimpflich, aber Hurerey begehen, das ist unehrlich, das müsset ihr, ihr ledigen Per¬ sonen, euch zu thun schämen, dazu brauchet eure Schamhaftigkeit, die euch von der Natur gegeben ist. Hütet euch, daß ihr keine Unkeuschheit begehet, so wer¬ det ihr keine uneheliche Kinder zur Welt bringen , ihr werdet nicht versuchet werden, eine auf diese Art empfangene Leibesfrucht durch unerlaubte Mittel ab- jukreiben , in euer eigenes FleW und Blut zu wü- then, — ( 62 ) — rhen, und eine Sünde zu begehen, die wider euch in dem Himmel um Rache schreyet. L! dürfte doch der Himmel niemals mehr eine solche Bosheit anschauen, daß ein Mensch den an¬ dern umbringt, wenn doch die Erde nimmermehr Menschenblut trinken dürfte, wenn doch den Men¬ schen das Menschenbluk eben so kostbar wäre, als dem Himmel! Der allerhöchste Gott wolle es doch gnädig verhüten, daß wir es niemals wagen, uns an dem Leben eines Menschen zu vergreifen, einen Menschen umzubringen, der ein lebendiges Bild der Gottheit ist, einen Menschen, der mit uns einen Vater, der im Himmel ist, einen Schöpfer, einen Erlöser hat, einen Menschen, -er unser Bruder ist. Die zwepte der himmelschreyenden Sünden ist die stumme und sogenannte sodomitische Sünde. Eine Sünde, die ihren Nar'nen von Sodoma hat, wo dieses unnatürliche Laster der Unkeuschheit getrieben wurde, wie uns Moses dieses bezeuget, wenn er sagt: ,,Das Geschrey derer zu Sodoma und Go¬ morrha hat sich gemehret, und ihre Missethat ist über . die Massen schwer geworden." Genes. iZ, 20. Ich will von einer so abscheulichen Sünde, als diese ist, nicht reden, an die zu denken un- schon grauen soll. Lasset uns aber hören, wie es um dieser Sünde we¬ gen der Stadt Sodoma, «nd den benachbarten Städten ergangen ist. Zween Engel kamen am Abend gen Sodoma , da Loth unter dem Thor der Stadt saß. Da er sie sah, stund er auf, gieng ihnen entgegen, und bath sie, bei) ihm einzukehren, und zu übernachten. Da es Morgen frühe geworden, kündigten diese Engel dem i Ü.Z ) dem Lvth ven nahe bevorstehenden Untergang der Stadt Sodoma und der benachbarten Städte an, sie ermahnten ihn, er solle mit seinem Weibe, und seinen zwo Töchtern sich eilends aus der Stadt machen. Da er ein wenig verzögerte, nahmen die bepden Engel ihn- sein Weib, und seine zwo Töchter bey der Hand, und führten sie zur Stadt hinaus; da sie aus der Stadt hinaus waren, fiel ein feuriger Regen über Sodoma und die benachbarten Städte, Gomor¬ rha, Adama, und Seboim herab, der dieselben bis in de» Gnmd verzehrte, so, daß jetzt ein See ist, wo vorhin diese Städte waren. Genes. 19. Unterdrückung der Armen, Wittwen und Wai¬ sen ist die dritte himmclschreyende Süude. Diese überaus große Sünde begehen diejenigen, welche die Armen unbilliger Weise kränken, die Wittwen drü¬ ben, und die, Waisen um das Ihrige bringen. Von dieser Sünde spricht der weise Sprach: ,.Fließen 'licht die Lhränen der Wittwen die Backen herab, und geht nicht ihr Geschrei) über den, der sie heraus dringt, sie steigen von den Backen hinauf bis zum Himmel, und der Herr, der sie erhöret, wird kein Wohlgefallen daran haben/' Svr. ZF, 18. »y. Iesaias der Prophet zählet diese Sünde unter diejeni¬ gen, wegen welchen er den Zorn Gottes über Juda und Jerusalem verkündet: ,.Denn Fürsten, spricht Er, sind untreu und Diebsgefellen, dem Waislein schaffen sie kein Recht, und der Wittwe Sache kömmt nicht für sie." Jesa. i, 2Z» Lasset uns, meine geliebte» Pfarrkinder, die fürtreffliche Ermahnung vernehmen, die uns der weise Sprach gibt, sie tief in unser Herz einprägen, und — < 64 ) — und sie genau befolgen: „Mein Sohn, sagt er, entzieh dem Armen das Allmosen nicht, und wende deine Augen nicht von dem Dürftigen. Die hungrige Seele verachte nicht, und betrübe niemand in seiner Armuth. Betrübe nicht das Herz , welches Elend und Noch leidet, und verzieh dem Dürftigen die Ga¬ be nicht. Wende deine Augen nicht von dem Dürfti¬ gen um des Zorns willen, damit du ihm nicht Ur¬ sache gebest, heimlich über dich zu klagen. Denn, wann er in Bitterkeit und Unmuth über dich klaget, wird sein Gebekh von dem, der ihn gemacht hat, erhöret. Neige ohne Unmnth dem Armen dein Ohr, gib ihm, was du schuldig bist, und antworte ihm friedlich in Sanftmüthigkeit, sey den Waisen im Gerichte gnädig, wie ein Vater, so wirst du sepn, wie ein gehorsamer Sohn des Allerhöchsten, der wird sich deiner mehr erbarmen, als eine Mutter." Syr. 4, 1. is. - Der heilige Jakobus schreibet: „Es ist ein rei¬ ner ulrd unbefleckter Gottesdienst bey Gott und dem Vater, die Waisen in ihrer Trübsal zn besuchen." Jak. r, 27. Hieraus folget nun, daß der ange¬ nehmste Dienst, den man Gott erweisen kann, dar¬ innen bestehe, daß man den Waisen, den Wittwen, und Armen Gutes thue, und daß man keine Reli¬ gion besitze, wenn man keinen Eifer des Mitleidens, der Zärtlichkeit und der Barmherzigkeit gegen diese Bedürftigen hat. Was die Waisen betrifft, so ist es hauptsächlich die Pflicht derjenigen, die als Waisenvögte angestel- let sind, für sie zu sorgen; es ist ihre Pflicht, für ihre Erziehung zu sorgen, sie in dem CbristenthnM r» — l 65 ) — zu unterrichten, ihnen gute Sitten öeyzubringen, sie vom Bösen abzuhalten, ihre Sache getreulich zu verwalten, und sie nicht nur zu guten Christen, son- dern auch zu nützlichen Gliedern des Staates zn bilden. Die letzte himmelschreyende Sünde ist, wenn man den Taglöhnern, das ist denjenigen, die von der Arbeit ihrer Hände leben müssen, den verdien» le» Lohn entweder schmälert, und verkürzet, oder vorenthalt, sie lange auf die Bezahlung warten laßt, oder wohl gar sie zwinget, darum zu rechten. Erschreckliche Sünde! die der heilige Geist einem Todschlagc gleich halt: „Werseinen Nächsten seiner Nahrung beraubet, der sündiget, als schlüge er ihn zu tod, und wer einen Taglöhner seines Lohnes be¬ raubet, der ist eben wie ein Blutvergießen" Syr. Z4, 26. 27. Und von welcher der heilige Jakobus ausdrücklich meldet, daß sie gegen den Himmel um Rache schreyet: „Wohlan ihr Reichen, weinet und heulet über euer Elend, das über euch kommen wird. Euer Reichthum ist verfaulet, eure Kleider sind von den Motten gefressen.. Euer Gold und Silber ist ver¬ rostet, und ihr Rost wird Zeugniß über euch geben, und wird euer Fleisch wie ein Feuer fressen. Ihr ha¬ bet euch einen Schatz deS Zornes an den letzten Ta¬ gen gesammelt. Siehe, der Lohn der Arbeiter, die euer Land ciugeärntet haben, und von euch abge¬ brochen ist, der schreyet, und ihr Geschrcy ist für die Ohren des Herrn Sabsoth gekommen." Jak.5, a. 4. Nun wollen wir »och etwas von der letzten Gattung der wirklichen Sünden, welche die neun fremden Sünden sind, reden. Erklär, d. Ratechism. v, Lyl, G ä. Von — L 66 ) — 6. Von den neun fremden Sünden. Es gibt nebst den eigenen Sünden, das ist sol¬ chen, die man selbst begeht, auch fremde Sünden, das ist solche, die wir zwar nicht selbst begehen, deren wir aber schuldig werden, wenn wir andere dazu verleiten, oder solche nicht hindern, da wir es zu thun schuldig, oder im Stande sind, und auf die wir einen mittel - oder unmittelbaren Einfluß haben, indem wir Ursache sind, daß sie von andern began¬ genwerden. Dieses geschieht hauptsächlich aufneuner- ley Art; dahero gibt es auch neun fremde Sünden. Welches find die neun fremden Sünden ? Die neun fremden Sünden sind: r. Zur Sünde rathen. 2. Ändere heißen sündigen, z. In anderer Sünde einwilligen. 4. Andere zur Sünde reitzen. s. Anderer Sünde loben. 6. Zur Sündestillfchweigen. 7. DieSünden nicht strafen. 8. An denselben Theil nehmen. 9. Dieselbe vertheidigen. Was diese Sünden angeht, so habet ihr, meine geliebten Pfarrkinder, ganz gewiß eben so viele Ur¬ sache, Gott demüthig und reumüthig mit dem Kö¬ nig David zu bitten: „O Herr! reinige mich von meinen verborgenen Sünden, und verschone mich um der fremden wegen." Psalm iZ, iz. 14. Ach! vielleicht sind eben die fremden Sünden unsere schwe- reste Last, und dasjenige, was unser Gericht schreck¬ lich machen wird. Es ist sehr viel daran gelegen, daß ihr dießfalls euer Gewissen genau untersuchet. Habet ihr niemals zur Sünde Rath oder Befehl ge¬ geben? — ( 67 ) — geben? Ist euch niemals eine ausdrückliche Einwil¬ ligung in die Sünde abgclocket oder abgetrotzet wor¬ den? Habet ihr niemals TheU an der Sünde eines andern genommen? Habet ihr niemals durch euren Bcyfall, durch euer Zureden, und durch eure Auf¬ hetzungen andern Mnth gemacht, böse Streiche zu unternehmen? Habet ihr ihnen niemals Mittel vvr- geschlage», oder Gelegenheit an die Hand gegeben, ihre bösen Thaten auSzuführeu? Habet ihr niemals andern die Wege gezeiget, um zu ihrem bösen Ziele zu gelangen? Habet ihr niemals das Böse gut, und das Gute bös geheißen? Habet ihr niemals das Verbrechen eines Bösewichtes vertheidiget? Habel ihr euch niemals eines ungerechten Handels ange¬ nommen? Lasset uns in dieser so nützlichen Erforschung fortsahren. Habet ihr niemals andere mit harten, und unbilligen Begegnungen, durch unbillige Vor¬ würfe, durch beissende Stichelreden, durch AuShöhnun- gen zum Zorn, zum Fluchen nnd Lästern gebracht? Habel ihr niemals durch unvorsichtiges Reden, durch Schwätzerepen, durch Dhrenblasen unter andern Leu¬ ten Händel gestiftet? Habet ihr niemals durch freche Reden, durch ausgelassene Gebärden, durch einen ärgerlichen Aufzug in der Kleidung andere zu bösen Begierden gcreitzet? Wie vielmal hättet ihr das Bö¬ se bep andern verhüten können, und ihr habet es nicht gethan? Wie vielmal hattet ihr einen angezettelken Streit verhindern und machen können, daß es nicht zu Thatigkeiten gkkommcn wäre? Wie vielmal haltet ihr die Sünden an den eurige« strafen sollen, und ihr habet es unterlassen? Wie oft habet ihr d en Aus^ E 2 schwei- °- ( 68 ) — schweifuugen eurer Kinder, Dienstbothen und Unter¬ gebenen durch die Finger gesehen? Ihr wußtet den Lösen Umgang, den sie hatten, die bösen Gesellschaf¬ ten, die sie besuchten, ihr nächtliches Ausbleiben aus -em Hause, und ihr habet dazu stillgefchwiegen, eure Nachsicht hat sie beherzt gemacht, sie haben sich auf eure Nachgiebigkeit gesteifet, und sie sind öffent¬ lich, und ohne Scheu ruchlos geworden, weil sie von euch nichts zu befürchten hatten. Wie vielmal hattet ihr durch liebreiche Ermahnungen, durch freund¬ schaftliches Zureden es bey eurem Nebenmenschen dahin bringen können, daß er dem Bösen abgestan¬ den wäre? Wie vielmal hättet ihr eines andern Ver¬ brechen, Frevel, Ungerechtigkeit entweder aus Liebe des Dritten, der dadurch Schaden litt, oder aus Amtspflicht bey der Obrigkeit anbriugen sollen? Er¬ forschet euch selbst weiters, wie ihr in Ansehung der fremden Sünden vor Gott bestehet, erforschet euch genau, ob ihr jederzeit und in allen Umständen, w» jhr es gekonnt hättet, das Böse zu hindern gesucht habet. Eine Pflicht, welche so streng ist, daß euch nichts davon entschuldigen kann. Warum ist man verbunden das Vose zu hindert» wenn man kann? Man ist verbunden, wenn man kann, das Bost zu hindern, l .aus schuldiger Liebe gegen Gott, der durch die Sünde beleidiget wird; 2. aus Liebe des Nächsten, der durch Sündigen sich schadet; z, auch zum öftern aus Pflicht seines Standes. Wir — ( 69 ) -- Wir sind schon allein darum, daß wir Gottes Geschöpfe, und zu seiner Ehre, und ihn zu lieben erschaffen sind, verpflichtet, bey jeder Gelegenheit, seine Ehre, seinen Dienst zu befördern, und alles , was demselben zuwider ist, und ihn beleidiget, zu ver¬ hindern. Unsere Trägheit und Gleichgültigkeit in die¬ sem Stücke ist ein offenbares Zeichen, daß wir die Liebe Gottes nicht haben; jene eifrige Liebe, welche nicht zufrieden , daß sie ihm dienet, sondern auch trachtet, daß ihm von andern gkdienet werde. In der Thal, wenn wir auf diese Weise im Dienste des Fürsten verführen, wenn wir jede Beleidigung, die mau ihmanthäte, ganz gleichgültig ansahen, bey jedem Betrüge stillschwiegen, jede Verachtung seiner Gesetze nicht miSbilligten, wenn wir bey jeder Auf¬ ruhr, die wider ihn augezettelt würde, uns keine Mühe gaben, sie zu hindern , glauben wir wohl, der Monarch würde mit uns zufrieden seyn, er würde unS für treue Untcrthanen halten? Wie können wir uns nun aber bereden, Gott werde unsere Gleich¬ gültigkeit nicht verdammen? Hat sie Jesus Christus in dem Evangelium nicht schon verdammet? Hat er sich nicht deutlicherklaret, daß diejenigen, die nicht mit ihm sind, wider ihn sind, daß, wer nicht für seine Ehre eifert, seine Beleidigung nicht zu hindern suchet, sein Freund nicht sey, ihn nichtliebe? „Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich." Luk. r i, 2Z. Es ist also Pflicht der Gott schuldigen Liebe, daß mir, so viel in unfern Kräften steht, zu verhindern suchen, daß er von andern nicht beleidiget werde. Es S 2 — ( 7 Fesseln dieses Leibes aufgelößt, uud mitJesuChrk« sto zuseyn. „ Philipp, r, LZ. Es wäre fehranzurathen, daß.man täglich Glan- be Hoffnung, und Liebe erweckte Dieses könnte sehr füglich Abends vor dem Schlafengehen geschehen. Seine päbstliche Heiligkeit Benedikt der Xlll. hat um uns dazu aufzumuntern, allen, und jeden, welche diese drey göttlichen Tugenden erwecken, so oft, und mit was immer auch für Worten solches von ihnen geschieht, wenn nur der eigentliche Be¬ weggrund des Glaubens, der Hoffnung, und der Liebe genugsam ausgedrücket wird, einen Ablaß auf heben Jahre verliehen. Wenn aber jemand sich einen ganzen Monat hindurch in diesen dreyen göttlichen Tugenden übet, dabep auch einmal beichtet und kom- muniziret, erlanget er nicht nur allein zu solcher Zeit, sondern auch in der Sterbstnnde vollkomme¬ nen Ablaß , welchen er entweder sich selbst oder den armen Seelen in dem Fegfeuer zueignen kann. Alles dieses hat auch Benedikt der XlV. im Jahre 1756. bestattigct. Wie kann man den Glauben erwecken? Ma« kann den Glauben folgendermassen erwecken. ''Ich glaube an dich wahrer dreyciniger Gott, Va¬ ter, Sohn, und heiliger Geist, der du alles er¬ schaffen hast, der du alles erhältst , und regie¬ rest , der du das Gute belohnest, und das Böse bestrafest. Ich glaube, daß der Sohn Gottes Mensch geworden ist, um uns durch seinen Tod am Kreuze zu erlösen, und daß der heilige Geist durch seine Gnade uns heiliget. Ich glaube und J s bekenne < 84 - Vrkenne alles . was du oGott! gcoffcnbarethast, was Jesus Christus gelehret, was die Apostel g'e- »redigct haben, nnd was die heilige römische, ka¬ tholische Kirche uns zu glauben verstellet. Dieses alles glaube ich, weil du o Gott! die ewige und unendliche Wahrheit und Weisheit bist, welche weder betrügen, noch betrogen werden kann. O Gott! vermehre meinen Glauben. „ Wie kann man dis Hoffnung erwecken? Man kann die Hoffnung auf folgende Weise er¬ wecken. "'Ich hoffe und vertraue auf delne unendliche Güte und Barmherzigkeit, o Gott! daß dn mir durch die unendlichen Verdienste deines eingebohrnen Sohnes Jesu Christi in diesem Leben die Erkennt- niss, wahre Reue und Verzeihung meiner Sünde« «riheilen, nach dem Tode aber die ewige Selig' keit geben, und verleihen wirst, dich von Ange¬ sicht zu Angesicht zn sehen, und zu lieben, und ohne Ende zu genießen. Ich hoffe auch von dir -ie nöthige» Mittel alles dieses zu erlangen. Ich hoffe es von dir, weil du es versprochen hast, der du allmächtig, getreu, unendlich gütig und barmherzig bist. OGott! stärke meine Hoffnung.,, Wie kann man die Liebe erwecken? Die Liehe kann man auf folgende Art erwecken ,"O mein Gott! ich liebe dich aus ganzem meinem Herzen, über alles, weil du das höchste Gut, weil du unendlich vollkommen , und aller Liebe würdig bist, auch darum liebe ich dich , weil du gegen — ( 8L ) —— gegen mich und alle Geschöpfe höchst gütig bist. Ich wünsche von ganzem Herzen, daß ich dich eben so sehr lieben mochte, wie dich deine treuesten Diener lieben, und geliebet haben, mit derer Liebe vereinige ich meine unvollkommene Liebe,- vermehre sie in mir, o gütigster Herr! immer mehr und mehr. Weil ich dich nun aufrichtig, und innigst zu lieben wünsche rmd eS zu thun mich ernstlich bestrebe, so ist es mir von Herzen leid, daß ich dich mein höchstes Gut, welches ich über alles liebe, dich meinen Schöpfer, Erlöser, und Hei¬ ligmacher erzürnet habe, cs schmerzet mich, daß ich gesündiget, daß ich dich meinen allmächtigen Herrn, meinen beßtcn Vater beleidiget habe. Ich nehme mir ernstlich vor, alle Sünden sammt al¬ len bösen Gelegenheiten zu meiden, die vergan¬ genen Miffethaten mehr und mehr zu bereuen, und niemals gegen deinen heiligsten Willen zn handeln. Nimm mich wieder zu deinem Kinde auf, und gib mir die Gnade zur Erfüllung dieses mei¬ nes Vorsatzes. Darum bitte ich dich , durch die unendlichen Verdienste deines göttlichen Sohnes unsers Herrn und Erlösers Jesu Christi.,, Man kann diese göttlichen Tugenden auch noch ans andere theils weitläufigere, theils kürzere Arten erwecken. Lasset uns nunmehrv diese Abhandlung beschließen. Lehren. Meine geliebten Pfarrkinder, je fester ihr an je¬ ne Wahrheiten glaubet^ die euch Gott geoffenbare; FZ hat, — ( 86 ) — hat, je lebhafter ihr jene unaussprechliche Beloh¬ nung verlanget, die der liebreiche Gott euch ver¬ spricht, und je mehr ihr Gott liebet, der von uns über alles will geliebet werden, desto mehr werdet ihr eurem Gott in Heiligkeit und Gerechtigkeit die¬ nen. Bittet demnach Gott inständigst, daß er diese Tugenden, die er euch in der h. Taufe geschenkcthat, in euch erhalten und vermehren wolle. Befleißet euch durch öftere Uebnng, dieselben in euch zu erhalten, und immer vollkommener zu machen. Erncuret öf¬ ters euren Glauben an das Daseyn Gottes an allen Orten . an seine Erforschung auch der geheimsten Gedanken unserer Herzen, an feine Heiligkeit, wel¬ che alle Laster hasset, an feine Gerechtigkeit, wel¬ che das Böse strafet. Gedenket öfters an das ewige Leben, welches euer letztes Ziel ist, saget mehrma- len zu euch selbst, nachdem die wenigen Tage, die ich hier auf der Erde zuzubringe« habe, werden für- über fehn, fangt ein anderes Leben an, welches nie ein Ende nehmen wird, Es wird über kurz der Lag kommen , an dem mich Gott von dieser Welt abru- fen wird, um entweder ewig glücklich, oder cxvig un¬ glücklich zu seyn, je nachdem ich ihm gedienet oder nichtgedienethabe. Ach! wenn diese wichtigen Wahr¬ heiten in euren Herzen einmal Wurzel gefaffet ha¬ ben , so werden sie euch stets ans dem rechten Me¬ xe erhalten, und euch schleunigst wieder dahin zu- rückführcn, wenn ihr etwa davon abweichen solltet. Ermuntert euch öfters mit der Hoffnung des Himmels, und machet euch selbst Muth, diese so un¬ aussprechliche Belohnung einstens zu erhalten. Sa¬ get und sprechet zu euch selbst, der Himmel , wel¬ cher — ( 3/ ) — cher das glückselige Reich Gottes ist, ist auch für mich gemacht, Gott selbst hat mir ihn verheissen, er'mitt , daß ich dahin gelange, und mich ewig in ihm erfreue. Ich bin versichert, daß dieser gütige und getreue Gott meiner warte^, und mir in seinem Hanse, wo er wohnet, und wo er seine Auserwahl- ten mit Freude und Herrlichkeit erfüllet, einen Platz bereitet habe. Dahin zu gelangen soll meine größte Bestrebung seyn. Ich will, um meine Hoffnung si¬ cher zu machen, von nun an meinen Gott über alles lieben, seine Gebothe genau halten, und mich in allem so verhalten, daß ich ihm gefalle, seiner wür¬ dig sey, und verdiene, ewig von ihm geliebet zu werden. Amen. Siebente Abhandlung. §. 2. Von den sittlichen Tugenden. d?ebst den dreyen göttlichen Tugenden, von denen ich in der letzten Abhandlung geredet habe, und wel¬ che unter allen die nothwendigsten und vortrefflich¬ sten , ja selbst der Grund und die Quelle aller übri¬ gen sind , gibt es noch verschiedene andere Tugen¬ den , die man sittliche Tugenden nennet. WaS sind sittliche Tugenden? Sittliche Tugenden sind jene, dadurch die Sitten des Christen so eingerichtet werde«, daß sie Gott gefällig sind, F 4 Unter — ( 88 ) Unter -en sittlichen Tugenden sind einige, die inan Haupttugenden, andere, die man den Haupt» fänden entgegengesetzte Tugenden heißt- Ich werde heute nur von den ersten reden. i. Von den sittlichen Haupttugenden. Welche sind unter den sittlichen Tugenden, die ein Christ ausüben muß, die Hanpttugeuden? Unter den sittlichen Tugenden, welche ein Christ ausüben muß, sind die vier Kaupttugcnden: i. Die Rlugheit. 