Zeitschrift der Missionare Söhne des Hist. Herzens Jesu Die Frau auf den Armen Fast jeden Herz - Jesu - Freitag führte mich der Weg mit dem Eucharistischen Heiland abseits meiner Missionsstation Nachingwea zu einer ärmlichen Negerhütte, die draußen bei den Farmen lag. Dort wohnte schon ein älteres Ehepaar, Beatus Mbena und Està Binarnu. Zwei gute Menschen. Aber seit Jahren waren Leid und Kummer in der Hütte eingekehrt. Die Frau lag unheilbar krank, war fast gelähmt. — Die Männer in der Nachbarschaft spotteten über Beatus. Einer meinte einmal höhnisch zu ihm: „Wie kannst denn du, du gesundes Mannsbild, dich mit Weiberarbeit plagen und deine unnütze Frau in der Hütte behalten? Ich wüßte mir zu helfen", fügte er augenzwinkernd hinzu. Aber Beatus schüttelte energisch den Kopf und ging seines Weges. Im Geiste dachte er an das Ja-Wort, das er am Traualtar gegeben hatte. War er auch nur ein armer, einfacher Neger, von der Treue in der Liebe hatte er etwas verstanden. So habe ich mich oft an der stillen, leidvollen Harmonie dieser Buschleute erbaut. Eines Tages erhielt ich eilige Botschaft von Beatus. Ein Unglück war passiert. Während der Mann draußen auf dem Felde arbeitete, fiel Està ins offene Feuer, als sie zum Hütteneingang zu tappen versuchte. Sofort fuhr ich mit meinem Jeep los. Schreckliche Brandwunden! Das rechte Bein, der halbe Rük-ken — eine einzige Schwäre. Eilig packten wir die Frau in den Wagen, und ich fuhr zum Regierungshospital. Bange Tage und Wochen für den Mann. Ich schaute eben in meiner Pfarrstube aus dem Fenster, da sah ich Seltsames. Ein Mann trug, wie man sein Kind zu tragen pflegt, auf seinen Armen eine Frau. Hinterdrein flegelten ein paar Gassenjungen, johlend, grimassenschneidend, mit Fingern zeigend. Es war Beatus Mbena, der Està aus dem Hospital geholt hatte. Aufrecht schritt er mit seiner Last auf die Mission zu. Ich wußte gleich, was Beatus wollte. Gern brachte ich die beiden mit meinem Jeep in ihre Hütte zurück und in ihr leidvolles, aber tapferes, in echter christlicher Liebe gemeistertes Leben. H. W. STERN DER NEGER Zweimonatsschrift Jahrgang 54 INHALT Kardinal Agagianian: Vieles ist erreicht ............... 25 Neuer Bischof in Basutoland ....... 27 P. Josef Lang: Reise im peruanischen Urwald ...... 28 Don Juan Medina: Religionsunterricht in Spanien...... 35 P. Adalbert Mohn : Karwoche in Spanien ................ 36 P. Ludwig Engelhardt: Katechist Lukas tritt seinen neuen Posten an .................... 38 P. Oskar Hofmann ; St. Rupert, der Apostel Bayerns.... 40 Erwin Ulrich Mozer: Wundersame Bekehrung ............... 40 Hugo Kocher: Die Schwarze Blüte (6. Fortsetzung) ................... 42 Koko und Poko (10) ................. 46 Cervantes : Kampf mit den Windmühlen .......... 47 P. Adalbert Mohn: Spanischer Winter .................. 48 Frt. Alois Johmann: Wir Klerikernovizen__ 3. Umschlagseite TITELBILD Kruzifix in der St.-Wolfgangs-Kirche Ellwangen (Jagst) Bestellung Deutschland: Missionshaus Josefstal (14a) Ellwangen/Jagst (Württemberg) Österreich: Missionshaus Maria Fatima Unterpremstätten bei Graz Italien : Herz-Jesu-Missionshaus in Milland bei Brixen Jährlicher Bezugspreis DM 3.---S. 15 — Lire 500 Einzahlung Deutschland: Missionshaus Josefstal Postscheckkonto Stuttgart 540 66 Österreich : Scheckkonto 86211 „Stern der Neger*' Italien: Herz-Jesu-Missionshaus in Milland Bressanone/Brixen C.C.P. 14 / 7392 Trento Herausgeber und Verleger Kongregation der Missionare Söhne des Heiligsten Herzens Jesu Josefstal bei Ellwangen/Jagst Schriftleitung P. Edmund Schümm, Josefstal Druck : Schwabenverlag AG Zweigniederlassung Ellwangen/Jagst Mit kirchlicher Druckbewilligung und Erlaubnis des Generalobern Bischof Josef Kiwanuka von Masaka, Uganda, weihte in Luaushya, Nord-Rhodesien, eine Kirche zu Ehren der Märtyrer von Uganda, Exz. Kiwanuka ist j^tzt Erzbischof von Rubaga, Uganda. Vieles ist erreicht, mehr bleibt noch zu tun Aius einem Situationsbericht Die Entwicklung der Missdönsländer ist so stürmisch und vielschichtig, daß ihre Beurteilung nicht leicht ist. In diesem Zusammenhang bringen wir- einen Teil eines Sifuätionsberichts von Kardinal Agagianian, Rom, aus dem Januarheft der „Katholischen Missionen". Die Lage ist kritisch, oft geradezu dramatisch, auch wenn sich der Westen dessen vielfach nicht bewußt ist. Anderthalb Milliarden Menschen in Afrika, Lateinamerika, im Nahen und Fernen Osten, das heißt mehr als die Hälfte der Erdbevölkerung, leiden an Unterernährung. Und' der Hunger öffnet vielen anderen Nöten Tür und Tor: Wohnungsnot, Mangel an der einfachsten Gesundheitspflege, Krankheiten, Analphabetentum, Mangel an körperlicher und sittlicher Widerstandskraft. Die Aufgabe, diese Völker wirtschaftlich und sozial zu heben, ist gewaltig.. Die jungen Völker, die soeben ihre Unabhängigkeit erreichten oder kurz davor stehen, können sie beim besten Willen von Kardinal Agagianian nicht allein bewältigen. Wohl suchen die Vereinten Nationen und ihre Organisationen diesen Völkern zu helfen, aber die Mittel sind zu gering, so daß sie nur wenige Übelstände beseitigen können; Der Kommunismus seinerseits versäumt nicht, diese Notlage auszunutzen, meistens allerdings mit trügerischen Versprechungen oder mit Handels- und Industrieunternehmen, die das Einschleusen politischer Agenten ermöglicht. Die Zukunft der freien Welt hängt davon ab, wieweit sie die drängenden Probleme Asiens, Afrikas und Lateinamerikas lösen kann. Und noch etwas muß beachtet werden: das Erwachen der alten Religionen. Es ist eine gewöhnliche Begleiterscheinung einer kulturellen Erneuerung, daß die Religionen und Sittenlehren als wesentliche Bestandteile des kulturellen Erbes betrachtet werden. So erleben wir heute ein Neuerstarken des Hinduismus und Buddhismus. Der Islam beweist seine Lebenskraft in dem Versuch, sich besonders in Zentralafrika äuszubreiten. Bischof Josef Kilasara, einer der 14 von Papst Johannes XXIII. im Mai 1960 geweihten Missionsbischöfe. Seine - Diözese Moshi zählt 150 000 Katholiken. Sie liegt an den Hängen des Kilimandscharo. Wie stellt sich die Kirche zu dieser Entwicklung? Einige Zeitungen und Zeitschriften — sogar katholische — schrieben zu den Ernennungen einheimischer Bischöfe für die neu errichteten Bistümer die Missionsära der Kirche gehe zu Ende. Das ist nicht wahr. Eine solche Behauptung gründet auf einer irrigen Vorstellung über den eigentlichen Sinn der Mission und auf einer unzureichenden Kenntnis ihres jetzigen Standes. Wohl haben sich die katholischen Missionen in den letzten hundert Jahren gewaltig ausgedehnt, aber bei weitem noch nicht über die ganze Erde. Denken wir nur daran, daß ein Drittel der Welt unter kommunistischer Herrschaft steht. Andere Länder sind den Missionaren verschlossen oder Schränken deren Tätigkeit ein. In vielen Gebieten, wo unsere Missionare frei arbeiten dürfen, bleibt noch sehr viel zu tun, ehe man ihre Aufgabe als beendet antsehen kann. Die Errichtung der Kirche in einem bestimmten Gebiete setzt das Vorhandensein einer ausreichenden Anzahl von einheimischen Gläubigen voraus. Tröst- lich sind die Zahlen, die die Kirche in. den letzten zehn Jahren besonders in Afrika verzeichnen kann. Fast die Hälfte der Bevölkerung des Basutolandes ist katholisch. In Ruamda-Urundi sind 50 Prozent und in Gabun 52 Prozent der Einwohner Katholiken. Am Kongo stellen die Katholiken 38 Prozent der Bevölkerung. In Kamerun machen sie 24 Prozent, in Uganda 23' Prozent, auf Madagaskar 23 Prozent und in Togo 20 Prozent der Einwohnerschaft aus. Andere Teile Afrikas bieten dagegen ein anderes Bild. Wenden wir unseren Blick nach Asien, diesem gewaltigen Erdteil mit der Hälfte der Endbevölkeiung. Hier schwankt die Prozentzahl der Katholiken zwischen null und anderthalb Prozent, wenn man von den Philippinen absieht. Die Folgerung ist klar. Der Katholizismus besteht entweder überhaupt nicht oder ist nur eine winzige Minderheit in den meisten asiatischen Ländern. Diese Überlegungen lassen keinen Zweifel daran, wieviel Missionsarbeit noch zu leisten ist, ehe die Kirche in einem bestimmten Lande aus eigener Kraft leben und sich weiterentwickeln kann. Bischof Kilasara nahm am 17. Dezember 1960 seine erste Priesterweihe vor. Groß war die Anteilnahme der Bevölkerung, da sie sah, wie zwei junge Landsleute vom Bischof, selbst ein Sohn des Landes, zum Altare geführt wurden. Neuer Bischof in Basutoland Das Basutoland, rings eingeschlossen vom Gebiet der Südafrikanischen Union, ist englisches Protektorat. Hier kann sich die Missionsarbeit, im Gegensatz zur Union, ungestört entwickeln. Am 3. Januar wurde die Diözese Maseru zur Erzdiözese erhoben mit Leribe und der neu errichteten Diözese Qacha’s Nek als Suffraganbistümem. Bischof D e Rosiers, bisher in Maseru, übernahm die neue Diözese, Bischof Mabathoa- na, bisher in Leribe, wurde Erzbischof von Maseru; zum neuen Oberhirten von Leribe wurde Ignatius P h a k o e ernannt. Bischof Phakoe, 1927 in der heutigen Erzdiözese Maseru geboren, wurde 1952 zum