5,. L a i,d a ch e r W o ch e n b l a t t Nutzen und Vergnügen. Nro. 44. Ureytag de u.»., N 0, v c m b e r l 3 l<5. Die römische Dame alter Zeit. ^ . 3l> icht von jenen liebenswürdigen weiblichen Wesen, die in ^dcr Grazie holder Schamhaftigreit und sittiger Einsalt ihren schönsten Putz, und in treucv Erfüllung ihrer Gattinn - und Mutterpftichten ihre höchste Ehre suchten ^— nicht von jenen edelsinnigcn Römerinnen des Alterthumes, die der Römischen Welt ihre Heroen gaben, sprechen wir hier. Jene begnügten sich mit einer einfachen Lagerstatte von Heu oder Baumblcittern; und wenn ein solches Hausweib je einmahl ihre Laren verließ, um eine Freundinn zu besuchen: so bestand ihr Anzug..iu einer umgürteten Tunica, die ANge um den Hals sich schloß, ' und sorgsam den"züchtigen Leib umhüllend , ^ schönen Foltcn zu den Knöcheln , ..niederwallte; ihr Hoarschmuck aber war ein einsachcs Band durch das lockige-Haar geschlungen. Von diesen edelsmnigen ' Wesen ein ander Mahl» ^ "» ' Djeßmahl vrn jenen DawM Noms, k/^dem öurus und dem hcchverfeinerten " SlMUNgcnHe tzuldiann. Sie rutzettn auf purpurnen, mit Silber,- und Goldfäden durchwirkten Matratzen, in weichen Flaum-betten, umschlossen von Bettstellen aus köstlichem Holze, woran das künstlichste Schnitzwerk mir Silber und Elfenbein prangte Vorhänge liebten sie zwar nicht; aber man stieg ouf mehreren Stufen zur Bettstelle hinan, wie auf einen Thron. War d?e Dame, mit Hülse ihrer Lieblings- Sclavin , endlich dem hohen Thronbette entstiegen, so eilte fis in das warme Bad. Sie stieg in die prächtige Wanne, aus Mavmor oder Porphyr, oder orien, talischcm Granit künstlich gefertigt. Es nahct ehrerbietig eine Sclavinn, den zarten Leib der Herrscherinn mit warmen Tüchern sanft zu reiben; eine andere salbet ihn mit köstlichem Oehle; eine dritte trocknet ihn mit feinstem Linnen; endlichwtcht em.eiviejttdo^ reihende Badegewand; und mm sind alle Hönde emsig beschäftiget, die Gebiechermn in das daranstoßende PptzziMlMr zu bringen. . Hier wetteifern Mahlerey und Bild-hamlklmj?, die Herrin mit ihrem Zauber M vergnügen,. nuh Düfte von Blumen und wohlriechenden Wassern hüllen sie in eine wolllistachmeude Atmosphäre. Hier, wo alle Ginnen im üppigsten Genusse schwelgen, laßt sie sich von den kunstfertigen Handen ihrer Dienerinnen zu einer Göt-tm umgestalten. Sie sitzt vor den metallenen, nut Blumen und funkelnden Steinen umkränzten Spiegel an einem Putztische, der diesen an Pracht noch übertrifft. Rings um sie her ein Chor anmuchigsr Zofen. Jede hat ihr angewiesenes Amt, und lauscht dem Winke der Gebmhninn. Die eine durchkämmt das Haar mit dem elfenbeinernen Kamms; eine anders kräuselt es mit heißen Nadeln zu zierlichen bocken, denen eine dritte durch goldene und silberne Nadeln Haltung und Festigkeit gibt. Jene bringt die Perlen, diese die Juwelen; jene die Ringe, diese die goldenen Kettchen; jene die Ohrgehänge, diese die golddurchwirkten, mit Gemmen besetzten, weißen oder bunten, oder purpurnen Bänder herbey. Andere thür-men den Haarbau Stufe um Stufe em, por. Der reichste Haarwuchs muß sich es