Nr. 2. Kebruar 1909. ill. Jahrgang. ''TaTaTaVaTaTaTaTaTa^ i1°-.°usg-gkb-u • a • MKWtzRHeiM»,' Bezugsbedingungen. Der „Stern der Neger" erscheint als illustrierte Monatschrist am Anfange jeden Monates und kostet jährlich 3 Kronen (3 Mark) mit Postversendung. Wir richten an unsere Freunde die innige Bitte, aus Liebe zum göttlichen Herzen Jesu und zu den armen Negern Centralafrikas uns unterstützen zu wollen durch Verbreitung dieser Zeitschrift in ihrem Bekanntenkreise und Werbung neuer Abnehmer. Förderer und Vertreter zur Verbreitung des „Stern der Neger" werden an allen Orten unter sehr günstigen Bedingungen gesucht. Der Ertrag des „Stern der Neger" wird zur Heranbildung von Missionären für die armen Neger in Centralafrika verwendet. Neu hinzukommende Abnehmer erhalten die bereits erschienenen Nummern nachgesandt. Adresse für Bestellung des „Stern der Neger": Missionshaus der Söhne des hist. Lerzens Jesu in Mühland bei Brixen (Tirol). Msswmre für Geillml-Mfika oder Sudan. Bedingungen der Ausnahme. Die Congregation hat neben der Selbstheilignng der Mitglieder die Bekehrung der Neger von Centralafrika oder Sudan zum Zwecke. Sic besteht aus Ordenspriestern und Ordenslaienbrüdern. Zur Aufnahme ist für alle der Beruf zum Ordensstande erforderlich sowie der aufrichtige Wille, sich und seine Kräfte der Bekehrung der Neger zu weihen. Außer Priestern werden aufgenommen Studenten und Laienbrüder. Für die Studenten wird die vollendete V. Gymnasialelasse verlangt. In Mühland müssen alle 2 Jahre Noviziat machen, worauf sic, wenn nach dein Urtheile der Obern kein Hindernis entgegensteht, die heiligen lebenslänglichen Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams ablegen. Die Studenten setzen dann ihre Studien für das Priesterthum fort. Beim Eintritt muss jeder eine bescheidene Ausstattung an Kleidung und Leibwäsche mit sich bringen und soviel Geld, als zur Rückkehr in die Heimat erforderlich ist, wenn solche aus einem triftigen Grunde sich als nöthig erweisen sollte. Nach ihrem Eintritte, seien sie Studenten oder Laien, übernimmt das Institut ihre Versorgung mit allem Nöthigen, in Gesundheit und Krankheit, wie für feine Söhne Behufs Aufnahme in die Congregation ist an die unten bezeichnete Adresse einzusenden: 1. Ein selbstgeschriebenes Aufnahmsgesuch mit kurzer Lebensbeschreibung und der Erklärung, Ordensmann und Missionär für die Neger lebenslänglich sein zu wollen. 2. Das Zeugnis des Bischofes der eigenen Diöcese. 3. Das Tauf- und Firmungszeugnis. 4. Pfarramtliches Sittenzeugnis. 5. Aerztliches Gesundheitszeugnis. 6. (Bei Minderjährigen) die Einwilligung des Vaters oder Vormundes. 7. (Bei Studenten) die Zeugnisse der absolvierten Gymnasialclassen, besonders der letzten. 8. (Bei Laien) im Gesuche angeben, ob sie ein Handwerk verstehen. Adresse: Hochui. U. Obern des Missionshauses der Söhne des hlst. Herzens Zesn in Mühland bei Lriren (Tirol). |tkstoste '(feitf^tft }lr $taük»s»e^keiimtg m Wik. Organ des Aijstoushanfes der „Zähne des hssl. Herzens Jei'u". Erschein! am Anfange jedes Monats. ° _____L ■ 11 .... 1 1 ' -■ "m ---1 > Nr. 2. Jelirnar 1900. III. Zahrgaug. Inhalt: Marien-Derein für Afrika. —Dom afrikanischen Sclaven zum katholischen Priester. — Aus und über den Sudan. — Die Negerkinder an der Krippe des Heilandes. — Erinnerungen an eine Reife tin Rothen Meere. — Die katholischen Missionen in Südafrika. — Derschiedenes: Ankunft unserer Missionäre in Vmderman-Lhartum. — Zunahme des Katholicismus im XIX. Jahrhundert. — P. Daniel Sorür pharkm Don. Fieser unter beut Protektorate Sr. k. und k. apostolischen Majestät Kaiser Franz Josef I. im Jahre 1851 gegründete Verein für Katholiken der int Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder unter der Obhut des österreichischen Episcopates hat die Förderung der katholischen Missionen und der Sclaven-_ Befreiung in Afrika zuin Zwecke. Der Central-Ausschuss des Vereines befindet sich in Wien. Präsident desselben ist Se. Eminenz Cardinal Fürsterzbischo Dr. Anton Gruscha. In jeder Bischofstadt bildet sich eine Diöcesan-Abtheilung mit einem Diöcesan-Ansschuss; in jeder Pfarre eine Pfarr-Abtheilnng mit Pfarr- Ausschuss. Eine Pfarr-Abtheilung kann constituiert werden, sobald in einer Pfarre mindestens fünfzehn Mitglieder sich befinden. Ebenso können in den einzelnen Pfarren Frauengruppen sich bilden, wenn mindestens zwanzig Frauen dein Vereine beigetreten sind. Mitglied des Vereines kann jeder in Oesterreich wohnende Katholik werden, der sich verpflichtet, täglich ein Vaterunser und ein Ave mit dem Zusatze t. „Bitte, o Himmelskönigin Maria, für die unglücklichen Neger!" jy. „Auf dass sie mit uns würdig werden der Verheißungen Christi!" zu beten, und einen monatlichen Beitrag von mindestens 5 kr. ö. W. leistet. Theilnehmer werden solche, die sich zum Gebete nicht verpflichten, aber mindestens 1 fl. im Jahre spenden. Wohlthäter sind solche, welche nach Belieben eine einmalige oder öftere größere Gabe dem Vereine zuwenden. Ablässe für die Mitglieder, verliehen von Sr. H. Papst Pius IX., durch Breve vom 5. December 1852: Ein vollko mmener Ablass, nach vorausgegangener würdiger Beicht und Communion und unter den gewöhnlichen Bedingungen: 1. Am Feste der Auffindung des heiligen Kreuzes. 2. Am Feste Mariä Geburt, dem Hauptfeste des Vereines. 3. Einmal in jedem Monate, wenn man an jedem Tage des Monates die vorgeschriebenen Gebete verrichtet. Ein Ablass von 100 Tagen, so oft man ein Vereins werk (das tägliche Gebet oder das Almosens verrichtet. Bei Nengründnng von Pfarrgruppen übernimmt die Einleitung aller jener Schritte, welche zur behördlichen Genehmigung solcher Pfarrgruppen, resp. des Statutes, nothwendig sind, der Vice-Präscs des Wiener Diöcesan-Ausfchusses, der Hochw. Mousignor Anton Schöpfleuthner, Domcapitular bei St. Stephan in Wien 1., Stephansplatz 6. Möge gerade jetzt, da die alte österreichische Mission im Sudan sich wieder eröffnet und die Missionsthätigkeit in Afrika in steigender Entwicklung begriffen ist, die Liebe zu den unsterblichen Seelen der armen Afrikaner und auch die Dankbarkeit für die Gnade des wahren Glaubens recht viele Oesterreicher bewegen, sich diesem heimischen Missionsvereine anzuschließen, und für die Ausbreitung desselben recht thätig zu sein. pcmteC Sorüv 'WHcrvirn Den, Negerpriester aus beut Stamme der Tinka in Ceutral-Afrika, zum Katholicismus bekehrt 1874, Priester seit 8. Mai 1887, ___. ^ gestorben 11. Jänner 1900. (® i n e Selbstbiographie.) Mühe verwandte ich, um den gegenwärtigen Bericht zusammenzustellen, YaW_ und dies nur deshalb, um in den Herzen der Katholiken das Interesse ' und Beileid für die armen Negervölker wachzurufen und zu nähren, auf dass sie mit Gebet und Almosen zu deren Bekehrung beitragen möchten, und dass jene, welche etwa den Beruf in sich fühlen sollten, ihr Leben diesem heiligen Werke weihen möchten, da es leider nur zu wahr, dass „die Ernte eine reiche, der Arbeiter aber nur wenige sind." Um Mitleid bitte ich für das Negervolk, das ärmste aller Völker! Mit verhältnismäßig Wenigem können unsere Wohlthäter einen solch' Unglücklichen loskaufen — und vielleicht kann dieser durch Gottes Gnade und Barmherzigkeit ein Priester, ein Apostel seines Volkes werden. Wie leicht können sie auf solche Weise unzähliges Gute thun! In jedem Falle werden sie Seelen retten, welche dann durch ihr Beispiel wieder andere zu gewinnen trachten werden. I. Die Ainlra. Bevor ich die Geschichte meines Lebens beginne, muss ich eine kurze Schilderung meiner Heimat vorausschicken. Das Volk der Dinka oder Denka ist eine Vereinigung von 24 Völkerschaften oder Stämmen, welche das Thal des weißen Niles vom 12.° bis zum 9.° nördl. Br. im Osten, und vom 10.° bis zum 5.° nördl. Br. im Westen bewohnen. Weit mehr ausgedehnt ist ihr Gebiet jedoch nach Westen, wo sie bis über den 24.