Priester geweiht und studierte anschließend in Rom Kirchenrecht. Nach seiner Rückkehr war er Professor für Kirchenrecht und Rektor des Großen Seminars. Mit ihm hat Südafrika einen weiteren eingeborenen Bischof erhalten. Oben: Patrice Lumumba, der erste Ministerpräsident der jungen Republik Kongo. Die Protestdemonstrationen anläßlich seiner Ermordung zèigten, welche Hoffnungen der kommunistische Block auf ihn gesetzt hatte. Rechts: Weihbischof Josef Malula, Leopoldville, der mutige Streiter für Recht und Ordnung am Kongo. Reise im peruanischen Urwald Von P. Josef Lang „Nun ist es mir zumute wie einem Rehlein, das wieder in den Wald zurückspringen kann", sagt P. Miguel Wag-n e r, als unsere siebenköpfige „Urwald-expedition" 70 Kilomèter unterhalb Tarma die ersten Bananen- und Papaias-plantagen erreicht. Wir nähern uns dem Urwald. Die Luft ist feuchthedß, die Sonne brennt unbarmherzig hernieder. Während jetzt Mitte Juii —■ in der Hauptstadt Lima Winter ist mit monatelang bedecktem Himmel, ohne daß es jemals zum Regnen kommt, herrscht hier ewiger Sommer mit oft tagelangem strömendem Regen. Nie stirbt die Natur, immer grünt und blüht es, und stets hängen die reifen Früchte an den Bäumen. Ja, das ist die „Montana": ewiges Wachsen und Gedeihen, reich an Früchten aller Art, von denen wir in Europa die meisten nicht einmal dem Namen nach kennen.' P. Miguel, aus der Gegend von Regensburg, durch 15 Jahre Urwaldpfarrer von Požužo und heute unser Reiseführer, schildert uns, als unser schwer beladener VW-Bus auf schmalem, fast gefährlichem Weg abwärts rollt, die „Selva" so: Das Gras wächst hier so üppig, daß es, wenn sich die weidende Kuh umdreht,. schon wieder nachgewachsen ist, und die'Bäume werden so dick, daß man zweimal rasten/ muß, wenn man um sie herumgeh en will!" Wahr ist jedenfalls, daß die Natur in verschwenderischer Fülle das; ganze Jahr hindurch Wachstum und Fruchtbarkeit schenkt. Der Urwald ist reich. Jedoch ist es nicht jedermanns Sache, hier reich zu werden, ständig dieser Bruthitze, dann wieder tagelangem Tropenregen, der Tücke wilder Tiere und den Schwärmen lästiger Fliegen und Moskitos ausgesetzt zu sein. Doch macht der Urwald mit seinem satten, wohltuenden Grün und seiner endlosen Weite einen gewaltigen Eindruck auf jeden Besucher, wenn auch die meisten nach Tagen oder Wochen nicht ungern wieder in die Einöde des Hochlandes oder an die sandige Küste Perus zurückkehren. Hinter San Rämon und La Merced —-zwei kleinen, auf 600 Meter Höhe ge-' legenen Städtchen - des Chanchamayo-tales —• wird es für unseren gutbesetzten Wagen schwierig. Der Weg ist un--eben, steinig, schmal, unübersichtlich und äußerst kurvenreich, Unser Bus Rast-an einem Bach P. Josef Lang und. P, Miguel Wagner. . Ritt durch den Urwald: Sr. Johanna, Br. Kuno Stößer und Sr. Rafaelis: bleibt in dieser Backofenhitze nicht ungern in den Bächen stehen, die immer wieder unseren Weg kreuzen, und kehrt so zu der ihm sonst fehlenden Wasserkühlung zurück. —; Bei Paucartambo schwankt hr dann bedächtig über die .eben in Reparatur befindliche 50 Meter lange Hängebrücke und sucht den vielen, aus den Brettern ragenden Nägeln auszuweichen. Als es dann bei diesem Schneckentempo (10 bis 20 Kilometer in der Stunde) Nacht wird, hinkt das Fahrzeug schließlich nach einer Seite, und wir stellen mit Wagenwinde, Taschenlampe und Ersatzrad das Gleichgewicht wieder her. Die, letzten 25 Kilometer können wir dann in sausender Fahrt auf fast ebenem Weg durch den Urwald zurücklegen, und gegen acht Uhr erreichen wir in stockfinsterer Nacht Huancabamba, das Ende der „Autobahn". In der Pension der Frau Fredi findet unsere siebenköpfige Gesellschaft freundliche Aufnahme. Nach dieser Tagesfahrt von 15Q Kilometern sind wir reichlich müde. „Grüaß- Gott, sans guat ankimma?", so empfängt uns mit kräftigem Händedruck Herr Gstier, ein langgewadisener, hagerer Tirolerbauer aus der dritten Generation in Pozuzo. Wir klettern über Steine und Geröll der Baustelle der neuen Zufahrtsstraße zur Siedlung und kommen schon am frühen Morgen ins Schwitzen mit unserem zahlreichen Gepäck: Koffern, Rucksäcken, Filmgerät, Kinostativ, Buschmessern und Flinten Dinge, die wir alle für Sehr notwendig hielten und die bisher im Auto nicht ins Gewicht fielen. Ein paar brave Mulis lassen sich das alles mit stoischer Ruhe auf den Rücken packen. Nur das Tonbandgerät nimmt Herr Gstier in seine Obhut und trägt es tapfer die ganze Strecke von 35 Kilometern nach Pozuzo. Wir andern sitzen stolz, wie die einstigen spanischen Eroberer, hoch zu Pferd. Es wird kaum gesprochen, denn jeder ist ganz dem Betrachten dieser gänzlich neuen, für ihn unheimlichen Urwald weit hingegeben. Auf schmalem Felsenpfad, manchmal nur 30 Zentimeter breit, ziehen unsere Reittiere mit beruhigender Sicherheit ihren gleichmäßigen Trott. 100 bis 200 Meter tiefer rauscht der Huancabamba. So geht es lange das tiefeingeschnittene Tal entlang, bis wir uns wieder im Urwald-dickicht verlieren. Wir durchqueren einen Bach. Die Tiere waten bis zum Bauch im Wasser. „Herr Sterken, filmen!" ruft es von rückwärts, und der arme Agfa-Mann, der immer drei Fotoapparate — außer der Bolex — schußbereit hat, muß nun sehen, wie er nach vorne kommt. So ziehen wir mit unserer Zehn-Pferde-Kolonne dahin, allen voran immer die beiden Schwestern Johanna und Rafaelis, die dieses Gebiet von Oxapampa während zwei Jahrzehnten schon vielmals durchritten haben und uns trotz ihren fast 50 Lebensjahren tapfer vorangehen. Herr Gstier ist als Fußgänger eigentlich immer da. Einmal bringt er ein verloren gegangenes Stück des Filmgexätes, dann eilt er wieder mit dem schweren Rucksack nach vorn und haut mit ein paar sicheren Hieben seines scharfen Buschmesseris den Weg frei. Noch können wir im Sattel bleiben. Die Tiere stapfen mit schwerem Schritt durch den auf geweichten Boden und sinken bisweilen knietief in Sdilammlöcher ein. Mächtige Baumstämme versperren den Weg; dichte Sträucher, riesige Farnkräuter und Pflanzen mit meterlangen Blättern säumen den schmalen Reitpfad. Die Luft in diesem dämmerigen Wald ist würzig und frisch — bis wir auf eine Lichtung kommen, wo es dämpfig und heiß wird, wie in einem Backofen. Ganze Beete roter und weißer Begonien wu- chern in dieser Wildnis, bunte Schmetterlinge tanzen vor uns in der Luft, Grillen zirpen abscheulich lauf in dieser stillen Einsamkeit, Vögel in leuchtenden Farben, rot und grün, dann wieder braun gefiedert mit gelbem Schwanz, schießen durch die Luft. Wir passieren die ersten Siedlerhäuschen. Immer noch sind es zwei Stunden bis zum Zentrum der weit auseinandergezogenen Kolonie. Nach kurzer Rast besteigen wir, diesmal nicht mehr so schwungvoll, unsere Tiere, um die letzte Etappe des neunstündigen Rittes vollends zu meistern. Wir erreichen die Brücke über den Huancabamba, eine Gehstünde vom Zentrum entfernt, und werden von den Oberhäuptern dieses Urwaldreiches freudig begrüßt. Einzeln schaukeln wir langsam über die Hängebrücke, die Pferde am Zaum führend. Auf der andern Seite, an der Grenze zwischen „Rheinland“ und „Tirol", stehen die Kinder der beiden Schulen zu unserem Empfang bereit. „Kameramann nach vorn! Tonbandgerät frei!" Wir reiten in breiter Front die letzten Meter heran, und schon setzt ein frischer Kinderchor ein: „Gott grüße Sie..." Dann deklamiert ein blondes Mädchen in schöner deutscher Aussprache: Willkommen hier im Urwald drin, willkommen, liebe Schwestern, mit Freude und mit heiterm Sinn. Wir warten schon seit gestern... Ja, den. Schwestern, die zum erstenmal diese Siedlung betreten, gilt der besondere Gruß. Erwartet sich doch die ganze deutsche Kolonie, daß sie künftig neben den Patres auch die Schwestern zur Betreuung bei sich haben. Ein anderes Kind wendet sich nun direkt an die Schwester Oberin und schließt mit den Worten: ■Du, Schwester Oberin, blick auf uns Kinder hin, sieh uns heut um dich geschart, Urwaldkinder nach Tiroler Art. Und in aller Namen heut', besonders auch der großen Leut', bring ich Gruß von groß und klein, ich kleines Pozuzinerlein. Bauern in Pozuzo — Tiroler wie vor hundert Jahren Blumensträuße werden überreicht, die nun fast schon welk sind, da die Kinder seit drei Stunden in dieser Gluthitze auf die Gäste warten. über diesem von Pfarrer Louis Starker und den beiden Lehrerinnen, Karolina Egg und Delfina Randolf, gut organisierten Empfang hat sich unsere ganze Müdigkeit verloren. Im nahen Bauernhaus bei Schmidts? schmeckt nun der echte Pozuziner-Kaffee mit den Tiroler Krapfen ausgezeichnet. Nach dieser kurzen Stärkung geht's vollends „nach Hause". Dafür sorgen auch unsere Reittiere, die nach 70 Kilometern Weg nun auch wieder heim dürfen. „Morgen kimmt’s zum Essen dann zu mir", so verabschiedet sich unser treuer Urwaldführer, Herr Gstier. Und am folgenden Tag treffen wir in voller Stärke bei ihm ein. Freundlich begrüßt uns die Mutter, umringt von einer munteren Kinderschar. „Gehören die alle hierher?", fragen wir. „Ja, ich habe zwölf gesunde Kinder", antwortet uns freudig Frau