206 Nun von Kies und Funken war auf virgmisckem Boden ! freilich nicht die Rede, aber vorwärts ging es doch, und das ^ schnell genug. ! Nachdem sie eine gute Weile über Feld und Wiese, durch ^ Sümpfe und Waldland geritten waren, der Offizier stets an ! der Seite des Negers, mit der Pistole'in der Hand, fragte ! der Erstere: „Weißt Du, wo die Armee der Föderalen steht?" ! „O, ich thu' wissen," war die Antwort. „Wie weit haben wir noch zu reiten?" „O, sechs Meilen, Sir!" ^ ! „Dann können wir in einer Stunde dort sein!" j „Das können sein, — aber nicht heut —" „Nicht heule? Warum?" „Pferde sind, müde, — waren den ganzen Tag in der l Schlacht!" ! „So — in der Schlacht — Du auch?" „Eicher — Master hat mich mitgenommen..." ^ „Charmant," sagte der Offizier, aber dann schwieg er, z sich seinen Gedanken überlassend, eigentlich war cr über sich ^ selbst recht ärgerlich — er hatte sich von der schönen Seces- sionislin dupiren lassen, und die Geschichte hätte einen schlimmen Ausgang nehmen können; als aber nach einem scharfen Ritte von etwas mehr als einer Stunde der Neger sein Pferd an- hielt und nach einer Gegend hinzeigtc, wo in der That, hüw 4m Walde verborgen, einige Feuer zu bemerken waren, fühlte cr sein Gemüth fehr erleichtert. „Und wie weißt Du, daß dort die Iödcralcn stehen?" fragte er. „O, wir wissen Alles," lachte der Neger mit vollem Munde. „Du gehst jedenfalls mit mir in unser Lager," sagte er, „möchte nicht gerne durch eine Spitzbüberei von Dir in eine Falle geführt worden sein." ' „Oh, ich gehe nicht zurück;, Master würde mich prügeln." Und so ritt der Adjutant auf seinem schaumbedeckten Beute- Pferde in dem Lager der Vorposten seiner Armee ein, ufid brachte mit sich einen „intelligenten Kontreband," der wichtig Aufschlüsse gab, und noch ein MchrcreZ dazu log. Der Drecheischrecken und die Vrechelbraut in S'teiermark. Von I. A. Huscha k. Sobald im Herbste dcr selbstgesäcte und gcerntetc Flachs geröstet und gebrcchelt ist, so veranstaltet, nach altem Arauch, der Hausvater ein Fest. Dazu werden die Dirnen dcr Nach- barschaft, die Frcundinen der Haustöchter geladen; die Bu55 schen bedürfen keiner Einladung und finden sich schon von selbst ein. Die Stube ist säuberlichst geordnet, und ein Tisch trägt die Lasten von Fleisch, Krapfen, und je nach der Gegend, Vier, Wein oder Branntwein. Unter den Flaschen befinden sich zwei durch Blumensträuße und Vuntheiten aller Art heraus- geputzte — die Preise, die heute zu erringen sind. DieVrechel- braut, die Königin des Festes, wird nämlich nicht so wohl- feilen Kaufes zuerkannt, sondern cs gilt, sie theils durch Ge- scbicklichlcit, tbcils durch Gegengaben zu erringen. Wäre em Bursche so glücklich , durch Kraft alle zwei Preise und Getränke flaschcn zu erwerben, so gäbe es natürlich nur eine Brecht braut, da aber mehrere Aufgaben sind und zwei Preisftafchcn, so gibt es auch zwei Hanfttstücke und zwei Hauptsiege, und der nächste Preis gilt also einer sogenannten Handels- odev Ranfbraut. Der Hausvater nimmt den obersten Platz am Tische cm und läßt die werbenden Bursche mit allem Ernst an sich heran kommen. Jeder derselben bittet nun. daß ihm die Braut zu- gesagt werde. Der Vater verlangt aber allerlei witzige