Seite 2. Gottscheer Zeitung — Nr. 28. Jahrgang XI. zeitig die Erklärung ab, daß wir zu allen Punkten der heutigen Tagesordnung, mit Ausnahme der Wahlangelegenheiten weder für, noch gegen Stel¬ lung nehmen werden, um auf diese Weise unserem Standpunkte Rechnung zu tragen. Wenn der Herr Obergespan in einer vor eini¬ gen Tagen stattgefundenen Besprechung mit den Vertretern der Gottscheer Deutschen diesen den Rat gegeben hat, auf die Mandatsniederlegung zu verzichten, um nicht des passiven Wahlrechtes für drei Jahre verlustig zu werden, wenn hiebei der Herr Obergespan in ganz unparteiischer Form feststellte, daß ihm diese Beleidigung hinreichend Anlaß bieten würde, die Mandatsniederlegungen zu bestätigen, falls dies im Gesetze irgendwie eine Deckung böte, so folgt daraus doch ganz unzweideutig, daß die Vertreter der Gottscheer zum Schutze ihrer Ehre den richtigen und doch einzig möglichen Weg gegangen sind. Herr Dr. Sajovic mag die Gottscheer Zeitung klagen so oft er nur mag. Der Ausgang dieser vielen Klagen ist niemandem, welcher rechtlich zu denken vermag, zweifelhaft. Die Gottscheer Zei¬ tung wird auch weiterhin wie bisher immer für die Ehre und Interessen der heimischen Bevölke¬ rung eintreten. Der alte Spruch: Geld verloren, nichts ver¬ loren! Ehre verloren, alles verloren! hatte noch nie eine tiefer liegende Bedeutung, als in dieser Affäre, die schon so viel Staub aufgewirbelt hat und wie es scheint, auch noch für längere Zeit aufwirbeln wird. Die Mgottscheer Tracht auf der Lai¬ bacher Herbstmesse. Die Laihacher Herbstmesse, die Sonntag den 18. September bei günstigem Wetter ein äußerst bewegtes Wogen und Treiben bei einer Besucherzahl von 20.000 Personen aus der Landes¬ hauptstadt und Provinz zeigte, bot an diesem Tage noch eine besondere Sehenswürdigkeit durch Veranstaltung eines Trachtenzuges, an dem sich alle Gegenden des Landes in ihren alten, schönen Nationaltrachten beteiligten. Das Ersuchen des leitenden Komitees, es mögen sich auch Gottscheer in ihrer heimischen Tracht am Festzuge beteiligen, löste lebhaftes In¬ teresse unter hiesigen Gottscheer Kreisen aus, die unter Leitung der Laibacher Gottschecrinnen Frau Holzgroßhändlersgattin Janciga und Frau Steuer¬ oberverwaltungsrat Christine Starin, beide gebo¬ rene Geschwister Hönigmann, die Teilnahme der Gottscheer mit großem Eifer organisierten. . Um 3 Uhr nachmittags setzte sich der lange Trachtenzug in Bewegung und zog unter den 1000 Mitglieder zählt. Sind wir wenig, sind wir eigentlich nichts; sind wir aber alle dabei, so werden unsere Hilferufe nicht unbeachtet bleiben. Es genügt aber nicht allein, nur Mitglied zu sein, es ist auch notwendig, daß wir die Anleitungen der Filiale, die doch nur das Beste von dem Besten anraten wird, befolgen. Und das wir dazu greifen müssen, das wird jedem, der vorwärts kommen will, klar sein. Wir müssen eben rechnen und umlernen, wie es eben die Landwirte in an¬ deren Ländern auch getan haben. Die Natur zeigt uns ja selbst den Weg. Unser Ländchen ist eigentlich für Ackerbau weniger geeignet als für Futterbau, das zeigen uns am besten die aus¬ gedehnten Weiden. Doch wie schauen letztere aus? Alles verwildert und verwachsen. Beim Futterbau und der Weidepflege möchten wir besser fahren. Darum soll unser Hauptaugen¬ merk auf eine rationelle Viehwirtschaft gerichtet sein." "Franz: „Das eine muß ich aber selbst auch sagen, wie notwendig für uns auch das Genossen¬ schaftswesen ist, so zweifle ich selbst auf ein Vor- wärtskommen auf diesem Gebiete, da uns das notwendige Geld fehlt." (Fortsetzung