gefallen lassen, durch geborgten Haar-Reichthum zu prangen. Sogar ein förmlicher Haarwulst, wohl auch eine ganze Perrücke wird aufgesetzt; und das Ganze gewinnt eine sinnvolle Gestalt, wo nicht gar ein kriegerisches Ansehen, etwa das eines Helmes mit hohem Federbusche, Doch vielleicht beliebt dießmahl der Dame der einfachere Kopfputz der Mitre; einer Art Haube, die das künstlich geflochtene Haar leicht überdeckte, mit bun-ten Bändern umschlungen, mit Brillanten besetzt war, und auf beyden Seiten gegen Hie Wangen herab sich neigte. Indeß unter der Zofen emsigen Fingern der kunstvolle Haarbau allmatzlig zur Vollendung erwächst, stehen einige Kammerfrauen, als Oberrichtsnnnen des seinen Geschmacks, zur Geite, und geben ihr ritterlich Outachten. Nicht ernster konnte einst Athens ttrsopagus das heilige Recht auf ber Waagschale bes Gewissens abwägen, alv dieses weibliche Geschmackscolleglum die Richtung eines Löckckens, den Stand-pnnct einer Brillantnadsl, die Falte eines Bandes erwägt. Laut und lebhaft sind die Verhandlungen,bis die Mehrheit der Stim» nlsn oder das Urtheil der lsebiecherin den heißen Kampf entscheidet. Nun endlich ist die letzte Nadel gesteckt, das letzte Härchen gelegt. Jetzt tritt eine anders Zofe Hers an, den prächtigen Haarbau m6 köstlich riechenden Wassern zu besprengen. Ihr folget eine andere, schimmernden Goldstaub darauf zu streuen. *) Allein noch fehlte dem Antlitze sinne künstliche Schöne. Ein Wmk dsr Ge-t bietherinn setzt ein neues Heer von Css-metinen in rege Bewegung. Zu den unendlichen Bedürfnissen der Helden Schmink-kunst trägt jede das Ihrige herbey. Nun wird gerieben , gemischt, aufgetragen. Früher schon hat eine atzende Salbe die lästigen Härchen aus dem Gesichte entfernt. Herrlich hebt sich das sanfte Roth auf Lilienweiß **). Doch vielleicht hatte die Dame schon von gestern her für die Reitze ihres Antlitzes gesorgt.^ und sich milder berühmten Poppäischen Schminke — von ihrer Erfinderinn Poppäa so genannt «^ *) Der Puder scheint erst im sechszehnten Jahrhunderte erfunden worden zu seyn: und die Ehre dieser wichtigen Erfindung gebührt allerdings der Hauptstadt Frankreichs. **) Mehrere rsnlische Classiker sprechen o,n sehr verschiedenen Schminkarten, und besonders PUnius erzählt, man habe aus dett eothen Körner» und weißlichen Blatter» emes gewissen wild wachsenden Weiustocket einen Saft zu bereite» verstanden, welcher der Haut eine.ausnehmende Zartheit und ein? sanfte Röche gab. Bey Ooid findet man. sogar «n vollständiges Schmink - Res-cept. tlbertllncht Diese Schminke barg das ganze Gesicht oft Tage lang unter einer öhligen Kruste, und kannte mit Hülfe warmer Milch leicht abgelöset werden. Diese Hauslarve entzog freylich dem Auge des liebenden Gemahles den Genuß, ihrer Mine holdseligen Liebreitz zu schauen; aber dafür brachte auch die Dame ein Gesichtchen in die Gesellschaft , das durch Weichheit, Weißheit und Feinheit die Schar ihrer Anbether in ein Entzücken versetzte, das keine Zahnlücke störea ksnnte; denn die Zofe hatte, w_enn aus der Perlenreihe der Zahns einige Ungetreue