° östl. Länge von Paris hinausreichen. Von diesen 24 Stämmen sprechen 18 das Dinka'sche oder die Dinka-Sprache ft, welche eine ganz eigene Sprache ist und mit den benachbarten Idiomen keine Verwandtschaft hat. Die Bevölkerung treibt im großen und ganzen Ackerbau und Viehzucht. Von der frühesten Jugend an werden ihre Kinder zur Pflege der Rinder, die sie so sehr lieben, angeleitet, wie auch zum Weiden der Ziegen und Schafe. Diese 9 Eine Grammatik dieser Sprache mit Text und Wörterbuch hat Dr. Joh. Chrys. Mitter-rutzuer, Brixcn 1866, veröffentlicht. — Ein gleiches Werk der Bari-Sprache re, folgte im darauffolgenden Jahre von demselben Verfasser. 28 Vom afrikanischen Sclaven zum katholischen Priester. Thiergattungen allein werden Don Hansthieren dort vorgefunden, nnd diese bilden den Reichthum der Besitzer. Während die Knaben die Thiere weiden und überwachen, bereitet ihnen eine ihrer Schwestern oder sonst eine Verwandte das Essen. Die Eltern nnd die größer», d. h. erwachsenen Kinder hingegen bestellen das Feld. In angedeuteter Weise verbrachte auch ich meine frühesten Jahre bei den Rindern in Gesellschaft meiner Lieblingsschwester Acciül. Um den Feldbau zu bewerkstelligen, bedienen sich die Dinka drei verschiedener Werkzeuge; diese sind aus Eisen oder Bein gearbeitet in Form einer Haue, wovon die größte eine Länge von 50 Cmtr. erreicht. Wenn die Anbanzeit sich nahet, wird das trockene Gras gesammelt und verbrannt, nnd nach dem ersten Regen schon kommt der Vater und die Mutter und die größer» Söhne und Töchter, um das Feld zu bestellen. Die Arbeit wird hiebei in knieender Stellung verrichtet. Sobald die Erde gelockert ist, wird gesüet. Unser Korn aber ist sehr ähnlich dem Gin st er körn. Der Boden ist sehr fruchtbar und trägt auch schönen Kukuruz, selbst Baumwolle, Zuckerrohr, Bohnen, Sesam, Bamich (Hibiscus esculentus), wildwachsende Weinranken und andere Gewächse, wovon ich in Europa nirgends ähnliche gesehen habe. Von Fruchtbäumen haben wir die Tamarinden-, Kokos- und Brotfruchtbäume. Von den Früchten des letzter» wird das Brot bereitet, indem man die mehlhaltigen Kerne trocknet, mahlt und aus dem so gewonnenen Mehle das Brot bereitet. Die Erntezeit ist jährlich zweimal. Die erste Ernte geschieht gleich bei der Reife des Getreides, wo dasselbe bis zu den Wurzeln des Halmes abgeschnitten wird, worauf diese Wurzeln nochmals fruchtbringende Halme treiben. Diese zweite Ernte erfolgt nach zwei Monaten, d. i. in der Zwischenzeit vom Hochsommer bis zur Regenperiode (in dortigen Gegenden Februar bis April). Diese Ernte ist jedoch nicht sehr ergiebig und die Reichen («bayndid» = große Herren) bedienen sich dieser zweiten oder Nachernte fast nur für ihren Viehstand, der bisher auf Weideplätzen seine Nahrung fand. Fischerei betreiben nur Einzelne und bedienen sich hiebei ausgehöhlter Baumstämme als Nachen, womit sie ihre Landsleute auch über den Strom setzen. Eine geregelte Regierung oder Verfassung gibt es bei den Dinka nicht, sondern es herrscht dort eine mehr patriarchalische Verfassung, d. h. in einem jeden Dorfe oder Weiler wird einer der Aeltesten erwählt, und diese Erwählten befassen sich fast ausschließlich mit Kriegsangelegenheiten. Im Uebrigen ist Jeder unumschränkter Gebieter in seiner Familie und verfügt nach Belieben über sein Hab und Gut. Die Kinder sind den Eltern in allem so lange unterworfen, bis sie sich verheiraten und einen eigenen Herd gründen. Kommen sie zu keiner Ehe, was auch häufig vorkommt, so bleiben sie als „Hagestolze und alte Jungfern" in der Familie. Bezüglich der Kleidung muss ich leider bekennen, dass Männer und Jünglinge in der Regel ganz nnd gar unbekleidet sind, während die verheirateten Frauen und heiratsfähigen Mädchen einen Gürtel (Rachat) tragen; die Kinder wiederum sind alle ohne Unterschied unbekleidet. f P- Daniel Wrüv Dharün Den, A'ricstrr und Apostolischer Missionär non Kentralafrika. In meiner Heimat kennt man weder Geld noch Handel im eigentlichen Sinne des Wortes, wohl aber den Tauschhandel. Der Reichthum, der hier Geldeswert vertritt, sind, wie schon^angedeutet, die Rinder. 30 Vom afrikanischen Sclaven zum katholischen Priester. Die Form unserer Häuser, oder besser Hütteu, ist eine runde. Solche Behausungen werden auf folgende Weise gebaut. Es wird ein Graben in Kreis-sorni mit einer Tiefe von einem halben Nieter hergestellt; in schöner Reihe werden Baumstämme von zwei Meter Höhe in einem gewissen Abstande eingegraben, mit Heu und Stroh verbunden, und das Ganze in Ermangelung von Kalk, um dem Baue mehr Halt zu geben, mit Lehmerde verkleckst. Nachher werden oben starke Balken in Form eines Zuckerhutes zum Dachstuhl vereinigt, und der Rest der Arbeit, die Bedachung nämlich, den Weibern überlassen, welche dann von innen und außen in der Weise Röhricht anbringen, dass das Regenwasser nicht durchschlagen kann. Die Thüre zu diesem Dinka-Haufe bildet eine Oeffnung von höchstens einem halben Meter Höhe, in welche man hineinkriechen muss. (Bei den Stallräumen für die Rinder, Ziegen und Schafe ist die Thüre 21/3 Meter hoch). Die Fenster, wenn man sie so neunen darf, bestehen aus einer runden Oeffnung, in der Größe einer Kanonenkugel. Betten oder sonstige Möbel gibt es in einem solchen Dinka-Haufe nicht. Die Männer schlafen im Stalle und hüllen sich dabei mit Asche aus getrocknetem Rindermist ein, um die Millionen lästiger Mücken zu vertreiben; die Weiber hingegen legen sich auf die flache Erde nieder und hüllen sich in Riuderhüute ein. Weil die Diuka einen großen Viehstaud haben, bedürfen sie auch der Weideplätze, und um solche zu finden, ziehen sie mit ihrem Reichthume, den Viehherden, von ihren Häusern in der engen Heimat weit weg und auf die Weideplätze, welche zu unserem Stamingebiete gehören, und kommen erst dann zurück, wenn die Regenzeit ihr Ende erreicht hat, während zur Regenzeit in den eigentlichen Diuka-Dörfern nur Greise und Kinder zu finden sind. Sind die Kinder heiratsfähig geworden, so verständigen sie sich mit ihren Eltern, in deren Ermangelung aber mit ihren nächsten Anverwandten über denjenigen Theil, mit welchem eine Ehe beabsichtigt ist. Die Eltern oder Münder verhandeln dann mit den Eltern oder Mündern des andern Theiles um den Preis, welcher für die Braut zu erlegen ist. Dieser Preis besteht in der Regel in Ochsen und Kühen, wohl auch in Kupfer- und Messingdraht und Glasperlen. — Ist der Kaufpreis festgesetzt, so bestimmt man den Hochzeitstag. An dieseni muss der Bräutigam für seine Braut, wenn diese ein reicheres Mädchen ist, den Eltern (oder Mündern) zehn Kühe und einen Stier geben; außerdem noch zehn Kühe der Mutter und fünf jedem Bruder der Braut; den Schwestern seiner Erwählten muss er Glasperlen, Ringe aus Gold, Silber, Kupfer oder anderm Metalle geben. Die Braut erhält weder von ihrem Bräutigam ein Geschenk, noch von den Eltern eine Aussteuer als höchstens den Rechtsantheil ans die Erbschaft nach ihrem Tode. Aus dem allein wird jedermann ersehen, dass ein Armer nie mit einem reichen Mädchen eine Verbindung eingehen kann. Die Vielweiberei ist bei den Dinka erlaubt, und ist es sehr selten, dass ein Reicher nur eine Frau habe. Diese Mehrzahl von Frauen und Kindern nimmt der ersten Frau und ihren Kindern aber keineswegs den Vorrang weg. Ist das Familienhaupt, der Mann, gestorben und hat er Brüder oder sonstige männliche Anverwandte, so ist der erste nach dem Verwandtschaftsgrade verpflichtet, die Witwe als Weib zu nehmen und für die Kinder zu sorgen. Waren der Weiber mehrere, so nimmt er auch diese, falls er sie erhalten kann, sonst aber lässt er sie frei ziehen, hat aber immerhin die Pflicht, für ihre Kinder, wenn solche da sind, Sorge zu tragen. Es ist leicht begreiflich, wie viel Zank und Streit unter so vielen Kindern eines Vaters entstehen kann, und dass in Ermangelung jeglicher Obrigkeit das Recht stets auf Seite des Stärkeren bleibt. Wenn ein Theil der Eltern stirbt, ist es Sitte, dass der Erstgeborne die Grabesstelle bestimme. In dessen Ermangelung oder Abwesenheit geht dieses Recht auf den Zweitgebornen, nie aber auf eine Tochter über, wenn sie auch im übrigen die Rechte der Erstgeburt