G O R Z OESTERREICHS NIZZA. NEBST EINER DARSTELLUNG DES LANDES GÖRZ UND GRADISCA. VON CARL FREIHERRN von CZOERNIG k. k. wirklichem geheimen Rathe, cm. Präsidenten der k. k. statistischen Central-Commission, Commandeur de« Kai». Leopold-Orden«, Ritter 2. Classe des Kai«. Ordens der ei«ernen Krone, Grossoffizier, Commandeur, Offizier und Kitter mehrerer anderer Orden, correspondirendes Mitglied der k. k. Akademie der Wissenschaften in Wien, des französischen Institutes und mehrerer anderer gelehrten Gesellschaften, Ehrenbürger der Städte Reichenberg und Fricdland in Böhmen. II. BAND. DIE STADT GÖRZ ALS CLLMATLSCIIER CURORT. WIEN, 1874. W [ L II E L M BRAUMÜLL E R K K. HOI'- UNO UNIVERSITATSBUI'HHÄNDLKK DIE STADT GOEZ ZUNÄCHST ALS CLIMATI SCHER CURORT. TOPOGRAPHISCH-HISTORISCH-STATISTISCH DARGESTELLT VON CARL FREIHERRN von CZOERNIG k. k. wirklichem geheimen Rathe, cm. Präsidenten der k. k. statistischen Central-Commission, Commandeur des Kais. Leopold-Ordens, Ritter 2. (.'lasse des Kais. Ordens der eisernen Krone, Grossoffizier, Commandeur, Offizier und Ritter mehrerer anderer Orden, correspondirendes Mitglied der k. k. Akademie der Wissenschaften in Wien, des französischen Institutes und mehrerer anderer gelehrten Gesellschaften, Ehrenbürger der Städte Reichenberg und Friedland in Böhmen. MIT EINEM PLANE DER STADT GÖRZ UND IHRES WEICHBILDES. WIEN, 1874. W I L H E L M 1? R A U M Ü L L E R K. K. HOF- UND UNIVERSITÄTSBÜCHHXndLKK. (X' X) Q, P ^35. G37- VORREDE. En dem Vorworte zum ersten Bande wurde über die Entstehung und den Titel dieses Werkes bereits umständliche Rechenschaft abgelegt. Wie daraus erhellt, bezieht sich der Titel „Görz, Oesterreich’s Nizza“ zunächst auf den vorliegenden zweiten Band, welcher die climatischen Verhältnisse der Stadt Görz eingehend behandelt. Die Absicht bei dieser Darstellung ist auf zwei Zielpunkte gerichtet. Vor Allem sollen darin die Ansprüche, welche die Stadt Görz auf die Eigenschaft eines climatischen Wintercurortes stellen darf, auf Grund einer wissenschaftlichen Erörterung der meteorologischen Verhältnisse gerechtfertigt werden. Ferner soll damit allen Jenen, welche die Stadt Görz besuchen, oder die Reise zu derselben Vorhaben, über die topographischen Verhältnisse der Stadt und die auf den hiesigen Aufenthalt Bezug nehmenden Einrichtungen erwünschte Auskunft ertheilt werden. In ersterer Beziehung erschien es nicht genügend die climatischen Zustände des Ortes an sich darzustellen, es musste auch die Vergleichung mit jenen anderer gleichartigen Wintercurorte hinzugefügt werden, weil sich erst aus dieser Vergleichung die Stellung abnehmen lässt, welche Görz gegenüber den letzteren einnimmt. Sie wurde, dem Wesentlichen nach, auf die bekannteren subalpinen Wintercurorte, unter welchen Görz seinen Platz in vorderster Reihe einnimmt, beschränkt; wem es darum zu thun ist, weitere Vergleichungen mit den südlichen Wintercurorten anzustellen, findet die Anhaltspunkte dazu in dem Werke „climatische Wintercurorte von Dr. Hermann Reimer 2. Auflage, Berlin 1873“. Es sei mir hier gestattet, des leider zu früh verstorbenen k. k. Professors der Climatologie Dr. Rudolf Ritter von Vivenot, welcher mir bei der Entwerfung des Planes zu dem climatologi-schen Abschnitte freundlich an die Hand gegangen, in ehrender Dankbarkeit zu gedenken. Ebenso fühle ich mich verpflichtet, der praktischen Aerzte Herrn Dr. Mau rovi ch und Herrn Dr. Perko, welche mich mit ihrer reichen fachmännischen Erfahrung bezüglich der Indicationen für den Görzer Curort unterstützten, dankend zu erwähnen. In letzterer Beziehung wurde nicht nur die Topographie der Stadt Görz (für welche bezüglich der Zählung und Bewegung der Bevölkerung die officiellen Daten des statistischen Bureau’s benützt wurden) geliefert, sondern auch besondere Rücksicht auf die Umgebungen der Stadt genommen, da die Bewegung in freier Luft und die Ausflüge in die benachbarte reizende Umgebung eine wesentliche Bedingung des behaglichen Lebens in einem Winter-curorte ausmachen. Für die Bewegung in der Stadt selbst bietet der beigegebene Plan eine willkommene Anleitung; es fehlte bisher gänzlich an einem Plane der Stadt, wesshalb der vorliegende Plan, in welchem die neuesten Veränderungen in dem städtischen Gebiete aufgenommen sind, einem wahren Bedürfnisse entspricht. Wenn diese Beschreibung der Stadt Görz die Aufmerksamkeit aller Jener, welche sich für Wintercurorte interessiren, und zunächst der Herren Aerzte, auf die vorzügliche Eignung der Stadt für einen Wintercurort lenkt, wenn sich insbesondere unsere curbe-dürftigen Landsleute, welche es vorziehen, im eigenen Lande zu verweilen, bestimmt finden, Görz zu ihrem Winteraufenthalte zu wählen, wenn ferner die herbeigekommenen Curgäste sich in ihrem zeitweiligen Wohnsitze leichter orientimi, dann ist der Zweck der vorliegenden Arbeit erfüllt. Görz, 20. November 1873. Czoernig. Inhalt Seite I. Topographie. Lage.................................................................... 1 Die Stadt............................................................... 3 II. Bevölkerung. Volkszahl.............................................................. 16 Bewegung der Bevölkerung a) Trauungen........................................................ 22 b) Geburten...................................... . . 24 c) Sterbefälle......................................... 25 Nationalität........................................................... 30 III. Geschichte............................................................. 31 IV. Verwaltung............................................................. 43 V. Kirche, Schule, Landesmuseum........................................... 45 VI. Humanitätsanstalten.................................................... 49 VII. Volksleben, Geselligkeit............................................... 52 VIII. Görz als climatischer Curort............................................ 57 1. Die Facloren des Glima's. Bodengestaltung..................................................... 59 Wärme.............................................................. IjO Luftdruck........................................................... 72 Feuchtigkeit, Nebel................................................. 73 Niederschläge, Regen, Schnee und Hagel.............................. 76 Bewölkung. Heitere Tage............................................. 78 Luftströmungen, Windrichtung, Windstärke............................ 80 Electricität........................................................ 88 2. Oie Einwirkungen des Görzer Cllma's auf den menschlichen Organismus 89 3. Indlcallunen des Giirzer Clima's für speclelle Krankheits- und Schwärhe- /.uslände........................................................ 102 IX. Industrie und Handel.................................................. 104 X. Bodencultur............................................................. 1H XI. Pflanzenkunde, Phänologie............................................. 123 XII. Umgebung................................................................ 132 I. Topographie L a g e- Der Reisende, welcher Görz besucht, wird durch dessen reizende Lage überrascht; er gewahrt, wie die Natur das reiche Füllhorn ihrer Gaben über diese Stadt ausgeschüttet, um zu dem Verweilen in derselben einzuladen. Am Scheidepunkte des Gebirgslandes und der weithin sichtbaren Ebene sich ausbreitend, vereinigt sie in sich die Vorzüge, welche die verschiedenen Terrassen des Bodens darbieten. Während die im Norden der Stadt steil sich erhebenden Gebirge einen mächtigen Schutzwall gegen die rauhen Stürme bilden, gewährt die sanfte Abdachung gegen Süden der warmen Meeresluft offenen Zutritt, und strömt von dem östlichen Hochplateau eine sanfte, die Hitze mässigende Kühlung her. Rebenbekränzte Hügel senken sich wellenförmig von den Höhen zu der Ebene nieder, welche sich zum weiten Fruchtgarten gestaltet. Die über derselben festgehaltenen warmen Luftströmungen im Verein mit den senkrechteren Strahlen der Sonne bereiten hier ein ausnahmsweise mildes Clima, welches die Vegetation das ganze Jahr hindurch ununterbrochen erhält, und durch die emporstrebenden dunklen Cypressen und den Blätterglanz der immergrünen Bäume und Sträucher nicht minder als durch den üppigen Pflanzenwuchs in Feld und Garten auf den ersten Blick sich kenntlich macht. Das Stadtgebiet ist im weiten Kreise von einem Kranze von Bergen, die nur an zwei Punkten sich verflachen, umrahmt. Im Norden erheben sich steil, als letzte Ausläufer der julischen Alpen, der St. Valentinsberg und der Monte Santo, zwischen welchen sich der Isonzo im tief eingeschnittenen Flussbette hindurch drängt. Mit letzterem Berge steht in Verbindung das östlich von der Stadt gelegene Hochplateau des Tarnovaner Waldes, an welches sich im Hintergründe die Gebirgs-gruppe des Nanos anschliesst. Mit dem Nanos beginnt, das Wippach-thal umschliessend, der Karst, dessen langer, von sanft gerundeten Kuppen überwölbter — nur durch die Einsenkung des Vallone unterbrochener — Höhenzug sich südostwärts von der Stadt bis zum Ein- Frh. 1. Czoernig, die Stadt Görz. 1 Topographie. flasse der Wippach in den Isonzo bei Rubbia erstreckt. Zwischen dem Karste und den westlich gegenüberliegenden Hügeln von Gradisca eilt südwärts in rechtwinklig gebogener Linie der mächtige Gebirgsstrom Isonzo, welcher in seinem oberen Laufe die von den julischen Alpen herabfliessenden Gewässer in sich aufgenommen hat, in flachem Thalgrunde dem 3 Meilen entfernten Meere zu. Die erwähnten Hügel sind in nördlicher Richtung durch eine Einsenkung, welche den Zutritt zu der weiten friaulischen Ebene eröffnet, von dem gegenüber gelegenen, die westliche Begrenzung des Görzer Flachlandes bildenden Calvarien-berge getrennt. An den letzteren reihen sich die Höhenzüge des Hügellandes Coslio an. die an ihrer Ost Seite in dem St. Yalentinsberge ihren Abschluss finden. Dieser weite, von den Bergen umschlossene Thalkessel ist an der West- und der Südseite von zwei Flüssen eingerandet. Im Westen scheidet der Isonzo, nachdem er bei Salcano aus dem Gebiigs-Defìlé getreten, die Ebene von dem Calvarienberge und den südwärts davon gelegenen Hügeln von Gradisca, während die Wippach von ihrem Ursprünge an bis zu ihrer Einmündung in den Isonzo den Karst von dem Thalgelände trennt. Der Thalkessel erstreckt sich in der Richtung von Nordwest nach Südost von Görz bis Wippach in einer Länge von 3 Meilen, von Salcano bis Rubbia in einer Breite von 1% Meilen, und umfasst einen Flächenraum von nahe an 5 □Meilen. Er sondert sich in zwei durch den Liachbach begrenzte Theile, wovon der östliche, über 3 f iMeilen enthaltende, das obere Wippachthal formt, und der westliche, ungefähr l'/2 Quadratmeilen grosse, das eigentliche geographische Gebiet von Görz ausmacht. Die östliche grössere Hälfte dieses Gebietes (0-8 [HM.) wird von den Hügelreihen des Panovitzer Waldes UDd der bis zum Wippach-thale sich hinziehenden Höhen von Staragora eingenommen, während die minder umfangreiche westliche Hälfte (0*6 QM.) die ost-westwärts 0 3— 0'6 Meilen breite, und süd-nordwärts 1*5 Meilen lange Görzer Ebene bildet. Durch eine schmale Thalenge von der Abstufung des Panovitzer Waldes getrennt, springt der isolirt stehende Castellhügel, welcher von dem altehrwürdigen Görzer Schlosse und dessen Bastionen gekrönt ist, in die Ebene vor, und diesem die Fläche weithin beherrschenden Hügel verdankt Görz vor allem seine malerische Lage. Den südlichen und westlichen Abhang des Hügels bedeckt die Altstadt, welcher zuerst die städtischen Privilegien ertheilt wurden; am Fusse des Castellhügels aber breitet sich in weitem von Süden nach Westen und Norden gerichteten Bogen die neuere, die eigentliche und umfangreiche Stadt aus. Sie ist meist auf ebenem Grunde erbaut, doch senkt sich der Boden gegen ihren nordwestlichen Theil, in welchem sich der Cornobach, zwischen Häusern versteckt, fortwindet, um nach kurzem Laufe sich in den Isonzo zu verlieren. Die Fläche endlich zwischen der Stadt und dem Isonzo dacht sich in zwei sanft geneigten Terrassen zum Flusse ab. Die Lage gestaltet daher die Stadt Görz zum Mittelpunkte eines in grossartigem subalpinen Thalkessel gelegenen massigen Terrainabschnittes, welcher ungeachtet der Beschränktheit seines Umfanges die mannigfachsten Gliederungen des Bodens von dem Hochplateau des Gebirges bis zur Flussniederung, und den buntesten Wechsel der Cultur-arten von den herrlichen Eichen- und Buchenhainen, den Rebenhügeln und Obstgärten zu den in reicher Fruchtfülle prangenden Feldern und immergrünen Gärten darbietet. Die Stadt. Mit dem Namen der Stadt Görz wird ein bald grösseres, bald kleineres Gebiet bezeichnet, je nach dem Begriffe, den man mit dieser Bezeichnung verbindet. In grösster Ausdehnung besteht die Stadt als Orts- oder städtische Gemeinde, welche in allen wichtigen, namentlich in administrativen Beziehungen die Einheit bildet. Das Weichbild der Ortsgemeinde Görz umfasst einen Flächenrauin von 4079 Joch oder nahe an einer halben Quadratmeile; es erstreckt sich nord-südwärts von der Nähe von Salcano bis zur Nähe von St. Peter; und vom Isonzo im Westen bis längs der Wiener Strasse zu Ende des Pa-novitzer Waldes im Osten; in welcher letzteren Richtung sich das Stadtgebiet am weitesten ausdehnt. In Beziehung auf die Grundsteuerverwaltung wird die Ortsgemeinde in fünf Catastralgemeinden getheilt, nämlich in jene der Stadt, dann von Grafenberg tCingraf),') Prestau, Rosenthal und Staragora.* 2) ’) Die Catastralgemeinde Grafenberg (Cingraf) liegt im Nordwesten und im Westen der Stadt; sie bildete bis zur neuesten Zeit eine eigene Jurisdiction, welche von dem früheren Eigenthümer und Erbauer des Schlosses, dem Edlen von Zengraf den Namen erhielt, der später in Grafenberg umgewandelt wurde, während im Volksmunde noch immer die Bezeichnung Cingraf erhalten blieb. 2) Man unterscheidet im amtlichen und gewöhnlichen Lehen noch mehrere andere, meist aus wenigen Häusern zusammengesetzte Bestandtheile des städtischen Gebietes, welche aber sämmtlich in die oherwähnten fünf Catastralgemeinden eingereiht werden müssen. So wurden hei der Volkszählung vom Jahre 1820 ausser der eben erwähnten Catastralgemeinde noch folgende Fractionen genannt: Strazig, An der Isonzohrücke, Campagnuzza, Resoners, Fratta, Sotto la Capella, Sopra la Capella, Capella Castagnavizza, Materizza, Bianca, Obere Baita, Untere Baita, Piz Fornasi, Aissovizza, Leoni; ferner die weiter unten zu nennenden Vorstädte. Diese vier letztem Catastralgemeinden umgeben die Stadt im Westen (Grafenberg), Norden (Prestau) und Osten (Rosenthal zunächst und daran anstossend Staragora); während im Süden die Stadt unmittelbar an die benachbarten Landgemeinden St. Peter und St. Andrea grenzt. Bei dieser Eintheilung enthält die eigentliche Stadt mehr als den fünften Theil des Flächenraumes, und vier Fünftheile nehmen die übrigen, das eigentliche Weichbild der Stadt bildenden Catastralgemeinden ein. Es entfallen nämlich auf: die Stadt...................... 849 Joch Grafenberg..................... 544 „ Prestau........................ 425 „ Rosenthal..................... 1073 „ Staragora......................1188 „ Die eigentliche Stadt umfasst wieder mehrere Unterabtheilungen, welche bei der Vornahme der Volkszählung sowie bei andern städtischen Vorgängen abgesondert bezeichnet werden. Sie zerfällt in die innere Stadt (welche die obere oder alte, die untere oder neue Stadt, und den Ghetto — die vormalige Judenstadt ■—■ in sich begreift) und in die Vorstädte, nämlich die Kärntner, italienische und Wiener Vorstadt, ferner die Vorstädte Studenitz, Piazzetta und S. Rocco. Die ersten drei Vorstädte wurden nach den Strassen, die nach Kärnten, Italien und Wien führen, und längs welchen sie liegen, benannt; Studenitz bildet den Stadttheil an der rechten Seite der Eisenbahnstrasse nächst dem Theater; Piazzutta heisst der tief gelegene Stadttheil an dem Cornobache, und S. Rocco, ein vormaliges Dorf, bildet die Südseite des städtischen Gebietes gegen St. Peter; zur Catastralgemeinde Prestau gehört die Vorstadt Castagnavizza, d. i. die Umgebung des Klosters gleichen Namens am Abhange des Panovitzer Waldhügels. Im Uebrigen aber besteht kein Unterschied zwischen der Stadt und den Vorstädten, welche in jeder Hinsicht als integrirende Theile der Stadt, angesehen werden. Als das Wahrzeichen der Stadt, als der Kernpunkt, um welchen herum die Stadt im Laufe der Zeiten entstand, ist das Castell, oder das alte Schloss, welches sich auf der Spitze des 539 Fuss hohen Castellhügels erhebt, anzusehen. Es war einst eine starko Veste, welche — obwohl öfter belagert — bis zur Einführung der Geschütze niemals von den Feinden eingenommen worden ist. Das Schloss bildete bis zum Beginne des 14. Jahrhunderts die dauernde, später die zeitweise Residenz der Grafen von Görz; sein beschränkter Raum lässt auf die massigen Bedürfnisse der damaligen Dynasten schliessen. Das gegenwärtige Schloss ist ein einfaches, nunmehr zu einer Caseine verwendetes Gebäude, über dessen Erbauung keine Nachrichten vorliegen, das aber auf älterer Grundlage in seinem gegenwärtigen Bestände um das Jahr 1460 errichtet worden sein dürfte.1) Es diente aber noch im 17. und selbst im Beginne des 18. Jahrhunderts zu den Hoffesten, welche in Anwesenheit der österreichischen Herrscher bei Gelegenheit der Erbhuldigung stattfanden. Das Schloss ist von einem dreifachen, mit gewaltigen Bastionen versehenen, wohlerhaltenen Mauergürtel umfangen, welcher es möglich machte, dass es noch in den Kriegen zu Anfänge des laufenden Jahrhunderts als Fort benützt werden konnte. Die Befestigungen ruhen auf alten Substruc-tionen; ihr Ausbau begann zur Zeit des Kaisers Max I. im Anfänge des 16. Jahrhunderts, und ward von den Venezianern vollendet, welche Görz zwischen dem Jahre 1508 und 1509 durch mehr als ein Jahr besetzt hielten. Ein an die Mauer des äusseren Thores gelehntes Relief mit dem Löwen des heiligen Marcus, den sie nie unterliessen an ihren Aussenwerken anzubringen, erinnert noch jetzt an ihre einstige Anwesenheit. Von der Höhe des Walles geniesst man eine entzückende Aussicht auf die Landschaft rings umher. Sie reicht von der Höhe der julischen und karuischen Alpen über die Vorberge und Hügel bis zur friaulischen Ebene, in welcher sich der hohe Thurm des Domes von Aquileja deutlich abhebt; gegen Süden verfolgt man die Windungen des Tsonzo bis nahe an seine Mündung, der Rand des Meeres aber verschwindet im Nebeldunste. An den ziemlich steilen Abhang des Castellhügels lehnen sich, namentlich an dessen Südseite, die Gebäude der alten Stadt an, welche von einer starken, zum Theile noch erhaltenen, durch die Venezianer errichteten Mauer umgeben war. Ursprünglich die Wohnstätte der Ministerialen, der Hofbeamten und Diener der Graten von Görz, erhielt diese Ansiedlung durch den Grafen Heinrich II. das Stadtprivilegium. Die engen und winkeligen Gassen, die alterthümlichen Häuser weisen, sowie ihr massiger Umfang auf das frühe Mittelalter hin, und geben Zeugniss, dass die Stadt bei ihrem Entstehen nur eine an Zahl geringe Bevölkerung in sich fassen konnte, welche ihr bescheidenes Dasein in engen und finsteren Wohnungen fristete. Diess zeigt auch das interessanteste historische Denkmal der alten Stadt, die mehr einer Capelle ähnliche heilige Geistkirche, welche von den Edlen von Rabatta im Jahre 1398 erbaut, die älteste und damals einzige Kirche von Görz war, und deren Farade mit den darauf angebrach- ’) Nach einer im kaiserl. Staatsarchive vorhandenen Urkunde erbot sich im Jahre 1460 die „Landschaft“ zu dem Bau im Schlösse zu Görz Robotdienste zu leisten. Siehe I. Tlieil dieses Werkes S. 691. ten, immerhin envähnenswerthen Sculpturen den Charakter jenes Zeitalters an sich trägt. Der ebene Raum am Fusse des Castellhügels, auf welchem sich gegenwärtig die Stadt ausbreitet, war schon seit alter Zeit bewohnt. Man unterschied diese Wohnstätte von der oberen Ansiedlung, welche vor Erlangung des Stadtprivilegiums Terra (Marktflecken) hiess, durch die Bezeichnung Villa (Dorf). Später wurde die untere Ansiedlung Terra genannt, bis das Stadtprivilegium im Jahre 1458 auf sie ausgedehnt wurde. In der unteren Stadt zieht sich eine lange Strassenlinie im Bogen um den Fuss des Castelles hin, welche die Hauptader des städtischen Verkehres bildet. Sie beginnt an der Südseite des Castells mit dem geräumigsten Platze von Görz, dem (früher Schönhaus genannten) St. Antons-Platze (Piazza St. Antonio, auch Piazza delle legna genannt), auf welchem die Schaubühnen herumziehender Gaukler, Kunstreiter u. dgl. aufgerichtet werden. Von dort gelangt man auf den Domplatz, den ältesten Mittelpunkt der unteren Ansiedlung, von wo der Weg auf das Castell hinaufführt. Er bildet den Kreuzungspunkt mehrerer Strassen, und ist nicht sehr geräumig, bewahrt jedoch manche Erinnerung an die Vorzeit. Daselbst befindet sich das Landhaus, worin der Landtag abgehalten wird, und welches bereits in früher Zeit zu den Versammlungen der Landstände diente. Der Platz ist zum Theil noch von Häusern mit alterthümlichen Laubgängen umgeben, unter welchen das Eckhaus in die Rastellgasse, das laut einer darauf angebrachten Steininschrift1) von Hanns Volcker von Ungrischpach 1441 erbaut wurde, das älteste sein dürfte. Der Domplatz führt zu der engen Rastellgasse, welche von hohen, zum Theil mit Laubgängen versehenen Häusern gebildet wird, die grossentheils ebenso wie jene der engen Seitengässchen noch in ihrer Bauart die Spuren des Alterthums an sich tragen. Es ist diess nicht nur der älteste Stadttheil der unteren Stadt, in welchen sich früher der Verkehr zusammendrängte, sondern diese Gasse bildet auch heute noch das Emporium des Handels, und in ihren zahlreichen Kaufläden sind alle Erzeugnisse des In- und Auslandes, von den einfachsten Pro-ducten für ländlichen Bedarf bis zu den ausgesuchtesten Erzeugnissen, welche den raffinirten Luxus befriedigen, zu finden. Dieser rege Verkehr erzeugt daselbst vornehmlich in den Morgenstunden einen solchen Zulauf von Menschen, dass man sich in das Gedränge einer Grossstadt *) *) Dieselbe ist in gothischen Buchstaben abgefasst und lautet: „Anno domini MCCCCXLI Hanns Volcker incepit aedificare hanc domum.