vielleicht längst entflohen waren, die Lücken mit köstlichen Stellvertreter ausgefällt; und an den übrigen hatten Zahnstocher, Bürstchen und Pulver ihr Möglichstes gethan. Zwar hatte unser Dame matte, ein^ gefallene Augen mit aus ihrem fiaumigen Thronbette gebracht; allein auch für diesen Fehler wußten die dienenden Tausend? küustlerinnen Rath. Sie bereiteten Duft von einem gewissen schwarzen Pulver, wodurch die Augen gehoben, und zu einem neuen, strahlenden Leben aufgefrischt wurden. Den Augenbraunen hatte man nicht minder nachgeholfen durch Farbe und Kunst. Und der Kopfputz, mit Gold-jtaub, wie mit Sternen, und mit Brillanten , wie mit Sonncn geschmückt; dann die Perlenschnüre um Haupt und Hals, die blitzende» Ringe an den rosige« Fingern; die nm den blendenden Busen weit ausgeschnittene Tunica, mit ihren reitzenden, aus dem von Gold und Diamanten strahlenden Purpurgürtel tzerab-fiießenden Falrcn, die in einer Schleppe «ndeten , welche im Gehen bis zur Höhe der herabhangenden rechten Hand mit Grazie gehoben wurde; serner der kleine Fuß, auf weichen Sandalien ruhend, von zierlichen Farben- ,auch gold- und Überreichen Bändern*) und Riemen umschlungen- ' dann das, den obern Theil der se.oenm "") Tlmica meolich umschließende, nicht minder prachtvolle Corsetchcn; endlich über das alles das leichte, fiiegende, nur über der lmken Schulter mtt emer kostbaren Spange befestigte .Mäntelchen - Welch eine Dalye! neben dem einfachen teutsche» Weibe unserer Zeit. Eine inhaltleere Prachttulpe neben dem bescheidenen Veilchen . V Ludw.PjlHNw. —— i Mittel wieder die Trunkenheit z Eine wahre Erzählung. V Der in London verstorbene Graf Pem<-brvke, welcher viele gute Eigenschaften hatte, aber immer hartnäckig bey seiner Meinung blieb, die, wie sein ganzes Betragen, zuweilen sehr seltsam war, dachte auf ein Mittel, wie er den vielen Vol stellun-gen,ZurechtweisungsnMo Zumuthungm seiner Hausgenossen am besten ausweiche» könnte Ersiel darauf, sich taub zu stellen; und unter dem Vocwande einös harten Ge«-hörS richtete er seine Antworten nicht nach den Fragen oder Anreden ein, wodurch sie veranlaßt wurden, sondern immerso, daß er dabey seinen Willen erhielt. Unter mehrern Bedienten hatte er einen, der schon seit ssiner ersten Kindheit bey ihm *) Welche zugleich auch die Stelle der Stattn pfe vertraten **) Seide war damahls ungleich seltenerund kostbarer als jetzt. Ein Pfund Seide kostete zu den Zeltendes Kaisers Aureli-an, gegen das Ende d S dritten Jahrhunderts, ein Uuud Gold. ^ ^?wcstn war ur.d ibui mit grsßer Trsue und Anhailglichkcit dicnre, bis er zuletzt fcin Kulschcr wurde. Diöser Mensch ergab sich aber immer mehr und mcbr dem Tiunke, so daßdic Gräsinn P^nibrols zu verschiedenen Mahlen b:y ihrem GemM darauf antrug, ihm seinen Abschied zu geben. Der Graf aber antwortete stets : „Ja freylich, Johann ist ein trefflicher Bedienter." — „Ich sage," erwiederte seine Gemahlinn, „er ist immer betrunken, und er muß aus dem. D!cnsiö." — „Nun ja doch," versetzte der Graf^ „er ist von Kindheit auf jn menl-'m Dienste gewesen, un^) weil er clwaL mchr