Hr. A3 »84«. Flora Tristan. Novelle nach Jules I a n i n von V. Obsieger. lS ch l u s>.) ^^o entichwanden denn unter den Oanden der jetzt sehr glücklichen Flora Tristan die großen Summen, welche ihr in kleinen Portionen zugebracht wurden. Wie viele rausend Arme hat sie dem Hungertode, wie viel tausend Verzweifelnde dem Abgrund entrissen, auf den sie zustürzten; wie viele Tausend unglückliche Mädchen hat sie zur Tugend zu-rückgeführt; wie viele Gatten für einander, wie viele Kinder ihren Aeltern erhalten! Und ach! wie wenig hat sie im Allgemeinen gethan; hat sie das Elend Frankreichs gemil-/dert? Hat sie die Verbrecher-Banden, welche die Hauptstädte so unsicher machen, vernichtet? Gibt es keine Höhlen des Lasters, der Prostitution mehr? Gibt es keine Bagnos, keine Galeeren, keine Zuchthäuser, keine Strafanstalten , gibt es keine Guillotine mehr? Alles das wollte sie verschwinden machen, alles das besteht in einem schrecklicheren, furchtbareren, ernstere!, Grade, als jemals; die edle Frau har sich geopfert, ohne ai, das große Ziel zu gelangen, welches sie sich gesetzt. Die Schreckenszeit der Revolution vernichtete alle Plane der iunaen Heldin; die reichen Männer des unci«!! i«»^!in« entflohen, cine neue Aristokratie, die Aristokratie des Entsetzens, trat an die Stelle der gewichenen. Für schwache, thörichte, prahlerische, stolze Menschen hatte man Teufel eingetauscht, Teufel, welche mir ehernem Busen das schöne Frankreich durchzogen und die Menschen von seinen Fluren wegfegen zu wollen schienen. Flora Tristan sah in den Hauptstädten der Provinzen alle jene Schrecken sich erneuen und verdoppeln, unter denen Paris erbebt und geblutet hatte. Flora Tristan entging allen diesen Schrecken. Ein guter Genius hielt seine Hand schützend, seine Flügel schirmend über sie gebreitet; sie sah das Directorium, das Consulat, das Kaiserreich, die Restauration, die Vertreibung der B c> u r-bon'schen Dynastie und die Einsetzung der Familie Orleans auf den Thron von Frankreich, aber unter allen Umständen verfolgte sie ihre Plane; sie legre dieselben dem Kaiser, sie legte sie Ludwig XVIII. und Carl X. vor, allein es war die Zeit der Theilnahme für fremde Leiden vorüber. Die politischen, die religiösen Bewegungen absorbirten alles Interesse, das Wohl oder das Wehe des Einzelnen verlor sich in der Bewegung der Völker und das, was für ihren Plan, der früher die Männer sosehr eingenommen hatte, so günstig war, die Schönheit dieser Frau, verfiel unter den Alles vernichtenden Händen der Zeit; sie zählte, als sie aus Peru zurückkehrte, 19 Jahre, als sie sich zuletzt in Paris auf-hielt, 50, und wohl nur eine „IXinon lle I' Ancln»" hatte, belastet von solch einer Anzahl von Jahren, noch Zauber genug, um angenehm auf die Männer zu wirken. Im Anfange war diese seltene Frau gesucht von der ganzen Welt; je mehr sie sich aber in die Höhlen des Lasters und des Verbrechens begab, um das Elend zu mildern, um den Lasterhaften, den Verbrecher auf den Weg der Besserung zurückzuführen, desto mehr zog sich die gute Gesellschaft von ihr zurück. Die Männer blieben ihr länger getreu, doch als die prachtvoll erblühte Rose eines ihrer Blä-ter nach dem andern verlor, als der Reiz, der Zauber, der sie früher umweht hacte, nach und nach