Laibacher SCHILZEITm. Anzeigen werden billigst berechnet. Bestellungen, Ankündigungen und Beilagen sind ausschließlich nur an die Verwaltung : Oberlehrer Adolf Wein-lich, Laibach, Oberrealschulgebäude, zu richten. Monatsschrift des Krainischen Lelirervereines. Leiter: Florian Hintner, Pogačarplatz 1. XXVIII. Jahrgang. Vereinsmitglieder erhalten das Blatt umsonst. Bestellgebüren und alle Zahlungen für das Blatt sind an den Zahlmeister d. Vereines, Übungslehrer Franz Gerkmann in Laibach, einzusenden. Erscheint am 15. jedes Monats; falls dieser auf einen Sonn- oder Feiertag fällt, wird das Blatt am nächsten Werktag ausgegeben. Bezugspreis: jährlich 4 K; halbjährlich 2 K, einzelne Stücke 40 h. Aufsätze und Mittheilungen über Schul- und Lehrerangelegenheiten, sowie Bücher und Lehrmittel zur Beurtheilung werden kostenfrei an die Leitung des Blattes erbeten. Handschriften und eingesandte Werke werden nicht zurückgestellt. . . . Willst du ein guter Lehrer sein, so sei den Kindern die heitere Morgensonne, welche leuchtet, wärmt und belebt, aber nicht der nächtliche Mond, kalt und schläfrig. Anton Martin Slomšek. Die Reform des höheren Mädchenschulwesens und der Aushau der Laibacher deutschen Töchterschule. Von Flor. Hintner. (Schluss.) «Wenn er mir jetzt auch nur verworren dient, — So werd’ ich ihn bald in die Klarheit führen», sagt der Herr im Prolog von Faust. So mag auch der gute Genius der höheren Mädchenbildung bei sich gedacht haben, als er unseren schaffensfrohen Unterrichtsminister und den Stab seiner sach- und fachkundigen Beiräthe an die Prüfung und Beurtheilung der Zeitbedürfnisse in Bezug auf die höheren Mädchenschulen schreiten sah. Wie ein erstes Frühlings wehen gieng es durch die Berathungen der Wiener Enquete, die in das planlose und vielgliedrige Getriebe dieser Schulkörper frische Nahrung, neues Blut bringen sollte. Zum erstenmale hat in unserem Vaterlande der Mund der Öffentlichkeit in dieser Tagesfrage vernehmlicher gesprochen, zum erstenmale der Staat seine starke Hand schützend über diese Art von Bildungsstätten ausgestreckt. Jetzt erst sieht man eine Fahne mit höheren Zielen flattern und die Untergrundströmung von Wünschen, Urtheilen und Maßstäben deutlicher zulichte springen. Wenn ich es im Folgenden unternehme, in aller Kürze zusammenzufassen, was in den amtlichen Erhebungen dieser Enquete hinsichtlich des höheren Mädchenbildungswesens allgemeiner verbindlich Geltung gewonnen hat, so sehe ich von vorneherein davon ab, die kritische Sonde an diese Regulative anzulegen und die aufgestellten Richtpunkte auf Wert und Berechtigung hin zu prüfen. Nur den Hauptzügen nach sollen die dankenswerterem Ergebnisse der zweitägigen Berathungen in einem knappen Rahmen zusammengedrängt werden. Nicht ohne äußeren Schmuck und starken Nachdruck hat die Enquete die Noth-wendigkeit der Einführung eines einheitlichen Lehrplanes an die Stirne und Spitze ihrer Forderungen gestellt. Der Gedankengang der an der Debatte betheiligten Redner und Rednerinnen ist etwa folgender: Eine allgemeine, durchschlagende und fruchtbare Wirksamkeit der höheren Mädchenschulen ist nur bei Vereinheitlichung des Lehrplanes zu erwarten. Die Einführung eines einheitlichen, die Arbeit der erwähnten Bidungsstätten allgemein verbindlich regelnden Lehrplanes werde das äußere Ansehen dieser Anstalten stärken und es ermöglichen, dass den Absolventinnen dieser einheitlich organisierten Lehranstalten etwa nach Ablegung einer facultativen Reifeprüfung gewisse Berechtigungen rücksichtlich ihrer weiteren beruflichen Ausbildung gewährt werden. Nachdem sich die Enquete den Grundsatz der Vereinheitlichung einmüthig zu eigen gemacht und sozusagen als gemeinsames Deckgewölbe über ihre Arbeiten gespannt hatte, gelangte sie zum Schlüsse, dass die Neugestaltung unseres höheren Mädchenbildungswesens in hohem Maße anstrebenswert sei. Bei der Erörterung