Gstier und blickt auf ihr Jüngstes, ein strohblondes, einjähriges Mädchen, das der Vater stolz auf seinem Arme hält. Wir steigen die Holztreppe hinauf und nehmen in der geräumigen Bauernstube Platz. Sie ist nach zwei Seiten hin offen, so daß es hier trotz der tropischen Hitze eigentlich immer angnehm frisch ist. In handfesten, unzerbrechlichen Bechern wird nun Cana serviert, ein frisch aus Zuckerrohr gepreßter Saft, der uns nach dem einstündigen Fußmarsch vortrefflich mundet. Zur Nudelsuppe werden selbstgemachte Würste gereicht, und zum selbstgebauten Reis fehlen auch die Hühnchen nicht. Später besichtigen wir die Reis- und Kaffeeschälmaschine und die Zuckerrohrpresse, bis wir schließlich beim Bruder im Nachbarhaus landen, wo wir bei Cana, Kaffee und Tiroler Krapfen noch eine Zeitlang sitzen und mit den Leuten auf deutsch von der Heimat erzählen und vom harten Schicksal dieser nun hundertjährigen Siedlung hören. Am nächsten Tag sind wir bei Familie Witting zu Gast, eine gute Reitstunde vom Zentrum entfernt, nahe dem Pozuzo-Fluß, wo sich das Tal weitet, ein kleines Paradies in weltferner Einsamkeit. „Hier", erklärt uns Alfred Witting jr., „baue ich nach eigenem Plan ein neues Haus für meine neunköpfige Familie. Der Lichtgenerator soll dann für beide Häuser genügend Strom liefern. Mit meinem Vater und den Geschwistern bearbeiten wir gemeinsam die 200 Hektar bebaubaren Landes unseres 1900 Hektar großen Be- Sitzes. Wir haben aus dem Urwald schon große Weideflächen herausgerodet,' so daß wir 50 Stück Vieh, 60 Schafe, 200 bis 300 Hühner und 20 Reit- und Lasttiere halten können. Den abgeernteten und geschälten Kaffee — unsere Haupteinnahmequelle —- liefern wir dann mit Mulis in einem Tagesmarsch zur Straße und erhalten pro Kilo 15 Soles (2. DM). Da wir außer Mehl, ;3as wir ? draußen kaufen, alles zum Leben Nötige haben, sind wir glücklich und zufrieden." Der Vater, ein langgewachsener, ausgemergelter Tiroler, tritt nun unter die Tür. „Sans willkommen", so grüßt er uns und erzählt die Geschichte seiner Familie und seines Hofes gleich weiter. „Mein Vater", so erklärt er uns, »ist mit sechs Jahren aus Tirol hierher gekommen. Von den elf Geschwistern leben noch sechs, von denen das jüngste 60 Jahre alt ist. Was uns eigentlich alle immer zusammengehalten hat, hier, anderthalb Stunden von der Kirche entfern, ist der abendliche ’ Rosenkranz, den der Vater täglich daheim vorgebetet hat." ' Wir betreten nun die große Bauernstube, wo aus allen Tellern schon die Suppe dampft. Nach dem kräftigen Mahl, bei dem selbst das Pilsner Bier (aus Lima/Callao) aus dem Eisschrank nicht fehlt, halten wir auf Wittings großer Weidefläche am Pozuzo-Fluß ein kleines Pferderennen, wenigstens vor der Filmkamera. An den folgenden Tagen sind wir bei den Familien Schuler, Vogt, Egg und Budweiser eingeladen, wo wir überall mit gleicher Herzlichkeit aufgenommen und bewirtet werden. Wir singen die alten deutschen Volkslieder und die. Tiroler Weisen vom Edelweiß und vom „Schönsten Land der Welt". Die Kinder' der betreffenden Familien haben jeweils schulfrei. Wir überzeugen uns, daß sich hier, mitten im Urwald, deutsche Art und Sprache rein erhalten haben und daß sich die Tiroler und Rheinländer nach hundertjähriger Siedlerarbeit hier eine schöne Heimat geschaffen haben. Wie ich dann in meinem Zimmer sitze und von der nahen Schule her frische Kinderstimmen singen höre: „Ich hatt’ einen Kameraden..." „Die Vöglein im Walde...", „In der Heimat, da gibt’s ein Wiedersehn...", da spüre ich: Hier ist ein- Stück deutscher Heimat. Wir hatten eigentlich vorgehabt, von Pozuzo aus mit Haumessern, Pistolen und Flinten innerhalb drei Tagen den Urwald bis Iscozazin zu durchstoßen, sahen aber nun ein, daß dieser Plan undurchführbar war. So kehrten wir per Pferd Und Auto nach San Ramon zurück. Hier besteigen wir auf Einladung des deutschen Arztes Dr. Hellriegel, Chefarzt von neun amerikanischen Krankenhäusern, ein zweimotoriges Flugzeug. 150 Hühner, „Neusiedler" des Dr. Hellriegel in seinem Urwaldterrain, werden verla- Im Flug geht's - von San Ramon nach Iscozazin; den,- dazu kommen die beiden Schwestern, Br. Kuno und- ich. Das Flugzeug i£t eine ehemalige Übungsmaschine der amerikanischen Marine. 30 Minuten lang schaukeln wir durch die Luft mit einer Höchstgeswindigkeit von 150 Kilometern in der Stunde, unter uns dichtester Urwald, durchschnitten vom Iscozazin-Flüß. Wir durchstoßen Wolkentürme und steuern hart an Bergspitzen vorbei, die wir nicht übersteigen können, da das Flugzeug nicht über 2000 Meter emporklettern kann. Als uns der Pilot das alles erklärt und hinzufügb vor kurzem seien zwei der fünf Maschinen der amerikanischen Kompagnie bei schlechter Sicht an einer Felswand zerschellt, wären wir doch lieber zu Fuß gegangen.i Dr. Hellriegel gibt dem Piloten ein Zeichen. Dieser schwenkt stark nach rechts und fliegt mm ganz dicht über dem Urwald hin. „Das ist", erklärt uns der Doktor, „mein neuerworbenes Terrain von 2000 Hektar. Ein Pozuziner verwaltet und rodet es und beginnt bereits mit dem Anbau von Kaffee, Reis, Juka und Mais." Br. Kuno hat inzwischen seinen Tropenhelm mit dem Mittagessen von San Ramon gefüllt und meint, als das Flugzeug polternd in Iscozazin aufsetzt: „Jetzt ist es mir leichter. Gott sei dank ist der Fluß „in der Nähe!" ' Ja, der Fluß ist fast der einzige Verkehrsweg in diesem riesigen Urwald- gebiet von der Größe Deutschlands, Österreichs und Italiens zusammen. Herr Frantzen, ehemaliger Schüler im Kolleg der Schwestern in Oxapampa, holt uns mit einem Motorboot ab. In einem selbstgezimmerten Siedlerhaus finden wir für diese Tage gute Unterkunft, allerdings länger, als wir es uns hätten träumen lassèn. Wir fahren nun täglich mit dem Boote aus und besuchen die Familien, die sich in etwa 15 Minuten Abstand den Fluß entlang angesiedelt haben. Ein Fischzug mit Sprengladung bringt gleich eine Beute von 7Ó gewichtigen Zungaril-los ein. In der zentral gelegenen Schule halten wir Gottesdienst und taufen elf kleine Kinder, öfter als einmal im Jahr kommt ja kein Priester in diese Gegend. Mit einem Motorboot — sein Motor ist 15 PS starkfpp fahren wir nach Chuchu-ras und besuchen dort die Familie Senner. Der Mann spricht noch gut deutsch. Diè Frau will ebenfalls ihre deutsche Abkunft bezeugen und begrüßt uns mit: „Auf Wiedersehen". Wir laden die Leute überall ein, ihre Kinder ins deutsche Kolleg „Santa Maria Goretti" nach Lima oder in unser bald erstehendes Seminar nach Tarma zu schicken und täglich in der Familie zu beten. Nach dem Abendessen, das meist aus Reis, Juka (der Kartoffel der Tropen), gebratenen Bananen, Fisch oder Hühnchen besteht, sitzen wir bei Kaffee noch Ruhig gleitet das Boot' durch die Urwaldeinsamkeit. Sr. Oberin Johanna hat einen Zungarillo gefischt. Fische sind in diesem Gebiet die Hauptnahrung — besonders der indianischen Stämme der Amoishas, Campas und Chunćhas. ein Weilchen beisammen. Herr Frantzen erzählt, wie sein Großvater 1865 ans Schleswig-Holstein als Matrose hier eingewandert sei, wie seine Eltern in harter Rodungsarbeit an verschiedenen Stellen der Selva siedelten, bis sie sich vor vier Jahren nun endgültig hier niedergelassen haben. Sie erwarten, daß wegen der großen Erdölfunde dieses Gebiet bald durch eine Straße erschlossen wird, so daß man sogar damit rechnet, daß in wenigen Jahren hier eine Siedlung von 20 000 Einwohnern entsteht. „Ich bin auch sonst gern hier“, erklärt uns Herr Frantzen, „denn ich liebe den Urwald und die Einsamkeit dieser Natur. In Lima könnte ich nicht leben.“ Dann berichtet er von seinen Begegnungen mit Tigern und meint: „Vor Menschengeschrei gehen diese grimmigen Tiere durch, denn das klingt für sie unnatürlich. Das einzige Gefährliche sind die Schlangen, wenn man kein Gegengift hat." Montags sollten wir wieder zurückfliegen. Doch der plötzlich einsetzende Sr. Oberin spielt mit einem zutraulichen Äffchen. P. Lang mit Speeren, mit denen die Indianei: auf die Tiere des Waldes Jagd machen. Im Hintergrund der Iscozazin in der Nähe des Flugplatzes. anhaltende Regen machte dies unmöglich. Schwester Johanna spricht übers Radio der amerikanischen Erdölgesellschaft und kann sich so mit ihren Mit-schwestem direkt unterhalten. Die Nachricht, ihre Generaloberin sei aus Deutschland im Anflug, entlockt ihr den Seufzer: „Meine Abrechnungen!" „Nicht nervös werden", ermuntern wir uns gegenseitig und gehen fischen. Abends pendeln wir dann immer die Wetterlage aus. Das Pendel gibt uns neue Zuversicht, es schlägt günstig aus, Doch das Wetter bleibt schlecht bis Freitag. Aber dann verabschieden wir uns von Herrn Frantzen. Am Flugplatz filmen wir noch ein Äffchen, das mit Schwester Oberin spielt, und eine giftige Schlange, die in großen Sätzen über den Fluß kommt und von Herrn Frantzen mit einem langen Prügel beherzt erschlagen wird. Rasch klettern wir in das einmotorige Flugzeug und entkommen so glücklich wieder dem Urwald. Religionsunterricht in Spanien Von Don Juan Medina Die Tugend des Glaubens ist für