schwand, zogen sich ihre Verehrer zurück und sie stand verlassen da. Das Werk, das sie so schön und so erfolgreich begonnen, geriet!) in's Stocken; sie selbst gab, was sie hatte, was sie entbehren konnte, und beraubte sich zuletzt auch des Unentbehrlichen. Napoleon hatte ihr eine Pension ausgesetzt, doch die Restauration fand es nicht der Mühe werth, eine Frau, die ihr ganzes Leben der Armuth geopfert, vor der Armuth zu schützen. Politik und Romantik beschäftigte alle Pressen, für Flora Tristan stand keine mehr leer, kein Buchhändler wollte ein Buch mehr von ihr verlegen ; in tiefster, drückendster Noth wäre es nöthig gewesen, daß die Armen sie nun erhalten hätten, wie Flora sonst die Armen unterhielt; doch wo waren Jene, welche so tausendfältige Wohlthaten von ihr empfingen! — Ein Leben voll bitterer Entsagungen war jetzt ihr Loos; ein Leben, um so bitterer, als es auf eine Zeit des Ruhmes, des Glanzes, der Auszeichnungen aller Art folgte. Flora Tristan bettelte, um ihr dürftiges Leben zu erhalten; Flora Tristan bettelte an der Thüre ihres eigenen Kindes, und dieses Kind verstieß sie, wie einst Flora Tristan ihr Kind verstoßen hatte. Das Kind war ein Mädchen, ein blühendes Mädchen geworden, welches zum einzi- 36lj gen Erbcheil ihrer Mlitter die volle Schönheit derselben erhalten hatte, aber ach, das Herz des Vaters schlug in ihrem Busen; sie war kalt, eigennützig, harr. Aus der Putzmacherin lind Leiterin eines solchen Geschäftes war sie Nachfolgerin ihrer früheren Herrin geworden, und nun eine reiche Frau, lies; sie Alle, die es nicht waren, fühlen, wie tief sie unter ihr seyen. Das Elend der Mutter rührte sie nicht, es gab ihr nur Gelegenheit, derselben weise Lehren zu geben, wie sie mit ihrem Gelde »hätte haushalten, wie sie nicht so verschwenderisch hätte seyn sollen, und statt die Theure aufzunehmen, statt der Wohlthäterin von tausend Armen zu vergelten, was sie an diesen gethan, hatte sie nur Worte des Vorwurfs, der Nichtachtung für sie und gab ihr die Versicherung, daß das Haus einer so angesehenen Frau nicht als Asyl für eine Landstreicherin gelten ßö'nNe. Noch auf eine ganz kur^e Zeit lächelre das Schicksal dieser Armen; die Juli-Dynastie gab der Betrübten, gab der Schwergebeugten, durch Klimmer und Leiden mancher Jahre Geprüften einen Theil der Pension wieder, welche Napo-, leon großmüthig ihr ausgesetzt. Sie erhielt von den 4000 Francs, welche sie einst bezog, 1000 wieder, und ihr Alter wurde dadurch sorgenfrei. Wohlthätig, wie immer, benützte sie auch diese kleine Summe nicht zur Hälfte für sich, und wo sie mit Geld nicht helfen konnte, half sie durch Rath und That so kräftig, als es ihre Jahre und ihre durch Kummer zerrüttete Gesundheit irgend erlaubten. Allein noch immer hatte das Schicksal sie zn verfolgen nicht aufgehört. Ihr Gaite, nachdem sie ihn verlassen, von finsterer Schwermuth erfaßt, hatte über den Verlust des Kindes und der schönen Frau beinahe den Verstand verloren. Er, welcher sie durch seine Kälte und prosaische Gleichgilrigkeit so tief verletzt und zur Flucht gezwungen, er glaubte sich jetzt auf das Schwerste gekränkt, fühlte sich schuldlos, fühlte, daß er seine Gattin unendlich zärtlich geliebt, daß sie undankbar seine Liebe von sich gestoßen und trug kochende Rache