des zweiten Fragepunktes (Organisation und Zweck der Anstalten) wurde überwiegend der Ansicht Ausdruck gegeben, dass bei der beabsichtigten Reorganisation als Grundlage die Absolvierung der fünften Volksschulclasse zu nehmen wäre. Dass diesem Beschlüsse der Enquete das Bestreben zugrunde liegt, für den Unterbau der höheren Mädchenschule die derzeit bestehende Organisation der Knabenmittelschulen (Gymnasien und Realschulen) zu copieren, ist ohne den ausgesprochenen Hinweis der Enquete-Theilnehmer klar. Nicht so ganz spiegelt das Bildungsziel, wie es in der Dauer der Studien andeutungsweise zum Ausdrucke kommt, den Parallelismus und die Gleichwertigkeit mit den männlichen Bildungsanstalten wieder. Während das Gymnasium bekanntlich acht, die Oberrealschule sieben Jahrgänge umfasst, soll die Mädchenmittelschule der Zukunft deren nur sechs zählen und der Unterricht an derselben sich vom 11. bis zum vollendeten 17. Lebensjahre erstrecken. Es lag jedoch bei der Äußerung dieser grundlegenden Gedanken durchaus nicht in der Absicht der berathenden Mädchenschulpädagogen, den in so reicher Entwicklung begriffenen Zweig des mittleren Schulwesens in seiner von eigenthümlichen örtlichen Verhältnissen und den Bedürfnissen besonderer Volkskreise abhängigen Gestaltung einseitig zuzustutzen. Ausdrücklich sprach es die Enquete als wünschenswert aus, dass sich nach Maßgabe des localen Bedürfnisses an diese Schulen Fachcurse für berufliche und wissenschaftliche Zwecke anschlössen. Nicht geneigt dagegen zeigte sich die Enquete — und dies mit Recht —, hinsichts der Hauptorganisation, der Zahl der Classen, des gesteckten Lehrzieles, der Qualification des Lehrpersonales, mithin auch in Bezug auf die Gesammtleistungen den einzelnen Anstalten freie Bahn und Bewegung zu lassen. Bei der Durchberathung der zweiten These des zweiten Programmpunktes einigte sich die Enquete dahin, dass als Hauptzweck die Vermittlung eines gewissen Grades gründlicher allgemeiner, der weiblichen Eigenart angepasster Bildung zu gelten hätte, wobei dem Unterrichte in den modernen Sprachen eine besondere Bedeutung zukommen müsste. Rahmen, Kern und Rückgrat der gesammten Bildungsarbeit aber sei die Unterrichtssprache. Durch sie müssten alle Unterrichtsfächer und Unterrichtsstoffe wie die Radien eines planmäßig ausgebauten Gedanken- und Pflichtenkreises zu einer inneren erziehlichen Einheit zusammenfließen. Insbesondere wurde auch betont, dass nicht ein seichtes Betasten und oberflächliches Streifen mannigfachen Wissensstoffes, sondern lebendige Durchdringung und Verarbeitung des Bildungsgutes, eine schöne Concentration in den für die höhere Mädchenbildung wichtigen Gebieten des Wissens und Könnens anzustreben wäre. Als Nebenzweck dieser Anstalten hätte die Vorbereitung für berufliche Ausbildung zu gelten. Die Discussion über den dritten der oben angegebenen Programmpunkte förderte als allgemeine Anschauung der Enquete-Theilnebmer die Forderung zutage, dass die Zahl der wöchentlichen Unterrichtsstunden in den Pflichtfächern 24 bis 25 nicht überschreiten, also der Unterricht in diesen Gegenständen auf den Vormittag beschränkt bleiben möge, damit für körperliche Übungen, häusliche Fortbildung u. s. w. Raum geschaffen werde. Der Gesundheitspflege soll besondere Achtsamkeit zugewandt werden. Durch stete Anschauung und Nöthigung zum Selbstdenken soll die Lernarbeit eigenste, freie und freudige Lebensbethätigung werden. Um das Einpflanzen und Einwurzeln der Lernstoffe zu fördern, die Schülerinnen in das reale Leben einzuführen und mit Erscheinungen und Aufgaben desselben vertraut zu machen, denen sie andernfalls später unvorbereitet und verständnislos gegenüberstünden, wurde von einer Seite angeregt, in den letzten Jahrgängen corporative Besuche von Museen, Fabriken, Wohlfahrtseinrichtungen u. dergl. bei passenden Gelegenheiten zu veranstalten. Auch