“ Das darunter angebrachte Wappen des Halbmondes lässt erkennen, dass der Erbauer der altadeligen Familie Ungrischpach angehörte. versetzt wähnt. Mit der Rastellgasse endigte in früherer Zeit die untere Stadt, und erstere war durch ein noch im Beginne dieses Jahrhunderts vorhandenes Thor abgesperrt. Schreitet man von dieser Gasse weiter, so eröffnet sich dem Blicke der weite und freundliche Platz Traunik, welcher als Gegensatz der Rastellgasse in seinen zum Theile neuen und geschmackvollen Häusern, sowie in seinen prunkenden Kaufläden den Fortschritt der Neuzeit repräsentirt, und nicht nur zur Abhaltung der Wochenmärkte, sondern auch zum Versammlungsplatze und Spaziergange für die elegante Welt dient, welche sich insbesondere daselbst zahlreich versammelt, wenn die Musikbande des hier garniso-nirenden Regimentes durch ihre Kunstleistungen das Publikum erfreut. 13er slavische Name Traunik zeigt an, dass sich hiei ehemals ein an die Stadt grenzender Wiesenplan befand. Die Fortsetzung dieses Platzes bildet die Herrengasse (Contrada dei Signori), so genannt, weil die adeligen Herren hier vorzugsweise ihre Paläste erbauten. Gegenwärtig ist sie mit zahlreichen Kaufläden besetzt und von Fremden vielfach besucht, da in derselben und in deren Nähe sich die vorzüglicheren Gasthöfe befinden, ln der Linie von dem Beginne der Rastellgasse bis zum Ende der Herrengasse drängt sich das kaufmännische Leben der Stadt zusammen; denn während sich hier Kaufladen an Kaufladen gereiht findet, gewahrt man in den übrigen Theilen der ausgedehnten Stadt dieselben nur hier und da zerstreut. An die Herrengasse stösst der Cornoplatz, welcher seinen Namen von dem nahen Cornobache erhalten hat. Mit diesem Platze, dessen westliche Seite der gräflich Attems'sche Palast einnimmt, endigt die Hauptverkehrsader von Görz, welche sich von hier aus in mehrere Gässchen verzweigt. Hinter dem erwähnten Palaste liegt das ehemalige .Tudenviertel, der Ghetto, welcher gegenwärtig den Namen der Johannesgasse trägt, und noch immer vorzugsweise von Israeliten bewohnt wird. Von dieser Gasse zieht sich parallel mit der Herrengasse und dem Traunikplatze die längste Strassenlinie von Görz fast in gerader Richtung und in einer Ausdehnung von einer halben Stunde bis zum Bahnhofe fort. Von der Johannesgasse gelangt man am ausgedehnten Gebäude des erzbischöflichen Seminariums vorüber aut den Gemüse- und Obstmarkt, auf welchem an den Markttagen ein buntes Gewimmel herrscht, und die mannigfachen Gruppen der hiesigen Garteu-und Feldfrüchte einen erfreulichen Anblick gewähren. An dem Fruchtmarkte beginnt die Via nuova, oder Via del Giardino, bis jetzt die neueste aber auch ansehnlichste, breite und gradlinige Strasse, welche nach ihrem vollendeten Ausbau mit dem bis zu ihrer Mitte reichenden grossartigen öffentlichen Garten — dessen später nähere Erwähnung geschieht — der Stadt zur besonderen Zierde gereichen wird. Sie en- digt beim Theatergebäude und setzt sich in die Eisenbahnstrasse fort, welche mit breiten Fahr- und Fusswegen versehen, und zu beiden Seiten mit einer Platanen-Allee geziert, in ihrer eine Viertelstunde langen, und fast geradlinigen Ausdehnung in freundlichster Umgebung binnen kurzem die schönste und belebteste Strasse der Stadt zu werden verspricht. Noch ist erst der der Stadt zunächst gelegene Theil mit Häusern besetzt; doch wird dieselbe in nächster Zeit durch die Thätigkeit der Baugesellschaften und Privaten einen willkommenen Zuwachs durch eine Reihe von Häusern und Villen erhalten. Zwischen der Rastellgasse und der Neugasse (Via nuova) liegt in paralleler Richtung die Fleischbankgasse (Via del macello), mit welcher einst die Stadt abgeschlossen war, und deren Mündung auf die Municipiums- und Theatergasse reicht, welche die Verbindung zwischen dem Domplatze und der Via nuova herstellt und von dort aus in gerader Richtung den Stadttheil Studenitz, von einer dichten Linden-Allee beschattet, durchschneidet. Von dem Studenitz bis zum öffentlichen Garten ist rückwärts von der Via nuova ein neuer freundlicher Stadttheil in der Bildung begriffen, wo der geräumige Heuplatz bald ringsum mit neuen Gebäuden umgeben sein wird. Entfernt von dem Mittelpunkte der Stadt und am äussersten westlichen Raume des städtischen Weichbildes gelegen breitet sich zu beiden Seiten des Tsonzo die industrielle Colonie der Ri tter’schen Fabriken aus, an ihren hohen Schloten und weitläufigen, eine kleine Stadt bildenden Gebäulichkeiten erkennbar. Ihrer wird später umständliche Erwähnung geschehen; hier aber sei nur bemerkt, dass der am rechten Flussufer gelegene kleine Antheil nicht mehr zur Stadt Görz, sondern zur Gemeinde Podgora gehört, während der am linken Flussufer gelegene llauptgebäude-Complex den Namen Strazig (oder Straschitz) führt. Die Stadt Görz vermag in ihrer Gesammtheit auf die Bezeichnung einer schönen Stadt keinen Anspruch zu stellen. Noch weisen die engen Gassen und die Mehrzahl der wenig Comfort gewährenden Häuser auf die nicht fernab liegende Zeit hin, wo sie lediglich den bescheidenen Bedürfnissen einer an Zahl nicht ansehnlichen, wenig wohlhabenden Bevölkerung zu genügen hatte; und es bedarf erfahrungs-gemäss einer längeren Zeit, ehe selbst unter günstiger gewordenen Verhältnissen im Innern einer Stadt eine merkliche Umänderung zum Bessern vor sich geht. Dafür stellen die im Entstehen begriffenen Anlagen der Gassen und Häuser an den Enden der Stadt einen den gestiegenen Anforderungen der Schönheit und Bequemlichkeit entsprechenden Charakter in Aussicht. Gleichwohl abdr fehlt es auch der heutigen Stadt nicht an Palästen, als den Wohnsitzen des einst reichen Adels, und reizende, der Neuzeit augehörige Villen umgeben die Stadt gleich einem blühenden Kranze. Unter den Adelspalästen sind hervorzuheben der Palast der Grafen Strassoldo auf dem St. Antonsplatze (vor mehreren Jahren der Wohnsitz des Herzogs von Angoulème), welchen die Familie von dem Grafen Johann von Görz im 15. Jahrhundert zum Geschenk erhielt; der Palast des Grafen Lanthieri auf demselben Platze, der die schönsten, zahlreichen und reich ausgestatteten Wohnungsräume in sich fasst; der vormals gräflich Thurn’sche, nunmehr dem Herrn Heinrich von Ritter gehörige Palast mit seiner geschmackvollen, allen Forderungen der Eleganz entsprechenden Einrichtung in der Municipiumsgasse; der vormals gräflich Edling’sche Palast in derselben Gasse; ein anderer vormals gräflich Thurn’scher Palast, gegenwärtig der Sitz der Regierungsbehörde, welcher den Traunikplatz beherrscht; das palastähnliche, neu restaurirte Haus der Grafen von Meis ebenfalls am Traunik; der erzbischöfliche Palast am Beginne der Herrengasse nächst dem Traunik; der im Geschmacke des vorigen Jahrhunderts erbaute weitläufige Palast des Grafen Attems am Cornoplatze; ein anderer vormals gräflich Attems’scher, gegenwärtig zu Miethwohnungen umgestalteter Palast in der Seminariumsgasse; der neue Municipalpalast mit einem schönen Saale und den Räumlichkeiten der Oberrealschule in der Via nuova; der gräflich Coronini’sche, vormals gräflich Ra-batta’sche Palast in der Karstgasse (von diesem Palaste Contrada Rabatta genannt) u. A. Unter den sonstigen ansehnlicheren Gebäuden sind vor allem die Militär-Caserne, (vormals das Jesuiten-Collegium) am Traunikplatze, das Gebäude des erzbischöflichen Seminariums, das Gebäude der vormaligen Ritter’schen Zucker-Raffinerie in der Karstgasse, das Militär-Verpflegungsgebäude in der Neugasse, das Schulgebäude (vormals gräflich Werdenberg’sches Convict) in der Schulgasse, das Taubstummen-Institut, das reizend auf einem Bergvorsprunge gegenüber dem Castell gelegene Franciscaner-Kloster zu Castagnavizza, das Pfandhaus (Monte di pietà) in der Herrengasse zu erwähnen. Zur besonderen Zierde gereichen der Stadt die vielen und zum Theile ausgedehnten Gärten, welche die Paläste und Häuser im Innern der Stadt umgeben. Nirgends gewahrt man deutlicher die Wirkungen des milden Clima’s von Görz. Wer dieselben im Winter betritt, und sich an dem Schmucke der immergrünen Bäume und Sträucher, so wie an einer Flora, welche in Deutschland in die Glashäuser verwiesen ist, erfreut, glaubt sich mitten in den Sommer versetzt. Einen besonders reizenden Anblick bieten sie dar, wenn die ersten Strahlen der Frühlingssonne (im März) die zahllosen Bliithen und Blumen hervorlocken, welche die Luft mit einem die Sinne bezaubernden Dufte erfüllen. Unter den Gärten ist vor allem der öffentliche Garten (Giardino publico) zu erwähnen, welcher mit den herrlichsten Pflanzungen versehen und von breiten Wegen durchschnitten, sich zwischen der Via nuova und der Niederung des Corno ausbreitet. Hier kann man das Erwachen der Natur im Februar, in günstigen Jahren selbst im Jänner zuerst beobachten; eine besondere Zierde dieses Gartens bildet aber die prachtvolle und wahrhaft einzige Magnolia grandiflora ferruginea, welche ihre immergrüne Krone an 30 Fuss hoch erhebt. Obwohl erst seit ungefähr zehn Jahren angelegt, hat sich die Vegetation dieses Gartens in einer solchen Fülle entwickelt, dass anderswo kaum 50 Jahre dazu genügt haben würden. Der Garten dient, der Bevölkerung Sommers und Winters zum allgemeinen Spaziergange, in der günstigen Jahreszeit aber bildet er den Sammelplatz der eleganten Welt, besonders wenn die Musik-Capelle daselbst ihre Weisen ertönen lässt. Diesem Garten gegenüber zieht sich der Via nuova entlang eine Reihe von Privatgärten, welche zur Blüthezeit einen freundlichen Einblick gewähren, wohl aber bald den Neubauten weichen dürften. Unter den Privatgärten sind zu nennen: der bis auf die Höhe des Castellhügels sich hinanziehende Garten des gräflich Strassoldo'schen Palastes, dessen hohe Blätterkronen sein Alter bekunden, gleichwie die Rosenpflanzung im Vorgarten ihre Knospen und Blumen fast das ganze Jahr hindurch zur Schau trägt; der durch das üppige Wachsthum seiner immergrünen Bäume und Sträucher ausgezeichnete, wohlgepflegte Garten nächst dem Palaste des Herrn Heinrich von Ritter; der fürsterzbischöfliche Garten, welcher bis an die Bastionen des alten Schlosses hinaufreicht, einen Zier-, Gemüse- und Weingarten in sich fasst, und eine herrliche Aussicht auf die Landschaft von seinem Höhenpunkte darbietet. Unter allen Privatgärten aber nimmt den ersten Platz jener des Herrn Wilhelm von Ritter nächst seiner Villa in der industriellen Colonie von Strazig ein. Er zeichnet sich durch einen ungemeinen Reichthum an seltenen Pflanzen und Bäumen, durch eine üppige Vegetation, durch eine treffliche Pflege (unter dem Kunstgärtner Herrn Fischer) und grossartige Glashäuser aus, und gewährt den Besuchenden das überraschendste Bild der Eignung dieser Gegend für die Cultur südlicher Gewächse. Noch sei hier bemerkt, dass der Besuch dieser Gärten von den Eigentümern über höfliche Anfrage bereitwillig gestattet wird. Eine grössere Anzahl von Gärten findet sich mit den Villen in der Umgebung der Stadt vereinigt, von welch' letzteren sogleich die Rede sein wird. Es dürfte für die Fremden nicht ganz ohne Interesse sein, wenn der Wesenheit nach die Pflanzen und Bäume aufgezählt werden, welche in Deutschland nördlich der Alpen nicht oder nur sehr schwer (nicht ohne Bedeckung zur Winterszeit) im Freien fortkommen, hier aber in offenen Gärten trefflich gedeihen. Im Allgemeinen mag die Bemerkung vorausgehen, dass die Pflanzen und Bäume aus Japan und Californien hier einen günstigen Boden für ihre Vegetation finden. Für die Anlage von schattigen Plätzen eignen sich ganz besonders der Kirschlorbeer (Prunus Lauras cerasus), die Evonymus-Arten und die horizontale Cy-presse (Cupressus horizontalis), welche mit ihrem üppigen Wachsthum in wenigen Jahren einen förmlichen Busch bildet. Der Lorbeerbaum (Laurus nobilis) gedeiht zwar auch sehr gut, hat aber ein langsames Wachsthum; doch finden sich einzelne hohe Lorbeerbäume, wie in einem Garten auf der Strasse nach St. Peter und in der Johannesgasse an der Strassenecke gegenüber der Kirche. Auch die hochstämmige Cy-presse (Cupressus pyramidalis) kömmt hier sehr gut fort, wie die mächtigen Bäume im Garten des Kapuzinerklosters, im städtischen Friedhof, vor allem aber in der Villa des Herrn Luigi Rupnik in Sal cano dar-thun. Eine besondere Zierde der Gärten bildet Viburnum Tinus, welcher mit seinen schneeballenartigen weissen Blüthendolden in üppiger Fülle das Auge während des ganzen Winters hindurch erfreut. Wir lassen hier für Gartenfreunde ein auf Vollständigkeit keinen Anspruch machendes Verzeichniss solcher Bäume und Pflanzen folgen, und sondern dieselben in die — wenngleich der strengen botanischen Systematik nicht entsprechenden — Abtheilungen der immergrünen Laubpflanzen, der laubabwerfenden Gehölze, der Nadelhölzer und der Schlingpflanzen. I. Immergrüne Laubpflanzen. Akeleia quincta * ') Arbutus Andrachne — latifolia Crataegus Pyracantlia — crenulata * — glabra * — Unedo Aucupa japonica Azalea indica Bambusa gracilis Evonymus japonica Elaeagnus reflexa * Erica arborea Forsithia viridissima * — scriptoricnsis Berberis Beali * — Metau Hedera algeriensis * — Roegneriana * — Fortunei * Budlea globosa Camellia japonica Coronilla glauca Cotoneaster mycrophylla * Ilex ferox — japonicum — laurifolium — myrthifolium Jasminium fructicans — grandiflorum *) Die mit einem Sternchen bezeichneten Benennungen entsprechen zwaT der wissenschaftlichen Nomenclatur nicht, werden aber von den Gärtnern angewendet, und hier, wegen mangelnder Kenntniss der wissenschaftlichen Namen, bcibehalten. Jasminium officinale Laurus nobilis Ligustrum japonicum — ovatifolium * Magnolia glauca — grandiflora — ferruginea Malionia aquifolia Mandevillea Suaveolens * Nereum Oleander Olea europaea — fragrans Pistacia Terebinthus Prunus laurocerasus — Lusitanica * — caroliniana Pittosporum Tobira * Phylica angustifolia * Phylica latifolia * Quercus Ilex — Suber Rhamnus Alaternus Rhododendron arboreum Rosa borbonica ) , . Thea ì a s llnmel'gnm — Banksii Ruscus aculeatus — Hypoglossum Shepherdia ferruginea Sophora japonica Viburnum japonicum — pubescens — Tinus Yucca filamentosa — flaccida — gloriosa. II. Laub ab werfende Gehölze. Acacia Julibrisin (Mimosa) Alalia japonica Bignonia capensis * (als Baum) Broussonetia papyrifera Calycanthus praecox — grandiflora * Celtis orientalis Chrysanthemum japonicum Cineraria maritima Cytisus purpureus Clcrodendron Bunghii * Diospyros Lotus Egdworthia chrysant. * Eucalyptus globulus Fontancsia phylliroeoides Gynerium argenteum * Hybiscus anemoneflorus Hybiscus syriacus (als Baum) Hydrargea hortensis — arborescens Indigofera Dosua * Koelreuteria paniculata Lagerstroemia indica * Lonicera iberica Melia Azederach Paliurus aculeatus Populus carolinicnsis Punica Granatum Rubus aculeatus — australis Tamarix africana — Chinensis Vitex agnus castus Wcigelia rosea. als Strauch Araucaria imbricata Cupressus ericoides — funebris — horizontalis — Lawsoniana * — pyramidalis Cephalotaxus tardion Chamaecyparis sphaeroides Cryptomeria japoniea * ' III. Nadelhölzer. Cryptomeria elegans * — Labiana * Juniperus excelsa * — synarosa * — Gossaintheana * — bermudiana * Libocedrus Cliilensis Pinus maritima — pinea Pinus Morindo * — Nordmannia * — Pinzabo * Taxodium sempervivens * Thuja aurea * — compacta — ericoides * — gigantea * Thuja Lubbiana * — Meldensis * — monstrosa * — orientalis — tartarica Thujopsis delabrata Wellingtonia (Sequoja) gigantea. IV. Schlingpflanzen. Apocynum androsaemifolium Bignonia capreolata — jasminoides — radicans Calistegia rubescens * Cissus japonica * Glycine Chinensis — brachylobus * Ipomaea Leani * Lonicera japonica Solanum japonicum — jasminifolium. Bereits oben wurde erwähnt, dass die Stadt Görz von zahlreichen Villen umgeben ist, welche sich mit ihren Gärten an dem äussern Umkreise der Stadt nach allen Richtungen ausbreiten, und ihr ein eigen-thümliches Gepräge behaglichen Lebens verleihen. Indem wir vom Castell aus beginnen, finden wir am Abhange desselben, rechts an der Wiener Strasse gelegen die (früher dem Grafen Attems-Semler gehörige) Villa des Herrn Ritters von Boeckmann, die grossartigste und geräumigste von allen. Sie ist auf der Höhe des Hügels erbaut, von wo man ringsum die freie anmuthige Aussicht geniesst; hat eigene Appartements für die Sommer- und Winterwohnung, und ist von einem Ziergarten, einem Parke und der daran stossenden Braida (Land-wirthschaft) in einer Ausdehnung von 39 Joch umgeben. Se. k. k. Hoheit Erzherzog Carl Ludwig hatte, als er mit seiner durchlauchtigsten Gemahlin den Winter des Jahres 1863—64 in Görz zubrachte, daselbst seine Wohnung genommen; das fürstliche Ehepaar hinterliess eine dauernde Erinnerung durch die Pflanzung von zwei Wellingtonien, welche seitdem zu stämmigen Bäumen emporgewachsen, wohl die schönsten Exemplare dieser Pflanzengattung in weitestem Kreise bilden, und die Bewunderung der Pflanzenliebhaber erregen. Hart an dieser Villa gegen die Stadt zu befindet sich die kleinere, aber mit einem lieblichen Garten ausgestattete Villa Hell’ Acqua; schräg gegenüber aber links an der Wiener Strasse, an dem Castellhügel angebaut, die neue, in eigentümlichem Style erbaute, mit Comfort ausgestattete Villa der Gräfin Törük (früher dem General Baron Suini gehörig). Am Ostabhange des Castells, gegenüber dem Viehmarkte liegt die Villa Sinigaglia. Den grössten Complex von Villen, aber auch zugleich die ältesten Anlagen hat die Strasse gegen Salcano zu aufzuweisen, welche dadurch zu einem reizenden Spaziergange sich gestaltet. Wenn man in der Richtung des Cornoplatzes an das Ende der Stadt (Kärntner Vorstadt) gelangt, gewahrt man zur Linken die Villa des Herrn Baron Hector von Ritter, elegant eingerichtet, und von einem bis zum Cornobache herabgehenden, von vielen Spazierwegen durchschnittenen Parke umgeben. Setzt man den Weg gegen Salcano zu fort, so winken hinter der Braida Cattarmi eine Reihe von Villen zu beiden Seiten der Strasse entgegen. Die erste und grossartigste ist die zur Linken der Strasse sich erhebende Villa Seillern, deren geräumige Appartements im letzten Winter (1873) die durchlauchtigsten Prinzen, Söhne Sr. k. k. Hoheit des Erzherzogs Carl Ludwig, bewohnten. Mit der Villa ist ein Ziergarten und ein ausgedehnter Handelsgarten verbunden, in welchem die hier im Freien fortkommenden Bäume, Sträucher und Pflanzen zu Tausenden gepflegt, und sohin nach Deutschland und Italien weithin versendet werden. An die Villa Seillern stösst das ansehnliche Haus des k. k. Forstamtes an, hinter welchem sich in ununterbrochener Reihe die Villen Tonello, Tomsig, die Villa Augusta (Furlani und Tripp), jene des Grafen Samuel Gyulai und der Gräfin Larisch anreihen. Zur Rechten der Strasse aber befinden sich die Villen des Grafen Cassini, Dörfles und des Herrn Dr. Pajer, Landeshauptmann-Stellvertreters. Bei der Villa des Baron Ritter beginnt die alte Isonzostrasse, welche sich zur Linken der Salcanostrasse gegen das Militärspital und von dort im rechten Winkel bis zur Isonzobriicke hinzieht. An derselben sind zu beiden Seiten mehrere kleine Villen angelegt; die grösseren und geschmackvolleren aber, mit weiten Gärten versehen, sind die neben einander gelegenen Villen Costi und Morosini, in deren erstem- Ihre Durchlaucht die kürzlich hier verstorbene Fürstin Auguste von Auersperg mit ihren fürstlichen Angehörigen seit mehreren Jahren den Winter zuzubringen pflegte. An der neuen Isonzostrasse, welche vom Traunik ausgehend in gerader Richtung durch die Schulgasse und St. Claragasse hinzieht, überschreitet man am Ende der Stadt den Cornobach auf einer hohen Dammbrücke. Jenseits der Brücke erhebt sich links die stattliche, kürzlich erbaute Villa des Freiherrn von Form enti ni, während zur Rechten auf einem Vorsprunge gegen das Flussthal die neu restaurate Villa des Grafen Coronini einen freundlichen Anblick gewährt. Diese Villa bildete den Mittelpunkt einer Jurisdiction, welche mit der oben erwähnten Catastralgemeinde Grafenberg oder Cingraf zusammenfiel. Der Vorbau derselben ruht auf vier antiken, von Aquileja hierher gebrachten Granitsäulen. König Carl X. von Frankreich bewohnte am Ende seines im Exil beschlossenen Lebens diese Villa, und starb in derselben im Jahre 1836; im Jahre 1852 beherbergte dieselbe Se. k. k. Hoheit den Erzherzog Ludwig Victor, welcher sich damals zur Kräftigung seiner Gesundheit, mit seiner durchlauchtigsten Mutter, der Erzherzogin Sophie, hier aufhielt. Von der Isonzostrasse führt der Weg nach Strazig, wo sich die bereits erwähnte Villa des Herrn Wilhelm von Ritter befindet. Richtet man seine Schritte zur entgegengesetzten Seite der Stadt, so gelangt man beim Theater zu der Strasse, welche zum Bahnhofe führt (Via della Stazione). Es ist dieses die Zukunftsstrasse von Görz, welche voraussichtlich binnen nicht langer Zeit die beliebteste und freundlichste Strasse zu werden verspricht, wie sie schon gegenwärtig den besuchtesten Spaziergang für die elegante Welt bildet. Schon wurden am Beginne derselben einige villenartige Häuser erbaut, binnen Kurzem aber wird sich längs derselben durch die Thätigkeit der Baugesellschaften (namentlich der österreichischen Baugesellschaft für Cur-orte), und die Unternehmungslust der Privaten eine Reihe von geschmackvollen — zum Theile bereits unter Dach gebrachten — Villen und Häusern erheben, welche die Stadt allmälig bis zum Bahnhofe verlängern, und den Reisenden, welche die Stadt besuchen, einen imponi-renden Anblick darbieten wird. Wendet man sich endlich zur Südseite auf den nach dem nahen Dorfe St. Peter führenden Weg, so gewahrt man zur Linken im Hintergründe eines geräumigen Gartens die freundliche und geräumige Villa des Herrn Barogi, und gelangt in St. Peter zu der neu hergestellten, von reizenden Gartenanlagen umgebenen Villa Sr. Excellenz des Herrn Feldzeugmeisters Grafen von Coronini, welche zugleich den Stammsitz der gräflichen Familie bildet. Das Bild der Stadt würde nicht vollständig sein, wenn man nicht auch der minder einladenden und weniger hervorragenden Theile der Stadt Erwähnung thun würde. So macht sich die Altstadt mit den daran stossenden Theilen der unteren Stadt durch enge, finstere Gässchen und alterthümliche, zum Theile dem Verfalle entgegengehende Häuser mit kleinen Gelassen kennbar. Die Vorstadt Piazzutta, in der Niederung am Cornobache einen weiten Platz bildend, beherbergt in den zum Theil ärmlichen Häusern die untere Bewohnerklasse, während man sich in der Vorstadt S. Rocco, wo man zwischen Bauernhäusern und allen dazu gehörigen Beiwerken wandelt, in ein Dörfchen des flachen Landes versetzt wähnt. Der diesem Werke beigegebene Plan, in welchem die bis zur Gegenwart (1873) vorgenommenen Bauten aufgeführt sind, bietet ein eingehendes Bild der Stadt und ihres Weichbildes dar. II. Bevölkerung. Volkszahl. Neben vereinzelten älteren, weniger verlässlichen Angaben über die Bevölkerungsziffer der Stadt Görz, wie Li echtenstern *) mit 7«21 für das Jahr 1788 und 8489 für 1812, dann eine andere mit 12.000 für 1812* 2) bieten die nach der Wiedervereinigung der Grafschaft mit der Monarchie in regelmässigen Zwischenräumen vorgenommenen Volkszählungen seit 1820 genaue Angaben über die Volkszahl. Es wurden constatirt : 1820 . . . 