gegen sie im Herzen. Der Mann verließ darüber den Schauplatz seiner Ehe nnd seines Kummers; er begab sich in eine Provinzialstadt des nördlichen Frankreichs und lebte dort eingezogen, mit seinen mühsamen Arbeiten beschäftigt, eine Reihe von Jahren, ohne seiner Frau und seines Kindes zn vergessen; der Mann ward alr und stunwf, aber sein Haß brannte immer glühender lind tiefer in sein rachedürstendes Herz. Er hatte keine Nachrichten von Einer oder der Andern ; da hörce er plötzlich, daß die Juli-Dynastie die Schulden des Kaisers bezahlen wolle; er vernahm, daß Flora Tristan eine Pension erhalte, und nun harte seine Rache ihr Ziel gefunden. Flora Tristan lebte, das war genng, wo sie lebte, mußte leicht zu erforschen seyn. —- Er ging nach Paris, doch es kostete mehrere Jahre, bevor e:- sein Schlachtopfer entdeckte, und Jahre lang offnere noch Flora Tristan ihre milde Hand, um die dürftige Pension mit noch Dürftigeren zu theilen. In einer regnerischen Nacht aus einem jener Quartiere des Elends, in denen sie gewohnt war, ihre schon lange nicht mehr reichlichen Gaben zu spenden, nach Hause zurück- kehrend, fühlte sie sich einst ans ihren Träumen plötzlich auf eine rauhe Weise geweckt. Ein Mann legte die schwere Hand auf ihre Schultern, sie sah sich um und hörte die Worte: «Richtig, sie ist's!" »Kennst Du mich? ich bin Dein Gatte, ich komme, um Rechenschaft von Dir zu fordern für das Eleiid, das Du auf mich gehäuft, Rache zu nehmen für das Kind, das Du mir gestohlen!" Mit diesen Worten drückte der Fremde ein Pistol auf sie ab, lind mit zerschmettertem Haupte sank die Unglückliche zu Boden. Der Verbrecher kreuzte die Arme .und warrece ruhig, bis die W.iche kam, sich seiner zu bemächtigen. Die Geschwornen vcrurtheilten ihn nicht zum Tode, wie er es gewünscht, sondern sandten ihn in das Bagno von Brest. Es ist kaum ein Monat, daß diese arme, edle, unglückliche Fran, der man nur einen einzigen Fehltritt vorwerfen konnte — den, daß sie ihren Gatten verlassen — gestorben ist, und schon ist sie vergessen. Sie war muthig und stark, sie war von seltener Geistesbildung, von großem Talente; ihr Herz war voll von den reinsten Gefühlen für das Wohl der Menschen; sie selbst war sich nie der Nächste und wie sie so viele auf den Pfad der Tugend geführt, hatte sie ihn selbst nie verlassen. Und doch achtete die Gesellschaft sie nicht, doch hat die Gesellschaft sie bereits vergessen! Ich bin betrübt, erlaubt mir, meine Leser, daß ich die traurige Geschichte hier endige. Soldatenrache. Nacl? dc>„ Französischc» v°» E, S'" Vor etwa cilf Jahren schlich ein Unteroffizier vom zweiten Regiment der Jäger von Afrika in ein kleines, im maurischen Style erbautes Häuschen bei Algier, wo seit einigen Monaten eine schöne junge Dame, die sich Witwe Dona Anita Lopez nannte, wohnte. Der Jäger schritt über den Hof, eine breice Treppe hinauf, über eine Gallerie; er schien die Oertlichkeiten genau zu kennen. So erreichte er leise eine Thür, bückte sich zum Schlosse herab und lauschte. Plötzlich richtete er sich krampfhaft auf und rüttelte aus allen Kräften an der Thür. Ein halb erstickter Schrcckens-schrei, und bald darauf zeigte sich die herkulische Gestalt ei-ne5 Mannes in bürgerlicher Trachr mir falbem Schnurrbarte. Es war der