2. Die Mässigkeit. z. Die Gerechtigkeit. 4. Die Starkmüthigkeit. Was ist die christliche Klugheit? Die christlicheRlugheit ist eine Tugend, dadurch Christen die zum Seelenheils tauglichen Mit¬ tel wählen und anwenden , und vermeiden, was dessen Erlangung hindern kann. Es ist hier die Rede nicht von der Klugheit der Welt, von jener falschen Klugheit, welche Jesus Christus in seinem Evangelium so ost verdammet, die der Apostel Paulus eine Lhorheit nennet: "Die Klugheit dieser Welt ist Lhorheit beyGott.,, 1. Kor. 2, 19. und die wir verabscheuen sollen. Da diese Klugheit der Welt in nichts anders besteht, als in der Kunst, durch Vorstellung, Falschheit, Betrug, tausenderley schlimme Ranke, und boshafte Strei¬ che ihren Endzweck zu erreichen, so ist klar, daß sie den Namen der Tugend nicht verdienen, »nd daß man sie nach den Grundsätzen der Religion verdarw» men — ( sA ) -- wen müsse. Wir werden hier von der Klugheit de? Heils, welche uns lehret, die dienlichsten undbeßten Mittel anzuwenden, um zu dem grossen Endzwecke, zu welchem wie erschaffen find, und welcher unsere Seligkeit ist, zu gelangen. Diese Klugheit befiehlt uns derHeyland an, in¬ dem ersagt: "Sryd klug, wie dieSchlangen.„Match. io, 16. Er gibt uns zugleich die Nothmendigkeit derselben durch das schöne Gleichniß der fünf thö- richten und fünf klugen Jungfrauen zu erkennen. Diese Jungfrauen giengen einem Bräutigam und ei¬ ner Braut entgegen. Alle nahmen ihre Ampel mit fich , um fie bey der Ankunft des Bräutigams an- zuzünden, aber nur fünf davon, welche klug rpareu nahmen auch noch Del in besonder« Gefäßen mit sich, die übrigen aber, die thöricht waren, nahmen äus¬ ser dem , was sie in ihren Ampeln hatten keines mit fich, und dachten, sie würden genug daran haben. Nun mußten sie lange Zeit auf den Bräutigam war¬ ten, es wurde Nacht, und er kam noch nicht. Da wurden diese Jungfrauen schlaferig, und schliefen ein. Mitten in der Nacht entstund ein Lärmen und Gcfchrep, der Bräutigam komme. Da stunden sie alle eilends auf, um dem Bräutigam entgegen zu gehen. Nun waren die Ampeln der Thvrichten am auslöschen, und sie hatten kein Oel sie aufzufüllen. Eie sprachen die klugen Jungfrauen darum an, aber diese aus kluger Furcht, daß auch ihre Ampeln aus- loschen möchten, schlugen es ihnen ab. Sie sahen also gezwungen, zu den Oelkrämern zu gehen. Mitt¬ lerweile aber kam der Bäntigam, und die fünf klu- Leu Jungfrauen, die bereitet waren, giengen mit F F ihm ihm zur Hochzeit hinein. Da die Thvrichten znrnck- kamen, wollten sie auch zur Hochzeit hineingchen, sie fanden aber die Thüre geschloffen, und wurden abgewieffn. Matth. 2L. Der Heyland vergleichet das Himmelreich diesen Jungfrauen , um uns da¬ durch zu belehren, daß man ohne die Tugend der christlichen Klugheit nicht dahin gelangen könne. Und in Wahrheit, wie leicht ist es ohne diese Klugheit nicht geschehen, daß man seine Seligkeit verfehle. Um unser ewiges Heil zu wirken, muffen wir verschiedene dazu dienliche Mittel anwenden , es gibt vielfältige Hindcrniße, die wir aus dem We¬ ge räumen muffen, es gibt allerley Gefahre», in denen man seine Seligkeit einbüssen kann. Nun ist es das Werk der christlichenKlugheit, uns die dien¬ lichsten Mittel an die Hand zu geben, die Hindernis¬ se auf die Seite zu schaffen, die Gefahren einzust- hcn , und ihnen zuvorznkommen. Ohne diese Klug¬ heit werden wir uns auf dem Wege der Tugend nicht erhalten, nicht fortschreilen können. Woher kom¬ men meine geliebten Pfarrkinder, die vielen Zwistig¬ keiten, Uneinigkeiten und Handel' in unfern Ehen, sic kommen daher, weil wir ohne Vorsicht und Klug¬ heit mit einander leben, weil kein Theil klug genug ist , um des andern Fehler kennen zu lernen, nicht vorsichtig genug, um des andern schwache Seite nicht zu berühren. Woher kömmt es, daß unsere Wahl, die wir in Ansehung der Person, mit der wir uns ehlich verbunden haben, selbst in Anse¬ hung unsers Heils, so übel ausgefallen , es kömmt daher, weil wir bey unserer Wahl unser Augen¬ merk mehr auf gewisse zeitliche Vorlheile, als auf die - ( 9- ) - die Regeln einer christlichen Klugheit gerichtet ha¬ ben. Würden wir uns wohl von einem bösen Menschen zu schändlichen Ausschweifungen haben ver¬ leiten lassen, wenn wir anfänglich klug genugsam gewesen waren, seine Schmeicheleyen und Liebko¬ sungen für gefährlich zu halten, wie viele Sünden würden wir nicht begangen haben, wenn wir indem Umgang mit gewissen Leuten, bey gewissen Lust¬ barkeiten in gewissen Gesellschaften kluger gewesen wären, wie oft war nicht ein ohne Vorsicht und Klugheit entfallenes Wort der Zunder und Anlaß zn den größten Händeln, wie vielmal artet nicht selbst die Andacht und Gottseligkeit aus Abgangdcr christ¬ lichen Klugheit in ein abergläubisches Wesen aus. Wie viel ist demnach nicht daran gelegen , mei¬ ne geliebten Pfarrkinder, daß ihr euch um diese so höchst nvkhige Tugend der christlichen Klugheit bewer¬ bet, ihr werdet ste erhalten, wenn ihr Gott demü- ihig darum bittet, wenn ihr die Furcht GotteS , welche der Anfang der Weisheit und Klugheit ist, in euer Herz einpflanzet, wenn ihr öfters den Eifer, euer Heil zu wirken erneuert. Denn gleichwie der Eifer, denihrhabet, eure weltlichen Geschäfte glück¬ lich und vortheilhaft zu vollenden, euch antreibct, dabey mit möglichster Vorsicht, und nach allen Re¬ geln einer weltlichen Klugheit zu Werke zu gehen, so wird auch ein wahrer und brünstiger Eifer für das größte und wichtigste Geschäft eures Heils euch au- treiben, dabey alles anzuwenden, was euch die christ¬ liche Klugheit einräth. MaS ( A2 ) -- WaS ist die christliche Mässigkeit? Die christliche Mässigkeit ist eine Tugend, wel¬ che in dem Christen die unordentliche Heizung zur Sünde zurückhält, und ihm nur gestat¬ tet das Zeitliche mit Maße zu geniessen- Wenn wir als Christen leben wollen , so ist uns die christliche Mässigkeit unentbehrlich. Wir empfin¬ de» es, leider! genugsam, daß in uns eine unor¬ dentliche Neigung zur Sünde herrschet- die eine Folge der Erbsünde ist, und welche, wenn wir uns keine Gewalt dagegen anthun, uns in die größten Ausschweifungen stürzet. Nun ist es aber das Werk -er christlichen Mässigkeit, dieser unordentlichen Nei¬ gung zur Sünde Einhalt zu thun. Diese Tugend Hut unserer unordentlichen Hitze Einhalt, daß sie nicht in Zorn, Unwillen, und Haß ausbricht, daß wir bey einer Beleidigung, die man uns anthut still- schweigeu, -aß unsere Zunge nicht in Schmäh-und Lästerwvrte ausßrömet. Sie hält uns zurück, wenn uns unsere Neigung zur Wohllust, zur Ueppigkeit, zur Unmässlgkeit reihet. Sie ersticket in uns die un¬ ordentliche Habsucht, welche uns zum Geitze verlei¬ tet, unser Herz an jeden auch unerlaubten Gewinn anklebet, und ihn zu erlangen uns jede Ungerechtig¬ keit räch. Diese Tugend machet, daß wir in keiner Sache eine Ausschweifung begehen, daß wir in jeder Sache Maß, Ziel und Ordnung halten , daß wir nicht zu viel und auch nicht zu wenig thun, und in allen Dingen die Mittelstrasse halten, welche die Strasse der Heiligen ist. Ohne die Mässigkeit hört selbst die Lugend auf, Lugend zu scpn, und artet in — l 93 > — in daV Lasier aus. Hält inan im Glauben düs ge¬ hörige Maß nicht, so übertreibet oder verlieret ma» ihn,- glaubet man zu viel, so wird man abergläu¬ bisch, glaubt man zu wellig, so wird man unglän» big. Geht man in der Hoffnung z» weit, so wird man leicht vermessen, hat man zu wenig Hoffnung, so fällt man in die Verzweiflung. Fehlet der Liebe das gehörige Maß, so wird sie entweder eifersüch¬ tig , oder kaltsinnig. Ist man zu freygebig, so ist es eine Verschwendung,'ist man zu sparsam und häus¬ lich, so ist cs eine Kargheit Geitz. Redet man zuviel, so ist man ein unvernünftiger uud müssiger Plaude¬ rer, redet man zu wenig , so ist man ein verdroße¬ ner Kopf. Ißt und winkt man zu viel, so ist man ein Vielfraß und Vollsäufcr, ißt und trinkt man zu wenig, so ist man ein Feind seines Lebens. Wenn man zu wenig arbeitet, so ist man ein Faullenzer und Taugenichts, arbeitet man zu viel, so kürzet man sich vor der Zeil das Leben ab. Ist man in der Klei¬ dung zu nett,' so ist man eitel, ist man aber darin¬ nen zu nachlässig, so ist man schmutzig und grauslich. Die Beobachtung der Mittelstrasse zwischen dem zu vielen, und zu wenigen ist die wahre Strasse der Heiligen, darauf die christliche Massigkeit uns führet. Was ist die christliche Gerechtigkeit? Die christliche Gerechtigkeit ist eine Tugend , da¬ durch der Christ dasjenige erfüllet, was e» Gott und dem Nächsten schuldig ist. Man sieht leicht eiu, daß diese Gerechtigkeit, dieser beständige uud aufrichtige Wille, Gott zu ge¬ be», was Gottes ist, und dem Nächsten, was des Nächsten — ( 94 ) Nächsten ist, eine Haupttugend sey, wenn man ih¬ ren erstaunlich wetten Umfang emsieht. Wenn wir diese Tugend besitzen werden/ so werden wir fest a« Gott glauben, weil wir ihm als der ewigen Wahr¬ heit unfern Glauben schuldig sind. Wir werden zu- versichtig auf ihn hoffen, um seiner Allmacht, Treue, und unendlichen Güte, um derentwillen er unser gan¬ zes Vertrauen verdienet, Gerechtigkeit wiederfahrm zu lassen. Wir werden ihn inbrünstig lieben, weil feine unendliche Wesenheit aller Liebe würdig ist. Wenn wir diese Tugend besitzen werden, werden wir allen und jeden leisten, was wir ihnen schuldig sind, und was sie mit Recht von uns fordern können. Wir werden ihre Güter nicht antasten, ihre Ehre nicht verletzen, ihre Person nicht kranken, wir werden unserrrDhern gehorsam und unterthanig, gegen un- sers Gleichen nicht hochmüthig, gegen die Elenden mitleidig, gegen alle Menschen bescheiden seyn. Was ist die christliche Starkmüthigkeit? Die christliche Starkmüthigkeit ist eins Tugend, dadurch der Thrift aus Liebe Gottes das Gu¬ te uneracht der Ainderniße und Beschwerlich¬ keiten unternimmt und ausführet, auch lie¬ ber alles erduldet, ja sein Aaab, Gut und Le¬ ben verlieret, als etwas thut, was wider Las göttliche Gesetz ist. Wie sehr maugelt es uns noch, meine geliebten Pfarrkinder, an dieser Haupttugend, an dieser christ¬ lichen Starkmüthigkeit! Wie vielmal lassen wir uns von dem, was werden die Leute denken und sagen? von < 9F ) von diesem eingebildeten Ungeheuer, das man mensch¬ lichen Respekt nennet, von dem Guten abschrecken? Wie oft sind wir zu zaghaft, unsere Neigungen zu überwinden, welche der Ausübung unserer Pflichten zuwider sind? Wie ost sind wir zu feige, als daß wir von jenen Gesellschaften wegblieben, die uns vom Guten abhalten , und zum Bösen reihen? Wie ost brechen wir unsere gemachten Vorsätze, weil wir uns keine Gewalt anthun wollen? Wie oft lasse» wir uns bereden, das Böse mitzumachen, weil wir nicht wollen ausgelacht werden? Wie viemal haben wir das Herz nicht, uns in den Gesellschaften für die Sache Gottes und die Ehre des Nächsten za erklä¬ ren? Wie vieles halten wir nicht für schwer, und unmöglich, was wir um Gottes Willen thnn sollen? S, wie groß ist doch unsere Zaghaftigkeit, unsere Feigheit ! sie scheuet die geringste Arbeit, sie will kei¬ ne Mühe anwende», und die mit der Ausübung der Tugend verknüpften Schwierigkeiten stellet sie uns noch vielmal ft> groß, und so schwer vor. Lehren. Lasset uns, meine geliebten Pfarrkinder, Gott um diese christlichen Haupktngenden bitten, dessen Gaben sie sind, und um die er gehethen sepn will. Bitten wir ihn um die christliche Klugheit, damit wir dis zur Erlangung unserer Seligkeit taugliche» Mittel allezeit anwenden mögen. Um die christliche Mäßigkeit, damit wir unserer starken Neigung zum Bösen Einhalt thun, unsere Leidenschaften in Ord¬ nung bringen mögen. Um die Gerechtigkeit, damit wir ( 96 - wir beständig geneigt sepu mügen, alles genau zu erfüllen, was wir Gott und dem Nächsten schuldig sind. Um die christliche Starkmüthigkeit, damit wir uns künftighin nicht abschrecken lassen, unsere Schul¬ digkeit zu erfüllen. Amen. Achte Abhandlung. 2. Von den sieben Hauptsünden entgegen¬ gesetzten Tugenden. d?ach den vier Haupttugenden, von welchen ich in der letzten Abhandlung geredet habe, kommen dieje¬ nigen Tugenden, welche den siebenHauptsüiiden enl- gegengesetzet sind. ' Ich werde in der gegenwärtige» Abhandlung zu eurer Belehrung davon reden. Welche Tugenden sind den sieben Hauptsünde« entgegengesetzt? DieDemuth ist öerKoffart entgegengesetzt. Die Freigebigkeit dem Geitz. Die Keuschheit der Unkeuschheit. Die Liebe dem Neid. D-e Mä¬ ßigkeit dem Kraß und der Küllerev. Die Ge¬ duld dem Zorne. Der Eifer im Guten der Trägheit. Was ist bis Demuth? Die Demuth ist eine Tugend, dadurch man von sich selbst und seinen Eigenschaften richtig urthei- let, und nicht , wie Aosfärtige es thun, bloß auf seine eigene Vorzüge sieht, und sich deß- halben halben hochschätzet, sondern vielmehr feine Schwachheiten nni> Hehler erkennet, und sich deßhalben erniedriget. Die Demuth ist nach den göttlichen Tugenden diejenige. um welche wir uns um meisten bewerben muffen. Sie gehört wesentlich zu dem erhabenen Charakter eines Christen, ohne sie ist kein Mensch ein rechtschaffener Christ. Die Demukh ist der Grund aller Lugenden, ohne Demuth werden wir weder fest glauben, noch nach dem Glauben leben. Der Glaube setzet nothwendig einen demüthigen Geist vor¬ aus, der seinen natürlichen Einsichten absaget, und sich solchen Wahrheiten unterwirft, welche über sei¬ ne Vernunft gehen. Ohne die Demukh werden wir nicht nach der Vorschrift des Glaubens leben, denn der Glaube schreibt uns Pflichten vor, die gegen unsere Neigungen sind, die unserm natürlichen Stol¬ ze widerstreben, die uns demüthigen. Ohne die De¬ muth werden wir gegen die weisesten Anordnungen und Befehle des Monarchen murren, ohne Demukh werden wir die heilsamsten Ermahnungen verach¬ ten, keinen guten Rakh anuchmen, wir werden nicht zu bewegen sepn, daß wir uns mit unfern Feinden aussöhncn, wir werden uns von einer jed¬ wede» geringen Beleidigung aufbringen, zum Zorne und zur Racheoerleiten lassen, ohne Demuth wer¬ den wir in den Trübsaleu nicht geduldig sepn, bcpm Wohlergehen uns nicht in der Ordnung erhalte», ohne Demuth werden wir in unserm Thun und Las¬ sen uugestümm, in unfern Reden grob, in unserm Umgang unerträglich sepn. Erklär. HÄatechism. V.Tbl. G Ai? — ( YL ) "" Die Tugend -er Dernuth ist es, in Ansehung welcher Jesus Christus selbst unser Beyspiel ftyu will: "Lernet von mir, sagte er, denn ichbinsanft- müthig und demüthig von Herzen.,, Matth, r r, 29. Er zeigte diese Tugend in allen seinen Handlungen, die Dernuth zog ihn von dem Throne seiner Herrlich¬ keit herab, die Dernuth ließ ihn die Gestalt eines Knechtes, eines schwachen und unmündigen Kindes annehmen, und in einem Stalle gebohren werden, ausDcmuth ließ er sich für einen gemeinen Menschen, für de» Sohn eines armen Handwerksmannes an« sehen, die Demuth machte ihn in seinem Umgänge angenehm, gegen die Dürftigen mitleidig, gegen die Sünder gütig. Können wir, die wir nichtige Men¬ schen, elende Erdwürmer sind, uns weigern demn- thig zu feyn, nachdem es der Sohn Gottes so sehe war? Nein, sondern wir wollen von unserm Hey- lande diese Tugend lernen, und sie ansüben, indem wir denjenigen, die über uns gesetzet sind, ohne Wü derrede folgen, vor andern keinen Vorzug suchen , keinen Menschen verachten, uns über Niemanden er¬ heben, uns nicht leicht durch eine Verachtung auf- bringeu lassen, die Beleidigung gern verzeihen. Was ist die Freygebigkeit? Die Freigebigkeit ist eine Tugend, welche man ausübet, wenn man dürftigen Menschen von dem Geinigen gern und wirklich nach srrneM Vermögen mittheilet. Nach dem Zcugniße des Apostels ist es seliger geben, Kis «»nehmen. Apvstelgesch. so,ZL. Wenn wir von andern — ( yy ) — andern etwas annehmen, so ist es ein Merkmal un¬ serer Dürftigkeit, wenn wir aber andern geben und mitcheilen, so ahmen wir Gott nach, der in allem reich ist. Lasset uns, meine geliebten Pfarrkinder, diese so selige Tugend ausüben! o, was haben wir nicht von Gott zu hoffen, wenn wir freygebig sind? Er hat versprochen, denen, die geben, wieder zu geben: "Gebet, und es wird euch gegeben werden.,, Luk. 6, Z8. Wenn euch Gott in den Stand gefttzet hat, andern etwas Gutes zu thun, so unterlasset eS nicht, aber indem ihr cs thut, so thut es als Chri¬ sten, das heißt, aus solchen Absichten, die eines Christen würdig sind; thut es aus Liebe Gottes, auS reiner, uneigennütziger Liebe zu den Menschen, die Ebenbilder Gottes, die unsere Brüder sind. Nur solche Absichten können unserer Freygebigkeit den Werth einer christlichen Tugend beylegen, sie Golt angenehm und für uns verdienstlich Machen. Ist man freygebig aus Hoffnung der Vergeltung, so heißt dieses aus Eigennutz freygebig scytt. Es ist keine Freygebigkeit, wenn man mehr pralend einem etwas hinwirfl, als mitleidig reichet. So ist es auch keine Freygebigkeit, wenn man das, was man dem Nackt¬ sten heute Gutes thut, morgen hvchmüthig und bit¬ ter vorwirft. Die Freygebigkeit muß ihre Schranken haben, und in der gehörigen Ordnung bleiben. Man soll andern geben- was uns nicht schadet, und andern nutzen kann. Man muß nicht alles auf einmal Hin¬ sehen, sondern es so cintheilen, daß man alle Taa etwas thun kann. Man muß nicht einemAlles geben, G 2 sondern - i IOO ) - sonder» alle davon genieße» lassen; man muß dem, der bedürftig ist, mehr geben, als dem, der es mcht so sehr ist. Was ist die Keuschheit? Die Reuschheit ist eine Tugend, welche man durch Enthaltung vsn aller verbothenen und uner¬ laubten fleischlichen Wollust in Gedanken, Worten und Werken auüubet. Die Keuschheit ist die größte Zierde des Ehestan¬ des, die Würde des Wittwcnsiar.des, das Kleinod der Jugend, der Schmuck aller Stande, der Glan; aller Tugenden, aber auch die seltenste Tugend in allen Standen. Die Wollust reisset die unvorsichtige Jugend in ihre Netze, sie bethörct die Wiltwen, und berauschet die Ehelichen. Und wehe! wenn man ein¬ mal aus dem Zauverbecher dieser betrügerischen Wol¬ lust das Gift getrunken hat, welches die Seele töd- tet, das Gewissen quält, das Herz Tag und Nacht beunruhiget, den Menschen mit Schänd und Spott bedecket, und die schändlichsten Folgen an der Seele rmd an dem Leibe nach sich zieht. Hütet euch, diese so schöne Tugend der Keuschheit zu verletzen, fürch¬ tet ihre Feinde, deren es gar viele gibt, scheuctjede Gefahr, so gering sie ist, denn sie ist allemal ver¬ führerischer, als es scheinet. Wachet allezeit über euch, und eure Sinuen, denn kein Augenblick ist sicher, entfernet euch von den Gelegenheiten, denn hier ist die Flucht schon Ueberwindung, arbeitet und beschäftiget euch ernstlich, dieses wird eurem Geiste bessere —. ( 101 ) -- bessere Richtung geben, bethet, die Gnade wird euch Stärke zum Widerstande geben. Was ist die Liebe? Die Liebe ist eine Tugend, dadurch man an dem Wohlergehen anderer Theil nimmt, und es befördert. Sich über daö Glück seiner Nebcnmenschen, wie über sein eigenes erfreuen, es ihm von Herzen gön¬ nen, es befördern helfen, ihm mit Rath und Thak an die Hand gehen, ihn gegen Unglück warnen dieß ist wahre Liebe des bhristenthnms. Die Liebe ist strenge Pflicht, ausdrückliches Geboth GotteS, ja der Heyland hat diese Liebe so hoch gehalten, daß er ste zu seinem besondern Gebothe gemacht hat. "Denn dieß ist mein Geboth, sagt er, daß ihr euch »ntcr- einandcr liebet.,, Joh. Z4. Ein vortrefflicher VewegungSgrund . uns zu dieser Liebe auzutreiben , ein Bewegungsgrnnd ,dessen sich der heilige Johannes bedienete, als er in den asiatischen Kirchen, deren Stifter und Patriarch er war, hcrumreisete, und in den Versammlungen der Gläubigen beständig diese Worte wiederholet: "Meine lieben Kinder, liebet euch untereinander.,, Als nun seine Jünger zu ihm sagten, er predige ihnen beständig cinerley, so gab er ihnen diese merkwürdige Antwort: "Weil es das Geboth unsers Herrn und Meisters ist, und weil, wenn ihr dieses Geboth beobachtet, es hinlänglich ist, euch vor Gott vollkommen zn machen.,, Es ist auch die Beobachtung dieses GebotheS der Liebe das untrüglichste und sicherste Kennzeichen G Z der r 102 ) der wahren Christen: "Denn daran, sagt Christus, wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger scpd, so ihr die Liebe untereinander habet.,, Joh. i Z, ,ZF. Wer diese Liebe nichr hat, den betreffen die drcy schrecklichen Flüche, die von dem heiligen Jo¬ hannes sind angezeigek worden r "Wer seinen Bru¬ der nicht liebet der bleibt im Tode. r.Joh. Z, i4- Wer seinen Bruder nicht liebet, der wandelt in der Finstcrniß. Ebxnd. 