7.784 1830 . . . 8.673 1840 . . . 9.557 1850 . . . 10.581 1857 . . . 13.297 1869 . . . 16.659. Hieraus ergibt sich eine stetige Zunahme der Volkszahl, welche bis zum Jahre 1850 etwas über 1 Percent betrug, von da ab aber, durch die neu eröffneten Communicationen, sich auf mehr als 2 Percent im Jahre erhob. Die Reihenfolge zeigt zugleich, dass diese Zahlen durchwegs für die Ortsgeineinde gelten, was ebenso aus dem Modus der Zählungen, welche gemeindeweise vorgenommen wurde, als aus dem Umstande hervorgeht, dass nur in dieser Art sich der stetige natürliche Zuwachs ergibt, wobei zu erwähnen ist, dass seit 1839 die beiden Catastralgemeinden liosenthal und Staragora in das Stadtgebiet einbezogen wurden. Es wies die Zählung vom 31. December 1869 folgende zur Orts-gemeindo Görz gehörige Bestandteile (die innere Stadt mit dem Ghetto, die äussere Stadt — die Vorstädte — welche beide zusammen die Catastralgemeinde Görz ausmachen, dann die Catastralgemeinden Grafenberg, Prestau mit Castagna vizza, Rosenthal und Stai agora) auf: ') Handbuch der Geographie, Wien 1817. 2) l)ie illyrischen Provinzen, Wien 1812. Innere Aeussere Stadt Studenitz . . . . Piazzutta . . . . Kärntner Vorstadt Wiener „ Italienische „ S. Rocco . . . . Zusammen Grafenberg................ Prestau mit Castagnavizza Rosenthal ................ Staragora ................ Zusammen Ortsgemeinde Görz Häuser Einwohner . 531 9316 44 584 76 1216 50 618 23 321 41 488 . 136 1913 . 901 14456 79 975 69 848 33 210 29 170 . 210 2203 . 1111 16659 Das Bewohnungsverhältniss stellt sich hiernach mit 15'0 Personen auf 1 Haus für die ganze Ortsgemeinde, mit 175 für die innere Stadt, mit 14‘0 für die äussere Stadt und mit lü'5 für das Weichbild der Stadt. Es ergeben sich daher auch für die Vorstädte und das Weichbild der Stadt fast durchwegs städtische Verhältnisse. Auch das Bewohnungsverhältniss ist im Verlaufe der Zeit gestiegen, es betrug 1830 bei 707 Häusern 12*2 und 1857 bei 998 Häusern 13’3 Bewohner auf ein Haus. Diese Steigerung ist hiernach nicht so rasch als jene der Bevölkerung vor sich gegangen, ein Beleg dafür, dass die Neu- und Umbauten mit der Zunahme der Bewohner nicht gleichen Schritt hielten. Aehnliches kömmt bei den volkreichen Städten der Monarchie fast ausnahmslos vor und bildet die Grundursache der allenthalben auftretenden Wohnungsnoth. Die weiteren Angaben über die Bevölkerung der Stadt Görz müssen durchwegs für die ganze Ortsgemeinde geschehen, weil nur für diese die Erhebungen nach Geschlecht, Alter, Beruf etc. zu Gebote stehen. In ersterer Beziehung theilen sich die effectiven, d. h. die ortszuständigen anwesenden und die fremden Bewohner von Görz in 8080 männliche und 8579 weibliche, wornach auf 1000 männliche Bewohner 1061-8 weibliche entfallen. Es ist diess ein weniger auffälliges Ueber-wiegen des weiblichen Geschlechtes, als es in den nördlicher gelegenen Städten der Monarchie, welche zum Theile bis 1200 und mehr Frauen auf 1000 Männer zählen, gefunden wird. Nach Altersperioden aber wechselt dieses Verhältniss höchst erheblich. Es wurden gezählt: Fr. v. Czoernig, die Stadt Görz. 2 auf 1000 männliche kommen weibliche männlich weiblich 984-9 Bis 5 Jahre.......... Ueber 5 bis 10 Jahre 957-3 775-3 1398-5 1335-4 94Ž-9 95 Jahre Das männliche Geschlecht hat in den ersten Lebensjahren, entsprechend der grösseren Zahl der geborenen Knaben, das Uebergewicht, welches sich in der Altersperiode zwischen dem 10. und 15. Jahre durch die von Aussen zuziehenden Schüler der Mittelschulen und Ge-werbslehrlinge auf mehr als 28 Percent über die Zahl der Mädchen im gleichen Alter steigert. Von dieser Altersstufe ab fängt das weibliche Geschlecht zu überwiegen an, am erheblichsten zwischen dem 25. und 35. Altersjahre durch das weibliche Hausgesinde, und es behält dieses Uebergewicht fast ununterbrochen bis zu den höchsten Altersstufen, wo fast völlige Gleichheit der Geschlechter eintritt. Noch näher stehen sich die Geschlechter bei der einheimischen (ortszuständigen) Bevölkerung. Diese wurde für die Stadt Görz mit G333 männlichen und 6505 weiblichen Individuen, zusammen 12.838, erhoben, woraus das Verhältniss von 1000 männlichen zu 1027-1 weiblichen resultirt. Da aber die männliche Bevölkerung mehr mobil ist (von den männlichen Einheimischen waren 431, von den weiblichen *) *) Die geringe Individuenzahl in diesen Altersstufen macht die Berechnung unthunlich. 149 abwesend) und umgekehrt unter den anwesenden Ortsfremden das weibliche Geschlecht überwiegt (2177 Männer, 2223 Frauen), so entsteht hierdurch jenes stärkere Vorwiegen des weiblichen Geschlechtes unter der factischen Bevölkerung. Diese setzt sich im Jahre 1869 aus 12.259 (64'2 Percent) anwesenden Einheimischen und 4400 (35’8 Percent) Ortsfremden zusammen. Im Jahre 1857 wurden 10.494 (78-9 Percent) Einheimische und 2803 (21*1 Percent) Ortsfremde gefunden. Die Zuwanderung der Fremden ist daher um 14-7 Percent gestiegen. Diese theilten sich wieder in 2773 Angehörige anderer Gemeinden des Küstenlandes, 1035 „ „ Länder der Monarchie und 592 Ausländer. Bei der zweiten Kategorie wird hauptsächlich die Entfernung des Landes massgebend, daneben aber auch dessen Grösse und die Beweglichkeit seiner Bewohner, denn es finden sich unter den in der Stadt Görz weilenden Fremden 334 Krainer, 129 Böhmen, 115 Ungarn, 102 Kärntner, 86 Steiermärker, 81 Unter-Oesterreicher, 68 Mährer, 50 Tiroler, 32 Galizier, 15 Ober-Oesterreicher, 11 Dalmatiner, 6 Siebenbürger, 3 Schlesier und 3 Angehörige der Militärgrenze. Unter den in der Stadt Görz vorfindlichen Ausländern machen nur die Italiener eine beträchtlichere Zahl aus. Es wurden erhoben: 467 Italiener, 51 Deutsche, 25 Schweizer, 22 Franzosen, 9 Russen, 6 Afrikaner, 4 Britten, 4 Spanier, 4 Türken. Die Zahl der Einheimischen überhaupt wurde im Jahre 1857 mit 12.904 angegeben. Hiernach wäre sie 1869 sogar um 96 Köpfe zurückgegangen. Die Art der Erhebung im letzteren Jahre, nämlich die Conscribirung der abwesenden Einheimischen am Heimatsorte, lässt allerdings Bedenken gegen die Vollständigkeit zu, doch Kt es nicht unwahrscheinlich, dass auch Görz jene Eigentümlichkeit der Stadtbevölkerungen zeige, nach welcher sich die eingesessene heimische Bevölkerung nur höchst unbeträchtlich mehrt, ja bei vielen Städten sogar zurückgeht und die Vermehrung der Bevölkerung nur durch den Zuzug von Aussen stattfindet. Nach dem Civilstande wurden männl. weibl. Ledige 5229 5255 Verheiratete 2564 2563 V erwitwete 284 759 Geschiedene 2 gefunden. Wird der Nachwuchs bis zum 15. Lebensjahre von der ersteren Ziffer abgezogen, so verbleiben 2407 männliche und 2715 weibliche Ledige. Die erwachsene Bevölkerung (jene mit mehr als 15 Lebensjahren) theilt sich daher in männl. weibl. Percent Ledige .... 45-8 45-0 Verheiratete .... 48-8 42-4 Verwitwete .... 5-4 12-6 Dieses Verhältniss ist für Görz ganz auffallend günstig. Unter den 28 Städten, welche eigene Statute besitzen und daher bei der Zählung für sich erhoben wurden, haben in den im Reiclis-rathe vertretenen Ländern nur vier1) eine noch geringere Quote von Ledigen unter der erwachsenen männlichen Bevölkerung, nur sechs2) eine solche der weiblichen. In den meisten Städten dagegen übersteigt die Zahl der ledigen Erwachsenen 50, in einigen sogar 60 Percent. Es gilt aber diese Erscheinung mit Grund für einen Gradmesser gesunder Verhältnisse, weil der Abschluss der Ehe als die naturgemässe Bestimmung der erwachsenen Bevölkerung anzusehen ist. Dass dio Zahl der verwitweten Frauen viel höher steht als jene der Männer, liegt ebensowohl darin, dass die Frauen überhaupt relativ zu höherem Alter gelangen, also auch bei den Ehen häufiger den über- *) Lemberg, Krakau, Zara und Iglau. 2) Lemberg, Krakau, Zara, Cilli, Trient und Linz. lebenden Thell bilden, auch sich seltener ein zweitesmal verheiraten, als die Männer, wie in den städtischen Verhältnissen, indem hier wie anderwärts manche Witwe, die ihren Mann ausser der Stadt verloren hat, dieser des Erwerbes wegen zuzieht. Bezüglich des Bekenntnisses ist die Bevölkerung von Görz fast ausschliesslich katholisch und es kommen andere Confessionen nur vereinzelt, meist durch Ortsfremde repräsentirt, vor. Es fanden sich unter der anwesenden Bevölkerung : 16.315 römisch Katholische, 5 griechisch „ 1 „ Orientalische, 5 „ Armenische, 110 Lutheraner, 8 Reformirte, 10 sonstige Christen, 205 Israeliten. Es erübrigt noch die Scheidung der Bevölkerung nach dem Berufe und der Beschäftigung, welche hei der jüngsten Volkszählung weit eingehender als vordem vorgenommen wurde. In dieser Beziehung wur- den in der Stadt Görz erhoben: Von je 1000 der Gesaimnt-Zahl Bevölkerung Geistliche........................................215 12!) I Beamte und Diener...............................316 18"97 Lehrer............................................ 103 6 18 Studirende..................................... 578 3470 Künstler........................................ 29 174 Rechtsanwälte, Notare........................... 43 2-58 Sanitätspersonen................................ 47 2'82 Der Land- und Forstwirtschaft Angehörige . . . 989 59'37 Der gewerblichen Industrie Angehörige.............. 2791 173-34 Dem Handel und Transportsunternehmungen Angeh. 831 49'87 Bei Geld- und Creditinstituten Beschäftigte ... 16 0-97 Haus- und Rentenbesitzer....................... 855 51'32 Diener für persönliche Leistungen.............. 1570 94'24 Personen ohne bestimmten Erwerb : über 14 Jahre, männliche..................217 13-03 weibliche................... 3368 202-17 unter 14 Jahren, männliche................. 2367 142'09 weibliche................... 2224 133 50 Der Reihenfolge gegenüber, welche über die Bevölkerung nach dem Berufe und der Beschäftigung im 1. Bande dieses Werkes (S. 47) für die ganze Grafschaft angeführt wurde, ergeben sich aus der obigen für die Stadt Görz allein nur jene Abweichungen, welche als Folgen des natürlichen Gegensatzes von Stadt und Land resultiren. In ersterer treten neben den Ständen mit gelehrter Vorbildung, den Geistlichen, Beamten, Lehrern, Künstlern besonders die Handwerker und industriellen Beschäftigungen verstärkt auf, wogegen der Landbau zurücktritt. Dieser Unterschied wirkt auch auf die sehr ansehnliche Rubrik der Frauen ohne bestimmten Erwerb zurück, indem auf dem Lande die Gattinen, welche Antheil an der Landwirtschaft nehmen, auch dieser Beschäftigung zugetheilt wurden, während sie in der Stadt, wo sie wohl an der Hauswirtschaft, aber seltener am eigentlichen Geschäfte des Mannes Antheil nehmen, in fast doppelt so grosser Zahl der Rubrik „ohne Beschäftigung“ zugezählt wurden. Gleich charakteristisch ist auch der Unterschied zwischen Stadt und Land in den Dienstverhältnissen. ln der erstem entfällt 1 Diener für persönliche Leistungen auf 10’6, in der übrigen Grafschaft Görz auf 43'9 Bewohner. Weniger erheblich ist dieser Unterschied bei der Industrie und dem Handel, indem in der Stadt Görz auf 1 Unternehmer 2'9, in der übrigen Grafschaft 27 Bedienstete entfallen. Bewegung der Bevölkerung, a) Trauungen. Im Durchschnitte der Jahre 18fil—1871 fanden in der Stadt Görz jährlich 123 Trauungen statt, wornach, mit Verwendung der jüngsten Zählungsziffer, 7'4 Trauungen auf 1000 Bewohner, oder 1 Trauung auf 135 Bewohner entfallen. Die Ergebnisse stehen daher für die Stadt und das Land völlig gleich und im Allgemeinen durch eine lebhafte Trauungsfrequenz günstig. Nach dem Civilstande der Brautleute kamen vor: Zahl Unter je 1000 Trauungen zwischen Ledigen . . 102 829-3 „ „ Verwitweten . . 3 24-4 „ „ Witwern und Ledigen . . . . 13 105-7 „ „ Witwen und Ledigen . . . . 5 40-0 Die Zahl der zwischen Ledigen abgeschlossenen Ehen ist eine hohe, doch nicht ganz so beträchtlich wie auf dem Lande, wovon der Grund darin liegt, dass die Heiraten in der Stadt nicht so frühzeitig wie dort abgeschlossen werden. Denn die Brautleute vertheilen sich nach dem Alter folgender Art: Zahl Unter je 1000 Bräutigam unter 24 Jahren .... 19 154-5 V von 24 bis 30 Jahren . . . .... 45 365-9 7) „ 30 „ 40 „ . . . .... 40 325-2 7) „ 40 B 50 „ . . . .... 11 89-4 7) , 50 „ 60 „ . . . .... 6 48-8 T) über 60 Jahre .... 2 16-2 Bräute unter 20 Jahren .... 12 97-6 7) von 20 bis 24 Jahren . . . . .... 30 243-9 V „ 24 „30 „ . . . . .... 46 374-0 V „ 30 „ 40 „ . . . . .... 26 211-4 7) » 40 „ 50 „ . . . . .... 7 56-9 7) über 50 Jahre .... 2 16-2 Nicht allein wird in der Stadt die Ehe im Allgemeinen später geschlossen als auf dem Lande, sondern auch die Alters-Combinationen der heiratenden Paare sind andere. So finden sich unter den 19 Bräutigamen im Alter unter 24 Jahren 11, welche Bräute gleichen Alters, und 8, welche an Jahren ältere heiraten. Auch von den 45 der nächsten Alters-Kategorie (24 bis 30 Jahre) verbinden sich 20 mit Bräuten unter 24 Jahren, 19 mit gleich alten und 6 mit solchen, die ein höheres Alter haben. Und noch im nächsten Decennium der Bräutigame macht sich diese Erscheinung, obwohl in geringerem Masse, bemerklich. Es i't diess eine bei den meisten Städten vorkommende Eigenthüm-lichkeit, welche aus dem Streben nach einer Mitgift hervorgehen dürfte, indem besonders Gewerbetreibende ältere Bräute, welche sich einiges Vermögen erworben haben, wählen und sich hierdurch die Mittel zum Betriebe eines selbstständigen Geschäftes verschaffen. Auf dem Lande ist diess weniger der Fall, indem hier die mit der Braut in’s Haus tretende Arbeitskraft in erster Reihe gezählt, und daher durch eine zeitlich abgeschlossene Ehe möglichst rasch erworben wird. Die Vertheilung der Trauungen nach Monaten bietet nichts Eigentümliches. Wie allenthalben sind der Carnevai und die Zeit vor Eintritt des Adventes die Perioden der Vermählungen, daher kommen im Februar 29, im November 23 Trauungen vor, während die Monate, in welche die Tage, an denen die Eheschliessungen für Katholiken kirchlich nicht gestattet weiden, fallen, nur wenig Trauungen, der März 4, der December 1 aufweisen. In den übrigen Monaten schwankt die Zahl der Trauungen zwischen 6 und 11. b) Geburten. Im gleichen Zeiträume (1861—1871) wurden in der Stadt Görz durchschnittlich 506 Geburten gezählt, wornach 30 Geburten auf 1000 Bewohner oder 1 Geburt auf 33 Bewohner entfielen. Auch die Geburten finden sohin in der Stadt etwas weniger häufig als im ganzen Lande statt. Unter der Durchschnittszahl von 506 Geborenen wurden gefunden: Zahl Unter je 1000 Knaben . ... 263 519-8 Mädchen . . . . v>43 480-2 Eheliche . ... 463 915-0 Uneheliche . . . . 43 85-0 Lebendgeborene . . . . ... 484 956-5 Todtgeborene .... . . . . 22 434 Das Sexualverhältniss der Neugeborenen stellt sich hiernach mit 1041 Knaben auf 1000 Mädchen, nicht so hoch, wie im Lande Görz oder wie es sonst zumeist vorkömmt. Dagegen zeigt die Stadt Görz bezüglich des Verhältnisses der ehelichen und unehelichen Geburten sehr günstige Zahlen. Denn wenn auch jene 85 Unehelichen unter je 1000 Geborenen die Quote der Grafschaft im Ganzen (27-3) erheblich übersteigen, so ist das Uebergewicht der Stadt gegen das sie umgebende Land doch bei Weitem nicht so gross, als bei den meisten andern, namentlich den vorwiegend deutschen Städten. Der zeitlichere Abschluss der Ehe bildet den hauptsächlichsten Erklärungsgrund dieser Erscheinung. Dass die relative Zahl der Todtgeborenen in der Stadt Görz eine bedeutendere ist, als im Lande (43-4 gegen 12'1 unter 1000 Geborenen) mag wohl mehr in der geringeren Schonung, welche sich die ärmeren Stadtbewohnerinnen während der Schwangerschaft zu gönnen vermögen, als in absichtlicher Vernachlässigung liegen. Nach Monaten vertheilen sich die Geburten in der Stadt Görz : Zahl Von je auf den Jänner .... ... 49 96-8 55 55 Februar . . . . ... 42 83-0 v 55 März ... 48 949 r> 55 April ... 40 79-1 55 55 Mai 751 ” 55 Juni 71-1 55 /5 Juli ... 41 81-0 55 55 August . . . . ... 44 87-0 55 55 September . . . ... 41 81-0 Zahl Von je 1000 auf den October „ „ November „ „ December 38 75-1 48 94-9 41 81-3 Diese Reihenfolge zeigt eine sehr interessante Eigenthümlichkeit. Wird nämlich diesen Monatsziifern der entsprechende Monat der Con-ception entgegengehalten, d. i. den Geburten des Jänners der April, jenen des Februars der Mai u. s. w., so zeigt sich, dass in der Stadt Görz der Culminationspunkt der vorkommenden Conceptionen auf den Februar bis April fällt. In der Monarchie, wie in den Grossstädten Wien, Prag und Pest fallen dagegen die meisten Conceptionen im April bis Juni vor. Die mit dem Erwachen des Jahres gesteigerte Fähigkeit zum Legen neuer Lebenskeime tritt sohin in Görz früher auf, als in dem grössten Theile des Reiches. Es kann diess nur aus dem milden Clima erklärt werden, welches auch in dieser Richtung den Lebenstrieb früher weckt, als in rauheren Regionen. Die Zahl der Gestorbenen in der Stadt Görz betrug zwischen den Jahren 1861 —1871 durchschnittlich 468, davon 244 männlichen und 224 weiblichen Geschlechtes. Anf 1000 Bewohner kommen daher 27 Gestorbene, oder 1 auf 34 Personen. Dieses Verhältniss ist für Görz besonders günstig. Unter den sämmtlichen Hauptstädten der im Reiclisrathe vertretenen Länder erscheint nur Innsbruck mit einer relativ noch günstigeren SterblichkeitszifFer, es kömmt dort 1 Todesfall auf 41 Bewohner. Czernowitz steht mit 1 : 35 Görz gleich, in allen übrigen Städten aber entfallen weniger Köpfe auf 1 Todesfall, die Sterblichkeit ist demnach intensiver als in Görz 1). Nach dem Geschlechte kommen 52L4 Todesfälle beim männlichen und 478-6 beim weiblichen Geschlechte unter je 1000 vor. Es ist sohin das Sexualverhältniss der Gestorbenen ein weit anderes als jenes der Lebenden, welches einen nicht unerheblichen Ueberschuss des weiblichen Geschlechtes gezeigt hat. Die weit intensivere Sterblichkeit des männlichen Geschlechtes, besonders in den ersten Jahren nach der Geburt, zehrt die Mehrzahl der geborenen Knaben völlig auf und lässt schon vom 15. Jahre ab, wie gezeigt wurde, das weibliche Geschlecht an Zahl überragen. Es starben : ') Diese Relativ-Zahlen betragen für Wien 31, Linz 28, Salzburg 33, Graz 31, Klagenfurt 24, Laibach 31, Triest 20, Prag 23, Brünn 24, Lemberg 32, Zara 27 Bewohner anf 1 Todesfall. c) Sterbefalle. Zahl Von je 1000 m. w. m. w. Von der Geburt bis mit 5 Jahren .... 94 81 385-2 361-6 Ueber 5 bis 10 Jahre 12 10 49-2 44-6 n 10 n 15 11 3 6 12 • 3 26-8 11 15 11 20 n 7 6 28-7 26-8 n 20 Y) 30 n 17 17 697 75-9 V 30 11 40 n 19 15 779 67-0 n 40 n 50 n 18 16 73-8 71-4 V 50 11 60 n 18 17 73 8 75-9 n 60 n 70 r> 23 21 94-2 938 n 70 n 80 n 23 22 94-2 98-2 11 80 n 90 n 9 11 369 49-1 r> 90 Jahre 1 2 4-1 8-9 Auch diese Tafel lässt die Stadt Görz besonders günstig erscheinen. Werden die angeführten Zahlen zu Gruppen nach den natürlichen Lebensabschnitten zusammengezogen und den Ergebnissen der Monarchie im Ganzen wie jenem ihrer Grossstädte entgegengehalten, so stellt sich die Sterblichkeit folgender Art: Stadt Monarchie Gross- Görz städte Von je 1000 Verstorbenen standen im Kindesalter (von der Geburt bis 5. J.) . . . 379.9 481-5 440-8 im Alter der Schulpflicht (über 5 bis 10 J.) . . 47-0 38 8 29-5 im Jugendalter (über 10 bis 20 J.) 47-0 36-5 49-1 im Alter der Vollkraft (über 20 bis 40) ... . 145-3 106-7 182-2 im reifen Alter (über 40 bis 60 J.) 147-5 144-1 1500 im Greisenalter (über 60 Jahre) 239-3 192-4 148-4 Die Stadt Görz weiset eine weit geringere Kindersterblichkeit auf, als die Monarchie und deren grosse Städte. Insbesondere aber hebt sie sich von den letzteren vortheilhaft mit der Sterblichkeit vom 20. bis 40. Jahre ab, weil das milde Clima jenen Krankheiten entgegenwirkt, welche in diesem Lebensalter die Bevölkerung der Gressstädte decimiren. Hierdurch bleiben in der Stadt Görz um 4'7 Percent mehr Leute bis zum Greisenalter erhalten, als in der Monarchie überhaupt, und um 9T Percent mehr als in den Grossstädten, ein Ergebniss, wie es gleich günstig kaum in irgend einem Theile der Monarchie aufzufinden sein dürfte. Die Vertheilung der Sterbefälle nach Monaten stellt sich folgender Art : Es entfallen Zahl Von je 1000 auf den Jänner . . 46 98'3 V r> Februar . . 40 85-5 r> r, März . . 36 769 n V April . . 41 87-6 r> r> Mai . . 44 94-0 V V Juni . . 29 62-0 7) n Juli . . 36 76-9 V n August . . 44 94-0 y> n September .... . . 46 98-3 T> n October 81-2 V 7) November .... . . 31 66-1 V V December . . 