Lieutenant, unrer welchem der Jäger diente. Der Jäger sprang mit einem Schrei der Wuch ins Zimmer: die Spanierin ihm entgegen schwankend, neigte sich, als wolle sie flehend ihm zu Füßen fallen, riß aber unversehens dem Jäger den Säbel aus der Scheide und schleuderte ihu durch das offene Fenster in einen tiefen mo-rastigen Graben. Mir einein wahren Brüllen des Ingrimms warf sich nun der Jäger über seinen Offizier her, stürzte ihn zu Boden, stieß ihn mit Füßen, zerfleischte ihn mit den Sporen und wollte ihn sogar erdrosseln. Erst als das Geschrei der schönen Spanierin Leute herbeizurufen drohte, entfernte er sich unaufgehalten, schwang sich auf sein Pferd und wandte Algier den Rücken zu. 367 Mai, begreift, das; dieser gewaltthatige ?lufrricc durch einen 3iedeshandel veranlaßt wurde. Der Flüchclmg war als Freiwilliger ins Heer getreten, hatte es durch die größte Tapferkeit bis zum Quarriermeister gebracht und war von der eben so leichtfertigen, als reizenden Spanierin in die glühendste Leidenschaft verstrickt worden. Spöttereien seiner Cameraden hatten ihm endlich die Augen geöffnet. Jetzt, nachdem er Rache genommen, erwartete ihn bei seinem Re-gimenie die Todesstrafe. Er wandce daher sein Nosi nach dem Gebirge. Seiner genauen Kenntniß der Gegend gelang es sich durch die französischen Vorposten durchzuschleichen. Am dritten Morgen erreichte er ein arabisches Zelt-dorf Weiber gewahrten ihn und stießen beim Anblicke der feindliche» Uniform ein warnendes Geschrei aus. Aus allen Helcen stürzten die Manner yervor, bewaffnet mit Steinen, Knitteln, Vatagans und langen Flinten; sie umringten ihn und rissen ihn vom Pferde. Es wäre um ihn geschehen gewesen, da er zwar wohl arabisch verstand, aber nicht sprach, wäre nicht ein alter Merbartiger Marabut mit ausgebreiteten Annen den Männern entgegengetreten. Er fragte den Franzosen, ob er den Islam annehmen wolle und ohne Furcht und Zaudern gab dieser das Zeichen seiner Einwilligung- (Veschluß folgt.) Feuilleton. (Tchiesfwolle, Tchießgewebe, deren Aufbewahrung und Versendung.) Es ist bereits mehrseitig zur Sprache gebracht worden, auf welche Art und Weise es möglich sey, das neue, erplodirende Präparat bei dem immer mehr überhandnehmenden Gebrauche durch besondere Kennzeichen für Jedermann sogleich bemerkbar zu machen, und dasselbe, falls es ein Gegenstand der Erzeugung im Großen und des Handels werden sollte, bei der Aufbewahrung und Versendnng in einen ganz gefahrlosen Zu» stand, zn versetzen. Die Lösung dieser Frage ist in dem so eben erschienenen Werkchen: »Die Schießbaumwolle, ihre chemisch-physikalischen Eigenschafren und Wirkung als erplo-direndes Präparat und vollkommenes Ersatzmittel des Schieß-pulvers, nebst einer practischen Anleitung zur Erzeugung der Sclneßwolle und Gewebe im Kleinen und nn Großen, dann den Vorsichtsmaßregeln bei dem Gebrauche und der Aufbewahrung derselben, von Carl v. Frankenstein (mir mehreren Holzschnitten und einem Formular des Schießzeu-ges in lüUiii-»,)" bei I. A.K.i enreich in Gratz, mirbe>onderer Ausführlichkeit behandelt. Der darin entHlcene Vorschlag, daß die Erzeugung und der Verkauf der Schießwolle nur in Gestalt von Geweben gestattet werde, welche in Quadratzollen eingetheilt lind auf jedem derselben (als für einen