< / ^ . S »/M G L Hrch 1 e von Ludwig Jßleib. Verlag von Ignaz v. Klemmayr L Fedor Bamberg in Laibach. Zueignung. —— Vor deinen Blicken ansgebreitet Lag einst mein Leben und Geschick; Und von der Liebe Hand geleitet Hab' ich geträumt von Lust und Glück. Allein, das Glück hat sich erwiesen Als farbenreicher Trug und Wahn; Und was ich selig einst gepriesen, Das hat viel Leid mir angethan. Und dennoch laß ich immer wieder Der Seele Sehnsucht zu dir geh'n — Nimm hin das Buch, nimm hin die Lieder, Du wirst am besten sie versteh'«! Inhalt. Erstes Buch. Seite IMeiue Lieder. 5 Frühling und Liebe. 6 Frühlingstraum .. 7 Diese schönen Frühlingstage.8 Lieb' Aennchen. 0 Vinos ininor. 10 Frühlingslieder. 11 Er hat mir's wieder angcthan. 12 Frühlingstag. 13 Wie steht es in des Frühlings. 14 Der Schmied. 15 Ueppiger Mai. 17 Auf dem Kirchhof. 18 Der Schmetterling. 20 Neuer Frühling. 22 Die Nachbarin. 23 Ein Ständchen. 24 VI Seite Frühlingsmährchen.25 Rosentraum.27 Frühlingsnacht.28 Weiße Rose.29 Flugsand. 30 So ist's.3l Vergieb.32 Morgenstund. 33 Faullenzer , . . 34 Wanderlied.35 Gaselen 1 — 5.37 Liebeswacht.42 Sonnette I — 4.44 Liebesleben 1 — 39 . 4b Einst. 78 Im Park zu Weimar 1 — 4 . - . . .79 Aus fremden Sprachen. (Äl« Intermezzo). Seite Sie wandelt in Schönheit.87 O nein, so lieb.88 Am Killarneysee.89 Das, gestern, war ein Gang. 90 Des Mädchens Kummer. 9l Die Magnolie.93 Müßt' ich'S nur. 94 Verrathen.95 Sieh mir immer in das Auge. 96 Vogelgespräch . 97 Er sei verflucht.98 Ich selbst bin schön.99 Der Schnitter. 100 Die Kleine. 101 vil VIII Seite Herbsttage ,.150 Herbsttrauer.151 Trübe Tage. 152 'S ist einerlei. 153 Im Herrenhaus. 154 Trübe Erinnerung. 156 Die Platane. 157 Verlor'ncs Glück. 159 Winternachtsturm. 169 Winterlieder 1 — 12.161 Weh' dir, du armes. 174 Der Vagabund. 176 Das schöne Kind. 178 Sterben. 179 Eine Nacht in den Alpen. 180 An die Poestcläugner. 183 Die alte Gräfin. 185 Rudolph von Erlach.188 Claudia.193 Was tief bewegt des Menschen Herz, Was nimmermehr veraltet: Die laute Lust, den stillen Schmerz, Der Liebe Gram und Seligkeit, Des Lebens Ernst und Widerstreit, Hab ich zum Lied gestaltet. Erstes Zuch. 1* Meine Meder. ^^ie klein, wie flüchtig ist ein Lied, Wie bald verhallt, wenn kaum entsprossen! Und doch hat's Manchem Ruh' und Fried' Ins tiefbetrübte Herz gegossen. Und wem ein Liedchen das gethan, O der vergißt es nimmer wieder! Er denket oft und gern daran — Nun sucht euch Herzen, meine Lieder! Frühling und Liebe. Und wär mein Herz so kalt und müv, Daß es vergaß' zu grüßen Die Frühlingszeit mit einem Lied? Das wär mir schweres Büßen! Und säng' ich keine Lieder mehr Mit küsserothcm Munde Zu meiner Liebsten Preis und Ehr? Das wär mir schlimme Kunde! Doch nein! — Es zieht mit süßem Klang Der Frühling durch die Räume; Da bringt ein jugendlicher Drang Mir alte, liebe Träume. Und Lieder hab' ich auch genung, Die ich der Liebsten schriebe — Zwei Dinge machen Herzen jung: Der Frühling und die Liebe! /rühlingstraum. xL-s hat des Mondes Schimmer Das Blüthcnthal erhellt; Wie reisen meine Gedanken So lustig durch die Welt. Sie fliegen noch geschwinder Als des Mondes luft'gcr Strahl, Sic sind noch feiner und zarter Als der Blüthen Duft im Thal. Sie wanderu hin und wieder, Ich weiß es selber kaum — Sic weben der Liebsten Bildniß In meinen Frublingstraum. 8 Diese schönen /ruhtingstage. Diese schönen Frühlingstage Geben mir das Leben wieder. Jeder Kummer, jede Klage Löst sich auf im Klang der Lieder. Und mit jeden, grünen Blatte, Und mit jeder jungen Blüthe Wird die Hoffnung frisch, die matte, In dem trauernden Gemüthe. Und es schlägt der Puls geschwinder. Und die Thräne fließt gelinder. Und das alte Liebesglück Kehret still ins Herz zurück. -^94- Lieb' Aennchen. Nun grünen die Hecken, nun rieselt der Quell, Wahrhaftig, nun hat's keine Noth! Lieb' Aennchen, wie sind dir die Augen so hell, Lieb' Aennchen, wie sind dir die Augen so bell, Wie sind dir die Wangen so roth! Der Morgcnthau blitzet auf Blütheu und Blatt, Die Sonne vergoldet die Höh'n. Lieb' Aennchen, lieb' Aennchen, nun küsse dich satt. Lieb' Aennchen, lieb' Aennchen, nun küsse dich satt, Du bist ja so jung und so schön! Bald rasseln die Büsche, bald feget der Wind Und alles wird öde und kalt — Lieb' Aennchen, lieb Aennchen, du himmlisches Kind, Lieb' Aennchen, lieb'Aennchen, du himmlisches Kind, Ach, würdest du nimmermehr alt! io Viiit iH »liiiOL. ^»u des Waldes Einsamkeit Treibst du deine grünen Ranken; Wie ein träum'risch Menschenkind Seine heiligsten Gedanken. Das verbirgt sie auch der Welt Und dem giftigen Gehöhne. Fern dem Wirbel, fern dem Lärm Wächst es auf in stiller Schöne. Nicht verlangend blickt es aus; Ganz bescheiden ist's und sinnig. Aber wenn es einmal liebt Liebt es wahr und treu und innig. -4- II Frühlingslieder. ^m Blüthenlcnz, wenn tausend Lieder klingen, Im Wiesengrund, im grünen Wald, Da ist die Zeit, der Liebe Band zu schlingen. Denn ach, der Lenz verrauscht zu bald! Es kommt der Herbst mit seiucm Reis, dem kalten, Da sterben Blumen hier und dort. Im Lied nur ist der Frühling festzuhalten. In Liedern klingt er ewig fort. 12 Er hat mir's wieder angethan. hat mir's wieder angethan Mit seinem grünen Wiesenplan, Mit seiner Blumen Farbenpracht, Mit seiner liebedust'gen Nacht. Und wo ich geh' und wo ich bin, Da singt und klingt es mir im Sinn Die alte Lieb', die alte Gluth, Sie pocht im Herzen, rauscht im Blut. Und Lieb' und Lied und Lust und Klang, Sie machen mir das Herz so bang, So froherregt, so traumestoll — Der Himmel weiß, wie's enden soll. 13 Frühlingstag. ^EÜie so sanft die Lüfte streicheln. In dem warmen Sonnenschein; Fast, als wollten sie sich schmeicheln Leise in das Herz hinein. In dem blauen Aether zittert Hell und rein der Frühlingstag, Und der Bach im Thale füttert. Und es duften Wies und Hag. Kann mich kaum auf was besinnen. Das so lieblich und so hold. Als wie Bächlein, wenn sie rinnen Ueberglänzt vom Sonnengold. Eins nur weiß ich, das besitzet Schonern Reiz und süßre Pracht: Mädchenaug', wenn's thränenblitzet Und die Liebe drinnen lacht. 14 Wie sieht es in des Frühlings grünem Haus. Ulie sieht es in des Frühlings grünem Halls So wunderbar, so schön, so bräutlich aus! Die Blumen blüh'u und duften allerwegen. Es trägt der Wald sein stolzes Feierkleid, Die Wiese ist voll bunter Herrlichkeit Und von den Halmen tropft ein Perlenregen. Ein felig Lächeln schmückt die weite Flur, Es scheint mir fast, als wollte die Natur Ihr süßestes Geheimniß offenbaren. Sie gleichet einem holdverschämten Kind, Deß Herz so bang, deß Lippen lächelnd sind, Wenn's Mütterlein nun alles soll erfahren. 13 Die Schmiede. Plumps ertönte Hannnerschlag In der dunklen Schmiede — Draußen stand der warme Tag Mit dem Frühlingsliede. Rußig war des Schmieds Gesicht, Rußig der Geselle — Draußen lag das Sonnenlicht Aus des Maien Schwelle. Von dem Eisen, glühend beiß, Sprangen wild die Funken — Draußen schwankten roth und weiß Blüthen, wonnetrunken. Ei, du schwarzer, finstrer Schmied Und auch du, Geselle! Lockt euch nicht das Frühlingslied In die Sonnenhelle? Aber immer Schlag auf Schlag, Daß die Funken sprangen. — Draußen lag der Helle Tag Und die Vöglein sangen. 17 Ueppiger Mai. Aonnenschein und Maienglöckchen, Waldesdust und Vogelsang, Wiesengrün und Blüthcnflöckchcn, Schöne Zeit, wie bleibst dn lang! Also ries ich, als der Winter Langsam von den Fluren schied, Und die ersten blauen Kinder Grüßte froh mein erstes Lied. Aber jetzt — da lacht die Sonne, Wald und Thal sind düstevoll; Und ich weiß nicht, was vor Wonne Ich nun singen und sagen soll! 2 18 Aus dem Kirchhof. An der bleichen Kirchhofmauer Steh'n die Bäunie frisch und grün. Keine Thränen, keine Trauer; Rings ein Duften, rings ein Blüh'n. Um die Grabeskreuze klettern Junge Rosen, lenzgeweckt, Haben all' die schwarzen Lettern Mit dem grünen Laub verdeckt. Lustig auf den Hügeln schwanken Lilien weiß und Rosmarin; Lebensfrohe Lenzgedanken Ueber Moder und Ruin! Rother Klee und blaue Blüthen Schmücken überall den Grund; Sind es Wächter, die verhüten. Daß Verwesung werde kund? 19 An den Eisengittern klimmen Epheuranken, frisch und frei; Sind es Zeichen, sind es Stimmen, Daß der Tod bezwungen sei? Und auf einem Leichensteine Sitzt des Todtengräbers Kind, Lieblich wie der Rosen eine, Die daneben küßt der Wind. Keinem Tobten flicht sie Kränze; Träum'risch sitzt sie, sinnt und glüht, Denn der schönste aller Lenze Ist im Herzen ihr erblüht. — Ueberall ein lustig Streben, Alles frisch und morgenroth. Und bet Lieb' und Frühlingsleben, Deine Macht, wo bleibt sie, Tod? 2* 20 Per Schmetterling. (gaukelnd über Blüthenkelchcn Zieh' ich meine leichte Bahn. Laßt mich träumen, laßt mich schwelgen. Hab' ja meine Freude dran! Auf den Fluren, auf den Wiesen Trink' ich mich am Thaue satt, Will ich Ruhe dann genießen, Nimmt mich auf ein grünes Blatt. Farben, die die Blumen schmücken, Sonnenstäubchen, wunderbar, Was das Auge mag entzücken. Trägt mein schimmernd Flügelpaar. Doch mein Leben, kurz gemessen Schwindet bald in Todesnacht; Darum will ich schnell vergessen, Was mich dumpf und düster macht. 