besäße. Wenn aber nur Tochter da sind, so hat der nächste männliche Anverwandte die Obliegenheit, dieser Pflicht nachzukommen. Oeffentliche oder Gemein-Friedhöfe gibt es nicht, sondern eine jede Familie begräbt ihre verstorbenen Mitglieder in der Nähe ihrer Ansiedelung. Von religiösen Gebräuchen, deren ich mich noch erinnere, gibt es eine Art der Segnung der ersten Früchte. Diese besteht darin, dass niemand von der ganzen Familie, selbst die kleinen Kinder nicht ausgenommen, von den inten Früchten genieße, bevor nicht der Vater, oder in dessen Abwesenheit die. Mutter, von denselben über den ganzen Hofraum gestreut hat unter Anrufung um den Schutz Dendid's*) oder Güran'sch über die ganze Familie mit den Worten: „O du, der du uns und diese Früchte erschaffen, segne uns und diese Früchte!" Eines andern religiösen Gebrauches erinnere ich mich noch, welcher in schweren Zeiten, wie Kriegsnoth, Hunger und Pest stattfindet. In solcher Zeit der Bedrängnis bedient man sich der „heiligen Kuh". Ueber diesen Namen wird der gütige Leser aber erstaunen und fragen: was ist und soll diese „heilige Kuh" ? — Die Privilegien der „heiligen" Kuh bei den Dinka sind, dass kein Weib von der Milch dieser Kuh trinke, da sie einzig und allein für das männliche Geschlecht der Familie bestimmt ist, und auch int Nothfalle ist keinem Weibe eine Ausnahme gestattet. Die Jungen einer solch heiligen Kuh werden wiederum als „heilig" betrachtet, und ist es nicht erlaubt, sie zu schlachten, außer in Zeiten großer Heimsuchung, um damit die zürnende Gottheit zu versöhnen. Jede Familie, auch die ärmste, hat eine solche „heilige" Kuh, und jedermann ist verpflichtet, dieselbe dem Orts- oder Volkshäuptlinge auszuliefern, um durch deren Opfer das dräuende Unheil abzuwenden. — Wenn das Land von Krieg oder Hunger heimgesucht ist, nimmt der Häuptling eine solch „heilige" Kuh, übergibt sie den Ortsweibern, welche sie dann singend zum Flusse führen und dort an das jenseitige Ufer jagen, wo sie dann ans Land steigt, um in den jenseitigen Weiden und Steppen sich zu verlieren?) Ist dieses vorüber, so kehren alle in sich gekehrt nach Hause zurück, ohne nach der so geopferten Kuh einen Blick zu werfen. ‘) Denn — wissen: did = groß, alles; Dcn-did — der alles Wissende, Gott. 2) Gllran = Name der Gottheit. s) Dieser Brauch erinnert lebhaft an jenen des „Sündenbockes" bei den Juden int alten Bunde. Außerdem wird, wenn nicht bei allen Dinka-Stämmen, so wenigstens bei den Jangs, eine Schlangenart, ich glaube die Python, wenn auch gerade nicht angebetet, so doch hoch in Ehren gehalten, und weil sie nicht giftig ist, wird sie auch nicht gefürchtet. Gewöhnlich findet sie sich in der Nähe der menschlichen Wohnungen unter Stroh oder Röhricht. Weil sie eine ruhige und friedliche Bewohnerin ihrer Schlupfwinkel ist, so scheint es mir, dass man deshalb für sie so viele Rücksichten hat; denn jede Familie stellt an ihrem gewohnten Stelldichein ein mit Butter-gewürztes Brötchen hin. Die Beschneidung ist im Gebrauche. Nach meiner, zwar unmaßgeblichen Ansicht geschieht diese weniger aus religiösen, als vielmehr ans gesundheitlichen Gründen. So viel ich mich erinnere, nehmen viele dieselbe nicht vor, außer ans Gesundheitsrücksichten. Das Tätowieren ist nicht Sitte; wohl aber bricht man den Kindern, toeim sie ein Alter von 10—11 Jahren erreicht haben, die sechs Mittelzähne des Unterkiefers aus, und zwar, wie ich glaube, aus dem Grunde, damit sie die Sprache, welche an Quetschlanten überreich ist, leichter anssprechen. Die Dinka sind ein schöner Stamm von schlankem und hohem Wuchs und ein heiteres, munteres Volk, das Tanz und Tabak liebt. Im Kriege schlagen sie sich muthig und tapfer, und zu Hanse üben sie den Fremden Gastfreundschaft. Auch haben sie im allgemeinen geistige Fähigkeiten und scheint mir deshalb dieses Gebiet als Missionsfeld sehr geeignet?) Nach diesen kurzen Angaben über mein Heimatland komme ich zu meiner Lebensgeschichte. II. (Abkunft meiner Eltern. Verehelichung des Akhol Don mit Aguid-De- Gele. Geburt von Söhnen und Töchtern. Tod des Akhol Don. Eintritt des Bruders an dessen Stelle linb Verehelichung der Aquid-De-Gele mit Dsn-De-Piok.) Während der vielen Kriege, welche die Nnör und die Jangs (beide Dinka-Stämme, die aber in beständiger Fehde sind) gegeneinander führten, traf es zu, dass eine Nuör-Familie sich unter den Jangs niederließ, und in einem Dorfe namens Uen-de-Mären sesshaft wurde. Diese Familie bestand aus zwei Brüdern und einer Schwester. Der erste hieß Akhol, der andere Piok und die Schwester Akur. Mit der Zeit wurden sie reich an Rindern und Grundstücken, und wurden nun als wirkliche Mitbürger von Uen-de-Mören anerkannt und behandelt. Gleichzeitig lebte in einem anderen Dorfe namens Uen-de-Del, eine halbe Wegesstunde von ersterem entfernt, ein Vater mit zwei Söhnen und vier Töchtern, *) In den sechziger Jahren musste aus Mangel an Kräften und infolge der europäischen Selavenjäger und Händler die Mission dort aufgegeben werden Die Missionäre hatten dort mit tausend Schwierigkeiten zu kämpfen, und doch war ihr Wirken nicht umsonst; was man damals nicht geglaubt hätte, steht heute als Thatsache fest: die Hauptznge der christlichen Lehre sind thcil-weise doch in die Volksschichten gedrungen! Knaben in Kairo, welche aus der ©datieret befreit wurden und tim» Dinka-Gebiet herstammen, wussten z. B. die Gebote Gottes, die sie in ihrer Heimat schon erlernt hatten, und behaupteten, dass dort viele sic kennen und Christen werden wollten. welche schon in ihren Kinderjahren die besorgte und liebevolle Mutter, wovon sie oft erzählten, verloren hatten. Wiewohl diese Heiden waren, so lenkte es der Herr doch so, dass eine dieser Töchter wenigstens durch natürliche Tugenden und Vorzüge vor andern glänzte und Mutter einer größern Kinderzahl werden sollte, die sie wiederum in den von ihrer Mutter ererbten guten Eigenschaften erzog und gewiß nie eine Ahnung, noch weniger eine Hoffnung haben konnte, dass einer ihrer Söhne je den christkatholischen Glauben annehmen würde. Akhol (der ältere oben genannter Nnör-Familie), feurig von Natur und rechtschaffenen Herzens, welcher die natürlichen Tugenden und den äußern Reiz dieser Tochter De-Gele's preisen gehört hatte, giern] mit dem Gedanken um, sie als Braut heimzuführen, obwohl es ihn schwer ankam, um ihre Hand anzuhalten. Aquid, so hieß sie, war noch die einzige in ihrem Heimatshanse; ihre drei Schwestern waren schon verheiratet. Akhol machte endlich Schritte bei De-Gele um seine jüngste Tochter Aquid. Dieser, ein Mann von edelinüthiger Gesinnung, der gern das Glück seines Nebenmenschen befördern half, gab sie ihm. Als Akhol Seit mit Aquid-De-Gele verbunden war, zogen sie sich in ihre Hütte zurück und führten dort ein stilles und friedliches Leben, und wurden wirklich brave Eltern, inwiefern arme Heiden es eben werden können. Der erste Sprössling dieser Ehe war ein Söhnchen, dem sie den Namen Den-Den gaben. Die besorgte Mutter gab sich alle Mühe, dieses ihr erstes Kind mit derselben Sorgfalt aufzuziehen, wie ihre eigene Mutter es mit ihr selbst einst gethan hatte. Als das Söhnchen zur Fretide der Eltern schon etwas herangewachsen war und ihnen bei ihren Arbeiten behilflich zu werden cm stetig, rief der Herr über Leben und Tod dasselbe von dieser Welt ab. Die Eltern weinten über den Verlust ihres Lieblings viele Thränen und empfanden einigen Ersatz dafür, als sie mit einem Mägdelein, das sie Acciöl nannten, von der Vorsehung beschenkt wurden. Aber auch dieses Kind folgte nur zu bald seinem vorangegangenen Brüderchen. Nach längerer Zeit ward ihnen wieder ein Söhnchen geboren, und dieses erhielt den Namen Kog. Dieses wuchs unter der Obsorge seiner Mutter heran, verlor aber noch int Knabenalter seinen Vater, der um seine Hirtengenossen zu retten, sein eigenes Leben einbüßte. Die Ursache war folgende. Um Weideplätze zu gewinnen, waren Vater und Mutter mit ihrem Söhnlein Kog vom Heimatsdorfe Uen-de-Meren weit weggezogen und