Schuß berechnet) mit der Bezeichnung «Schießzeug," dann dem Namen dcs Erzeugers und einer den Gegenstand charak-terisirenden Randeinfassmig bedruckt seyn sollen, wodurch jedes Stückchen auch dem Unkundigen nothwendigerweile bemerkbar und von andern Geweben unterscheidlich ist, dürfte jedenfalls als vollkommen practisch ausführbar berücksichtigr werden. Das neue Präparat wird dann in kleinen Etuis von Bleisolien, ähnlich den Zündschwämmen, welche der leichten Entzimolichkeit durch bloße Reibung wegen ei» weit gefahrlicherer Handelsartikel sind — ebenso gut verkauft, versendet und überwacht werden können. Überdies; ist es gelnn-5cn, die zur Versendung bestimmten Gewebe durch eine eigenthümliche Praparatur so zu mccamorphosircu und in einen unentzündlichen Zustand zu versetzen, daß selbe erst nach dem Auswaschen in Waffer und Trocknen ihre vollkommene Explosionskraft zum Gebrauche bei Gewchrladun-gen erhallen. Das Nähere ist in der von mir herausgege-beuen Broschüre enrhalcen. C. v. Franken stein. (<3H. Kuffner — todt.) Am 7. d. M. starb in Wien Herr Ch. Kuffner, k. k. Staatsraths-Concipist und Censor, als Schriftsteller rühmlichst bekannt. Seine Werke erschienen erst unlängst gesammelt bei Klang. Im Leben, seiner außerordentlichen Hcrzensgüte wegen, dergestalt geliebt nnd geschätzt, daß man von ihm sagen konnte, er sey Einer der Wenigen gewesen, die keinen Feind harren; als vielseitig gebildeter und productiver Schriftsteller, als dramatischer, lyrischer und epischer Dichter anerkannt und als ein wahrer Gelehrter vom In- und Auslande gepriesen, wird sein Hintricr allgemein betrauert. Er erreichte das 66. Le. bensjahr nnd starb an einem Lungenübel nach kurzem Krankenlager. Er hinterläßt eine trauernde Gattin, die Schwester des berühmten Clavier-Virruosen Leopold v. Meyer, nnd aus seiner ersten Ehe einen Sohn. Industrieller Local - Eicerone. Eine Wanderung gegen Schischka mit verschiedenrlichen Betrachtungen und einer industriellen Entdeckung. Es war — damit ich recht liebenswürdig sentimental anfange — an einem jener schönen Hcrbstnackmittage, wo man nicht weiß, soll man im Gehrock ausgehen, oder, wi? die Schneider, den Paletot über den Arm liängen, als ich mit meinem Freunde hinausscklenderte gegen Gchischka. dem freundlichen Dorfe, welches sich bald mit Laiback zu einer Vorstadt verbinden wird, und übcr dessen griesgrämigen Namen, zu deutsch „G a l l-apfel». mir noch Niemand genügenden Bescheid zu geben wußte. Der Weg aus der Stadt führte uns über die Franzensbriicke, die eben makadamisirt wurde uno von deren solider Bauart ein schlichter Bauer sehr treffend sagte, daß sie am jimgsten Tage erst Nachmittags einstürzen werde. In der Elephantrnaasse. wo sich. um den Fußgängern den holperigen Weg zu vcrsüße» , unlängst erst ein Zuckerbäcker niedergelassen hat, begegneten wir einem mühselig daher fahrenden Einspanner, dessen Lenker aus der sauern N>,?ne deutlich erkennen ließ, daß ihm diese Pil, geifahrt reckt besckwerlick werde. Dieser Anblick und das eigene Hühner-auqen - Bewußtseyn summten meinen Freund sehr trübsinnig; er klagte bald über das Pflaster, bald übcr die Qualen eines armen Sterblichen, der sonst keine andern Realitäten, als höchstens einige Hühneraugen besitzt, die nicht nur nichts