21 -r- Schwärmen will ich und will gaukeln In der linden Sommerlust; Mich auf allen Blumen schaukeln, Laben mich an ihrem Dust. Bis, wenn ich die Rose sehe — Sic nur liebe ich allein — An der Rose Brust vergehe Meines Lebens kurzer Schein. 22 Neuer Frühling. Ach, warum halten nur so fest Ihr welkes Laub die Eichenbäume? Dem Herzen gleich, das nimmer läßt Die längst gestorbnen Liebesträume. Die Birken stehen frisch geschmückt; Die Eiche trägt ihr Laub noch immer. Ob's auch verdorrt, ob's auch zerstückt. Und längst verlor den grünen Schimmer. Nur mählig läßt sie Blatt um Blatt Vom lauen Frühlingswind verwehen. Ein neues Leben findet statt — So wird's dir, Herz, wohl auch ergehen! 23 Wie Nachbarin. Wie schöne kleine Nachbarin — Wie kommt ihr nur ins Haus, Wie kommt ihr nur vor's Fcnsterlein Der schöne Blumenstrauß? Da steht sie nun den ganzen Tag Und starrt die Blumen an. Ich möcht' doch wissen, wer mir hat Den Schabernack gethan. Sonst stand sie manche Stunde lang Und schaute nach mir her; Jetzt, da sie nun die Blumen hat Geschieht es nimmer mehr. Sie hat wohl einen Liebsten schon? Der schickt, ich merk' es wohl. Die Blumen ihr — ich wollte, daß Den Kerl der Teusel hol'. 24 Ein Ständchen. ^jie stumme Nacht liegt überall. Es ruhen die Gefilde. Da. horch! ertönt ein süßer Schall Gar lieblich klar und milde. Die Nachtigall singt im Gebüsch Ihr schönstes Liedchen wieder. Die Rose wiegt, wie träumerisch Ihr Köpfchen auf und nieder. Und endlich schläft sie ein und neigt Das Haupt ins ros'ge Händchen. Still wird es und das Liedchen schweigt: Es war ein Rosenständchen. >1 Frühlingsmnhrchen. d steht ein zauberhaftes Schloß, Aus Blüthen ist's gezimmert. Da wohnt Herr Lenz mit seinem Troß; Und alles glänzt und schimmert. So weit der grüne Grund sich streckt Sind duft'ge Veilchenbeete. Der Zimmer Wände sind bedeckt Mit grüner Laubtapete. Zur sanften Ruhe ladet ein Ein Kreis von Moosdivanen, Und Kühle haucht der Dämmerschcin Von Ulmen und Platanen. Uid leise tönt aus dem Palast Eiu wunderbares Singen, So zaub'risch süß, so lieblich fast Wie Himmelslieder klingen. -> 26 4- Das ist die Lieb', die drinnen sitzt Mit grünem Sammetkleide. Wie Perlen und Demanten blitzt Ihr funkelnd Thaugeschmeide. Und wer ihr Lied einmal gehört. Wer einmal sie gesehen. Der ist geblendet, herzbcthört, Weiß nicht wie ihm geschehen. Nosentraum. Aie Nacht so lau, die Lust so mild, Verstummt die lauten Gassen. Und leise tritt des Mondes Bild Aus dunklen Wolkenmasscn. Es netzt ein kühler, feuchter Hauch Die müden, blauen Glocken; Die Nosenknospe läßt sich auch Vom Schlummergott verlocken. Sie träumt von einen: Elfcnkind, Das in dem Kelche liege. Sie deckt es zu und küßt es lind In seiner dust'gen Wiege. -- Traurig, wer gebunden ist An das Haus und an die Scholle; Denn er sinnet jede Frist Ob er wieder wandern wolle. Froh nnr ist der Wandersmann; Selig, wer da wandern kann. 37 Vaselen. ^lüthenpracht dcr Rosenhecken Will der Frühling wieder wecken. Darum klopft er an die Zweige, Daß sie aus die Blättlein strecken; Ruft den weichen Zephyrlüftchen In dem Laube sich zu necken; Und die Vöglein läßt er singen In den grünenden Verstecken; Und der Wiese beißt er schleunig Ihre Vlumentafel decken, Gold'ne Dolden in der Mitten, Blaue Glöcklein an den Ecken, Daß die Käfer und die Bienen Blumenstäubchen können schmecken. Und mit dieser Prachtcntfaltnng Will das Eine er bezwecken: Rose soll vor Freude glühen Und vor süßer Lust erschrecken! 38 4- 2. D)ie schön mir sonst die Rosen auch erschienen sind, Jetzt achte ich die Reize nicht, die ihnen sind! Weit alle Zauber, die sie schmücken können Und noch viel mehr in deinen Engelsmienen sind; Weil reiner noch und klarer deine Augen Ms ihre Perlen, die die Lust der Bienen sind; Weil ihre Düfte, die die Herzen laben Geschaffen nur um dir zu dienen sind; Und ihre Blätter gar nicht zu vergleichen Mit deiner Lippen köstlichen Rubinen sind. -4- 39 3. ^as für ein schlimmes Laster auch der Neid ist, Doch bin ich neidisch, was mir gar nicht leid ist! Dem Lüstchen gönn' ich nicht das süße Glück Zu kühlen dich, wozu es stets bereit ist; Dem Bande schenk' ich meinen ganzen Groll, Wenn es als Schleifchen vorn auf deinem Kleid ist; Das Fenster ist ein Dorn in meinen! Äug', Das deiner Schönheit Rahmen allezeit ist; Den Fächer hasse ich, so sehr ich kann, Der immerdar dein schützendes Geleit ist; Mir selbst bin ich von ganzem Herzen gram, Weil voll mein Herz von deiner Lieblichkeit ist. 40 4. wüßte ich ein Liedchen, das dir sage: Wie gut ich dir! Wie tief ich dich in meinem Herzen trage, Wie lieb du mir! Wie alles, was ich hoffe, was ich denke Sich eint in dir; Wie gerne ich daraus die Rede lenke, Wie lieb du mir! Wie wohl mir wird, darf ich dein Händchen pressen, Herzinnig dir; Wie bang mir wird, sprichst du, ich müßt' vergessen, Wie lieb du mir! Ich kann das Lied, ich kann den Klang nicht finden, Zu sagen dir. Ich kann's nicht sagen, kann es nur empfinden, Wie lieb du mir! 41 ö. ^Eir ward viel Lust, mir ward viel Gram — sei still mein Herz! Ich hab's getragen, wie es kam — sei still mein Herz! Ich strebt' empor mit wildem Muth, Da machte mich die Sorge zahm — sei still mein Herz! Ich trotzte dem Geschick mit Kraft, Allein die Kraft ward laß und lahm — sei still mein Herz! Ich suchte nach so mancher Lust; Ihr folgte bitt're Reu' und Scham — sei still mein Herz! Da traf ich endlich auf ein Glück, Das war so süß, so wundersam — sei still mein Herz! Ich hielt's im Arm und küßt' es heiß Bis mir's der Neid, der schlimme nahm — sei still mein Herz! Da brach die Kraft, da sank der Muth, Gewiß, es war der schwerste Gram — sei still mein Herz! -t- 42 Liebesumcht. Ich wandle oft in stiller Nacht Bis an dein Kämmerlein. Da steh' ich still nnd halte Wacht Bei Mond und Sternenschein. Es rauschet fern im Andenbaum Und wenn das Rauschen schweigt. Da ist's als ob ein schöner Tramn Sich in die Seele neigt. Ich steh' da leise angelchnt Und schaue still empor. Wonach ich dunkel mich gesehnt, Das tritt nun hell hervor. Es tritt hervor und nimmt Gestalt, Mir ist, als sah' ich dich; Besel'gend kommt die Allgewalt Der Liebe über mich. -4- 43 — Ach könnt' ich nur ein einzigmal Dir in die Augen seh'n, Es würd' vor ihrem milden Strahl Mein ganzes Weh' vergeh'«. Allein du schläfst im Kämmerlein Und träumst von Königspracht, Judcß bei Mond- und Sterncschein Ich steh' und halte Wacht. 44 S'onnette. 1. Au trüg'risch Blau, das auf den Berge» zittert. Das so verlockend, fern herüber grüßt Und doch beim Näherkommen schnell zerfließt; Wie wenn ein schönes Traumgesicht zersplittert. Wie hold dein duft'ger Mantel wogt und flittert, Daß mir die Sehnsucht in dem Herzen sprießt. Daß mir es heiß herauf ins Auge schießt — Wie hast du mir die Frühlingszeit verbittert! Denn, was mich freute, hast du hingenommen. Und ich bin festgebannt an diese Scholle? Kann nicht zum Ziele meiner Sehnsucht kommen? Du steh'st von fern und lachst zu meinen: Grolle? Wohl, ich hab' Kraft die Fesseln zu zerschlagen; Du hast mein Glück — ich werd' es mir erjagen! -4- 48 2. Eib Acht mein Lieb, du wirst Besuch erhalten! An deine Herzensthüre wird es pochen. Und wenn du leise hast „herein" gesprochen. So nah'n sich liebevoll dir die Gestalten. Kennst du sie noch? Es sind die treuen, alten; Sie haben nie den heil'gen Schwur gebrochen. Sie haben niemals schamroth sich verkrochen, In schöner Reden trügerische Falten. Ja, lächle nur! Sie sind es, die Gedanken, Die mich verlassen, um bei dir zu weilen, Die, spottend aller Ketten, aller Schranken Des Weges kundig in die Ferne eilen. Nun kann ich mich des Argwohns nicht erwehren, Sie sind bei dir — daß sie nicht wicderkehren. 