ließen sich mit ihren Herden an einem schönen Platze nieder. Da dieser Weideplatz von den menschlichen Wohnungen sehr weit entfernt war, war hier auch nie eine Jagd abgehalten worden und musste darum von allerlei wildlebenden Thieren besetzt sein. Eines Tages nun geschah es, dass Akhol seine Herde auf einen Platz trieb, der von Elefanten besetzt war, wovon jedoch Niemand eine Ahnung hatte, und dadurch in die größte Gefahr kam. Als die Zeit, die Thiere zu tränken, gekommen war, trieb er dieselben an's Wasser, wo sie einen nngehenren Elefanten antrafen, der, an einen Tamarindenbaum gelehnt, durch seine Größe die ganze Herde erzittern machte, so dass sie nicht wagten, der Tränke sich zu nahen. Die Männer stetigen an, den Elefanten mit Lanzen zu bewillkommnen, welche der Elefant aber mit dem Rüssel fieug itiiö mit dem Fuße zerbrach. Vvn den vielen erlittenen Verwundungen erzürnt, fieng der Elefant ein entsetzliches und schmetterndes Geheul an. Die Lage wurde eine sehr ernste. Die Männer hatten schon alle ihre Lanzen verworfen, standen mit leeren Händen da und suchten, wer wohl den Muth hätte, sich dem Ungcthüm im Rücken zu nähern und den Baum, an den der Elefant sich noch immer anlehnte, allmülig abzusägen, während sie das Thier von der Front belästigen, und seine Aufmerksamkeit dahin lenken wollten. Von der Menge der Hirten, die da waren, fand sich nur Akhol, der dieses Wagnis unternehmen wollte. Ehe er sich daran machte, empfahl er den Kameraden nod)- sein Weib und Kind für den Fall des Misslingens, bis sein Bruder Piok an seine Stelle trete. Akhol hatte sein Wagestück nahezu vollendet, als der Elefant, dessen gewahr geworden, eine Kreisbewegung machend, ihn packte und weit von sich schlenderte. In diesem Augenblicke brach auch der Baum um und streckte den .überraschten Elefanten, der schon sehr alt und müde war, zu Boden, von dem er sich nicht mehr erhob. Akhol aber ward auf eine Sandschicht geworfen und sein Lebensodem schien ausgelöscht. Man ließ ihn einige Zeit so liegen, und endlich schlug er die Augen wieder aut, worauf er gleich in eine Hütte gebracht wurde. Im Falle aber hatte er sich ein inneres Organ schwer verletzt und verschied schon nach wenigen Tagen im Beisein und unter Weinen und Wehklagen seines Weibes und Kindes, wie der benachbarten Hirten, für die er sich geopfert hatte. Bald darauf kam Dön-de-Piok in Kenntnis des Geschehenen und ward darum verpflichtet, vom Hause und den Gütern seines verstorbenen Bruders Besitz zu ergreifen, sowie die Wittwe zu ehelichen.Z (Fortsetzung folgt.) t) Schon weiter oben habe ich diese Pflicht angedeutet. Daran möchte ich eine Bemerkung knüpfen: Dieser Brauch ist unter den 24 Dinka-Stämmen traditionsmäßtg und heilig. Ein gleiches Gesetz finde ich im Deuteronom. XXV. 5—10. Der Unterschied wäre nur, dass bei den Dinka, wenn der Bruder auch schon verheiratet ist und selbst Kinder hat, dennoch verpflichtet ist, an seines Bruders Stelle zu treten und die Rechte der Erstgeburt seines verstorbenen Bruders zu wahren. — Obschon ich damit die Dinka nicht von den Juden abstnmineu lassen will, glaube ich dennoch, dass sie diesen Brauch durch die Berührung mit den Juden angenommen haben. Dazu bemerke ich noch, dass ich, während ich im hohen Colleg der Propaganda zu Rom dein Studium der hebräischen Sprache oblag, vielen Worten begegnete, welche genau dieselben waren, wie in meiner Muitersprachc und dazu noch dieselbe Bedeutung haben, während ich ein Gleiches von der benachbarten arabischen Sprache durchaus nicht behaupten könnte. noch ein gewisser Fanatismus; seit seinem Tode haben die Derwische ihren Hochmuth abgelegt, es herrscht Ruhe und vollkommene Sicherheit. Um die Gefahr eines Wirdererwachens der religiösen Wuth noch mehr hintanzuhalten, wurden 149 gefangene Derwische nach Aegypten gebracht und dort unter strenge Bewachung gestellt. Unter ihnen befinden sich der Emir Scheik el Din, Sohn des Chalifen, vier andere Sohne des letzteren, sowie die wichtigsten und gefürchtetsten Emire und Verwandten desselben. Nach den allerletzten Nachrichten wurde nun fauch der Emir Osman Dig na in der Nahe von Tokar gefangen und nach Suakin gebracht. Somit sind die Vorbedingungen für dauernde Ruhe und Sicherheit im Sudan gegeben. Eine geordnete Regierung wird allenthalben im Lande mit Freuden begrüßt. Dies zeigte sich auch, als die ägyptischen Truppen ohne Widerstand und unter Befriedigung der Stämme die Provinz Kordo fan und dessen Hauptstadt El-Obeid besetzten. Letztere wurde ganz in Trümmern gefunden und auf den Trümmern des einstigen Regieruugshauses wurde die ägyptische Fahne gehisst. Jetzt arbeitet man an der Hebung der Provinz. Vor allem werden die für den Landbau so wichtigen Brunnen in Stand gesetzt. Diese Brunnen waren einst so geschätzt, dass man für den Besitz eines solchen bis über 1000 Thaler bezahlte. Die Besetzung Darfur's mit der Hauptstadt El-Fa sch er soll später stattfinden. Sultan des Landes ist Ali beu Dinar. Slatin Pascha wird bei der Besetzung dieser Provinz wohl eine wichtige Rolle spielen. Chart um ersteht aus seinem Verfalle. Die Regierungsbauten daselbst schreiten rasch voran. Von den Eingeborenen wohnen die meisten noch in Om-derman. Diese letztere Stadt zieht sich am Flusse in einer Länge von 13 Kilometer hin. Noch jetzt zählt sie etwa 100.000 Einwohner, aber zur Zeit des Chalifen Abdullahi soll sie mehrere hunderttausend Einwohner gehabt haben. — Welches Uebermaß von Schrecken, welche Ströme vergossenen Blutes, tvie viele Zehntausende von Opfern, welche unter der Lanze der Baggara, oder am Galgen des fürchterlichen Chalifen endeten! An all das und an viel mehr erinnern die Namen Omderman-Chartum! Auf Seite 36 bringen wir das Bild des einstigen Gartens und Gebäudes der Mission in Hartum; auf Seite 37 sehen unsere Leser das von der Wuth der 36 Ans und über den ©uocm. Mahdisten zerstörte Gebäude; wir verdanken letzteres Bild dem Hochw. P. O hr-w.alder, der es auf seiner letzten Reise dahin aufgenommen hatte. Die größte Errungenschaft im wiedereröffneten Sudan ist die neue Eisenbahn, wohl der Hanptfaetor für die kommende Entwicklung der Hauptstadt Chartum und des ganzen Landes. Am 2. Jänner traf der erste Zug in Halfäya gegenüber Chartum ein. Wie nahe diese Bahn den Schlüssel Jnnerafrika's, Chartuni an Kairo und das mittelländische Meer herangerückt hat, dafür Lieferte der abgetretene Sirdar Lord Kitchener cin Beispiel; er kam in 71 Stunden von Die Negerkinder an der Krippe des Heilandes. 37 C h ar tu m nach Kairo. Durch diese Eisenbahn wird Chartum unmittelbar an das große Netz des internationalen Verkehres angeschlossen. In der That gieng am 7. Jänner von Assuan die erste Reisegesellschast von Touristen nach Chartum ab. Dies gibt uns eine Idee davon, was der Sudan werden wird, wenn mit all den Machtmitteln moderner Erfindungen und Fortschritte dessen culturelle Hebung in Angriff genommen wird und ungestört fortgesetzt werden kann. Die katholischen Missionäre werden in dieseni Wettlaufe den beiden Nilen und dessen Zuflüssen entlang nicht zurückstehen. Bereits ist das neue Missionsschiff „Redemptor" in laus dev Mission in Chartum im Suff an 5 c der Srrstövnng. (Nach einer Photographie des Hochw. P. Ohrw ald er). Alexandrien eingetroffen und wird nun zerlegt inid)- Chartum gebracht, um als Friedensschiff die Boten des „Erlösers" in die Gebiete der Neger zu bringen. Ein ungeheures Arbeitsfeld steht offen; möge Gott die Arbeiter und Apostel erwecken und senden! Mögen recht viele Jünglinge sich für die Arbeit in diesem Weinberge begeistern und ihr Leben einsetzen! 