2, n. Wer seinen Bruder nicht liebet, ist ein Todschlager. Ebend. Z, r L.„ Damit diese so schrecklichen Flüche nicht über uns kommen mögen, wollen wir uns der christlichen Liebe befleißen, jener Liebe, die uns alles, was den Näch¬ ste» betrifft, anzüglich machet, die uns eine wahre herzliche Freude über sein Glück, u»d einen Schmerzen über sein Unglück empflnden laßt, die uns für seine Vorutheile eifrig macht, und in feinem Elende zur geschwinden Hülfe eilen läßt. WaS ist die Mäßigkeit? Die Mäßigkeit, in so weit sie dem Fraß und der Füllerev entgegengesetzet wird, ist eine Tu¬ gend, dadurch man der unordentlichen Be¬ gierde nach Essen und Trinken widersteht, und beides nur mäßig genießt. Wir können nicht leben, ohne daß wir essen und trinken; wir müssen also essen und trinken, damit wir leben können. Wir müssen aber wohl zusehcn, damit wir diese Ordnung nicht umfloßen, wie es leider! viele thun, die nur deßweacn zu leben schei¬ tle», daß sie essen und trinke», und die so essen und trinken, daß sie dadurch die Gesundheit verderben, das — ( ->0Z ) — das Leben abkürze», und sich außer Stand setzen, Gott nach ihrem Berufe zu diene». Dieß ist in Wahr¬ heit eine große Unordnung, wenn man das Mittel zum Endzwecke, und den Endzweck zum Mittel ma¬ chet, und wenn man das zu seinem Verderben an- wendet, was uns der gütige Schöpfer zu unserer Erhaltung gegeben hat. Schweine, Ochsen und an¬ deres Vieh werden auf Mästung gethan, aber Men¬ schen sind zu einem höher» Ziele bestimmet, um da¬ hin zu gelangen, müssen sie mäßig leben. Was heißt aber wohl mäßig leben? Mäßig le¬ ben heißt, nicht mehr und nichts anders essen und trinken, als was dem Leibe gesund, was -er Na¬ tur nökhig, was die Gesundheit dauerhaft machen, und das Leben lang erhalten kann. Es heißt, nie¬ mals so viel essen und trinken, daß wir außer Stand gesetzct werden, den Schuldigkeiten unsers Berufes ein Genügen zu leisten, es heißt, nichts essen und trinken, was für unfern Stand zu niedlich, und für unser Vermögen zu kostbar ist, es heißt, im Essen und Trinken als Christ, nicht das Vergnügen nicht die Sinnlichkeit, nicht die Wollust, sondern die Nothwendigkeit der Natur befriedigen. So le¬ ben heißt, als ein vernünftiger Mensch, als ein Christ leben, es heißt, die Gaden Gottes dazu ge¬ brauchen, wozu sie gegeben sind. Lasset uns, nm mäßig und nüchtern zu leben, öfters an das unglück¬ selige End des reichen Prassers gedenke», der täglich niedlich speisete, und in die Hölle begraben wurde. Luk. 16. Lasset uns an dasjenige uns erinnern, was der Apostel mit weinenden Augen sagt, daß jene G 4 Feinde ( ic>4 ) — Feinde des Kreutzes Christi sind, deren Gottder Bauch ist, und daß ihr Ende d'ie Verdammniß ist. Phil. Z. Was ist die Geduld? Die Geduld ist eine Tugend, durch welche mau dis Widerwärtigkeiten mit Ergebungen in den göttlichen Willen erträgt. "Die Geduld, schreibt der Apostel, ist euch noth- rvendig, auf daß ihr den Willen Gottes thut, und die Verheißung erlanget',, Hebr. io, ,z6. DieGe- duld ist also eine höchst nöthige Tugend, ohne wel¬ che man den Willen Gottes nicht erfüllet, und sich auf die kostbaren Verheißungen, die er uns getha» hat, keine Hoffnung machen kann. Es ist also stren¬ ge Pflicht eines Christel! , seine Seele allezeit in Ge¬ duld zu fassen, sich über keinerley Widerwärtigkeit zu beschweren, sie mit einem tiefen Stillschweigen, und mit einer vollkommenen Ergebung in den göttli¬ chen Willen anzunehmen und zu übertragen. Um diese Pflicht vollkommen zu erfüllen, muß man seine Zuflucht zu dem Glauben nehmen. Der Glaube lehret uns, daß Gott der unumschränkte Herr, das höchste Wesen sey, und folglich uns keine Widerwärtigkeit treffe, als die uns nach seinem höchsten Willen trift; eben dieser Glaube lehret uns, daß Gott nichts als Liebe und Güte sey, und folg¬ lich er uns keine Widerwärtigkeit, als nur zu un- serm Beßten zuschicke. Wenn der Christ diese Wahr¬ heiten tief in sein Herz gegründet hat, so wird er, wenn er von noch so großen Trübsalen umrnngen ist, denken r Mein Glaube versichert mich , daß Gott der Herr — ( I0F ) -- Herr aller Begebenheiten ist, daß kein Ucbel den Menschen drückt, welches er nicht zuläßt, und das er nicht weiß, daß kein Haar von meinem Hauvte ohne seine Einsicht verlohrcn geht, daß kein Unglück eher kömmt, oder abzieht- als er es will, daß Gott alle seine Geschöpfe liebet. Ich kann also nichts beßers thun, als mich diesem Willem in allem un¬ terwerfen, weil ich sicher scyn kann, daß alles, was Gott über mich beschlossen hat, das Beßte für mich sey, und nichts besseres seyn könne. Ich leide, wird ein solcher Christ sagen, dieß ist aber der Willen des Herrn, ich nehme ihn an. Aber ich leide so viel — Ich leide aber doch nicht mehr, als Gott haben will, und als er weiß, daß ich ertragen kann. Aber ich leide so lange — Ich leide doch nicht langer, als Gott es will. Aber ich leide unschuldig — Desto besser für mich, so wird meine Krone im Himmel verdop¬ pelt. Ich sehe kein Ende meines Elendes — Aber Gott sieht es. Ich habe kein Mittel mich zu retten — Aber Gott hat es, und wenn die Zeit seines Wil¬ lens da seyn wirb, so wird er mirs geben. Ich bin nicht mehr fähig, das Elend zu ertragen — Aber die Gnade Gottes ist fähig, mich zu unterstützen. Dieß sind die Gesinnungen eines Christen bcy seinen Widerwärtigkeiten, die ihm der Glaube eingibt, vermittelst welcher er sich in der Geduld erhält, und in dem Leiden eine Zufriedenheit genießt, die, wenn es hjerunten ei» Glück gibt, das einzige Glück für Sterbliche ist. G L Was —— s is6 ) Was ist der Eifer im Guten? Der Eifer im Guten ist eine Tugend, welche man ausübet, wenn man beflissen ist, alles zu thun, was Gott, und unser Seelenheil bc- trist. Die ganze Absicht, wegen welcher wir auf Er¬ den leben, ist, daß wir Gott dienen, und ewig se¬ lig werden sollen. Wir sind da, um Gott zu dienen, diesem höchsten und unumschränkten Herrn , diesem König, dessen Reich keine Granzen und kein Ende hat, dietem Gpit, der uns erhalt, und der uns taalich mit immer neuen Gutthaten überhäufet. Können wir eifrig und amsig genug seyn, diesem Gott treu zu dienen, ihn zu lieben. Können wir uns den Dienst dieses höchsten Gottes zu viel angelegen seyn lassen, nachdem davon unser ewiges Glück ab¬ hangt. Wir dienen diesem Gott nicht um zcrgqngli- cher, um irrdischer, sondern um ewiger, um himm¬ lischer Güter wegen, um solcher Güter wegen, de¬ ren Besitz uns vollkommen befriedigen und vergnü¬ gen wird. Ach! Wozu sollte uns nicht die Hoffnung, diese Güter einstens zu besitzen, aufmuntern? Lehren. Wir wollen, meine geliebs.en Pfarrkinder, uns heute vornehmen, uns derjenigen Tütenden zu be¬ fleißen, von denen ich in dieser Abhandlung geredet habe. Wir wollen zu dem Ende Gott bitten, daß er uns in dieser heiligen Entschließung mit seiner — ( 10/ ) — Gnade unterstützen, und machen wolle, daß wir dieselbe glücklich ausführen. Amen. Neunte Abhandlung. §- Z- Von dem, was noch mehr zur christlichen Gerechtigkeit gehöret. Was gehört noch mehr zur christliche« Gerech¬ tigkeit ? Jur christlichen Gerechtigkeit, worüber ich euch , meine geliebten Pfarrkinder, schon einigemal Un¬ terricht ertheilet habe, und welche mir, wenn wir die von Gott uns verheißene Glückseligkeit er¬ lange» wollen, ausüben müssen, gehören noch hie Pflichten, welche Jesus Christus beson¬ ders anbefohlen hat. Welche sind die Pflichten, die JefnS Christus besonders anbefohlen hat? Die Pflichten, welche Jesus Christus besonders anbefohlen hat, sind folgende: i. Zuvörderst das Reich Gottes und feine Gerechtigkeit su¬ chen. 2. Sich selbst verläugnen. Z. AeinRreuy tragen. 4. Christo nachfolgen, s, Sanftmü- thig und demüthig seyn. 6. Die Feinde lie¬ ben, denen wohlthun, die uns hassen, für die bethen, die uns beleidigen und verfolgen. Diese Pflichten sind der Jnnhalt der göttlichen Lehre, die unser Lehrmeister und Gesetzgeber Jesus Chri- — ( io8 ) — Christus mit sich vom Himmel gebracht. Wir finden diese Pflichten hin und wieder in dem Evangelium ausgezeichnet, wo Jesus Christus uns dieselben an- befichlt und zu beobachten gebietet. Lasset mich euch, meine geliebten Pfarrrinder, den Sinn und Ver¬ stand dieser so wichtigen Pflichten erklären. "Zuvörderst das Reich Gottes und feine Gerech¬ tigkeit suchen.,, Diese Pflicht hat uns JcsuS Chri¬ stus bey dem heiligen Matthaus anbefohleu, wo er sagt: "Suchet zum Ersten das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit. ,, Matth. 6, ZZ. In diesen we¬ nigen Worte» gibt uns der Welterlöscr Sen richtnp sten Begriff von dem Betragen, das wir in Anse¬ hung des Heils beobachten sollen. Dieses Reich Got¬ tes können wir nur in der Ewigkeit besitzen , indem Tode finden, aber in dem Leben müssen wir es su¬ chen. Wenn wir es also in dem Leben nicht suchen, werden wir es in dem Tode nicht finden, und wenn wir das Unglück haben, es in dem Tode nicht zu finden, werden wir es niemals finden. I» dem Leben , sage ich, muß man das Reich Gottes suchen, denn der einzige Weg dahin zu ge¬ langen , und es zu finden, sind die guten Werke, und die Heiligkeit. Wo kann man aber diese guten Werke ausüben, in diesem, und nicht in dem an¬ dern Leben. Auf dieser Erde muß man sich selig ma¬ chen , um auf der andern Welt glückselig zu werden. Wir müssen also jetzt, und ohne Aufschub unse¬ re ganze Sorgfalt auwenden, das Reich Gottes zn suchen. Aber wie muß man es suchen, zuerst, und vor allen andern Dingen, das ist, wir müssen aus dem ( io9 ) dem Heile unser erstes Geschäft machen, warum? weil es unser größtes Geschäft ist, dieses ist eine göttliche Regel, weil sie uns der Sohn Gottes selbst gegeben hat, es ist eine unverletzliche Regel, weil Gott dieselbe niemals ändern wird. Unterdessen wie suchet man dieses göttliche Reich, einige lassen alle Sorge dafür ganz und gar fahren, und leben. als wenn keine Zukunft wäre, in Anse¬ hung welcher man sich zu bekümmern habe. Bey an¬ dern läuft die ganze Sorgfalt, welche sie für das Reich Gottes anwcndcn , auf ein äußerliches We¬ sen der Religion, auf einige kahle Andachten , auf frostige Gcbetbe hinaus. Ganz anders lehret uns der Sohn Gottes das Reich Gottes zu suchen. Er will , daß wir es gleich einem Schatze suchen, nun aber mit welchem Eifer arbeitet nicht ein Mensch, der sich einen Smatz sammeln will, er ist auf den geringsten Gewinn aufmerksam, gegen den kleinste» Verlust empfindlich , herzhaft, um alle Arbeit zu er¬ tragen, mäßig , um allen Aufwand zu verhüten. Er will, daß wir dieses Reich als unser Ziel, und zwar als unser letztes Ziel suchen, muß nun nicht in allen Sachen das Ziel, und besonders daS letzte Ziel alle¬ zeit hauptsächlich vor Augen stehen , muß man nicht allein dieses betrachten, allein nach demselben stre¬ ben, und nur allein dahin zu gelangen sich bearbei¬ ten. Und dieser Ursache wegen hat der Heyland uns nicht allein gesaget: "Suchet das Reich Gottes, sondern er setzet hinzu, und seine Gerechtigkeit.,, Was ist nun diese Gerechtigkeit, und worinnen be¬ steht dieselbe, sie besteht in der Ausübung der christ¬ lichen - ( 110 ) — liehen Tugenden, in der Heiligkeit des Lebens, oh¬ ne welche man uns das ewige Reich keinen Anspruch machen kann. "Sich selbst verläugnen ist die zweyte christliche Hauptpflicht, welche Christen ausüben müssen.Die¬ ses fordert Jesus Christus von unS, wenn wir ihm angehören, wenn wir als Christen leben, wenn wir selig werden wollen. "So mir jemand nachfolgen will, spricht er, der verleugne sich selbst.,, Mark. 8, Z4- Warum soll man sich verlaugnen, weil es un¬ möglich ist, ohne Verläugnung seiner selbst ein recht¬ schaffener Christ zu seyn , die Gebothe des Herrn zu beobachten, seine Pflichte» zu erfüllen. Das Chri- stenlhum leget uns oft beschwerliche Dinge auf, es fordert manchesmal grosse Opfer von uns, es halt uns Pflichten vor , die nns verderbten und schwa¬ chen Menschen fast unerträglich scheinen. Unser Ver¬ stand widerstrebet, unser Wille widersetzet sich, un¬ sere Neigungen empören sich, unser Fleisch ist schwach- Unterdessen muß das Gesetz beobachtet, die Pflicht erfüllet, die Tugenden ausgeübet werden, welches ohne sich Gewalt anzuthun, ohne sich zu verläug- uen, nicht geschehen kann. Lasset mich diese Sache erkläre», in ein helle¬ res Licht setzen , und euch die gewöhnlichsten und fast täglich verkommenden Fälle zeigen, wo ihr euch selbst verlaugnen müsset, und wo ihr, wenn ihr cs unterlasset, wider die Pflichten des Christenthums handelt. Wenn ihr von Natur zum Zorne, zuM Unwillen,zum Hasse und andernHeftigkcitcugeneigt sepd, so müsset ihr als Christen eurer Hitze Einhalt thuu, Hun, bey der Beleidigung, die man euch zugefugk, siillschweigen, euren Zorn dampfen, eurer Zunge Schranken setzen, damit sie nicht in Schmäh - und Lästerworte ausströme. Menn ein eitler Stolz euren Geist ausbläßt, wenn ihr andern zu verachten, durch chrenrührische, verleumderische Worte an-zuschwar¬ zen suchet, so müsset ihr als Christen euren Stoltz un¬ terdrücken , euch zwingen, an andern nur daS Gu¬ te , an euch nur das Böse zu sehen. Wenn ench eu¬ re Neigung zur Wvhllust, zur Ueppigkeit, zur Un- mäßigkeit führet, so müsset ihr als Christen diese Neigung bestreiten, euren Sinnen das unerlaubte Vergnügen versagen. Wenn euer Herz sich zum Gci- tze neiget, wenn es sich an jeden unerlaubten Ge¬ winn ankleben will, und um ihn zu erlangen, euch jede Ungerechtigkeit räkh, so müsset ihr als Christen eure Geldgier ersticken, und eher allen Geivinn fah¬ ren lassen, als ihn durch Ungerechtigkeit erhalten. Wenn eure Gemächlichkeit, Sinnlichkeit, eure Nei¬ gung zur Unabhängigkeit Beschwerlichkeiten findet, die Befehle und Anordnungen eurer Vorgesetzten zu erfüllen, so müsset ihr als Christen euren Willen zwingen, daß er sich gefallen laßt, was ihm mis- fällt. Wenn man eurem Willen widerstrebet, wen» eure Unternehmungen nicht nach eurem Sinne aus- schlagen, so müsset ihr als Christen euch Gewalt anthun, um nicht aufgebracht zu werden. Wenn ihr einen Vortheil, einen Gewinn, eine Gelegenheit sehet, ench aus den mißlichen Umständen, in denen ihr sepd, aus eurer Durstigkeit heraus zu wickeln, so müsset ihr als Christen eure Leidenschaft überwin¬ de», lieber ein zeitliches Glück aufopfcr«, lieber arm, arm und mühselig leben wollen, als enrc Noch durch eine Ungerechtigkeit, durch die Verletzung der göttli¬ chen Gebothe abhclfe». "Sein Kreuz tragen ist die dritte Pflicht des Christen. Wer mir Nachfolgen will, spricht derHey- land, der nehme täglich sein Kreuz auf sich. „ Luk. 2Z. Wer sich weigert es zu thun, den erkläret er als einen Menschen, der seiner nicht wcrth ist: "Wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt, der ist meiner nicht werth. „ Matth. 10, Z8- Unter dem Worte Kreuz wird alles dasjenige verstanden, was unsrem Leibe überlästig, unsenu Geiste beschwerlich , unseren Neigungen zuwider ist. Und, o Gott! wie vielfältig ist nicht das Kreuz, ein jeder Tag, den wir erleben, Hal für uns seine besondere Plage, sein besonderes Kreuz, unser Le¬ ben ist eine Kette von widrigen Zufällen, deren ei¬ ner an dem andern hängt. Bald geht etwas in der Wirlhschaft zu Grunde, bald hat man Sorgen we¬ gen der Kinder, bald Verdruß mit den Dienflbothen, bald Zwistigkeiten in der Ehe, bald Anstande mit den Nachbarn, bald fehlt es uns an der nvthigen Kleidung, bald an Brode und Nahrungsmitteln, bald ist der Mann, bald die Frau, bald die Kinder, bald die Dienstbvthcn krank, bald ist man auf dem Felde, bald an seinem Viehe unglücklich, bald lei¬ bet man durch Feuer, welches unsere Wohnungen verzehret, bald durch Hagel, der die Früchte zu Grund richtet, bald durch Ueberschwemmung, welche Verwüstungen anrichtet, bald durch Theurung, wel¬ che Menschen und Vieh Noth leiden läßt, bald durch Diebstähle grossen Schaden, bald wird man unschul¬ diger oigcr Weise verklagt, bald verkleinert, und an sei¬ ner Ehre angegriffen, bald verliert man einen ge¬ führten Prozeß, bald sind es andere Dinge, die un¬ fern Neigungen, unserer natürlichen Beschaffenheit Zwang und Schmerzen verursachen. Wie nun aber das Kreuz immer heissen mag, welches uns begegnet, so ist es für uns, die wir Christen sind, eine wesentliche Pflicht, daß wir es tragen, das ist, daß wir es ohne Widerwillen an¬ nehmen, uns dem göttlichen Willen unterwerfen, durch die Hoffnung eines bessern Lebens uns aufmun¬ tern, Gott in dem Kreuze standhaft getreu bleiben, unfere Sünden dadurch abbüßen, in dem Bepspiele Jesu Christi Trost suchen. Christo Nachfolgen, welches die vierte Pflichtci» ucs Christen ist, will nichts anders sagen, als ihn sich zum Muster seines Lebens vorllellen. Diese Nach- folgung Christi ist eine so nothwendige Sache, daß wi^ ohne dieselbe Gott nicht angehören, noch uns jemals einige Hoffnung zur Seligkeit machen können. Denn wer sind wohl die Glückseligen, die Golt zum Himmelreiche bestimmet, und in das Buch des Le¬ bens ausgezeichnet hat , diejenigen sagt Paulus, die er verordnet hat, daß sie gleichförmig werden sollen dem Ebenbilde seines Sohnes. Röm. 8, 29. Durch diese Worte belehret uns der Apostel, Gott habe cs also verordnet, er hab sichs gleichsam zur Regel gemacht, nur diejenigen zn erwäylen , in de¬ nen er das Ebenbild seines Sohnes ausgedrückt fin¬ det. Ahmet ihr , meine geliebten Pfarrkinder, die¬ sem großen, diesem erhabenen Muster nach! die Erkliiv. b.Ratechism. V. Lhl. H Sache — ( n4 ) Sache verdienet «ure Ueberlegung. Stellet euch ei¬ nerseits das Leben des Gottmenschen, und andrer¬ seits euer Leben vor, haltet eines gegen das andere, welche Ungleichheit werdet ihr nicht antreffen, ihr demüthiget euch nicht wie Christus, der niemals ei¬ nen Vorzug verlangte, keine menschliche Ehre suchte. Ihr öffnet euer Herz und eure Hand dem dürftigen Nebenmenschen nicht, wie Christus, der überall, wo er hinkam, den Leuten Gutes that. Ihr seyd eigennützig und habsüchtig, und er ist arm. Ihrseyd ganz in eure weltlichen Geschäfte versenket, und er arbeitet nur an dem Werke der menschlichen Erlösung. Ihr wisset keine Unbild zu ertragen, keine Beleidi¬ gung zu vergeben, und er vergibt seinen Mördern, und bittet sogar für ste. Ihr achtet Ungerechtigkeiten und Vervortheilnngcn nicht, und er lehret, so gar das Seinige andern zu überlassen. Wie zerstreu! und frey seyd ihr nicht im Umgänge, da euch das Evangelium allenthalben die Eingezogenheit nud Be¬ hutsamkeit Christi anpreiset, wie nachlaßig im Ge¬ deihe, im Gottesdienst, in den Werken der Gott¬ seligkeit, da euch Christus so vortreffliche Muster der Andacht hinterlassen hat, wie leichtsinnig, die Fehler der andern durchzuziehen, da Christus über das sträfliche Verfahren seiner Jünger ein so tiefes Stillschweigen beobachtet hat, wie schnell, in Hiße und Ungeduld auszubrechen, da Christus allenthal¬ ben nichts als Mitleiden und Sanftmuth gezeigt hat, wie widerspenstig, die Drangsalen dieses Le¬ bens anzunehmen, und sie mit Geduld zu ertragen, da Christus mit der größten Begierde sich nach dem Leiden sehnet, und die Last seiner Schmerzen mit Freuden ( HF ) ! Freuden ertragt, wie angeheftet an die Güter die¬ ser Erde, da Christus kein Eigeitthnm besitzet, und freywillig in der strengsten Armuth lebet, wie abge¬ neigt gegen euren Nebcnmenschcn, wie wenig bereit ihnen Gutes zu wollen, und eine hülfreiche Hand Zn leisten, da Christus seine Kräfte, seine Ruhe, sein Leben für sie aufopferk, wie ungehorsam gegen die Befehle eurer Eltern und Vorgesetzten, da Chri¬ stus obwohl er Gott selbst ist, den Menschen gehor¬ chet ; man erblickt zwar an vielen aus euch das Bild des armen, des verlassenen, oftmals auch des verfolgten und leidenden Jesus, allein seyd ihres auch im Herzen, und nicht vielmehr nach dem äußer¬ lichen Scheine, ihr seyd arm, aber ihr traget eure Armuth mit Unzufriedenheit , welche doch Christus frey gewählet hat, ihr seyd verlassen, aber ihr mur¬ ret in eurer Verlassenheit wider Gott, welche doch Christus mit Unterwerfung von der Hand seines Vaters angenommen hat, ihr leidet, aber ihr gehet in euren Drangsalen bis zur Klcinmuth , bis zue Verzweiflung , welche doch Christus mit Großmukh auf sich genommen , und mit Freuden getragen hak. Auf diese Weise, meine geliebten Pfarrkinder, nennet ihr euch alle Christen , und habet nichts an euch von Christo. Weil ihr den Namen eines Chri¬ sten traget, weil ihr die Taufe als Christen empfan¬ den habet, weil ihr euch zur christlichen Lehre be- ieunct, weil ihr hin und wieder einige Pflichten des Christenthums erfüllet, dem Gottesdienste bepwoh- "et, die Sakramente empfanget, so beredet ihr euch, ihr wäret in der Thal auch Christen , da ihr dochaus drr Vergleichung, die ich gemacht habe, euch über- H s zeugen — ( i : 6 ) —. zeugen konntet, es mangle euch noch das.Nothweu- digste zum Christenthume, nämlich die Nachahmung Jesu Christi. Die fünfte der christlichen Hauptpflichten ist: Sanftmülhig und deinüthig scpn. Diese Pflicht le¬ get uns der Welterlöser mit ausdrücklichen Worte» auf, indem er uns bestehlt, daß wir von ihm die Sanftmuth und Demuth lernen sollen: "Lernetvon mir, denn ich bin sanftmüthig und demüthig von Herzen. „ Matth, i r, 29. Fürtreffliches Muster, man darf nnr das Evangelium lesen, so findet man allenthalben die schönsten Züge dieser Tugenden in Christo. Allenthalben läßt er ftineLeutseligkeit, und Sanftmuth gegen die Menschen merken, wenn zwecn seiner Jünger Feuer vom Himmel über eine Stadt Samariens wollen herabfallcn lassen, so nimmt sich seine Sanftmuth dieses Volkes wider ihren Eifer an, und er rückt ihnen vor, daß sie den Geist der Sanft- muth und der Liebe noch nicht kenneten, dessen Die¬ ner sie seyn sollten. Luk. 9. Wenn die Apostel eine Menge Kinder, die sich zu ihm dringen , mit Unge- stümme zurückweisen, so wird seine Sanftmuth da¬ durch beleidiget, daß man jemanden den Zutritt z" ihm nicht verstattcn will. Matth. 