46 3. Djlic bat mein Herz mit seinem heißen Lieben So hastig mich durch diese Früblingsräume, Durch Wiesengrün und dust'ge Blüthenbäume, Zu dir, geliebtes Mädchen, hergetrieben. Kaum, daß ich da und dort bin stehen blieben Und deinetwegen Blumen pflückend säume; Fort zogen mich die süßen Liebesträume, Die deine Schönheit mir ins Herz geschrieben. Nun steh' ich zagend unter deinem Dache, Will zügeln erst das ungestüme Regen, Da kommt dein Fuß mir eilig schon entgegen. Du ziehst mich nach dem traulichen Gemache; Und als ich da den heißen Kuß getrunken. Ist hinter mir die ganze Welt versunken. 47 4- 4. ^ch hörte einst die Nachtigallen schlagen; Der Hain war grün, der Himmel blau und weit Die Blumen führten einen Düstcstreit Bis sie der Rose alle unterlagen. Das war in eines Frühlings Wonnetagen, Als ich berauscht von deiner Lieblichkeit, Zu Füßen dir gesunken. O, die Zeit Hat grausam Alles mit sich fortgetragen! Zuerst verstummten jene Nachtigallen, Worauf der Blumen Farbcnschmuck erblaßte Und öde ward es in des Haines Hallen. Dann schiedest du, die liebend mich umfaßte, In deren Augen Liebe ich gelesen — Ich weiß es wohl, es ist ein Traum gewesen! Aebesleben. 1. Au bist der Mainacht schönste Blume, Wie Mondenschein so still und mild; Du bist die lieblichste der Elsen, Wenn es im Tanz zu schweben gilt. Du bist die leuchtendste der Quellen, In der ein Himmelreich sich malt; Du bist der glänzendste der Sterne, Der an dem Himmel je gestrahlt. Du bist die schlankste aller Birken, Die in dem duft'gen Haine steh'n; Der schönste aller Lenzgedanken, Die durch des Dichters Seele geh'n. 49 2. ^n deinen Augen liegt niein Glück, Mein Hoffen und Verlangen. Drum ist mein Glück ein Augenblick Im Augenblick vergangen. Wie Sonnenlicht ans Wolken lacht Und spielt auf Wies und Wegen, So grüßt aus deiner Augen Pracht Die Liebe mir entgegen. Doch kaum hat sich der Gruß gezeigt, Hast du die Augenlider Beschämt und still herabgeneigt, Mein Glück verschlossen wieder. Und spricht die Gluth der Wangen dein Auch viel von meinem Glücke — Es ist doch nur der Widerschein Von einem Augenblicke. 4 3« >- 3. §Iu bist so fromm, du bist so gut. So still, so gottergeben; Wohl ist es Wahnsinn, Uebermuth, Zu dir empor zu streben. Anbetend will ich knie'n vor dir. Den Blick gesenkt zur Erde: Leg' auf die Stirn dein Händchen mir, Damit ich selig werde. -> 31 4. ^Eleißt du, mein schönes Kind, warum So grün des Frühlings Tracht ist? Weil sie aus gold'nem Sonnenlicht Und Himmelsblau gemacht ist. Und weißt du auch warum so roth Die Rose aufgcblüht ist? Weil sie der Erde Lippe, die Vom Sonnenkuß erglüht ist. Und warum mir die liebste Blum' Das Veilchen im Gcfild ist? Weil es von dir, mein schönes Kind, Das allertreu'ste Bild ist. 4* -4- 32 4- 8. ^IIu schaust mich an, so lieb und klar. Welch' wonnig Liebesleben Grüßt mich aus deinem Augenpaar, Du mein geliebtes Leben. Daß du mich liebst, scheut sich dein Mund Mir offen zu gestehen, Drum läßt du mir's zu jeder Stund' In deinen Augen sehen. 33 6. ^Uein Herz ist wie ein Rosenblatt, In das der kühle Morgen Der Perlen allerschönste hat Versenket und verborgen. Die Perle, Liebchen, ist dein Bild, Das engelgleiche, schöne. Was kümmert mich nun das Gcfild Voll Glanz und Ouellgetöne? 54 7. Schau hoch mein Lieb' und lasse uicht So tief dein Köpfchen sinken. Laß mich der Liebe süßes Licht Aus deinen Augen trinken. Das kleinste Blümchen sehnet sich Nach solcher Lichtesspcndc. Wird's ihm versagt, ist sicherlich Sein Leben bald zu Ende. So ist die Lieb' ein Blümchen, sieh! Wirst du es nicht erfreuen Mit einem Blick, so kann es nie Und nimmermehr gedeihen. -4- 55 4- 8. Ale Nachtigall hat einen Ton Der Rose vorgesungen. Der war so lieblich, daß davon Der Rose Herz bezwungen. O wüßt' ich solchen süßen Klang Auf dieser Welt zu finden, Damit für Ewigkeiten lang Der Liebsten Herz zu bindeu. —36 -4— 9. ^ch hör' der Vöglein Lied im Strauch Und lausche selig, hcrzensstill. So lauscht' ich wohl der Liebsten auch, Wenn mich ihr Mund verlocken will. Ihr Mund, der rosenrothe Mund, Der hat gar manches süße Wort, Das hört' ich gern zu jeder Stund', Doch — husch, da ist das Vöglein fort! 37 4- 10. d nenne mir den Zauberbann, Den deine Augen auf mich üben! Du siehst mich hold und liebreich an. Da jauchzt mein Herz vor Lust und Lieben. Es hat ein Himmel wunderbar Den Grund der Seele mir gelichtet; Nun ist mir Alles, Alles klar, Was ich geträumt, was ich gedichtet. Nun ist des Lebens Widerstreit In reinen Harmonte'u zerflossen, Und diese süße Seligkeit Hat mir dein Blick in's Herz gegossen. 38 11. Au sprachst zu nur: ich bin dir gut! O Wort voll Himmelswonne! Du bist mein höchstes, schönstes Gut, Mein Leben, meine Wonne! Du bist der Stern, der nicht verlischt, Der in das Herz mir leuchtet; Die Hand, die jede Thran' abwischt, Wenn sich mein Auge feuchtet. -!- g» <>- 12. Es rauschten um mich frohe Klänge, Es war die Lust so laut, so toll. Ich aber saß in dem Gedränge So stille, so gedankenvoll. Und lieblich überkam mich sachte Ein wunderbarer süßer Traum. Ich saß und sann und was ich dachte, Das wußte meine Seele kaum. Es war ein Forschen und ein Kramen In Wort und Lied. Wie wunderlich! Ich suchte tausend Liebcsnamcn Und sand nur dieß: ich liebe dich! -r- 60 4- 13. A er Wind küßt leise die Wellen; Die Welle küßt lispelnd den Strand; Nun duften und flüstern von Küssen Die Blumen im ganzen Land. Die Vöglein singen es lustig Zn sonnig blauen Höh'n. Da hat es die Liebste erlauschet, Daß Lieben und Küssen so schön. Die Nacht war träunstrisch stille, Der Mond erhellt' den Grund — Da hat sie mich geküfset Mit ihrem rothen Mund. -4- 61 4- 14. ^End wenn mich Jemand frügc Wohl nach der Liebsten mein. Was sie für Farbe trüge In ihren Aeugelein — So müßt' ich ihm gestehen : Ich weiß es selber nicht; Ich hab' nur drin gesehen Der Liebe Himmelslicht. 62 - 17. Herrath' es nicht, du süßes Kind, Daß ich dich lieb' von Herzensgrund; Du weißt ja wie die Leute sind, Wird solch' ein Lieb'sgehcimniß kund. Sei wie die Rose, denn die küßt Der Mond in Sommernächten auch; Doch nicht ein einzig Blättchen ist, Das es verräth, am Rosenstrauch. -r- 63 -r- 18. Au hauchtest so leise das himmlische Wort. Wie brannten dir, Liebchen, die Wangen! Als wären die Rosen der Liebe alldort Urplötzlich aufgegangen. Ich stürmte hinaus in die duftige Nacht, Den Blumen mein Glück zn berichten. Die neigten die Köpfchen und flüsterten sacht: Wir kennen die alten Geschichten! Nun mischten die Tannen sich mürrisch hinein Und brummten verständige Reden: Ich sollte kein Esel, kein thörichter sein, Es gäb' auf der Erde kein Eden! 5 66 19. Wib mir meine Ruhe wieder, Gönne meiner Seele Rast. Wirf den Sinn, den trüben, nieder — Gib mir meine Ruhe wieder, Die du mir genommen hast. Ach, was hab' ich doch begangen. Daß du sic genommen hast? Tausend Zweifel, tausend Schlangen, Halten mir das Herz gefangen Und ein Weh' hat es erfaßt. Klagen nur sind meine Lieder Und die Thräne ist mein Gast. Blick' doch liebend auf mich nieder: Gib mir meine Ruhe wieder, Die du mir genommen hast! -4- 67 20. Ale Nachtigall im Lindcnbaum Singt ihre Liebeslieder. Da kommt ein Traum, ein Wer Traum Und neckt mich immer wieder. Er zeigt ein Röslein wundermild — Das Liebchen, das ich meine. Ich schließ' es in die Arme wild Und küss es heiß, und weine: Dn schönes Kind, du Rosenkind Darsst nimmer von mir gehen! — Doch rauschend fährt durch's Laub der Wind Und Lied und Traum verwehen. 5* 68 >- 21. ^§om blauen Himmel nur ein Stück, Ein Strahl vom Sonnenschein, Das soll mein Wunsch, das soll mein Glück, D^s soll mein Frühling sein. Ich mag nicht lauer Lüste Weh'n — Sie flüstern nur von ihr. Ich mag nicht dust'ge Blumen seh'n — Sie hauchen nur von ihr. Und sie? — Wozu Erinnerung! Es war ein Traum, ein Wahn! Sie ist ja hold und lieb und jung Und denkt nicht mehr daran. «9 22. ^ch bin im Herbst gegangen An jenen lieben Ort, Wo ich zum ersten Male Gelauscht hab' deinem Wort. Da bin ich denn gestanden, Das Herz so weh, so krank Und eine heiße Thräne Aus meinem Auge sank. Der Frühling war erblühet Als ich vorcinst dich sah — Jetzt lagen an dem Boden Nur welke Blätter da. 7« 23. Ao willst du dennoch von mir geh'n? So kannst du nimmer mir vergeben? Ja wohl! ja wohl! Es muß gescheh'n, Ich hab' vergiftet dir das Leben. O schau' mich nicht so schmerzlich an! Ich leide ja nicht unverschuldet; Ich weiß, wie weh' ich dir gethan. Ich weiß, wie viel du hast erduldet. Leb' wohl! Leb' wohl! Noch einmal gib Die Hand mir wie in ftüh'rcn Tagen, Als ich dein Lieb' noch war — dein Lieb'! Auf ewig dann „leb' wohl" zu sagen. 