eintragen, sonder,, noch viel austragen, wenn so ein Pfiffikus von einem Operateur erscheint, der den Leuten statt der Hühneraugenwurzel nur Körnchen von aufgelösten Darmsaiten, die er ü I» Bosco changirt, herauszieht und also die leidende Menschheit um ihr Geld prellt. — Ich ließ meinen Freund seine trübseligen Meditationen beenden, um ihn desto mehr mit einer Neuigkeit zu überraschen, über deren Gewißheit nun kein Zweifel mehr besteht. Wir waren so eben auf dem Holzpflaster an dei Wiener- Straße angelangt. „Nun. lieber Freund, haben wir das Ende der Fußquälerei erreicht: wir stehen auf W i t h a I m's Holzpflaster — und nicht mehr lange wird es dauern, daß wir ein solches Pflaster auch in dei, übrigen Straßen der Stadt erhalten werden, da der Accord mit 180N0 fl, vorläufia für 3000 Quad. Klafter mit Herrn W i t-ha l m, einem der unternehmendsten Industrielle» unserer Zeit, abgeschlossen ist. Sein Probepflaster hat sich durch mehr denn 2 Jahre auf der von den schwersten Lastwägen fort und fort befahrenen Straße als ganz uner, schütterlich bewährt und diese Probe dürfte ein gut.r Bürge seyn für die Dauer der übrigen Pflasterung. Laibach erhält dadurch eine ihrer schönsten Zierden.» — „Was aber werden die Forstwirthe dazu sagen, die über den alljährlich zunehmenden Holzmangel und die Holzverschwendung so viel Zetergeschrei machen?" cntgegnete mir mein Freund. ,,Laß sie reden. Wenn man sein Producr gut verwertbet, soll man es deßwegen nicht hergeben? „Der Lebende hat Recht," sagt Schiller irgendwo, „jeder schaue auf sich selbst; ter Himmel wird schon sorgen, daß die Stöcke auf der Welt nicht ausgehen werden." — Meinem Freunde gefielen diese egoistischen Worte nicht und ich konnte ih» nicht anders beruhigen, als daß ich ihm die mög- 368 ticke Erfindung unserer Nachwelt in Aussicht stellte, daß man vielleicht bald wird mit Wasser heitzcn können, wie man jetzt schon mit Paum> wolle und Sägespänen statt des Pulvers schießt, da der Wasserstoff ja Brennstoff ist. Also debattircnd kamen wir zu W i t h a l m's Coll'seum- ,.Weil wir gerade von Holz und neuen Erfindungen reden," wendete sich mein Freund zu mir, „muß ich Dir eine industrielle Entdeckung mittheilen. die wir dem Herrn Nithalm verdanken; Du mußt aber Erfindung nicht mit Entdeckung gleichlautend nehmen- Wir haben in Krain einige Tischler, die Parq u e tt a feln verfertigen: den vorzüglichsten derselben aber haben wir bisher nicht gekannt; Herr Withalm hat ihn zufällig entdeckt.,Es ist ein schlichter Tisi'ler aus A l t - L a a k, Thomas Iugoviz mit Namen, dessen Parquettafeln sich in Bezug auf Reinheit der Arbeit und Genauigkeit der Fournitur mit jedem Gratzer oder Wic-ner Fabricate messen können und dessen Arbeit man in dem höchst elegan» ten „Mariensaale" des Coliseums besichtigen kann." Da ich meinen Freund als einen etwas eraltirten Aefthetiker kenne, schien mir seine Behauptung auf der Stelle nicht ganz glaubwürdig. Wir gingen deßhalb in's Coli-seum, wo uns durch die Gefälligkeit des Herrn Withalm der bespro» chene ,,Mariensaal" aufgemacht wurde- Das Locale ist wirklich überra« sckend schön ausgestattet. Nachdem wir uns einige Zeit an dem Anblicke des Saales ergetzt hallen, besichtigten wir nun den Boden mit den I u-govi z'schen