unser ewiges Heil absolut notwendig. Durch diese Tugend stimmen wir den von Gott geoffenbarten Wahrheiten fest und unerschütterlich zu. Diese Festigkeit ist gegründet auf die Allwissenheit und Wahrhaftigkeit Gottes. Die Kinder sind durch den Umstand, daß ihre geistige Entwicklung erst in den Anfängen steht, ganz auf das gläubige Hinnehmen dessen angewiesen, was man ihnen sagt, sei das nun eine menschliche Aussage oder die göttliche Offenbarung. In wenigen Sätzen möchte ich im folgenden berichten, wie in Spanien gewöhnlich der Religionsunterricht an den Volkschulen gegeben wird. Spanien, mit seinen 30 Millionen Einwohnern, ist ein fast ausschließlich katholisches Land. Die katholische Religion ist Staatsreligion. Daraus ergibt sich, daß der Unterricht in katholischer Religion in den Schulen und sonstigen Bildungsanstalten des Staates Pflichtfach ist. Da es keine Vielzahl von Konfessionen gibt, ist die katholische Religion die einzige und auschließliche Religion, die öffentlich gelehrt wird. Während desischulpflichtigen Alters wird der Glaube in abgestuftem und systematischem Unterricht in die zarten Kinderherzen eingepflanzt. Die Lehrer der weltlichen Schulen haben unter ihren Lehrverpflichtungen auch die, katholischen Religionsunterricht zu erteilen. Gewöhnlich sind die Lehrer eine große Hilfe und Unterstützung des Priesters. Der Religionsunterricht in der Volksschule kommt also dem Lehrer zu; doch der Priester hat laut Gesetz freien Zutritt zur Schule, um selbst zu unterrichten oder dem Unterricht beizuwohnen. Gewöhnlich besucht der Priester einmal in der Woche die Schule, etwa um an die Sonntagspflicht zu erinnern oder eine Glaubenswahrheit einzuschärfen. An den Sonn- und Feiertagen wird im Pfarrsaal oder in Ermangelung dessen in der Kirche selbst für alle Kinder Unterricht erteilt. Dabei sind die Kinder nach Alter und geistiger Entwicklung aufgeteilt. Der Priester wird von einer Don Juan Medina, Vikar in Niedernhall, Diözese Rotténburg. Anzahl Katecheten unterstützt.. Besonders sind es Mädchen, die in den Kindern die religiösen Kenntnisse vertiefen. Während der Woche pflegt jeder eifrige Priester täglich oder wenigstens an einigen Tagen.abteilungsweise Katechismusunterricht zu geben. Für ganz Spanien ist ein gemeinsamer Katechismus eingeführt, der allerdings noch nicht ganz abgeschlosssen ist, sondern erst stufenweise erscheint. So vermeidet man die bisherige Verschiedenheit der Texte. Der neue Katechismus wurde verfaßt von P. Astete, P. Ripalda und anderen. Ln einigen Gegenden, so im edlen Kastilien, wird an Ostern vom Pfarrer eine Religionsprüfung abgehalten, was das häusliche Leben zu einem fortwährenden Lehren und Lernen zwischen Eltern und Kindern macht — eine Sitte, die leider allmählich außer Übung kommt, was dazu beitragen könnte, daß das religiöse Wissen aus der Kindheit später dahinschwindet. Eine Zeit angespannter Arbeit ist die Vorbereitung auf die erste héilige Kommunion. Sie wird gewöhnlich am Fest Christi Himmelfahrt gefeiert. Die Kinder erhalten einen Monat lang täglich wenigstens eine bis zwei Stunden Unterricht. Dies ist eine entscheidende Möglichkeit, den Glauben in die Herzen der Kinder zu pflanzen, damit er im Lauf der Jahre aus einem kleinen Senfkörnlein zu einem herrlichen Baum heranwächst. Karfreitagsprozession in Saldana Der kreuztragende Heiland Christus unter der Last des Kreuzes niedergesunken Gruppe aus der Prozession. Im Hintergrund die Burgruine von Saldana Christus am Kreuz mit Maria und Johannes Am Abend zieht nochmals eine Prozession durch die Straßen. . Die Prozession'vor der Kirche Der Leib des Herrn in einem gläsernen Sarg Die Karma Spanien Während die christlichen Völker des Ostens, Griechen, Rüssen, Bulgaren üsw. das Osterfest und die Deutschen das Weihnachtsfest alsV’ihr" Fest betrachten, das für sie den Höhepunkt des Kirchenjahres bedeutet, feiern die Spanier mit besonderer Inbrunst und Feierlichkèil die Karwoche. Durch alle spanischen Städte und Dörfer bewegen sich in den Tagen der Karwoche zahlreiche Prozessionen, die das furchtbare Geschehen der Leidenswoche des Heilandes in Jerusalem sehr anschaulich zum Ausdruck bringen. Die berühmteste Prozession findet alljährlich in Valladolid statt, der 131 000 Einwohner zählenden Hauptstadt: Altkastiliens, die von Palencia 44 km und von Saldana 107 km entfernt liegt: Jedes Jahr kommen unzählige Ausländer nach Valladolid, um diese Prozession mitzu-erleben. Aber auch kleinere Ortschaften wie Saldana feiern mit Hingabe und Würde, „ihre" Karwoche. Am Karfreitag zieht zweimal die gesamte Pfarrei von del früheren Pfarrkirche San Pedro aus durch das Städtchen, um so öffentlich den Glauben an das Leiden und den Tod des Heilands zu bekunden. Am Morgen werden in der Prozession Darstellungen mitge- tragen, die den Heiland an der Geißelsäule, bei der Dornenkrönung, auf seinem Kreuzweg und endlich am Kreuze zusammen mit seiner hl. Mutter und dem Lieblings jünger Johannes zeigen. Am Abend hat die Prozession ein anderes Gesicht: Der Heiland ist tot und ruht im Grabe. Deshalb trägt man nun dàs leere Kreuz, den Leichnam des Heilandes in einem gläsernen Sarkophag und die Statuen von Maria und Johannes mit. Es ist eigenartig, daß gegenüber der eindrucksvollen Feier der Karwoche das Osterfest fast in-den Hintergrund tritt. Vielleicht hat der Spanier deshalb, weil er in seiner Geschichte so viel Bitteres durchmachen und für seinen Glauben erleiden mußte, so großes Verständnis für das Leiden des Heilandes. Wir Deutschen sind enttäuscht , daß die'Osternacht hier nicht das Echo findet, das wir von Deutschland her gewöhnt sind. Andererseits ist es doch ein Gewinn für die gesamte Kirche, daß jedes Volk ein anderes Fest, ein anderes Geschehen des Kirchenjahres als dasjienige erkennt, das ihm am meisten bedeutet und ihm am meisten zu geben vermag. Gerade dadurch beweist die Kirche ' immer wieder aufs neue, daß sié wirklich eine Kirche für alle Länder und für alle Völker ist. A. M. Frau aus dem Stamm der Xosa, Transkei Xosahäuptling. Er ist sich seiner Würde bewußt. Katechist Lukas tritt seinen Posten an Von P.Ludwig Engelhardt Lukas Maphanga ist seit drei Jahren mein Katechist. Er hatte zuerst die Mittelschule in Maria Trost besucht; doch gab er nach einem Jahr das Studium auf und begab sich nach Gien Cowie, wo er die Katechistenschule P. Adolf Stadt-m ü 11 e r s besuchte. Nachdem er den Kurs mit Erfolg absolviert hatte, stellte ihn P. Hornauer an. Lukas war damals noch nicht verheiratet, doch so gut wie verlobt. Es gab Ärgerlichkeiten, und P. Hornauer mußte ihn entlassen. Lukas kam dann zu mir. Ich nahm ihn nur unter der Bedingung auf, daß er bald heirate. Lukas gestand mir, daß er längst geheiratet hätte, wenn er das nötige Geld für die Lobola, den Brautpreis, gehabt hätte. Ich versprach ihm, die Lobola vorzustrecken. Nun ging alles sehr rasch; innerhalb von zwei oder drei Monaten hatte er geheiratet. Lukas .gewöhnte sich bald an mich, und ich mich an ihn. Er war mir allezeit ein treuer, gewissenhafter und aufrichtiger Helfer. Einmal im Monat fahre ich nach Pilgrimsrest . zur heiligen Messe und > von da nach Graskop, eine Strecke von ungefähr 80 Kilometern. In der dortigen Gegend gibt es Goldminen und viele Sägewerke. Daher leben dort sehr , viele Schwarze. Natürlich kann man in den paar Stunden, die man sich dort einmal im Monat aufhält, nicht viel ausrichten. Daher war es schon lange mein Bestreben, einen Katechisten in die Gegend zu schicken. Ich wartete, bis ein anderer Katechist seine Ausbildung beendet hatte; dies war Ende November 1960 der Fall. Ich hatte mich schon lange vorher nach einem Platz umgesehen, wo der Katechist mit seiner Familie wohnen könnte. Eine katholische Krankenpflegerin hatte mir versprochen, zwei Zimmer an den Katechisten abzutreten. Als es dann ernst wurde mit dem übersiedeln, hatte sie verschiedene Ausreden. Ich erkannte . gleich, daß da nichts zu machen war. So gingen wir auf die Suche nach 38 einem geeigneten Haus, das wir mieten wollten. Es war nämlich unmöglich, einen Bauplatz zu bekommen, da man sich seit geraumer Zeit mit dem Plan trägt, die Eingeborenensiedlung (location) zu verlegen. Da das aber noch Jahre dauern kann, wollte ich nicht länger warten, übrigens besteht eine Vorschrift, die besagt, daß man in einer Location nur dann eine Kirche bauen darf, wenn man wenigstens 100 getaufte Mitglieder načh-weisen kann. Wir haben aber in Gras-kop höchstens zehn Katholiken. So muß der Katechist intensiv arbeiten, damit er noch 90 dazugewinnt, so daß wir, wenn die Location einmal verlegt wird, einen Bauplatz für eine Kirche zu beanspruchen haben. ■ Ich hatte für den Umzug den 2. Januar 1961 festgesetzt, der Staatsfeiertag war. Da die Gegend von Graskop voller Naturschönheiten ist, nahm ich in meinem Auto einige Schwestern zu einem Ausflug mit. P. Nagler fuhr mit dem Hanomag. Er hatte einen Teil der Möbel, den Katechisten, seine Frau, seine Kinder, seine Mutter und noch zwei Schwestern geladen. — Ich war