7l -r- 24. ^ch wandle M, gesenkt den Blick. Das Herz voll Weh' und Bangen, Denn all' mein Hoffen, all' mein Glück Ist gar zu schnell vergangen. Kein Trosteswort wird mir geschenkt. O wüßt' ich nur das Eine: Ob sie noch liebend mein gedenkt. Um die ich betend weine! 72 23. ^)ie haft du mir das Herz verletzt Mit deiner Falschheit, deiner Tücke! Du wiegest dich in Freuden jetzt Und ich bin fern von meinem Glücke. Doch glaube mir, das rächt sich einst; Es kommen schon der Reue Stunden, Wo du verzagst und Thränen weinst Und ich bin frei von allen Wunden. 26. Au hast mich sicher nickt belogen Als du gesagt, du liebtest mich; Doch als du Treue schwurst, betrogen Hast du, o Liebchen, mich und dich. Gewiß ich will dich d'rum nicht schelten; Du liebtest mich, das ist genug; Die falschen Schwüre laß ich gelten Als liebesel'gen Selbstbetrug. 74 27. ^eit über die rothm Wälder Da wandert der Vöglein Schwarm. Nun muß ich mich entwinden, Fein's Liebchen, deinem Arm. Nun muß ich dich verlassen; Es treibt mich mächtig fort. Ich weiß, du hast mich betrogen Und hast gebrochen dein Wort. Du hast noch einen Buhlen, Den hat dein Mund geküßt; Dein Mund, der reich an Küssen Und falschen Schwüren ist. Leb' wohl, du treulos Mädchen! Leb' wohl, du weißer Arm! Weit über die rothen Wälder, Da wandert der Vöglein Schwarm. 28. ^ch sehe dich, mein Liebchen bold In eines Andern Armen; Doch wie er auch dir Liebe zollt — Du kannst dort nicht erwärmen. Ich weiß, wenn's Nacht geworden ist. Da wirst du mein gedenken; Wie heiß wir uns geliebt, geküßt — Da wird dein Blick sich senken. Und kam' ich da im Mondenschein Des Wegs daher gegangen Und pochte an dein Kämmerlein Mit liebenden! Verlangen, Ich weiß, du sprächst zu mir gewandt Und grüßtest mich licbinnig: Deni Manne gab ich nur die Hand, Doch dein von Herzen bin ich! 76 4- 29. ^ch hab' das Leid nun abgethan, Das ich ob deiner Falschheit trug; Ich habe abgestrcift den Wahn, Der mich so schwer in Fesseln schlug. Verfinstert schien das Leben mein; Nun ist mir alles hell und klar. Und selbst der Schmerz, er dünkt mich klein, Der doch so tief empfunden war. Wie klagt' ich einst und schalt dich so, Ob deiner Unbeständigkeit — Jetzt aber bin ich scelcnfroh, Daß Alles wechselt mit der Zeit. -r- 77 4- 30. ^Eüenn mich Erinnerung zurück versetzet In meine erste sel'ge Liebeszeit; Wie kommt es, daß mein Auge sich nicht netzet. Weil sie zerrann in Leid und Traurigkeit? Weil ich nach Jahren nicht die Liebe messe. Beweine ich nicht trauernd mein Geschick. Es sorgt mein Herz, daß nimmer ich vergesse Aus jener Zeit den schönsten Augenblick. Einst. AIaß ich dich lieb' — o sag's den Leuten nicht. Verbirg das Wort im tiefsten Herzensschreine: Wie du mein einzig Gut, mein Himmelslicht, Das mir das Leben hellt mit mildem Scheine. Und wenn einst deine Schönheit muß vergehst: — Ach, allem Schönen drohet ja Verderben! Der Frühling muß mit allem Dust verwehst: Und auch die Rose muß, die holde, sterben. Dann denkst du wohl vielleicht an mich zurück — Ich weiß, ich bin dann lange schon nicht mehr — Und neigest selig lächelnd deinen Blick: Geliebt hat keiner mich so treu wie Er! —79 Im Dark zu Weimar. I. Die ihr Bäume und Felsen bewohnt, o heilsame Nymphen re. Au schöner Hain, mit deinen schatt'gcn Gründen! Ich trete durch dein grünumlaubtes Thor; O laß mich hier in deiner Kühle finden. Die Ruh', die ich im Drang der Welt verlor. Ihr Nymphen, die ihr wohnet in den Bäumen Die ihr den Fels mit eurer Macht belebt — Wiegt mir die Seele ein in süßes Träumen, Daß sie in reiner Schöne sich erhebt. Ihr saht den Genius in eurer Mitte, Der mit des Liedes Kraft die Welt bezwang. Ihr lauschtet einst dem stolzen Geisterschritte Und Götterwethe gabt ihr seinem Sang. Ach, habt ihr eure Gaben ganz verschwendet? Und gabt ihr alles ihm, nur ihm allein, Daß jetzt, wo sich mein Geist zu euch gewendet Für mich kein Nest der Weihekraft mag sein? 8« Ist es ein schnödes Thun, das ich beginne? Und wird es nimmer — nimmermehr gescheh'». Daß ich, wonach ich strebe, je gewinne; Daß ich trotz alledem muß untergeh'n? Dann laßt mich jetzt mein Saitenspiel zerschlagen An diesem Fels, der ew'ge Worte trägt! Doch nein — ich fühl's, ich kann und will es wagen; Wie muthig mir das Herz im Busen schlägt! Habt Nymphen ihr mir Weihekraft gegeben? Habt gnädig ihr vernommen mein Gebet? — Im Sonnenlicht der Schönheit liegt das Leben; Das Thal ist hell — der Nebel ist verweht! 81 II. An der Quelle. Oomms je I'g/me, e'est S! jwr. k'r. 1^182 t. ^m Baumcsschatten springt ein Quell Wie lichte Perlenfluth; Er ist so klar, so silberhell — Wie bin ich ihm so gut! Er netzt mit seinen Wellen viel Buntschillerndes Gestein, Das glänzt mit schönem Farbeuspicl Mit wunderbarem Schein. Laß ruh'n, laß ruh'n im Wogentanz Und hol' es nicht heraus. Es lischt dir sonst der Farbenglanz Am Licht des Tages aus. Was jetzt erfreuet Herz und Blick >— Bcrühr's nicht mit der Hand; Es hat gar ost dein liebstes Glück Ein Schmctterlingsgcwand. 6 —r> 82 m. Park zu Weimar ist's still und kühl Uud schattig stehen die Bäume; In ihren Wipfeln das Blättcrspiel Haucht alte Lieder und Träume. Die Sage webt ihr grünes Kleid Um all' die heiligen Orte; Sie flüstert von Sängerglück und Leid Viel unvergängliche Worte. Die Nymphen im Fluß, im Felsgestein, Sie singen von schönen Tagen; Sie lächeln und locken, und laden mich ein Und wollen mir Liebliches sagen. Die Blumen am Wege, sie nicken mir zu Als wollten sie grüßen und bitten: O stör' nicht, o stör' nicht die heilige Ruh' Mit deinen lauthallenden Schritten. 8» Im Park zu Weimar isl's still und kühl — Die Sänger sind schlafen gegangen. Sie haben ihr gold'nes Saitenspiel Im Baumgrün aufgehangen. 6* -r- 84 4- IV. Im Sonnenschein. ^us des Haines grüner Nacht Tret' ich in den Sonnenschein. Und da ist mein Herz erwacht Von viel stillen Träumeret'n. Wie die Saite weiter bebt. Die des Meisters Hand berührt, So in meiner Seele webt Ahnen, das zu Thaten sührt. Nun will ich in's Leben geh'n, Reich an Muth, wenn schwach an Kraft; In der Sonnenhelle steh'n Als ein Mann, der denkt und schafft. Aus fremde« Sprachen. (Ms Intermezzo.) -^87 Sie wandelt in Schönheit. (Nach Bvron.) §ic wandelt in Schönheit, gleich der Nacht Des fternereichen Tropenlandes. Und tiefstes Dunkel, hellste Pracht, Ihr Äug', ihr Angesicht verband cs; So wird zur milden Dämm'rung sacht Der Glanz des Hellen Sonnenbrandes. Ein Lichtstrahl fort, ein Schatten mehr — Halb wär' der süstc Reiz zu Nichte, Der spielt im schwarzen Lockenheer Und schimmert aus dem Angesichte, Wo stilles Denken sagt, wie hehr Die Seele ruh' im reinsten Lichte. Wie sanft, wie ruhig, doch beredt Auf Wang' und Stirn, auf ihrem Munde, Das Lächeln, das Erröthen steht, Der Herzensgute schönste Kunde. Ein Geist, der tief in Frieden geht, Ein Herz, deß Lieb' noch rein zur Stunde. 