19. Er ist gegen alle Menschen liebreich, mit allen gesprächig, er be¬ handelt jedermann, selbst die Sünder mit der grö߬ ten Sanftmuth. Was befiehlt er seinen Jüngern öf¬ ters und nachdrücklicher an, als daß sie sich einan¬ der in Sanftmuth ertragen, einander mit Liebe z"- Vorkommen, keiner sich einen Vorzug über den an¬ dern anmaßen sollen. Eben so glänzende Bepspiele der Demuth sehe" wir ( 1-7 ) — wir an unserm göttlichen Muster, dem Göktmenscheu Obwohl er oller Ehre würdig war, so suchte er doch niemals eine, er verbarg sich, als man ihn zum Könige machen wollte, und entferncte sich sehr oft von den Oertern, wo er sich durch Wunderthaten die Hochachtung und Verehrung des Volkes erwor¬ ben hatte, er laßt sich zu den geringsten Menschen herab, um ihnen Gutes zn thun, er bekennet von sich, daß er nicht gekommen sey , bedienet zu wer¬ den, sondern andern zu dienen. Matth. 20, 28. Lasset uns, meine geliebten Pfarrkinder, in die¬ sen beyden so fürtrefflichen Tugenden, der Sanft- muth und Demuth, unserm göttlichen Lehrmeister Nachfolgen, lasset uns ein sanftes Betragen gegen alle Menschen, wer sie immer sind, annehmen, alle als Unsere Brüder ansehcn , sie lieben, uns ihnen ge¬ fällig erzeigen, lasset uns keinen Menschen verach¬ ten, uns über keinen erheben, uns nicht besser, als andere dünken, lasset uns auch den Geringsten Ge¬ fälligkeiten und Dienste leisten. Durch die Ausübung dieser beyden Tugenden, werden wir zu erkennen ge¬ ben, daß wir den wahren Geist des Christenthnms haben , welcher ein Geist der Sanftmuch und De- muth ist. Endlich gehöret unter die christlichen Hauptpflich- ten, die Feinde lieben - denen wohl thun, die uns hassen, für die bethen, welche uns beleidigen und verfolgen. Diese Liebe tragt uns der Heyland in dem Evangelium vor, und macht sie uns zur Pflicht: Eichet eure Feinde, thut wohl denen, die euch has¬ sen , und bittet für die, so euch verfolgen, und be¬ eidigen. Matth. F, 44. Diese Pflicht verbindet so - HZ streng - ( ' streng, daß wir, ohne dieselbe zu erfüllen, keine Kinder des himmlischen Vaters seyn können. Ließ ist der Ausspruch unseres Heylandes, welcher, nach¬ dem er gesagt hatte, wir sollen unsere Feinde lieben, gleich hinzusetzet: "Auf daß ihr Kinder seyd eures Vaters, der im Himmel ist, welcher seine Sonne über die Guten und Bösen aufgehen, und über die Ge¬ rechten und Ungerechten regnen läßt. „Matth. F, 4L> Ohne unsere Feinde zu lieben, können wir uns kei¬ ne Hoffnung auf die himmlische Belohnung , nach welcher wir trachten, machen: "Denn, sagt der Heyland, wenn ihr liebet, die.euch lieben, was werdet ihr für einen Lohn haben. „ Matth. L, 46. Wenn wir unsere Feinde nicht lieben, so ist zwischen uns , ob wir uns gleich Christen nennen, und zwi¬ schen den Heyden kein Unterschied : "Wenn ihr allein eure Brüder grüßet, was thut ihr weiter, thun nicht dieß auch die Heyden. Matth. L, 4/.OHnedie- se Feindesliebe ist es unmöglich Frieden und Einig¬ keit unter den Menschen zu erhalten, an deren Auf¬ rechthaltung doch das größte Glück der Welt abhangt, denn die Welt ist durch die Leidenschaften der Men¬ schen voller Unordnungen, die es bcynahe unmög¬ lich machen, darinnen zu leben, ohne beleidiget;» werden, ohne selbst zu beleidigen, ohne Feinde zu haben, ohne Feind zu seyn. Hingegen befiehlt die Religion eine allgemeine Liebe, und gebiethet uns besonders unsere Feinde zu lieben, weil sie dieses Betragen als das einzige Mittel an.ieht, Frieden und Einigkeit unter den Menschen zu erhalten. Die christliche Religion befiehlt die Feinde zu lieben, ihnen Gutes zu thun, für sie zu Heiden, wenige ( "9 ) wenige Worte, die aber von einem sehr weiten Um¬ fange sind. Lasset euch denselben erklären, ihr wer¬ det dadurch in die nöthige Erkenntniß kommen, wie dieses Gebolh zu erfüllen sep. Feinde lieben heißt: 1. Denen die uns beleidiget, gegen die wir alle Liebe verlohreu, Groll, Haß, und Rachbegierde gcfasset haben, vergeben. Es heißt, von Herzen vergeben. Es heißt, so oft sic uns immer beleidiget, vergeben. Es heißt ohne Verschub vergeben. 2. Heißt es, Neigung, Liebe, Wohlwollen ge¬ gen seine Feinde fassen. Wenn man den Frieden, die Aussöhnung, und Liebe nicht im Herzen hat, so ists bloß Heucheley, bloß Verstellung. Jesus Chri¬ stus verlangt den Frieden nicht nur im Munde / son¬ dern im Herzen, er befiehlt die Feinde nicht nur mit de» Lippe», sondern mit Neigung zu grüssen. Doch darf man dabey auf Klugheit und Behut¬ samkeit nicht vergessen. Man muß mit allen Leuten freundlich, liebreich, wohlthatig umgehen, aber man soll mit niemanden zu gemein werden, beson¬ ders , mit denen nicht, deren Herz wir schon kennen, daß es nicht ganz nach dem unsrigen gcstimmet ist. Dahero erinnert uns der weise Sprach : "Traue dei- nem Feinde nimmermehr, denn wie das Eisen im¬ mer rostet, also läßt er auch seine Schalkheit nicht. Und wenn er schon sehr demüthig, gekrümmet und gebückt umher geht, so wehre dem Gemüth ab, und hüte dich vor ihm. Laß ihn dir nicht nahe stehen, noch an deiner Rechten anstchen, daß er dir nicht nach dei¬ nem Stuhle und Sitze trachte. Eine Zeitlang wird er bey dir verbleiben, wenn du aber fällst, so wird er sich nicht steif an dich halten. Der Feind ist süß H 4 mit — s 120 ) - mit seinen Lefzen, aber in seinem Herzen gedenket er, wie er dich in die Grube stürze. Er kann auch dazu weinen, findet er aber gelegene Zeit, so mag ihn mit Blute niemand ersättigen- Wenn dir ein Unglück zu Händen stoßt, so findet er stch zu erstbey dir ein, und wenn er schon thut, als wolle er dir helfen, so stürtzt er dich. Er wird sein Haupt schüt¬ teln, und die Hände vor Freuden über dich zusam¬ menschlagen, deiner spotten, viel über dich ohrcn- blasen, und das Angesicht gegen dir verändern. „ Syr. iL, io. 19. Diese Warnung muß unsere Lie¬ be gegen die Feinde weise, behutsam und vorsichtig machen. Denen, die uns Haffen, Gutes thun, will sa¬ gen, 1. denen die uns übel wollen, wohl wollen, nicht nur sie nicht Haffen, nicht verachten, nicht bö¬ se von ihnen sprechen, ihnen nicht zu schaden suchen, die Unbilden vergessen, sondern sich über ihr Glück erfreuen, ihr Unglück bedauern. Gut von ihnen re¬ den, im Umgänge, bep Zusammenkünften, Begeg¬ nungen sich freundlich, höflich erweisen. De» ersten Schritt zur Versöhnung machen , sie ansnchen , an- fangen, und so die innerliche Liebe auch äußerlich zeigen. 2. Ihnen eigentlich Gutes thun durch Dienste, durch guten Rath, durch Hülfleistung, durch Ab¬ wendung ihres Unglückes, und Beförderung ihres Glückes. Für die bitten, die uns verfolgen, heißt, nach seinen Kräften zu ihrer Bekehrung, sittlicher Ver- vollkommung, zu ihrer Seligkeit betragen, für sie -( r 2 r ') — ße sowohl in ihrem. Leben als nach ihrem Tode bethen. Alle diese Stücke sind in dem Gebvthe der Liebe der Feinde begriffen , deren keines wir unterlasse» dürfen, wenn wir Christen» wenn wir Kinder rm- ftrs himmlischen Vaters sepn wollen. Lehren. Meine geliebten Pfarrkinder, betraget euch so gegeneinander, daß ihr eure Nebenmenschen nicht beleidiget, und euch nicht leicht einen aus ihnen zum Feinde machet, sepd von Herzen demüthig und sanft- müthig,, begegnet allen Menschen leutselig, schonet einander, sepd nicht so empfindlich, alle§ übelanf- zunehmen , ertrage einer des andern seine Fehler, lasset euch nicht alles verdriessen, bedeke einer des anderen seine Schwachheiten, und suchet einander mit Sanftmuth zu bessern. Agf diese Art werden jene güldene Zeiten des Christenthums unter euch auflcben, von denen die heilige Geschichte sagt: "Die Menge der Gläubigen hatte ein Herz und eine Seele.,, Apostelgesch. 4, Z2. Man wird alsdenn unter euch eine glückselige Vereinigung der Gemükher, einen gemeinschaftlichen Beystand, die angenehmste Ruhe, den süßesten Frieden antreffen, und das Bild des Himmels wahrnehmen. Amen. H Z Zehents ( 122 ) Zehente Abhandlung. §. 4. Von den acht Seligkeiten. WaS gehört noch mehr zu der christlichen Ge¬ rechtigkeit? Zu der christlichen Gerechtigkeit gehören auch jene acht vortrefflichen Tugenden, welche Chri¬ stus der Herr auf dem Berge gelehret, und wegen welchen er den Menschen selig gespro¬ chen hat. Folgende sind es. "l. Selig sind die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich. 2. Selig sind die Sanstmüthi- gen, denn sie werden das Erdreich besitzen. Z. Se¬ lig sind, die trauern und klagen, denn sie werde» getröstet werden. 4- Selig sind, die hungert und durstet nach der Gerechtigkeit, denn sie werden cr- sättiget werden. F. Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. 6. Selig sind, die eines reinen Herzens sind, denn sie wer¬ den Gott anschaucn. 7. Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. 8> Selig sind, die Verfolgung leiden um der Gerech¬ tigkeit willen, denn ihrer ist das Himmelreich.,, Ich will euch, meine geliebten Pfarrkinder, in der gegenwärtigen Abhandlung über diese so vor¬ trefflichen Tugenden etwas ausführlicher unterrich¬ ten, wozu ich euch um eure Aufmerksamkeit bitte. «Selig ( !2Z ) "Selig sind die Armen im Geiste.,, Arme im Geiste sind diejenigen- die wirklich arm sind, ohne unordentliche Begierde reich zu werden, auch dieje¬ nigen sind Arme im Geiste, welche reich sind, ohne ihr Herz an ihren Reichthum zu hangen, ohne üp¬ pig und wollüstig damit zu leben; welche ihren Reich- thum zu guten Sachen verwenden, und damit den Armen zu Hülfe kommen. Die Armnth des Geistes ist Pflicht für alle Menschen, für die Reichen so¬ wohl , als für die Armen. Was die Armen angeht, so müssen sie, um arm im Geiste zu seyn, ihre Armnth mit Geduld leiden, sich dem Willen Gottes unterwerfen, mit dem geringen Antheil, den ihnen die Vorsicht hat zukommen lassen, sich begnügen, alle nnordentliche Begierde nach Reichthum aus ihrem Herzen verwei¬ sen, wider die Verordnung der Vorsehung nicht mur¬ ren, nicht unmäßig über das ungünstige Schicksal klage», unerlaubte Mittel verabscheuen, durch die sie etwa ihre Noch erleichtern könnten, eher alle Ungemachlichkeiten ihrer Armuth ertragen, als durch List, Betrug, und Ungerechtigkeit ihre Umstände verbessern , das Glück der Reichen nicht beneiden. Thun sie dieses nicht, so gehören sie nicht unter die Zahl derjenigen Armen, die der Heyland selig nen¬ net, ihre Armuth ist keine Tugend, und sie wird, anstatt das Werkzeug ihrer Seligkeit zu seyn, der Grund ihrer Verwerfung. . Was die Reichen angeht, so müssen sie, um arm im Geiste zu seyn, ihr Herz nicht an die Gü- ter, die sie haben, hängen, nach der Lehre des Apo» stels, dieselben besitzen, als befassen sie solche nicht; sie ----- l 124 ) — sie müssen ihren Rcichthum nicht unmäßig liebe», ihn durch keine unerlaubte Mittel vermehren, dm Ley nicht hochmükhig, nicht geitzig, nicht unmäßig und wollüstig seyn, sie müssen ihren Ueberfluß für den Antheilder Armen ansehen, der ihnen vonRechts- wegen gebühret, und den sie schuldig sind, ihnen zukommen zu lassen. "Selig sind die Sanstmüthigen.,, Worinnen besieht die christliche Sanftmuth? Sie besteht dar¬ innen, daß man in dem Innersten der Seele alle Leb¬ haftigkeit, - und alle aufsteigende Hitze, welche den Zorn erwecken kann, unterdrücke, daß man in Ge¬ legenheiten, wo das Herz innerlich leidet, und em¬ pfindlich getroffen ist, keine Zeichen weder der Un¬ geduld, noch der Bitterkeit äußerlich sehen lasse; daß man alle seine Worte abwicge, und kein einzi¬ ges hervorbringc, welches entweder eine Verachtung in sich enthielte, so gar in Ansehung derjenigen, mit welchen mau mehr Ursache hat übel zufrieden zu seyn, daß man in allen seinen Geberden eine recht¬ schaffene, eingezogene, demüthige, und liebreiche Art annehme, daß man gegen die Fehler und Schwach¬ heiten der andern Nachsicht gebrauche, daß man sich nicht rache, seine Feinde von Herzen liebe, ih¬ nen Gutes thue, eher eine Unbild leide, als sich im Streit einlasse. Ein solches Betragen -macht uns der Hepland zur Pflicht und Schuldigkeit, wenn er sagt: " Ich aber sage euch, daß ihr dem Bösen nicht widerstreben sollet, sondern wenn dich jemand ans deinen rechten Backen schlagt, dem bieth auch den linken an. Und wenn jemand mit dir vor Gerichte rechten oder ha¬ dern ,. - ( ISA ) — dem, oder dir auch deinen Rock nehmen will, dem laß deinen Mantel.,, Matth. F, Zy. 4a. Und der Apostel befiehlt: ''Alle Bitterkeit und Grimm, und Zorn, und Geschrey, und Lästerung sey ferne von euch, sammt aller Bosheit. Seyd aber untereinan¬ der freundlich, barmherzig, und vergebet einander, gleichwie Gott euch in Christo vergeben hak.„Ephes. 4, ZI- Z2. Die Sanftmnth ist eine unentbehrliche Tugend in der menschlichen Gesellschaft, um mit den Menschen friedlich zu leben. Wenn wir nun mit Engeln, oder mit lauter vollkommenen Menschen umzugchen hät¬ ten, so würden wir diese Tugend nicht nöthig ha¬ ben , weil wir sie nicht würden gebrauchen können. Wir haben aber mit Leuten zu thun, und umzuge¬ hen, die ihre besondere» Neigungen und Meinun¬ gen, ihren Eigensinn, ihre Dorurtheile, und anders Fehler, Schwachheiten, und Unvollkommenheiten haben, solche Leute gänzlich ändern wollen, ist ei¬ ne Sache, die wir niemals zu Stande bringen wer¬ den; mit ihnen gar keinen Umgang haben wollen, ist ebenfalls eine Sache, die sich nicht thun läßt. Es bleibet also, um den Frieden mit ihnen zu er¬ halten, um gut mit ihnen auszukommeu, weiter gar nichts übrig, als sie durch ein freundliches, ge¬ lindes; und sanftes Betragen zu gewinnen. Darinnen besteht der glückselige Vvrtheil dieser Tugend, wie uns der Hcyland solches zu erkeurrcn gibt. Er nennet die Sanftmüthigen selig, weil sic das Erdreich besitzen werden, das heißt, weil sie al- ler Herzen an sich ziehen werden. Und in der Thak, wer muß einen sanfrmütbigkn Menschen nicht gerne ha- hüben? Er zankt nicht, er streitet nicht, er wider¬ spricht nicht hartnäckig, er gibt nach, er kömmtje- dermann zuvor, er ist gegen alle Menschen liebreich und freundlich, er nimmt nicht leicht etwas Übelauf. Auf eine solche Art macht er sich alle Menschen ver¬ bindlich , er gewinnet ihre Liebe, er nimmt ihre Her¬ zen ein. Glückselig jene Versammlungen, Familien, Ehen, Gesellschaften, Gemeinden, welche eine sanft- müthige Liebe vereinbaret! Welch gutes Verständnis, welche Einigkeit der Herzen, welche Zufriedenheit herrschet nicht daselbst? Aber wer kann das Schick¬ sal so vieler Familien, so vieler Hauser, so vieler Ehen, Gesellschaften und Nachbarschaften genug be¬ weinen, wo hitzige Gemüther, «ngcduldige, unge- siümme, Harke, grobe, unbiegsame, stolze, hoch- müthige, eigensinnige, mißtrauische, kitzliche, ta¬ delsüchtige Menschen beysammenwohnen, mit einan¬ der zu thun haben, mit einander leben? Wie viele Uneinigkeiten, Mißverstandniße entstehen nicht un¬ ter solchen Leuten? über eine jede Kleinigkeit ent¬ zündet sich unter ihnen das größte Feuer der Zwie¬ tracht, woraus Lärmen, Getös, Zänkereyen, Hän¬ del, und andere Uebel mehr entstehen. Lasset mich euch, meine geliebten Pfarrkinder, die Worte des Apostels nochmals wiederhole», und präget euch die¬ selben tief in eure Herzen: "Alle Bitterkeit und Grimm, und Zorn, und Gefchrey, und Lästerung sey ferne von euch. Seyd aber untereinander freund¬ lich , barmherzig, und vergebet einer dem andern. Ephes. 