ziemlich bald in Graskop. P. Nagler, der wegen der schweren Ladung sehr langsam fahren mußte, kam erst gegen Mittag an. Wir luden sofort den ganzen Kram ab. Das gemietete Haus liegt gleich an der Hauptstraße. Es hat ein ziemlich gutes Blechdach, aber leider keine Fenster, sondern nur Fensterläden. Die vier Zimmer sind geräumig, der Boden ist gewöhnlicher Lehmboden. Trotz verschiedener Mängel ist das Haus noch eines der besten der ganzen Location. Nachdem ich Lukas versprochen hatte, am folgenden Tag den Rest seiner Habe zu schicken, verabschiedeten wir uns. Am nächsten Tag schickte ich P. Nagler nach Graskop, da ich selbst nicht weg konnte. Am Vortag hatte ich den Katechisten nicht anmelden können, da alle Büros geschlossen waren. Ich fürchtete, die Polizei könnte den Katechisten festnehmen, wenn wir ihr nicht zuvorkämen. Es darf nämlich kein Schwarzer in der Location wohnen, ohne einen speziellen Erlaubnisschein. P. Nagler ging mit Lukas so- fort zu den entsprechenden Behörden, um die nötige Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Die schickten ihn von Pontius zu Pilatus. Leider war der eigentliche Superintendent im Krankenhaus, und die andern wußten nicht recht, was zu machen war. Als es gar nicht vorangehen wollte, holte P. Nagler einen gewissen Mr. Skea, einen sehr guten Katholiken und alten Einwohner yon Graskop. Der mußte seine ganze Überredungskunst aufwenden, damit Lukas wenigstens eine vorläufige Aufenthaltsgenehmigung erhielt. Es wurde ihm ausdrücklich gesagt, daß in dieser Genehmigung auch Lukas’ Frau eingeschlossen sei. 14 Tage später kam ich nach Graskop zum monatlichen Gottesdienst. Da erzählte mir Lukas, was geschehen war. Eines Tages klopfte es um 3 Uhr an der Haustür. Lukas rührte sich aber nicht. Um halb vier Uhr klopfte es abermals. Als Lukas öffnete; standen zwei schwarze Polizisten draußen und fragten, wer alles im Hause wohne. Sie verlangten die Ausweise. Als die Frau keinen vorweisen konnte, sagten die Polizisten, sie müsse mitgehen, sie sei verhaftet. Schjieß-lich nahmen sie jedoch darauf Rücksicht, daß sie die Frau eines Umvangeli, eines Katechisten, war, und erlaubten ihr, bis sieben Uhr im Hause zu bleiben. Aber dann mußte sie auf die Polizeistation. Dort hieß es, sie müsse entweder zwei Pfund (24 DM) Strafe zahlen oder sie werde eingesperrt. Lukas rief einen andern weißen Katholiken zu Hilfe. Dieser konnte gegen den Bürokratismus nichts ausrichten. So blieb Lukas nichts anderes übrig als die Strafe zu zahlen. Inzwischen hatte Lukas schon wieder Schwierigkeiten. Am 1. Februar schickte er seine Frau ins office, um für die Aufenthaltsgenehmigung zu zahlen. (Beide mußten monatlich den Betrag von je 1.50 DM zahlen.) Der Beamte sagte ihr, sie müßten beide wieder nach Lyden-burg zurückgehen. Nun ging die Frau wieder zu dem weißen Katholiken. Der muß dem Beamten richtig die Leviten verlesen haben. Denn nun bekamen die beiden endlich eine Daueraufenthaltsgenehmigung. I 39 St. Rupert, der Apostel Bayerns Wo die Wiege des hl. Rupert stand, wissen wir nicht genau. Wir wissen von ihm nur, daß er ein Verwandter dès merowingischen Königshauses war und daß er wohl in Bangor in Irland unter der Leitung des hl. Kolumban seine Ausbildung erhalten hat. In die Heimat zurückgekehrt, wurde er bald Bischof von Worms. Von dort lud ihn der bayerische Herzog Theodo ein, in seinem Lande zu missionieren. Gerne folgte Rupert diesem Ruf und kam nađi Regensburg, wo er denn auch vom Herzog ehrenvoll empfangen wurde. Der Herzog 'ließ ihm in allem freie Hand und reihte sich mit seinen Freunden und Ratgebern selbst unter die Taufbewerber ein. Zusammen mit den Großen seines Volkes empfing er von Rupert die hl. Taufe. Nachdem Rupert sah, daß er hier seine Aufgabe erfüllt habe, zog er weiter die Donau hinab ins heutige Österreich, und von da wieder zurück nach Lorch, um dort die Seelsorge neu zu organisieren. Am Wallersee baute er eine Peterskirche, aus der sich später das Stift Seekirchen entwickelte. An der Salzach schenkte ihm Herzog Theodo ein Stück der alten römischen Kolonie Juvavia mit dem dritten Teil der Salzquellen von Reichenhall und dem benötigten Betriebspersonal. Außerdem gewährte er ihm das Recht auf den Zehnten und den Zoll. So hatte Rupert das nötige Kapital, um diesen Ort zum Bi- schofssitz auszubauen. Am Fuße eines Felsens baute Rupert eine Kirche zu Ehren des Apostelfürsten Petrus, aus der sich die heutige Benediktinererzabtei St. Peter entwickelte. Auf dem Berg, auf dem einst das Römerkastell gestanden hatte, gründete er ein Frauenkloster, in dem als erste Äbtissin seine Nichte Ehrentrudis einzog. Bald siedelten sich im Schutze der beiden Klöster weitere Menschen an. So entstand die heutige Stadt Salzburg. Nun hatte Rupert einen festen Sitz, von dem aus er seine Missionsreisen unternehmen konnte. Auf diesen Reisen gründete er Kirchengemeinden und Klöster, so Bischofshofen im Pongau, Altötting, Regensburg und Weltenburg. Dabei kümmerte sich Rupert nicht nur um das seelische, sondern auch um das leibliche Wohl seiner Di-özesanen. Ihm wird der gelungene Versuch zugeschrieben, erstmals den Salzstein ausgesolt zu habén. So fand er das Vertrauen seiner Untertanen und wurde von allen wie ein Vater geliebt, Er starb am' 27. März, dem Ostersonntag 623, und wurde in der Peterskirche zu Salzburg begraben. Erzbischof Paris von Lodron setzte im Jahre 1628 einen Teil der Reliquien des großen Missionars unter dem Hochaltar des Salzburger Domes bei. Noch heute erfreut sich St. Rupert in Salzburg und Regensburg einer großen Verehrung. Oskar Hofmann MFSC Wundersame Bekehrung Von Erwin Ulrich Mozer Ein Straßenstück im Pindusgebdrge in Mittelgriechenland. Schaudernd denke ich zurück an den knapp drei Meter breiten, auf der einen Seite von hundert Meter hohen Steilfelsen begrenzten, auf der andern in Hunderte von Metern tiefe Schlünde abfallenden Fahrweg in dieser menschenleeren Bergwelt. Nervenzerreibende Vorsicht muß ich zur Steuerung meines Kraftwagens aufbringen. Und doch hätte ich fast den Mann überfahren, der an einer Spitzkurve re- gungslos am Boden lag. Bei näherer Untersuchung sah ich, daß der Mann einäugig war, entsetzlich wunde Füße hatte und sich dm Zustand totaler Erschöpfung befand. Ohne Verzug nahm ich eine geeignete Massage vor und flößte dem Bewußtlosen aus meiner Feldflasche Anisbranntwein ein. Nur langsam kehrten seine Lebensgeister zurück. Endlich öffnete sich das unversehrte' Auge, und die Zunge begann zu stammeln. Ich wusdi den Armen mit Kanisterwasser, verband Aus der Ebene von Thessalien wächst ein Wald von 500 bis 600 Meter hohen gigantischen Felsen empor. Auf den Unzugänglichsten . haben einst Mönche ihre Klöster angelegt, zu denen man nur auf riesigen Leitern oder in hochgewundenen Körben gelangen konnte. Äm Fuß des Felsen hatten die Mönche kleine Fel-, der angelegt. Unser Bild : Felsenkloster bei Kalabaka. die Füße und gab ihm langsam und löffelweise von meinem . Proviant zu schlucken. Georgos Mantopoulos, so hieß der Mann, ein griechisch-katholischer Christ, war trotz aller erzieherischen Mühen seiner frommen Mutter schon in jungen Jahren ein „verlorener Sohn" gewesen. Bei einer bösen Schlägerei hatte er das linke Auge eingebüßt und mußte in die Berge flüchten. Dort scharte er mit der Zeit drei Dutzend übler Gesellen um sich, die als „Bande des Einäugigen" bekannt wurden und gefürchtet waren. Ihre Tätigkeit waren Raubzüge in die Täler,. Überfälle auf Reisende, Brandstiftungen und ähnliche Verbrechen. Seit einiger Zeit nun wurde der Bandenführer Georgos von immer unerträglicher werdenden Gewissensqualen heim-gesucht. Sie packten ihn schließlich so heftig, daß er keine Ruhe mehr fand, sondern die Flucht ans dem Banden-schlupfwinkeil beschloß. Sie gelang ihm zwar, aber die enormen Strapazen auf • seinem Fluchtweg und der Nahrungsmangel im vegetationslosen Gebirge warfen ihn zu guter Letzt nieder. Dies alles vertraute er mir nach und nach an und bekannte in echter Reue: „Meine selige Mutter — sie ist schon längst im Jenseits; —7 wollte mich zu einem tiefgläubigen Mann erziehen, aber ich schlug ihre Worte in den Wind. Vor meiner Flucht hörte ich Nacht für Nacht, wenn ich schlaflos dalag, ihre mahnende, aber gütige Stimme; sie rief mich zur Umkehr und zur Versöhnung mit Gott, sagte mir ihre Hilfe zu, sie werde den Heiligen Geist anflehen, daß er mich leite. Jetzt bereue ich, im Innersten aufgewühlt, meine Missetaten und will nach Kalabaka wandern. Dort, in einem Klosterwinkel, will ich in Stille und- Abgeschiedenheit beten und büßen." Ich fuhr den Kranken nach Kalabaka, wo ich ihn zum Oberen der Ortspriester brachte, der die Hände über dem Kopf zusammenschlug ob dieser wunderbaren Bekehrung, den Schwachen freudig aufnahm und ihn pflegen ließ. Nahe, bei der Ortschaft Kalabaka ragen bizarr geformte, gewaltige Felstürme in die Luft, und hoch oben kleben an ihnen wie Schwalbennester etwa zwei Dutzend Klöster, die vor etwa sechs Jahrhunderten gebaut worden, waren. Sie verdanken