88 O nein, so lieb wie -u mir ^etzt. (Nach Th. Moore.) O nein, so lieb wie du mir jetzt. Warst du im Liebeslenz mir kaum; Dein Reiz, der mich in Gluth gesetzt, Er macht nun deiner Tugend Raum. Die Leidenschaft, die mich trieb her, Ist jetzt ein tiefer Grund für mich. Und liebte ich dich damals mehr — Glaub' mir, jetzt lieb' ich besser dich! Obschon mein Herz zur Jugendzeit Mocht' brennen in viel wild'rer Lust, Glaub' mir, die Leidenschaftlichkeit Ist Treue jetzt in meiner Brust. Die Flamme wärmt mein Jnnres sehr. Mehr, als im Blick sie zeigte sich; Und schien zu lieben ich dich mehr, Jetzt — o, jetzt lieb' ich besser dich! 8» Hm Killarneylee. (Irisch.) H.n dem Killarneysee hab' zuerst ich erblickt Den, der mich mit Sackpfeif und Lied hat entzückt. Ach, sein Haar ist so roch, sein Augenpaar lacht So hell wie die Sterne in frostiger Nacht! So schlank und so stramm ist mein Paddy zu seh'n, Vergleichbar im Grünen den tanzenden Fee'n. Grüne Weiden die Mädchenschaar Killarncy's schwang, Als Patrik zum erstenmal Liebe mir sang. Ach, er sang und er tanzt', und gewann Herz und Sinn, Sein Leben zu schützen, gab' meines ich hin. so 4- Pas, ge^ern, war ein Vang voll Noth. (Noch Burns.) Aas, gestern, war ein Gang voll Noth, Ein Gang, ans den ich klagend schau: Zwei Augen gaben mir den Tod, Zwei Augen die so lieblich blau. Die Löckchen waren's nicht, o nein! Die Lippen nicht, voll Rosenthau, Ihr Busen nickt, so lilienrein — Die Augen waren's, lieblich blau. Durch Plaudern, Lächeln hat mein Herz Gefangen sie — ich weiß nicht wie! Und ach, der Todeswunde Schmerz Kam von den Augen lieblich blau. Allein sie schaut nicht meiner Noth, Sie hört aus meine Schwüre nie. Verschmäht sie mich — an meinem Tod Sind schuld die Augen lieblich blau. 9t -r- Des Mädchens Kummer. (Englisch-amerikanisch nach W. C. Bryant.) Sieben lange Jahre hat der Regen Naß die Scholle, die dich deckt, gemacht. Sieben Jahre, reich an Qnal und Kummer Hab' ich an dein fernes Grab gedacht. Hab' gedacht, wie du im fernen Westen Bist gestorben ohne Liebesglück; Die die Erde auf die Brust dir warfen. Ohne Thräne kehrten sic zurück. Dort, so denk' ich, blühn im holden Maie Veilchen auf der einsam stillen Gruft. Rothe Phlomis, blaue Schlangenblumen Wiegen sich in sanfter Sommerluft. Turteltauben lassen sich dort nieder, Seine Jungen füttert dort das Reh; Wenn im Winter kahl und kalt die Wälder, Wandeln Wölfe über'n harten Schnee. 92 4— Bald wirst du die heißen Thränen trocknen. All mein Tagewerk ist nun vollbracht. Und mein Vater, alt und grau geworden Schlummert unter'm Stein, in Grabesnacht. In den Träumen meiner Nächte scheinet Immerdar dein Bildniß mir zu nah'n. Und die Nacht lang red' ich mit dem Todten, Und den Tag lang denke ich daran. Diese tiefe Wunde, blutend, schmerzend, Diese lange, schlummerlose Pein — Wenn Gott Vater meine Seele nähme, Würd' ich endlich still und ruhig sein. —93 Pie Magnolie. (Englisch - amerikanisch.) UÜir staunen, wenn uns durch's Gefilde, Durch Wüste, Sumpf und Dorngebüsch Der Weg führt, daß der Ort, der wilde. Dich Blüthe trägt, so rein und frisch; Und Wohlgerüche uns begegnen, Daß wir die Wüste möchten segnen. So läßt auf unsrem Lebenswege, Auf rauhem Pfad, voll dorn'gcr Müh'n, Daß sie des Wandrers Muth errege. Die Liebe ihre Blüthe blüh'n. Wer ihren Duft kann athmcn, dessen Leid, Sorgen, Mühen, sind vergessen. 94 4— Wüßt' ich's nur. (Mazcndranisch, vom kaspischen Mcerc.) Reizend' Mädchen, dessen Augen Schwarz und dennoch tageslicht. Meine eine kleine Bitte, Willst du sie crfüllcu nicht? Daß ich still an deinen Busen Legen darf das Haupt, so müd', Rasten, schlummern, selig schließen Meiner Seele Augenlid?- Müßt' ich nur, ob ihr nicht etwa Schlimm betrügt mich armes Kind; Ob nicht eurer Küsse Rosen Bald verkehrt in Dornen sind; Ob nicht falsch die schönen Reden, Ob ihr Alles werdet halten — Ach, so wollt' ich gerne hüllen Euch in meines Schleiers Falten. 93 V e r r a t l) e N. (Neugriechisch.) ^ls wir uns küßten, Mädchen, Da war es Nacht auf der Flur. Da hat uns Niemand gesehen Als Mond und Sternlein nur. Der Mond war stumm und verschwiegen. Der verrieth uns nimmermehr. Ein Stern ist herunter gefallen. Der hat es erzählet dem Meer. Das hat es dem Ruder berichtet. Das Ruder dem Fischer im Boot; Der sang's vor der Liebsten Thiire Zur Früh, beim Morgenroth. 96 Siel/ mir immer in -as Ange. (Bulgarisch.) ^tebcreizcnd, junges Mädchen! Nein, du darfst nicht von mir scheiden. Nicht vermehren meinen Kummer, Hab' genug an meinen Leiden. Sieh' mir, liebereizend Mädchen, Sieh' mir immer in das Auge, Wie ich meine heißen Blicke Immer in das deine tauche. Auf ein Türkisblatt, ein weißes, Will ich deine Wangen malen. Will sie meiner Mutter senden, Daß sie ihr entgegenstrahlen. Daß sie seh', wie du vergleichbar Einer Blumcnknospc bist, Die zur Zeit des Maienfrühlings Licbeslüftchen wach geküßt. 97 >- Vogelgespräch. (Walachisch.) Es sprach der Sohn zum Vater: „Warum bist du so traurig? Dein Käfig ist vom Golde, Im Walde ist's so schaurig!" Der Vater sprach zum Sohne: „Du bist in Gold 'geboren, Du kennest nicht die Freiheit Und hast sie nie verloren!" 7 4- 98 Er sei verflucht. (Gcgisch.) AI io Liebster, was die Welt auch spricht. Hör' nicht darauf und acht' es nicht. Die Welt, zu unserm Herzeleid, Sie trennte nur zu gern uns beid'. Zu ew'gem Weinen sei verflucht. Wer jemals uns zu trennen sucht. Der Regeu strömt nicht immerdar, Doch Jener wein' das ganze Jahr. Si» Ich selbst bin schön. (ToSlisch.) Er: Kleine, die dein Mann verschmäht. Komm noch aus die Mauer spät; Laß dich, oder die Schwäg'rin schauen, Daß ich Augen seh' und Brauen, Sag', warum so schwarz sie sind? Hast du sie gesärbt mein Kind? Sie: Nein, nein, bei Gott nicht, nein! Denn ich selbst bin schön und fein. 7* ioo Der Schnitter. (Ungarisch.) Geh' aufs Feld nicht, meine Rose; Bist zu schwach noch, meine Rose, Würd'st dich in die Sichel schneiden. Wer wollt' mir dann Brot bereiten? Vor dem Jahr, vor dem Jahr; Dieses Jahr, dieses Jahr- Frei' ich dich fürwahr. Rothe Rose, weißes Haus — Sag', was machst du, liebes Kind? Liebster, ei, ich schmücke mich, Liebster, und erwarte dich! -> IVI Die Kleine. (Ungarisch.) Nicht zu Fuß bin ich gekommen, Hab' mir ein Gefährt genommen: Liebchens Brauen, schön gebogen, Haben mich hierher gezogen. Hei, mein Hut ist fein und rund Und die Bänder d'rauf sind bunt! Hei, wie klein mein Liebchen ist Und wie leicht mein Mund sie küßt! Zmkites Ruch. 105 --- Äm Comersee. Aler Comersee liegt still und glatt, Die Wellen ruhen trag und matt. Der Mond mit seinem Silberschein Blickt aus der Bläue hoch hinein. Die Villa an dem Comersee Lauscht zwischen Frühlingsblüthenschnee; Die Fenster sind der kühlen Lust Geöffnet und dem Blumenduft. Und in dem Zimmer schmuck und traut. Da liegt die junge, schöne Braut In einem Bett von weichem Flaum Und träumt gar einen selt'nen Traum. -t- 106 An ihrem Bette sitzt die Fee Da unten aus dem Comersee; Sie ist so lieblich und so fein, Als wäre sie der Mondenschein, Wie Nebel wallet ihr Gewand, Wie Silber glänzet ihre Hand, Wie Sterne sind die Augen licht. Wie Lilien ist ihr Angesicht. Und flüsternd spricht ihr bleicher Mund Und macht viel Wundermährchen kund; Es sagt und zeigt gar mancherlei Die schöne, bleiche Wasscrfci. „Dein Liebster", sagt sie auch und lacht, „Er ist dir untreu diese Nacht; Ein Mägdlein hold mit blondem Haar Hält ihn gefangen ganz und gar. Er ist bei ihr zu dieser Stund', Er küßt sie aus den rothen Mund, In ihren Armen treibt er viel Kurzweil und süßes Minncspiel." Da fährt empor die schöne Braut; Vom Schmerze starr ihr Auge schaut Und während wirr der Sinn ihr schweift. Die Hand rasch nach dem Dolche greift. 107 4- Doch mählig wird's ihr hell und klar. Daß Alles nur gerräumet war. Da nimmt sie freudig das Gewand Und neigt sich von des Altans Rand — Der Comersee liegt still und glatt, Die Wellen ruhen trag und matt, Der Mond mit seinem Silberschein, Blickt aus der Bläue doch hinein. 108 Das Mädchen. In deinem schönen Angesicht Wohnt Jugendlust und Freudeglänzen. Aus deinen Augen sprüht ein Licht Als wie von tausend Liebeslenzen. Du trägst im Herzen noch kein Leid, Dich kann die Welt noch sroh entzücken, Du kannst mit Lilien dein Kleid, Dein Haar mit rochen Rosen schmücken. Kannst tanzen noch, du junges Blut, Aus tieser, voller Seele lachen — Sei vor der Liebe aus der Hut, Sie wird dich stumm und traurig machen! 