Gesetz- »»d Verordnungsblatt für das öst erreichisch - illirische Rüsl e nlanü. bestehend aus den gefürsteten Grafschaften Görz und Gradišča, der Markgrafschast Istrien und der reichsunmittelbarcn Stadt Triest mit ihrem Gebiete. III. 0 t iicf. Sin «i gegeben »n d Versender am 8. Februar 1873. 3. Gesetz wirksam für die Markgrafschaft Istrien, betreffend die Realschulen. Mit Zustimmung des Landtages Meiner Markgrafschaft Istrien finde Ich zu verordnen, wie folgt: I. Allgemeine 93 c ft i m m n n gc it. §■ 1. Der Zweck der Realschule ist: 1. mit besonderer Berücksichtigung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Discipline» eine höhere allgemeine Bildung zu gewähren, als die Volks- und die Bürgerschule zu bieten vermag; 2. für die auf diesen Discipline» beruhenden höheren Fachschulen (polytechnische Institute, Forstakademien, Bergakademien it. s. w.) vorznbercitcn. §• 2. Vollständige Realschulen bestehen ans sieben Classen, deren jed^ einen JahreöcurS bildet, und zerfallen in vierclassige Unter- und dreiclasfige OberrealschulenZX §. 3. h Als Vorbereitnngsschule für die Oberrealschule kann auch das^vierclasfige Realgymnasium dienen. §. 4. Mit den Realschulen können, mit Rücksicht auf die wirthschaftlichcn Verhältnisse des Landes, Fachcurse zur Ertheilung eines commerciellen, gewerblichen oder landwirthschaftlichen Unterrichtes in Verbindung gebracht werden. §• 5. Die Realschulen sind entweder öffentliche oder Privotschulen; als öffentliche gelten diejenigen, welche das Recht haben, staatsgiltige Zeugnisse auszustellen. §. 6. Die Errichtung einer Realschule ist Jedermann unter der Voraussetzung gestattet, daß die Einrichtung derselben nichts, den allgemeinen Lehrzwecken dieser Anstalten Widersprechendes enthält. Statut und Lehrplan, sowie jede Aendernng derselben, bedürfen daher der Genehmigung des Ministers für Cultus und Unterricht und als Directoren können nur solche Personen verwendet werden, welche österreichische Staatsbürger sind, und ihre volle Befähigung zum Unterrichte an einer derartigen Lehranstalt dargcthan haben. §• 7. Das Recht zur Ausstellung staatSgiltiger Zeugnisse kann den vom Lande, von Gemeinden, Corporationen oder Privaten errichteten Lehranstalten zuerkannt werden, wenn ihre Einrichtung nicht in wesentlichen Puncten von der für die staatlichen Lehranstalten vorgcschriebenen abweicht und für jede Ernennung des Directors, der Lehrer oder Hilfslehrer die Bestätigung des LandeSschnlrathes cingcholt wird (§. 23). §. 8. Der Minister fiir Cultus und Unterricht kann die Entfernung eines untauglichen Directors oder Lehrers jeder derartigen Lehranstalt fordern, und im Falle der Nichtbefolgung der Anstalt daS Recht zur Ausstellung staatsgiltiger Zeugnisse entziehen. Der Minister kann auch eine Realschule sofort schließen lassen, wenn ihre Einrichtung oder Wirksamkeit mit den bestehenden Gesetzen in Widerspruch tritt. §• 9. Die von Gemeinden, Corporationen oder Privaten errichteten Lehranstalten, welche im Besitze des Rechtes sind, staatsgiltige Zeugnisse auszustellen, können ans LandeSmitteln eine Unterstützung erhalten, falls die Nothwendigkeit eines ungeschmälerten Fortbestandes derselben nachgewiescn ist, und daS in gleicher Höhe tute für StaatSrealschnlcn festgesetzte Schulgeld in Verbindung mit den übrigen Mitteln der Anstalt zur Bestreitung der Kosten nicht misreicht. II. Lehrgegenstände. §. 10. Die UntcrrichtSgegenstände der Realschule sind: a) Rcligionölehre, b) Sprachen und zwar: die Landessprachen, ferner die deutsche und die französische Sprache, c) Geschichte und vaterländische Verfassnngslehre, cl) Mathematik (Arithmetik, Algebra, Geometrie), e) darstellende Geometrie, f) Erdkunde, g) Naturgeschichte, h) Physik, i) Chemie, k) geometrisches und Freihandzeichnen, I) Turnen. §• H. Außerdem können nachstehende Gegenstände gelehrt werden: die englische Sprache, Modelliren, Kalligraphie, Stenographie, Gesang. Andere freie Gegenstände können an den Realschulen nach Bedürfniß mit Genehmigung des Unterrichts-MinistcrinmS eingeführt werden. Die Bestimmung der Unterrichtssprache steht demjenigen zu, der die Unterrichtsanstalt erhält. Tragen hiezu mehrere bei, so wird die. Unterrichtssprache durch Vereinbarung und in Ermanglung einer solchen, durch den Altsspruch des Unterrichts-Ministers festgestcllt. §. 13. Für jeden Schüler sind alle im §. 10 aufgezählten Gegenstände obligat, nur was die sub litt, b aufgeführtcn Sprachen betrifft, hat jeder Schüler neben der Unterrichtssprache zwei derselben zu erlernen, welche durch seine Eltern oder Vormünder gewählt werden. Die Eltern oder Vormünder bestimmen, auch mit Zustimmung des Lehrkörpers, ob und welche freie Lehrgcgenstände ein Schüler zu erlernen hat; die so bezeichnten freien Gegenstände treten sodann für diesen Schüler in den Kreis der obligaten Lehrgegenstände; der Unterricht im Schönschreiben kann einzelnen Schülern vom Lehrkörper als obligat aufge-tragcn werden. III. Aufnahme und Entlastung der Schüler. §. 