ihre Gründung und einstige Blüte dem heiligen Athanasios Meteorites und heißen darum „Meteoriten-" oder „hängende Klöster". Heute stehen' sie so gut wie leer und sind verwittert. Sie beherbergen kaum mehr als zehn steinalte Priestermönche und Brüder, die keinen Nachwuchs finden. Man muß schwindelfrei sein, will .man den gefährlichen Aufstieg zu diesen alten Klöstern wagen. Dort oben lebt heute Georgos, der Spätberufene, in immerwährender Anbetung Gottes ein für unsere Begriffe unvorstellbar hartes und doch so zufriedenes und. glückliches Büßerleben. du zcüwavze, Mute Erzählung aus der Kongomission igf Nach einer Aufzeichnung von P. Spiegeleer MSC, gestaltet von Hugo Kocher ' 6. Fortsetzung Es mußte lustig sein, Njöli, mit diesem braunen, weißgefleckten Kitz spielen zu sehen. Jubelnd war Njoli denn auch dem zitternden Böckchen entgegengelaufen und hatte ihm die Ärmchen um den schlanken Hals gelegt. Schon nadi ein paar Tagen hatte die kleine Marnai, wie Njoli das Kitz nannte, alle Furcht verloren. Es ließ sich von dem Kind streicheln und liebkosen, leckte die Ziegenmilch aus der' Schale, die Njoli hielt, und trippelte wie ein zahmes Hündchen hinter ihr her. Die beiden, wurden ein unzertrennliches Paar. Die Dorfhunde lernten bald, durch Speerschaftschläge und. fliegende Holzknorren belehrt, daß sie dieses wilde Geschöpf aus dem Busch nicht jagen durften. Zuweilen, wenn es ihre Zeit erlaubte, blieb Schwester Theresia ein wenig länger bei Marga sitzen, um mit ihr über Glaube und Aberglaube zu sprechen, ein Samenkorn in diese junge Seele zu werfen. Freilich, Marga stand dem allem noch ganz verständnislos gegenüber. Ihr ganzes Sinnen und Denken war urwüchsig, von Urväterweisheit geprägt. Noch nie hatte Marga über das Woher und Wohin des menschlichen Daseins nachgegrübelt. Sie war da, und alles, was sie sah, was um sie geschah, das war gut und schön. Marga war, wie alle ihre Stammesgenossen aus dem Urwald, ganz, im magischen Denken befangen. Jedes Tier, jeder Gegenstand, Bäume, Steine, Wasser, Wolken, alles war im Zauberkreis magischer Kräfte 'gebunden und mußte mit Hilfe von Zauberei für den Menschen gewonnen, beeinflußt werden. Die Furcht vor dem Unfaßbaren, dem Unbekannten, beherrschte ihr Gemüt. Würde Marga zum Christentum hinfinden? Schwester Theresia hätte sich gerne mehr mit ihr beschäftigt. Aber da waren die Kranken und Elenden, die auf eine lindernde Spritze, auf eine Salbe, auf frische 'Verbände warteten. Da war aber auch Ingongwa, der Mißtrauische, Ablehnende. Wohl hatte er dem alten Onga getrotzt, doch die Furcht vor Hexerei und Zauberbann hielt ihn gefangen, öffnete er sein Ohr dem Fafa, so verfiel er den von Onga gerufenen Dämonen. Er war auch durchaus nicht sicher, ob der Zauber der weißen Väter wirklich stärker war als der der einheimischen Medizinmänner. Hier, im Aüs-sätzigendorf und in Bokela herrschte-vielleicht der große Geist, den sie lehrten, aber draußen im Urwald verließ er sich doch lieber auf die Weisheit der Alten, die in den Zauberern wirkte. Der Pater, der jede Woche die Station aufsuchte, traf Ingongwa kaum einmal an. Der neuzugewanderte Booli wich ihm aus. Zudem war er auch meist auf der Jagd. Ingongwa hatte einen Trapp von Männern um sich gesammelt, Gesunde, die gleich ihm ihren Frauen in das Lepradorf gefolgt waren und Kranke, die noch rüstig genug waren, auf dem Jagdpfad zu gehen. Mit ihnen jagte und pirschte er. „Solch ein Mann hat uns in der Lepro-. senstation schon lange gefehlt", vertraute Pater Willibrord Schwester Theresia an. „Seitdem Ingongwa da ist, brauchen wir kaum mehr Fleisch herauszuschicken. Ein tüchtiger Mann, dieser Booli. Nur schade, daß es so schwer ist, an ihn heranzukommen. Auch seine Frau, die Marga, habe ich noch nie bei unsern Katechumenen sitzen sehen. Die beiden halten sich fern von allem, was mit der Mission zu tun hat." Schwester Theresia lächelte. „Wir müssen ihnen Zeit lassen. Sie sind wie Wildtiere, die in die Hand des Menschen fallen, scheu und mißtrauisch. Vielleicht gewinnt sie das gute Beispiel, die von uns gewährte Hilfe." Sie seufzte. „Die Ernte ist so unendlich groß und der Schnitter sind so wenige. Ich fürchte, wir werden dieses so wertvolle Paar bald wieder aus den Augen verlieren. Aber die kleine Njoli sollten wir gewinnen, wenn auch erst über Jahr und Tag. Es scheint mir ein ungewöhnlich begabtes und aufgewecktes Kind, soweit man das jetzt schon beurteilen kann.“ Schwester Theresia hatte sicher recht mit ihrer Annahme. Njoli war wirklich klüger als andere gleichaltrige Kinder im Dorf. Jetzt hatte sie bereits ihre dritte Regenzeit hinter sich. Sie war tüchtig gewachsen und half manchmal schon ihrer Mutter bei der Hausarbeit. Was konnte die kleine Njoli nicht schon alles! Mit ein paar Hölzchen, etwas zun-driger Rinde, Gras und Reisig gelang es ihr, ein Feuer anzumachen. In. der Hütte standen ein paar Körbchen, die sie geflochten hatte. Man konnte sie mit den Ziegen in den Busch schicken. Sie verstand es, sich mit ihrem Stecken bei der gehörnten Schar Gehorsam zu verschaffen. Noch immer trippelte das junge Böck-dien neben ihr her, das ihr freilich über den Kopf gewachsen war und längst nicht mehr so fügsam mit ihr spielte. Marnai konnte zuweilen wild und ausgelassen umhertollen und mit den spitzen Hörnern nach Njoli stoßen. Ingong-wa hätte den Bock längst gerne getötet, aber er brachte es nicht übers Herz, sei-, nem Töchterchen den liebsten Spielgefährten zu nehmen. Schön war es, in Busch und Wald umherzustreifen, die Affen und Papageien zu beschleichen, der Mutter in der Pflanzung zu helfen. Noch schöner aber war es neben ihr vor dem Hütteneingang zu lauschen. Margas Geschichtenschatz war unerschöpflich. Von sprechenden Tieren, von Geistern und Dämonen konnte sie erzählen, von großen Stammeshelden und auch von dem großen Geist, der über den Wolken thront. Es war freilich ein ganz anderer, als der, den der Fafa lehrte, ein Geist mit vielen menschlichen Schwächen und Leidenschaften. Auch heute strahlten Njolis Augen wieder vor Freude, denn Marga hatte sich zu ihr gesetzt und begann eine Matte zu flechten. Ungeduldig schob sie ihren spiel-lüstigen Marnai beiseite, sie hatte jetzt keine Zeit für seine Launen. Mutter Marga erzählte und Njoli verlor kein Wort. „Wie du weißt, haben auch die Tiere eine Sprache. Sogar die heiligen Bäume sprechen miteinander. Habe ich dir nicht schon den dickzungigen Vogel gezeigt, der die Hühner und Hunde verlacht? Die Tiere des Waldes haben ihn zu den Dörfern gesandt, daß er dort die zahmen Brüder verhöhnt, die unsere Sklaven geworden sind." Eifrig nickte Njoli, ja, den Vogel kannte sie, erst vor zwei Tagen saß er auf dem Dach ihrer Hütte und schalt Marnai aus. Seitdem versuchte das Böck-chen immer davonzulaufen. Aber es folgten auch Tage, an denen die Mutter keine Zeit für Njoli hatte. Half kein Schreien und Betteln, so stampfte die Kleine zornig und lief davon. Sie vergaß das strenge Gebot der Eltern, nicht allzuweit in den Busch zu laufen. Gehorchte man ihr nicht, so brauchte auch sie nicht zu folgen. Njoli rief ihren Marnai und war im Augenblick in den Büschen verschwunden. Wie Schön war es im Wald, viel schöner als in der Pflanzung und im Dorf. Da kletterten die Affen, flogen Schmetterlinge und bunte Vögel. Ein Chamäleon saß auf einem Ast und verfärbte sich, wenn man mit einem Zweig nach ihm stach, ein Spiel, von dem Njoli lang nicht genug bekommen konnte. Marnai mahnte sie mit einem Hornstoß zum Weitergehen. Unversehens war Njoli vom Pfad abgekommen, stand mit ihrem Böckchen mitten in undurchdringlicher Wildnis. Von allen Bäumen hingen die Schlingpflanzen nieder. Da und dort blühten in den Astgabeln Blumen, die wie aufgerissene Rachen aussahen. Buntschillernde Vögel schwirrten um einen Blütenbaum, dann wieder lockte ein Rascheln im Gebüsch, und jetzt erreichte Njoli mit ihrem vierbeinigen Gespielen den Lomelafluß. Unter überhängenden Bäumen zog er träge dahin. Bei seinem Anblick merkte Njoli, wie durstig sie war. Auch Marnai machte einen langen Hals und setzte im Sprung über die Büsche. Er trank bereits, während Njoli noch vergeblich nach einem Pfad suchte. Zähe Ranken legten Sich ihr um die Beine, nun brach sie in einen Morast ein, aus dem sie sich nur mühsam wieder emporziehen konnte. Endlich gelang es ihr, über einen gestürzten Baum zum Ufer vorzudringen. Schon beugte sie sich über das Wasser, streckte die Ärmchen, um mit gehöhlten Händen den Trunk zu schöpfen. Dä rauschte es dicht neben ihr. Marnai stieß einen Schrecklaut aus, wollte zurückschnellen. Zu spät. Njoli, die erstarrt vor Schreck auf dem Stamm kauerte, sah einen riesigen, weitoffenen Rachen aus dem Wasser emporschnellen. Ein Biß und im nächsten Augenblick war der junge Bock verschwunden. Nur noch seine Hinterläufe zappelten krampfhaft in der schäumenden Flut. Und nun senkte sich wieder die drückende Stille auf Fluß und Wald herab. Nur noch ein paar Wellenkreise liefen über das Wässer hin, verebbten plätschernd im Schilf. Zu Tode erschrocken