109 Komm mit. Aomm mit, komm mit, die Nacht ist still. Die Sterne leuchten und flimmern. Die Lilie verdüsten will In Hellem Glühen und Schimmern. Bevor vergeht der Lilien Hauch, Laß Liebe dich umfangen. Wie bald entblättert steht der Strauch, Wie bald stirbt das Verlangen. Komm mit, komm mit, die Nacht ist still, Es schimmern Lilien und Sterne; Und was ich dir berichten will Vernimmt dein Herz wohl gerne. II« Dre blauen /riihlingsglocken. ^)ie blauen Frühlingsglocken Steh'n auf dem Wiesenplan. Da kommt der Wind geflogen Und rühret sacht daran. Die Glocken schwingen und tönen Hinunter, hinauf das Thal. Mir aber schwillt ein Sehnen Im Herzensgrund zumal. Ein Glöcklcin hör' ich klingen, Das läutet und hat nicht Ruh': Ich träume von seligen Dingen Und möchte weinen dazu. -> III In deinen schönen Augen. In deinen schönen Augen zittern Viel süße Liebesträumerei'n. Mir aber will das Herz zersplittern Vor tiefer, nie gestillter Pein. Du nahmst mit Lächeln auf mein Kosen. Wie schärfte das den heißen Sporn! Doch statt der Liebe süßen Rosen Gabst du mir nur der Rosen Dorn. Wie bist du kalt, wie bist du herbe; O, das verdient' ich nie uni dich. Weiß Gott, du machst, daß, eh' ich sterbe 3» Haß verkehrt die Liebe sich! 112 4- Laß mich wandern. ^aß mich wandern, laß mich zieh'n, Suche nicht mich festzubannen! Was mich liebet, muß ich flieh'n, Immer treibt es mich von dannen. Gleiche ganz dem Morgenwind, Der so gerne möchte weilen Bei dem schönen Blumenkind, Und doch stets muß weiter eilen. Und was soll ich auch bei dir? Hast so lieblich dich entfaltet. Trägst der Jugend Frühlingszier, Und mein Herz ist schon veraltet. Laß mich wandern, laß mich zieh'n! Nur ein Weilchen laß uns kosen; Laß mich einmal vor dir knie'n — Dann vergiß den Ruhelosen. 113 -i- Abschied. Run färben sich die Wälder golden Und bleicher wird der Wiesen Grün; Am Wege blüh'» die letzten Dolden, Dann ist's vorbei mit allem Blüh'n. Ich wandle hin die alten Gänge, Wie ich so ost gethan bisher, Und lausche auf verlor'ne Klänge Und hör' sie nimmer — nimmermehr! Was soll ich noch in diesen Gründen? Verloren ist mein schönstes Glück. Der Lenz wird neue Lust verkünden, Die meine bringt er nie zurück. Auf fremden Au'n, in fernen Räumen Begrüß' ich seine Wiederkehr, Werd' dort von meiner Holden träumen Und seh' sie nimmer — nimmermehr! 8 114 -4- Bald fällt das Laub, das welke, falbe, Herunter von des Baumes Ast. Zum Fluge rüstet sich die Schwalbe; Sie war gleich mir im Thal ein Gast. Ihr Berge dort, ihr duftig blauen, Ihr winkt mir so verlockend her! Leb' wohl, mein Lieb', lebt wohl, ihr Auen, Ich seh' euch nimmer — nimmermehr! 115 -!- Halbgenossen. Da sitz' ich wieder in dem Hain, Betrogst du mich, o Frühlingsglaube? Ich hör' nicht mehr die Vögelein, Es rauscht der Wind im rothen Laube. Durch die verlassnen Zweige blinkt Der Abendsonne Pnrpurscheinen; Und wie den Schetdcgruß sie winkt, Da sieht es aus, als wollt' sie weinen. Auch in mein Auge drängt sich was, Das heiß, wie eine Thränc glühet; Gilt sie dem hingestorb'nen Gras? Der Rose, die zu früh' verblühet? O nein! Bin darum nicht betrübt; Nur darum ist die Thran' geflossen: Weil ich geträumt hab' und geliebt Und doch den Lenz nur halbgenossen. 8* 116 4- Wär' ich ein Schmetterling. Wär' ich ein Schmetterling gewesen. Du wär'st geworden meine Frau. Da wohnten wir in Blumenpalästen Und äßen Honig und tränken Thau. Wir führten ein behaglich Leben Und hätten Sorgen nicht und Plack; Wir kümmerten uns nicht umeinander. Wie Leute thun von gutem Geschmack. Du hätt'ft es mit den Junkern gehalten. Mit Löwenmaul und Rittersporn; Ich wäre zu den Rosen gegangen, Hätt' mich verblutet an ihrem Dorn. So aber paßten wir nicht zusammen — Du stolzes Kind mit siatt'rigem Sinn, Und ich, der ich ein armer Schlucker Von einem Verscmacher bin. 117 Ein Traum. xLs träumte mir des Nachts einmal: Ich war des Mondes Silberstrahl, Stieg leise in das Kämmerlein, Wo du im Schlummer lagst, hinein. Hin aus das Bett gegossen mild Warst du, ein blühend Engelsbild, Ein Lächeln hing wie Liebestraum An deiner Lippen Purpursaum. Ich nahte deines Bettes Rand Und faßte deine liebe Hand Und hab' sie an die Lippen fest Viel Hunderttausendmal gepreßt. Ich schien mit meinem Hellen Licht Dir in das schöne Angesicht Und habe deine Stirn zuletzt Mit meinen Thränen feuchtgenetzt. -r- 118 Wiederkehr. Und wieder bin ich zur Maienzeit Die alten Gänge gegangen. Wo einst mit Wonne und Seligkeit Tie Liebe mich hielt gefangen. Es war noch Alles wie's damals war. Die Linden standen und rauschten Vor'm Fensterlein, wo vor einem Jahr Wir Küsse und Schwüre tauschten. Im Gärtchen blühte der Rosenstrauch; Und an der niedern Planke Schwang sich empor wie vordem auch Die duftige Geisblattrankc. Es war noch Alles so lieb und traut, Die Häuser alle, die Gassen — Nur als ich in's eig'ne Herz geschaut. Da war cs gar öd' und verlassen. -r-119 4- S'tavoren. L^ir klingt's oft in der Seele, Wie alter Mährchenklang: Stavoren, ach, Stavoren, Das war dein Untergang! Stavoren, ach Stavoren! Du warst die reichste Stadt Und liegst nun tief im Meere, Das dich verschlungen hat. — Der Schiffer knie't im Saale; Die Jungfrau ruft voll Zorn: Statt Gold und Edelsteine Bringst du gemeines Korn? Das Schönste sollst du bringen; Ist dicß das schönste Gut? Ihr Knechte, geht und werft es Schnell in die Mecrcsfluth! -4- I2Ü Die Knechte, sie gehorchen; Und als der Frühling naht, Da treibet aus dem Meere Die grüne Roggensaat. Es schwanken Halm' und Aehren Wie Binsen in dem Meer; Allein, wie bei den Binsen Sind auch die Aehren leer. Die Jungsrau starb in Armuth; Ein böses Zeichen das! Stavoren, ach Stavoren, Von deinem Hochmuth laß! Umsonst! — Da ward verschlungen Vom Meer das Küstenland. Wo sonst die Stadt Stavoren, Da wächst nur — Frauensand! -> 121 Ueberwun-en. ^ch bin nicht alt, nicht grau von Haaren, Noch jung und rüstig schlägt mein Herz. Und doch hab' ich schon viel erfahren Und hab' ertragen manchen Schmerz. Ich wuchs heran in Kampf und Hadern Und ward gequält bei jedem Schritt. Das leichte Blut nur in den Adern Ließ mich vergessen was ich litt. Blieb hie und da vertrauend stehen, Und hoffte lang und harrte bang; Sah immer wieder untergehen, Was ich im Augenblick errang. Ich hielt das Glück in meinen Armen Und wähnte ferne Sturm und Riff — Das Schicksal hatte kein Erbarmen Und nah' dem Hafen barst das Schiff. -4- 122 Da floß ost über meine Wangen Der Thränen ungestüme Fluth, Bis alle Jugendlust vergangen Und kalt und finster ward mein Muth. So hab' ich denn gelernt das Eine: Wie es auch wurmt, wie es auch breunt, Daß ich nun eben nicht mehr weine. Wenn sich was Liebes von mir trennt. Der todtc Daum. schattiggrünen Waldessaum, Da lag ein todter Lindenbaum; Er lag so still dahin gestreckt, Kein Frühlingsruf ihn wieder weckt. Die Säge hatte ihn gefällt, Die Holzaxt seinen Stamm zerspällt; Und was in seinem Innern war. Das lag den Blicken offenbar. Der Stamm war schlank, die Rinde glatt — Doch schau die Narbe, die >er hat, Die Narbe in dem Holze fein! Wie kam die Narbe da hinein? Hier trug er einen schönen Ast; So schön, so grün, wie keiner fast. Er hat mit Stolz darauf geblickt — Da hat ein Sturm ihn abgeknickt. -4- 124 4- Nun schloß cr rings mit Rinde fein Den Rest von jenem Aste ein Und trug ihn dort so still, so bang Sein ganzes, ganzes Leben lang. — So schließt manch Herz in seinem Schrein Berlor'ne Liebesträume ein; Und Niemand merket seine Noch Bis es gebrochen liegt und todt. -r- 123 S'smmernacht. §ie Lust so heiß, so wetterschwül, Die Nacht so weich, so lüstern. Das ist die Zeit zu Lieb' und Spiel, Zum Kosen und zum Flüstern. Es pocht das Herz, es rast das Blut Und will es nimmer lassen. O welche Lust! O welche Gluth! Im seligen Umfassen. Und oben Blitze, jäh und wild Im Zickzack - Flammenschnssc. Das ist fürwahr das beste Bild Vom heißen Licbeskusse. Ein lindes Widerstreben und Ein Flehen und ein Neigen — Dann brennet flammend Mund an Mund Und alle Worte schweigen! 126 -4— Ein Trinklied. ^Ver sagt, daß das Trinken ein Laster sei? Der Durst ist ein Laster, das sag' ich frei! Wer dürstet, der füblt, daß er lasterhaft ist; Wer trinket bleibt immer ein frommer Christ. Wer sagt, daß das Trinken znr Hölle führt? Der Durst ist die Hölle, das hab' ich erspürt! Der brennet und peinigt, wie höllische Gluth >— Der Fromme löscht schnell mit des Weines Flnth. Nun bringt mir zu trinken viel kühlenden Wein, Mich lüstet, befreit von dem Laster zu sein. Ach, köstliche Labe! Bringt mehr nur heran. Damit ich die Hölle noch löschen kann. -4- 127 Arm und reich. -Ich wäre arm! Wem käme das zu Sinne? Ich rufe alle Welt her zum Gericht: Mich lohnt mit blankem Gold die süße Minne, Nur Geld — so leid'ges Geld, das hab' ich nicht! Ich habe Gold — das Gold der Sonnenstrahlen, Der Blüthen Gold, das durch die Zweige bricht; Wer kann, wie ich, mit seinem Reichthum prahlen? Nur Geld — so leid'ges Geld, das hab' ich nicht! Das Gold der Lieder hab' ich tausendfältig, Der Freude Gold umstrahlet mein Gesicht. Mein Reichthum — Gott! Wie ist er so gewaltig! Nur Geld — so leid'ges Geld, das hab' ich nicht! -4- 128 Dalder's Tod. Dalder, Balder ist getödtct, Balder, der so schön und gut; Und den Boden hat geröthct Ach, sein theures, warmes Blut! Seine Brust, sie ist durchschossen; Seine göttliche Gestalt Sank zu Boden, auggeschlossen, Sein Gesicht ist bleich und kalt. Weinet! Weinet! Alles weine. Was da auf der Welt besteht! Weint ihr Menschen, Bäume, Steine, Weint ihr Blumen, weint und siehst! Denn nun nahet das Verderben Jeder Freude, jedem Glück; Jeder Blüthenkeim muß sterben, Kehret Balder nicht zurück. 