14. Die regelmäßige Aufnahme der Schüler findet im Herbste unmittelbar vor dem Beginne deS Schuljahres statt. Zur Aufnahme in die unterste (Stoffe ist erforderlich: 1. Das vollendete oder in dem ersten Quartale des betreffenden Schuljahres zur Vollendung gelangende (zehnte) 10. Lebensjahr, 2. der Nachweis über den Besitz der erforderlichen Vorkenntnisse, welcher durch eine Aufnahmsprüfnng geliefert wird. Zur Aufnahme in eine höhere (Stoffe: 1. das entsprechende Lebensalter, 2. der Nachweis der Vorkenntnisse, welche durch das Zengniß einer öffentlichen Realschule der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder über die erfolgreiche Zurück-legung der nächstvorhergehcnden Classe, eventuell durch eine Anfnahmsprüfung geliefert wird. §. 15. Wenn Schüler während des Schuljahres die Aufnahme in eine Realschule ansuchen, so steht, abgesehen von den Fällen der Ucbersiedlung der Eltern oder ihrer Stellvertreter, in welchen einem Schüler die Aufnahme in eine öffentliche Lehranstalt nicht verweigert werden kann, die Entscheidung dem Lehrkörper zu. §. 16. Die Zahl der Schüler in einer Classe soll in der Regel nicht über fünfzig steigen. Wo die Anzahl der Schüler in einem dreijährigen Durchschnitte 60 erreicht hat, darf die Aufnahme von mehr als 50 Schülern in die betreffende Classe nur unter der Voraussetzung stattfinden, daß Parallelabtheilungen errichtet werden. §. 17. Semestral. und Iahresprüfungen finden für öffentliche Schüler nicht statt. Am Schlüsse eines jeden Semesters erhält jeder Schüler ein Schulzeugniß. Auf Grund der Gefammtlcistnngcn eines Schülers während des Schuljahres entscheidet die Lehrerconferenz über das Vorrückcn desselben in den nächsthöheren Jahrgang. Wenn ein sicheres llrtheil über die Reife eines Schülers zum Anfsteigcn in die höhere Classe nicht gefällt werden kann, wird in Gegenwart des Directors eine Versetzungs-Prüfung gehalten. Stellt sich bei derselben ein ungenügender Erfolg bezüglich eines einzigen Gegenstandes herans, so kann der Lehrkörper dem Schüler die Erlanbniß zur Ablegung einer Wieder-holnngsprüfnng vor Beginn des neuen Schuljahres ertheilen, von deren günstigem Erfolge das Vorrücken in die höhere Classe abhängt. §. 18. Zum Schüfe des Nachweises, daß die Realschüler sich die für das Aufsteigen in die technische Hochschule erforderlichen Kenntnisse erworben haben, werden Maturitätsprüfungen abgehalten. Externe, welche keiner öffentlichen Realschule als öffentliche oder Privatschüler angehören, können zur Maturitätsprüfung zugelasfen werden, wenn sie das 18. Lebensjahr zurückgelegt haben. IV. Lehrkräfte. §• 19. Die Befähigung der Lehrer für Realschulen wird durch eine Prüfung ermittelt, mit deren Abhaltung eigene vom Minister für Cultus und Unterricht bestellte Prüfungscommissionen betraut sind. Nur diejenigen, welche sich ein Lchrbefähignngszcngniß erworben haben, können als wirkliche Lehrer an den Realschulen angestellt werden. §. 20. Für die obligaten Lehrfächer werden an einer vollständigen Realschule neben dem Reit« gionslehrer noch 12, an einer vierclassigcn Unterrealschule noch 7 wirkliche Lehrer mit Einschluß der DireetorS bestellt. Eine Vermehrung der Lehrkräfte nach Maßgabe des Bedürfnisses ist hiedurch nicht ausgeschlossen. §• 21. Der Direktor ist mit der unmittelbaren Leitung der Realschule und eventuell der damit in Verbindung gesetzten Fachcurse betraut. Die sämmtlichen wirklichen Lehrer bilden unter dem Vorsitze des DireetorS die Lehrer-conferenz, deren Befugnisse im Verordnnngswege normtet werden. §. 22. Der Direktor ist an vollständigen Realschulen zu 6—8, an Unterrealschnlen zu 8—10 wöchentlichen Unterrichtsstunden verpflichtet. Den wirklichen Lehrern der wissenschaftlichen Fächer sollen in der Regel nicht mehr als 20, und jenen des Freihandzeichnens nicht mehr als 24 wöchentliche Unterrichtsstunden zugewiesen werden. §. 23. Die Ernennung der Directoren und wirklichen Lehrer erfolgt bei Staatsschulen durch den Minister für CnltttS und Unterricht. An allen öffentlichen Realschulen, welche nicht Staatsanstalten sind, bedarf die Ernennung der Direktoren und wirklichen Lehrer der Bestätigung durch den LandeSschnlrath, welcher aber nur das Vorhandensein der gesetzlichen Erfordernisse zu prüfen hat.(§. 19). Hilfs- und Nebenlehrer werden bei Staatsschulen vom Landeöschnlrathe bestellt, bei anderen öffentlichen Realschulen von demselben bestätigt. S ch l n ß b e st i in m n n g. §• 24. Der Minister für Cultus und Unterricht ist mit dem Vollzüge dieses Gesetzes und mit der Feststellung der UebergangSbestimmnngcn betraut. Wien, am 19. December 1872. Franz Joseph m. p. Stremayr m. p.