37 79-1 Die Quoten der einzelnen Monate erscheinen ziemlich gleichartig und auch die Wintermonate Jänner und Februar heben sich nicht so scharf ab, wie bei den Sterbefällen des Reiches im Ganzen, wo über lü Percent der Verstorbenen auf jeden dieser Monate entfallen. Auch hierin lässt sich die Nachwirkung des gleichmässigen milderen Clima’s erkennen, welches von grossen, für schwächliche Organismen verderblichen Temperatursprüngen frei ist. Noch bleibt die Frage zu erörtern, wie sich die Sterblichkeit der Stadt Görz in den Zeiten herausstellt, wo Seuchen in der Monarchie verheerend auftreten. Von solchen ist das Reich oder doch einzelne Theile desselben wohl in keinem Jahre der letztvevflossenen 2 Jahrzehente ganz verschont geblieben, als förmliche Seuchenjahre aber, in welchen die Sterblichkeit durch das Grassiren einer Epidemie hoch über den Durchschnitt stieg, erscheinen nur die Jahre 1855 und 1866 ’)• Für das erste dieser Jahre stehen die auf die Stadt Görz bezüglichen Angaben nicht zu Gebote. In der ganzen Grafschaft Görz-Gradisca fielen der Cholera 5470 Personen zum Opfer, bei einer Gesamint-Sterblichkeit von 11.025, welche also doppelt so hoch stieg, als der für eine längere Reihe von Jahren gefundene Durchschnitt. Seit dieser Zeit aber ist die Stadt Görz von Seuchen fast völlig verschont geblieben. Es starben von 1866 bis 1871 46 Personen an der Cholera, in der höchsten Zahl 9 in den Jahren 1870 und 1871, 9 Personen an den Blattern, davon 5 im Jahre 1857, und 85 an sonstigen Epidemien, unter welchen der Typhus die grösste Zahl wegraffte, und zwar ins- *) *) Im Jahre 1849 erkrankten in Triest 5000 Personen an der Cholera, wovon ungefähr 2000 starben, während in Görz die Seuche 101 Erkrankungen mit 57 Todesfällen nach sich zog. Im J. P73 kam in Görz kein einziger Cholerafall vor, während die Seuche in allen benachbarten Gegenden und Städten auftrat. besondere 63 im Jahre 1865 *). Die im nächsten Jahre auftretende Cholera, welcher in den im Reichsrathe vertretenen Landein zusammen 165.292 Menschen zum Opfer fielen, die grössten Zahlen in Böhmen, Mähren und Galizien, hat wohl in der Grafschaft 395 Todesfälle veranlasst, wovon aber nur 16 auf die Stadt Görz kamen. Es ist diess ein sehr geringer Verlust, wenn bedacht wird, dass die Seuche als grimmige Geissei die von den Kriegsheeren belegten Landestheile überfiel, wozu auch Görz, wenn nicht als Kriegsschauplatz, so doch an diesen unmittelbar grenzend, gehörte. Also auch in dieser schweren Probezeit hat die Stadt Görz ihren Ruf besonderer Salubrität vollauf bewahrt. Diese Salubrität ist aber noch weit grösser, als es die Zahl der vorgekommenen Sterbfälle nachzuweisen scheint. Die Sterblichkeit ist zwar überall in der wohlhabenderen Classe geringer, als in der allen Entbehrungen des Lebens ausgesetzten niederen Volksschichte. Gleichwohl aber ist dieser Abstand zwischen den beiden erwähnten Volksclassen bezüglich der Sterblichkeit in Görz ein weit grösserer als anderswo. Denn während die gewöhnlichen Ursachen einer grösseren Sterblichkeit, als schlechte Nahrung, ungenügende Kleidung, gesundheitswidrige Wohnung, grosse Sorglosigkeit in Anrufung der ärztlichen Hilfe, Ausser-achtlassung der gebotenen Vorsichten und vernachlässigte Pflege bei ausgebrochenen Krankheiten unter der niederen Volksclasse in ungewöhnlichem Masse Vorkommen, ist die Sterblichkeit unter der höheren Classe eine ausnahmsweise geringe. Diess wurde durch einen kürzlich erstatteten Bericht des Communalarztes an den Gemeinderath, welchem zufolge die Sterblichkeit in den von der niederen Volksclasse bewohnten Quartieren ein überwiegend grösserer ist, als in den anderen Stadt-theilen, klar nachgewiesen. Ueber die vorherrschenden Krankheiten und die dadurch hervorgerufenen Todesfälle stehen leider für das ganze Stadtgebiet keine Daten zu Gebote. Wohl aber lassen die Nachweisungen des Krankenhauses für Männer erkennen, welche Krankheiten und dadurch bedingte Sterbefälle die niedere Volksclasse, die das Contingent für das Krankenhaus liefert, vorzugsweise betrafen. In dem Zeiträume 1863—1872 ergaben sich daselbst : Krankheitsfälle Todesfälle an Lungenentzündung....................... 121 24 „ Lungenkatarrh........................... 177 1 1) Bei der schrecklichen Typhusepidemie, welche im J. 1X1 ti die Bewohner der benachbarten venetianischen Provinzen decimirte, wurde die Seuche in der Grafschaft Görz in wenigen Tagen bewältigt. Kröpfe und Cretinismus kommen in der Stadt nur in vereinzelten Fällen vor. Krankheitsfälle Todesfälle an Lungentuberculose 205 142 71 Lungenoedem 23 22 r> Brustfellentzündung .... 35 — 7) Magenkatarrh 128 — 7) Wechselfieber 194 — n Geschwüren 204 6 7) Knochenbrüchen 110 4 7) Quetschungen 90 5 7) Wunden 215 4 7) Cholera 41 6 7.) Durchfall 36 12 7> Blattern 95 12 7 Eczem 59 2 7) Krätze 159 — 7 Pellagra 38 — 7) Abscessen 30 — 7> Typhus 30 3 71 Skrofeln 22 — 7) Lustseuche 314 — 7) Auszehrung 43 34 7) Alterschw'äche 84 38 71 Wassersucht 76 34 7) Irrsinn 238 2 Ausserdem kamen noch in einzelnen Fällen Entzündungen der Harnblase, der Gelenke, der Augen, Lungen-Emphysem, Herzfehler, Blutwallung, Blutarmutli, Bluthusten, Rothlauf, Beinfrass, Krebs, Apoplexie, Masern, Säuferwahnsinn u. a. Krankheiten vor. Bei dieser Aufzählung ist vor Allem zu bemerken, dass in dem Krankenhause auch Kranke vom Lande und aus der Fremde aufgenommen werden, wie diess die am Wechselfieber Erkrankten aus der Lagunengegend und die grosse Anzahl der Irrsinnigen augenfällig darthun. Ferner ergibt sich daraus, wie hierbei die aus mangelhafter Nahrung, Kleidung und Wohnung zunächst entstehenden Krankheiten, wie die Tuberculose und andere Lungenübel, dann die vorzugsweise in der niedern Volksclasse häufigen, zum Theile aus ihrer Beschäftigung hervorgehendeu Fälle der Lustseuche, der Krätze, der Geschwüre, Knochenbrüche, Quetschungen und Wunden in den Vordergrund treten. Die epidemischen Krankheiten dagegen kamen nur in einzelnen Jahren (wie die Blattern im J. 1872, die Cholera im J. 1866) und in wenig zahlreichen Fällen vor. Nationalität. In der Stadt Görz vereinigen sich alle nationalen Elemente des Landes, und es bietet dieselbe in ethnographischer Hinsicht ein sehr gemischtes Bild dar. Bei der Volkszählung vom J. 1857 wurde die ethnographische Zusammensetzung der Bevölkerung erhoben ; mit Rücksicht auf die seither gestiegene Volkszahl ward diese Zusammensetzung im J. 1868 richtig gestellt. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung gehört der italienischen Nationalität an. Von den 16.659 Bewohnern, welche die neueste Volkszählung von Görz für 1869 ergab, entfallen ungefähr 11.100 Individuen auf dieselbe. Den grössten Antheil daran nimmt der friaulische Stamm, welcher die untere Volksschichte bildet, mit ungefähr 10.000 Individuen, während die übrigen 1100 Individuen in der oberen Volksschichte dem nicht friaulischen italienischen Sprachstamme beizuzählen sind. Die Zahl der angesessenen Deutschen beläuft sich auf ungefähr 1800 Individuen, während die Slovenen, meist in dem entfernteren Theile dps Weichbildes im Osten der Stadt angesessen und in der Stadt der dienenden Classe angehörig, ungefähr 3500 Individuen zählen, wozu noch etwa 300 Israeliten kommen. Etwas verschieden fällt diese Vertheilnng aus, wenn man ihr die übliche Sprache zum Grunde legt. Hier tritt die reinere italienische Sprache, welche von der gesammten gebildeten Classe gesprochen wird, noch mehr in den Vordergrund, gleichwie auch die deutsche Sprache, deren sich die höhere Bewohnerclasse im Umgänge der Mehrzahl nach zu bedienen pflegt, an Ausdehnung gewinnt. Die Kenntniss der deutschen Sprache ist unter den gebildeten Italienern ebenso verbreitet, als die angesessenen Deutschen der italienischen kundig sind. Will man in eine schärfere Abgrenzung eingehen. so kann man annehmen, dass der Adel, die Beamten und Militärs (nebst den Fremden), sowie die Mitglieder der Fabriksindustrie im Umgänge sich vorzugsweise der deutschen Sprache bedienen, die gesammte Geschäftswelt und die Behörden, sowie der öffentliche Verkehr überhaupt die italienische Sprache anwenden, im häuslichen Umgänge aber selbst von den gebildeten Italienern, dann von den Slovenen in der Stadt sammt der ganzen unteren Bevölkerungsschichte die friaulische Mundart gebraucht, und das Slo-venische meist nur in den entfernteren Theilen des Weichbildes gesprochen wird. Immerhin wird es wenige Städte geben, in welchen wie in Görz die gebildete Classe sich in zwei oder drei, ja selbst in vier Mundarten auszudrücken versteht und dieselben auch zur Anwendung bringt. III. Geschichte. Die Geschichte der Stadt Görz ist so innig mit jener des Landes verwebt, dass sie von derselben nicht wohl getrennt werden kann. Da die Geschichte des Landes in dem ersten Bande des vorliegenden Werkes einer umständlichen Behandlung’) unterzogen wurde, so genügt es hier, darauf hinzuweisen. Um das bereits Gesagte nicht umständlich zu wiederholen, beschränken wir uns darauf, die wesentlichsten Daten für die Geschichte der Stadt hier kurz anzuführen. Die Stadt Görz entstand, wie schon der Name* 2) andeutet, aus einer slavisehen Ansiedlung. Bei der Einwanderung der Slaven in den entvölkerten Landstrich, war es begreiflich, dass der in die Ebene vorspringende Hügel des nachmaligen Görzer Castells zu einem Wohnorte erwählt wurde. Wann diese Ansiedlung stattgefunden (wahrscheinlich wohl bald nach der Einwanderung), liegt ira Dunkel der Vorzeit verborgen. Der ersten Spur dieses Namens begegnet man in einer Urkunde vom J. 949, welcher zufolge der Jude Daniel David von Görz eine Forderung von ö 17V2 Mark an den Bischof Johann II. von Triest hatte3); in vollkommen beglaubigter Weise erscheint aber die Villa „quae sclavonica linqua vocatur Gorizia“, zuerst angeführt in der Schenkungsurkunde des Kaisers Otto III. vom 28. April 1001, womit er die Hälfte des Gebietes von Salcano mit der Villa Gorizia dem Patriarchen Johann I. von Aquileja schenkte; während die andere Hälfte bald darauf (zu Ende des J. 1001) dem Grafen Verihen von Friaul verliehen wurde. Von da an verschwindet der Name Görz wieder für ein Jahrhundert, und wird nur gelegentlich bei Erwähnung des Eppensteiners Marquard III. als Grafen von Görz 1060 erwähnt, bis die Lurngauer Grafen nach dem Jahre 1120 als Grafen von Görz auf-treten. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass Graf Marquard als Nachfolger des Grafen Verihen seinen Sitz von Salcano nach dem ») S. 473—943. 2) Der Name der Stadt erscheint in den Urkunden in den verschiedensten Abweichungen: Goricia, Goeritia, Goriza, Gorzia, Gorze, Gurizze, Guriza, Goeritz. Das Wurzelwort bleibt aber immer das slavische Gora, Berg. Im benachbarten Friaul führen mehrere Ortschaften einen ähnlichen Namen. — Dass das alte Noreja nicht bei Görz gelegen, wie Hausiz und Cipriani behaupten, geht schon aus den Textstellen von Strabo und Plinius hervor. ®) Die Echtheit der Urkunde wird angofochten ; ihr thatsächlicher Inhalt stimmt aber mit den damaligen Zeitverhältnissen überein. bequemer gelesenen Görz verlegte, und daselbst auf dem Hügel das Schloss erbaute. Anlässlich des Friedens von S. Quirino vom J. 1202, durch welchen das (bis dahin zur Hälfte den Patriarchen von Aquileja gehörige) Gebiet von Görz ein ausschliessliches Eigenthum der Grafen von Görz wurde, wird das Schloss Görz abermals erwähnt, sowie auch auf den ältesten (aus jener, oder der bald darauf folgenden Zeit stammenden) Münzen der Grafen die Aufschrift: Comes Goricie tragen. Die Ortschaft Görz wird nur noch einmal im J. 1210 urkundlich erwähnt, in welchem Kaiser Otto IV. dem Grafen Meinhard II. von Görz das Recht zur Abhaltung eines Wochenmarktes für Görz verlieh. Im J. 1265 kam der Hl. Anton von Padua nach Görz, errichtete daselbst über Einladung der Grafen ein Minoriten- (Franciscaner-) Kloster, und stand demselben durch einige Zeit als Guardian vor ’). Es war dem 14. Jahrhunderte Vorbehalten, Görz aus dem Dunkel der Vergangenheit zu ziehen, und den Ort zu Ansehen zu bringen. Mit und nach der Etbauung der (in ihrem Raume sehr beschränkten) Burg siedelten sich die Ministerialen und Dienstmannen der Grafen rings um dieselbe am Abhange des Castellhügels an. Die schon früher vorhandene Villa Görz dürfte am Fusse des Hügels gelegen gewesen sein, da sie auch in dem nächsten Zeiträume fast gleichzeitig mit der oberen (städtischen) Ansiedlung vorkömmt. Graf Heinrich II., der mächtigste und geistig überlegene Dynast aus dem Stamme der Görzer Grafen, dessen Unternehmungen ihn meist in Ralien festhielten, mochte daselbst den Werth der städtischen Einrichtung kennen gelernt haben. Er trachtete, dieselben nach Görz zu übertragen, indem er über die Bitte der dortigen Bewohner den Ort mit städtischen Privilegien ausstattete, und ihm auch die Mittel zum städtischen Leben gewählte. Er wies der neuen Stadt ein Weichbild an, gestattete den Bürgern Versammlungen zu halten, ihren städtischen Magistrat zu ernennen, und verlieh der Stadt das Recht zur Einhebung gewisser Abgaben, sowie einige andere Einkünfte. Die Bürger bedienten sich sogleich dieser Rechte und erbauten ihr Rathhaus (Casa del commune) zur Abhaltung ihrer Versammlungen in der oberen Stadt. Die Art, wie die Stadt entstanden, weiset auf zwei ihr eigen-thümliche Umstände hin. Sie hatte bei ihrer ersten Anlage nur einen kleinen Umfang, und beschränkte sich auf den Abhang des Castell- *) *) Es hat sich darüber keine urkundliche Nachricht erhalten, und ist diese Thatsache nur aus der Biographie des h. Antonius von P., Angelico da Vicenza, bekannt. Auch wird bei der Kirche des h. Antonius noch heute das Gemach gezeigt, welches derselbe als Guardian bewohnt haben soll. hügels1); eine schwache Mauer umgab sie und trennte sie von det unterhalb gelegenen Villa. Die ersten, zumeist aus den Ministerialen und Dienstmannen der Grafen bestehenden Einwohner waren Deutsche, und die Bürger (meist Adelige) genossen adelige Vorrechte. Man theilte nämlich den Adel der Grafschaft in den (ausserhalb der Stadt auf seinen Gütern angesessenen) Landadel — Provinciales — und in den (in der Stadt wohnhaften) städtischen Adel — Cives oder auch Nobiles cives —. Der erstere hatte seine Versammlungen auf dem Schlosse; der letztere, welcher zugleich alle Bürger umfasste, in der neu erbauten Curia civilis. Inzwischen erweiterte sich die unterhalb des Schlosshügels gelegene Villa allmälig zu einem Marktflecken (oppidum oder burgum genannt) welcher mit einem Graben (Grappa) und einer Mauer umgeben war, sich aber mit der Zeit auch jenseits des Grabens (am heutigen Traunikplatze) ausbreitete. Unter den adeligen Familien, welche in der oberen Stadt Häuser besassen, werden die Dornberg, Colloredo, della Torre, Rabatta und Attems genannt, denen wohl noch mehrere andere Familien beigefügt werden müssen. Es mochten aber den in der oberen Stadt angesessenen Adeligen ihre engen Wohnungen mit der Zeit zu unbequem werden, da sie bald nach dem Tode des Grafen Heinrich II. unter der Verwaltung des Grafen Albert HI. (und IV.) in den unteren Ort zogen, und durch ihre daselbst erbauten Häuser den Grund zur Rastell-gasse legten und den Domplatz umschlossen. Die Stadt hatte bereits im 14. Jahrhunderte ihr eigenes Statut, welches dem Statute des Patriarchen Marquard nachgebildet war, und wovon noch gegenwärtig eine für den Gebrauch der Stadt verfasste deutsche Uebersetzung, welche den Titel „Staatspuech“ trug, vorhanden ist. Auch hatte die Stadt ihre eigene Gerichtsbarkeit in Civil- und Criminalangelegenheiten, welche durch den Richter (den Gastalden) und seine Schöffen (Scabini) ausgeübt wurde. In dem Marktflecken, der nachherigen unteren Stadt verwaltete der von dem Adel aus seinem Gremium ernannte Gastaldo (gastaldo del paese) die Gerichtsbarkeit. Durch die zunehmende Bewohnerzahl und die Einbürgerung des Adels in dem Marktflecken wurde allmälig der Schwerpunkt des städtischen Lebens in den letzteren verlegt. Dadurch mochte sich der Graf Johann von Görz, der zweite Begründer der Stadt veranlasst fühlen, das städtische Privilegium und deren Jurisdiction auf den Markt- ') Desshalb hiess die Stadt auch in der ersten Zeit das untere Castell (Castellum inferius) oder auch später zum Unterschiede von der hinzugekommenen unteren Stadt die obere Stadt. Fr. y Cznernig, die Stadt Oorx. 3 flecken auszudehnen, und letzeren (in so weit er von dem Graben ') umgeben war) dadurch in die Stadt einzubeziehen (1455 2), auch der also erweiterten Stadt das Recht zur Abhaltung von Jahrmärkten zu ertheilen, wofür die Bürger dem Grafen einen jährlichen Canon von 14 Mark zu zahlen hatten. Die Bürger erhoben eine geringe Abgabe vom Salze zur Erhaltung des Gemeindehauses, der Thore und der Mauer. Eben damals begann auch in Görz die städtische Gewerbsthä-tigkeit sich zu entwickeln. Schon unter der Verwaltung des Grafen Albert III. kommen die ersten Spuren von Zünften vor; nähere Nachrichten beziehen sich aber erst auf die Regierangszeit des Grafen Johann von Görz. Die gewerblichen Genossenschafts-Verbindungen (Fraternità genannt) verfolgten auch den Zweck gegenseitiger Unterstützung, und wurden zuerst mit dem Privilegium des Grafen Johann 1455 für die Schuhmacher, Schneider und die Gärber gegründet. Der Zunftzwang Hess aber nicht auf sich warten. Denn mit einer Verordnung des Grafen Johann von demselben Jahre wurde das Recht, offene Verkaufsläden zu halten, auf die Stadt beschränkt, damit die Landleute der Umgebung genöthiget seien, dahin zum Einkäufe ihrer Bedarfsartikel zu kommen. Wer nicht in der Zunft eingeschrieben war, durfte kein Gewerbe in der Umgebung ausüben, ein Vorrecht, welches allmälig für die Stadt auf die ganze Grafschaft ausgedehnt wurde. Als zu Ende des 15. Jahrhundertes das Haus der Grafen von Görz erlosch, und die Grafschaft unter die österreichische Herrschaft gelangte, war die Stadt Görz, der Sitz eines wohlhabenden Adels und gewerbreicher Bürger, bereits zu einer stattlichen Ausdehnung gediehen. — Sie hatte bis dahin den Charakter ihrer ersten Entstehung, als eine vorzugsweise deutsche Stadt gewahrt; denn nicht nur waren die meisten Adelsgeschlecliter deutschen Ursprungs3), sondern auch die * l ') Dieser Graben ging von dem Thore, welches die Rastellgasse gegen den Traunik abschloss, zur Fleischbankgasse, zog von dort nächst dem Edling’schen Palais über die Municipiumsgasse, umschloss den Platz Schönhaus, und gelangte oberhalb dem Strassoldo’schen Garten wieder zur Castellmauer; in einigen Privatgärten sind heute noch Spuren dieses Grabens zu sehen; er wurde später theil-weise als Unrathsabzugscanal benützt. lj Hiermit wurde der Marktflecken von der Gerichtsbarkeit des Gastaldo del paese enthoben, und es war derselbe gleich der oberen Stadt unter die Bestimmungen des Statuts gestellt. *) Der Adel siedelte sich nun zumeist in der unteren Stadt an, wie es die Häuser der Familien Orzon, Thurn, ßeschauer, Eck, Lanthieri, Coronini, Cobenzl, Grabitz, Guzmann, Strassoldo, Neuhaus, Meis, Pace, Terzi, Formentini, Delmestre, Kadieucig, Edling, Degrazia, Gorizutti, Petazzi, Morelli, Pesler, Seniler, die wohl meist erst in der österreichischen Zeit hinzukamen, bezeugen. Bürger (grossentheils aus dem Pusterthale, dem Stammsitze der Grafen von Görz stammend) waren der Mehrzahl nach Deutsche ’). Im Laufe des 16. Jahrhundertes änderten sich diese Verhältnisse allmälig zum Nachtheile der Deutschen. Das Band, welches die deutschen Gebiete mit der Stadt im engen Zusammenhänge erhielt, war mit dem Aussterben der Familie der Görzer Grafen zerrissen. Das Pusterthal trat ausser alle Verbindung mit der Stadt Görz; die ohnehin sehr mangelhaften Communicationen mit dem deutschen Hinterlande wurden während der Kriege im ersten Viertel dieses Jahrhunderts oft gänzlich unterbrochen, wogegen die Verwüstungen, mit welchen das nachbarliche Friaul durch die langwährenden Kriege heimgesucht wurde, von dorther einen Strom von Einwanderern nach Görz leiteten, wie auch in gleicher Weise die Einverleibung des Gebietes von Gradisca in die Grafschaft Görz unter Kaiser Max I. der friaulisch-italienischen Sprache den Weg nach Görz ebnete. So gewann letzteres allmälig den Charakter einer friaulischen Stadt, während auch die bis dahin deutsche Administration durch die eingewanderten Advocaten und Notare ebenfalls zu einer italienischen wurde. Nur die Landstände wahrten ihr altes Recht, ihre Verhandlungen und Beziehungen in deutscher Sprache zu führen. Dazu kam noch der Zwist, welcher zwischen den Landständen und der Stadt entstand, und sich durch lange Jahre hinzog. Die Städte bildeten mit den Landgemeinden bis dahin die dritte Ordnung der Landstände. Als aber um die Mitte des Jahrhundertes die Fürsten stehende jährliche Abgaben, welche die Landstände zu vertlieilen und einzuheben hatten, einführten, um die Ausgaben für die Verwaltung der Provinz, welche die Einnahmen weit überstiegen, zu decken, trennten sich die Landgemeinden und bald auch die Stadt von der Körperschaft der Stände in der Hoffnung, sich dadurch den Abgaben zu entziehen. Sie erwirkten aber dadurch nur, dass sie des Rechtes verlustig gingen, an der Vei theilung der öffentlichen Abgaben Theil zu nehmen, und dass sie die Quoten zu entrichten hatten, welche ihnen die aus dem Clerus und den Patriziern bestehenden Landstände auflegten. Spätere Versuche, in den Körper der Landstände wieder einzutreten, schlugen fehl; diese Entfremdung zwischen der Stadt und den Landständen wirkten auch auf die sprachlichen Verhältnisse ein. Mit der fremden Sprache ver- *) *) Nach Morelli und Della Bona gehörten zu Ende des 15. Jahrhunderts zu den Bürgern von Görz die Familien: Cusmann, Kettner, Klinger, Stein, Eckenreiter, Poscher, Scuben, Kelbel, Fiorenz, Wellinitsch, Thau-ber, Tollner, Meichsner, Winkler, Meilinger, Fajeli, Gardino, Schwarz, Romani, Singer, Holzapfel, Zentgraff, Hemerlen, Thomber, Pfuster, Toso. breiteten sich auch fremde Sitten und Gewohnheiten; die italienischen Geistlichen hielten italienische Predigten in der Advent- und Fastenzeit. Doch erhielt sich noch theilweise die deutsche Sitte, wie der (nachmalige) Nuntius Girolamo Porzia (1567) berichtete: „Im Essen, Trinken und in der Kleidung sind die Görzer Deutsche; allgemein werden die drei Sprachen deutsch, slavisch und italienisch gesprochen.