9if Ikjftkintet mi ter grips tes gcilantes. G eehrteste Leser! Jjlslg schöne Weihnachtsfest ist gewiss für aller Christenherzen ein Fest der Freude und des Friedens. Es hat so etwas Heiliges und Liebliches tu sich, dass cs vermag, selbst die ^ grimmigsten Feinde untereinander zu versöhnen, in den christlichen Familien den verlorenen Frieden und die Eintracht wiederherzustellen, die bctriibtestcn Herzen zu trösten, die Reichen zu den wohlthätigsten Liebeswerken gegen die Armen zu entflammen und den Armen Liebe für ihre Armut einzuflößen; kurz es gibt keine Freude, die das hochheilige Weihnachtsfcst, das Fest 38 Die Negerkinder mt der Wippe des Heilandes. des göttlichen Friedensfürsten nicht zn erwecken, es gibt kein Leid, welches cs nicht zn lindern vermag. „Friede ans Erden denjenigen, die eines guten Willens sind." Das ist der Wahlspruch, den das liebe Jesnskindlein bei seinem Eintritt in die Welt durch Eugelsmund in der schönen Christnacht verkünden ließ. Das Weihnachtsfest ist aber wohl ganz besonders das Lieblingsfest der guten Kinder. Keine Feder vermag es zn beschreiben, was das liebe Jesnskindlein von seiner armen Krippe herab für einen göttlichen Zauber ans das Kinderherz ausübt, welch' heilige Gesinnungen es in ihm erweckt. — O, lute ersehnt ist den Kleinen der Christabend! Welch reine Freuden empfinden dort jene unschuldigen Herzen! Mit welcher Klarheit und Einfalt fassen sie die großen Lehren der Liebe, der Demuth, des Gehorsams, die das Jesuskind von seiner Krippe, wie von einer Kanzel herabpredigt, ans! Welch heilige und aufrichtige Borsätze machen sie vor ihrem nengebornen Heiland, den Eltern und Vorgesetzten folgsamer zn sein, liebevoller gegen die' Geschwister und Kameraden, sich Schleckereien zu versagen und dafür die Heller zusammen zn sparen, um damit den amten Heidenkindern in den fernen Ländern zn Hilfe zn kommen! — Und ist es nicht vielleicht eine Thatsache, dass die Kinder zn Weihnachten und oft noch lange nachher viel braver und folgsamer sind, und dass das Werk der heiligen Kindheit um diese Zeit besonders von Seiten der Kinder am meisten gefördert wird ? Welch edlere Wirkungen könnte wohl das göttliche Jesuskind in diesen jungen Herzen hervorbringen? Nun, geliebte Leser, das schöne Weihnachtsfest macht auf das Herz des Negerkindes denselben Eindruck, bringt dieselben Wirkungen hervor. — Das Negerkind hat durchaus kein versteinertes, unempfindliches Herz, wie man sich's in Europa nur so oft vorstellt, sondern es hat, wie es von uns schon öfters bemerkt wilrde, ein sehr empfindliches Herz für alles Gute und Heilige. Das könnte ich mit vielen Beispielen beweisen, ich beschränke mich aber mir, meinen lieben Lesern zu zeigen, wie empfindlich das junge Negerherz für die heiligen Weihnachtsfrenden ist und welche heiligen Gesinnungen es vor der hl. Krippe aufnimmt. Schon im Sommer und selbst im Frühjahr hört man die Frage: ja abuna, emta aid. el milad: Vater, wann ist Weihnachten? oder: lissa bald a'id el milad. Ist Weihnachten noch weit entfernt? Diese Fragen werden immer häufiger, je mehr man sich dem December nähert. Anfangs October fragen sie: lissa kam sctalir: Wie viele Monate noch? und wenn nur noch ein Monat mehr fehlt: lissa kam jom : Wie viele Tage noch? und da werden die Tage gezählt und wird nur mehr von Weihnachten, Krippe und Jesnkind gesprochen. Schon im Herbst beginnen sie die Vorbereitungen für die Krippe. Sie suchen nämlich ans Hügeln schwere Steine zusammen und tragen deren mehrere Körbe voll nach Hanse. Sie schneiden ans Papier und Pappdeckel Figuren ans und bemalen sie nach ihrem Geschmack. Anfangs December bereiten sie sich ans die Weihnachtsgesänge vor, die nit' jenem Fest und der ihm vorgehenden Novene gesungen werden. Kurz, alles deutet an, dass Weihnachten schon sehr nahe ist. Am Abend beim klaren Mondschein sitzen und drängen sie sich um ihren Vater oder Bruder herum mit der Bitte, er solle ihnen doch ettuaS von der Krippcngeschichte, vom Jesnkindlein, von den Hirten und den hl. 3 Königen erzählen. Da herrscht dann eine Stille, dass man eine Maus springen hören könnte; keiner rührt sich, alle hängen an seinen Lippen; sie wären sogar bereit, lieber ans das Abendessen zn verzichten, als den Vater oder Bruder in der so schönen Geschichte zu unterbrechen. Endlich kommt der erste Tag der Novene, die guten Laienbruder, die mit den Buben bescbäftigt sind, müssen ihre Werkstättc schließen, tun den Kindern die Krippe aufzubauen. Vor allem wird ein großes Zimmer ausgeräumt und neu ausgeweißt, dann wird im selben ein großes Holzgerüst aufgerichtet, um damit die Gebirgsketten und Bergspitzen zn bilden; hernach wird alles mit Papier und alten Zeitungen llerpappt und vermalt, wobei natürlich die kleinen Negerbnbcn als gute Schmierer vortreffliche Dienste leisten. So geht es fort bis an den Christabend. — Jeden Abend der Novene begeben sie sich zur Pfarrkirche, wo sie unter Aussetzung des Allerheiligsten ihre Andachten in Vorbereitung auf das hl. Christfest verrichten. Nach dem hl. Segen stimmen sie in vollem Chor ein Weihnachtslied an, und zwar mit so begeisterter und ergreifender Andacht, dass ich oft bis zn Thränen gerührt war. Die Tage hindurch sind sie eingezogener und suchen dem Beispiele der guten Hirten gemäß nicht mit leeren Händen zur Krippe zu kommen, sondern bemühen sich, durch Uebungen der Abtödtung und Tugend ihr kleines Herz zu schmücken und somit dem lieben Jesn-kind die allerliebsten Geschenke darzubringen; nicht Gold, Weihrauch und Myrrhen, sondern (wie die Tageszeiten sagen) das, was durch diese Gaben dargestellt ist; nämlich: Gehorsanr, Anbetung und Liebe. Zn diesem Zwecke werden unter den Buben die sogenannten geistlichen Blümchen ausgetheilt. Diese bestehen in kleinen zusammengerollten Zettelchcn, auf welche verschiedene Tugendübnngen, die sie untertags aus Liebe zum Jesukindlein ausüben sollen, aufgeschrieben sind: wie z. S3., du sollst heute aus Liebe znm Jesukindlein deinem Mitbruder einen Liebesdienst erweisen, oder du selbst 3 Vaterunser beten vor dem Allerheiligsten- für deine verstorbenen Wohlthäter in Europa, du sollst ... 3 Uebungen der Reue erwecken n. dgl., bis über 40 verschiedene Tugendübnngen, worin sie sich gewöhnen christlich zu denken und zu handeln, die Tugend nicht nur zu kennen, sondern deren Uebungen auch in den verschiedenen Fällen zu verrichten. Hierin zeigen sie einen großen Eifer. Am letzten Tage der Novene werden an der Krippe die Figuren, deren wir wohl die meisten und schönsten unseren lieben Wohlthäter zn verdanken haben, aufgestellt und die ganze Krippe, mit vielen Kerzen besteckt. Endlich kommt der hcißersehnte Christabend. Während nun die Negerlein bei ihrem Abendschmaus ans Ungeduld mehr zappeln als essen, zünden die Brüder die Kerzen an, und nachdem die ganze Krippe in vollem Lichtglanz prangt, wird die Thür geöffnet und die ganze schwarze Schar groß und klein strömt dem Jesukindlein entgegen. Wer vermöchte wohl diesen feierlichen Augenblick zu beschreiben? Alle drängen sich an die Krippe, alle wollen das Christkindlein sehen; alle Hüpfen vor Freude und benedeien das Jesukind. Die etwas größeren Buben werfen ihren ersten Blick sogleich auf den lieben Heiland, auf seine hl, Mutter und den hl. Josef. Die kleineren Knirpse (bie sich die Hosen noch nicht allein anziehen können und nicht bis zur Krippe hinauf sehen) nimmt ein Vater Missionär oder ein Bruder ans den Arm und nähert sie der Krippe. Oh wie erstaunt und verwundert schauen sie die schönen Esel, Schafe und Hunde an! Aho abuna, ruft einer, «äs gam-il», «di homir», ruft ein anderer, «dä chansir», schreit ein dritter. „Schau Vater, dies ist ein Kameel, dies ein Esel, dies ein Schweinchcn." Und wann sie dann erst das Jesukindlein in der Krippe sehen, schau das Kindlein, und können sich nicht satt daran sehen. — Nachdem der erste Eindruck vorüber ist, bringt man die Musik instrumente herbei, und nun luirb bald ein Opernstück dem Jesukindlein vorgespielt, bald singt ein voller Negerchor unter Begleitung des Harmoniums die schönsten Weihnachtslieder, worunter auch das allbekannte: „Stille Nacht, heilige Nacht," und so geht es fort bis in die tiefe Nacht hinein; am Ende muss man sie mit Gewalt von der Krippe trennen, um sie ins Bett zu bringen. Da haben dann viele unter ihnen sich noch eigens ein kleines Krippchen gebildet aus Papier, Holz oder