folgt.) Klängen der Eisenbahnerkapelle zwischen den Spalier bildenden Zuschauern dreimal um den ganzen Ausstellungsplatz. Mitten unter den bun¬ ten und mannigfachen Nationaltrachten in ihren farbenfrischen und geschmakvollen Kostümen erregte ein Wagen — der einzige im ganzen Festzuge — besondere Aufmerksamkeit. Es war der Festwagen der Gottscheer. Reicher Kranz- und Blumenschmuck zierte den breiten, von zwei starken, prächtigen Pferden gezogenen Wagen, auf dem neun Gottscheer Frauen und Mädchen als Spinnerinnen, in Gott¬ scheer Tracht gekleidet, auf vier Spindeln während der Fahrt Flachs spönnen. War schon die Dar- stellung an und für sich gut gewählt und für die Zuschauer sehr anheimelnd, so boten vollends die anmutigen Spinnerinnen in ihrer schmucken Gottscheer Kostümierung einen reizvollen Anblick. Sie trugen nach altgottscheer Art die als Kleid dienende von den Schultern hinabreichende weiße „Pfoit" aus gesponnener Leinwand mit einem um die Hüften geschlungenen, mit roten und gelben Fäden durchwirkten Gürtel, darüber die aus seinem Stoff gefertigte bläuliche Joppe und schließlich als Kopfschmuck das große, nach rückwärts ge¬ bundene und weit über den Rücken hinabhängende weiße, feingestickte Kopftuch. Unter den Spinne¬ rinnen befanden sich die bereits obgenannten Da¬ men, ferner Frau Helene Bartelme, Frau Engele, Frau Professor Voßtar geborene Tomitsch, Frau Rosa Wutti, Frau Maria Stalzer, Frl. Anna Hönigmann und als Ehrendame Frau Maria Vavken, sämtliche aus der Stadt. Äußerst originell waren auch der Kutscher und der Reiter. Als ersterer fungierte der Laibacher Be¬ amte Herr Franz Tschcrne, bekleidet mit einem schweren Mantel aus Lindenbast. An dem Reiter, den der Gottscheer Spenglermeister Franz Händler, auf einem Horn blasend, darstellle, sah man mit seinen umgehängten Billichmatzlein den Gottscheer schon von weitem an. Beide trugen altgottscheeri- sche Männertracht mit weißen Beinkleidern und breitkrempigen schwarzen Hüten. Allseits erregte das Erscheinen der Fahrenden „Gottscheer Spinnstube" großes Aufsehen und un¬ geteilte Anerkennung unter dem Publikum. Dieser Umstand verdient umsomehr Erwähnung, als bei diesem Anlasse die alte Gottscheer Tracht zum ersten¬ mal in unserem Staate öffentlich aufgetreten ist und eine öffentliche Ehrung und Würdigung er¬ fahren hat. Da der Trachtenfestzug auch gefilmt wurde, dürfen wir hoffen, unsere Landsleute bald im Film wiederzusehen. Wie wir hören, hat das erfolgreiche Auftreten der Gottscheer bereits zu weiterem Eifer angespornt, indem man in der Stadt die Aufführung einer altgottscheerischen Hochzeit zu inszenieren beabsichtigt. Wir sehen diesem Vorhaben mit Interesse entgegen. Existiert in Slowenien eine Jeitungs- Msur? Unter diesem Titel bringt die Cillier Zeitung vom 4. September l. I. folgende bemerkenswerte Notiz: Laut Pressegesetz, verlautbart im Amtsblatt für die beiden slowenischen Verwaltungsgebiete Nr. 84 vom 7. September 1925, existiert in Ju- goslawien keine Pressezensur. Im Kapitel VI. sagt der Artikel 30 darüber folgendes: Die Zen¬ sur wird während des Krieges und während der Mobilisierung eingerichtet, und zwar bloß für Sachen, welche dieses Gesetz festsetzt. Die Zensur der einheimischen Presse besteht darin, daß das Drucken unzulässiger Verlautbarungen verhindert wird. In Jugoslawien besteht demnach, da wir uns gegenwärtig im Frieden befinden, keinerlei Presse¬ zensur. Das Recht, Pressedelikte zu bestrafen, fällt keiner politischen Behörde zu, sondern einzig und allein dem Gericht. Diesbezüglich bestimmt der