“ So lange die Städte an den Landesversammlungen Theil nahmen, hielten die Stände ihre Zusammenkünfte in dem Gemeindehause der oberen Stadt; nach der Ausscheidung der ersteren aber erbauten sich die Stände in der unteren Stadt das noch bestehende Landhaus. Da die Bewohnerzahl in der unteren Stadt anwuchs, gestatteten die Stände, dass die Städter ihre Gerichtssitzungen unter der Loggia des Landhauses abhalten durften. Letztere missbrauchten aber diese Erlaubniss so weit, dass sie sich in den Besitz des Landhauses zu setzen trachteten. Ueber der Klage der Stände wurde jedoch vom Landesfürsten (1562) angeordnet, dass sich die Städter ein eigenes Gemeindehaus in der unteren Stadt erbauen sollten, wozu ihnen eine Beihilfe von 200 Dukaten vom Aerar bewilligt wurde. Schon unter den Grafen von Görz bestand (seit dem 13. Jahrhunderte) ein Hospital (di S*“' Maria) für arme Kranke beiderlei Geschlechtes; zurZeit der grossen Hungersnoth wurden (1591) öffentliche Bauten zur Beschäftigung der Armen vorgenommen, und die Einkünfte der Kirchen für letztere verwendet. Die Stadt blieb von den herkömmlichen Landplagen nicht befreit. Sie hatte von den Kriegen, welche zwischen den österreichischen Herrschern und der Republik Venedig in den Jahren 1508—1516, dann 1615 — 1617, grossentheils auf görzi-schem Gebiete geführt wurden, viel zu leiden. Im ersten Kriegsjahre nahmen die Venezianer Görz ein, und hielten die Stadt und das Castell durch mehr als ein Jahr besetzt, während welcher Zeit sie die Befestigung des Castells verstärkten und die Mauern der oberen Stadt erbauten; noch heute befindet sich das Castell nahezu in demselben Zustande, in welchen es die Venezianer damals versetzt hatten. Das Kriegstheater des Kampfes 1615—1617 befand sich in der nächsten Nähe der Stadt, in welcher auch die Heerführer der beiden Armeen den rühmlichen Tod fanden. Doch fehlte es auch nicht an anderen Heimsuchungen. Im J. 1348 wurde Görz durch das grosse Erdbeben, im J. 1375 durch Hunger und Theuerung, 1477, 1491, 1494 durch die Pest heimgesucht. Als diese Seuche sich abermals an der Landesgrenze zeigte, berief der Capitain Graf Franz Thrun einen der damals berühmtesten Aerzte Pietro Mattiolo aus Trient (1542) nach Görz, welcher durch 12 Jahre die Gesundheitspflege daselbst leitete. Man traf in der Stadt Sanitätsvorkehrungen, der Stadtgraben wurde ausgetieft, die seit alten Zeiten bestehenden Canäle zur Ableitung des Unratlies hergestellt. Die heilsamen Vorschriften Mattioli’s wirkten noch lange nach, und führten zu der Aufstellung von zwei Gemeindeärzten. Am härtesten wurde die Stadt durch das Erscheinen der Pest im J. 1682 mitgenommen; die dagegen getroffenen Vorkehrungen waren höchst unzureichend, so dass binnen sieben Monaten in der Stadt allein 605 Personen hingerafft wurden, während die benachbarten Gebiete des Gebirges, des Coglio und des Karstes durch zweckmässige Absperrung die Krankheit von sich fern zu halten wussten 1). Die Uebung der Marktaufsicht gab Anlass zu abermaligen Zwistigkeiten zwischen den Ständen und der Stadt. Als der Capitän und die Stände die Ueberwachung vernachlässigten, trat der Stadtmagistrat in den Vordergrund und traf mit Uebergehung der Landesregierung durch seine Gastalden die entsprechenden Verfügungen, wobei er freilich von seinem Privatinteresse geleitet wurde. Er verbot den Bäckern von anderen Personen Getreide anzukaufen, bevor nicht die Mitglieder des Gemeinderathes das ihrige angebracht hätten, und belästigte durch Förmlichkeiten den Verkauf von Brod und andern Esswaren, die zu Markte gebracht wurden. Der Handel scheint schon im 16. Jahrhunderte lebhaft betrieben worden zu sein; denn Graf Porzia konnte bereits im J. 1567 an den päpstlichen Nuntius in Venedig berichten: „Görz ist ein Ort, wo viele Kaufleute Handel treiben, und wo man Leinwand und Tücher haben kann.“ Die Industrie blieb auf den Localverbrauch beschränkt, bis im folgenden Jahrhunderte die Seidenweberei in Aufnahme kam, die zur Zeit Kaiser Joseph’s II. bei Einführung des Prohibitivsystems, wo man 700 Seidenwebstühle in der Stadt Görz zählte, ihren Höhenpunkt erreichte. Die kirchlichen Angelegenheiten bildeten in Görz während der letzten drei Jahrhunderte den Schwerpunkt des öffentlichen Lebens. Lange Zeit, bis zum Ende des 14. Jahrhundertes entbehrte die Stadt Görz sogar einer eigenen Pfarre, da sie dem Kirchsprengel von Salcano von Alters her zugetheilt war. Wenngleich bereits im J. 1365 eine Capelle in der unteren Stadt und 1398 eine Kirche in der oberen Stadt erbaut worden waren, so dauerte diese Abhängigkeit doch bis zur Vollendung der neuen Pfarr- (gegenwärtigen Dom-) Kirche, somit, bis zum Jahre 1400 fort. Zu dem bereits seit 1225 bestehenden Minoritenkloster kam im J. 1591 noch das Kapuzinerkloster. Die Jesuiten wurden durch Kaiser Ferdinand II. im J. 1615 in Görz eingeführt, und von den Bewohnern mit Freuden aufgenommen, da sie von ihnen eine Verbesse- ') Näheres darüber im I. Bande S. 815—816. rung des bis dahin sehr im Argen liegenden Erziehungs- und Unterrichtswesens erwarteten. Durch landesfiirstliche Begünstigungen (wie die Schenkung der Güter der Deutschordens-Commende von Precinico), sowie durch Spenden der Privaten erwarben sie ein bedeutendes Einkommen, so wie sich ihr Einfluss über alle Stände verbreitete, welcher durch ihre Verbindungen am Hofe um so mächtiger wirkte. Sie erlangten durch ihre höhere Bildung das allgemeine Vertrauen, und wurden in schwierigen Angelegenheiten häufig um Rath gefragt. Ihr Collegium wurde von zahlreichen Schülern aus der Nähe und der Ferne besucht, und erhielt durch die Schenkung des Grafen v. Werdenberg und dessen Gemahlin mittelst der Stiftung des Seminariums einen bedeutenden Zuwachs. Sie erweiterten ihr Collegium zu einem ansehnlichen, noch bestehenden Gebäude, und erbauten dabei die nach damaligen Begriffen prachtvolle Kirche des hl. Ignatius. Bei der Aufhebung des Ordens wurde 1773 ihr Collegium geschlossen, und ihr gesammtes Vermögen eingezogen. Die Stände errichteten mit landesfürstlicher Beihilfe im J. 1653 das Nonnenkloster der Clarissinen zur Unterbringung ihrer weiblichen Jugend, da das Nonnenkloster zu Aquileja nur venezianische Töchter aufnahm; es dauerte bis zur Zeit der allgemeinen Klosteraufhebung unter Kaiser Joseph II. (1782). Auf einem Hügel nächst der Stadt (Castagnavizza) stiftete der Grundherr Graf Thum ein Kloster, welches den Carmelitern eingeräumt wurde, nach deren Aufhebung (1782) unbenützt blieb, und neuerlich von Kaiser Franz I. an die Franciscaner übertragen wurde. Die barmherzigen Brüder fanden ihren Eingang in Görz durch den Freiherrn Johann Delmestre, welcher ein von diesen Religiösen geleitetes Spital stiftete; die Stiftung ging ein, aber die barmherzigen Brüder blieben, und üben ihre wohithätige Wirkung noch heute im Krankenhause für Männer aus. Auch ein Ursulinerinen-Kloster wurde 1672 durch die Stände gestiftet, welches noch gegenwärtig besteht, und der Erziehung und dem Unterrichte der weiblichen Jugend gewidmet ist. Erziehung und Unterricht blieben zumeist auf die Klosterschulen (die Jesuiten für die männliche, und die Ursulinerinen für die weibliche Jugend) beschränkt. Die höhere wissenschaftliche Ausbildung suchte die Jugend auf den italienischen Universitäten und in den Collegien zu Wien und Graz. Während des 17. Jahrhundertes gewann Görz immer mehr ein städtisches Ansehen, und vergrösserte sich noch namhaft. Zwei Umstände trugen hauptsächlich dazu bei, die Errichtung mehrerer religiöser Anstalten, welche um sich her neue Ansiedlungen veranlassten, und die Vorkehrungen des Capitäns Johann Philipp von Cobenzl, die Juden, denen der Aufenthalt in Görz bewilligt worden, und welche in der Stadt zerstreut wohnten, in einen Stadttheil (den Ghetto) zu versammeln, wo sie ihre Wohnung nehmen mussten. Die Erweiterung der Stadt erfolgte hauptsächlich in der Richtung der nach Kärnten führenden Strasse, auf welcher der Verkehr der lebhafteste war. Das 17. Jahrhundert kennzeichnete sich übrigens hier wie in Deutschland, als die Epoche des Verfalles der Zucht und Sitte. Die Gewohnheit bürgerte sich ein, dass sich die Männer aller Beschäftigung enthielten, und die Sorge für das Hauswesen und die ökonomischen Angelegenheiten den Frauen überliessen. Es rissen die Laster der Trunksucht, der Völlerei und der Hang zum Spiele ein. Der Luxus nahm namentlich unter dem Adel überhand, und wurde durch das Vorrecht des Tragens gewisser Kleidungen und adeliger Abzeichen genährt. Der neue Adel suchte sich die Vorrechte der Patrizier anzueignen, und die Bürger ahmten ihnen in Uebermuth und Anmassung nach, worin die Stadtvorstände ihnen vorangingen *). Der Mangel guter Erziehungsanstalten in den österreichischen Ländern und das Zuströmen italienischer Kaufleute und Handwerker drängte im 17. Jahrhunderte die deutsche Sprache in den Hintergrund. Wesentlich trug dazu bei, dass die Jesuiten bei der Eröffnung ihrer Schulen in Görz die italienische Sprache in denselben einführten. Der Statthalter der Grazer Regierung Bischof Stobäus bemühte sich zwar, der deutschen Sprache in Görz wieder mehr Geltung zu verschaffen, und schrieb darüber an den Secretar des Erzherzogs Ferdinand, Peter Casol: „Wir wünschen, dass sich der Gebrauch der deutschen Sprache in Görz wieder erneuere, welche vom Erzherzoge Carl mit so gutem Erfolge eingeführt wurde, dass man bei Gerichte und im Umgänge deutsch verhandelte und sprach, während dieselbe gegenwärtig ganz in Verfall gerieth, und statt der deutschen eine barbarische Sprache sich eindrängte, welche weder die lateinische noch die italienische ist. Um zu beurtheilen, von welchem Nutzen die deutsche Sprache war, genügt es zu erwähnen, dass die Gesinnung und die Stimmung gewöhnlich mit der Sprache die man spricht, übereinstimmt“. Die Regierung that aber nichts zur Ausführung dieses Wunsches; sie stellte nicht einmal die deutschen Schulen her, die im vorangegangenen Jahrhunderte so häufig wie die italienischen waren. Es war daher natürlich, dass italienische Gewohnheiten und Beschäftigungen sich immer mehr einbürgerten. Im Inneren der Familien *) Der Gastaldo Antonio Moscon erlaubte sich mit Hilfe nachgemachter Schlüssel nicht nur in dem landständischen Saale Sitzungen abzuhalten, sondern auch zur Carnevalszeit öffentliche Feste und Unterhaltungen darin zu veranstalten. herrschte wohl noch die alte Einfachheit der Sitten, besonders unter den Frauen. Die Männer aber versammelten sich auf den öffentlichen Plätzen, in den Apotheken und den Wirthshäusern, wo sie auch ihre Rechtsgeschäfte abschlossen. Erst gegen das Ende des Jahrhundertes eröffnete eine angesehene adelige Familie, jene der Rabatta, ihr Haus zu geselligen Zusammenkünften der höheren Classe, und Zeitgenossen berichten, dass diese Versammlungen sehr wohlthätig auf die Sänftigung der Sitten und die Förderung der socialen Bildung einwirkten. Mit dem Beginne des 18. Jahrhundertes trat ein neuer Aufschwung der Stadt ein, gleichwie die deutsche Sprache wieder mehr in Aufnahme kam. Darauf wirkten namentlich die durch die neuen Strassen erleichterte Communication mit den benachbarten deutschen Provinzen und mit der Residenzstadt, die Einwanderung vieler deutscher Gewerbsleute, das durch den erhöhten Luxus vermehrte Zuströmen der dienenden Classe aus den deutschen Provinzen, endlich die häufigen ehelichen Verbindungen der Görzer mit Töchtern deutscher Familien ein. Hierzu kam noch, dass die Grazer Regierung die Gerichte (1724) neuerdings angewiesen hatte, ihre Informationen in deutscher Sprache vorzulegen, und dass Kaiser Carl VI. (1736) die Kenntniss der deutschen Sprache zur Bedingung an die Candidaten für öffentliche Aemter machte, welche Vorschrift von der Kaiserin Maria Theresia (1759, 1760, 1770) erneuert wurde. Die Bevölkerung der Stadt hatte um ein Drittheil, meist aus deutschen Elementen, zugenommen ’). In Görz wurden deutsche Schulen neu errichtet, und das Bedürfniss, sich mit der Sprache des Landesfürsten und der höheren Aemter bekannt zu machen, wurde immer fühlbarer, wesshalb die Familien ihre jungen Söhne in eine deutsche Provinz zur Erlernung der deutschen Sprache sendeten, und sich mit Lehrern und Dienern dieser Nation versahen. Mit der Sprache gewannen auch deutsche Sitten grössere Verbreitung. Die Häuser wurden zumeist umgestaltet; an die Stelle des Ziegelbodens traten die Fussböden aus Holz, die Camine wurden durch Oefen ersetzt; die Thüren und Fenster vergrössert, neue dem steigenden Comfort entsprechende Möbel angeschafft, die Wohnungsräume erweitert, die Zahl der Diener vermehrt. Die Mode übte mehr als zuvor ihre Macht über das schöne Geschlecht, welches durch die Zahl und Eleganz der Kleider l l) Morelli (Storia della Contea di Gorizia, Vol. III. p. 188) betont bei diesem Anlasse, dass die deutsche Sprache die alte Nationalsprache in Görz gewesen sei, indem er der Vermehrung der deutschen Bevölkerung den Hauptantheil an dem Wiederaufleben der deutschen Sprache „nel risorgimento di questa antica nostra favella“ zuschreibt. seine Eitelkeit zu befriedigen suchte. Wenn durch diese Umgestaltung des häuslichen und öffentlichen Lebens die frühere Rauhheit der Sitten gemildert, und der Charakter der Bewohner gesänftigt wurde, so wirkte andererseits der steigende Aufwand auf die Zerrüttung der Vermögensverhältnisse ein; der Wohlstand vieler Familien wurde erschüttert, und nicht wenige verfielen in Armuth. Die öffentlichen Vergnügungen erlitten gleichfalls eine Aenderung; der Geschmack an den Maskeraden zur Carnevalszeit verschwand allmälig, und wendete sich der durch das Schauspiel und die Oper gebotene Unterhaltung zu. Im Jahre 1739 wurde das erste geregelte Theater erbaut, an dessen Stelle, als es abbrannte im J. 1782 (in der Nähe des ersteren) ein geräumiges und geschmackvolles Theater, welches noch heute die Zierde der Stadt bildet, errichtet ward. Die Regierungsperiode der unvergesslichen Kaiserin Maria Theresia wirkte, wie in allen ihren Ländern, wie namentlich in der Grafschaft Görz, so auch in der Stadt Görz auf die Förderung der geistigen und materiellen Interessen der Bewohner wohlthätig ein. Durch eine völlige Umgestaltung der unter den Landständen in Verfall gerathenen Administration wurde in Görz eine landesfürstliche Regierung eingesetzt, und die Handhabung der Justiz einer landesfürstlichen Behörde überwiesen. Neben den deutschen Elementarschulen wurde ein deutsches Gymnasium mit einer philosophischen Lehranstalt errichtet, und der Piaristenorden als Nachfolger der Jesuiten zur Leitung dieser Unterrichtsanstalt berufen. Für das Aufblühen der Gewerbe und des Handels wurde eifrig gesorgt, und insbesondere die Seidenzucht aufgemuntert. Den grössten Triumph feierte aber Maria Theresia durch die end-giltige Regelung der kirchlichen Angelegenheiten. Als nach der Besitznahme des Gebietes von Aquileja durch Kaiser Max I. die (im Interesse Venedigs thätigen) Patriarchen fern von Aquileja blieben, und selbst diese Stadt zur Auflehnung gegen die kaiserliche Regierung zu verleiten suchten, so dass ihnen der Eintritt auf das kaiserliche Gebiet untersagt werden musste, verfiel die Kirchendisciplin in der Grafschaft, welche zum Sprengel des Patriarchen gehörte, immer mehr. Schon Kaiser Ferdinand I. war — um den daraus entspringenden Uebel-ständen zu begegnen — darauf bedacht, den österreichischen Antlieil aus der kirchlichen Suprematie des Patriarchates auszuscheiden, und die Einsetzung eines eigenen Bischofs zu erlangen. Da aber die venezianische Republik in dem Bestreben, das Gebiet von Aquileja wieder zu gewinnen, eifrig dagegen wirkte, so wusste sie es durch ihren Einfluss auf den päpstlichen Stuhl dahin zu bringen, dass die (unter dem Erzherzoge Carl, dann namentlich unter Kaiser Ferdinand II. und dessen Nachfolgern fortgesetzten) Bemühungen der österreichischen Herrscher an der Weigerung der obersten kirchlichen Autorität scheiterten. Man erlangte nur die Ernennung eines Erzdiacons für Görz, dessen beschränkte Befugnisse aber dein eingerissenen Uebel nicht Einhalt zu thun vermochten. Nach Jahrhunderte langen, durch alle Mittel der Diplomatie unterstützten Bestrebungen gelang es endlich den that-kräftigen Einwirkung der Kaiserin, den für das Wohl der Kirche eifrig besorgten Papst Benedict XIV. dahin zu vermögen, dass er im J. 1751 das vollständig überlebte Patriarchat von Aquileja aufhob, und daraus zwei Erzdiöcesen, jene zu Udine für den venezianischen Antheil und jene zu Görz für den österreichischen Antheil bildete. Es war dieses Görzer Erzbisthum die Lieblingsschöpfung der frommen Kaiserin, welche demselben ihre volle Huld und Gnade zuwendete. Die steigende Bildung gab sich auch in der erwachten Liebe zur Pflege der Künste und Wissenschaften zu erkennen. Es traten zunächst unter den höheren Staatsbeamten Gelehrte von umfassendem Wissen und gedeihlichem Wirken, wie Graf Sigismund Attems und Graf Rudolph Coronini, auf, und wurde eine gelehrte Gesellschaft, die „Accademia degli Arcadi romano-sonziaci“, eine Abzweigung der römischen Arcadier gegründet, an welcher die Mitglieder der vorzüglichsten Adelsgeschlechter, wie die Grafen Guido Cobenzl, Raimund von Thurn, Strassoldo, Lanthieri Attems, Coronini u. A. eifrigen Tlieil nahmen. Die Reformen des Kaisers Joseph II. wirkten auch in Görz tief einschneidend, trafen aber die Interessen der Stadt durch die Aufhebung des Erzbisthums, sowie durch die Verlegung der obersten Aemter nach anderen Provinzen (welche auch die Auflösung der gelehrten Gesellschaft nach sich zog) hart. — Doch erhielt die städtische Verwaltung eine neue verbesserte Einrichtung. Dem Papste Pius VI., welcher auf seiner Reise nach Wien in Görz verweilte, wurde von allen Seiten mit jener aufrichtigen Hingebung gehuldigt, welche dein erhabenen Kirchenhaupte nach seiner hohen Stellung und seinem persönlichen Charakter gebührte. Mit dem Regierungsantritte des Kaisers Leopold II. bestaunen die Veränderungen, welche im Laufe der nächsten Jahre durch eine dreifache feindliche Invasion (1797, 1805 und 1809—1813), durch die zeitliche Losreissung von dem Verbände mit der Monarchie und mannigfache administrative Reformen ') eintraten, und mit kurzen Unterbre- 4 4) Eine Folge dieser Reformen war auch die allmälige Ausdehnung des städtischen Gebietes, zu welchem seit dem Beginne des laufenden Jahrhundertes die Vorstädte Studenitz und S. Rocco, dann die Catastralgemeinden Prestau, Grafenberg, Rosenthal und endlich jene von Staragora, letztere drei erst im .T. 18:19 hinzugefügt wurden. chungen bis zur neuesten Zeit fortdauerten. Unter dem regierenden Kaiser Franz Josef I. wurde Görz wieder zur Hauptstadt eines eigenen Kronlandes erhoben (1861), und erlangte in dauernder Ruhe jenen volkswirthschaftlichen Aufschwung, als dessen Markstein das Jahr 1866 bezeichnet werden muss, welches Jahr die Aera zu einer noch in voller Entwicklung begriffenen Periode erhöhten Wohlstandes und fortschreitenden Cultur eröffnete. IV. Verwaltung. Die Stadt Görz erfreut sich einer durch das Statut vom 28. Nov. 1850 geregelten autonomen Verwaltung. Der aus von den drei Wähler-classen gewählten 24 Mitgliedern bestehende Gemeinderath bildet das legislative, der Podestà (Bürgermeister) mit seinen beiden Adjuncten das executive Organ der Verwaltung. Das Municipium übt zugleich im übertragenen Wirkungskreise die Functionen einer Bezirksvorstehung für den Umkreis der Stadt aus. Der Gemeinderath entwirft das städtische Budget, prüft die Jahresrechnung, entscheidet, nach Vorschrift der Gesetze, über die Einhebung der städtischen Abgaben, do-tirt die städtischen Unterrichts- und Humanitätsanstalten, setzt die Bau- und Feuerlöschordnung fest, trifft Vorkehrungen für die Wasserversorgung und die Beleuchtung der Stadt und erlässt Verordnung für alle städtischen Belange. Das Municipium führt die Beschlüsse des Gemeinderathes aus, leitet und überwacht alle städtischen Anstalten, sichert den Vollzug der Bau- und der Sanitätsvorschriften, trifft die Vorkehrungen für die Marktaufsicht und die Localpolizei, sorgt für die Reinlichkeit und die Pflasterung der öffentlichen Plätze und Strassen, sowie für die Erhaltung der Wasserleitung, trifft die Einleitung zu den Wahlen, hebt die Steuern ein und vollzieht alle übrigen Obliegenheiten des übertragenen Wirkungskreises. Bis zur Gegenwart bekleidete S. E. der k. k. wirkl. geheime Rath Graf Carl von Coronini den Posten eines Podestà, welchen nun der Notar Herr Perin elio einnimmt. Die Sicherheitspolizei ist dem Vorsteher der Bezirkshauptmannschaft „Görz Umgebung“, welcher seinen Sitz in der Stadt hat, überwiesen. Das städtische Budget beläuft sich auf jährlich 128.000 fl.; die Einnahmen bestehen hauptsächlich in der Verzehrungssteuer, den di-recten Steuerzuschlägen und anderen Rechten der Gemeinde; unter den Ausgaben nehmen die beträchtlichsten Summen der Unterrichtsfond, der Amortisationsfond, die Gehalte der städtischen Beamten, die öffentliche Beleuchtung, der Wohlthätigkeitsfond, die Erhaltung der öffentlichen Strassen in Anspruch. Der Aufschwung, welchen die Stadt in ihren wirthschaftlichen Verhältnissen in der neuesten Zeit genommen hat, äussert sich auch in dem eifrigen Bestreben des Gemeinderathes, jene städtischen Anstalten, die ein wohleingerichtetes Gemeinwesen gebieterisch fordert, in das Leben zu führen, in so weit dieselben nicht schon bestehen oder einer Vervollständigung bedürfen. Musterhaft ist die Sorge für die Reinerhaltung der Strassen und Plätze, wie sie jenseits der Grenze nicht überall vorkömmt. Begünstigt durch die hier brechenden Sandsteinplatten, hat die