Parquetten, und ick leistete sofort mcinem Freunde Abbitte, daß ick seinem Lobe nickt sogleick Glauben schenkte. Wahrlich! die Arbeit ist ausgezeichnet durck die nette Fournlture und die Genauigkeit, mit wel. cher jede Tafel ausgearbeitet ist, basi, wohin man sich nur stellen mag, die Zeichnung der Parquetten in der geradesten Linie, wie an einer Sei, denschnur gezogen, vor u»s erscheint. Man muh sich nur die Mühe nehmen und die Aneinanderfügung der einzelnen Tafeln genau betrachte», so wird man den Meister erkennen, dcr es verdient, daß sein Name unter den vaterländischen G ew er b s l e u t e n mit Ehren genannt werde und d,r, einmal bekannt, sich durch seine Ar« beiten selbst die beste Geltung verschaffen wird. Wir verließen in der angenehmsten Stimmung den herrücken Saal, der — wie es verlautet — sich alsbald dem öffentlichen Veranügen öffnen . wird. und da die Abendsonne — damit ick wieder poetisch ende — bereits schon di? Gipfel des majestütischcn Grintovz beschien und ein scharfes Varalüftcken wehte, kehrte ich mit meinem Freunde wohlaemuth in die Stadt zurück. A, B, C. Theater in Laidaeh. Wir haben dießmal eine vollständige Tl),'aterwock (Havelin) und Dlle, S p en g l e r lEuqenie) hatten ihre Aufgaben sehr qut aufgefaßt, Herr Schnitzer (Canta!) mar-kirte diesen ehrlichen, geraden deulschen Kaufmann ganz vorzüglich unv Herr Gottdank spielte den modernen Weltsckmerzler und Schwärmer Lambert mit guter Färbung. — Dinstag am IN- November ,um Wenefice des Regisseurs. Herrn Franz Podesta: ..Eine Mutter aus dem Volke." Drama in 5 Abtheilungen von Dennery- Die Wahl eines Stückes, worin unser Gast. die ges^ätzte Dlle. Spengler, in der Titelrolle so überaus tresslich ist. kann nur eine gute genannt werden. Dieses Drama ist noch aus der vorigen Saison hier in gutem Andenken. Ueber die Leistung der Dlle, Spengler, als Marie Anne. keine Epitheta! Sie war in allen Theilen vollendet, und an stürmischem Beifall und Hervarruf fehlle es nickt. Die Herren T h o m 6 und Moldt (Zimmergesellen Bernhard und Lur) excellirten in diese» 3iollen mit nicht minderm Beifall als im voriaen Jahre. Dlle. Kohrner blieb a!s Sophie von Strahlheim hinter Dlle. Posinger. von der wir diese junge Mutter und Weltdame so anstandsuoll repräsentirt sahen, zurück. Der Bcn.'ficiant spielte den Doctor Armand (n!il>5 Appiani. wie er im vorigen Iabre hieß). Einen Menschen, der nichts ist als ein gemeiner, für die Galeere reifer Bölcwickt. einen Menschen, der überrall Verrath seiner Schandthaten fürchten muß, sahen wir von Herrn Podesta zu unserer größten Verwunderung so dargestellt, wie man einen vornehmen, stolzen, vorwurfsfreien, ehrlichen Mann zeichnet. Daß diese Auffassung eine durchaus verfehlte war. wird Herr P o» desta vielleicht eben so wenig einsehen und zugeben wollen, wie unser Urtheil über seinen Reinhold in ..Müller und sein Kind" — uns kümmert dieß nicht, nur wollen wir ihm nock bemerken, daß das Laibacher Theaterpublikum Kunstsinn und Geschmack genug besitze, um damit für bi« außerordentlichsten dramatischen Leistungen auszureichen, wie auch die Kri« tik Takt genua, um sich über Mimen jeden Ranges auszusprechen. — Noch sind im genannten Slücke Herr Blumenfeld (Oberarzt Durlack) und Mao. Moldt (Mutler Kathrini rühmlich