sprang Njoli auf, lief auf dem Stamm zum erhöhten Ufer empor, glitt aus, stürzte, schrie gellend in Todesnot auf, denn sie glaubte selbst schon spitze Krokodilzähne in den nackten Beinchen zu spüren. Doch es waren nur die Dornen der Büsche die sie wund rissen. Weiter, fort von diesem Ort, an dem der Tod lauerte. „Mama, Tata!" Njolis Stimmchen gellte, aber nur das Keckem der Affen und das Kreischen der aufgeschreckten Papageien antwortete ihr. Tränen kugelten über ihre runden Wangen. Immer wieder sah sie dies schreckliche Geschehen vor ihren weit aufgerissenen Augen. Einen Rachen mit spitzen Zähnen, grünliche, tückische Augen, und in ihren Ohren gellte der Todesschrei ihres Gespielen. Erst jetzt begriff sie, daß sie Marnai verloren'hatte, daß er nie wiederkehren würde. Und aufs neue weinte und Wimmerte sie. Njoli schlug mit beiden Händen gegen die immer zudringlicher summenden Mücken, die sich auf ihre von Domen wundgerissenen Arme und Beine setzten, ihr in den Mund, Nase und Augen drangen. Während sie schluchzend und nach ihrer Mama rufend, umherirrte, in Busch und Dornen fiel, sich wieder aufrichtete, verdunkelte sich der Himmel. Unter den Bäumen wurde es fast Nacht. Und jetzt fielen schwere Tropfen, klatschten auf die Blätter wie niedersausende Pfeile. Njolis Tränein versiegten. Sie ^ah sich um und begriff, daß ein Gewitter im Anzug war. Schon übertönte das ferne Grollen des Donners das Geschrei der Papageien, die, Rufe der Affen. Wohl war Njoli, ein kleines Kind, aber sie wußte, daß es galt, sich irgendwo vor den niederstürzenden Fluten zu bergen. Sie lief eiliger dahin, bog die Farne beiseite, lugte in die Büsche. Jetzt hatte sie gefunden, was sie suchte. Ein mächtiger Stamm bildete mit seinen hochragenden Wurzelstrünken eine Höhle, einen Untérschlupf. Die Kleine fuhr mit einem langen Ast hinein und stocherte darin herum. So hatte sie es die Mutter machen sehen, als sie einmal in der Pflanzung ein Gewitter überraschte. Erst galt es nachzusehen, ob keine Schlangen in der Höhlung lagen. Alles blieb still, und nun war es auch höchste Zeit, für Njoli geworden, in ihre Wurzelhütte zu kriechen, denn ein krachender Donnerschlag kündete den Beginn des Unwetters an. Regen stürzte nieder, bildeté einen Vorhang, eine Wassermauer vor dem Zufluchtsort Njolis. Ganz in sich zusammengekrochen kauerte das kleine Mädchen in der Höhle. Es zitterte an allen Gliedern, stieß gellende Angstschreie aus, die im Dröhnen und Krachen der Donnerschläge untergingen. Fürchterlich, ohrenbetäubend war das Brüllen des dahinrasenden Wirbelsturmes. Die Erde bebte, ein erstickender Brodem drang in die kleine Baumhöhle herein, vermischt mit dem Geruch verbrannter Erde. Unaufhörlich zuckten die Blitze, stürzten Bäume in krachendem, schmetterndem Fall. Endlich noch 'ein letzter, berstender Donnerschlag, dann hörte der Regen auf, kühle erfrischende Luft žog durch den Wald. Njoli erwachte aus der Erstarrung, in die sie der Schreck und Verzweiflung versetzt hatten. Sie hatte keine Tränen mehr, konnte nicht mehr rufen-. Nur noch ein armseliges Wimmern èntrang sich ihren vollen Lippen. Bitter büßte sie für ihren Ungehorsam. Vielleicht hätte ihr Davonlaufen noch ein böses Ende genommen, wenn sie nicht Von einem Trupp junger Burschen gefunden - worden wäre, der auf der Suche nađi Früchten und eßbaren Wurzeln durch den Wald streifte. Spät am Abend brachten sie Njoli zum Dorf, wo Marga ganz verzweifelt umherlief und nađi ihr suchte. Hatte sie sich , nicht vorgenommen, heute einmal zur Nilpferdpeitsche zu greifen? Endlich sollte Njoli einmal eine tüchtige Tracht Prügel bekommen. Doch statt dessen riß Marga ihr Kind überglücklich an die Brust, lief, zärtliche Worte murmelnd, zur; eigenen Hütte zurück, um, dort angekommen, die Wunden der Kleinen mit linderndem Palmöl zu bestreichen. Njoli schluchzte und lachte abwechselnd. Sie wollte nie wieder ungehorsam sein, nie wieder davon-laufen. Der Schreck steckte ihr in allen Gliedern. - Ingongwa schritt durch den Wald, lauschend, spähend, die Luft mit geblähten Nasenflügeln prüfend. Er war auf der Jagd, allein, denn die lähmende schwüle Hitze hatte Kranke und Gesunde in den Schatten der Hütten getrieben. Nur Ingongwa, den das Lob und die Anerkennung der Patres und -Schwestern, mehr noch sein Ruf als; großer Fleischtöter unter den Kranken, anfeuerte, war auf der Jagd. Mannshoch ragten die Wurzeln der Manidumbelebäume empor. Schlingpflanzen, zähe Ranken und allerlei Schmarotzer überwucherten sie in dichtem Geflecht. Es war nicht leicht, sich hindurchzuwinden. Ingongwa j mußte oft klettern, sich von Ast zu Ast schwingen, um so die ungangbarsten Stellen zu überwinden. Vielleicht hätte auch er, von der dumpfen Schwüle gelähmt, gerastet, den kühlen Abend abgewartet, abdr da war die Spur eines großen Elefanten, und es lag rot in den tief im morastigen Boden stehen-, den Stapfen. Der Dickhäuter war range--schweißt, sehr krank. Das ersah Ingongwa aus dem schleppenden, hinkenden Gang, aus der langen Rast, die der Elefant immer wieder einlegte. Wo er an einem Baum gelehnt stehen blieb, da štand der Schweiß in schwärzlicher Lache, vonSchwärmen blauschillemder Schmeißfliegen umsummt. Ingongwa straffte Sich und strich -sich den Schweiß von der Stirne. Seine Augen funkelten, wie : die eines beutegierigen Leoparden. Oi, oi, das war ein Wild, um das es sich lohnte. Er war durchaus bereit, das tollkühne Wagestück zu. vollbringen, das ihn einst sein Vater gelehrt hatte. Es galt; dem Elefanten auf das linke Hinterbein zu springen, .sich am Schwanz festzuklammern und dem flüchtenden Tier den Speer in den Leib zu stoßen, bis es aus Blutverlust zusammenbrach. Doch nun sah er, daß es nicht nötig war, das eigene Leben zu wagen. Dort in der Senke, in der der Fluß schlammig und träge dahinkroch, stand der weidwunde Elefant. Er trank in gierigen Zügen. Immer wieder spritzte er sich das aufgesogene Wasser in das weit aufgerissene Maul. Er wankte, konnte sich nur mit Mühe wieder auf festen Boden emporarbeiten. Ein vom Tode gezeichneter Bulle, das sah Inggonwa auf den ersten Blick. Es war gar nicht /schwer, sich an den Weidwunden heranzuschleichen. Der Elefant, dessen Gehör sonst doch so fein war,-zuckte nicht einmal zusammen, als Ingongwa auf einen dürren Ast trat, der unter seinen Sohlen brach. Ganz dicht wagte sich der Jäger heran. ’Auf dem Wurzelgeflecht eines Baumes suchte er festen Stand. Sein Auge suchte .das Zieh All seine Kraft nahm er zusammen und stieß dem Elefanten mit wuchtigem Ruck den Speer in den Hals; genau dorthin, wo die große, Schlagader lief. Ein gellendes, schmerzliches Trompeten. Der weidwunde Riese brach in die Knie, sprang auf und stürzte in das Dickicht. . Fortsetzung folgt In dem Boote auf dem Fluß fahren beide mit Genuß. Doch der Hunger, der ist groß. Ja, was macht man denn nur bloß? In dem Schiffe liegt ein Speer, dieses Werkzeug muß nun her. An das Ufer rudert man, daß man etwas fischen kann. Denn dort ist das Wasser seicht, und das Fischen ist dort leicht. Nur ganz ruhig muß man stehn, daß die Fische näher gehn: Mit den Beinen in der Flut, denn so geht das Fischen gut. Da! — es naht ein großer Hecht! Hei! der Braten wär nicht schlecht! Poko lauert, späht und — sticht! Ach, es war das Fischlein nicht, das der arme Kerl gezielt, wie der Koko plötzlich fühlt. Koko sieht man baß erbleichen, und er brüllt zum Steinerweichen, denn der Speer ■—>o welch Verdruß! -traf im Wasser Kokos Fuß! Und so sitzt der Invalide bald im Boot und wimmert müde, während Poko jetzt für zwei widmet sich der Fischerei. Poko sticht nun voller Wut, und sieh da! —jetzt geht es gut. -Und ein Fischlein nach dem andern sieht man in das Schifflein wandern. Koko aber nimmt die Schmerzen sich nicht allzu sehr zu Herzen, vielmehr ißt er hungrig-froh alle Fische, völlig roh. Als das Poko kommt zur Kenntnis, fehlt ihm dafür das Verständnis; denn es war für zwei bestimmt, was der für sich selber nimmt. Jeder Fisch, den er nun fischt, jeder Tier, das er erwischt, wird nun auf der Stell verzehrt, und der Koko so belehrt. Da der Hunger bald geschwunden, weil man reichlich Fisch gefunden, setzt man froh die Reise fort und freut sich am Rudersport. ADAM Des Rätsels Lösung Unter ein dreibeiniges -Tischchen braucht' man keinen Bierdeckel zu legen, denn ein dreibeiniges Tischchen wackelt nicht. Der Hoteldieb In einem großen Hotel trieb ein geheimnisvoller Dieb sein Unwesen. Um seiner habhaft zu werden, bestellte man den berühmten Detektiven Argus. Dieser bezog in einem Zimmer des Hotels Quartier. Als er eben dabei war, die Maske Nr. 33 (Oberkellner) anzulegen, klopfte es an seiner Tür, und herein trat ein-junger Mann., „Oh, entschuldigen Sie, ich habe mich in meiner Zimmertür geirrt." -Bevor er das Zimmer wieder verlassen konnte, hatte ihn der Detektiv am Kragen: Es war der langgesuchte Hoteldieb. Woran hat ihn der Detektiv erkannt (der nie ein Bild oder eine Beschreibung des Diebes in Händen gehabt hatte)? Am Cervantes-Denkmal ln Madrid