Verwaltung auch ein gutes Pflaster mit bequemen Trottoirs hergestellt. Görz besitzt den unschätzbaren Vorzug eines vorzüglichen Trinkwassers, durch eine im vorigen Jahrhunderte unter der Begünstigung der Kaiserin Maria Theresia hergestellte Wasserleitung aus den Quellen von Cronberg, welche an der östlichen Abdachung des Monte Santo liegen. Da aber diese Leitung namentlich in heissen Sommern bei dem zunehmenden Verbrauche keine genügende Menge an Wasser zu liefern vermag, beschäftigt sich der Gemeinderath eben mit der Herstellung einer grossartigen Wasserleitung aus dem oberen Isonzo, wozu der Plan und Kostenüberschläge bereits vollendet sind, so dass ihrer Verwirklichung in der nächsten Zeit entgegengesehen werden kann. Görz erfreut sich seit dem Jahre 1871 der Gasbeleuchtung, für welche eine Gesellschaft unter Begünstigung des Municipiuins die Erzeugungsanstalt errichtet hat. Die Verfassung einer neuen, den gegenwärtigen Verhältnissen entsprechende Bauordnung, sowie die Verbesserung der Feuerlöschordnung ist im Zuge, gleichwie sich die Stadtbehörde unter gleichzeitiger Regelung des Sanitätsdienstes mit der unerlässlich gewordenen Verlegung des Friedhofes von seinem gegenwärtigen, durch die Neubauten nahezu eingeschlossenen Platze auf einen entfernteren, die Sanitätsverhältnisse nicht beeinträchtigenden Ort beschäftigt. Durch diese that-kräftigen Bestrebungen wird den Bewohnern die Aussicht eröffnet, in nächster Zukunft sich einer trefflichen, den bestverwalteten Städten Oesterreichs gleichstehenden MunicipalVerwaltung erfreuen zu können. Für die Verwaltung der Civil- und Criminaljustiz bestehen die Staatsbehörden, das Kreisgericht mit einem Präses und sechs Räthen, welchen der Staatsanwalt zur Seite steht, dann ein städtisches Bezirksgericht, die Pretura urbana, für die Austragung der geringeren Belange. Die Geschäfte der Finanzverwaltung werden durch folgende Aemter besorgt. Für die directe Besteuerung a) der der Bezirkshauptmann- schat't zugetheilte Steuer-Oberinspector, 6) das Hauptsteueramt; für die indirecten Steuern der k. k. Finanzinspector und Amtsdirector, welchen das Hauptzollamt und das Finanzwache-Commissariat unterstehen. Der Tabak- und Stempelverschleiss wird durch Commissionare ausgeübt, ebenso das Lottogefäll; die Erhebung der Verzehrungssteuer ist an das Municipium verpachtet. V. Kirche — Schule — Landesmuseum. In kirchlicher Beziehung nimmt Görz einen hervorragenden Rang ein, da der Sitz des Fürst-Erzbischofs und Metropoliten über das ganze Küstenland und über Krain (d. i. über die Bisthümer von Triest, Pa-renzo, Veglia und Laibach), zugleich der Nachfolger des Patriarchen von Aquileja ist, worüber der erste Theil dieses Werkes umständlich handelt. Gegenwärtig bekleidet diese hohe Kirchenwürde S. E. Herr Andreas Gollmeyer, k. k. w. geheimer Rath und Grosskreuz des kaiserl. Leopoldordens, ein durch seine Frömmigkeit, Gelehrsamkeit und Treue gegen seinen Landesfürsten ausgezeichneter Prälat. Dem Erzbischof unmittelbar untergeben ist das Domcapitel, zu welchem der Domprobst, der Domdechant, der Domscholasticus, vier Domherren und mehrere Ehrendomherren gehören. Ferner untersteht dem Erzbischöfe das küstenländische Central-Seminarium und das hiermit verbundene theologische Studium, welches den geistlichen Unterricht für die Cleriker aller Diöcesen des Küstenlandes zu besorgen hat und gegenwärtig 70 Alumnen zählt. Ausserdem besteht unter unmittelbarer Leitung des Erzbischofs ein Knabenseminar, welches aus der gräfl. Werdenberg'sehen Stiftung hervorgegangen ist, mit 48 Zöglingen. Die Stadt zählt drei Pfarren, die Dompfarre, die Pfarre St. Ignaz (vormalige Jesuitenkirche) am Traunik und die Pfarre in der Vorstadt Piazzutta, dann eine Curatie in der Vorstadt S. Rocco. Ferner befinden sich daselbst zwei Mannsklöster, der Capuziner und der Franciscaner (in Castagnavizza) nebst der Congregatimi der barmherzigen Brüder, und ein Frauenkloster, der Ursulinerinen, nebst dem Institute der Schulschwestern und jenem der grauen Schwestern im Versorgungs- und Krankenhause für Frauen. Eine evangelische Pfarre sorgt für die religiösen Bedürfnisse ihrer Confessions-Angehörigen. Bedeutend ist die Zahl der Kirchen und Capellen in Görz; man zählt deren nicht weniger als 20, nämlich die Domkirche, die Pfarrkirche St. Ignaz, die Pfarrkirche in der Piazzutta, die Kirche S. Rocco, die heilige Geistkirche in der oberen Stadt, die Kirche der unbefleckten Empfängniss Maria’s in der Municipiumsgasse, die Kirche St. Anton am St. Antonsplatze, St. Antonio nuovo in der Gasse gleichen Namens, die St. Johanneskirche in der Gasse gleichen Namens, die Seminariumskirche, ferner die Klosterkirche der Capuziner, Franciscaner und der Ursulinerinen, ferner die Capelle im erzbischöflichen Palaste und die Capellen im Krankenhause für Männer, und jenem für Frauen, in der Anstalt der Schul Schwestern, in Grafenberg und am Friedhofe, endlich die evangelische Kirche. Die Israeliten besitzen eine Synagoge in der Johannesgasse (im vormaligen Ghetto). Die den aquilejischen Schutzheiligen Hilarius und Tatianus geweihte Domkirche ist zugleich die Metropolitankirche der Erzdiöcese, in welcher an den kirchlichen Festtagen der Erzbischof umgeben von seinem Capitei und einer zahlreichen Geistlichkeit die Functionen in einer der erhabenen Stellung des Kirchenfürsten, als Nachfolgers des Patriarchen von Aquileja, entsprechenden würdevollen Pracht vornimmt. Sie wurde zu Ende des 14. Jahrhunderts neben der ältesten im Jahre 1365 erbauten Capelle der h. Anna und des h. Leonhard, wrelche gegenwärtig in ihrer noch erhaltenen alterthümlichen Gestalt die Sakristei bildet, errichtet und im 17. Jahrhundert in ihrer jetzigen Gestalt restaurili. Als das Patriarchat von Aquileja im Jahre 1751 aufgehoben wurde, ward der dortige Kirchenschatz unter die beiden daraus hervorgegangenen Erzdiöcesen von Görz und von Udine getheilt. Dadurch erhielt die Domkirche einen reichen Schatz von Reliquien und von kostbaren Gebilden aus edlem Metall, von denen mehrere einen bedeutenden Kunst-werth ansprechen dürfen, alle aber als Erinnerung an die uralte Mutterkirche Aquileja in historischer und archäologischer Hinsicht interessant sind.’) Dieser Domschatz wurde im vorigen Jahrhundert durch reiche Geschenke an goldenen und silbernen mit Edelsteinen gezierten Kreuzen und Gefässen sowie an prachtvollen Kirchengewändern vermehrt, welche die unvergessliche Kaiserin Maria Theresia dieser ihrer Lieblingsschöpfung widmete. Diese Schätze wurden glücklicherweise durch alle Wechselfälle des letzten Jahrhunderts hindurch, denen so viele Kirchenschätze zum Opfer fielen, der Domkirche erhalten. Die St. Ignatiuskirche* 2) war die Kirche des Jesuiten-Collegiums und wurde von den Jesuiten in den Jahren 1654—1757 erbaut. Sie ') Darunter befindet sich ein archäologisch merkwürdiger Pastoralstab, welcher der Tradition nach vom h. Hermagoras, dem ersten Bischöfe von Aquileja, herrühren soll, jedenfalls aber seiner einfachen Form und Arbeit nach auf eine Abstammung aus sehr früher Zeit hinweist. 2) Bei Erwähnung dieser Kirche im 1. Theile dieses Werkes, S. 915, wurde dieselbe irrthümlicher Weise als eine Kirche des h. Nicolaus bezeichnet, was hiermit berichtigt wird. trägt den bekannten Styl der Jesuiten an sich und ist ein durch seine grossartigen Raumdimensionen und Verzierungen in seiner Art bemer-kenswerther Kirchenbau. Die heilige Geistkirche nächst dem Castell wurde von dem Edlen von Rabatta im Jahre 1398 erbaut, und war die erste Kirche in Görz, welches bis dahin ausschliesslich an die Pfarrkirche zu Salcano gewiesen war. Die Kirche des h. Antonius von Padua erinnert an die Gründung des ersten Klosters in Görz durch diesen Heiligen, und man zeigt neben derselben noch das Gemach, welches derselbe als Guardian dieses Klosters (das unweit davon bestand und im vorigen Jahrhundert Alters halber abgetragen wurde) bewohnt haben soll. Die Kirche St. Johann, eine Stiftung der Familie Dornberg aus dem 17. Jahrhundert, war die erste Jesuitenkirche in Görz. Für den Unterricht wird in Görz in ausreichender Weise gesorgt. Er umfasst die männliche und die weibliche Jugend, wird er-theilt in Staats-, Landes-, Gemeinde-, Kloster- und Privatanstalten, und umfasst das theologische Studium, die Mittelschulen, die Elementarschulen und eine Specialschule für Landwirthschaft. Die Unterrichtssprachen sind nebst der deutschen die italienische und slovenische als Landessprachen. Die Leitung des Schulwesens wird in erster Instanz von dem Orts-, in zweiter von dem Bezirks- und in dritter von dem Landesschulrathe besorgt. An Staatsanstalten bestehen hier das achtclassige Gymnasium mit 260 Schülern, die Oberrealschule mit 213 Schülern, die Lehrerbildungsanstalt mit 30 und die dazu gehörige vierclassige Uebungs- (Normal-Haupt-) Schule mit 504 Schülern. Die Unterrichtssprache ist an den beiden ersten Anstalten die deutsche mit facultativ obligatem Studium des Italienischen und Slovenischen; die beiden letzteren sind nach den beiden Landessprachen parallelisirt. Zu den städtischen Unterrichts-anstaltcn mit italienischer Sprache gehören die vierclassige Knabenschule mit 360 Schülern und die sechsclassige Mädchenschule mit 443 Schülerinen, dann die Waisenhausschule (Gontavalle) für Mädchen mit 35 Schülerinen und die Schule in dem Institute für verwahrloste Knaben mit 46 Schülern. An der ebenfalls italienischen Klosterschule betheiligen sich die Ursulinerinen durch die Privatlelnanstalt für Leh-rerinenbildung mit 27, und die damit verbundene fünfclassige Uebungs-scliule mit 234 Schülerinen; ferner das vorwiegend deutsche Institut der Schulschwestern von Nötre-Dame mit 65 Schülerinen. Unter den Privat-Volksschulen sind die deutsche vierclassige protestantische Schule mit 66 Schülern und Schülerinen, zwei italienische Mädchenschulen mit 29 Schülerinen und drei italienisch-deutsche Knabenschulen mit 37 Schülern zu erwähnen. Hierzu kommen noch vier städtische Kinderbewahranstalten mit 340 Zöglingen und eine derlei Privatanstalt mit 46 Zöglingen. Hier sind auch das bereits oberwähnte erzbischöfliche theologische Seminar mit 69 Clerikern und das Klostergymnasium der Franciscaner mit 7 Schülern anzuführen. Zu den Specialschulen gehören die Landes-Ackerbauschule mit 21 Zöglingen, die vom Staate errichtete Seidenbauanstalt, insoferne daselbst Vorträge über Seidenzucht gehalten werden, die sich eines zahlreichen Besuches erfreuen, endlich die Landes-Taubstummenanstalt für Görz und Istrien mit 60 Zöglingen. In allen diesen letztgenannten Schulen sind das Italienische und Slovenische die Unterrichtssprachen, mit Ausnahme des theologischen Seminars, in welchem die Vorträge in lateinischer Sprache gehalten werden. Im ganzen zählt man daher 27 Anstalten mit 1829 männlichen und 1080 weiblichen Zöglingen und Schülern. Die Zahl der Schüler bezieht sich auf das Jahr 1872. An die wissenschaftlichen Anstalten sind die k. k. Studienbibliothek und das Landesmuseum anzureihen. Die ersten Schritte zur Aufstellung der Bibliothek geschahen im Jahre 1819 aus Veranlassung der Reorganisirung des philosophischen Lyceums, das in Folge der französischen Invasion vom Jahre 1810 an aufgelöst war; den Kern bildete die von dem aufgehobenen Jesuiten-Collegium übernommene Büchersammlung. Mit Schluss des Jahres 1872 zählte die Bibliothek, die unter der Leitung eines eigenen Custos mit einem Ammanuensis steht, und eine jährliche Dotation von tausend Gulden geniesst, 10.159 Werke in 17.965 Bänden. Die Gründung des Landesmuseums fällt in das Jahr 1861. Veranlassung dazu gab eine dem Landtage überreichte Denkschrift des damaligen Professors (gegenwärtigen Landesschulinspectors) Ferd. Gatti, in welchem er die Bedeutung nachwies, welche diese Provinz dutch ihre Vergangenheit für die Geschichte und durch ihre geographischen und climatischen Verhältnisse für die Culturwissenschaften besitze und sich zugleich erbot, für den Fall als der Landtag die Gründung eines Museums beschliessen sollte, die Aufstellung und Leitung desselben zu besorgen. Ueber Antrag des Referenten Dr. Pajer genehmigte der Landtag mit Einstimmigkeit diesen Vorschlag. Das Museum besteht aus zwei Abtheilungen, einer geschichtlichen und einer naturhistorischen; in beiden sollen nur solche Objecte Aufnahme finden, welche entweder unmittelbar dem Lande angehören oder doch wenigstens in irgend einer näheren Beziehung zu ihm stehen. Die Errichtung des Museums fand so lebhafte Sympathie bei der Bevölkerung, dass von allen Seiten Beiträge dazu herbeiströmten und dasselbe bereits mit einer ansehnlichen Sammlung im Jahre 1864 dem Zutritt des Publicums eröffnet werden konnte. Gegenwärtig steht jede der beiden Abtheilungen unter der besonderen Leitung eines Fachmannes; es ist des Sonntags dem Publicum geöffnet, kann aber an jedem Tage von Fremden über Anmeldung besucht werden. Ungeachtet der kurzen Dauer seines Bestandes ist in dem Museum die Naturgeschichte des Landes bereits ziemlich vollständig vertreten und auch die historische Abtheilung, namentlich die Bibliothek, zählt werthvolle Sachen. VI. Humanitätsanstalten. Die Humanitätsanstalten sind theils Landes- theils städtische Anstalten, theils werden sie durch Privatvereine repräsentirt; sie erzwecken theils die Erziehung und Bildung der Jugend, theiis die Heilung der Kranken, theils die Pflege der Armen und vereinigen wohl auch mehrere dieser Zwecke. Für Bildung und Erziehung sorgen jene Institute, die bereits bei den Unterrichtsanstalten erwähnt worden sind und die Zöglinge in eigener Pflege bewahren, wie das Seminarium für die Cleriker, das Knabenseminar für studirende Jünglinge, die Taubstummenanstalt, das Institut für verwahrloste Kinder, das Waisenhaus Contavalle, das Ursulinerinenkloster und das Institut der Schulschwestern, nebst einigen Privaterziehungsanstalten für die weibliche Jugend. Als Landesanstalt erscheint das von den barmherzigen Brüdern 1) geleitete Krankenhaus für Männer am Studenitz. Dasselbe bildete als 1) Der Convent und das Spital der barmherzigen Brüder ward im J. 1656 vom Freiherrn Veit Delmestre gestiftet. Diese Stiftung erhielt einen Zuwachs durch die Stiftungen der Grafen v. Attems-Petzenstein für 2 Betten, der Grafen Strassoldo für eben so viel, des Grafen Navarra und des Pietro Veniza für ein Bett; ferner durch die Vermächtnisse von 6000 fl. des Grafen Michael Coro-nini, und von 1500 fl. des Erzbischofs Grafen Edling, ferner durch eine Dotation der Kaiserin Maria Theresia von 4000 fl. Kaiser Josef II. hob den auf der Piazzutta befindlichen Convent auf, wies aber den barmherzigen Brüdern das dem Waisenhause, welches der Graf Alvarez gestiftet hatte, gehörige Haus am .Studenitz zum Spitale an. Die Regierung bedachte das Spital im J. 1800 mit einer jährlichen Dotation von 1500 fl., welche im J. 1860 auf 1800 fl. erhöht und aus dem allgemeinen Armenfonde entrichtet wurde unter der Bedingung, dass der Convent 30 Betten verfügbar halte. Ausserdem wurde ihm die Entschädigung für die Cur der Irrsinnigen, der syphilitischen und der Blatternkranken zugesichert. Der Landesausschuss übernimmt die Curk osten der in den Landgemeinden zuständigen Kranken. Die Zahl der daselbst aufgenommenen Kranken beträgt jährlich 500—600 Individuen. Kr. v. Czoernigr, diu Stadt Görz. Waisenhaus ursprünglich eine Stiftung des Marchese Alvarez; als unter Kaiser Josef im Jahre 1777 alle in der Provinz (in Aquileja, Cormons und Gradisca) bestandenen Spitäler in ein einziges für Männer und Frauen bestimmtes Spital vereinigt wurde, ward ihm das vormalige Waisenhaus eingeräumt, in welchem es noch gegenwärtig als ein von den genannten Ordensbrüdern geleitetes Spital für Männer besteht. Die meisten Humanitätsanstalten stehen aber, theils aus Stiftungen herrührend, theils durch die Gemeinde erhalten, unter Leitung und Aufsicht der Gemeinde, welche dieselben durch die Wohlthätigkeits-Com-mission (Commissione di Beneficenza), an deren Spitze der Podestà steht, ausführen lässt. Diese Commission verwaltet den Armenfond, aus welchem theils die Annen in ihren Wohnungen betheilt, theils im Armenhause (Casa di ricovero) verpflegt, und die Kosten des Spitales für Frauen1) bestritten werden. Der Wohlthätigkeitsfond verfügte zu Ende 1871 über ein Capital von 97.695 fl. und bestritt Ausgaben im Betrage von 23.754 fl., wovon 17.744 fl. auf die Armenpflege (im Armenhause und im Domicil) und 6010 fl. auf die Krankenpflege im Weiberspital entfielen. Diese letztere Ausgabe wurde jedoch zur Hälfte von den auswärtigen Gemeinden als Ersatz der Pflege ihrer Angehörigen hereingebracht, da in diesem Spitale weibliche Kranke ohne Unterschied der Herkunft aufgenommen werden. Die Einnahmen des Armen-fonds bestanden theils aus dem Ertrage des eigenen Vermögens, theils aus dem Beitrage der Gemeinde mit 3000 fl., theils aus Stiftungen und Privatspenden. Die Wohlthätigkeits-Commission stiftete ferner einen besonderen Fond zur Abstellung der Bettelei, welcher aus den Beiträgen der Woldthäter gegründet wird, und im Jahre 1871 1486 fl. betrug. Unter der Leitung der Wohlthätigkeits-Commission steht ferner das Institut für verwahrloste Kinder, welches nach Abzug der Passiven ein Vermögen von 8000 H. besitzt und im Jahre 1871 5000 11. für ihren wohlthätigen Zweck verwendete. Zu seinen Einnahmen trugen die Gemeinde 850 fl., der Armenfond 200 fl. und der Frauen verein 200 fl. bei, während eine zu seinen Gunsten veranstaltete Tombola und Theatervorstellung 1078 fl. einbrachten. Ebenso erstreckte die Wohltliätig-keits-Commission ihre Ueberwachung auf das Orfanotrofio Contavai le, einem Waisenhause für Mädchen, aus einer Privatstiftung hervor gegangen. *) *) Das unter der Leitung der grauen Schwestern (Soeurs de eliarité) stehende Frauenspital wurde im J. 1817 errichtet. Der Herzog von Angoulème schenkte für die Erhaltung der Ordensschwestern ein Capital von 12.000 fl. und der allgemeine Armenfond stiftete 12 Betten für die in der Stadt zuständigen Kranken, welche Zahl jedoch bald auf 24 erhöht wurde. Im J. 1857 ward das Spital für ein öffentliches erklärt, worin auch fremde Kranke aufgenommen werden. Die Zahl der Aufgenommenen beträgt durchschnittlich 45 für den Tag. Dasselbe verfügte Ende 1871 über ein Vermögen von 33.423 fl. und verwendete für die Erhaltung des Institutes 3310 fl., wozu ausser dem Ertrage des Stiftungsvermögens die Pensionen der Kostzöglinge, der Erlös aus den Handarbeiten der Zöglinge und die Spenden der Wohl-thäter beitrugen. Unter den Privatstiftungen für wohlthätige Zwecke ist die bedeutendste jene des Görzer Bürgers Formica vom J. 1794. Ihr Vermögen betrug Ende 1871 35.774 fl., ihre Ausgaben machten 3000 fl. aus; es werden daraus jährlich arme Mädchen betheilt und an sechs arme im Institute für die verwahrlosten Kinder untergebrachte Waisenkinder durch 5 Jahre 50 fl. jährlich entrichtet. Ausserdem besteht noch vom vorigen Jahrhundert her die Stiftung des Marchese Alvarez für arme Waisen, wovon 400 fl. dem Armenfonde und 200 fl. dem Mädchenwaisenhause zufliessen; ferner die Stiftung Vendolo, von welcher jährlich zwei Mädchen bei ihrer Verehelichung oder Gross-jährigkeit je 95 fl. erhalten und eine Stiftung für verwundete oder erkrankte Militärs, deren Fond sich auf 1520 fl. beläuft.1) Zu den Privatstiftungen gehört auch jene eines Leihhauses (Monte di preti), welches vom Grafen Joseph Thum durch Zuweisung eines Hauses und einer Dotation von 40.000 fl. im Jahre 1831 gegründet wurde. In Görz besteht auch ein Damenstift. Bei Aufhebung des von den Landständen gegründeten Klosters S‘°' Clara unter Kaiser Joseph II., richteten die Landstände ihre Bitte an den Kaiser, dass er für die Görzer adelige weibliche Jugend die Errichtung eines Damenstiftes anordne. Dasselbe kam im Jahre 1797 zu Stande, und zählt gegenwärtig 17 Stiftsdamen, welche je ein Einkommen von 300 fl. beziehen. Unter den Privatvereinen für wohlthätige Zwecke ist vor Allen der Görzer Frauenverein zur Unterstützung der Armen zu erwähnen, welcher erst seit vier Jahren gebildet, äusserst wohlthätig, insbesondere zur Unterstützung der verschämten Armen wirkt; er erhält auch eine Suppenanstalt, welche vom 15. December bis 15. April 1872 (da die Vertheilung nur in der winterlichen Jahreszeit stattfindet) nicht weniger als 29.300 Portionen Suppe gratis an Bedürftige vertheilt hat. An der Spitze dieses ächt humanen Vereins, dessen aus Beiträgen der ihm angehörigen Damen, aus Geschenken der Wohlthater und dem Erlöse eines Ballfestes bestehende Einnahmen im J. 1872 4000 fl. (neben einem Cassareste von 1550 fl.) betrugen, stehen die Damen Baronin Tacco als Vorsteherin und Rismondo als deren Stellvertreterin. Neben diesem Verein besteht noch ein besonderer Verein von evangelischen Damen, dann ein Verein zur wechselseitigen Unterstützung der Ge-werbsgenossen (Società di mutuo soccorso degli artigiani). Letzterer ') Die Gebarungsergebnisse obiger Anstalten beziehen sich auf das J. 1872, 4 * hat die Unterstützung seiner Theilnehmer in Fällen der Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit zum Zwecke. Er verfügt über ein Vermögen von 2700 fl., seine Jahreseinnahme betrug im Jahre 1871 (dem sechsten seines Bestandes) 812 fl.; ein im Aufblühen befindliches Institut. Schliesslich ist hier noch die Görzer Sparcasse zu erwähnen, welche ebenfalls erst seit wenigen Jahren ins Leben trat. Ihre Activa betrugen zu Ende 1871 358.622 fl., sie zählte 839 Einleger, und die Einlagscapitalien, welche zu Anfang dieses Jahres 222.455 fl. ausmachten, hatten sich bis zu Ende desselben auf 267.631 fl. erhöht, wozu noch ein Reservefond und eigenes Vermögen der Anstalt von 79.400 fl. kommen. Sie verwendet die ihr zufliessenden Gelder zu drei Viertheilen zu Hypothekardarlehen und zu einem Viertheil auf Vorschüsse gegen Faustpfänder. I VII. Volksleben — Geselligkeit. Tn seiner äusseren Erscheinung bewahrt Görz den Cliai akter einer italienischen Stadt, in