Thonerde, darin ein aus einem Bildchen herausgeschnittenes Jesukindlein mit ein paar Engelein und ein paar Kerzenstumpen untergebracht und alles mitsammen int Bett versteckt. Hub während der gute Bruder, der bei ihnen ist, schläft und träumt, stehen die Schelme auf, zünden ihre Kerzen an und verweilen eine halbe Stunde und bislveilen noch niehr ans ihren Knieen mit gefalteten Händen vor dem Kripplein und murmeln ihre Vaterunser her, bis der Bruder vom Geräusch erweckt, sie unter die Decke bringt. Damit, liebe Leser, ist es noch nicht fertig. Nicht nur eine leere Freude beseelt die Neger an der Krippe, andere höhere Gesinnuitgen tragen sie in ihren Herzen; die schönsten llebungen der Abtödtung und Tugend legen sie an diesem Feste an den Tag. — Wenn es für jedes Kind nichts lieberes geben kann als Zuckereicn, Backwerk, Früchte u. s. ln, sind dergleichen Sachen für den Neger, der ein besonderer Liebhaber der Schleckereien ist, das «non plus ultra.» Und doch alle Zuckereicn und kostbaren Früchte, deren sie theils von den Vätern; theils von den Eltern geschenkt bekommen; opfern sie gern dem lieben Jesukind auf. Da sehen unsere lieben Leser am Weihnachtstag die Krippe von Zuckerln, Gebäck, Früchten und selbst Geld derart überhäuft und überschüttet, dass oft kaum mehr der Kopf der Figuren sichtbar ist. Es ist an sich allerdings eine kleine Sache, aber für ein Negerkind ist es eine schöne Uebung christlichen Opfergeistes. Ilus Liebe zum Jesukindlein thun sie jeden Gefallen, verrichten sie Arbeiten, gegen die sie die größte Abneigung haben; kurz alles erlangt man von ihnen, wenn man sie im Namen des Jcsn-kindleins darum ersucht. Was aber die Hauptsache ist, lernen sie an diesem Tage die Gnade der Gnaden, nämlich das Licht des hl. Glaubens, das ihnen zutheil wurde, über alles schätzen. O wie sind sie an diesem Tage froh, Christen zu sein; wie inbrünstig danken sic an der Krippe dem lieben Heiland, ihnen Missionäre geschickt zu haben, welche sie eine so schöne und heilige Religion kennen lehrten; wie danken sie den Missionären für die Mühen, die sie sich geben, um ihnen den heiligen Glauben zu verkünden und zu bewahren! — An diesen Tagen sieht man die noch nicht getauften Negerkinder etwas traurig und niedergeschlagen. Sic beneiden die andern um ihr Glück und getrauen sich aus Scham fast nicht mit ihnen zu spielen; sie weinen oft heimlich und bitten um die hl. Taufe. Besonders aber möchte ich unsern werten Lesern von der Außergewöhnlichen Dankbarkeit berichten, die die Neger an diesen Tagen für ihre lieben Wohlthäter in Europa zeigen. O wie cisi'ig beten sie für dieselben an der Krippe, mit welcher Ehrerbietung und Liebe sprechen sie von denselben: sie wissen es wohl, dass sie alles, was sie haben und bekommen, nach dem lieben Gott ihren Wohlhätcrn in Europa zu verdanken haben. Vor kurzem bat mich ein Negerlein, ich soll in seinem Namen den guten Eltern in Europa (er verstand damit die Wohlthäter) in meinem ersten Briefe, den ich absenden würde, herzlich danken für die Kleider, Bilder, Krippen und schönen Spielzeuge, die sie ihnen schicken und für alles Gute, das sie ihnen spenden; sie würden ihre hl. Communion für dieselben aufopfern und trachten, ihnen durch Fleiß, Gehorsam und gutes Betragen Freude zu machen. Es wird den guten Lesern nicht unlieb sein, wenn ich hier den kleinen Brief folgen lasse, den der Negerknabe Ignaz Farid seinen Wohlthätern in Europa zum Christfest und zum Neujahrstag schrieb. Unsere geliebtesten Wohlthäter! Wir sind am Weihnachtsfest und Neujahrstag angekommen, Feste, welche man in der ganzen Welt mit großem Jubel und Feierlichkeit begeht. Wir wissen wohl, dass in Europa alle guten Kinder ihren lieben Eltern ein paar Zeilen zum Glückwunsch schreiben und wir arme Waisenkinder von Afrika, die wir an keinem Tage unserer Wohlthäter vergessen können, sollen wir Euer in diesen hl. Tagen vergessen? O nein! denn Ihr seid unsere guten Väter und unsere guten Mütter, die uns das tägliche Brot besorgen, und uns mit Eueren Wohlthaten das Licht des Glaubens, in welchem ein Jeder sein Heil findet, kennen gemacht habet. Wir fühlen uns also verpflichtet, Euch den Ausdruck unserer aufrichtigen Dankbarkeit darzubringen. Wir können es wohl nicht so gut und feilt machen, wie die Kinder in Europa; wir werden aber alle zusammen das Jesn-kindlein bitten, und dasselbe so schön und gut, wird uns zu Hilfe kommen. Wir werden es bitten, es möge vom Himmel viele Gnaden auf Euere Häupter ausgicßen und vielen Segen verleihen für alles Gute, das ihr uns erwiesen habt und in Zukunft erweisen werdet. Nicht wahr, geliebte Wohlthäter? Das liebe Jesnkindlcin wird Euch noch hundert Jahre Leben geben und dann den so schönen Himmel. Und wir zum Danke für alles Gute, werden fromm, fleißig und arbeitsam sein, um gute Christen zu bleiben und mit Euch in den Himmel zu kommen. Und jetzt mit dem tiefsten Gefühle unserer Herzen küssen wir Euere wohlthätigen Hände, und rufen alle zusammen zum Jesukindlein: „Es lebe hoch unser Jesukindlein, es leben hoch unsere geliebten Wohlthäter, die uns so sehr geliebt haben und immer noch lieben tverden. Euere aufrichtigsten und dankbarsten Pflegekinder, Ignaz Farid und seine schwarzen Mitbrüder von Gesira. Aus diesen meinen wenigen Zeilen können die geehrten Leser sehen, welcher hl. Eindrücke ein Chamitenherz fähig ist, tvelche noble Gesinnungen unter einer schtvarzcn Negerhant verborgen sind, welche Früchte die Almosen bringen und besonders, welche Wunder die schönen Krippchen unter den Negern wirken, jene Krippchen, die von Euerer Güte ihnen zugeschickt wurden. O, Ihr seht, dass der liebe Gott Euere Gaben segnet, so dass sie den Negern nicht nur zum zeitlichen Wohl, sondern vielniehr noch zun: ewigen Heile gereichen. Möge der liebe Gott Euere Güte und Barinherzigkeit belohnen mit hundertfachem Segen in dieser Welt und den: ewigen Leben in der andern. Indem ich Euch in: Namen unserer Negerkinder recht vielinals für alles Gute danke, und ein von Gott gesegnetes glückseliges Neujahr wünsche, verbleibe ich Euer dankschuldiger Assuan, 10. Jänner 1900. P. Heinrich Seiner, S. d. h. H. frinnmtngtii na eine Wie im When Meere. Von P. Laver Geyer F. S. C. (Fortsetzung) is zier Eröffnung des Süßwasfercanales lag Suez in einer vollständigen Wüste, jetzt versorgt der Canal Stadt und Umgebung mit schmackhaftem Nilwasser, ‘^7 das sogar auf den Schiffen im Rothen Meere den Reisenden ein willkommenes Getränk liefert. Mit Hilfe des Süßwaffercanales hat europäischer Fleiß in der Nähe der Stadt grünende Gärten und Pflanzungen ans der einstigen Wüste geschaffen, die grünen Kleefelder, Gemüse aller Art, als Salate, Rettige, Zwiebeln, Paradiesäpfel, Gurken, Bohnen n. s. to., sowie Banmpflanzungen. — Durch Schöpfvorrichtungen, welche von Thieren getrieben werden, und Schaduf, die von Menschen gehandhabt werden und im ganzen Nitthale die Bewäfferungsmaschinen ersetzen, wird das Wasser ans dem Canale über die Saaten gelenkt, so dass bereits eine hübsche Landschaft entstanden ist. Die Arbeit wird zumeist von Maltesern, Italienern und Franzosen besorgt, während die Griechen es vorziehen, als Spiritushändler das trüge und lasterhafte Leben der Stadt zu unterstützen. Die aus der ehemaligen Wüste geschaffenen Anlagen und Pflanzungen, welche an Sonntagen die Europäer aus der Stadt in das Freie ziehen, zeigen, dass durch Fleiß und Ausnützung der Canalisation im Lande der Pharaonen dem Acker- und Gartenbau doch ein weites Feld geöffnet werden kann. Am 27. März morgens langte das Schiff des österreichisch-ungarischen Lloyd „Niobe" aus dem Canale an, das am Abend die Fahrt nach Dschedda, Aden und Bombet) fortsetzen sollte. Als Missionär der Propaganda erhielt ich von der Agentie freie Fahrt. Um 12 Uhr begab ich mich an Bord, wo sich bereits zahlreiche Mekkapilger befanden. Bei der Revision wurde ein krüppelhafter Pilger aus Salonichi ohne Billet vorgefunden. Der Agent befahl ihm nach dem Reglement, das Schiff zu verlassen, worauf