129 Hel will ihn uns wieder senden Ihn, der Götter Stolz und Zier, Wenn ihm Alle Thränen spenden. Weinet Fels und Baum und Mer! Also klang der Götter Klagen Und die Boten zogen fort In die weite Welt zu tragen Schnell das hohe Götterwort. Ach, da blieb kein Auge trocken! Feld und Wiese, Baum und Gras Und die dust'gen Blumenglocken Weinten ohne Unterlaß. Ja, sogar die kalten Steine Preßten Helle Thränen aus. Alles klagte — und nur Eine Hockte stumm in ihrem Haus. Als die Boten da erschienen, Lachte sie zu allem Leid, Und in den verschrumpsten Mienen Höhnte nur der blasse Neid. «Hel behalt', was ihr gehöret!" Nies sie aus mit rauhem Ton. Tief erschrocken und verstöret Zog die Botenschaar davon. Trug es zu der Götter Ohren, Und den Göttern sank der Muth — Balder, Balder war verloren, Balder, der so schön und gut. 9 —r- 130 4-- Des Königs Liebchen. Dell flimmern die Kerzen im Königssaal. Da sitzt der König beim Hochzeitmahl. Es sitzt in prunkender Herrlichkeit Die junge Königin ihm zur Seit'. Ihr ist das Herz an Wonnen reich; Der König aber ist stumm und bleich. Er winkt der Diener einen hervor Und sagt ihm leise ein Wort in's Ohr. Der eilt nun aus dem Palast hinaus, Tritt in ein klein unscheinbar Haus. Da lieget ein liebliches Mägdelein So kalt und bleich im Todtenschrein. Im Sarge liegt so bleich und kalt Da wunderbar schöne Mädchengestalt. — Der - aner thut, wie der König gebot, Er schmücket die Leiche mit Rosen roth; 131 -r- Er schmücket das kleine Kämmerlein Als sollt es znm Hochzeitseste sein. Und als im Schlosse verrauscht das Fest, Der König sein jung Gemal verläßt. Er wandelt hinaus in die stille Nacht Und tritt in des Mägdleins Kammer sacht. Er küßt den schönen, den blassen Mund: „Dich hab' ich geküßt zu jeder Stund', Warst Königin im Herzen mein Und sollst im Tod auch Königin sein!" Er legt die Locken nun bequem Und drückt darauf das Diadem. Und als er zitternd das gethan Schaut er sie lange traurig an, Schaut ihr in's holde Angesicht, Jndeß ein Gebet die Lippe spricht; Lenkt dann zum Schloß zurück den Gang — Ward nimmer froh sein Leben laug. 9* 132 Du sollst -en Tag nicht vor-em Allen- toben. Au sollst den Tag nicht vor dem Abend loben. Nicht rühmen dich des Glücks, das dir bescheert. Wie bald kann noch ein Wetter dich umtoben. Wie bald ist, was du mühsam schufst, verheert. Bereite dich, zu allen guten Stunden, Daß du die kummcrschwere Last empfängst; Damit, schlagt dir das Schicksal wieder Wnnden, Du leicht zurück die bitt're Thräne drängst. Des Schicksals Fäden sind zu fein gewoben, Du siehst den Knoten nicht, der dich umschlingt. D'rum, sollst den Tag nicht vor dem Abend loben. Du weißt ja nicht, was dir der Abend bringt. -4- 133 4- Trost im Leiden. Dast du ein bitt'res Leid erfahren — Denk nicht, es sei mit dir nun aus; Es wächst gewiß in wenig Jahren Dir manch ein gold'ner Trost daraus. Der wird dir stets zur Seite gehen. Dich trösten, wenn du Trübes sumst. So mag es denn wohl auch geschehen, Daß du das Leid noch lieb gewinnst. -i- I!i4 O- Wo man -ich ganz und gar verkennt. man dich ganz und gar verkennt — Da rüste nur die Wanderschuhe, Weil uuter dir der Boden brennt; Du fändest ja doch nimmer Ruhe. Du gibst dich offen, wie du bist, In ernsten und in heitern Stunden. Ja, was an dir zu tadeln ist. Das haben sie gar bald gefunden. Das ist zu allen Zeiten mehr. Als alles Gute, das dir eigen, Und das verdient die Rüge sehr Und Unrecht wär's, es zu verschweigen. Wo man dergleichen Urtheil übt, Da hoffe nicht auf Glück und Segen; Denn, wer dich-wahr und innig liebt, Liebt deine Schwächen deinetwegen. 135 <- D'rum, wo man dich so sehr verkennt— Da rüste nur die Wanderschuhe, Weil unter dir der Boden brennt; Du sandest ja doch nimmer Ruhe. 136 Neue Liebe. Rings mit gold'nen Wolkensäumen War der Himmel glanzumhüllt. Also hat ein Liebesträumen Meine Seele einst erfüllt. Aber bald war es vergangen, Gleich dem Schimmer, der nun fort; Grau und düster, nachtnmfangen Schweben jetzt die Wolken dort. Sieh! Da leuchtet es von ferne! Silbern kommt der Mond herauf. Und die Wolken nehmen gerne Seine Hellen Strahlen auf. Stehen wieder ltchtumflossen Und es glänzet hell ihr Saum — So ist mir tn's Herz gegossen Auch ein neuer Liebestraum. -4- 137 4- Van -em hohen Felsenfchlosir. ^on dem hohen Felsenschlosse Sahen wir in's Thal hinein. Drüben auf dem grünen Walde " Hing der Sonne Abendschein. Fortgewandert war der Frühling — Ach, zu flüchtig ist sein Fuß! — Nur aus einer Purpurrose Lächelte sein letzter Gruß. Und ich brach die rothe Rose, Legte sie in deine Hand. Mich beschlich ein süßes Träumen: Frühling war's im weiten Land! 138 Wer Wind. M Wind, du lustiger Buhle! Du kennst nicht Ruhe noch Rast, Du spielst auf Wiesen und Wellen, Ein flüchtig verwegener Gast. Du küssest die Blumen im Grunde, Du küssest die Blüthen am Ast, Und fliegest dann weiter und weiter In gierig genießender Hast. Ich mag dich darum nicht beneiden; Nur deßhalb bist du mir verhaßt. Weil du geküßt meine Liebste Und die Locken verwirret ihr hast. Die Leute, sie lästern so gerne, Verdacht ist zu bald nur gefaßt — Sie legen am Ende mir selber Der Liebsten Verwirrung zur Last. IH!) Drennende Liebe. ^Elcnu ich dir sage, Liebliches Mädchen, Daß ich dich liebe. Höre mich an! Neige dein Köpfchen, Senke dein Auge, Schilt nicht mein Werben Thörichten Wahn. Denn meine Worte Fallen wie Funken, Glühende Funken Dir in das Herz. Willst du sie löschen Und mit den Händen Schnell sie ersticken, Macht es dir Schmerz. Weil dann zu Flammen Alle die Funken Werden und lodern: Brennende Liebe! 140 Verschließ dein Ohr der Liebe nicht. verschließ dein Ohr der Liebe nicht. So hang' dein Herz noch frisch und jung. Sie wird in späten Jahren noch Dich laben als Erinnerung. Die Lieb' ist eine Himmels kraft. Sie gibt dem Leben Geist und Schwung: Verschließ dein Ohr der Liebe nicht, So lang' das Herz noch frisch und jung. 141 S'o komm herein. §o komm herein du schönes Kind Mit deinen Rosenwangen; Laß dich von meinen Armen lind Umschließen und umfangen! Der Kuß von deinem rotheu Mund, Wie macht er mir das Herz gesund, Das noch vor wenig Zeiten Voll Traurigkeiten. Gewiß, du bist ein Frühlingswind! Seit ich dich cingcfangcn, Sind mir im Herzen gar geschwind Viel Lieder aufgegangen. Die blühen mir zu jeder Stund' Tief, tief in meines Herzens Grunv, Daß cs zu allcu Zeiten Voll Seligkeiten! 142 Willst du mir untreu werden. dillst du mir untreu werden, O bitte, sag's mir an, Daß mich dein Scheiden, Liebste, Nicht überraschen kann. Daß ich mit Muth mich rüste, Daß ich an jedem Tag Die süßen Liebesträume Mir aus dem Sinne schlag'. Daß ich nach einer Andern Bei Zeiten send' den Blick; In andern Liebesarmen Verlach' mein Mißgeschick. Willst du mir untreu werden? O bitte, sag's mir an, Daß mich dein Scheiden, Liebste, Nicht überraschen kann. -4- 143 Daß nicht im jähen Schmerze Dir meine Lippe flucht; Daß mein verlassen Herze Sein letztes Plätzchen sucht. 144 Neue. Ä^ir standen beisammen in nächtlicher Stund' Vom Herbststurm eisig umflogen. Da hab' ich von deinem rosigen Mund Die letzten Küsse gesogen. Wir hielten uns fest in unsäglichen Schmerz In peinliches Sinnen verloren, Da hat gezittert dein armes Herz Und ewige Treu' mir geschworen. Der Frühling kam mit dem sonnigen Licht, Er pochte an Fenster und Thüre. Wir sahen uns wieder — du kanntest mich nicht Du hattest vergessen die Schwüre. Es hat in der frostigen Wintcrnacht Kein Mensch dir das Herze gewärmet — O hätt' ich doch nimmer an's Scheiden gedacht, So hätt' ich mich nimmer gehärmet. 