welcher die deutschen Elemente der höheren und die slavischen der unteren Volksschicht sich zwar bemerklieh machen, aber in den Hintergrund zurücktreten. Das öffentliche Leben ist bewegter, der mündliche Verkehr lauter, die gewerbliche Beschäftigung im Freien und in den weit geöffneten Werkstätten, dem milderen Clima entsprechend, hervorragender als in den deutschen Städten, ebenso stimmen die Sitten und Gewohnheiten der einheimischen Bevölkerung mehr mit jenen der westlichen Nachbarn überein. Gleichwohl aber ist wahrzunehmen, dass Görz an der Grenzmarke der beiden Nationalitäten steht. Diess zeigt sich zunächst in den häuslichen Einrichtungen mit den bedielten Wohnungsräumen, den an Stelle der Caniine allgemein verwendeten Oefen und der grösseren Sorgfalt in der Ausstattung des Hausrathes; auch die munieipalen Einrichtungen weisen, wie bereits erwähnt, darauf hin. Mit dem allgemeinen Aufschwung der Stadt hat die Ausdehnung der Geselligkeit gleichen Schritt gehalten. Bis vor wenigen Jahren bewegte sich die letztere in den engen Schranken einer abseits gelegenen, wenig wohlhabenden Landstadt, und war meist auf einige wenige Zusammenkünfte der höheren Gesellschaft sowie auf den zeitweisen Genuss des Theatervergnügens beschränkt. Seitdem aber die Eröffnung der Eisenbahn die Stadt mit dem Weltverkehre in,unmittelbare Ver- bindung gebracht und dieselbe sich zu einem climatischen Curort herausgebildet hat, ist darin eine wesentliche Aenderung zum Besseren eingetreten. Die Reihe der Curgäste eröffnete Se. k. k. Hoheit der Erzherzog Ludwig Victor, welcher mit seiner durchlauchtigsten Mutter, der Erzherzogin Sophie den Winter 1851 —1852 hier zubrachte und die wolilthätigen Wirkungen des hiesigen Aufenthaltes durch die Kräftigung seiner Gesundheit an sich erprobte. Das Beispiel blieb jedoch vereinzelt, bis Se. k. k. Hoheit der Erzherzog Carl Ludwig mit seiner durchlauchtigsten Gemahlin Erzherzogin Maria Annunziata den Winter 1863—1864 hier zubrachte. Eine zahlreichere Benützung des hierortigen climatischen Curortes begann jedoch erst zu Ende des Jahres 1866, in welchem Oesterreich die venezianischen Provinzen verlor und nicht wenige Oesterreicher der höheren Stände, welche früher in Italien verweilten, ihren Wohnsitz in Görz nahmen. Seit diesem Zeitpunkte war die Zahl der Curgäste für den Winter namentlich aus den höheren Ständen in rascher Zunahme begriffen, und wurde zum Theil nur durch den Mangel an verfügbaren Wohnungen an seiner grösseren Ausdehnung gehindert. Mit den zuströmenden Fremden trat aucli eine Vermehrung der geselligen Berührungspunkte ein, es öffneten sich gastliche Häuser, die Ballfeste der Casini erhielten zahlreicheren Zuspruch, und zeichneten sich eben so sehr durch die Schönheit der Damen wie durch den, leider gegenseitig sich überbietenden Schmuck der Toiletten aus. Man konnte buchstäblich sagen, dass schon in dem Carnevai von 1872 kein Tag (die Feiertage ausgenommen) verging, an dem nicht eine gesellige Abendunterhaltung, zuweilen auch mehrere gleichzeitig stattgefunden hätten. Wenn aber auch die Fremden-Colonie den Anstoss zur erhöhten Geselligkeit gab, so gebührt doch der hervorragendere Antheil an diesen erfreulichen Aeusserungen des socialen Lebens den Einheimischen. Der uralte diesem Gebiete entstammte Adel, welcher seit früher Zeit bestrebt war, sich durch den Aufenthalt an den Höfen und im öffentlichen Dienste feine Sitte und gewandte Manieren anzueignen,1) besteht noch in zahlreichen Familien, wir erwähnen nur neben den Familien Strassoldo und Attems die verzweigte Familie der Grafen Coronini, deren Angehörige, wie der k. k. wirkl. geh. Rath und Feldzeugmeister Graf Johann Coronini, dessen Sohn, der Landeshauptmann Graf Franz Coronini mit seiner liebenswürdigen Gemahlin, und der k. k. wirkl. geh. Rath, vormalige *) *) Zu Ende des vorigen Jahrhunderts und im Beginne des gegenwärtigen traten die Cobenzl, Colloredo u. A. nicht nur unter den Würdenträgern des Staates, sondern auch in der Wiener hohen Gesellschaft in den Vordergrund. Die ausführliche Geschichte der Gürzer Adelsfamilicn ist im 1. Bande dieses Werkes enthalten. Landespräsident und bisherige Podestà Graf Carl Coronini, zu den höchsten Zierden der Görzer Gesellschaft gehören. Diesen reihen sich aus der industriellen Classe die Herren von Ritter, Eigenthümer der grossartigsten Industrieanstalten des Gebietes an, welche in den geselligen höheren Kreisen keinen geringeren Platz einnehmen als in der weithin ausgebreiteten Verkehrswelt. Hier muss eines Vorzuges gedacht werden, welchen der gesellige Verkehr der Görzer Damenwelt zu verdanken hat. Es ist seit lange bekannt und fällt jedem Fremden bei der ersten Begegnung auf, dass die Görzer Frauen hohen und niederen Standes sich durch ihre auf mehr oder weniger ausgesprochene Schönheit Anspruch machende Gesichtszüge und eine edle Gestalt auszeichnen, und dass namentlich unter den jüngeren Damen, Frauen und Fräulein, die Zahl der wirklich schönen eine überraschend grosse ist: diess verleiht den geselligen Zusammenkünften einen eigen-thümlichen und seltenen Reiz, und erhöht den Glanz der Ballfeste, bei welchen man sich in die prunkenden Reunionen der Residenz versetzt wähnt. Diese in der gedeihlichsten Weise begriffene Entwicklung der geselligen Verhältnisse wurden in den letzten Monaten durch zwei harte Schläge betroffen. Die eben so geistreiche als liebenswürdige Fürstin Auguste Auersperg, welche mit ihren durchlauchtigen Töchtern seit mehreren Jahren den Winter hier zuzubringen pflegte, bildete den Mittelpunkt des höheren geselligen Lebens und versammelte um sich alle diesem Kreise angehörigen einheimischen und fremden Mitglieder; sie erlag zur allgemeinen sich kund gebenden Trauer, im letzten Frühjahre einem langwierigen Leiden. Unter den Einheimischen hatte Graf Lavai Nugent mit seiner ebenso schönen als liebreizenden Gemahlin, geborner v. Ritter, sein nicht minder reich als geschmackvoll ausgestattetes Appartement der heitersten Geselligkeit, an welcher die ganze Gesellschaft willkommenen Theil nahm, in gewinnender Gastlichkeit geöffnet, als mit dem unerwarteten Hinscheiden seiner in frischer Jugend blühenden Gemahlin der Stern dieses Hauses erblich. Den Schluss der letzten Wintersaison 1872—1373 bildeten unter den Cur-gästen abermals Prinzen des erlauchten Kaiserhauses, indem die durchlauchtigsten Söhne des Erzherzogs Carl Ludwig, die Erzherzoge Franz Ferdinand und Otto den Winter zur glücklicher Weise erlangten Kräftigung ihrer Gesundheit hier zubrachten. Unter den Anstalten zur Förderung des öffentlichen Vergnügens steht das im Jahre 1782 erbaute Theater obenan. Es zeichnet sich durch seine Geräumigkeit und gelungene Architectur aus, und muss unbedingt zu den schönsten Theatern der Monarchie gezählt werden. Man führt daselbst im Winter hübsche italienische Opern und italienische Schauspiele auf, zuweilen kömmt auch eine deutsche Schauspieler- Gesellschaft hierher, um mehrere Vorstellungen zu geben. Das Theater ist Eigenthum einer Gesellschaft, an deren Mitglieder die Logen vertheilt sind, welcher Umstand nicht nur den Fremden die Benützung der Logen erschwert, sondern auch die Stellung der Unternehmer trotz einer massigen Subvention von Seite der Stadt zu einem precären macht, da dieselben auf den Erlös aus dem Verkaufe der Logen verzichten müssen. Da nun auch der landesübliche Eintrittspreis ein niedriger ist, • so gebricht es an den Mitteln zur Herbeiziehung grösserer Opern-Gesellschäften, oder zur Verlängerung der Vorstellungen für die ganze Dauer der Wintersaison. Mehrere Vereine verfolgen die mannigfachen Zwecke geselligen Vergnügens. Das Theater-Casino (Casino del Teatro), welches seinen Namen davon trägt, dass es in den Räumlichkeiten des Theatergebäudes untergebracht ist, versammelt in seinen Sälen die Mitglieder der höheren Gesellschaft ohne Unterschied des Standes zu mehreren Ballfesten während des Carnevals, sowie zu anderen geselligen Zusammenkünften (Tombola, Concerte etc.) und bietet in seinem Lesezimmer eine reiche Auswahl von Journalen zur Benützung dar. Ein anderer Geselligkeitsverein, die „Concordia“ genannt, wird neben Mitgliedern der höheren Gesellschaft hauptsächlich vom Mittelstände besucht und zählt unter seinen Mitgliedern der Mehrzahl nach Deutsche. Die Leitung dieses Vereins ist eifrig darauf bedacht, seinen Mitgliedern das ganze Jahr hindurch in steter Abwechslung Unterhaltungen aller Art mit Tanz, Concerten, Theatervorstellungen in deutscher und italienischer Sprache und wissenschaftlichen Vorträgen zu bieten; sein Zuspruch ist ein sehr zahlreicher. Die „Citaunica“, ein slovenischer Verein, bezweckt hauptsächlich die Pflege der Lectiire unter seinen Mitgliedern. Zwei Gesangvereine beschäftigen sich mit der Pflege und Ausbildung des mehrstimmigen Gesanges in geselliger Einigung. Zur körperlichen Ausbildung der Jugend dienen zwei Turnvereine, wovon der ältere, die „Società di ginnastica e di canto“, über ein geräumiges und schönes Gebäude auf dem Heuplatze verfügt. Endlich besteht noch eine Schützen-Gesellschaft zur Uebung im Scheibenschiessen, deren Mitglieder sich bei dem grossen Schützenfeste in Wien durch ihre Treffsicherheit her-vorgethan haben. Es ist hier der Ort. eines Umstandes von entscheidender Wichtigkeit für die Curgäste zu gedenken, nämlich in Betreff der verfügbaren Wohnungen. Bevor Görz als climatischer Curort bekannt wurde und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Stadt grössere Ausdehnung gewannen, standen die verfügbaren Wohnungen im Verhältnisse zu der angesessenen Bevölkerung mit Berücksichtigung des Bedarfes für Beamte und Militär, und die Gasthöfe hatten die bescheidenen Einrichtungen, wie mar. sie eben in Landstädten erwarten kann. Seither nahm die Nachfrage nach Wohnungen für die Curgäste und die Durchreisenden in steigendem Maasse zu, ohne dass die Neubauten und Umbauten gleichen Schritt mit den Anforderungen gehalten hätten. Da nun auch die Gasthöfe1) in ihrer früheren Beschränkung verharrten, so entstand eine vergleichungsweise Wohnungsnoth, welche sich namentlich bei der 'Nachfrage nach grösseren Wohnungen für zahlreiche und wohlhabende Familien kenntlich machte. Sie wäre noch empfindlicher geworden, wenn nicht die Triester Besitzer hiesiger Villen, welche sie selbst nur im Sommer benützen, dieselben für den Winter bereitwillig den Fremden zur miethweisen Verfügung gestellt hätten. Dieser Uebelstand wird aber in der nächsten Zukunft beseitigt werden. Schon erheben sich die Neubauten der Baugesellschaft für Curorte an der Eisenbahnstrasse, in welchen für eine nicht geringe Anzahl von Wohnungen Raum geboten ist, schon wurde von der Triester Baugesellschaft ein Hotel erbaut, welches den gesteigerten Anforderungen der Culturwek zu genügen verspricht, -während andere projectirte Bauten, sowie jene, welche von den Einheimischen in jüngster Zeit bereits hergestellt wurden, verfügbare Wohnungen in vermehrter Zahl in Aussicht stellen. Es fehlt aber auch gegenwärtig nicht an geräumigen und comfortablen Wohnungen, welche freilich fast alle schon frühzeitig von den Fremden in Beschlag genommen werden. Darunter ist vor Allen hervorzuheben der Palast des Grafen Lanthieri am St. Antonsplatze, worin .sich mehrere sehr geräumige und elegante Wohnungen befinden, die Villen Costi und Morosini an der alten Isonzostrasse, die Villa (Suini) der Gräfin Török und die kleine aber liebliche Villa Dell' Acqua anderWiener Strasse, die beiden Villen der Curorte-Baugesellsehaft und das Haus Claricini an der Eisenbahnstrasse. Die grossartigsten Wohnungen aber würden die Villa Böckmann an der Wiener Strasse und die Villa Seillern an der Strasse nach Salcano darbieten, wenn die Eigentümer sich zur Vermiethung derselben herbeiliessen; beide wurden von Prinzen des durchlauchtigsten Kaiserhauses bewohnt. Nicht gering ist übrigens die Zahl der bescheideneren, für kleinere und auch grössere Familien geeigneten Wohnungen, von denen jene in den neueren Stadt-theilen mehr Bequemlichkeit und sonnige Lage darbieten als jene in der inneren Stadt. Zutritt der Sonne aber ist dasjenige, was die Fremden vor allem Anderen für ihre Wohnungen ansprechen. Die Miethpreise, ') Unter den ziemlich zahlreichen (ìasthiifen sind vorzugsweise zu nennen der Gasthof zu den drei Kronen, der Gasthof zum goldenen Engel (Angelo d’oro) und jener zum goldenen Löwen (Leon d’oro), siimmtlich in der Herrengasse oder deren nächster Nähe gelegen, ferner jener zur alten Post in der Municipiumsgasse. obwohl beträchtlich höher als vor 8—10 Jahren, sind immer noch in Vergleichung mit jenen anderer Provinzialhauptstädte und Curorte billig zu nennen. An einem geeigneten Vermittlungsbureau für Wohnungen, bei dem sich der Fremde über verfügbare Wohnungen zu erkundigen vermöchte, fehlt es noch, obwohl einzelne Agenten hierüber ausreichende Auskunft zu geben vermögen. Was von den Wohnungen gesagt w'urde, gilt auch sonst von dem materiellen Leben; die Preise der Lebensmittel, obwohl in den letzten Jahren namhaft gestiegen, sind immer noch billig zu nennen.1) VIII. Görz als dimatischer Curort. Obwohl die Stadt Görz in dimatischer Hinsicht erst seit Kurzem die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, so eignet sie sich doch ganz vorzüglich zu einem climatischen Curorte als Winteraufenthalt für Leidende und Personen von geschwächter Gesundheit. Sie bietet in der That nahezu alle Bedingungen dar, welche in unseren Breitegraden an einen derartigen Curort gestellt werden können, und wenn sie auch den bekannten Curorten in südlicher gelegenen Ländern, wrie Cairo, Palermo, Catanea, Pisa etc. sich nicht gleich zu stellen vermag, so nimmt sie doch unter den subalpinen climatischen Curorten einen der hervorragendsten Plätze ein und verbindet damit für die Bewohner des Kaiserstaates den Vortheil des Verbleibens im s r ’) Wir führen hier, zur Vergleichung mit anderen Orten, die Preise einiger der vorzüglicheren Lebensmittel an, wie sie sich im J. 1873 stellten: Ein Pfund Rindfleisch . . . 32— 40 kr. Eine Ente . 60—70 kr. rt „ Kalbfleisch . . . 34—44 „ Ein Pfund Mehl . . . . 47 •n „ Schweinfleisch . 36—40 „ „ „ Reis . . . . . 12 14 77 n Lammfleisch . . 20—24 „ „ „ grüne Erbsen . . 8—10 77 n „ Schöpsenfleisch . 22 — 26 „ „ „ Rüben .... . 1— 2 77 77 „ Butter 48—SO „ Eine Rose Spargelkohl . . 1—24 77 Ein Schock Eier 1 fl. SO kr. „ „ Carfiol .... . 12—20 77 Ein Paar Hühner Mfc^kr. — 2 fl. Ein Pfund Trauben . . . . 10—12 77 n Truthahn 1 fl. SO kr. — 2 fl. SO kr. „ „ Kirschen . . . . 4— 6 77 n Hase 80 kr. — 1 fl. „ „ Seefische. . . 77 n Replmhn 50 kr. — 1 fl. 20 kr. Eine Meerspinne (Grancevolo) 24—28 77 n Steinhuhn 80 — 1 fl. 20 kr. Ein Hummer (Astice) 1 fl. 80 kr. 2 fl. r> Dutz. Krammetsvögel 00 kr. — 1 fl. Ein Dutzend Austern 48 ~ 60 kr. Eine Schnepfe 6(1 kr. — 1 fl. SO kr. eigenen Lande, bequemer Communication und billigen Lebens. In den folgenden Blättern wird der Versuch gemacht, diese climatischen Eigenschaften der Stadt Görz auf wissenschaftlicher Grundlage klar zu machen und die Bedingungen nachzuweisen, welche behufs eines gedeihlichen Winteraufenthaltes für den menschlichen Organismus im gesunden und kranken Zustande daselbst zu finden sind. Die Eignung eines Ortes zur climatischen Cur wird durch sein Clima bestimmt. Das Wort Clima umfasst den Gesammteinfluss, welchen die Beschaffenheit des Bodens, seine Elevation, Wasservertheilung und geographi-che Lage im Zusammenhänge mit den atmosphärischen Einflüssen auf die Entwicklung und das Leben der Pflanzen- und Thierwelt übt; im medicinischen Sinne wird diess auf Gesundheit und Krankheit der Menschen bezogen und beschäftigt sich die medicinische Climatologie mit den Einflüssen, welche die Veränderungen der Atmosphäre neben und durch ihre gleichzeitigen Wirkungen auf den Ort, auf die Gesundheit des Menschen äussern1). Die nun folgende Erörterung zerfällt in drei Abtheilungen, in die Behandlung der Faetoren des Clima's, zunächst der atmosphärischen Einflüsse oder der meteorologischen Zustände, in die Nachweisung der Einwirkung derselben auf die menschliche Gesundheit und in die Anführung der Tndicationen derselben für einzelne specielle Krankheits- oder Schwäche-Zustände. Um die in den atmosphärischen Zuständen eintretenden Veränderungen wissenschaftlich festzustellen, wurden neuerlich an vielen Orten, namentlich an climatischen Curorten, meteorologische Stationen errichtet. Auch die Stadt Görz erfreut sich einer solchen Einrichtung seit dem 1. November 186!)2); wir sind durch die Benützung der daselbst angestellten Beobachtungen in der Lage, die meteorologischen Veränderungen, welche in Görz während der drei Jahre 1870, 1871 und 1872 stattfanden, genau nachzuweisen. Wenn dieser Zeitraum im Allgemeinen auch als ein zu kurzer sich darstellt, um verlässliche Durchschnitte daraus ziehen zu können, so erscheint ') S. Climatisclie Curorte und ihre Indicationen von Dr. A. Biermann, Leipzig 1872. In ähnlicher Weise lautet die Definition Humboldt’s: Das Clima eines Ortes ist die Vereinigung der Wärmeerscheinungen, der Verhältnisse der Niederschläge, des Lichtes, der Luft, der Electrieität u. s. w., welche einem Lande einen bestimmten meteorologischen Charakter geben, welcher verschieden ist von dem eines anderen Landes, das dieselbe geographische Breite und dieselben geologischen Verhältnisse besitzt. ®) Die Errichtung der meteorologischen Station erfolgte Ober Anregung des Verfassers durch die grossmilthige Spende des Landesausschusses, welcher die Kosten der Beschaffung der Instrumente bestritt, und des Municipiums, welches die passende Räumlichkeit in dem Locale der k. k. Ober-Realschule beistellte und die jährliche Entlohnung des Beobachters übernahm. er in dem besonderen Falle dennoch genügend, weil die meteorologischen Schwankungen in Görz nicht gross sind und sich zwischen ziemlich naheliegenden Extremen bewegen, und endlich weil sich unter diesen drei Jahren gerade ein kaltes, ein mittleres und ein warmes Jahr findet.1) Die meteorologische Station von Görz besitzt 2 Psychrometer, 1 Barometer, 1 Windfahne und 1 Regenmesser. Die Apparate sind aufgestellt wie folgt: Ein Psychrometer gegen N. O. IV2 Fuss von der Mauer entfernt unter Beschirmung; vor demselben befinden sich eine Reihe von Gärten, so dass der Apparat ganz dem Einflüsse der zurückgeworfenen Wärmestrahlen entzogen ist. Das zweite Psychrometer für die Frühbeobachtung im Sommer ist gegen Westen aufgestellt. Der Regenmesser befindet sich in einer Höhe von 39 Fuss über dem Boden; es war leider unthunlich, denselben an einem niedrigeren Orte anzubringen. Die Factoren des Clima’s. Bodengestaltung. Die Factoren des Clima’s sind: Bodengestaltung, Wärme, Feuchtigkeit, Luftdruck, Licht, Winde, Regen, Schnee und Nebel, Gewitter, Luftbeschaffenheit (Reinheit und Milde der Luft). Unter Bodengestaltung fassen wir die geographischen, orograplii-schen und geognostischen Verhältnisse des Ortes zusammen. Die Stadt Görz liegt unter 45° 5f>' nördlicher Breite, 11° 17' östlicher Länge von Paris, und seine Seehöh>' beträgt (zwischen 224 und 270 Wiener Fuss wechselnd) durchschnittlich 235 Wiener Fuss. Das Weichbild der Stadt ist auf drei Seiten im Westen, Norden und Osten von Bergen und Ilöhenzügen, welche im Norden über 2000 Fass hoch ansteigen, umgeben, während es im Süden gegen das 3 Meilen entfernte Meer, dem Laufe des Isonzo entsprechend sich öffnet. Der Boden des Weichbildes der Stadt setzt sich, seiner geognostischen Beschaffenheit nach, ans Gebilden der jüngeren Formationen zusammen. Während im Osten der meist aus Sandsteinen bestehende eocene Tertiärgrund vorherrscht und bis zu dem daraus gebildeten Castellhügel vordringt, wird im Westen der Isonzo durch Terrassen *) *) Es bestehen zwar auch meteorologische Aufzeichnungen für Görz aus den Jahren 1781 —1788 und von 1886 — 1857 (s. den Aufsatz: Das Clima von Görz von Blas. Kozenn im Programme des k. k. Ober-Gymnasiums in Görz vom J. 1857); dieselben sind aber nicht zu benützen, da sie der erforderlichen Genauigkeit, sei es wegen ungenügender Instrumente oder minder geeigneter Aufstellung entbehren und ihre Ergebnisse (wie z. B. die zu hohen Temperaturen) mit den neuerlichen Beobachtungen nicht übereinstimmen. von Diluvialschotter begrenzt, welcher aneli, jedoch vom Alluvialboden bedeckt, den Untergrund der Stadt bildet. Wärme. Die Sonne ist bekanntlich die Hauptquelle für Wärme und Licht, wesshalb sich im Allgemeinen der Wärmegrad eines Ortes nach seiner geographischen Breite richtet, da die senkrechter auffallenden Sonnenstrahlen auch eine grössere Wärme hervorbringen. Bei der Stadt Görz treffen aber besondere Umstände zusammen, welche daselbst eine intensivere Wärme erzeugen, als z. B. in den benachbarten italienischen unter gleichem Breitegrade gelegenen Städten der Fall ist. Die Ursachen davon liegen zunächst in ihrer Bodengestaltung. Die ebene Südseite gewährt offenen Zutritt der warmen Seeluft, welche durch die Höhenumgrenzung in den anderen Richtungen über der Stadt fest-gehalten wird. Auch die Bodenbeschaffenheit trägt dazu bei, eine erhöhte Wärme zu erzielen, da die Bodenarten ein verschiedenes Wärmeleitungsvei mögen haben und dasselbe bei den Sandsteinen am höchsten steigt. Die offene Lage der Stadt verhindert ferner, dass zur Winterszeit der Temperaturunterschied zwischen Sonne und Schatten nicht so fühlbar ist, als in den italienischen Städten, wo in den engen von hohen Häusern begrenzten Strassen die Sonne zur Mittagszeit eine erhöhte Wärmestrahlung hervorbringt. Die Wärme ist der Ilauptfactor des Clima’s; sie erzeugt die Wolken, die Niederschläge, die Winde und bewirkt dadurch Veränderungen der Feuchtigkeit und des Luftdruckes, sowie sie electrische Vorgänge vermittelt1). Es erscheint daher geboten, diesen Factor einer ausführlicheren Erörterung zu unterziehen. Vor Allem ist zur Bestimmung eines Clima’s die Kenntniss der