bei der Entscheidung über die Frage, welche Gegenstände als obligate in der höheren Mädchenschule zu lehren seien, erfuhren die Wechselbeziehungen zwischen den Lernstoffen und den Anforderungen des Lebens naturgemäß eine starke Betonung. Im Lichte dieser Verwertungsfrage erschienen der Enquete als die nothwendigsten und zeitbegehrlichsten Fächer: Religion, Unterrichtssprache und ihre Literatur, und zwar in möglichst hoher Stundenzahl; die modernen Sprachen (Französisch von der ersten Classe, Englisch, bezw. eine zweite neuere Sprache, von einem späteren Zeitpunkte an); Geschichte unter Hervorhebung der für Mädchen wissenswertesten Gebiete; Erdkunde mit besonderer Berücksichtigung der Wirtschaftsgeographie; Naturwissenschaften in möglichst engem Anschlüsse an die Anforderungen des Lebens, Somatologie und Gesundheitslehre in ihren Grundzügen; Arithmetik und Geometrie, letztere in einer praktischen Form mit dem Zeichenunterrichte in Verbindung gebracht. Ein lebhafterer Meinungsaustausch entspann sich über die Frage der Einbeziehung der Algebra in die Lehrverfassung dieser Schulen. Man einigte sich schließlich dahin, dass im allgemeinen über das Ziel der Unter-Mittelschule für Knaben keinesfalls hinauszugehen und dem praktischen Rechnen und dessen Anwendungen auf die Verhältnisse des bürgerlichen Lebens besondere Sorgfalt zuzuwenden wäre. Schließlich habe Kalligraphie als pflichtmäßiges Fach auf dem Stundenpläne Platz zu finden. Als freie Lehrgegenstände beschloss die Enquete in den Unterrichtsplan der höheren Mädchenschule einzugliedern: körperliche Übungen (besonders Jugendspiele), Gesang, Handarbeiten. Seitens der weiblichen Mitglieder der Enquete wurde namentlich hinsichts dieses Gegenstandes betont, dass auf Grund der gemachten Erfahrungen von der obligatorischen Einführung dieses Faches abzusehen wäre. Desgleichen wären die Erziehungslehre und die specielle Haushaltungskunde nicht obligaten Sondercursen vorzubehalten. Nachdem sich die Enquete auf diese Weise über die Grundlinien der Gestaltung dieser Schulen geeinigt und den Gurt gefunden hatte, der die Willkür und Zerfahrenheit, wie sie dermalen zu finden ist, für die Zukunft ausschließen könnte, wandte sie sich der Durchberathung der restlichen Programmpunkte zu. Was zunächst die Zusammensetzung der Lehrkörper an den höheren Mädchenschulen betrifft, so begegneten sich die versammelten Schulmänner und Mädchenbildnerinnen nach langen, eingehenden Verhandlungen in der Ansicht, dass die Heranziehung von weiblichen Lehrkräften für alle weltlichen Lehrfächer wünschenswert sei, wobei von verschiedenen Seiten, insbesondere seitens der anwesenden Schulaufsichtsorgane, die bereits von einer größeren Anzahl von Lehrerinnen sowohl hinsichtlich der Erziehung als auch hinsichtlich der wissenschaftlichen Tüchtigung der ihnen anvertrauten Zöglinge erzielten befriedigenden Ergebnisse hervor- gehoben wurden. Anderseits wurde allseitig ausgesprochen, dass ein harmonisches Zusammenwirken beider Geschlechter im Lehramte solcher höherer Mädchenschulen sich am besten bewähre, daher Männer vom Lehramte an solchen Anstalten nicht auszuschließen wären. Bei Deckung des Bedarfes an Lehrkräften müsse man sich zunächst an das verfügbare, für diesen Zweck qualifieierte Material halten. Die in dieser Richtung geäußerten Anschauungen der Enquete gipfelten darin, dass neben den Candidatinnen, die entweder als ordentliche oder als außerordentliche Hörerinnen auf Grund von Reifezeugnissen an philosophischen Facultäten Studien betrieben und eine Lehrbefähigung für Mittelschulen erlangt haben, auch auf solche Rücksicht zu nehmen wäre, welche ihre Ausbildung durch Privatstudien oder im Auslande (Frankreich oder England) erworben haben. In diesem Sinne wäre eine Lehrbefahigungsprüfung für Mädchenlyceen einzuführen, wobei einerseits eine möglichst große Liberalität bezüglich der