143 Ich senk^ mein Haupt. (Ich senk' mein Haupt in beide Hände. Das Haupt ist müd' und kummerschwer — Und ob ich tausend Freuden sande, Den Frieden find' ich nimmermehr! Ich suche wohl, doch werd' nicht inne, Was mir die Seele so zerwühlt; Was mit dem frohen, leichten Sinne All' meine Ruh' hinweggespült. Ich träum' und kann den Traum nicht fassen. Der auf mir lastet, schwer wie Blei — Oft will es mir das Herz erfassen Als ob's oerlor'ne Liebe sei. 10 146 Ueberwun-en. Ao hab' ich dich nun ganz verloren l Wir sind auf immer nun getrennt? Noch einmal will den Blick umfloren Der Schmerz, der in der Seele brennt. Noch einmal taucht aus schönen Zeiten Dein Bild herauf, dein schönes Bild; Dein Bild voll Liebesseligkciten, Dein Bild so klar, so himmlisch mild. Noch einmal tritt mir frisch entgegen So mancher süße Augenblick; Noch einmal kehrt ein innig Regen, Wie ein vergessner Traum zurück. Noch einmal bluten sie, die Wunden, Und schließen sich auf immer zu — Nun hab' ich Alles überwunden Nun bin ich glücklich — ganz wie dn! -i- 147 Meine Liebeslieder. ' An E. Nun, da die Leidenschaft verweht, Die mir so glühend saß im Herzen, Nun bin ich wieder ganz Poet Und sing' mit Lust von meinen Schmerzen. Ich singe laut von meinem Glück Von sel'gen, süß verträumten Zeiten, Von deinem Kuß, von deinem Blick, Von allen deinen Lieblichkeiten. Denn als ich. Liebste, dich besaß Und deine rothen Lippen küßte, Da war ich trunken und vergaß, Daß ich mein Glück besingen müßte. Doch nun, weil ich verlassen steh', Da hab' ich es gewahrt mit Schrecken Und suche mein unsäglich Weh' In süßen Liedern zu verstecken.. io* -4- 148 -!- An den Tod. Warum host du gcraubet Die Liebste mir, o Tod? Was nützt dir ihrer Wangen, Was ihrer Lippen Roth? Was nützet dir ihr lächelnd, Ihr leuchtend Angenlicht? Was nützet dir ihr schönes, Ihr blühend Angesicht? Du kannst cs doch nicht küssen, Du finst'rer Knochenmann! O grausam, zu zerstören. Was man nicht genießen kann! -4- 149 4- Herbst. blüht die Haide wieder roth Am Berg und auf der Halde. Die Nebel wallen durch das Thal Und milder wird der Sonne Strahl, Und stiller wird's im Walde. Bald wird des Baumes rothes Laub Mir um die Füße rauschen. Ich gehe still durch das Gebüsch Und möchte gerne träumerisch Verklung'nen Liedern lauschen. Wo bist du hin, o Jugendzeit Mit Lust und Liebessegen? Mir wird so traurig das Gemüth — Die Haide blüht, die Haide blüht Auf meinen Lebenswegen! 13» Herbsttage. Hierkühlet ist des Sommers Brand, Die Rose starb im Hage. Nun ziehen durch das weite Land Des Herbstes stille Tage. Gelagert ist ein blauer Dust Auf Bergen und in Thalen; Mild webet durch die laue Lust Die Sonne ihre Strahlen. Goldfarben schimmert das Gebüsch, Nachdenklich stch'n die Weiden; Es will der Wald sich, träumerisch. Zum Schlafengeh'n entkleiden. O, welch' ein Frieden! Welche Ruh'! Welch' stillverklärtes Schweigen! So, Herz mein Herz, entschlumm're du, Wenn sich dein Tag will neigen. ISl Herbsttrauer. I'er Sturm des Herbstes hat zerrissen Der Erde schönes Sommerkleid. Nun steht der Baun: und muß vermisse» Sein grünes Laub, sein Prachtgeschmeid'. Er blickt so trübe, ach, und trauert! Kein Vogelsang mehr aus ihm schallt. Er zittert leise, frostdurchschaucrt Uud beuget sich der Sturmgcmalt. Er will mich immerdar erinnern An manches ernste Menschenkind, Dem sturmzcrknickt im tiefsten Innern Des Lebens schönste Träume sind. „Mein Glück, mein Frühling ist gewesen; Nun drückt des Kummers schwer Gewicht!" Den Ausspruch hab' ich oft gelesen In manchem bleichen Angesicht. -> 132 4- Trübe Tage. (trauernd ob vergang'nen Blüthenträumen Steht in Nebel eingehüllt die Flur. Von den kahlen, blätterlosen Bäumen Gellt der heis're Schrei der Krähe nur. Ach, in diesen nebelkalten Tagen Wärmt das Herz kein milder Sonnenschein! Jeder streift empor den Mantelkragen Und schaut finster und verdrießlich d'rein. 153 'S' ist einerlei. A ist einerlei, wie dieses Leben endet. Wenn abgeblüht der wonnevolle Mai, Wenn Jugend, Glück und Liebeslust verschwendet, Ist jeder Zauber, jeder Reiz vorbei. Und einen Becher, den die Lust geleert, Wer mag ihn noch? — Er kann zu Scherben gehn! Und einen Garten, den der Sturm verheert. Wer mag ihn noch? — Er wird verlassen steh'n! Wohl kommt die Sonne auch mit ihrem Licht Und wärmt ocn Herbst, den ncbelfcuchtcn, kalten; Allein es ist umsonst — sie kann ihn nicht Zum Blüthcnlenze wieder umgcstalten! 154 Im Herrenhaus. Ulic liegt die Nacht so finster Wie hängt der Nebel so kalt Auf Heidekraut und Ginster Und über dem Föhrenwald. Es herrscht ein dumpfes Schweigen Da drüben im Herrenhaus. Die weiten Gemächer zeigen Nur Oede, Nacht und Graus. Doch plötzlich ist's als klänge Ein stöhnender Laut hervor. Als wär' ein Kampfgedränge Aus jenem Korridor. Da steh'n die Brüder beisammen, Und keuchen vor grimmer Wuth; Die Augen lodern wie Flammen, Es schäumt voll Eifer ihr Blut. —> 133 202 -s— Das sah bei ihr die Dienerin noch nimmer! Geschlossnen Auges thut sie dieß und das. Als wär' ihr Augenlid durchsichtig Glas. Jetzt steht sie selig lächelnd aus dem Stuhle. — Da war es, als der Mond hinein geblickt, Als er so zitterte, der alte Buhle. — Die Kammerfrau, die staunende, erschrickt. Die Fürstin hat die Hände vorgebogen Dem Mond entgegen, und es spricht ihr Mund : „Ich grüße dich vom Herzensgrund, Du Heißgeliebter mein! O komm herein! Wie bin ich dir gewogen! O komm herein, Und laß uns selig kosen! Ich hab' auf dich geharrt so bang Im Garten bei den Rosen; Dein Zaudern währet stets so lang. Run komm herein mein Lieber, Die Nacht ist bald vorüber! — Was dehnt sich dort, so blau, so weit? Das Meer, das stolze Meer In lichter Herrlichkeit. Die Gondel schwanket hin und her. Denkst du daran, wie du dein Gesicht In den Wogen spiegeltest, klar und kcht? Wir saßen in der Gondel, wir zwei, Es sang der Kondolier Und Gondeln zogen dort vorbei Und Gondeln zogen hier. — 2gz O du schöne, prächtige Sommernacht! Der Elfentanz schwebt auf der Halde. Wir gingen im grünen Walde Und flüsterten viel und küßten uns sacht; Und sah es der Mond, so hat er gelacht. Im Wald im einsamen Försterhaus, Da wohnt der alte Jäger Klaus. Wir dürfen heut' Abend nicht fehlen. Er will uns Geschichten erzählen. Er weiß der Mährchcn gar mancherlei Und dunkle Sagen sind auch dabei. Da sitzen wir zwei im seligen Traum, Wir hören die alten Geschichten kaum. Und draußen rauschet der Tannenbaum. Wir denken an die schönen Stunden Als unsre Herzen sich einst gefunden: Ich trete hinaus auf den Altan; Da steht der Fremde und schaut mich an. Wer bist Du? — Ich kenn' dich. Ich weiß es recht gut. Du liebst mich und hast nicht Zu sagen es, Muth. Und willst du mich küssen, So sei nur nicht bang', Denn du mußt wissen. Ich lieb' dich schon lang. — Da ist das Briefchen, da ist der Stein: Auf Morgen, im Garten! Du sollst nicht lange warten. Ich komme, mich dir in Liebe zn wcih'n.— -!> 204 Wo willst du hm? Was eilst du so? Es war die Nachtigall und nicht die Lerche. O bleibe noch mein süßer Romeo! Noch steh'n im Dunkel rings die Berge. Die Sterne funkeln am Himmelszelt. Wo willst du hin? In die weite, weite Welt? Bleib' da, bleib' da, Hör' meine Bitt', Bleib' da, bleib' da. Ich kann nicht mit! Was blickst du mich so grollend an? Was hab' ich dir gethan? O komm, in prächt'gen Schlössern sollst du wohnen, Und deine Küsse will ich fürstlich lohnen! Du meiner Seele Hort, Geh' nicht fort — nicht fort! Du sollst an meinem Herzen ruh'n! Ich will dir nichts als Liebes thun! So so, und so! Und so — und so! Gefällt dir das nicht? Bist gar nicht froh! So fahl dein Gesicht, Dein Kuß wie Stroh. —- Hei, hei, wie bin ich erschrocken! Die Augen dein Sind zwei Flämmelein Und Schlangen deine Locken!- Ach Liebster, wer wird so erbleichen? Allmächtiger Gott! LOS Du riechst nach Leichen! Das ist Teufelsspott! Liebster — Liebster — Er ist todt! Ach Mutter, hilf mir aus meiner Noch!«- Und bei den letzten Worten sinkt sie nieder. Die Dien'rin eilt hinzu, hebt sie empor Und legt sie zitternd auf das Lager wieder. Sie bebt, wie sturmbewegt ein schwaches Rohr. Es hat der Mond vom Fenster sich gewendet. Als hätt' ihn, was er dort geseh'n, geblendet. Und Perlen rieseln von dem Gras im Thal, Als hätt' geweint der bleiche Mondenstrahl. Und um dieselbe Zeit schloß sich das Thor Des Irrenhauses hinter einem Mann, Deß Geist gefesselt lag im tiefen Bann, Der sreiheitstoll, die Freiheit ganz verlor. Druck von ägnaz v. Klcinmayr L Fedor Bamberg. Bei ' ist zu haben: Hermansned. Gedicht von Ludwig Ißteik. » Jena 18S4, Verlag von Friedrich Mauke. 12. gtbundkn. I fl. 4 kr. LM.