4, Zr. ZS. "Selig ( 12/ ) ---> "Selig sind, die trauern und klagen. ,5 Hier ist die Rede nicht von einer weltlichen und blos na¬ türlichen Traurigkeit, die keine Tugend, sondern eine Schwachheit ist, und den Tod wirket; nicht »vn jener unordentlichen, und unmäßigen Traurig¬ keit, in welche wir bey einem Unglückdfalle, bey einem Verlust unserer Güter und derley Umstän¬ den fallen und welche wir ost so sehr überhand neh¬ men lassen, daß wir wider Gott und seine Vorsicht murren, sondern es wird hier eine ganz andere Trau¬ rigkeit verstanden, jene nämlich, vermittelst welcher man seine fleischlichen Lüste tödtet, sich selbst vcr- läugnet, sich in die Freuden der Welt nicht unmäßig ausgießt, sich Gewalt anthuk, und alle Beschwer¬ lichkeiten übertragt, die man in der Beobachtung seiner Pflichten zu überwinden hat, sich über seine Sünden betrübet, und über die Sünden des Näch¬ sten Mitleiden trägt. Diese Traurigkeit ist Tugend, ist Pflicht, ist Seligkeit, ist die Quelle unaussprech¬ lichen Trostes, des reinsten Vergnügens. Man mag von dieser Sache gedenken, was man will, so ist gewiß, daß die Frommen in der Ablich¬ tung ihrer selbst, in den Lhränen über ihre Sünden, in ihrem Kreutze, in der Ueberwindung so vieler Beschwerlichkeiten, in ihrer Mäßigung mehr Freude und Trost finden, als die Bösen in allen ihren lär¬ menden Ergötzlichkeiten. Die Frommen genießen bey ihrer Traurigkeit die Ruhe deß Gewissens, das Ver¬ gnügen des Bewußtsepns, daß sie ihre Pflicht ge- than, welches das angenehmste und das wahre Ver¬ gnügen ist, welches einen vernünftigen Menschen be¬ friedigen kann; sie leben in der gesicherte» Hoffnung, daß — ( 128 ) - daß Gott alle ihre Thränen in dem Himmel abtrock nen, und Ströme der Frenden über sie ausschütlcn werde. Es mögen hingegen die irrdisch - und thie- rischgesinnten Menschen in ihren üppigen Ergötzlich- ketten lärmen, jauchzen, und lachen, wie sie wol len, sie mögen noch so sehr nach ihren Lüsten leben, und sie zu befriedigen suchen, so werden sie doch da- bey niemals ein wahres Vergnügen haben; der Glau¬ be verdammet sie, die Religion erschrecket sie, das Gewissen naget sie. Die Sünde ist eine unvermeid¬ liche Straft nnd Plage für die Sünder, die ihnen allenthalben au'f.dem Fuße Nachfolge!; sie mögen sich äußerlich so fröhlich stellen- als sie wollen, so ha den sie innerlich eine tödtlich? Traurigkeit; es fallt ihnen auch wider ihren Willen ein, daß sie sich nicht in der von Gott vorgeschriebenen Ordnung befinden, daß sie ein Gegenstand des Zornes Gottes sind, und dieser einzige Gedanke ist schon hinlänglich, sie mit tödtlicher Bitterkeit zu erfüllen, und in ihrer Seele eine Art der Hölle hervorzubringcn. "Selig sind . die hungert und durstet nach der Gerechtigkeit.,, Nach der Gerechtigkeit hungern und dursten, heißt, eine brünstige Begierde haben, Gott und dein Nächsten zu leisten, was man ihm schul¬ dig ist, nach der Lugend und Heiligkeit streben, und eifrig trachten, in allem seine Pflicht zu erfüllen- Ach! möchten wir uns doch eben so eifrig nach der Tugend sehnen, wie hitzig und heftig der Durst"' uns nach den Wollüsten, nach dem Gelde, und den Gütern dieser Erde ist, wir würden nicht mehr ft weit auf dem Wege der Gerechtigkeit zurück ftyu Wie glücklich wären wir alsdenn nicht, wir könnten ' zuvcr- — ( »2Y ) - zuversichtlich hoffen, daß wir die Krone der Gerech¬ tigkeit erlangen würden, welche Gott allen denen geben wird, die seine Zukunft lieben; wir könnten sicher hoffen, daß unser in seinen Begierden un¬ endliches Herz vollkommen werde gcsättiget werden. "Selig sind die Barmherzigen.,, Nichts wird uns in dem Evangelium so ost, und nachdrücklich aubefohlen, als die Tugend der Barmherzigkeit, welche darinnen bestehet, daß wir unsern Feinden aus ganzem Herzen vergeben, uns an ihnen nicht im Geringsten rachen, ihnen alles Gute gönnen, und nach Kräften leisten, den Nothleidenden zu Hülfe kommen, den Unglücklichen mit Rath und Thal bey- stehen, uns allen Menschen gefällig erzeigen. Einer¬ bauliches Beyspiel eines barmherzigen Menschen lie¬ fert uns die heilige Geschichte in der Person des Sa¬ maritaner»: Es war ein Mensch, der, indem er von Jerusalem gen Jericho grenz, in die Hände der Mör¬ der fiel, die ihn auszogen, schlugen, und halb tod liegen ließen. Nun begab es sich, daß ein jüdischer Priester an derselben Straße hinabzog, er sah den Elenden in seinem Blute liegen, bekümmerte sich aber nicht um ihn, und gierig seines Weges fort. Bald darauf kam auch ein Levit, der eben so wenig Men¬ schenliebe hatte, auch dieser gierig an dem Elenden fürüber, ohne von seinem Zustande gerühret zu wer¬ den. Ein Samaritan reifete auf der nämlicken Stra¬ ße, er sah den Armseligen da liegen, und da er ihn sah, wurde er zur Barmherzigkeit beweget, sein Herz fühlte Mitleidcn, er stieg von feinem Pferde ab, gieng zu dem Armen hin, erkundigte sich um seine Umstände, und eilete zur schleunigsten Hülse, er Erklär, d. Ratechism. V. Ehl. 3 tlsß —- i ) — goß ihm Orl und Wein m seine Wunden, verband ihm dieselben, so gut er konnte. Nicht genug, er nahm ihn sogar auf sein Pferd, brachte ihn n die nächste Herberge, befahl, man solle Sorge für ihn tragen , feiner pflegen, und auf seine Kosten alles anwenden, «m ihn hcrzustellen. Luk. 10. Dieses Beispiel wird euch, meine geliebten Pfarrkinder, ohne Zweifel erbauen, aber möchte es euch auch be¬ wegen, desgleichen zu thun, thatiges Mitleiden mit euren Nächsten zu tragen, ihnen bepzuspringcn, ihrem Elende abzuhelfen, oder dasselbe doch zu lindern. "Selig sind, die eines reinen Herzens sind. „ Die Reinigkeit des Herzens ist die Seele aller Fröm¬ migkeit, aller Tugenden. Ohne sie ist alle Tugend, wie ein Körper ohne Seele, an dem man nichts als Fäulniß und Gestank antrift, und der nichtmchr wcrth ist, als daß man ihn unter die Erde schar¬ ret. In Wahrheit, was erwartet Gott von den Menschen? und was suchet er in den Menschen? das Herz. Und was ist wohl ohne das Herz in den Menschen, das Gottes würdig wäre? Es besteht also das Leben eines frommen Menschen in dem Herzen, in der Reinigkeit des Herzens, weil er wegen dem Herzen Golt gefällt, von Herzen Gott liebet, und um des Herzens willen von Gott gelie- bet zu werden verdienet. Daher kömmt es, daß Gott durch den Mund seiner Propheten, wenn er sich über die Treulosigkeit der Jude» beklagt, alle Vorwürfe, die er ihnen macht, auf diese so gewöhnlichen Ausdrücke ein¬ schränkt, ihre Herze» seyen fern von ihm, sie hat¬ ten ihre Herzen von ihm abgewendet. Daher kömmt cs, — ( IZI ) — es, daß, wenn David das Bild eines Frommen und er- nes Sünders abschildert er uns insbesondere diesen Un¬ terschied anzeiget, nämlich, der Fromme habe ein gutes, aufrichtiges, reines Herz, er diene Gott von Herzen ,er habedas Gesetz Gottes in seinem Herzen: "Das Gesetz seines Gottes ist in seinem Herzen.,, Ps. Z6,Zi. Der Sünder hingegen habe ein eitles, ein unreines, ein ver¬ derbtes Herz. Daher kömmt, daß eben dieser königliche Prophet in den so öftern und brünstigen Gebekhe», die er zu Gott abschickte, ihn um nichts so sehr bath, als ein reines Herz in ihm zu schaffen: "Erschaffe in mir o Gott ein reines Herz!,, Ps. §o, 12. Und was saget Jesus Christus, welcher vornämlich auf die Welt gekommen ist, um uns wahre Tugend zu lehren? "Gott, sagt er, ist ein Geist, uud die ihn anbcthen, muffen ihn im Geiste und in der Wahr¬ heit anbethen.,, Joh. 4, 24. Folglich ist der wahre Dienst, der sich für Gott schicket, ein Dienst des Geistes, und die Tugend, die ihm angenehm ist, eine Tugend des Herzens, folglich können ihm un¬ sere Tugenden, wie sie immer heißen mögen, mir insofern gefallen, als das Herz daranTheil hat, nur in sofern, als sie aus einem reinem Herzen abstammen. Dieses vorausgesetzet, meine geliebten Pfarrkin¬ der, was ist nöthiger, als daß ihr euch selbst prü¬ fet, ob ihr die so höchst nöthige Reinigkeit des Her¬ zens habet, ohne welche alle eure Tugenden ein eit¬ ler Schatten sind? Ihr brechet vielleicht die Ehe nicht, aber vielleicht ist doch die Liebe gegen eure Ehegatten und Ehegattinnen nicht aufrichtig genug. Ihr stehlet vielleicht nicht, aber v elleicht lüstet es euer Herz nach fremden Gute, ihr schneidet vielleicht I s nie- niemanden die Ehre ab, aber vielleicht heget ihr Groll und Haß im Herzen. Ihr saget lange Gedeihe her, aber vielleicht ohne Empfindung des Herzens. Ihr erscheinet vor den Altären des Herrn, ihr beuget vor denselben eure Knie, und werfet euch in Dc- muth zur Erde nieder; ist aber euer Herz dabeyauch gedemüthiget? Ihr gebet Allmofeu, ihr besuchet die Kranke», fühlet aber dabey euer Herz ein wahres christliches Mitleiden, ihr verrichtet viele gute Hand¬ lungen , habet ihr aber dabey allemal gute und reine Absichten? Lasset uns, meine geliebten Pfarrkinder, uns richtigere Begriffe von der Tugend machen, und las¬ set uns allen Fleiß anwcndcn, um in uns ein reines Herz zu erschaffen, ein Gott getreues Herz, welches ihm aufrichtig ergeben ist, welches geneigt ist, ihm alles zu Gefallen thun, welches ihn aufrichtig liebet, ein gerechtes Herz, welches keines Menschen Gut verlanget, ein mäßiges Herz, welches alle Unord¬ nung verabscheuet, ein aufrichtiges Herz, welches von keiner Falschheit, von keiner Verstellung, von keiner Heuchelet) etwas weiß, ein zärtliches Herz, welches Mitleiden fühlet, und geneigt ist, andern Gutes zu thun, ein sanftmüthigeö Herz, welches den Frieden mit allen Menschen liebet, ein reineS Herz, welches sei» Vergnügen an ehrbaren Freuden suchet, ein demüthiges Herz, welches von niemanden übel denket. Auf diese Art werden wir zu der seligen An¬ schauung Gottes gelangen. "Selig sind die Friedfertigen.,, Die Friedfer¬ tigkeit besteht in der Neigung, mit den Mensche» friedlich zu leben, in der eifrigen Bestrebung, alles zur — ( rZZ ) — zur Erhaltung -er Einigkeit beyzutragen, in der ge¬ nauen Sorgfalt, alles zu vermeiden, was die Ei¬ nigkeit stöhren kann. Diese Tugend empfiehlt uns der heilige Paulus, wenn er schreibt: "Habet mit allen Menschen Frieden, so viel als an euch ist.,, Röm. i2, iz. Und Jesus Christus, als er von seinen Jüngern schied, und sie auf der Welt znrücke ließ , empfahl er ihnen nichts deutlicher und ausdrückli¬ cher, als daß sie friedlich miteinander leben sollen. Bey einer einzigen Unterredung, die er mit ihnen hielt, sagte er dreymal zu ihnen: "Der Friede sey mit euch „ Joh. 20, 2i. Der heilige Paulus hält dafür. ein Christ könne nicht würdig nach seinem Berufe leben, und er vernachläßige eine der wesent¬ lichsten Pflichten des Christenlhums, wenn er sich nicht bestrebet, friedlich zu leben: "So bitte nun euch ich Paulus gefangen in dem Herrn, daß ihr würdiglich wandelt, wie sichs für euren Beruf schi¬ cket, darinn ihr berufen seyd, mit aller Demuth, und Sanfimuth, und mit Geduld. Vertrage einer den andern in der Liebe, und seyd sorgfältig die Ei¬ nigkeit im Geiste durch das Band des Friedens zu erhalten.,, Ephes. 4, i. 2. Z. Dieser Apostel beschwor die Gläubigen, sie soll¬ ten keine Spaltungen, und keine Parrheylichkeiten unter fick» seyn lassen. Er sah die traurigen Folgen derselben für das Christenthum vorher, und deßwe- gen gab er sich so viele Mühe, die Christen davor zu bewahren, er stellte den Gläubigen vor, sie hät¬ ten cinerley Taufe empfangen, sie wären in einerley Lehre unterrichtet worden, sie dieneren einem und ebendemselben Gott, und sie hätten alle einen Va- I 2 ter : ( iZ-4 ) te'': "Ein Herr, ein Glaube, eine Tauft, ein Gott und V^er unser Aller.,, Ebend. V. L. u. 6. Dar¬ aus zog er den Schluß, sie sollten also auch einig und ftiedsam untereinander seyn. Trist, meine ge¬ liebten Pfarrkinder, dieser Bewegungsgrund nicht auch bey uns zu? Wir haben alle eine Tauft em¬ pfangen, wir sind alle Rinder eines, nnd desselben Vaters, der Gott ist, wir bekennen alle eincrley Lehre, aber außer diesen allgemeinen Ursachen gibt es noch besondere, die uns mit einander genau ver¬ binden, und im Frieden erhalten sollen. Wir leben mit einander in einem Hause, in einer Familie, wir sind GUeder eines und ebendesselben Staates, Unterrhanen eines und ebeü desselben Monarchen , Bürger einer und ebenderselben Gemeinde, Genos¬ sene einer und ebenderselben Pfarr, die Einheit iß in allem diesen vollkommen. Soll sie sich denn nm unter unfern Herzen nicht finden, da sie am nöthig- sten ist. Dieser Friede, in welchem mir mit einander le¬ ben sollen, ist eines der größten Güter, die wir verlangen können, er ist der kostbareste Schatz des Lebens, und ohne ihn können uns alle übrigen Gü¬ ter in der Welt nicht glücklich machen. Ach, wenn wir friedlich und einig mit einander lebeten, ft würden wir in einem Paradiese wohnen: "denn, sagt der Psalmist, wie gut und wie lieblich ist es, meine Brüder, in Eintracht bey einander wohnen?,, Ps. iZ2. i. Aber was ist ohne Frieden? Wirschen es täglich, wo in einem Hause, in einer Fami¬ lie, in einer Ehe, in einer Gesellschaft, in ei¬ ner Gemeinde keine Einigkeit ist, da ist nichts als — ( r^Z ) — als gräuliche Verwirrung, da ist das ZAld der Hölle. Man geht vor einander fürüber, ohne einander zu begrüßen, man sieht einander finster an, man kla¬ get und murret gegeneinander, man machet böse Anschläge gegen einander, man schilt und schmäht auf einander, man thut einander alles zu Leid , man liegt einander ohire Unterlaß in den Haaren. Wo der Friede fehlet, da sieht man selbst unter Chri» sten solche Greuel, welche die Heyden verabscheuen, man sicht Freunde wider Freunde, Nachbarn wider Nachbarn, Brüder wider Schwestern aufgebracht, den Mann gegen sein Weib, das Weib gegen ihren Mann, den Vater gegen seine Kinder, die Kinder gegen den Vater aufgehetzet. ' ; Dieses große Uebel rühret aus Mangel der Lie¬ be, der Sanftmuth, der Demuth, und der Geduld her. Würden wir einander aufrichtiger lieben, sanft- müthig, mitleidig, freundlich seyn, einander Ge¬ fälligkeiten erweisen, von einander nicht übel re¬ den, so würden wir immer int Frieden leben. "Selig sind, die Verfolgung leide» um der Ge¬ rechtigkeit willen. „ Es ist auch nach dem AuSspruche des Apostels, das Schicksal aller Frommen, daß sic Verfolgung leiden. "Alle, die da fromm in Chlisto Jesu leben wollen, werden Verfolgung leiden.,, 2. Tim. Z, 12. Es besteht aber diese selige und vollkom¬ mene Tugend darinnen, daß man sich durch kein Lei¬ den, durch keine Verfolgung, durch keinen Schimpf von der Tugend, von der Rechtschaffenheit, von der Erfüllung seiner Wichten abwendig machen lasse- I 4 Leh- — ( rZ<5 ) __ Lehren. Meine geliebten Pfarrkinder, ihr sehet aus dem¬ jenigen, was ich euch in dieser Abhandlung von den acht Seligkeiten gesagt habe, daß nach der untrüg¬ lichen Lehre Jesu Christi die Seligkeit des Mensche» in ganz andern Dingen besteht, als die Welt dafürhalk. Wenn wir die Welt fragen, so sagt uns diese, diejenigen waren glückselig, die alles genug haben, die ihren Ucber- fluß verprassen, verspielen und verschwenden, die üppig und wollüstig leben, die nichts ungerochen auf sich liegen lassen, die sich durch ihr ungestümmes Wesen jedermann fürchterlich machen, die sich wohl seyn lassen, ihr Leben in üppigen Freuden zudrin¬ gen. Allein die Welt mag sage», was sie will, so wollen wir keine andere Seligkeit suchen, als jene, die in der Ausübung derjenigen Tugenden besteht, die Jesus Christus auf dem Berge mit Worten, und die ganze Zeit seines Lebens in dem Werke gepredr- get hat. Amen. ELlfte Abhandlung. Von den guten Werken, und deren Verdienste. Unter dem Guten, was dem göttlichen Gesetze ge¬ mäß ist, und was zur christlichen Gerechtigkeit ge¬ höret, werden nicht nur die verschiedenen, sowohl göttlichen, als sittlichen Lügenden, von denen ich bis- — ( bisher» gehandelt habe, verstanden, sondern man versteht darunter auch noch die guten Werke, die uns der Welthepland zu verrichten befohlen hat. Ich werde von dieser Materie heute handeln- wozu ich mir eure Aufmerksamkeit ausbitte. i. Von dm guten Werken überhaupt. WaS sind gute Werke emeS Christen? Gute Werke eines Christen sind Handlungen, welche Gott wohlgefällig, und für den (thri- sten, der sie ausübet, verdienstlich sind. Wozu find gute Werke nothwendig? Gute Werke sind zur Seligkeit nothwendig, Len» der Glaube ohne gute Werke ist tod. Die Nothwendigkeit der guten Werke zur Selig¬ keit ist indem Evangelium so deutlich ansgedrückt, daß uns nicht der geringste Zweifel übrig bleiben kann. "Ein jeder Baum, ist der entscheidende Aus¬ spruch des Heylandes, der nicht gute Früchte brin¬ get, wird ausgehauen, und in daS Feuer geworfen werden.,, Matth. 7, 19. Und was sollte wohl die erwachsenen Menschen, die den Himmel verdienen müssen, selig machen können? ihr Glaube etwa? Dieser ist freplich zur Seligkeit nothwendig, weit man ohne denselben Gott nicht gefallen kann. Aber eben dieser Glaube ist ohne die guten Werke eiu ganz unnützes Ding. Der Glaube ohne die Werke ist nach dem bekannten Ausspruche des heiligen Jakobus ein todter Glaube. Wozu kann uns nun aber eiu lodtcr I L Glaube —- ( ) — Glaube dienen? und können wir hoffen, durch ihn selig zu werden? Nein, sagt der heilige ZakobuS: "Was nützet es, meine Brüder, so jemand sagt, er habe den Glauben, und hat aber die Werke nicht. Wird ihn der Glaube auch selig machen können?,, Jak. 2, 14. Was verdienet man durch gute Werke? Durch gute Werke verdienet man von Gott Ver¬ mehrung der heiligmachsnden Gnade, ewige und zeitliche Belohnungen, welche Gott aus bloßer Gnade denen versprochen hat, dieGu- tsö thun. Können Menschen aus eigenen Kräften gute Werke thun? «Auto werke, die zur Seligkeit nothwendig, und bey Gott verdienstlich sind, kann der Mensch nicht aus eigenen Rrasten, sondern nur mit Beyftand der göttlichen Gnade thun. Shue die Gnade, welche eine innerliche und übernatürliche Gabe ist, vermittelst welcher Gott uns erleuchtet, rühret , beweget, kann kein Mensch, er mass ein Sünder, oder ein Gerechter seyn, gute Werke thun. Dicst gibt uns der Heyland selbst zu verstehen, wenn er sagt: "Ohne mich, das ist, oh¬ ne meine Gnade, und ohne meinen Beystand, kön¬ net ihr nichts thun.,, Joh. 1 L, A. Und der heilige Paulus schreibet: "Nicht, daß wir genugsam seyn , etwas aus uns, als aus uns selbst zu gedenken, sondern unser Vermögen ist aus Gott.,, 2. Kor. L, F. Das- Dasjenige, worinneu ihr, meine gekieötenPfarr¬ kinder, in Ansehung der gnten Werke hauptsächlich unterrichtet werden muffet, ist die Art, wie sie be¬ schaffen seyn muffen, damit sie Gott wohlgefällig , und verdienstlich find. Wie müssen gute Werke beschaffen seyn, welche bey Gott des ewigen Lebens verdienstlich seyn sollen? Gute Werke , welche bei Gott des ewigen Le¬ bens verdienstlich sein, müssen vollbracht werden: i. Im Stande der Gnade. 2. Frei¬ willig. z. Nicht bloß aus natürlichen oder siteln Bewegungsgründen, sondern vorzüg¬ lich wegen Gott. Sie müssen im Stande der Gnade verrichtet wer¬ den. Obgleich der Stand der Sünde nicht eine jede tugendhafte Handlung, ja auch nicht einmal eine je¬ de übernatürliche Handlung ausschließt, so ist doch gewiß, daß die Werke, welche, ob sie gleich tu¬ gendhaft, ja so gar übernatürlich sind, in dem Stande der Sünde, das ist, einer ködtlichen Sün¬ de verrichtet werden, nichts für den Himmel ver¬ dienen, daß ihnen Gott in seiner Herrlichkeit keine Belohnung versprochen hat, und daß sie uns, wenn sie das Siegel der heiligmachenden Gnade nicht an sich haben, kein Recht zu dem Erbtheile der Kinder Gottes verschaffen. Warum? um zwocr Ursachen wegen, auf die ich euch aufmerksam zu seyn bitte, weil sie euch lehren, wie sehr man sich vor der Sün¬ de — ( i4v ) — de zu fürchten habe, und was für betrübte Folgen fie nach sich ziehe. Die erste Ursache ist von dem Zustande des Sün¬ ders hergenommen. Was ist der Stand der Sünde ? Der Stand der Sünde ist ein Stand des Todes: "Wenn die Sünde vollzogen ist, schreibt der heilige Jakobus, so gebichrt sie den Tod.,, Jak. r, iZ. Daher kömmt es. daß die Sünde tödtlich genennet wird, weil sie die Gnade und die Liebe, welche die Quellen des Lebens sind, so zu sagen, in uns aus- lsschet und tödtet. Nun kann man in einem Stande des Todes keine Handlungen des Lebens verrichten. Und wenn man keine Handlungen deS Lebens ver¬ richten kann, wie könnte man das vortrefflichste und vollkommenste unter allen Leben, welches die ewige Herrlichkeit ist, verdienen. Die andere Ursache gründet sich auf die Natur des Verdienstes. Das Verdienst, welches unsere Wer¬ ke des himmlischen Erbes würdig machet, rühret von Jesu Christo her, dessen unendliche Verdienste ihnen eine glückliche Fruchtbarkeit verschaffen. Nun müssen wir aber zu dem Ende durch die Liebe mit Jesu Christo vereiniget seyn, wir müssen nach dem Gleichniße, dessen sich Jesus selbst bedienet, um uns drese Wahrheit zu erklären, mit ihm, als wie die Weinreben mit ihrem Stocke vereiniget seyn. Denn er ist der Weinstock, und wir sind die Reben: "Ich bin der Weinstock, und ihr seyd die Reben.,, Joh. rz, L. Gleichwie nun die Weinreben, wenn sie von ihrem Stocke abgesöndert sind, keine Früchte bringen können, also können auch wir, wenn wir durch die Sünde von Jesu Chnsto getrenuet sind, keine - ( 24- ) - keine Früchte des Heils bringen: "Gleichwie eins Rebe von ihr selbst keine Frucht bringen kann, fie bleibet denn am Wcinstocke, also auch ihr nicht, ihr bleibet denn in mir „ Joh. »L, 4. Wenn sich nun aber die Sache also verhalt, was sind wohl, meine geliebten Pfarrkinder, dis meisten guten Werke eures Lebens, und was glau¬ bet ihr wohl, daß sie bey Gott gelten? Ihr verrich¬ tet vielfältiges Gebeth, ihr «bet Werke der Gottse¬ ligkeit aus, ihr gebet Allmosen, und verrichtet Wer¬ ke der Liebe, ihr beobachtet eure Pflichten, ihr thuk eurem Amte genug, ihr seyd gottesfürchtig, und le¬ get solches äußerlich an den Tag. Aber da ihr diese guten Handlungen in dem wirklichen Stande ei¬ ner schweren Sünde begehet, so ist es gewiß, daß ihr dadurch keine Verdienste für den Himmel sam¬ melt. Diese Wahrheit soll einen jeden aus uns in Schrecken setzen, und wir sollen daraus lernen, wie sehr wir uns vor der schweren Sünde hüte» sol¬ len. Die guten Werke, wenn sie bey Gott des ewi¬ gen Lebens verdienstlich scpn sollen, müssen freywil- lig scyn. Gott, welcher die höchste Weisheit ist, will von vernünftigen Geschöpfen vermittelst einer freyen Wahl angebethet, und gcehret seyn; ein je¬ der Dienst, der ihm von ihnen ans Zwang und Not¬ wendigkeit geschieht, ist seiner unwürdig. Endlich müsseu unsere guten Werke aus überna¬ türlichen Absichten verrichtet werden. Von der Ab¬ sicht, die wir bey unfern Handlungen haben, hängt ihr Werth und Verdienst für die Seligkeit ab. lie¬ ben wir die Werke der Religion aus Heuchele»», aus bloßer — ( 142 ) —- bloßer Gewohnheit aus; ehren wir unsere Obern und Vorgesetzten, aber mit Widerwillen, aus knech¬ tischer Furcht, schütten wir unsere Güter in den Schooß der Armen aus, aber aus Ehrgeitz, so ist gewiß, daß solche Handlungen Gott nicht gefallen , daß sie seiner ewigen Belohnungen nicht würdig sind. Nun ist aber der Endzweck, den uns die wahre christliche Klugheit bey unfern guten Werken eingibt, die Liebe Gottes. Was wir also immer für gute Werke thun, so sollen wir sie durch eine Regung der Liebe zu Gott verrichten, ihm widmen, ihm dadurch zu gefallen suchen. Alle unsere gute Entschließungen, sagt der heilige Leo, kommen von Gote: Gott ist der Urheber aller unserer guten Werke; es ist also ja nichts billiger, als daß wir all unser Thun und Lassen zu seiner Ehre richten. Nachdem ich dieses von den guten Werken über¬ haupt zum Voraus gssetzet, so komme ich nun auf die guten Werke insbesondere. 