Lohn vorlangt, werde ich ihn nick)t gleich fortjagen," Bald davauf fuhr. Johann indeß spcit gegen Nacht^ seine Grasin u von ' Kensington nach London zu Hause und warf im Hydepark mit dem Wagen um. Die Lady nahm zwar nicht viel Schaden, sobald sie aber nach Hause kam, sing sie mit dem Grasen einen heftigen Wortwechsel an. „Da," sagte sie, „ist nun das Vieh, der Johann, so betrunken, daß er nicht auf den Beinen-stehen kann; er hat mich umgeworfen, und wenn er nicht fortgeschafft wird , so kann er uns allen lioch den. Hals brechen!" >— „Ey, sagte der Graf. „ist der arme Johann krank?'Das thut mir wirklich sehr leid " Die Gräfinn sah wohl, daß nichls mit ihrem Gemahl anzufangen war, und ging sehr aufgebracht hinweg. Der Graf ließ hierauf se'ncn Johann zu M> kommen, und redete ihn ganz ^kaltblütigmit folgenden Wortsn an: „Höre Johann, ich bin dir gut, und so lange du dich ordentlich beträgst, sollst dn bey mir allt nur mögliche Pflege finden. Meine Frau sagt mir, du seyst krank, und ich sehe selbst, daß du dich kaum auf den Bei-nen kalten kannst, geb zu Bette, und ich will dafür sorgen, daß dn wieder curirt wirst." Johann wurde nun zu Bette ge< bracht, und, nach ssines Herrn Befehl, leg- te ma.n ihm?in^ ster zwischen die Scbultern, ein zweytts an die Wclden, und ließ ihm am Arme sechszehn UnM Blut. Den ^'?o'-a.en darauf fand sich Johann in einer kläglichen Verfassung und ließ sich den ganzen Verlaufdcr Cache erzählen. Er sah indesscn keinen bessern Ausweg/ als sich ruhig in sein Schicksal zn' evgeöen ; er hatte sich lieber noch einmal so viele Zugpflaster legen lassen, ehe er seinen Dienst zu verlieren wünschte Dcr Graf ließ sich täglich zweymalformlich nach seinem Besin-den?rknndigm,!Md bezeigte ssines Gemahl lnin ;um öftcrn seilte Freude über2»h^uns Bcsscrung, dem er indeß laulor WaP^sup- z,n> eiltzigeu Gs- Mschastorm geben ließ Nach Verl'aufciner Woche, ia wclchcr Johann beständig hatte sagen lassen, er besinde sich wieder ganZ wohls fand d^r Grases endlich'fur gut, diese Mel-^ düng'zu vorsiehe,!, und sagte,/s frene ihn zu hören, daß das Fieber ihn verlassen Habs, er möge zu ihm kommen. Als or ins Zimmer trat, ricfer ihm entgLgcu : „Nun lieber Io^ hann, ich hoffe, die verwünschte Krankhe t ist jetzt überstalldcu?" — „Acd, gnädiger Herr/^sagtcIohann, ,,ich bitte Ew. Gnaden tausendmahl um Vergebung, und ver? spreche, den F'ehler niemahls wieder zu begehen." — ,,Ey freylicb," antwortete der Graf, „da hast du Recht; fur Krankheit kann kein' Mensch ; und solltest du ja wieder krank werden, Johann, so we d' ich's bald merken, wenn du mir^s auch nicht'Mgj5; und dann verwrech' ich dir, sollst du eben die Hülfe und Pftege wieder hHen,'disdn jcht Zehabt hast." Noin, nein, gnädiger ^errj^ fagte Johann," ich hoffe, das spll'mch< nöthig seyn." — „Das hoff^ich auch," versetzte der Graf; „aber so lattge bu szegen mich deine Pflicht thust, werd'ich gMß auch'hie meinige ^egeit dich thun ; de^en kannst du versichert seyn," - Johann ging wess,- und hatte vor der Cur m der er gewesen war, so viel Scheu, das er sich nie wieder betranke