Gesetz- und Verordnungsblatt für das österreichisch - iffirifdje -Kiilleiifanö, bestehend aus den gefürsteten Grafschaften Görz nnd Gradišča, der Markgrafschaft Istrien und der reichsnnmittelbaren Stadt Triest mit ihrem Gebiete. --------------- Jahrgang 15)00. IX Stück. Ausgegeben und versendet am 8. Juni 1900. 11. Verordnung der k. k. Statthalterei für das Küstenland, erlassen im Einvernehmen mit dem Landesausschusse für Istrien vom 23. Mai 1900, Zl. 6613, betreffend d i e Be schließn ng und Einführung von S a n i t ä t s p o l i z e i -Ordnungen in den ei 113 einen Gemeinden. Damit seitens der Gemeinden eine entsprechende Handhabung der ihnen auf Grund des § 3 des Gesetzes vom 30. April 1.870, R.-G.-Bl. Nr. 68, im eigenen Wirkungskreise obliegenden sanitären Verpflichtungen gesichert werde, findet die Statthalterei im Einvernehmen mit dem Landesausschusse anznordnen: 1. Uber Antrag des Gemeindevorstandes hat jede Gemeindevertretung innerhalb des Zeitraumes von 2 Monaten eine locale Sanitätspolizeiordnnng zu beschließen. 2. Die Sanitätspolizeiordnung kann je nach den besonderen Verhältnissen einer Gemeinde oder Gcmeindcfraction allgemeine oder spcciclle Bestimmungen über die Beschaffung ärztlichen Beistandes, über die Sanitätsanfsicht im Allgemeinen, über locale Maßnahmen zur Verhütung von ansteckenden Krankheiten der Menschen und Thicre, über das Leichen- und Beerdigungswesen u. s. w. umfassen. Unter allen Umständen sind in dieselbe grundsätzliche Normen zur Beseitigung der Schädlichkeiten eines verunreinigten Untergrundes und der Wohnungen sowie zur Sicherstcllung der Reinheit des Trinkwassers und der Luft gemäß der nachfolgenden Instruction anfznnchmen. 3. Gemeinden, innerhalb deren Gebiet sich ein gesetzlich anerkannter Curort befindet, haben, insoweit dies den Curbezirk selbst betrifft, im Einverständnisse mit der Curcommission vorzugehen. 4. Die beschlossenen Sanitätspolizeiordnungen bedürfen der Genehmigung des Landes-ansschusses einverständlich mit der Statthalterei. Zu diesem Zwecke ist von den einzelnen Gemeinden binnen der vorgeschriebenen Frist von 2 Monaten eine Abschrift der beschlossenen Sanitätspolizeiordnung und eine Copie des bezüglichen Sitznngsprotokolles der Gemeinde-ansschnsssitzung dem Landesansschusse vorzulegen. 5. Falls eine Gemeinde den Anordnungen der Absätze 1, 2, 3 und 4 dieser Verordnung nicht oder unzureichend entsprechen sollte, gelangen die Bestimmungen des § 94, bzw. § 89 der Gemeindeordnung zur Anwendung. Der t. k. Statthalter: Goetz m. p. Anleitung zur Verfassung localer Sanitütspolizeiordnungeu. A. Straße«, Wege und Plätze. 1. Den Gemeinden obliegt die Verpflichtung Sorge zn tragen, dass Straßen, Wege und Plätze von Hindernissen oder Unzukömmlichkeiten, die den Verkehr und die Gesundheit der Bewohner gefährden, frei erhalten bleiben. Insbesondere ist verboten: a) feste ober flüssige Abgänge des Haushaltes, Kehricht, Stallmist und Fäkalien, flüssige oder feste Abgänge von Gewerbe- und Handelsbetrieben ans Straßen, Wege oder Plätze zn werfen oder dort abzulagern; l>) ohne besondere Bewilligung auch nur vorübergehend auf den Straßen ein Gewerbe auszuüben oder dieselben zum Waschen, Trocknen, Ausklopfen und Säubern von Kleidern, Fetzen und dergl. zn gebrauchen; c) Straßen, Wege, Plätze oder Mauern durch Befriedigung eines körperlichen Bedürfnisses zu verunreinigen; d) an Gassenfenstern Leib- oder Bettwäsche auszuhängen oder vor Geschäften und Fleischbänken Waaren ansznstellen, welche Vorübergehende beschmutzen können. 2. Aus den Häusern darf auf die Straße oder den Straßenkörper nur das Nieder-schlagswasser geleitet werden (§17 der Laudesbanordnung). 