der Presthafte ein herzzereißendes Geschrei begann und Muselmänner und Christen um Hilfe ansiehte. Der Agent ließ sich nicht erweichen und drohte, ihn mit Gewalt aus dem Schiffe zu entfernen. Auf zwei Krücken gestützt, schleppte sich der Sieche, von einem Pilger zum anderen und bat bei Allah und seinem Propheten, man möge ihm helfen, damit er in Mekka sterben könne. Seine Religionsgenossen sammelten das Reisegeld, etwa 160 Piaster (annähernd 28 fl.), unter sich und bezahlten für ihn. Freudestrahlend hinkte der Arme hin und her, Jedem seiner Wohlthäter die Hand küssend. Dann setzte er sich vergnügt unter eine Stiege, zog Brot und Zwiebel aus seinem Reisesacke und aß mit Appetit, frohlockend, dass er nun in Mekka sterben könne. — Meine Reisegesellschaft bestand aus Pilgern verschiedener Länder. Da waren vier Perser aus Bagdad in blauem Kaftan und weißem Turban, zwei Syrier aus Beyruth, vier Tunisier mit ihren Familien, sechs Aegypter mit mehreren Frauen und Kindern, ein Syrer aus Jerusalem mit drei Frauen, ein türkischer Beamter mit zwei Frauen und fünf Söhnen, drei Bosniaken, fünf Türken aus Konstantinopel mit Großmutter, Frau und Kind, zwei Beduinen aus Medina, ein Kaufmann aus Smyrna, vier Pilger ans Marokko, sieben Kleinasiaten, aus Damascus mit Familien und der erwähnte kranke Pilger. Mehrere der Pilger treiben Handel, der sich nach dem Gesetze mit der Pilgerfahrt verbinden lässt. Wenn man für ein Billet von Suez nach Tschedda durchschnittlich 150 Piaster (etwa 26 fl.) berechnet und die Anzahl der Familienglieder bedenkt, so ist die Pilgerfahrt immerhin mit bedeutenden Ausgaben verbunden, die besonders armen Leuten empfindlich sind. Die meisten Pilger führen ihre karge Nahrung, bestehend in Zwieback, Zwiebeln, Orangen, Oliven, Kaffee, Zucker u. s. to, in schmutzigen Säcken mit sich. An manchen Tagen bildet trockenes Brot mit Zwiebeln und Datteln ihre einzige Nahrung. Die Fahrt ist besonders angenehm nach Sonnenuntergang. Ein dichter Nebelkreis begrenzt den Horizont, die Sterne des Himmels, voran der leuchtende Sirius, werfen ihr schimmerndes Licht auf die dunstige Wasserfläche; aus den Furchen, welche das Schiff zieht, sprühen die Funken der Salzfluth und wälzen sich gleich zahllosen Sternchen auf der übermüthig rauschenden Woge neben dem Schisse hin, um bald im schäumenden Wasser zu erlöschen, wie in das Nass geworfene Lichtfunken. Die Glockenzeichen, welche ganze und halbe Stunden melden, ertönen in der Stille der Nacht, ein schlafloser Muselmann seufzt ein „Allah" und wälzt sich unruhig auf seinem Lager, ein anderer erhebt sich, um eine Cigarette anzubrennen, ein Ruf, ein Commando, nicht selten mit gotteslästerlichem Nachklang, ertönt aus der rauhen Kehle des wachhabenden Obermatrosen: so zieht das Fahrzeug ruhig dahin. Von Zeit zu Zeit taucht ein farbiges Licht am Horizonte auf, es zeigt das Nahen eines Schiffes an, ohne Gruß zieht es an uns vorüber nach Norden, es birgt Schütze und Reisende des Ostens. Waaren und Personen, Leiden und Freuden ziehen auf der Wasserstraße zwischen zwei Welttheilen nach Norden und Süden, Schiffe und Personen wechseln im Laufe der Zeit, doch Cr, der über den funkelnden Sternen thront, ist der Unveränderliche. (Fortsetzung folgt.) /'■"TVie Anfänge des Christenthums in Südafrika gehen auf die Ankunft der Portugiesen am Cap der Guten Hoffnung zurück. Am Weihnachtsfeste Jlvz 1497 landete Vasco de Gama an der Südostküste Afrika's und (^^-9 nannte das Land zur Erinnerung an das Geburtssest (Natalis) des Erlösers Natal. Zwei Jahrhunderte später wurden die Portugiesen von holländischen Calvinisten, welche Herren des Caps der Guten Hoffnung waren, aus Wafferverkäuftrin in Aegypten. dem Laude verjagt. Noch zu Anfang dieses Jahrhunderts bestand das Verbot in Südafrika, die hl. Messe lesen zu dürfen. Zwar gieng mit dem Jahre 1804 die erste Morgenröthe einer besseren Zeit auf, als der holländische Generalcommissär die Freiheit der Religionsübung verkündete, aber die Freiheit der Kirche war von 4* kurzer Dauer. Als nämlich 1806 die Capcolonie an England abgetreten wurde, lebten die Versolgungsgesetze gegen die Katholiken wieder auf. Erst 1820 wurde die Ausübung der katholischen Religion wieder gestattet, jedoch wurden solche Schwierigkeiten in den Weg gelegt, dass die Priester das Land wieder verließen. Eine bessere Zukunft begann mit der Errichtung einer selbstständigen Mission in Südafrika. Im Jahre 1837 wurde Südafrika, das bis dahin mit bent Vicariat St. Mauritius vereinigt war, als eigenes apostolisches Vicariat errichtet und im folgenden Jahre kam der erste Bischof Griffiths an. Hiemit begann ein stetig wachsendes Fortschreiten der katholischen Religion, was am besten in der Mehrung der selbstständigen Missionsbezirke sich zeigte. Im Jahre 1847 wurde das Vicariat in ein westliches und östliches getheilt; letzteres umfasste den östlichen Theil der englischen Colonie Natal, den Oranje-Freistaat, Transvaal, das Kaffern-, Basuto-, Zululand. Da jedoch die Natal-colonie aller geistlichen Hilfe entblößt war, übertrug die Propaganda im Jahre 1850 Natal den Vätern Oblaten. Unter ihrer Obhut haben sich bis heute aus der ganzen Mission zwei apostolische Vicariate und zwei apostolische Präfecturen entwickelt. 1851 wurde das apostolische Vicariat Natal durch den 1889 verstorbenen Bischof Allard gegründet. Es umfasst die eigentliche Colonie Natal, das Kaffernland, die Länder der Zulu, Swasi, Amatonga, mit Niederlassungen in Pietermaritzburg (Sitz des Bischofes), Durban, Bluff, Oakford, Euroyens, Ladysmith, Kala, Kokstadt, Umtata, Estcourt. Die Mission zählt 24 Oblaten, darunter 19 Priester mit Bischof I oliv et an der Spitze, und etwa 10.000 Katholiken. Das zweite apostolische Vicariat ist jenes von Oranje-Freistaat. Als durch die Entdeckung der südafrikanischen Diamautselder die Einwanderung der Europäer riesig zunahm, wuchs auch die Atbeit der Missionäre. Das im Jahre 1886 errichtete Vicariat hat im Oranje-Freistaat Niederlassungen zu Kimberley (Sitz des Bischofes), Beaconsfield, Jagersfontein, Bloemfontein, Harrismith, und im Betschnanenland die Posten Mafeking und Tarings. An der Spitze der 17 Oblaten, darunter 13 Priester und etwa 5000 Katholiken, steht Bischof Gaughran. Die jüngste apostolische Präfectur, Basutoland, wurde 1894 errichtet. In den Niederlassungen Roma (Sitz des Präfecten P. C e mez), Montolivet, Gethsemani, Sion, Monika, Korokoro wirken 21 Oblaten, darunter 12 Priester. Die Zahl der Katholiken ist 4—6000. Die apostolische Präfectur in Transvaal besteht seit 1886. Bis vor etwa 30 Jahren war die katholische Religion bei den calvinistischen Boeren strenge verboten. Der erste katholische Priester, welcher Transvaal zu besuchen wagte, war Vater Houdewanger im Jahre 1868. Gleich nach seiner Ankunft in Potchefstrom wurde ihm bei Strafe sofortiger Ausweisung das Lesen der hl. Messe verboten. Alle Vorstellungen waren vergebens und der Priester musste innerhalb 12 Stunden das Land verlassen. Im nächsten Jahre wurden jedoch diese Verordnungen aufgehoben. Von da an begann die katholische Kirche in Transvaal langsam aber ununterbrochen fortzuschreiten. Dies erhellt am besten aus einem kurzen Ueberblick über den jetzigen Stand der katholischen Mission und Kirche in Transvaal. In den Niederlassungen Johannesburg (Sitz des Präfecten), Prätoria, Potchef ström, Lydenburg, Vleis chso nt ein wirken unter dem apostolischen Präfecten P, de Lach 15 Missionare, 3 Trappisten, 11 sogenannte kleine Brüder ■ Lsrljungen in Aegizplen. Maria's, 17 Schwestern von Loretto, 39 Schwestern der hl. Familie, 22 Domini-eanerinnen, 6 Ursulinerinnen. Einen besonders erfreulichen Aufschwung haben in den letzten Jahren die katholischen Schulen in Transvaal genommen, obwohl die Regierung nur die protestantischen Lehranstalten unterstützt. Dies zeigen zur Genüge folgende Angaben von Zahlen. Von den zwölf Elementarschulen werden in vier 720 Knaben, in acht 820 Mädchen unterrichtet. In den vier höheren Schulen