Zulassung zur Prüfung, anderseits in der betreffenden Prüfungsordnung das Princip der möglichsten Concentra-tion der Lehrfächer thunlichst zu beobachten wäre. An die Erörterung der genannten Programmpunkte schlossen sich ein paar die obigen Gedanken und Wünsche weiter ausspinnende freie Anträge. So wurden unter anderem Vorschläge wegen Schaffung eines einheitlichen Lehrapparates laut und Anregungen in Bezug auf das Prüfungs- und Classificationssystem gegeben. Dabei wurde auch die Frage berührt, ob nicht etwa für die erwähnte Schulkategorie von der Theilung des Schuljahres in zwei Semester abzusehen wäre. Auf allgemeine Zustimmung in Schulkreisen wird der Hinweis der Enquete auf die Notliwendigkeit einer gleichzeitigen Reform der bestehenden Mädchen-Mürgerschulen und einer zeitgemäßen Ausgestaltung des niederen weiblichen Fortbildungswesens, insbesondere der für die breitesten Schichten der Bevölkerung wichtigen gewerblichen Fachschulen, rechnen dürfen. Erst wenn diese Erziehungsanstalten ihren sach- und zeitgerechten Ausbau erfahren haben werden, wird das Mädchenlyceum als gesunder und wohlentwickelter Schulorganismus sich einen festen Platz im Unterrichtsgetriebe unserer Tage erobern können. Dies ist das Bild der höheren Mädchenschule, wie es dem Auge unserer Unterrichtsverwaltung und der einsichtsvollen Vertrauten ihrer Absichten vorschwebt. Die Wiener Mädchenschul - Enquete ist eine Zeitmarke. Tiefes Verständnis des Zeitbedürfnisses, umfassende Kenntnis aller nationalen und pädagogischen Strömungen und Strebungen, scharfen Blick und klares Urtheil für das Ganze wie für das Einzelne wird man den Aufstellungen derselben nicht absprechen können. Die Forderungen der Wiener Mai-Enquete sind aber auch ein Weckruf an alle edlen Kräfte im Staate zu frischer, freudiger Bethätigung. Ohne Zweifel werden ein amtlicher Organisationsplan und allgemein verbindliche Weisungen seitens der Regierung nicht lange auf sich warten lassen. Aber auch bis dahin werden die Erhalter und Cura-torien der heutigen höheren Mädchenschulen nicht schlafen dürfen, wenn der Pulsschlag einer neuen Zeit den Boden der Schule durchzittert. Alte Formen und neue Forderungen müssen geprüft und langsam versöhnt werden, damit der Sprung nicht zu groß sei, wenn eines Tages die Verpflichtung von staatswegen hereingeschneit kommt, den alten Wein in neue Schläuche zu fassen. Was fehlt uns noch, dass wir dem Zeitgeiste dienen? Das muss eine stehende Frage werden. Sie öffnet die Augen und schärft die Gewissen, aber sie greift auch ins Leben und in den — Geldsack. Diese Frage soll auch im Hinblick auf die höhere deutsche Töchterschule in Laibach angesichts der Wünsche und Forderungen unserer Tage aufgeworfen und, so gut es in engem Rahmen thunlich, auch beantwortet werden. Denn völlig fest und reif zum Bleiben und Erstarren sind die Lebensformen dieser Schule noch keineswegs, wie denn auch die suchende Unruhe und nagende Unbefriedigtheit zahlreicher Schul- und Volksfreunde seit langem schon daran ist, Umschau zu halten und neue Formen zu finden, die Bediü’fnis und Befriedigung ins rechte Gleichgewicht setzen könnten. Freilich läuft das Bedürfnis rascher als die Mittel fließen, es zu befriedigen. Aber so oder so wird es gehen müssen, sei es, dass die große Säckelmeisterin des Landes Krain und bisherige hochsinnige Erhalterin dieser Schule einen tieferen Griff in die Tasche macht, um dem Volkserwerb und Volksglück Schutz und geistige Unterlage zu sichern, oder dass, wie in anderen Städten, z. B. in Prag, ein Verein zur Erhaltung und Förderung einer höheren deutschen Mädchenschule ins Leben gerufen wird, der einen Theil der Geldmittel aufzubringen hat, oder sei es durch Inanspruchnahme der Landes- und Staatshilfe — wozu wir ein Analogon ja in unmittelbarer Nähe haben — oder auf allen diesen Wegen zusammen. . — Druck von Kleinmayr & Bamberg, Laibach.