Auf- gaben, wie sie bcim Pfänderspiele auch vorkommen, und namentlich lebendige Wesen als ordentlichen Kaufpreis odcrG^ gengaben. So z. B. möge ihm ein schönes Pferd vorgeführt werden, oder auch eine Kuh mit recht großen Hörnern, eui Zicgcnbock, oder derlei. Die Burschen gehen nun gehorsamst hinaus, und da ist cs ihre Aufgabe, vereint mit vicr FüM ein Pferd vorzustellen, oder einen Einzelnen als Zicgcnbock nut Hörnern einzutreiben. Wenn nnn also das sonderbare Thier, durch Bett- und Tischtücher gehörig verhüllt und möglichst natur getreu, in der Stube erscheint und die Befehle des Reiter« ausführt, oder seine Sprünge, seine Stimmnachahmungen zu- friedenstellend producirt, geht natürlich ein erschütterndes Ge lächter los und der Vater muß sein Wort halten und die groß? buntgeputzte erste Flasche zum Besten geben — was unter Juchhe vor sich geht! i Mitten in der Freude abcr erscheint ein ernster Mahner — ein wandernder Predikant, meist ein gereifter Handwerker des Torfes, welcher die Welt gesehen, betreffende Bildung und ! Späße erworben. Er erscheint in gehöriger Verstellung, dazu ! einen Buckel, auch hinkend und das Gcsickt bepflastert, oder ! mit einem langen Barte versehen, ein großes schweres Buch unter dem Arme. Entweder er bittet, da einkehren zu dürfen und um cin klein wenig Stärkung, verschlingt daher sofort dic größten Bissen und thut die stärksten Züge an3 Gläsern, Flaschen und Krugen, oder er donnert gleich gegcn dic sündige Luft' ! barkeit, muß sich aber jedenfalls nach den ersten Worten La- bung und Stärkung kolen. Nachdem ihm die Bursche z'^go ! rufen, er möge sich den Hals doch nicht ganz und gar zlcn: ^ Rcdcn verstopfen, oder cr möge doch nicht die Nacht über in ! Kruge dlcibcn, verfügt er sich an einen Tisch, vdcr stellt sich auf elne Bank, einen Stuhl, zwängt eine ungeheuere Brille auf seine Nase und beginnt. Natürlich liegen dem ländlichen Sinne die kirchlichen Formen am nächsten und er modelt feine Rednerischen Späße darnach, ohne im Geringsten die Absicht zu ^ haben, das erhabene Religiöse zu erniedrigen! „Geliebte Zuhörer!" beginnt der Moralredner. „Vevor wir über dies; etwas Weiteres vornehmen, wollen wir den scheckigen Schneidergeist um seinen Beistand anrufen!" Nach« dem er dies; mit allerlei komischen Grimassen gethan und mit einem „Ammeln!" geschlossen, beginnt er wieder, und zwar die Worte, die der Nede zu Grunde gelegt sind, vorzulesen. „Es gingen einmal drei schadhafte Schneider über einen sehr hohen Berg, da begegnete ihnen eine alte Gais mit zwei Gais- kitzeln (Jungen). Als die gebrcsthaften Schneider die alte GaiZ erblickten, da fielen sie auf ihr Angesicht nieder und sprachen: „O, Tu Mutter unseres Stammhauses, hilf uns, daß wir von unserer Elcndigkeit errettet werden." Da beschaute die alte Gais die drei Schneider sehr genau. Der Eine war lahm, der Andere war einäugig und der Tritte stocktaub. Die GaiZ aber sprach zu ibnen: „Seid getrost, meine Söhne, Euch soll geholfen werden!" Da lief; die GaiZ etwas fallen, stampfte mit den Klauen darein und bestrich mit dieser Salbe die drei seligen Schneider und alsobald wurden sie gesund. Zur wür- digsten Dankbarkeit küßten sie der alten Zunftmutter das An- gesicht und gingen