befinden sich 450 Röqtinqe beiderlei Geschlechtes. Außerdem besteht ein Waisenhaus und ein Hospiz mit 180 Insassen. In Prätoria sind katholische Kirche und Brüderschule auf Grundstücken gebaut, welche die Regierung geschenkt hat; katholischen Ordensfrauen, den obenerwähnten Schwestern der 14. Familie, ist von der Regierung die Leitung des Spitales in Johannesburg übertragen, das größte und angesehenste unter allen Anstalten ganz Südafrika's. Diese Erfolge müssen um so größer erscheinen, wenn man bedenkt, dass unter der europäischen Bevölkerung Transvaals nur 7—8000 Personen sich befinden. Trotz der früheren Unduldsamkeit haben die sonst so starren Boeren das Gute der ihnen anfangs fremden Kirche erkannt und schrecken nicht davor zurück, die Erziehung ihrer Kinder katholischen Ordenspersonen anzuvertrauen. Die Beziehungen der Boeren zu den Ordensleuten sind vom Misstrauen zur Achtung, von der Achtung zum Vertrauen gediehen und der Missionär wird auch im kleinsten Orte des Landes gut aufgenommen. Seitens der Regierung wird der katholischen Kirche ein bemerkenswerthes Entgegenkommen entgegengebracht. Zwar verbietet noch nach wie vor das Staatsgrundgesetz die Erwählung eines Katholiken zum Präsidenten der Republik und zu den Würden der Staatsräthe, aber seit 1896 können sie zu allen anderen öffentlichen Aemtern gelangen. Gegenwärtig ist schon der vierte Theil des transvaalischen Beamtenkörpers katholisch. Zur Vervollständigung dieser Schilderung der südafrikanischen Missions-zustünde müssen wir noch zweier deutscher Gründungen erwähnen. Die eine ist die Trappistenabtei Marianhill, 1883 gegründet, welche heute zwanzig Außenstationen und acht sogen. Katechese-Plätze, sowie eine Niederlassung im Vicariat Nord-Sansibar zählt. Die Mission der Trappisten zählt bereits 2600 getaufte Christen, 1500 Katechumenen, 1300 Schulkinder, die ganz von der Mission erhalten werden. Die andere ist die der bayerischen Dominicanerinnen ans dem Mutterhause Augsburg, seit 1878. Von King Williamstown aus wurden zehn Klöster, unter anderem in Transvaal, bei den Zulu und sogar am Sambesi errichtet. Hoffen wir, dass die entfesselte Kriegswnth diese segensreichen katholischen Werke verschone, und dass sie neugekräftigt aus dieser harten Prüfung hervorgehen. Nersihik-encs. Ankunft unserer Missionäre in Oinderman-Chartum. Die erste Sendung von Missionären, welche wir in der letzten Nummer erwähnten, ist glücklich in der Hauptstadt des Sudan angekommen. Die Glaubensboten, der apostolische Vicar Hochw. Bischof Roveggio, die hochwürdigen Väter Josef Weill er und Otto Huber, sowie der Bruder Heinrich Blank, verließen am 29. December 1899 Assuan und erreichten am Abend des 1. Jänner 1900 Uady-Halfa. In der Nacht des 2. Jänner brachen sie wieder auf und erreichten mit der Eisenbahn am Morgen des 4. Jänner Omderman. Sie legten somit die Strecke Halfa-Omderman in 33 Stunden zurück, mit Einschluss von 6 Stunden Aufenthalt in Schendi. Welcher Unterschied zwischen einst und jetzt! Unsere ersten Missionäre brauchten von Kairo nach Chartum 100 Tage!! — Einstweilen wohne» die Missionäre in Miethe in Omderman, wo sie am 6. Jänner, dem Feste der heil. Dreikönige, zum ersten Male die hl. Messe lasen! Nach fünfzehn Jahren von Krieg und Elend, Blut, Verwüstung und endlosem Greuel wieder die erste heilige Messe! Die Fortsetzung der Reisebeschreibung unseres Hochw. P. Wilhelm Bauhölzer kann erst in der nächsten Nummer folgen. Vis dahin hosten wir auch weitere Nachrichten über die Niederlassung der Missionäre in Omderman zu bringen. Zunahme öes Katholicismus im XIX. Jahrhundert. in Benediktiner von Maredsous, P. Ballus, hat eine Arbeit publiciert über die Konstitution, Lehre, den Cultus und die Moral des zeitgenössischen Protestantismus. Diese Arbeit endet mit dem Schlüsse, gegründet auf officielle Quellen, dass im XIX. Jahrhunderte die Zunahme des Katholicismus groß ist. In England und Schottland gab es im Anfange dieses Jahrhunderts nur 120.000 Katholiken, gegenwärtig 2,000.000 unter 3 Erzbischöfen, 18 Bischöfen und 2785 Priestern. In Holland war der 5. Theil der Bevölkerung katholisch, heute sind 2/s Katholiken. In Deutsch l a n d ist die Zahl von 6 Mill, auf 13 Mill., in der Schweiz von 542.000 auf 1,170.000, in Skandinavien von 200 auf 8000, in den Balkan- ländern von 270.000 auf 640.000, in der asiatischen Türkei von 400.000 auf 658.000, in Persien von 300 ans 10.000, in Nordafrik a von 15.000 auf 500.000 gestiegen. In Rnss-land, wo zu Anfang dieses Jahrhunderts die ruthenische Kirche bestand, sind 10 Millionen Katholiken. In Central-, Ost-, West-, und Südafrika gab cs 1800 überhaupt keine Katholiken, heute sind nahezu 2 Millionen, gruppiert um 30 Missionen, welche 280 Missionäre leiten In Asien, im äußersten Oriente, ist die Zahl der Katholiken von einer Million ans 6 Millionen gestiegen. In den spanischen, holländischen und englischen Kolonien von Ocean ten gab es gleichfalls 1800 keine Katholiken, gegenwärtig beziffert sich die Zahl ans 1 ‘/a Millionen. In Canada haben sie sich von 137.000 auf 2 Millionen und in den Ver. Staaten von 36.000 auf 10 Millionen vermehrt. Alle diese Daten beziehen sich auf Staaten, wo die Zunahme der Katholiken proportionell größer ist, als die Zunahme der Einwohner. In den anderen europäischen Ländern ist die Zahl der Katholiken proportionell mit der Bevölkerungszunahme geblieben. m 11. Jänner 1900 gab im österreichisch-ungarischen Rudolfspitale zu Kairo der Hochwürdige Pater Daniel Sorür Pharrm Don aus dem Negerstamme der Dinka, apostolischer Missionär, seine edle Seele in die Hände des Schöpfers zurück. Er starb eines erbaulichen und gottergebenen Todes, ungefähr 40 Jahre alt, an Lungenschwindsucht, jener Krankheit, von der die meisten Neger im Auslande ergriffen und zu Grabe geführt werden. Der Name des Pater Daniel war in Oesterreich und Deutschland, welche er wiederholt besucht hat, theilweise weithin bekannt, und die zahlreichen, besonders geistlichen Freunde desselben werden den Heimgang des guten „schwarzen Priesters" mit uns betrauern. Pater Daniel war ein liebenswürdiger Mensch, ein edler Charakter, ein braver und frommer Priester, ein eifriger Missionär, ein gottbegnadeter, mit Verstand und Herz begabter Neger. Seine höflichen Manieren und sein freundliches Aeußere machten, dass er sich auch in feinen Kreisen gut zu bewegen verstand; seine Bildung und sein Talent setzten ihn in den Stand, anregende Unterhaltung zu führen. Eine gottbegnadete Ausnahme unter den Negern hat er an seiner eigenen Person den Beweis geliefert, was die heute noch so tief stehende Rasse vermöchte, wenn christliche Religion und Bildung ihr auf die richtige Bahn verhilft. Pater Daniel besaß unter anderem ein nicht unbedeutendes Sprachentalent. Er verstand und sprach sehr gut unsere deutsche Sprache und liebte sie. Noch im letzten Herbste verbrachte er seine Schulferien in Graz und verrichtete auch in der Dominicanerkirche zu Wien priesterliche Functionen. Gewiss entsprechen wir dem Wunsche der vielen, welche ihn kannten, wenn wir seine so merkwürdige Lebensgeschichte bringen. Wir lassen am besten den guten Pater Daniel selbst reden und seine Schicksale uns erzählen. An diese Selbstbiographie, welche Seite 27 beginnt und in den folgenden Nummern fortgesetzt wird, werden wir dann eine kurze Schilderung seines dreizehnjährigen Priester- und Missionslebens bis zu seinem erbaulichen Tode anreihen. Es ist ja auch ganz angemessen, dass wir im „Stern der Neger" dem vom Sclaven zum Priester aufgestiegenen Neger, unserem lieben Pater Daniel, ein kleines Denkmal setzen. Wer ein phototypisches Bild des Verstorbenen wünscht, kann es von uns beziehen. lind nun empfehlen wir die theure Seele des lieben Todten dem frommen Gebete unserer und seiner Freunde und Bekannten, und legen den Kranz steter liebevoller Erinnerung an seinem Grabe nieder. R. I. P. Für die Redaction: P. Xntict ©cyct F. S.C. — Druck von A. Weger's fb. Hofbuchdruckerei, Brixen.