2. Von -en guten Werken insbesondere. Welche sind die vornehmsten guten Werke? Die vornehmsten guten Merke sind: Bethen, Ka¬ sten, Allmosen geben. Warum heißen diese drey guten Werke die vornehmsten? Bethen, Kasten, Allmosen geben, heißen die vornehmsten guten Merke, weil alles, was man Gutes und Verdienstliches thun kann, unter eines dieser drech Merke gehöret. So — ( i4Z ) — So gehören z. B. unter das Bechen alle Werke der Andacht, alle Hebungen des Gottesdienstes, und alle Uebungen der Anbechung, und alle Pflichten, welche wir Gott schuldig sind. Unter das Fasten ge¬ hören alle Pflichten, die wir gegen uns selbst haben; z. B. die Verläugmmg unserer selbst, die Bezäh¬ mung unserer Leidenschaften, die Mäßigung unserer Neigungen, und unter das Allmosen geben gehören alle die Pflichten der Liebe gegen den Nächsten. Was wird hier durch das Geheth verstanden? Zier versteht man Lurch Las Gebeth alle gott¬ selige Nebungey, wodurch Gott und seine Keilige verehret werden. Was versteht man unter Fasten? lflnter Kasten versteht man nicht allein sich nach der Anordnung der Lirche oder auch freiwil¬ lig im Esten und Trinken Abbruch thun, son¬ dern es heißt auch nach der heiligen Schrift andere Rußwerke verrichten, und sich von Sünden enthalten. Der Abbruch im Essen und Trinken, und die Enthaltung von verbothenen Speisen machet zwar ei¬ nen Theil des Gebothes der Faste« aus, es ist aber nicht das vornehmste und wesentlichste. Dieser Ab¬ bruch ist nur der Buchstabe des Gesetzes, der Geist desselben aber ist die Buße. Es gibt vielfältige Um¬ stände, bey welchen das Geboth von der Enthaltung und dem Fasten anfhöret, und nicht verbindet. Aber das Geboth der Buße besteht allezeit, und verbin¬ det ( r44 ) Der immer, das heißt, es muß die Beschäftigung eines jeden Christen seyn, vor Gott in der Betrüb- niß seines Herzens seine begangenen Fehler zu über¬ denken, ihre Größe und Menge auf eine schmerzhafte Weise einzusehen, sich deßwegeu zu demüthigcn, sich gern und willig den beschwerlichen Pflichten sei¬ nes Standes zu unterwerfen, und sie als Mittel an¬ zusehen, die seine Sünden vertilgen können. Ein jeder Mensch muß, um den Geist des Gesetzes der Fasten zu erfüllen, sich in einer gesetzten und stand¬ haften Bereitwilligkeit befinden, seine Sinne, seine Gemüthsart, seine Leid nschaften, seine Neigungen, seine bösen Gewohnheiten , seinen Stolz und Hoch¬ muth zu tödten, und alle Hinderniße, die der Tu¬ gend im Wege stehen, hinwegzuraumen, er muß sich zwingen, demüthig, sanftmüthig, friedfertig, mit den Schwachheiten des Nächste« mitleidig zu seyn , er muß sich Gewalt anthun, um nicht so frey von den Fehlern seines Nächsten zu reden, ihn nicht so geschwind zu verdammen, nicht so schnell sich wi¬ der ihn aufbringen zu lassen. Dreß alles heißt nach dem Geiste des Gesetzes fasten. Äusser dem ist das, was man sonst für Fasten hält, nur ein Schatten, und Blendwerk. Was versteht man unter Allmosen geben? Unter Allmosen geben versteht man alle leibliche und geistliche Werke der Barmherzigkeit. Der Mensch besteht aus zwey Wesen, deut Leibe und der Seele. Er ist in Ansehung des Leibes so¬ wohl, als der Seele allerley Bedürfnißen unterwor¬ fen; — i fen; er Hat alfo leibliche und geistliche Hülfe von» nöthen. Leistet man ihm diese Hülfe zum Beßker» seines Leibes, so thut man an ihm ein Werk der leiblichen Barmherzigkeit. Thuk man ihm etwas zum Beßren seiner Seele, so heißt man es ein Werk der geistlichen Barmherzigkeit. Es gibt von einer jedwe¬ den Gattung hauptsächlich steben. Welche sind die leiblichen Werke der Barmher¬ zigkeit- Die leiblichen Werke der Barmherzigkeit sind folgende: i. Die Hungrigen speisen. 2. Dre Durstigen tränken, z. Die Fremden beherber¬ gen. 4. Die Nackenden bekleiden. 5. DieRran- ken besuchen. 6. Die Gefangenen erlösen. 7. Die Todten begraben. "Die Hungrigen speisen. „ Wer kann ohne Ent* setzen an die unmenschliche Grausamkeit jenes reichen Mannes gedenken, von welchem Christus in dem Evangelium Meldung thut? Dieser verabscheuungs- würdige Mensch, der den Namen eines Menschen nicht verdienet, hielt alle Tage herrliche Mahlzeit. Es befand sich vor seiner Hausthüre ein elender ar¬ mer Tropf, mit Namen Lazarus, der voller Geschwü¬ re war, und den bittersten Hunger litt. Er verlang¬ te, um seinen Hunger zu stillen, nichts, als daß man ihm die Brosamen geben möge, die von der Tafel des Reichen auf die Erde fielen, und welche die Hunde aussraße»; aber niemand gab sie ihm- Luk. 16. E-Mr.dRatschism.V.THl. K Lasset ( -46 ) Kasse! uns gegen unsere hungerigen NeVenmen- schen nicht so unmenschlich seyn, wie dieser reiche Prasser gegen den armen Lazarus war, damit es uns nicht ergehen möge, wie es denselben ergangen, denn er starb, und wurde in die Hölle begraben. "Die Durstigen tränken.,. So gering dieses Liebeswerk dem Ansehen nach ist, so verspricht doch Christus denen, die es an dem Nächsten ausüben, daß er es reichlich belohnen wolle: "Wer einem von diesen Geringsten nur einen Becher kalten Wassers zu trinken reichet, wahrlich sage ich euch, es wird ihm nicht unbelohnet bleiben.,, Matth, io, 42. "Die Fremden beherbergen.,. Die Beherber¬ gung der Fremden wird in der Lebensgeschichte deS Abrahams, des Loths, des Jakobs als eine der größten Tugenden dieser heiligen Männer angerüh- met. Genes. 17. und Es ist kein Werk der Barmherzigkeit, lüderliche Leute beherbergen, ihnen Aufenthalt und Uuterschleif geben. Melweniger ist es eines, wenn man Deserteurs beherberget, sie un¬ ter Tags in den Häusern verstecket, und dadurch ih¬ nen zum Durchkommen Hülfe und Sicherheit leistet. Man soll, wenn man sich wieder die dem Monar¬ chen und dem Vaterlande schuldige Treue nicht ver¬ sündigen will, solche Leute mit Gewalt anhalten. "Die Nackenden bekleiden. Wenn du einen Na¬ ckenden siehst, spricht Gott durch den Mund des Jesaias, so sollst du ihn bedecken, und dein Fleisch nicht verachten.,, Jesa.zS, 7. "Die Kranken besuchen. „ Die Besuchung der Kranken ist ein sehr gutes Werk , besonders wenn es solche Kranke sind, die verlassen, ohne Hülfe und ohne —— s Mie Abwartung sind. "Laß dich nicht verdrießen, den Kranken zn besuchen, dieß machet, daß man dich wird lieb haben.,, Syr. 7, Z9. Bey Dcfuchung der Kranken hat man sonderlich darauf Acht zu geben, daß man keine unnütze und eitle Gespräche führen, sondern solche, die sie auf- muntern, trösten, zur Geduld und Ergebung in den göttlichen Willen antreiben, man soll ihnen durch vieles und allzulaukes Reden nicht überlästig scyn. Es ist nicht gut für die Kranken, wenn sich viele Leute zugleich bey ihnen einfinden, denn die Menge, und das Getös im Reden machen ihnen bang, und sind ihnen zur Last. "DieGefangenen erlösen.,, Heißt »ichtdenffni- gcn, die ihrer Missethaten wegen von der Obrigkeit in das Gefänguiß geworfen werden, Mittel zum Durchkommen an die Hand geben, und sie in die Freyheit setzen, sondern es heißt solchen Gefangenen bey ihrem Verdruße, bey ihrem Schrecken, und bey ihrer Verzweiflung einen Muth einsprechen, ihnen gewisse Bequemlichkeiten, die nicht wider das Ver« both der Obrigkeit sind, verschaffen, ihnen Gesin¬ nungen der Geduld einflößen. Zn diesem Liebeswerke war besonders der from¬ me Tobias berühmt. Dieser befand sich unter den Gefangenen, welche Salmanasar nach Eroberung des Reichs Israel »ach Assyrien hatte führen lassen. Er hatte das Glück, sich dem König günstig zu ma¬ chen, der ihm Geschenke machte, und viele Freyhei- ten gestattete. Tobias wendete die königliche Gnade zum Beßten seiner gefangenen Mitbrüder an, die er K 2 be- — ( i43 ) — besuchte, tröstete, und mit heilsamen Ermahnungerr erbauete. Tob. i. "Die Tobten begraben. „ Die letzte Ehre und Liebe, die man den tobten Leibern der Menschen anthun kann, besteht darinnen, daß man sie zur Erde bestäktige, und ihren Leichcnzug begleite. Die¬ ses Liebeswerk übete der obgenannte gottesfürchtige Tobias sehr fleißig aus. Er begrub alle Israeliten, die in der Gefangenschaft umkamcn, er trug ihre tobten Körper in sein Haus, und begrub sie des Nachts an einem schicklichen Orte. Tob. 2. Wie an¬ genehm dieses bcy Gott war, erweiset eine wun¬ derbare Begebenheit, die sich mit ihm zugetragen. Es geschah einstens, als er vom Lodtenbegraben müde war, daß er sich an einem Haufe an die Wand legte, und einschlief; da fiel ihm ein warmer Koth ans einem Schwalbeuneste in die Augen, da¬ von er blind wurde. Tob. 10. Nachdem er lange Jahre dieses Unglück mit Geduld ertragen hatte, hatte er in seinem hohen Alter den Trost das Augen¬ licht wieder zu erhalten. Gott schickte einen Enge! zu ihm , der ihn von seiner Blindheit heilen mußte, und der ihn zugleich versicherte, daß er diese wun¬ derbare Gnade durch sein liebvolles Lodtenbegraben verdienet hatte: "Da du mitLhränen bathest, sprach der Engel zu ihm, und die Tobten begrubest, habe ich dein Gebeth vor Gott getragen, und nun hat mich der Herr gesandt, daß ich dich heile.,, Tob. 12. Der Gebrauch. den Tobten ein Kreutz auf das Grab zu stecken, ist nicht zu verwerfen; aber ei» solches Kreutz prächtig mit Sträußen und Bänder» ziere», ist ein ganz unnützer Aufwand, den man gar — ( -4- ) — gar wohl sparen konnte, nnd der um so mehr abzu¬ schaffen und zu verbiethen wäre, weil man dabey mehr seine eigene Eitelkeit, als die Ehre der Todten suchet. Der Gebrauch, vermittelst dessen man den Weibern, die in der Kindbette sterben, neue Pan- . toffel mit in das Grab gibt, ist dumm und aber- glaubisch. Nicht weniger ist die Mepnung vieler Leute ein dummer Aberglauben , welche den Einsturz des Grabes für ein gewisses Zeichen eines bald darauf folgenden Todfalles ansehcn. Dieser Einsturz des Grabes ist ganz natürlich, denn er geschieht nur bey feuchter und nasser Witterung, wo der Grund locker ist. Die jetzt besagten Werke der Barmherzigkeit sind cs, worauf Gott der höchste Richter aller Men¬ schen schauen wird, wenn er seine Anserwählten wird selig machen. "Kommet her, ihr Gebenedeyten mei¬ nes Vaters, wird er an jenem grossen Tage zu ih¬ nen sagen, besitzet das Reich, das euch von Anbe¬ ginn der Welt bereitet ist. Denn ich bin hungrig ge¬ wesen, und ihr habet mich gespeisek, ich bin dur¬ stig gewesen, und ihr habet mich getranket, ich bin ein Gast gewesen, und ihr habet mich beherberget, ich bin nackend gewesen, und ihr habet mich beklei¬ det, ich bin krank gewesen, und ihr habet mich be¬ suchet, ich bin gefangen gewesen, und ihr scyd zu mir gekommen; denn wahrlich sage ich euch , was ihr einem aus diesen meinen geringste» Brü¬ dern gethan habet, das habet ihr.mir gethan. Matth. 2F. Aus — ( rZo ) — Aus diesen Worten kernen wir erstlich die tröst¬ liche Wahrheit, daß das Gute, was wir den Men¬ schen aus einer wahren christlichen Liebe thun, Gott so aufnilnmt, als hätte man es au ihm selber gethan. Zweytens, daß wir für unsere Werke der Liebe und der Barmherzigkeit mit den ewigen Gü¬ tern des Himmels werden belohnet werden. Wie kräftig sollte uns nicht diese doppelte Wahrheit an- Lreiben, den Armen, Nothleidenden, Bedürftigen, Kranken, wer sie auch immer sey» mögen, nach un¬ fern Kräften beyzuspringeu? Jn der Lhat, wenn wir cs nicht thun, so müssen wir weder ein Vergnügen daran haben, Gott, der uns so viele Wohlthatcn erzeiget, etwas angenehmes zu erweisen, noch ein aufrichtiges Verlangen hegen, in den Himmel z» kommen. Was wir bey Ausübung der Werke der christli¬ chen Barmherzigkeit verhüten sotten, ist die Eitelkeit und die Ruhmsucht. Thun wir den Armen aus bloß eiteln Absichten Gutes, so ist es kein vor Gott ver¬ dienstliches und des Himmels würdiges Werk. Sind wir nur mitleidig und freygebig, damit die Men¬ schen uns loben, geben wir nur Allmosen, nm mit imftrm Vermögen zu prahlen, und groß zu thun, so fallt dadurch alles Verdienst bey Gott hinweg. Darinnen besteht die Warnung, die uns der Heyland in dem Evangelium gibt: "Habel Acht, daß ihr eure Gerechtigkeit nicht vor den Menschen thuet, da¬ mit ihr von ihnen gesehen werdet, sonst werdet ihr keinen Lohn bey eurem Vater, der im Himmel ist, haben. .Wenn du nun Allmosen gibst, sollst du die Posaune mcht vor dir blasen lasten, wie die Heuch¬ ler — < »Li ) — ler'in den Synagoge», und auf de» Gaffen chrrn damit sie von den Leuten gepriesen werden. Wahr¬ lich sage ich euch, sie haben ihren Lohn empfangen. Wenn du aber Allmosen gibst, so laß deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte thut, auf daß dein Allmosen verborgen sey, und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird es dir vergelten.,, Matth. 6, 1.4. Welche sind die geistlichen Werke der Varmher- zigkeit? Die geistlichen Werke der Barmherzigkeit sind fol¬ gende sieben: i. Die Sünder bestrafen. 2. Die Unwissenden lehren, z. Den Zweifelhafter? recht rathen. 4. Die Betrübten trösten, s. Das Unrecht mit Geduld leiden. 6. De¬ nen, die uns beleidigen, gern verzeihen. 7. Für die Lebendigen und Todten Gott bitten. Nicht alle Menschen haben das Vermögen, alle die leiblichen Werke der Barmherzigkeit auszuüben; aber kaum wird ein Stand seyn, iu dem man nicht den größten Theil der geistlichen Werke der Barm¬ herzigkeit ausüben könne. Sind wir Vorgesetzte, El¬ lern und Häupter einer Familie, so kann es uns nicht an Gelegenheit mangeln, das Böse an unfern Untergebenen, Kindern, Dienstboten, und Haus- genvffenen zu bestrafen, ihnen heilsame Unterrichte zu geben, mit gutem Rathe an die Hand zu gehen. Ein Ehegatt kann seine Ehegattinn, und dieseje^ tien, ein Freund den andern, ein Nachbarden an¬ dern durch liebreiche Verweise, durch sanfte Vorstel- K 4, lnn- — ( ILL > -- lungen, durch freundschaftliches Zureden auf ei¬ nen guten Weg -ringen. Und wenn wir gleich nicht alle die Geschicklichkeit besitzen, die Unwissenden zu Ähren, den Betrübten Gründe des Trostes beyzu- Lringen, und den Zweifelhaften mit gutem Rathe an die Hand zu gehen, so sind wir doch alle fähig, Die Unbilden, die man uns anthut, mit Geduld zu übertragen, unfern Feinden zu verzeihen, für die Bekehrung der Sünder, und für das Heil aller Men¬ schen zu bethen. Welche find die evaugelischen Räche? Die evangelischen Käthe sind folgende dre?: i. Die freiwillige Ärmuth. 2. Die ewige Keusch¬ heit. z. Der beständige Gehorsam unter ei¬ nem geistlichen Obern. Warum nennet man diese drey Dinge evangelische Räche? Man nennet diese drei Dinge evangelische Käthe, weil sievon Christo pnEvangelio einzelnen Per¬ sonen nicht gebothen, sondern nur angerathen find. Es ist kerne Sünde reich seyn - nach Reichthum trachten, ihn suchen, sich ein Vermögen erwerben. Cs muß reiche Leute geben, sonst würden die Armen Hungers sterben müssen, der Staat würde übel be¬ stellet seyn, wenn er aus lauter armen Gliedern be¬ stünde. Was wir aber als Christen bey dem Reich¬ thum zu beobachten haben, ist, daß wir unser Herz .nicht daran hangen, daß wir denselben nicht zur Wollust, zur Unmaßigkeit, zum Müßiggänge miß- brau- — ( lLI ) brauchen, daß wir uns , aus Begierde reich zu wer¬ den, zu keiner Ungerechtigkeit verleiten lasten, daß wir den Elenden damit beyspringen, daß wir über¬ haupt bey unftrm Reichkhume so leben, daß wir die ewigen Güter des Himmels nicht verscherzen. Auch ist es Niemanden verbothen zu heurakh,en, Niemanden gebothen ledig zn bleiben, aber alle find schuldig, in einer standmaßigen Reinigkeit zu leben. Man hat zu allen Zeiten in dem Ehestande heilige, und vollkommene Menschen gefunden. Bey dem Bau¬ ernstände, dessen Beruf ist, die Viehzucht und de« Ackerbau zu befördern; bey Leuten, die eine Profe- ßion, ein Gewerb treiben, ist es eine allgemeine Regel, und ein allgemeiner Beruf, daß sie, so bald sie ihr eigener Wirth sind, eine fromme und arbeitsame Person zn hcurathen suchen, weil eine Landwirthschaft, eine Handthierung ohne Hausmut¬ ter, oder ohne den Stand der Ehe nicht lang gut gehen, und kernen rechten Fortgang haben kann; denn durch eine fleißige und ordentliche Wirthin wird der Mann reich. Endlich ist auch Niemand verbunden, sich seiner Freyheit zu begeben, das Klosterleben zu wählen, um dort nach einem fremden Willen in allem zu leben. Gott verlangt dieses nichts aber er will, daß wir um seinetwillen allen denjenigen gehorchen sollen, die er über unS gefetzet hat, unfern Eltern, Herrschaften, Vorgesetzten und Landesobrigkcik. K A E e h- ( ^L4 ) — Lehren. Ich beschließe diese Abhandlung von den guten Werken mit den Worten des heiligen Petrus: "Be¬ fleißet euch, liebe Brüder, daß ihr euren Beruf und eure Erwählung durch gute Werke gewiß wachet. Denn wo ihr solches thuk, werdet ihr zu keiner Zeit fündigen,^ und also wird euch der Eingang zu dem ewigen Reiche unsers Herrn und Heylandes Jesu Christi reichlich Handgereichetwerden.-, Petr, i, io. ri. 12. Amen. Zwölfte Abhandlung. Anhang. Von den tziev letzten Dingen. Au dem Unterrichte in der Religion gehöret auch noch, daß ».an wisse, was man zu gewärtigen habe. Man nennet dasjenige, was man zu gewarten hat, i« der Sprache der Schrift die letzten Dinge des Men¬ schen , deren vier sind, und von welchen ich in der gegenwärtigen Abhandlung reden werde. Welche sind die Vier letzten Dinge? Die vier letzten Dinge sind: der Tod, das Ge¬ richt, die Holle , daS Himmelreich. 