dann getrost heim!" Eine zweite beliebte Grundlage zur Sittenrede ist fol- gende:^ „In der Zeit gingen drei Jungfrauen durch einen Wald spazieren und es begegneten ihnen drei Schützen; der Eine batte keine Büchse, der Andere kein Pulver und der Dritte kein Blei, und sie sahen Alle aus wie vacirende Schneider. Dann schritten sie weiter und sie sahen ein großes Schloß mit einem Thurm, das aber ohne Grund war, und da kamen drei Leute heraus. Der Eine war blind, der Andere war hinkend und der Tritte ohne Kleider. Der Blinde zeigte auf einen Hasen im weiten Feld, der Lahme lief ihm nach, erwischte ihn auch und der letzte hat ihn in seinen Nocksack geschoben!" „Das sind die Worte," fährt nun der Spaßmacher fort, „über die ich heute zn Euch reden will. Und ich will gleich anfangen über die Weibsbilder, vorerst über die ledigen. Sie schauen kaum heraus aus den Fatschen (Wickeln), so soll man ihnen schon von einem Buben vorquatschen, und es will ihnen kaum das Nockerl passen, suchen sie schon einen Liebhaber in allen Gassen! Mich wundern nur die Alten, sie sein schon voll Kröpf' und Falten und voller Runzel und Zahnlücken, und doch thut 's Herzel jnckcn und zucken! Es ist ihnen leiner zu jung und Keiner zu alt und Keiner zu warm und Keiner zu kalt! Ist einer trump oder kröpfet, tahlschädlig oder roth- fchopfct, hohlwangig oder ohne Zahn', schiech oder schön, so beißt's. Du kannst mit mir geh'n! Und kommt Einer von Schlampampen, so pflegen sie ihm den Wampen. Dann ist's gar schlimm gethan, und es heißt, was fang' ich an? Sie glauben an keinen Himmel und keine Höll' und kommen vor lauter Liebeln nit von der Ctcll'.- sie hören auf keine Wort' und keine Lehr', außer sie kommen von lustigen Buben daher! Sie haben alle Ehr' verlassen, auf Wegen und auf Straßen, sie schäckern im Stall, im Heu, und ist wo nur ein Plätzlein dabei! Vernehmt es mit Geduld und Aufmerksamkeit, meine ^ lieben Zuhörer, Drahtzieher und Kohlcnstörcr! Kommt ein ' Sonn- oder Feiertag heran, da ziehen sie sich recht sauber an, da krampeln und schmieren sie das Haar, der Spiegel ist der Hochaltar, und kommen sie in die Kirchen, o Graus im Beten richten sie nickt viel aus, die größte Andacht haben sie bei Pfeifen und Geigen, da möchten sie die ganze Zcit sich zeigen: Tanzen, Liebeln und die Anbcn verführen , das sind die Haupt- ^ lugenden, die sie g'spüren; Falschheit und Heuchelei, die treiben ' sie dabei, und sobald sie merken, daß Kirtag ist, da wissen sie schon allerhand List, mit Schönthun und mit Velüqen den ^ Burschen um's Andenken zu betrügen: die Laster und Sünden, ! die sie begehen, kann nicht einmal der Teufel alle sehen! Ja ^ alles Schlechte, das sich gar nicht läßt ergründen, kann man! 2tt5 allzusammen bei den Mädeln finden! Ein schlechtes Lied ist ihr Morgengebct und bis in die Nacht so fort es geht! — Jetzt will ich aber aufhör'n, Sie möchten verdrießlich wer'n und ich hätt's doch nicht gern! — Von den Buben will ich - dahero sagen, die haben gar oft eine schwere Leiter zu tragen, > nachher haben sie noch keine Rub' — es kommt oft der Bauer ^ dazu! Der schlagt den Buckel voll dem Schwiegersohn und das j ist für Alles sein ganzer Lohn! — Es ist ein neues Patent ! herausgekommen, daß