zu erwähnen. Das Haus war in allen Räumen gefüllt. — Mittwoch am 1l- November: Erstc Gastvorstellung der ungarischen Tänzergesellschaft des Herrn Veszter Zan-dor, in 2 Abtheilungen, dazu das H o ! l e i'sche einactige Lustspiel: ,.Kie schreibt an sich selbst." Das an sich unerhebliche Lustspiel gii,g ziemlich gerundet über die Bühne. Die Tanzqesellschaft bewies sich gleich am ersten Abend als wirtlich brav und gewann di? allgemeine Stimmung für sich. Malerisch schön wurde der steierische Nationaltanz von den DUes. Hilley und Kov a sz und Herrn Per rey ausgeführt. Im ko!'akische,n Nalio-naltanz war Herr Ferenczy ausgezeichnet. Auch der komische Schwabentanz, ausgeführt von Dlle- Hilley unt> Herrn Tolh Samu, ließ sich gut an. Das P.15 llV> c!,x »«i'ioux, getanzt von Dlle. Papp und Herrn Kilanyi. machle Furore. Nickt weniger Sensation erregten der ,,!>l!>^^l>i' s^.il-c!!!!«"- und „IVIll^nl' i>'<,'!»<'«"-Tanj. bei welch letzterem besonders Herr Veszter Sander erccllirte. — Donnerstag am 12. No« vembec wurde uns die Reprise der „Präcio^a," mit der ungarischen Tanzgesellschaft garnirt, vorgeführt- Herr Veszter San bor spielte über-dieß den Zigeunerhauptmann und zwar in derTbat nicht übel. Unter den Tänzen gefielen die spanischen Tanze-. ,.1^« (^Iluiüi" und der „liulel-o," inqleichen der Krakuse»-Tanz. Dlle. Hilley Emma. eine d.r hübschesten, graciösesten Tanzsilphyden, die man sehe» kann, bezauberte Alles. Dir Vorstellung war der Tänzer wegen sehr zahlreich besucht. — Freitag am 13. November zum ersten Male: „Der dreizehnte November," See-lengemälde in 3 Acten von C- G u tz k o w. Der englische Evlcen, Hand in Hand mit schottischem Aberglauben. ist hier mit großer Wahrheit von der geschickten bühnenkundigen Feder Guykow's aezeichxet. Herr Buchwald, als Lord Douglas, hat uns überrascht. Die Darstellung des mit der Welt zerfallenen, edlen Douglas war in allen Nuancen !o entschieden gelungen, daß Herr Buckwald. wenn er so aus sich selbst schöpft, des Namens ..Künstler" werth ist- Gleich an seine Leistung reihte sich dießmal die des Herrn Vlumenfeld, als Haushofmeister Trill'ie. .' l1«n»x <,!»!>mpeliu; das Warum? ist nickt bekannt. In ?em kleinen, reckt braven S^'auspiel thaten sich Herr Vuckwald, als Graf Ville-vallier. Mad, Räntz. als sein? Wemaklin. uno Herr Schnitzer, als Diener Valthasar besonders hervor Aucl, Mad. Vramback (Gärtnersfrau». Herr Gram back 'l sehr und am Ende wurden alle Darsteller wohlverdient geruftn- — Sonntag am F5>- November-. ,.Lucifer und der Päckter" wiederholt und ..Familicnracke," Posse in > Ait von N. Fr i e d r i ch. In der Posse aefie! Herr Gramback als Iacopo am meisten hervor- Das Stück acfiel theils durch seine heitere Siiuation. theils durch das gute Zusammenwirken. Das Theater war sonntäglich asfulll- Leopold Kordes ck. Beuefice-2ltt;oige. D>c kicr gastircode, s.hr geschätzte Sckaüspicli-rin Dlle. Elise Spengler bringt zu ibrcm Beoeficc. kiiüf.iqen Soniüag am 2:».. d>e-s.s. das schon angekündigte treffliche Drama: »Der Weibermarkt vo» London", von, Verfasser der ,.Mutter ans 0>m Volte" zur Auf« führiüiq. Die gute Wal,l des Sruckei und die V'-lievlneic der Venefi-ciantin dürften dcn zalilreichstcü Zuspruch erzillci,. Verleger: I g n az A lois Gd ler v. Kleinmayr.