3. Ohne Zustimmung der Gemeinde dürfen Arbeiten, welche den Grundwasserstand oder den natürlichen Abfluss des Oberflächcnwassers beeinflussen könnten, nicht vorgenom-men werden. B. Häuser und Höfe. 4. Neu- ober umgebaute Häuser dürfen ohne Bewilligung der Behörde nicht bezogen werden (§ 53 der Landesbauordnung). Diese Bewilligung kann von der Baubehörde unter persönlicher Verantwortung des Gemeindevorstehers erst dann ertheilt werden, wenn nach vorgenommenem Augenschein feststeht, dass: a) das Mauerwerk genügend ausgetrocknet, b) tut Gebäude für Licht und Luft genügend vorgcsorgt ist, c) die Ableitung der Meteor- und Schmutzwässer, sowie die Abfuhr der Eperemente in einer, jede Verunreinigung des Untergrundes ausschließenden Weise, eingerichtet ist, d) die Aborte, Ausgüsse und alle Ableitungen so angelegt und ansgeführt sind, dass schädliche Ausdünstungen und Jnstltrationen des Mauerwerkcs vermieden werden, e) das Triukwasser in Brunnen und Cisterne», sowie in Leitungen vor Verunreini-gungen geschützt ist, f) sonst keine gesundheitsschädlichen Momente vorhanden sind, g) dass endlich allen besonderen Bestimmungen der Bauordnung (§§ 18, 20, 22, 23) entsprochen wurde. 5. Die Benützung von städtischen und ländlichen Gebäuden, deren Schmntzwässer oder Unrathsstoffe entweder direct oder durch Überlaufkanäle in stehende oder fließende Gewässer oder Erdspalten (Foibe) eingeleitet sind, kann unter keinen Umständen gestattet werden. Die Besitzer jetzt bewohnter Gebäude oder bestehender Gewerbebetriebe haben sich binnen Jahresfrist obiger Borschrist zu fügen. 6. Der Gemeindevorsteher kann ein Hans für unbewohnbar erklären und räumen lassen, wenn dasselbe von einer besonderen Commission für gesundheitsschädlich erklärt wurde. Als Ursachen der gesundheitsschädlichen Beschaffenheit eines Hauses sind insbesondere anznsehen die Ansammlungen von Unrathsstoffen verschiedenster Herkunft zwischen den Häusern und die Anhäufung von Abfällen und faulenden sowie ekelhaften Stoffen in unmittelbarer Nähe derselben, welche durch ihre Ausdünstungen belästigen und die Luft verpesten. 7. Hanskehricht, Küchen- und gewerbliche Abfälle müssen, wenn sie nicht täglich aus dem Gebäude entfernt werden, in gedeckten, dicht gemauerten Gruben im Hofe oder, wenn kein oder ein zu kleiner Hof vorhanden ist, in geschlossenen Behältern gesammelt und mindestens alle 48 Stunden in der von der Gemeinde vorznschrcibenden Weise abgeführt werden. 8. In Wohnhäusern ist jede Ansammlung von Dünger untersagt. 9. Das Halten von Schweinen in bewohnten Gebäuden oder in Hofräumen, die ungenügend groß, oder nicht entsprechend gelüstet sind, ist unter allen Umständen verboten. 10. Schweineställc in Hofräinnen müssen einen undurchlässigen Boden und wasserdichte Wände bis zu einer entsprechenden Höhe haben. Eine hinreichend starke, gut gestampfte Schichte Lehm oder ein Flötz ans rother Erde (terra rossa d’ Istria) schützt den Untergrund genügend vor Verunreinigungen. Die Schweine dürfen den Stall, dessen flüssiger und fester Unrath in einer allseits geschlossenen Grube zu sammeln ist, nicht verlassen. 11. In den engen und schmalen Höfen zwischen hohen Gebäuden, sogenannten Sicht-Höfen, können weder Kehricht- oder Düngergruben noch Schwcineställe untergebracht werden. C. Aborte und Senkgruben. 12. Die entsprechend große, eingewölbte und in Cement gemauerte Senkgrube ist mit einem luftdichten Verschlüsse zu versehen; ihr Entlüftnngsschlanch muss über das Dach des Hauses humusreiche». Die, wo möglich, mit Wasserverschluss versehenen Aborttrichter müssen an Fallrohre aus Gusseisen, glasirtem Steinzeng oder Stein anschließen. 13. Wo eine Senkgrube nicht besteht, muss das Fallrohr des Abortes in eine Tonne münden. Das Tonnensystem ist nur dort anwendbar, uw eine entsprechende Tonnenkammcr zur Einleitung des Fallrohres vorhanden ist, welche mit einem undurchlässigen Boden und mit wasserdichten Wanden bis zur Tonnenhöhe auszustatteu ist. Die Tounenkammer, in welcher sich stets eine Reservetoune befinden muss, darf kein auf die Straße geöffnetes Fenster besitzen. Die Form und Beschaffenheit der Tonnen, deren Verbindung mit dem Abfallrohre und ihr Verschluss beim Transporte können eventuell vom Gemeindcamte vorgeschrieben werden. 