3. Von '— a. Hon dem Lode. Waö ist der Tod? Der Tod ist die Trennung der Seele von dem Leibe. Der Leib ist an sich selbst ein lebloses Wesen. Die Seele, dieser Geist, der in ihm wohnet, ist es, der ihm das Leben, die Bewegung, und die Em¬ pfindung gibt. Höret nun diese Seele aufin dem Lei¬ be zu wohnen, so ist derselbe tod, er hat keine Em¬ pfindung mehr, er ist ohne Bewegung, und ohne Leben, er verlieret seine Farbe, seine Gestalt, sein. Fleisch geht in die Faulniß, seine Gebeine werden in Staub aufgelößt, woraus er anfänglich gemacht worden. Müsse» alle Menschen sterben? Alle Menschen müssen sterben. Niemand ist vom Lod frey, weder Reiche, noch Arme, noch Junge, noch Alte, noch Unterthanen, noch Monarchen. "Es ist den Mensche» gesetzet ein¬ mal zu sterben.,, schreibet der Apostel Hrbr. 9,27. Dieses Gesetz ist allgemein, ohne Ausnahme, ohne Nachlaß. Es ist unter den Menschen in Ansehung ihres Standes, ihrer Glücksumstande ein sehr gro¬ ßer Unterschied; einige sind arm, andere reich, ei¬ nige gpehret, andere verachtet, einige herrschen, an¬ dere dienen, aber darinnen find alle einander gleich, daß alle sterbe» müssen. Wv- i r.Lv ) -- Woher kömmt es., daß ave Menschen sterben müssen? Daß alle Menschen sterben müssen, kömmt von der Sünde, welche Adam im Paradiese be¬ gangen hat. Hätte Adam nicht gesunöiget, so wären wir auch dem Leibe nach unsterblich geblieben. Der Tod ist die Strafe derSünde- Die allgemeine und unvermeidliche Nokhwen- digkeit des Todes ist eine betrübte mid traurige Fol¬ ge der Sünde, welche Adam unser erster Vater sich und allen seinen Nachkömmlingen als eine Strafe zugezogen hat. Gott sagte es dem Adam vor, daß, woferne er sich unterfangen würde, vonderverbo- thencn Frucht zu essen, er des Todes sterbe» würde. Nun aß er davon, und also verlohr er nicht nur für seine Person, sondern für alle seine Nachkömmlinge den so kostbaren Vortheil der Unsterblichkeit: "Die Sünde, schreibt der Apostel, ist durch einen Men¬ schen in diese Welt eingegangen, und durch die Sün¬ de der Tod, und also ist der Tod in alle Mensche» eingeganaen, in welchem alle gesuudiget haben. ,, Röm. L, 12. Zu welcher Zeit, und auf was Art werde» wie sterben ? Die Zeit undTodeSart ist uns unbekannt. Man stirbt überall , und in einem jeden Alter. Einige sterben in ihrer Kindheit, da sie noch kaum zu leben anfangen, andere in der Blüthe ihrer Ju¬ gend, einige in Mittlern, andere in hohem Alter. Keiner aber aus uns weiß, auf welche Zeit seinTod fest- — ( »Z7 ) — ftsigksehet iß; wir find keinen Tag, keine Stund, keinen Augenlick davor fichcr. Eben so ungewiß iß es auch, aufwas für eine Art wir sterben werden. Einige sterben, nachdem sie vorher» durch eine laugwährende Krankheit sind aus- gezehret worden; andere sterben plötzlich an einem unversehenen Zufalle. Wie vielmal ist einer beßten Mrtthes zu einer Lustbarkeit gegangen, von der man ihn tod hinwcggeschleppet? Dieser schlaft am Abend ruhig ein, und am Morgen liegt er tod in seinem Bette. Jener steht am Morgen frisch und gesund auf, und er erlebet von dem Tage, den er anfgehen sieht, das Ende nicht. Wie viele schreckliche und schaudern¬ de Bcyfpiele eines geschwinden und gahen Todes hö¬ ren und sehen wir nicht immer? Wie oft hören wir nicht, daß da einer aus eigener Unvorsichtigkeit sich selbst erschoßen, dort einer ans Unachtsamkeit sey er¬ schossen worden, daß dieser im Rausche zu tod ge¬ fallen, jener am Essen ersticket sey, daß, da jemand vom Pferde gestürzt, dort jemand ersoffen sey? Kurz, Niemand weiß, wen« und welcherlei) Lodesark er sterben wird , dieß ist ein Geheimniß, welches Gott sich vorbehalten hak, er hat sich dasselbe aus den weisesten Absichten Vorbehalten , die wir uns zu Nu¬ tze machen sollen. Wa- solle»» wir thun, da nnS die Zeit und To¬ desart unbekannt ist? Da die Zeit und Todesart uns unbekannt ist, so sollen wir zum Sterben immer bereit se^n. - - Dieß s 1L8 ) —- Ließ sind die weisesten Maßregeln, welche wir vermög der christlichen Klugheit bey der Ungewißheit des Todes ergreifen können,und welche uns der Heyland der Wellzu ergreifen befiehlt, wenn er sagt: "Seyd be¬ reit, denn des Menschen Sohn wird zu einer Stunde komme», da ihr es nicht vermuthe» werdet.;, Luk. 12, 40. Wenn wir zum sterben wohl bereit find, so gilt es gleich, wann und welcherley Todesart wir sterben. Darauf kömmt alles an, daß wir nicht den Tod der Bösen, sondern den Tod der Frommen ster- den. Wie ist der Tod der Frommen beschaffen? Selig ist der Tod der Frommen. In Wahrheit, selig ist der Tod der Frommen , weil «r das Ende der vielen Müheseligkeiten, welche das Leben der Menschen unaufhörlich umgeben, und ei» Anfang der ewigen Belohnungen ist, die ihnen Gott in dem Reiche seiner Herrlichkeit zubereitet hat. Aber Wie ist der Tod der Bösen beschaffen? Höchst unglückselig ist der Tod der Bösen. Weil er für sie ein Uebergang in die Ewigkeit ist, wo sie immer und allezeit von Gott verworfen seyn, und in den Pemen der Hölle werden geplaget werden. Der Tod bringet bey den Menschen sehr verschie¬ dene und ungleiche Gemüthsregungen hervor. Bald wünschet man sich den Tod, bald fürchtet man sich wieder vor ihm, als vor dem größten Uebel. Diese so — ( r.Z9 ) — so verschiedenen GemäthSregungen rühren nicht zwar- allzeit, doch sehr oft von einer bösen Quelle her. Viele Menschen wünschen sich den Tod; wann wün¬ schen sie sich aber denselben? Alsdann, wenn cs ih¬ nen übel geht, wenn sie etwas widerwärtiges z» leiden haben; es geschieht also aus einer sträflichen Ungeduld, daß sie sich zu sterben wünschen, viele Menschen fürchten sich vor dem Tod. Diese Furcht ist nicht allemal ein Zeichen eines unbckehrten Her¬ zens, der Tod hat an mid für sich etwas der Nan-r Widerstrebendes. Viclmal aber rühret diese Furcht von einer unordentlichen Anhängigkeit an die irdi¬ schen Güter her. Da es diesen Menschen auf der Welt gut geht, so wünschen sie ewig so auf der Welt zu leben , wie sie wirklich darauf leben. Nach den Grundsätzen des Glaubens muß man sich weder aus Ungeduld den Tod wünschen, noch sich aus einer unordentlichen Liebe zu der Welt vor demselben fürchten. Geht es uns auf dieser Welk übel, so tragen wir es mit Geduld und Ergebung in den Willen Gottes, trösten wir uns mit dem, was die Religion uns lehret, daß dasjenige, was wir hier geduldig leiden, «ns dort im Himmel reichlich werde belohnet werden, daß alles, was wir hier Beschwerliches auszustehen haben, mildem, was wir in dem andern Leben zu gewarten haben , nicht könne in Vergleich kommen. Geht es uns auf der Welt gut, so müssen wir uns deßwegen nicht zu sterben fürchten, denn wir müsieu bedenken, daß es uns in der andern Welt noch besser gehe» könne. Es mag uns hier so gut ge¬ hen, als es immer sev» kann, so empfinden wir doch, ( lös ) - doch, daß wir nicht ganz vergnügt feyn können, hunderterley Zufälle, die wir nicht hindern können, stören unser Vergnügen, beunruhigen uns, und machen uns unsere Tage manchesmal sauer. Nur dort in dem Reiche des Himmels ist ein unveränder¬ liches Vergnügen anzutreffen, nach welchem wir uns sehnen sollen. Was wir also in Ansehung des Todes zu wün¬ schen und zu fürchrcn haben, ist, daß wir den Tod der Frommen sterben, und das Unglück nicht habe» mögen, den Tod der Bösen zu sterben. Dieser Wunsch darf aber kein leerer Wunsch , und diese Furcht keine unthätige Furcht seyn, sondern «in Wunsch, und eine Furcht, die uns antreiben, uns durch die Beobachtung der göttlichen Gebothe/ der Gerechtigkeit, der thätigen Liebe, und der be- sondern Pflichten unseres Standes zu heiligen. Da es vielfältig und größtentheils geschieht, daß mau an einer vorhergehenden Krankheit stirbt, so finde ich es nsthwendig, euch, meine geliebten Pfarr« kinder, zu unterrichten, wie ihr euch dabey zu ver¬ halten habet, um euch zu einem seligen Tode zu be¬ reiten. Läßt euch der Herr krank werden, so ist es Pflicht, euch nach dem Maße eures Vermögens des Arztes und der Arzneymittel zu bedienen: "Der Höchste, sagt-er weise Sprach, hat die Arzney ans der Erde erschaffen, und ein weiser Mann wird sie nicht verabscheuen.,, Syr. AS, 4. Es heißt Gott versuchen, wenn man will, daß er uns ohne die Arzneymittel heilen soü. Nichts iß Gott mißfälliger, als wenn man zur Zeit der Krank¬ heit zu Segensprechen oder abergläubischen Mittel« seine — ( 16 1 ) — seine Zuflucht nimmt. Lächerlich und einfältig, ja eine Art der Versuchung Gottes ist es , wenn man mit Versprechungen mancherlei) Andächteleyen Gott zwingen will, daß er uns gesund mache, wenn man den Rath der Aerzte verwirft, die von ihnen vorge¬ schriebenen Mittel nicht brauchet, und sich vermes- sentlich auf vergebliche Mirackelbilder verläßt, and durch Gelübde nach Wunderorten zu Wallfahrten dem Tode zu entgehen glaubt. Wird die Krankheit immer bedenklicher, so muß man auch mit seinem zeitlichen Hause Richtigkeit machen, um Weib und Kinder, Erben, Gläubiger und Schuldner nicht nach seinem Tode in Verwir¬ rung, Prozesse und Schaden zu bringen. Man muß, wenn etwann in Ansehung der Güter, Forderungen, Schulden, Rechnungen und dergleichen noch etwas in Unordnung ifl, Auskunft und Erklärung darüber geben, man muß alles, was man mit Unrecht be¬ sitzet, ersetzen, und sich mit seinen Feinden aussöh¬ nen. Hat man über sei» Vermögen einige Anordnung oder Testament zu machen, so hüte man sich, und lasse sich auch durch keinerlep Ueberreden, oder zu¬ dringliches Anrathen, von wem es immer sey, da¬ zu verleite», allerlei) Stiftungen in Kirchen, an Wallfahrten, oder in Klöstern zu errichten, zum Nachtheile und mit Hintansetzung »othwendiger Er¬ ben, bedürftiger Befreundte. Die erste, dic beßte Stiftung, das nothwendigste und pflichtmäßigste Allmosen, die Sterbende machen und geben können, und zu machen und zu geben schuldig sind, ist die Sorge einer standmaßigen Versorgung ihrer Kinder Erklär, d. Ratechism. V. Ihl. L nach irach ihrem Tode, das Aufkommen bedürftiger Freun¬ de, die Unterstützung verlassener Wittwen, die Er¬ haltung berechtigter Armen. Die Tesiamentsverfertigung muß man weder von Weltpriestern, wenn es auch gleich der Pfarrer wä¬ re, noch von Ordensacistlichen machen lassen, weil nach allerhöchster k. k. Verordnung vom 4. Septem¬ ber 17/ e. dergleichen Testamente weder Kraft noch Gültigkeit haben können. Dieses ist fogar von dem äußersten Nothfall zu verstehen, in welchem der Ster¬ bende fein Testament lieber vor zwecn ehrlichen Man¬ nern mündlich erklären soll, anstatt daß er cs einem Welt - oder Ordcnsgeistlichen in die Feder diktire. Eine der größten und ersten Sorgen bey einer gefährlichen Krankheit ist, sich zeitlich mit den heili¬ gen Sakramenten der Kirche versehen zu lassen. Man muß mit diesem Wichtigsten aller Geschäfte nicht bis auf deü letzten Augenblick warten, wo die nöthige» Kräfte dazn verschwunden sind, wo der Leib wegen Schwere der Krankheit, die Seele wegen der Furcht des Todes selten mehr im Stande sind, es mit Frucht und Nutzen zu thun. Man soll dieses Geschäft bey Zeiten vornehmen, wo man noch im Stande ist, sich zu Gott aufzuschwingen, wahres kindliches Ver¬ trauen zu seiner Barmherzigkeit zu fassen, zn hof¬ fen, zu lieben, ächte Reue zu erwecken, dieRegun- gen der Gnade zu fühlen, die Wirkungen des Heils zu empfangen, lebhafte, gottselige Gesinnungen zu hegen, und sich in die heilige Verfassung eines ster¬ benden Chrrstm zu setzen. b. Vorr ( r6Z ) — d. Von hem Gerichte. Was ist von -em Gerichte z« merken? Von den; Gerichte ist zu merken, daß Jesus die Seele jedes Menschen gleich nach dem Tode be¬ sonders, am Ende der Welt aber alle Menschen zusammen mit Aeib und Seele richten werde. "Es ist dein Menschen gesetzt einmal zu sterben, darnach aber ist das Gerichte.-, Hebr. y, 27. Auf den Tod folget sogleich das Gericht Gottes, das heißt, i» dem Augenblicke, da sich unsere Seele von dem Leibe trennen wird, wird sie vor dem Richterstuhle Gottes erscheinen, und ihm als ihrem Richter vor- gestellet werden. Es wird zwar am Ende der Wett ein allgemeines Gericht scyn, vor welchem wir alle erscheinen werden, um allda ein letztes Urtheil und einen feyerlichen Ausspruch zu erhalten. Ehe aber dieser große Tag noch herbeykömmt, und ehe deßwe- gen noch alle Zeiten vollendet sind, so wird gleich nach dem Tode ein besonderes Gericht seyn, vordem die Menschen insbesondere erscheinen muffen, und welches in Geheim zwischen Gott und der Seele wird gehalten werden. Die Seele wird nicht nölhig ha¬ ben, eine weite Reise anzutreten, um vor Gott zu erscheinen. Der Mensch mag sterben, wo er will, so befindet sich Gott allda, um daselbst seine aller¬ höchste Gerechtigkeit auszuüben. Wie Mie wird Jesus richten? Jesu« wird jeden Menschen nach seinen Gedan¬ ken, "Worten und "Werken richten , das Gu¬ te wird er belohnen, und das Lose bestrafen. Dor den Gerichten, welche die Menschen halten, geht die Untersuchung voraus. Eben so wird auch Gott bey dem Gerichte, von welchem wir reden, »erfahre», er wird die allgemeinste Untersuchung anstellen. Wir werden in der ganzen Reihe unseres Lebens, und von'dem Gebrauche unserer Vernunft au, keinen Gedanken gcheget, kein Verlangen ge¬ habt, kein Wört gesagt, keine Handlung verrichtet, und keine Pflicht unterlassen haben, auf welche sich die Untersuchung Gottes, dem nicht das Geringste davon unbekannt ist, nicht erstreckte. Diese Unter¬ suchung wird nicht viel Zeit brauchen; denn da uns Gott von dem ersten Augenblicke unsers Seyns an niemals aus den Augen verkohlen hat, und über dieses keiner Vergessenheit unterworfen ist, so wird er uns in einem einzigen Augenblicke alles vor die Augen stellen, nnd unsere Seele wird es in einem und ebendemselben Augenblicke sehen, und so deut? lich sehen, daß sie ganz überzeugt sepn wird. Was erfolget aufdaS Gericht? Auf das Gericht erfolget die Vollziehung des Urtheils; an der Seele gleich nach dem be¬ sonder«, Gerichte, am Leibe aber nach dem allgemeinen —- ( rvL ) -- Z« Müs wied die Seele in dem besonder« Ge¬ richte verurtheilet? Die Seele wird in dem besonder» Gerichte ent weder in das Kegfeuer, oder in die Hölle vrr- urtheilet, oder in den Himmel ausgenommen. Was ist das Fegfeuer? Das Kegfemr ist der Ort, wo die Seele» zeit¬ liche Strafen für die Sünden leiden, welche sie im Leben nicht abgebüsset haben. Es ist außer allem Zweifel gesetzet, daßeinFeg- ftuer sey. Di,e Schrift sagt: "Es ist ein heiliger und heilsamer Gedanken für die Verstorbenen bethen.,, Machab. »2, 46. Es muß also Verstorbene geben, denen unser Gebeth nützlich seyn kann. Nun sind es die im Himmel nicht, denn diese brauchen unser Ge¬ beth nicht, indem sie in dem Besitz ihrer Glückselig¬ keit sind. Die in der Hölle können cs auch nichkseyn, denn, da aus der Hölle keine Erlösung ist, so Hilst ihnen unser Gebeth nichts. Es muß also außer dem Himmel und der Hölle noch ein dritter Aufenthalt der Verstorbenen seyn, denen wir durch unser Ge¬ beth zu Hülfe kommen können. Diesen Ort nennen wir das Fegfeuer. Welche Seelen werden in das Fegfeoer ver- urtheilet? Die Seelen derjenigen werden in das Kegfsueo verurtheilet, welche wegen der im Leben be¬ gangene» Sünden der göttlichen Gerechtigkeit nicht genuggethan haben. . L Z Gott Gott verlangt von einer jeden Beleidigung, die wir ihm anthun, eine Genugthuung , die seiner höchsten Majestät gebühret, und die wir ihm ais- denn auch noch zu leisten schuldig sind, rvenn er uns die Sünde nachgelassen hat. Leistet man ihm diese Genugthuung im Leben nicht, so muß man sie ihm im Fegfeuer leisten. Was für Strafen leiden die Seelen in dem Feg¬ feuer? Die Seelen in dem Fegfeuer leiden hauptsächlich dadurch überaus viel, daß ihr sehnliches ver¬ langen Gott anzuschauen undervigzu genießen . noch nicht erfüllet wird, über das leiden sie auch die Peinen, welche die göttliche Gerech¬ tigkeit für sie bestimmt hat. Kann man den Seelen im Fegfeuer zu Hülfe kom¬ men? Man kann den Seelen in dem Fegfeuer zu Hülfe kommen, und zwar: i. vornamlich durch das heilige Meßopfer. 2. Durch das Gebeth. z. Durch andere gute Werke. 4. Durch den Ablaß. Ist man schuldig -en Seelen im Fegfeuer zu hel¬ fen? Man ist überhaupt schuldig aus Liebe allen See¬ len im Fegfeuer zu helfen , in Ansehung der Eltern aber und Gutthäter ist man es auch aus Dankbarkeit schuldig. Wie —— is r6/ ) Wie lang bleibe» die Seelen dee. Abgestorbsrrm in dem Fegfeusr? VOre lang die Seelen der Abgestorbenen in der» Fegfeuer bleiben, kann man eigentlich nicht wissen; alles was man sagen kann , ist, daA sie darinn länger oder kürzer bleiben, nach dem sie Gott mehr oder weniger beleidiget, mehr oder weniger Buße in diesem Leben go- than haben, und nachdem ihnen die Glaubt gen durch das Gebeth, und andere gute Wer¬ ke mehr oder weniger zu Hülfe kommen. Hier muß ich euch erinnern, daß ihr nicht glau¬ ben sollet, was von Erscheinungen der Seele» er¬ zählet , auch ost in gedruckten Büchern gelesen wird. Solche Erscheinungen sind in ihrem Grunde falsch, und in ihren Umständen lächerlich. Sie sind in der That niemals geschehen, sondern die Gewinnsucht gewisser Leute hat sie erdichtet, und leichtgläubige Menschen dadurch bcthöret. Was braucht es, daß wir uns an falsche und erdichtete Erscheinungen hal¬ ten, dasjenige was uns die untrügliche Lehre des Glaubens sagt, muß «ns ja schon genug seyn, un¬ ser Mitleiden gegen diese Seele» rege zu machen. Verlasset euch auch nicht auf Las Gebeth , wel¬ ches eure Freunde, Kinder, Erbe» nach eurem To¬ de verrichten werden, es wird euch nicht zu statten kommen, wenn ihr euch dessen nicht in eurem Le¬ ben würdig gemacht habet. Sondern bestrebet euch nach allen Kräften für eure Sünden würdige Früchte der Buße zu thuu , und sie mit Bethen, Attmosen, und Geduld auszusöhnen. L 4 c. Vou c. Von dex Hslle. Was ift die Hölle ? Die Kölle ist der Grt, ws die Verdammten ewig g peiniget werden. Daß es eine Hölle gebe, ist eine Wahrheit, welche in der heiligen Schrift vielmal und so deut« lich vorgetragen wird, daß wir nicht daran zweifeln können. Die Worte des Heylandes, "gehet hin von mir ihr Vermaledeyten in das ewige Feuer, wel¬ ches dem Teufe! und seinen Engeln bereitet ist. „ Matth. 