Artikel 73 folgendes: „Alle strafbaren Handlun¬ gen, begangen durch die Presse nach den Bestim¬ mungen dieses Gesetzes, untersuchen und richten die Gerichte erster Instanz, die Kreisgerichte, Ge¬ richtstafeln. Jede Anklage wird direkt beim zu¬ ständigen Gericht eingebracht. Das heißt also, wenn der Staatsanwalt oder, wo es einen solchen nicht gibt, der Vorstand der politischen bzw. Polizeibehörde eine strafbare Handlung in einer Zeitung zu finden glaubt, kann er die An¬ klage beim Gericht erheben, aber eine eigenamt¬ liche Bestrafung, Strafandrohung oder ein Verbot ist unzulässig und pressegesetzwidrig. So wenig denkt das Pressegesetz an irgendeine Einmischung von Seite politischer Behörden in die Angelegen¬ heiten der Presse, daß in einem Ort, wo der Sitz einer Staatsanwaltschaft ist, der Polizei oder dem Bezirkshauptmann überhaupt kein Zeitungsexemp¬ lar vorgelegt zu werden braucht. Nach allem Angeführten darf also in Jugo¬ slawien keine Spur einer Pressezensur existieren. Trotzdem scheint sich in einem Winkel Sloweniens die Behörde eine eigene Pressezensur eingerichtet zu haben. Und zwar im Hauptort der deutschen Sprachinsel Gottschee. Wir machen den Herrn Obergespan in Laibach ausdrücklich auf diesen Fall aufmerksam, denn unter je schärferen Presse¬ gesetzbestimmungen einerseits die Presse steht, umso weniger dürfen anderseits die Rechte, die für die Presse in diesem Gesetz enthalten sind, von irgend¬ einer Behörde geschmälert oder verletzt werden. Wir glauben nicht, daß der Gebrauch der alten deutschen Ortsnamen in deutschen Zeitungen eine strafbare Handlung im Sinne des Pressegesetzes darstellt. Sollte aber dieser Gebrauch wirklich eine strafbare Handlung sein, dann hat der Be¬ zirkshauptmann von Gottschee bloß das Recht, die Anklage zu erheben, nicht aber selber Strafen anzudrohen, irgendetwas zu verbieten und damit die Freiheit der Presse zu verletzen. Dem gegenüber ist der „Gottscheer Zeitung" folgende behördliche Warnung zugekommen: Alle Ortsnamen müssen Sie in slowenischer Sprache schreiben, sonst werde ich gegen Sie strasgerichtlich vorgehen. Die Verwendung der Namen: Rohitsch, Gottschee, Lichtenwald, Mitter- dorf usw. verbiete ich. Bezirkshauptmannschaft Kočevje, am 11. August 1927. Dr. Lu8. Wir fragen den Herrn Obergespan in Laibach: Ist das Vorgehen des ihm unterstehenden amt¬ lichen Funktionärs in Goltschee richtig oder nicht? Gibt es in Slowenien eine Pressezensur oder nicht? Wir müssen einmal grundsätzlich Schluß machen mit diesen Geschichten! Wir besitzen ein für das ganze Königreich geltendes Pressegesetz, dessen Be¬ stimmungen nicht nur von den Zeitungen und Journalisten, sondern auch von den Behörden und Bezirkshauptleuten respektiert werden müssen. Aus Stadt und Land. Koöevje. (Reichsdeutsche Besucher.) Montag den 26. September sind 14 reichs¬ deutsche Zeitungsherausgeber in Maribor an¬ gekommen und von Deutschen und Slowenen freundlichst begrüßt worden. Sie wollen Süd- slawien, Bulgarien, Rumänien und Ungarn aus eigener Anschauung kennen lernen und zum Aus¬ bau des angebahnten gut nachbarlichen Verhält¬ nisses das Ihrige beitragen. Den reichsdeutschen Gästen ist auch aus dem Gottscheer Ländchen brüderlicher Gruß und die Einladung für einen nächstjährigen Besuch übermittelt worden. In den nächsten Tagen trifft vom Besuche Weißkrains eine zweite reichsdeutsche Reisegesell¬ schaft in Gottschee ein. Es sind Besucher und Besucherinnen des geographischen Institutes der Berliner Universität, und ihr Ausflug nach Kram bezweckt vor allem eine genauere Kenntnis der