14. Beim Abgange von Aborten sind die zur Aufnahme und Abfuhr der Fäkalien bestimmten Behälter in einem leicht lüftbaren Locale unterznbringen. Diese mit einem hygienischen Anforderungen entsprechenden Deckel versehenen Behälter müssen die von der Gemeinde vorgeschriebenc Form und Beschaffenheit haben. 15. Öffentliche Locale, wie Gast-, Wirths- und Kaffeehäuser, Theater n. s. w., müssen stets mit Aborten versehen sein. Wo die Entleerung der Senkgruben nicht nach dem pneumatischen oder einem anderen geruchlosen Verfahren stattfindct, darf dieselbe nur zur Nachtzeit vorgenommen werden. Die Abfuhr des Senkgruben- bezw. Tonneninhaltes sowie die Entleerung der oberwähnten Behälter ans abortlosen Häusern darf nur zu den von der Gemeinde vor geschriebenen Stunden und nach den von ihr bezeichncten Plätzen erfolgen. D. Stallungen. 16. In bewohnten und eines entsprechenden Hofraumes entbehrenden Gebäuden sind Stallungen im Allgemeinen untersagt. In berücksichtigungswerthen Fällen kann gestattet werden, das Erdgeschoss eines bewohnten Hauses zu einem Stalle für Hansthierc — Schweine ausgenommen — einzurichten. Doch muss in diesem Falle der Stallbodcn undurchlässig hergestellt, die Decke eingewölbt oder mindestens eine Zwischendecke mit Mörtelanwurf vorhanden sein. 17. In solchen Stallungen darf der Dünger nicht liegen bleiben, muss vielmehr täglich abgeführt werden. Der Düngertransport im Großen muss in geschlossenen Orten in der Regel des Nachts vorgenommen werden. Doch bleibt es der Gemeinde anheimgestellt, zu diesem Zwecke zur geeigneten Jahreszeit einen oder mehrere Tage zu bestimmen. E. Wasserversorgung. 18. Die Gemeinde ist verpflichtet, das erforderliche gesunde Trinkwasser beiznschasscn, (Gesetz vom 14. November 1864, L.-G.- u. V.-Bl. Nr. 18). 19. Alle Trinkwasserversorgnngsanlagen unterstehen der sanitären Überwachung der Gemeinde. 20. Im Erfordcrnisfalle hat die Gemeinde das Recht und die Pflicht, das Wasser einer Cisterne, eines Brunnens it. s. w. als zum Genüsse nicht geeignet zu erklären und die Schließung für so lange anzuordnen, bis von den Betheiligten Abhilfe getroffen ist. 21. Jede Cisterne muss mit einem Filter versehen sein und regelmäßig einmal im Jahre gereinigt werden. 22. Cisterne», Brunnen, Quellen, die zur öffentlichen Benützung dienen, müssen von allen Seiten geschlossen, und wenn sie nicht bereits mit einem entsprechenden Auslauf versehen sind, mit einer Pumpe oder wenigstens mit einem fixen Eimer ansgcstattet werden. Zur Wasserentnahme Privateimer znbenützen bleibt verboten. 23. Trinkwafserbrunnen müssen zur Abhaltung von Oberflächcnwasser bis zu einer hinreichenden Tiefe in Cement gemauert und überdies mit einem Mantel von Lehm oder rother Erde umgeben sein. 24. In unmittelbarer Nähe eines Brunnens, einer Cisterne oder des Auslaufes einer Quelle oder Wasserleitung ist das Waschen von Wäsche, sowie jede andere Reinigungsarbeit unstatthaft. 25. Teiche zum Viehtränken in der Nähe bewohnter Häuser müssen derart angelegt fei», dass das Vieh nicht hineintrcten kann. Zum Tränken des Viehes sind in entsprechender Entfernung vom Teiche oder thalabwärts desselben Tröge in hinreichender Anzahl aufznstellen. F. Luftverunreinigung. 26. Im Weichbilde oder in unmittelbarer Nähe einer Ortschaft sind Arbeiten, die giftige oder lästige Gase oder starken Staub entwickeln, nicht gestattet. 27. Eigenthümcr von öffentlichen Localen, Versammlungsorten u. s. w. sind verhalten, dieselben mit Ventilationsvorrichtnngen zu versehen, falls solche von der Sanitätsbehörde als nothwendig erachtet würden. G. Strafbestimmungen. 28. Übertretungen obiger Sanitätsvorschriften sind mit Geldstrafen bis zu 100 Kronen, bezw. mit entsprechendem Arreste zu ahnden. 29. Die Kosten für Vorkehrungen, welche von der Gemeinde zur Behebung sanitärer Übelstände aufgetragen, von der verpflichteten Partei aber nicht rechtzeitig durchgeführt wurden, werden im Wege der politischen Execntion eingebracht.