2L, 41. sind allein hinlänglich genug, uns von der Wahrheit der Hölle zu überzeugen. Wer kömmt in die Hölle? Derjenige kömmt in die Kölle, welcher m einer Todsünde stirbt. Die Todsünde, die in dem Menschen, welcher unbußftrtig und ohne Rene darinnen stirbt, lebet, und niemals in ihm sterben wird , ist es, die ihn der Hölle schuldig machet. Dieser hiuführo unaus¬ löschliche Schandfleck machet, daß er für Gott, der unendlich heilig ist , ein Opfer des Zornes, und der Verdammniß wird. So lange der Sünder lebet, so kann er seiner Sünde entsagen, und dadurch Gna¬ de erlangen. Kömmt aber der Tod herbey, und nimmt ihn in dem wirklichen Zustande einer Todsün¬ de hinweg , so wird in eben diesem Augenblicke seine Sünde unerläßlich, weil sie unersetzlich wird- Ms —- ( ,6y ) —- Wie sind die Höllenpeinen beschaffen? Die Köllenpeinen sind so beschaffen, die Ver¬ dammten werden: i. Der Anschauung und des Genusses Gottes ewig beraubt seyn. 2. Sie werden ein ewiges Seuer leiden, ewige Ainstekniß, Keulen und Zähnklüppern, im¬ mer nagende Gewissensbisse, Angst und Ver¬ zweiflung , alles was nur schmerzlich an Leib und Seele seyn kann , werden sie ewig leiden, das ist, sie werden alles dieses ohne End, oh¬ ne Hoffnung einer Linderung oder Erlösung leiden. So ost Gött in der heiligen Schrift von der Un¬ glückseligkeit der Verdammten Meldung thut, so oft redet er von tiefen Abgründen, von schrecklicher Fin¬ sterniß , von harter Grfangniß, von Banden, Feu¬ er, Flammen, Gluth, Hitze, Durst, Hunger, Heulen, Weinen, Zahnklappern, immerwahrenden Gewissensbissen, Angst und Verzweiflung. Es wird sich demnach die ganze Sammlung dieser so schreckli¬ chen Plagen in der Holle einfinden. Was aber die Haupkpein der Hölle ausmachek, ist, daß man dorther Anschauung, des Besitzes, und des Genusses Gottes auf ewig wird beraubt seyn. Wir fassen es jetzt nicht, was es sey, Got¬ tes beraubt seyn, doch können wir uns einigen Be¬ griff davon machen, wenn wir bedenken, daß alle Menschen ein heftiges Verlangen haben, glücklich zu seyn. Dieses Verlangen ist mit unftrer Natur ver¬ bunden , es folget uns allenthalben, so gar bis in die Ewigkeit nach. Da, in dieser Ewigkeit, wo wir L L von von allen den Gegenständen der Welt gerrennet seyn werden, die uns jetzt mit einem falschen Scheine be¬ trügen , werden wir einsehen, daß unsere ganze Glückseligkeit in Gott bestehe, wir werden also nichts wünschen, nichts verlangen, nach nichts trachten, als Gott, die einzige Quelle alles Guten, zu sehen, zu besitzen, zu geniessen. Dieftx Wunsch, und die¬ ses Verlangen werden bey den Verdammten eben so heftig, als bey den Seligenseyn. Sie werdenGott sehen wollen, ihn aber niemals sehen, und dieß wird ihre größte Unruhe, und ihr größter Schmer; seyn, daß sie ewig von Gott, dem einzigen Gegen¬ stände ihrer Wünsche, dem einzigen Gute, das sie beruhigen könnte, abgesondert seyn. Dieser Schmer; wird sie beständig plagen, und in die größte und ei¬ ne unaufhörliche Raserey, Wuth unb Verzweiflung stürzen. Sie werden sich nach Gott beständig sehnen, und nach ihm ein unaufhörliches Verlangen haben. Es wird aber dieses Verlangen und dieses sehnen eben so unnütz seyn, als eS schmerzhaft seyn wird, und eben dasjenige, was ihren empfindlichsten Schmerz ausmachen wird , wird seine Unnützlichkeit seyn. Was sol! die Bettach'ung der Höllepeinsn irr uns wirken? Die Betrachtung der Hsllepeinen soll in uns wir¬ ken , daß wir die Sünden meiden, die began¬ genen abbüfsen, und dafür genugthun, die Grosse und Dauer der Hollepeinen gibt uns zu erkennen, wie erschrecklich es se? in dis Hande des erschrecklichen Gottes zu fallen. Ä-r —" < ) — In der That, wie blind müsset ihr nicht sepu, wenn ihr aus dem, was euch der Glaube von der Hölle lehret, nicht lernet, vor der Gerechtigkeit Gottes zu zittern , und euch nicht fürchtet, in ihre strafende Hande zu fallen, wenn ihr euch vor der Sünde nicht fürchtet, welche das einzige ist, was die strafende Gerechtigkeit wider euch aufbringen kann, wenn ihr die Barmherzigkeit des Herrn, die er euch jetzt auf eine so freygebige Weife snbiethej, geringe achtet, und sie nicht so, wie ihr könnet, gebrauchet, um euch vor ihrer Rache in Sicher¬ heit zu setzen. Meine geliebten Pfarrkinder , es kann euch nicht unbekannt scpn, was ihr, indem ihr schwer gesün- diget habet, von Gott verdienet habet, und daß er euch in den Abgrund schon oftmals hatte stürzen kön¬ nen. Er hat aber seiner Gerechtigkeit bis auf diese Stund noch Einhalt gethan. Gebet ihm dieser Gü¬ tigkeit wegen die Ehre, die ihr ihm schuldig seyd. Aber eben diese Gütigkeit soll auch euren Eifer bele¬ ben, alle eure Wachsamkeit erregen, um euch hin- füro vor der Sünde in Acht zn nehmen, um euch bey allen Widerwärtigkeiten des Lebens geduldig, bey der, Beobachtung eurer Pflichten beständig, und- bey allem, was den Dienst Gottes und das Heil eu¬ rer Seele betrift, eifrig und brünstig zn machen. ä. Von dem Himmel. / Was ist -er Himmel? Der Zimmel ist der glückseligste Aufenthalt der Heiligen, rvs Gott sich semen treuen Dienern von ( ) von Angesicht zu Angesicht offenbaret, und selbst ihren überaus grossen Lohn ausmachet. Wer kömmt in den Himmel? Derjenige kommt in den Aimmel, welcher in der Gnade Gottes verstorben ist, und der, wel¬ cher die begangenen Sünden entweder in die¬ sem, oder in dem andern Leben abgebüssst hak Sind die himmlischen Freude» groß? Die himmlischen Freuden sind unaussprechlich groß. Sic find so groß, daß fie nach dem Ausdrucke des Apostels alles übersteigen, was das Ang des Mensche» jemals gesehen, das Ohr des Menschen jemals gehöret, und was der Verstand des Menschen jemals begriffen hak. Worin« bestehen die himmlischen Freuden? Die himmlischen Freuden bestehen darinn: die Auserwahlten werden i. Gott von Angesicht zu Angesicht, und wie er in sich ist, ewig se¬ hen, lieben und genießen. 2. Sie werden al¬ les erdenkliche Gute an Leib und Seele ewig haben, z. Sie werden, von allen den mindesten Nebeln befreiet seznr. "Jetzt sehen wir Gott nur im Dunkeln, sagt der Apostel, aber dort werden wir ihn von Ange¬ sicht zu Angesicht sehen. „ r. Kor. rZ, 12. Unddie- fe Anschauung Gottes machet die Glückseligkeit -er ßinwoh- — 7Z ) Einwohner des Himmels aus. Sie sehen Gott, sie besitze» und genießen ihn , in dieser Anschauung, in diesem Besitze, und in diesem Genüsse Gottes finden sie die vollkommenste Ruhe, und den Zusammenfluß aller Güter. Die vollkommenste Ruhe, weil Gott ihr letztes Ziel ist, und weil ein jegliches Wesen, wenn es zu seinem Ziele gelanget ist, daselbst als in seinem Mittelpunkte ausruhet, den Zusammenfluß aller Güter , weil Gott allein alles Gute ist , und weil er anstatt aller Sachen dienet. Die Auserwahl- Le des Herrn werden in seinem Schooße versammelt, ewig Gott lieben, und vott Gott geliebet werden, und in dieser gegenseitige» Liebe werden sie ewig den Ueberfluß des Friedens, und der reinesten Wohllüste genießen. WaS lehret uns die Betrachtung der himmlischen Freuden? Die Betrachtung der himmlischen Freuden leh¬ ret uns: i. Daß man alles Rrrutz und Leiden geduldig übertragen müsse, weil die Trübsa- len dieser Zeit nichts sind gegen die Herrlich¬ keit, die in uns wird geoffenbart werden. 2. Daß alle zeitliche Freuden mit den Freude» im Himmel in keine Vergleichung zu setze» sind. Lehren. Wenn wir, meine geliebten Pfarrkinder, gleich noch so viel auf dieser Welt leide» und erdulde» müssen, so lasset uns mit dein Himmel uns trösten, wo ( i /4 ) »—» wo uns alles reichlich wird vergolten werden. Dieser Trost war es, womit sich der heilige Paulus bey seinem vielfältigen Leiden aufmunterte, wenn er sagte: "Unsere Trübsal in der gegenwärtigen Zeit, welche augenblicklich und leicht ist, wirket ein über¬ schwengliches und ewiges Gewicht der Herrlichkeit.,, 2. Kor. 4, 17. Dieftr so kurze Augenblick der ge¬ genwärtigen Widerwärtigkeiten dieses Lebens, welche so leicht sind, das heißt, diese Krankheit, die euch Gott znschicket, diese Armuth, die euch plaget, die¬ se Arbeiten, die euch so hart fallen, dieses Unrecht, welches man euch zugefttget, dieser Verlust der Gü¬ ter und des Vermögens, de» euch die schlimmen Zeiten zuziehen, alle diese zeitlichen Widerwärtig¬ keiten werden in euch das Gewicht einer allerhöch¬ sten Herrlichkeit hervorbringrn. Könnet ihr einen dringenden und überzeugenden Beweggrund verlan¬ gen, um euch zu der christlichen Geduld zu ermun¬ tern. Lasset uns diesen Bewegungsgrund uns zn Nutzen machen, lasset uns bey unfern zeitlichen Un¬ glücken , bey unfern Leiden, bey unfern Trübsalcn überzeugt seyn, daß alles dieses einzig und allem diene, uns die Krone , welche das Ziel unserer Hoffnung ist, zu versichern. "Ich leide, sollen wir mit dem Apostel sagen , aber ich werde nicht zn Schanden werden, denn ich weiß, wem ich geglau- bet habe, und ich bin gewiß, daß er mächtig ge¬ nug ist, meine Beylage bis an jenen Tag zu bewah¬ ren.,, 2. Tim. r, i2. Amen. Ende des fünften und letzten TheileS. Ver- Verzeichniß der irr diesem fünfter. Theile enthaltenen merkwürdigen Materien. A. Amman der stolze - ist ein unverwrrfliches Deyspiel, wir sehr Gott das Laster Hoffart Haffe und züchtige- 22. sz. Arme im Geist. Welchen diese Benennung zustehe 12z. die Armuch des Geistes ist Pflicht für aste Menschen, für die Reichen sowohl ÄS für die Armen, ebend. B. Barmherzigkeit- Worin« diese Tugend bestehe. 129. Ei» erbauliches Beystiel eines barmherzigen Menschen liefert uns dir heilige Geschichte W der Person des Samaritane», ebend. Bekehrmlg. Von einer Zeit auf die andere schieben, ist sehr gefährlich, weil in Ansehung unser die künftige Zeit ungewiß ist. 56. und wenn wir sie auch haben wer¬ den , ist es ungewiß , ob wir uns selbe werden zu Nutzen machen. 57. 58- Lenedistt der XI ll. was er für Ablässe jenen verliehen habe, die die drey göttlichen Lugenden übm- 8z. Blindheit entsetzliche, mit welcher die Unkeuschrn geschla¬ gen sind. zo. Böses zu verhindern, wenn man kann, ist man verbunden erstens aus schuldiger Liebe gegen Gott, der durch die Sünde beleidiget wird, 68. zwevrens aus Liebe des Näch¬ sten, der durch das Sündigen sich schadet, 70 drittens auch zum öfter» aus Pflicht unsers Standes, eben». L. Christen. Das sicherste Kennzeichen eines wahren Christen ist die Beobachtung des Gebokhes der Nächstenliebe. ior. Müssen Christum als das Muster ihres Lebens sich vor- stelirn. HZ- D. Ä. Demuth. Worin» diese Tugend bestehe. 96. Ist der Grund aller Tugenden. 97. Diese Tugend rst es, in Ansehung welcher Jesus Christus selbst unser Beyspiel sryn will- Ehrabschneidung. Dieses Laster folger gemeiniglich aus dem Neide, zz. Eifer in dem Guten worinn er bestehe. ic>6. Erbsünde was sie sey. 8- woher die Erbsünde ihren Namen bade- 9- welches die Strafen und üble Folgen der Erb¬ sünde. ro. Ob die seligste Jungfrau auch die Sünde des Adams geerbet. n. S. Fegfeuer was es sey. rSZ. Welche Seelen in da« Fegfeuer werden verurthrilet werben, ebend. Was für Strafen die Seelen in dem Fegfeuer leiden. 166. Ob man ihnen zu Hülfe kommen kann-eb. Ob man dieses schuldig sey ebend. Wie lange die Seelen der Abgestorbenen in dem Fegfeu¬ er bleiben. 167. Feinde lieben ist eine Hauxtpfficht des Christen. 117. Wie streng diese Pflicht verbinde, ebend ES wird mit mehre¬ rem erklärt, was das heiße, seine Feinde lieben- 119. ihnen Gutes chun, iro. und für sie bekhen- ebend. Fraß und Füllere?. Wer sich dieser Sünde schuldig mache z6. Was au« dem Fraß und Füllerey. entstehe. 37. Man muß nicht um des GeschmaBs und der Sinnlichkeit und der Wvhllust wehen essen und trinken, sondern der Rvkh- durst wegen. Z8- Freigebigkeit. Worinn diese Tugend bestehe. 98.-Was für Absichten man dabey haben müsse 99- Sie muß ihre Schranken haben, und in der gehörigen Ordnung blei¬ ben. ebend. Friedfertigkeit. Allgemeine und sonderheitliche Beweggrün¬ de , die uns zu dieser Tugend anhalcen sollen, rzr. Der Friede eines der größten Güter, die wir verlangen kön¬ nen , ohne Fkiede hat man die Hölle auf der Erde. 134° -35- G. Geduld. Worinn diese Tugend bestehe, ro/z. Ist eine höchst qökhige Tugend, ohne welche man den Willen Gottes nicht nicht erfüllet ebend. Um diese Pflicht vollkommen zu er¬ füllen, muß man seine Zuflucht zu dem Glauben nehmen, ebend- Geitz was er sei). 24. Was aus dem Geitze entstehe. 26. Gerechtigkeit die christliche, was sie sey. 5. 9z. Welches der erste Lheil der christlichen Gerechtigkeit- 6 Welches der zwryke Theis der christlichen Gerechtigkeit sey«. 7z. Gericht. Was von dem Gerichte zu merken. a6z. Wie Je¬ sus richten werde. 164.Was auf das Gericht erfolge, ebrnd. Glaube der göttliche worin» er bestehe. 74. Unsere Hand¬ lungen haben ihren Werth von dem Glauben. 75- Dieß ist 'die Lehre des Apostels, welchen er den Juden so ei¬ frig einscharfle- ebend. Aus gleiche Art redet der große Kirchenvater Augustinus mit den Pelagianern. eh. Der Glaube macht uns auch dadurch selig, daß er uns zur Ausübung der guten Werke antrribr, und der Grund und die Quelle davon ist. 76. Dieß ist die Lehre decTri- dcntinifchm Kirchenversammlung. eb. Mir hoch wir die¬ se Tugend schätzen sollen. 77. Wie man den Glauben er¬ wecken könne. 8Z- Gutes- Was man unter diesem Namen verstehe. 7z. K- Zaß des Nebenmenschrn entsteht gemeiniglich aus dem Nei¬ de. Z4- Zauptsiinden. Welche Sünden darunter begriffen- 19- Wa¬ rum man sie also benenne- ebend- Zinrmel was er sey. 171. Werin den Himmel komme. 172. Wie groß die himmlischen Freuden- eb. Worum die himmlischen Freuden bestehen- eb. Was uns die Betrach¬ tung der himmlischen Freuden lehre. 17z. Zölle was sie sey. 168. Wer in dir Hölle komme, eb. Wie die Höllenpeinen beschaffen seyn- 169. Was die Betrach¬ tung der Höllenpeinen m uns wirken soll- 170. Zoffart, was sie sey. 19- Was au« ser Hoffart entstehe. 20. Es ereignet sich meistens, daß der Hoffärtige in ein schändliche« Laster falle, und aus seinem lauten Falle sich zu schämen lerne. 22. Ls wird dieses nnt Bryipielen aus göttlicher Schrift belegt, eb. Wie man wider dieses La¬ ster kämpfen soll, und weiche Mittel man dawider ge¬ brauchen svil- 2Z. Zoffnung. Worinn die Tugend der Hoffnung bestehe- 77- Welch tröstliche Wirkungen diese Tugend in uns hervor¬ bringe. eb. Wie man die Hoffnung erwecken könne. 84- Erklar. h. Ratechism, V. Thl, , M A. -- ( V- Jesus Lhrisins. Wie sehr er die Tilgend der Demuth ge- lieber. 98. n6. Pflichten, dir uns Jesus Christus beson¬ ders anbe'-hlen. 107. Allenthalben ließ er seine Leutselig¬ keit und Sanftmuth gegen dir Menschen blicken. Ii6. L. Rai» beneidete seinen Bruder Abel der göttlichen Gnade wegen. §2. Keuschheit. Worin» diese Tugend bestehe. 100. Mittel sel¬ be allzeit unbefleckt zu erhalten, ebend. Klugheit die christliche was sie sei) , und in wem sie von der Klugheit der Welt unterschieden sey. 88- die Noch- wrndigkeit dieser Tugend gibt uns der göttliche Heylanb durch das schöne Gleichnis der fünf thöricblen und fünf klugen Jungfrauen zu erkennen- 89- Ohne diese Klug¬ heit ist »s leiche geschehen, daß man seine Seligkeit ver¬ fehle. 9°- folg. Kreutz tragen ist eine Hauptpflicht des Christen, iir. Was unter dem Wer» Kreutz verstanden werde- ebend. L. Liebe. Wir nothwendig diese Tugend. 78. Unter dem Na¬ men der Liebe wird die Liebe gegen Gott und gegen den Rebeiimenschen verstanden. 79. In dem Besitz und m der Hebung dieser Lugend besieht vornehmlich das Wesen des Christen, ebend. Wie man die Liebe erwecken könne- 84. Loh» den verdienten Taglöhnern vorenthalten oder verkür¬ zen ist eine erschreckliche und in den Himmelschreyende Sünde. 67. M. Maria dir seligste Jungfrau ob sie auch die Sünde des A- dan.s geerdet habe- ii. Massigkeit. Worin» die christliche Massigkeit bestehe. 92. Ohne die Mässigkeit hört selbst die Tugend auf Tugend zu seyn, und artet in das Laster aus. ebend. Die Mas¬ sigkeit ist auch dem Kraß und Füller«) entgegen gesetzt- ivr. Was das heiße, mäßig leben- rog. Mensch. Wann der Mensch schuldig sey, die drey göttliche» Tugenden zu üben, Li. folg. N. 1 ^79 ) — N, Nachfolgung Christi ist eine so nothwendige Sache, daß wir ohne dieselbe Gott nicht angehören, noch uns jemals einige Hoffnung zur Seligkeit machen können, uz. Nächstenliebe ist strenge Pflicht und ausdrückliches Grboth Gortes- roi. D-e Beobachtung' dieses GebotheS ist das sicherste Kennzeichen eines Christen, ebend. Neid was er sey. Z2. Was aus dem Neide entstehe, neh» men wir an den Kindern Jakobs gewahr, die ihren Bru¬ der Joseph beneidet. Z4- Seinen Nächsten der göttlichen Gnade wegen beneiden ist eine Sunde in den h. Geist, die begieng Kain der älteste Sohn Adams an seinem Bruder Abel. 52. Wie wir uns verhalten sollen, weny wir sehen, daß unsere Nebenmenschen häufigere Gnaden von Gott erlangen als wir, und mit mehr geistlichen Gü¬ tern beschenkt werden, als wir- ebend- folg. p- pflichte», die uns Jesus Christus besonders anempsohlrn. 107. Pharao der König von Egypten liefert uns ein schreckba- res Beyspies eines verstockten Menschen- Zz. R. Reich Gottes, und seine Gerechtigkeit soll man zu vörderst suchen. 108. Wie man heut zu Tage dieses göttliche Reich suche. 109. Reinigkeit des Herzens ist die Seele aller Frömmigkeit und aller Lugenden izo. folg. Räthe die evangelische worin» sie bestehen. 152- Warum man diese drcy Dinge evangelische Räche nenne, ebend- S. Sanftmuth ist eine Pflicht aller Christen, dir ihnen Chri¬ stus ihr Lehrmeister selbst so sehr anbesvhlen- 116. Wo¬ rin» die christliche Sanskmuch bestehe- 124- Ist eine un¬ entbehrliche Tugend in der menschlichen Gesellschaft, um mit Len Menschen friedlich zu leben. 125. Seligkeiten die acht wie sie heißen, und waS sie in sich be¬ greifen- 122. Sodomitische Sünde. Wie es der Stadt Sodoma s und den benachbarten Städten wegen dieser Sünde ergangen. 62. 6z. M 2 Stark« — ( iLo ) --- Starkmüthigkeit christliche worin» sie bestehe- 94. Wie sehr e« uns an dieser Haupttugend mangle, ebend- Strasse», der Erbsünde wvrinn sie bestehen. 10. Sünde ist das wahre und einzige Böse. 6. Was die Sün¬ de überhaupt. 8- Wie vielerlei) die Sünde ebend. Wie die wirkliche und persönliche Sünde begangen werde, n. Was sür ein Unterschied unter den wirklichen Sünden- eb. folg. Wie die Sünden in den heiligen Geist heißen. 4S- Was das heiße/ in den heiligen Geist sündigen, eb. Warum gesagt werde/ daß die Sünden in den heilige» Geist schwer oder gar nickt, weder in diesem noch in st- nem Leben nachgelassen werden. 46. Sünden läßlicke. Was man unter dieser Benennung ver¬ stehe. iz. Ob man deswegen/ weil läßliche Sünden ge¬ ringe Uevercrekungen sind, nicht Fleiß anwenden soll/ solche zu meiden- ebend. Strenge Strafen, denen uns die läßliche Sünden aussetzrn. 15. Traurige Folgen der lärlichen Giinven. ebend- Welches die himmelschreyende Sünden, und warum sie also grnennt werden- 59. Wel¬ ches die fremden Sünden. 66. T. Tod was er sei). iZZ- Ob allc Menschen sterben müssen, eb. Woher es komme, daß alle Menschen sterben müssen. 156. Zu welcher Zett und auf was Art wir sterben werden, rb-n Was wir thun solle», da uns die Zeit, und To- desark unbekannt ist. 157. Wie der Tod der frommen und wir der Tod der bösen beschaffen ist. 158- Todschlag vvrsetzlicher, ist die allergrößte Ungerechtigkeit, die man gegen seinen Nächsten begehen kann- 60. Wir schrecklich diese Sünden von Gott gcstraft werden--eb. Was für Personen sich dieser Sünde schuldig machen- 6i. Todsünde, was sie sey, und was sie schade- 12. Trägheit was sie sey. 41. Was aus der Trägheit entstehe- 42. Traurigkeit wenn sie eine, Tugend. 127. Die heilige Trau¬ rigkeit ist die Quelle unaussprechlichen Trostes / des rei- ncstens Vergnügens, ebend. Tugend. Was die christliche Lugend überhaupt- 74. WaS die göttlichen Lugenden seyen. ebend. Wie vielerley sie seyn- eb- Ob und wenn der Mensch schuldig ist/ sich in den drey göttlichen Lugenden zu üben. 8e- ES wäre sehr anzurathen/ daß man täglich diese Tugenden erweckte. 8z. Was man sür einen Ablaß dabey gewinnen könne, ebend. Was die sittliche Tugenden, 87. > — ( 18^ ) — u. Nebel, bie man gemeiniglich für wahre liebel hält, sind keine wahre liebel, rin solches ist nur die Sünde. 6. folg. Unkeuschheit. Nichts ist der Heiligkeit des Standes eines Christen mehr zuwider als dieses Laster. 28. Was aus der Unkeuschheit entstehe- 29. Wie man sich wider dieses Laster verwahren soll- zr. Unmkßigkeit in Speis und Trank verderbet die guten Sitten. Z7- Unterdrückung der Armen , Witkwen, welche sich dieser Sünde schuldig machen. 6z. V Verfolgung, durch keine Verfolgung soll man sich von der Ausübung der Lugend abhaltrn lassen. iZ5- Verleugnung seiner selbst ist eine Hauvtpflicht, welche die Christen ausüben müssen- no. E« werden die gewöhn¬ lichsten und fast täglich vorkommende Fälle gezeigt, w» man sich selbst verläugncn müsse, eb- folg. Verstockung worinn sie bestehe. 53. welch ein großes Un¬ glück für einen Menschen, der sich in diesem Zustande befindet- ebend. Der egyptische König Pharao liefert uns ein schreckbareS Beyspiel eines solchen Menschen, ebend. Gott suchte Egypten wegen dieser Verstockung ihres Kö¬ niges mit zehn entsetzlichen Plagen heim. 54- Vertrauen vermessenes auf die Barmherzigkeit Gottes. Wie sehr dadurch Gott beleidiget werde. 46. dieses ver¬ messene Vertrauen ist auch in Ansehung des Sünder« ein sehr betrügliches Vertrauen. 47- Gegen diese Sünde gibt uns der weise Syrach eine nachdrückliche Warnung, eb- Verzweifeln an Gottes Gnade ist der Güte Gottes höchst schimpflich, und für die Bekehrung des Sünders die größte Hinderniß. 48. Judas der Derrälhrr Jesu machte sich dieser Sünde schuldig- 49- Wie wir uns gegen die¬ se Sünde verwahren sollen, ebend. Vorgesetzte sind vermöge ihres Standes verbunden > das Böse zu verhindern. 70. rv. Wahrheit. Der erkannten Wahrheit widerstreben heißt, wenn man die Wahrheit der christlichen Religion erken¬ net, und sie dennoch nicht annehmm will- 50. diese Sün¬ de warf der heilige Stephanus den Juden vor. ebend. Der Der^ erkannten christlichen Wahrbeit widerstreben heißt nicke nur, sie nicht annehmm, sondern auch sie nicht au^übeu. Zi. Merke sie gute, ob -sie zur Seligkeit nothwend-g. iZ7- Was -man durch die gute Werke verdiene. iz8- Db die Mrn- scheu aus eigenen Kräften gute Werke thun können- rb. Wie die guten Werke müssen beschaffen seyn, welche bey Gott des ewigen Lebens verdienstlich seyn sollen, rzs- Welche« dir vornehmsten gute Werke. 142. Welche« die leiblichen Werke der Barmherzigkeit. 145. Was wir bey Ausübung der Werke der christlichen Barmherzigkeit ver¬ hüten sollen. 150. Welches dir geistlicheriWerke der Barm¬ herzigkeit. 151- Z- Zorn. Was der Zorn sey. zs- Was aus dem Zorne entste¬ he. eöend Jen« , welche unmäßig zürnen, geben zu ih¬ rer eigenen Schande zu erkennen, daß sic nicht Meister über nch selbst sind, und daß es ihnen an Urberleguua, und Vernunft fehle. 40. Ende.