befindet sich diese Gruppe der beiden Helden seines Romans „Don Quijote". Dieser Roman, fertiggestellt im Jahre 1615, war als Verspottung der damaligen Ritter- und Abenteuerromane gedacht und ist zu einem bleibenden Werk der Weltliteratur geworden. Don Quijote — das sind wir alle. Denn wer ist nie wie der spanische „weise Narr“ auf einer Rosinante nach einém unmöglichen Zauberschloß geritten, wer hat nie mit Windmühlen gekämpft, ohne daraus klüger zu werden? Doch auCh Sancho Pansa sind wir, erdverbunden, auf den eigenen Vorteil bedacht. Es gibt wenig so Erschütterndes in aller Romanliteratur wie die Erkenntnis des edlen Helden auf dem Sterbebett: Ich war ein Narr, jetzt bin ich vernünftig. Der Kampf mit den Windmühlen Aus' i „Leben und Taten des: scharfsinnigen edlen Don Quijote von La Mancha“ von Cervantes Danach sahen sie wohl dreißig bis vierzig Windmühlen, die hier auf dem Felde standen. Sowie sie Don Quijote erblickte, sagte er zu seinem Knappen Sancho Pansa: „Das Glück führt unsere Sache besser, als wir es nur wünschen konnten. Denn siehe, Freund Sancho, dort zeigen sich dreißig oder noch mehr Riesen, mit denen ich eine Schlacht zu halten und ihnen allen das Leben zu nehmen gesonnen bin. Mit der Beute wollen wir den Anfang unseres Reichtums machen, denn dies ist ein trefflicher Krieg und selbst ein Gottesdienst, diese Brut vom Angesichte der Erde zu vertilgen." „Welche Riesen?" fragte Sancho Pansa. „Die du dort siehst", antwortete sein Herr, „mit den gewaltigem Armen, die wohl zwei Meilen lang sind." „Seht doch hin, gnädiger Herr", sagte Sancho, „das, was da steht, sind keine Riesen, sondern Windmühlen, und was Ihr für die Arme haltet, sind die Flügel, die der Wind umdreht, wodurch der Mühlstein in Gang gebracht wird." • „Es scheint wohl“, antwortete Don Quijote, „du bist in Abenteuern nicht sonderlich bewandert. Es sind Riesen, und wenn du dich fürchtest, so geh von hier und ergib dich in einiger Entfernung dem Gebete, indes ich die schreckliche und ungleiche Schlacht mit ihnen beginne." Mit diesen Worten gab er seinem Pferd Rosinante die Sporen, ohne auf die Stimme seines Knappen Sancho zu achten, der ihm noch immer nachrief, daß es ganz gewiß Windmühlen und nicht Riesen wären, was er angreifen wollte. Aber Don Quijote war so. fest von den Riesen überzeugt, daß er weder auf die Stimme seines Stallmeisters Sancho hörte noch sich bemühte hinzusehen, bis er dem Orte, wo sie standen, nahegekom-mèn war. Da rief er mit lauter Stimme: „Entflieht nicht, ihr feigherzigen und niedrigen Kreaturenl Ein einziger Ritter ist es, der euch die Stirn bietet." Zugleich erhob sich ein kleiner Wind und setzte die großen Flügel in Bewegung. Als Don Quijote dies gewahr ward, fuhr er fort: „Strecktet ihr auch mehr Arme aus als der Riese Briareus, so sollt ihr es dennoch. büßen!" Und indem er dies sagte und sich mit ganzer Seele seiner Gebieterin Dulzinea empfahl, die er anflehte, ihm in dieser Gefährlichkeit zu helfen, sprengte er, wohl von seinem Schilde bedeckt, in der 'Rechten die Lanze, mit der Rosinante in vollem Galopp auf die vorderste Windmühle los und gab ihr einen Lanzenstich in dén Flügel. Doch der Wind drehte ihn so heftig herum, daß die Lanze in Stücke sprang, Pferd und Reiter aber einte große Strecke über das Feld wegge; schleudert wurden. 1 Sancho Pansa trabte mit der größten Eilfertigkeit seines Esels herbei, und als er hinzu kam, fandter, daß Don Quijote sich nicht rühren konnte, so gewaltig Unser Seminar in Sàldana beherbergt auch diese drei Unzertrennlichen aus Villada: José Angel, Florencio und José Luis. war der Sturz, den Rosinante getan hatte. „Gott steh uns bei!", sprach-Sanchq, „sagte ich’s Euer Gnaden nicht, daß Uhr Zusehen möchtet, was Ihr tätet, und daß es n.ur Windmühlen wären, diè ja auch jeder, kennen muß, der nicht selbst Windmühlen im Köpfe hat." ,,Beruhige dich, Freund Sancho", antwortete Don Quijote, „das' ist Kriegst glück, daš am meisten von allen Dingen^ einem ewigen Wechsel unterworfen i-fl Sancho Pansä bemühte sich,' ihn aufzurichten, worauf er ihn auf die Rosinante setzte, /déren Glieder ausgerenkt waren. So verfolgten sie, indem sie sich von dem überstandenen Abenteuer un-, terhielteii, den Weg nach dem Hafen Lapiqe., Spanischer Winter Wenn wir mitunter Briefe von Bekannten bekommen, die anfragen, ob wir-es hier gesundheitlich bei. „der“ Hitze aushalten, dann denken wir mit Kummer an die Tage, da unsere Zentralheizung nicht funktionierte und wir im Kalten sitžen mußten. Zwar sinkt hier das Thermométer nicht weit unter null Grad, aber Eis und Schnee und Rauhreif sind hier nicht viel seltener als“ in Deutschland-, Saldana liegt ja fast 1000 Meter hodi. Und von unserem Seminar aus sehen wir die 2600 Meter höhen Gipfel des Kantabrischen Gebirges, die den’ größten Teil des Winterhalbjahres' mit Schnee bedeckt sind. Wenn wir mit den Buben in den Schnee gehen, müssen wir freilich immer lachen. Der Kopf wird vielfach so eingepackt, daß mari kaum noch die Augen Sieht. Dafür tragen sie aber weder länge Hosen'noch lange Strümpfe, Sondern aus - der oben „greulich vermummten Gestalt gucken unten die nackten Beine’ heraus. Am liebsten trägen die Buben im Winter" einen Kopfschützer, den sie „päsamontarias" nennen (d. h. „geh übers Gebirge"). Langsam haben wir uns, schon an diesen Mùmmènschanz gewöhnt und kennen unsere Pappenheimer min. fast.schon in jeglicher Verpackung. A. M. Wir danken allen, die den Bezugspreis für den laufenden Jahrgang des „Stern der Neger" schon eingezahlt, haben. Unser besonderer Dank gilt den Förderinnen und Förderern, die um Gottes Lohn die Verteilung der Zeitschrift und die Einziehung des Bezugspreises besorgen. Unsere Aufrufe in den letzten Nummern:um Spenden für unsere Neugründung in Spanien haben: ein erfreuliches Echo gefunden. Allen Mithelfern an diesem Werk unser, herzliches Vergelts Gott! Kein Priesterberuf darf in Spanien verloren gehen! P. General Richard Lechner bei unseren Klerikernovizen in Mellatz Blick in unser Noviziat in Mellatz Von Frater Alois Johann Der heilige Papst Pius X. sagt: „Niemals sollen die Novizen vergessen, daß sie im späteren Leben das sein werden, was sie im Noviziat gewesen sind." So ist also dieses Jahr, das wir hier im Noviziat verbringen, entscheidend für unser ganzes späteres Leben und Wirken. Während dieses Jahres müssen wir unter Anleitung des P. Novizenmeisters das Fundament für den Beruf des Ordensmanns und Missionars legen. Mit dem Abschluß des Gymnasialstudiums durch, das Abitur haben wir uns für diesen Beruf entschlossen. In diesem Jahr muß es uns und auch unsern Vorgesetzten endgültig klar werden, ob wir zu diesem Beruf taugen und an ihm Freude haben. Es ist ja nichts Geringes, ein ganzes Leben lang dem Buchstaben und dem Geist der drei Ordensgelübde treu zu bleiben. Unser Tagesablauf enthält in sinnvoller Ordnung Gebet in mannigfacher Gestalt, Unterweisung, Studium, körperliche Arbeit und Stunden der Erholung und Abspannung. Um 5.30 Uhr stehen wir auf, um 6.00 Uhr beginnt in der. Hauskapelle das gemeinsame Morgengebet, an das sich Betrachtung und hl. Messe anschließen. Dann begeben wir uns in den Speisesaal zum Frühstück. Am Vormittag erhalten wir von P.Novizenmei-ster Anton Baumgart täglich eine Stunde Unterweisung, in der wir in die Regeln unserer Kongregation, die Betrachtung, die Feier der hl. Messe und die Gelübde einge- führt werden. Nach einer halbstündigen Erholung vertiefen wir uns in die Lebensbeschreibung eines Heiligen. Sind ja gerade die Heiligen es, die uns unsere Berufsideale vorgelebt haben. Um 12.00 Uhr ist Mittagessen, dann eine Stunde gemeinsame Erholung, Arbeit in der Landwirtschaft oder im Garten, odèr wir vervollkommnen unsere Spradhkenntnisse. Um 18.30 Uhr begeben wir uns in die Kapelle zur Abendbetrachtung, an die sich der Rosenkranz und das Abendessen anschließen. Nach halbstündiger Erholung beschließen wir den Tag mit dem gemeinsamen Abendgebet. „Mit Gott fang an, mit Gott hör auf, das ist der schönste Lebenslauf!" In unserem frohen Jugendreich fehlen auch Sport und Spiel nicht. Solange unser Weiher zugefroren war, stand das Eiskegeln in hohem Kurs. Im Januar zogen wir durch tiefen Schnee ins nahe Österreich hinüber. Im letzten Sommer stiegen wir auf den Pfänder und machten auch eine Fahrt rings um den Bodensee. Wenn dann dieses Jahr zu Ende ist, legen wir die Ordensgelübde ab und beginnen die fünf Jahre dauernden philosophischen und theologischen Studien in einem andern Haus unserer Kongregation. An die diesjährigen Abiturienten darf ich die Frage richten: Wie war's, wenn Du an unserem Beruf Gefallen finden und auch zu uns kommen wolltest? Uberleg's einmal! Unsere Bilder: Frz. Huber 1, Josef Lang 6, A. Mohn 8, A. Nagler 2, A. Ziegler 14, Fides 4, Ni-grizia 1, Archiv Schwabenverlag: Titelbild Kreuzweg im Missionsseminar St. Paulus, Neumarkt Von Plastiker Hans Scheble, Ellwangen (Jagst) Mit dem Kreuz über meinem Krankenbett bin ich glücklicher als eine Königin auf ihrem Thron. Hl. Bernadette