sich kein Bub' untersteht, und in die ! Menscherkammcr schauen geht! Und wenn er schon glaubt, er l muß kommen, so sei es stets mit großer Vorsicbt unternommen! ! EZ wollen sich auch zwei verchlichen. Der Bräutigam heißt ^ Johann Einsirn, hat a Nasen wie a Faustbirn, zwäFüß' wie ! a Nnßheher, hah' mein Lebtag kein solchen Menschen g'sehcr! Die Braut ist die tugendsame Genovefer, hat eine Gestalt wie ! ein Kuchelkäfer, er ist von Loiben und ste von der Mur, er ! ist ein Lump und sie — da hab' ich schon g'nur! (genug.') ! Vorn ist das Hausstübl und hinten der Kuhstall, solche Leut' werden verkünd't zum ersten und letzten Mal!" Nach dieser Nede, welche zeigt, daß die sogenannten „Capu- cinaden" tief in's Volk gedrungen oder aus demselben hcraus- ! wuchsen, bis auf die heutigen Tage (leider fehlt das Unsäuber- ! liche auch nicht und haben wir es vermieden) werden von dem i Possenreißer die Gemeinden des ganzen Bezirkes mit ihren Spott- ! uamen litanciartig aufgeführt. EZ heißt z. V. die kropfigen ...er: die blaunaseten ... er; die plutzerschädligcn . . . er;' die zugehackten . . . er,' und nach jeder Benennung antwortet ^ die Gesellschaft: „Nir für uns!" Hierauf kommen die einzelnen ! Bauern der eigenen Gemeinde an die Ncih?, und diese Auf- ! führungcn haben das einzige Gute, daß deren bittere und ! schonungslose Wahrheiten gefürchtet oder zu vermeiden gesucht ^ werden. So heißt es: „Beim. . ., wo die Knecht so mal- ! traitirt werden! Beim . . ., wo sie die Kleien unter's Brod ! mischen! Beim . . ., wo das Vestgeben nicht zum Fressen ist! ! — „Nir für uns!" tönt es immer entgegen, jedoch antwortet ! das Volksgericht etwa auf: Beim . . ., wo die Bäuerin so ! gute Specktnödel macht! — „Necht für uns!" — Bei der ^ schönen . . ., wo's so gut zu hausen ist! „Necht für uns!" u. s. w. Hat d^r Spaßmacher nun seine Rolle erschöpft, so kommt ^ der zweite Theil des Abendfestes, das Erringen des zweiten ^ Preises, der sogenannten „Raufbraut." ! Der Hausvater hat zu diese»! Zwecke den Wipfel eines ! jungen Fichtenstammcs vorräthig und verborgen. Die Bursche ! bilden einen Kreis — und unversehens, plötzlich, wirft der ! Hausvater den Fichtenwipfel in ihre Mitte. Sie stürzen sofort ! Alle auf diesen los, und die Aufgabe der Tapfersten und Ge- schicktesten ist es, ihn zu erringen und zu behalten. Keiner weicht vorerst, schon ist die Rinde des Väumchens, durch das Entreißen von Hand zu Hand, losgcschält, manch? kleine Wunde wird im Kampfe geholt, die Schaar der Unermüdlichen wird dock immer kleiner, und je kleiner sie wird, desto interessanter gestaltet sich der Einzelkampf, der oft lange, sehr lange währt, bis endlich Einer entschieden die Raufbraut gewonnen, oder der Hausvater einen Stillstand gebietet und dem augenblicklichen Bescher den Preis zuerkennt, die blumengeschmückte, inhalts- reiche Flasche, die abermals unter Jauchzen geleert wird. Mag auch die Schale rauh sein — bintcr derselben ver- birgt sich doch ein ländlich-sittlicher Kern, und das ist zuletzt die Hauptsache, das unsichtbare Herz spricht weit besser, wenn auch 'stiller als die laute Zunge und die sichtbare Geberde, und darum die Erquickung nach des Tages Mühen und Lasten! (Ocstcrr. Volkskalendcr.)