Tages-, Monats- und Jahresmittel der Temperatur, sowie der vorkommenden absoluten und mittleren Schwankungen der Wärmegrade erforderlich. Behufs der Tagesmittel sind die Metereologen übereingekommen, die mittlere Temperatur von je fünf Tagen nachzuweisen und dabei die Beobachtungen an den verschiedenen Tageszeiten zu Grunde zu legen. In Görz werden diese Beobachtungen Morgens 7 Uhr, Nachmittags 2 Uhr und Abends !) Uhr angestellt, welche Bemerkung für alle folgenden Nachweisungen gilt. Wir beginnen nun für die dreijährige Periode 1870—1872 mit der ’) Biermann a. a. 0. Nachweisung der mittleren Tagestemperatur. Temperatur nach Celsius Mittel für je fünf Tage Mittel- Mittel- Monat und Tage Morgen Mittag Abend Maximum für je Minimum für je 7 h. 2 h. 9 h. 5 Tage 5 Tage Jänner 1— 5 — 0-85 + 3-68 + 0.01 + 5-9 — 3-6 6—10 + 2-36 5-01 3-41 7-1 — 0-9 11—15 — 009 4-54 1-13 6-1 — 31 16—20 + 3-28 6-10 4-40 8-5 + 0-4 21—25 + 2-16 5*36 2-82 7-1 — 2-1 26—31 + 0-57 + 5-87 + 1-94 + 7-4 — 1-6 Februar 1— 5 — 0-07 + 5-10 + 1-71 + 6-6 — 2-0 6—10 + 0-28 4-12 1 -01 6-8 — 10 11—15 2-32 6-62 3-32 10-0 — 2-8 16—20 3-64 9-85 4-75 H-9 + 1-7 21—25 2-58 9 24 4-54 12-1 — OM 26—28 + 3-42 + 8-67 + 4-39 + 12-1 + 1-4 März 1— 5 + 4-63 + 11-81 + 6-23 + 14-1 + 11 6—10 6-59 13-06 8-27 15-0 42 11—15 6-91 12-22 7-23 14-9 4-5 16—20 4’42 10-76 6-44 14-0 1-0 21—25 6-40 10-89 815 13-4 2-6 26—31 + 7-30 + 12-08 + 8 12 + 14-6 + 4-2 April 1— 5 + 7-81 + 14-12 + 9-22 + 17-0 + 56 6—10 9-40 16-18 10-52 18-9 6-4 11 — 15 11'23 16-71 11 -88 19 0 9-4 16—20 11-72 17-43 12-35 19-7 8-5 21—25 12-89 19-25 13-51 20 6 11-3 26—30 + 12-80 + 18-05 + 12-53 + 21-6 + 9-5 Mai 1— 5 + 13-26 + 18-44 + 13-08 + 20-5 + HO 6—10 14-02 17-86 13 50 20-8 11-7 11 — 15 14-73 20-76 14-29 23 • 8 H-9 16- 20 16-85 22-62 17-30 25 7 15-1 21—25 17-72 2416 17-06 26-7 14-3 26—31 + 16-47 + 23-43 + 16-55 + 25 6 + 14-4 Temperatur nach Celsius Monat und Tage Mittel für je fünf Tage Mittel-Maximum für je 5 Tage Mittel-Minimum für je 5 Tage Morgen 7 h. Mittag 2 h. Abend 9 h. Juni 1— 5 + 16-99 19-04 + 15-55 + 24-0 + 13-9 6—10 15-99 19-33 15-21 22-5 13-2 11—15 18-31 24-39 17-88 27-5 15-9 16—20 20 46 26-68 19-70 28-7 17-6 21—25 20-06 25-32 18-83 27-4 14-1 26—30 + 18-08 + 23-27 + 17-86 + 26-3 15-1 Juli 1— 5 + 19-50 + 25-91 + 18-97 + 27-8 + 16-9 6—10 21-50 27-96 21-60 30-7 18-3 11—15 22-35 28-91 22 09 31-3 19-4 16- 20 22-66 28-57 22-85 30-3 20-5 21-25 23-36 28-42 22-66 30-3 200 26—30 +' 23-16 + 29-05 + 22 89 + 31-8 + 18-9 August 1— 5 + 21-01 + 26-60 + 20-82 + 30 1 + 18-0 6—10 20-21 26-29 20-32 28-9 18-0 11 —15 20-87 27-38 21-21 29-1 18-9 16—20 19-50 24-78 19-75 27-3 17-9 21 — 25 18-90 24-60 19-41 26-8 16-9 26—30 + 17.36 + 23-21 + 17-31 -f 26 4 4- 14-3 September 1— 5 + 17-74 + 24-61 + 18-68 + 26-1 4- 16 4 6—10 19-44 26-12 19-37 26-9 17-5 11—15 18-76 25-30 18-97 27-2 16-6 16—20 16-17 21-03 16-29 24-5 14-7 21-25 14-27 18-35 14-55 20-7 11 " 1 26—30 + 1311 + 19-51 + 13 86 + 21-4 4- H-o October 1- 5 + 13-49 + 19-54 + 14-10 + 20-7 4- 11*4 6-10 13 98 18-06 15-01 20-3 12 1 11—15 10-97 14-51 11-23 17-4 8-4 16—20 10-44 15-23 11-04 17-4 8-0 21—25 10-74 14-26 11-06 16-6 8-8 26—31 4- 9-13 + 14-06 + 10-35 + 15 7 + 6-5 Temperatur nach Celsius Monat und Tage Mittel für je fünf Tage Mittel-Maximum für je 5 Tage Mittel-Minimum für je 5 Tage Morgen 7 h. Mittag 2 h. Abend 9 h. November l— 5 + 7-58 + 12-37 + 8.04 + 14-3 + 3-8 6—10 8-89 12-44 9-61 15-2 5-7 11—15 7 50 9-09 6-81 11 "5 3-5 16—20 653 9-27 7-46 11-2 4-2 21—25 7-96 10-75 8-52 12-5 5-9 26—30 + 7-76 + 10-39 + 8-30 + 11-9 + 5-4 December 1— 5 + 3-09 + 5-66 + 2-53 + 9’7 — 1-8 6—10 + 1-69 5-10 2-65 7-2 — 0-9 11 — 15 + 2-40 5-59 2-88 8-5 — 1-3 16 20 + 3-41 6-88 3-90 8-2 + 1-0 21—25 — 0-31 3-34 0-47 6-7 — 3-3 26—31 + 2*72 + 6-08 + 3-61 + 8-5 + 0-3 Aus dieser Nachweisung ist zunächst zu entnehmen, dass in Görz die Temperatur nicht oft unter den Nullpunkt fällt. Die dreijährigen Mittel von je fünf Tagen enthalten einen solchen Thennometerstand nur vier Mal. Zweimal im Jänner, je einmal im Februar und im December, und auch in diesen vier sämmtlich auf die Morgenbeobachtung bezüglichen Fällen fiel die mittlere Temperatur niemals auf — 1° Celsius, sondern bewegte sich in Bruchtheilen von 0-07' bis —0'85' Celsius. Beachtet man jedoch, abgesehen von den fünftägigen Perioden, die Temperatur der einzelnen Tage, so zeigt sich, dass im Durchschnitte der drei Jahre die Tagesmitteltemperatur an 16 Tagen, die an den verschiedenen Tageszeiten beobachtete Einzelntemperatur aber an 33 Tagen unter Null fiel. Das kälteste Jahr war 1871 mit 23 Tagen der Mittel- und 47 Tagen der Einzelntemperatur unter Null, das günstigste dagegen das Jahr 1872, in welchem es nur 4 Tage mit einer Mitteltemperatur und 12 Tage mit einer Einzelntemperatur von weniger als 0° gab und in dem Monate December das Thermometer niemals unter Null fiel. Im Ganzen gab es während der drei Jahre 100 Tage, an welchen die Temperatur unter 0° zeigte; diese veitheilten sich auf 27 Perioden der Kältedauer, so dass 18 Mal ein solcher Thermometerstand 1 Tag oder weniger, 2 Mal 2 Tage, 5 Mal 3 Tage, 1 Mal 4 Tage, 2 Mal 5 Tage, 3 Mal fi Tage, 1 Mal 7 Tage, 1 Mal 9 Tage. 1 Mal 10 Tage und 1 Mal 12 Tage (jedoch nicht zu allen Tageszeiten) währte. Die meisten kalten Tage kamen während des Jahres 1871 im December (2 Ti), während der Jahre 1870 und 1872 im Jänner (17 und 10) vor; der December 1871 war aber der heiterste Monat des ganzen dreijährigen Zeitraumes. In den drei Novembermonaten kam niemals ein Kältegrad vor. Die Kälte trat selbstverständlich nach der nächtlichen Wärmeausstrahlung, am häufigsten des Morgens (88 Mal in den drei Jahren), weniger des Abends (51 Mal) und am wenigsten des Mittags (13 Mal) ein; Mittags sank das Thermometer nur 2 Mal in den drei Jännermonaten, 2mal in den Februarmonaten, dagegen 9mal in den Decembermonaten unter Null; ebenso fielen die meisten kalten Abende (28) in die Decembermonate. Nach den Kältegraden zeigte während der drei Jahre das Thermometer an 11 Tagen 0-l—1° C., an 26 Tagen Dl—2°, an 29 Tagen 2’1—3°, an 9 Tagen 3-1—4°, an 11 Tagen 4‘1—5°. an 4 Tagen 5‘1 — 6°, an 3 Tauen 6.1—7°, an 4 Tagen 7'1—8° und an 3 Tagen 8’1 — 8-5°. Die Tage der grossen Kälte fielen in jene Epochen, wo das Thermometer nicht aus specifisch-climatischen, sondern aus allgemeinen telili— rischen Einflüssen im weiten Bereiche einen niedrigen Stand erreichte; durchschnittlich fiel aber das Thermometer während eines Jahres nur an 11 Tagen (1870 an 19, 1871 an 13, 1872 an 2 Tagen) unter — 3° 0. Wir kommen nun zur Nachweisung der mittleren Monatstemperatur und zwar sowohl nach den einzelnen Tageszeiten, als im Ganzen. Mittlere Moiiatstemperatur naeli Tageszeiten. Monat 1870 1871 " 1872 7 Ulir Krüh 2 Olir Mittags 9 Ulir Ab n ; ■ 7 Ihr Früh 2 Olir Mittiigs 9 Uhr Abends 7 Uhr Früh 2 Uhr Mittags 9 Uhr Abends Jänner . . 0-21 4-45 D16 1-33 4 - 55 1-94 2-42 6-35 3-73 Februar . . 0-58 3-95 D94 1 -36 7 64 2-93 3-99 8-55 5-04 März . . . 4'70 9-69 5-59 6-45 12-87 7-87 7 09 12-85 8 83 April . . . 9-34 16-13 10-36 11-12 16-92 11-29 12-47 17-85 13-35 Mai ... 16-73 23-75 16-98 13-79 19-04 13 59 16-30 21-06 15-45 Juni . . . 20-08 25-36 18-98 15 94 21-10 15-81 18-93 2 2-55 17-73 Juli . . . 2240 28 76 22-46 22-01 28-27 22-07 21 -95 27 • 46 21 -09 August . . 18-64 24-03 I8-Ì1 20-50 26-84 21-11 19-55 25-32 19-65 September . 14-41 21-06 15-20 18-51 24-18 18-46 16-85 22-49 17-20 October . . 10-93 15-55 11 • 36 9-43 14-62 9-95 13-81 17-74 14-43 November . 8-79 11-74 9-26 6-18 9-10 6-43 8-12 11-32 8-67 December . 0-66 3-45 1-35 —1-57 3 11 —0-71 T47 9-82 769 Winter (December - Februar) . . . 1 -82 5-99 2-78 Frühling (März —Mai) . . . . ■ . . - 10 ■ 89 16-68 11 • 47 Dreijähriger Sommer (Juni — August) . 19-99 25 52 16-70 Durchschnitt Herbst (September — November) . . 1D89 16 • 40 12-33 1870—1872 Wintersemester . . 6-35 11 -33 7-12 Sommersemester '20 96 16-02 Jalir . 11-13 16-14 11-57 Diese Tabelle stellt die mittlere Temperatur eines jeden Monats der drei Jahre zu den drei verschiedenen Tageszeiten dar. Im Mittel aller Monate sämmtlicher drei Jahre ergibt sich eine Temperatur von 11-15° C. für den Morgen, von 16-14° C. für den Mittag und von 11 -87° C. für den Abend. Es ist also die Temperatur Morgens und Abends ziemlich gleich, des Abends nur um etwa 4 Percent höher, des Mittags dagegen steigt sie um 45 Percent. Doch bleibt sich dieses Verhältnis in den einzelnen Jahreszeiten nicht gleich; im Frühlinge sind die Abende um 5 Percent, im Herbste um nahezu 4 Percent wärmer. Diese Wärmezunahme des Abends gegen den Morgen steigt im Winter auf 53 Percent, während im Sommer der entgegengesetzte Fall eintritt und die Abende um 16 Percent kühler sind, als die Morgen. Der Mittag ist gegen den Morgen im Frühlinge um 53 Percent, im Sommer nur um 28 Percent, im Herbste um 38 Percent und im Winter sogar um 230 Percent wärmer als der Morgen. Diese Percentsätze sind so abnorm und anscheinend wenig mot.i-virt, dass die Vermuthung nahe gerückt wird, es müsse dabei ein Fehler unterlaufen sein. Diess ist zwar nicht der Fall, immerhin aber kömmt dabei ein Umstand vor, der einer Beseitigung bedarf. Es wurde nämlich bei der Berechnung der Jahreszeiten die von den Meteorologen allgemein angenommene Eintheilung zu Grunde gelegt, welcher zufolge die Monate December, Jänner und Februar den meteorologischen Winter, die Monate März, April, Mai den Frühling und so fort ausmachen. Diese Eintheilung mag den Verhältnissen der nördlicheren Länder völlig zusagend erscheinen, für die Verhältnisse der südlicheren Länder aber passt sie weniger, denn hier entwickelt sich die Vegetation bereits im Monate Februar, welcher daher nicht mehr zum Winter gerechnet werden kann, und der Monat Mai fügt sich mit seiner sommerlichen Hitze nicht mehr in den Rahmen des Frühlings ein. Wenn man daher in der obigen Nach Weisung die Monate November, December und Jänner zum Winter, die Monate Februar, März und April zum Frühlinge und so fort rechnet, so erscheinen ganz regelmässige und begründete Verhältnisszahlen. Es folgen hier nach dieser Eintheilung die für den Durchschnitt der drei Jahre 1870, 1871 und 1872 geltenden Nachweisungen in Graden nach Celsius Morgens Mittags Abends 7 Uhr 2 Uhr 9 Uhr Winter......................3'73 7*10 4'39 Frühling..................6'33 12 03 7'45 Sommer.............N . . 18*68 24'15 18-24 Herbst.....................15'84 21'30 16-18 Jahresdurchschnitt . H • 14 16 15 11-56 Kr. v. Czoerniff, die Stadt (irtrz. Diesen Angaben zu Folge ergibt sich eine Differenz a) zwischen der Morgen- b) zwischen der Morgen- und Abend-Temperatur und Mittag-Temperatur im Winter von + 18% von + 90 % „ Frühlinge V) + 18 „ w + 90 „ „ Sommer n - 2 „ n + 20 » „ Herbst r + 2 „ r> + 34 „ „ Wintersemester . . . ii 18 „ T) 90 „ „ Sommersemester . . . n « „ r> 32 „ „ Jahre r> + 38 „ n + 45 „ Die Verhältnisse im Winter und im Frühlinge sind daher genau die gleichen, und fast eben so jene im Sommer und im Herbste. Die grössere Erkältung des Bodens in den langen Nächten des Winters und Frühlings bedingen einen tieferen Stand des Morgens und demgemäss ein Steigen der Temperatur während des Tages, namentlich des Mittags, wo die senkrechter niederfallenden Strahlen der Sonne als Wärmemittel kräftig einwirken, während im Sommer und Herbste die Erde noch derart erwärmt ist. dass der Unterschied zwischen Morgen und Abend verschwindet und selbst des Mittags nicht so grell hervortritt. Es ist noch die mittlere Temperatur in den einzelnen Monaten der drei Jahre, sowie in den einzelnen Jahren, welche der Beuithei-lung der Temperaturverhältnisse eines Ortes zunächst zu Grunde gelegt wird, anzugeben. Mittlere Monats- und Jahrestemperatur. Monat 1870 1871 1872 Durch- schnitt Jänner 1 -94 2-01 4-17 2-91 Februar 2-82 3-98 5-86 4*19 I März 6-66 9-00 9-59 8-44 I April 11 *94 13-11 14-56 13-20 Mai 19-15 15-47 17-60 17-41 Juni .... 21-47 17-01 19 74 19-61 Juli 24-54 24 • 12 23-50 24-05 August 20-37 22-82 21-51 2157 September 10-89 20-38 18-55 18-01 October 12-01 11-38 15-33 13-11 November 9-93 7-24 9-37 8'85 Deoember 1-82 0-27 8-33 3-47 Winter (December — Februar) . . . 2-19 2-29 6-12 3-58 Frühling (März Mai) 12-58 12-55 13-92 13-02 Sommer (Juni — August) 22-13 21 '52 21-58 21-74 Herbst (September — November) . . 15-14 13-00 14-42 13-52 Wintersemester (December — Mai) Sommersemester (Juni — November) 7-38 17-04 7-42 17-25 10-02 18-00 8-27 1703 Jahres-Mittel-Temperatur . 12-51 12-34 14-01 12 95 Um eine Vergleichung mit den entsprechenden Verhältnissen anderer Curorte zu erleichtern, wurde in dieser Tabelle die Vertheilung der einzelnen Monate in die verschiedenen Jahreszeiten nach der gewöhnlichen Annahme vorgenommen. Das Bild, welches die Verhältniss-zalilen darbietet, wird aber wahrheitsgetreuer und fasslicher, wenn wir hier ebenfalls die Vertheilung der Monate nach der oben angeführten, für die Südländer passenderen Weise vornehmen, so dass der Winter mit dem November und der Frühling mit dem Monate Februar beginnt; es entfallen dann in Graden nach Celsius Im Jahre Im Durchschnitte 1870* 1871 ' 1872 . 4-56 3-37 7-29 5Ö7~ . 714 8-72 10-00 8 62 . 21-72 19-07 20-28 20-36 . 10-63 18-19 18-40 17-76 auf den Winter (November — Jänner) . auf den Frühling (Februar — April) . auf den Sommer (Mai — Juli) .... auf den Herbst (August — October) . . Aus dieser NachweisungJ), wie aus den oben angeführten, ergibt sich deutlich, dass das meteorologische Jahr in Görz eigentlich in zwei Hälften zerfällt, in den Winter- und den Sommersemester, und dass der Winter dem Friihlinge eben so nahe steht, wie der Sommer dem Herbste, während die beiden Semestralgruppen scharf von einander geschieden sind. Die Jahresmitteltemperatur lässt das Jahr 1871 als das kälteste, 1872 als das wärmste erkennen, sowie der Durchschnitt der drei Jahre mit nahe an 13° Celsius als die wahre mittlere Jahreswärme von Görz sich darstellt. Aus den oben angegebenen Gründen wird in den folgenden Nachweisungen stets die Eintheilung der Jahreszeiten, welche mit November beginnt und mit October endigt, zu Grunde gelegt werden; dieselbe empfiehlt sich auch aus dem praktischen Grunde für einen climatischen Winter-Curort, dass die Periode vom Beginne des Monats November bis zu Ende des Monats April, d. i. das Wintersemester als die gewöhnliche Dauer des Aufenthaltes der Curgäste anzunehmen ist. Wichtiger noch als die Höhe der Temperatur erscheinen für einen climatischen Curort die Temperaturschwankungen, da bedeutende Schwankungen auf eine angegriffene Gesundheit ebenso nachtheilig einwirken, als geringfügige die Grundlage für die heilkräftigen Wirkungen eines bestimmten Aufenthaltsortes gewähren. Diese Erwägung wird es rechtfertigen, wenn hier auf die Nach Weisung der Temperaturschwankungen sowohl der fünftägigen Periode, als der einzelnen Monate eingegangen wird. 1 1) Es waltet hierbei allerdings die Ungenauigkeit ob, dass für den Winter 1870 die Monate November und December 1809 mit dem Jänner 1870 hätten vereinigt werden sollen, während hier oben (da für 1809 noch keine meteorologischen Angaben vorlicgen) die Monate November und December 1870 einbezogen wurden; in dem Durchschnitte der drei Jahre gleicht sich aber diese Ungenauigkeit ft aus. Absolute Temperatur-Extreme in je 3 Tagen mit Angabe der absoluten Schwankung. Monat und Tage 1870 Absolute Schwankung 1871 i! H 1872 ü jiMaximun Minimum 'Maximum Minimum Maximum Minimum H Jänner 1— 5 8-8 — 3-0 11-8 3-3 — 3-0 6-3 5-6 — 4-8 10-4 6—10 7-9 - 0-1 8-0 4-8 — 33 8-1 8-6 0-8 7-8 11—15 7-8 1-3 9-1 4-8 — 2-8 7-6 5-8 5-2 11-0 16—20 7'8 0-3 7-5 9-0 - fo 10-0 8-8 1-8 7-01 21—25 5-8 - 4-3 10-1 5-3 - 0-5 5-8 10-2 — 1-6 11-8 26—31 3-3 — 8-0 in-3 7-8 + i-o 6-8 11-0 2-2 8-8 Februar 1— 5 6'3 - 3-5 9-8 4-8 - 3-3 8-1 8-8 0-9 7-9 6—10 2-8 — 8'5 n-3 8-0 1-8 6’2 9-6 36 6-0 11—15 9'8 — 7’5 17-3 9-3 - 5-0 14-3 10-8 4-1 6-7 16—20 12 3 2-1 10-2 12-0 0-5 H-5 11-3 24 8 • J 21-25 13-0 — 4-0 17-0 13-3 2-3 1 1 ■ (1 101 1-3 8-8 26—28 13-5 4-0 9'5 11-8 25 93 11'0 rr tsS. 13 - 4 März 1— 5 14*8 6-0 8-8 14-3 2-5 16-8 13-2 1 O bö 13-4 6—10 12-0 5-3 6'7 16-3 2'5 13-8 16-8 4-8 12-0 11—15 12-8 1-5 11-3 17-0 75 9-5 14-8 4-6 10-2 16—20 11-0 — 2-8 13-8 14-3 3-0 11 '3 16-8 2-8 140 21—25 8-8 — 2-0 10-8 8'3 8-0 9'5 13-0 1-8 11-2 26—31 12'9 4-5 8-4 13-8 2'3 11-5 17-0 5-8 11-2 April 1— 5 15-4 3-3 12-1 16-5 4-0 12-5 19-0 9-5 9-5 6—10 19-1 4'5 14-6 17-5 7-8 9-7 20-2 9-6 10-6 11—15 18-3 8-4 9'9 18-8 90 9'8 20-0 10-7 9-3 16—20 19-5 7-5 120 20-8 8-0 12-8 18-8 1Ö-1 8-7 21—25 21 ’3 10-8 10-5 21-5 11-5 10-0 18-9 11-6 7'3 26—30 22-3 8-1 14-2 19-8 9-3 10-5 22-8 11-2 11-6 Mai 1— 5 18-3 8-8 9-5 20-3 9-0 11-3 23-0 15-1 7-9 6—10 22-3 11 - s 10-5 18-3 10-0 8-3 21 -7 13 * S 8-5 11—15 27-5 12 8 14-7 22-0 12-3 9-7 22-0 10-6 11-4 16—20 30-3 18-5 11-8 20-0 10-8 9-2 26-8 16-0 io-sj 21—25 32-5 19-5 13-0 21-5 9-3 12-2 26-0 14-0 12-0 26—31 27-5 15-0 12-5 25-8 145 11-3 23-6 13-7 9-9 Monat und Tage 1870 Maximum Minimum © S 1871 Maximum j Mini « 1872 Maximum Minimum « *i Juni 1— 5 6—10 11—15 16—20 21—25 26—30 Juli 1— 5 6—10 11—15 16—20 21—25 26-31 August 1— 5 6—10 H —15 16—20 21—25 26—31 September 1— 5 6—10 11—15 16—20 21—25 26—30 October 1— 5 6—10 11 —15 16—20 21-25 26—31 26-5 24-3 31- 3 32- 5 290 26-3 26-5 34-8 33-8 30-0 30- 5 31- 0 31-5 28-8 27-3 25-8 22-5 24-3 24-5 23 3 24-3 20-8 21-5 20-5 19-3 19 4 17-5 16-8 15- 5 16- 9 16-5 14' 18-1 21-0 10-8 15-3 )-ö 3 1 00 13-2 1 5 8-2 11-0 15-8 10-7 21*8 13-0! 21 -3 21 * 1 22 • 1 16-8 20-3 17- 3 18- 3 16*31 12-12- öl 15-8 13-3 14*3 lOM) 11'5 9-3 8•K 12-7 10-5100 12-5 8-9 8-4 14 2 11 ‘2 11-5 9-0 9-5 o-o 2-3 8-7 lo-o 10- 5 11- 3 6-0 8-0 7-0 7-0 8-8 8-1 11-5 8-8 8-5 9‘9 25-0 20-0 25- 8 26- 8 25-5 25-0 28-8 30-8 30-0 32-5 30-5 32‘0 28-5 30.0 30- 5 28-3 31- 8 31-0 27-8 30-3 26-3 24-8 23-4 23-0 20-5 19-2 14- 8 15- 0 16- 6 12-6 10-5 14*5 12- 8 7-2; 13- 312-5, 14 - 3 12-5 13-3 12-2: 12-3 12 7 19-4 9-4 17-0 13-8 17-0 13-0 22-3)10-2 17-8 12-7 19-013-0 17- 5 11-0 18- 8 11 18-512-0 18-8 9-5 20 • 3 j 11 - 5 16-8114-2 18- 3 19- 8 9.5 10-5 16-0 10-3 15- 2 16- 0 14-0 12-2 10-6 5- 8 6- 4 7- 0 3-8 9-6 7-4 9-0 8- 3 8-6 9- 0 8-6 9-6 8-8 20-4 23-2 25- 4 26- 7 27- 6 27-6 28-2 26-6 30-1 28-4 30-0 32-4 31-2 28-0 29-4 27-8 26-0 240 26-0 27- 2 31 -0 28- 0 17-3 20-8 22-2 22-4 19- 8 20- 3 17-6 17-6 14-8 12-5; 16-2; 17- 6' 18- 2 9 17-6 10 15-5 12-7 16-2 20-0 18-010-4 20-2 20-8 16-2 15-0 18-010-0 10-4 10-1 9-8 11-6 19-8 18-5 17-8 140 9-6 9-3 8-2 10-0 15-2 10-S 19-4 7-8 19-511-5 17-510-5 8-4'! 8-9 8-6j|12-2 11- 410-8 14-5 7-9 13*51 6-3 9-610-7 12- 3i 5-3 8-8 8-8 Monat und Tage 1870 « « 1871 a X 1872 11 jMaximum Minimum (Maximum j Minimum Maximum Minimum November 1— 5 14-0 5-0 9-0 14-2 1-8 12-4 14-8 47 10M 6—10 15-0 4-3 10-7 14-3 4-6 9-7 16 3 8'2 8-1 11—15 13-0 40 9-0 12-4 3 6 8-8 9-0 2-8 6-2 16—20 14-8 7-5 7-3 8-4 2’2 6-2 10-4 3-0 7'4 21—25 15-8 9-3 6-5 8-4 1-0 7-4 13-4 7-4 6-0 26—30 12-8 2-3, 10-5 10-0 4-0 6-0 12-8 9-8 3-0 December 1— 5 2-5 — 8-0 10-5 8-4 — 4-2 12-6 18-1 6-8 11-3 6—10 8-5 — 3-1 11-6 2-2 — 5-4 7-6 10-8 5'8 5-0 11—15 7-5 0-5 7-0 5-8 — 6 * 4j 12-2 12-2 2-0 10-2 16—20 8-3 1-3 7-0 6-2 — 3-0 92 10-2 4’7 5'5 21—25 7-8 - 8-5 16-3 4’4 — 1-8 6-2 7-8 0'4 7’4 26—31 6'3 -H 7-3 6-2 — 4*8 HO 12-9 6-8i 6-1 N. B. Wo kein Zeichen ist, wird + verstanden. Aus dieser Tabelle ist zu entnehmen, dass die absoluten Temperatui Schwankungen in den einzelnen fünftägigen Perioden nur gering und überdiess sehr gleichmässig waren. Sie betrugen im Mittel 9—10 Grad, überstiegen in den 216 Perioden der drei Jahre nur in 46 Fällen 11 Grad, und gar nur in 6 Fällen 14 Grad. In den beiden Semestern entfielen die geringeren Schwankungen auf das Sommersemester. Die Schwankungen betrugen in den drei Jahren '), und zwar ') Wenn man die Schwankungen der fünftägigen Temperaturmittel in den einzelnen Monaten erforscht, so gelangt man zu folgenden Ergebnissen: 1870 1871 1872 Durchschnitt Jänner . . . .Tw 4' 2° 3-0° ’ "As1' Februar . . . . 7-8° 6-2° 7-4° 7-1° März .... . 7-1° 7-3° 4-3° 6-2° April .... . 4-7° 3-1° 4-3° 4-0° Mai . 5’2° 3-9° 4-1» 4-4° Juni .... . 8'2° 7.30 4-4° 6'6° Juli .... . 5-8° 4-4° 2-9° 4-4° August . . . . 3'3° 4-7° 6-S° 4.90 September . . . 4-0° 3-1° 4-4° 3-8° October . . . . 3-1° 1-3° 5-5° 3-3° November . . . 4-4° 64° 7-1° 5-9° December . . . 3-3° 6-4° 5-8° 5-2° Pie geringsten Schwankungen hatten der Monat Juli (2‘9°) und Jänner (3’0°) 187Ž, die grössten doch 10 Grad nicht erreichende Schwankungen der Monat December (9‘3°) und Juni (8'2°) 1870 aufzuweisen. im Wintersemester im Sommersemester im Ganzen (November — April) (Mai — October) 3 Grad 1 Mal 1 Mal 0 Mal 5 rt 5 „ 3 r> 2 n 6 rt 14 « 13 W 1 n 7 rt 19 „ 14 n 5 rt 8 n 27 „ 11 rt 16 rt 9 n 36 „ 15 rt 21 rt 10 rt 38 „ 15 rt 23 rt 11 n 30 „ 16 rt 14 rt 12 rt 22 „ 8 V 14 rt 13 rt 10 „ 4 rt 6 rt 14 V 8 n 4 n 4 rt 15 rt 1 « 0 n 1 n 16 n 2 „ 2 rt 0 rt 17 w 2 „ 2 rt 0 rt 18 w 1 » 0 rt 1 rt Aber auch selbst in den monatlichen Zeiträumen steigen Schwankungen zwischen einzelnen Tagen im Ganzen nicht beträchtlich höher und erreichen nicht das Extrem der fünftägigen Periode. Es betrugen nämlich die grössten Temperaturschwankungen zwischen den einzelnen Tagen in den einzelnen Monaten 1870 Jänner 1T 8° und Jahren 1871 1872 10-0° H-8" Durch- schnitt 11-2° Februar . 17-3° 14 3° 13-4° 15 0° März 16-8° 14-0° 14-9° April 12-8° 11 ‘6° 13-0° Mai 12‘2° 12 0° 13-0° Juni 14*5° 10.7° 14-5° Juli 13-8° 12-7° 13-6° August . 12-3° 14-2° 15-0° 13-8° September 10-5° 12-0° 11-8° October 9-0° 10-8° 10'4° November 12-4° 10-1° 11-1° December 12-6° 1T 3° 13-4° im Wintersemester (November — April) . . 30-8° 27-9° 28'0° 28-9° im Sommersemester (Mai — October) . . . 28'8° 28-7" 22-5° 26-7° im Jahre 38-9° 36-4° 39-5° Die grösste monatliche Temperaturschwankung kam im Juni 1870 mit 18'2°, die geringste im October 1871 mit 9-0° vor; die mittlere monatliche Temperaturschwankung betrug im Jahre 1870 ITO0, im Jahre 1871 13-6°, im Jahre 1872 12'1° und im Durchschnitte der drei Jahre 13'2°. Luftdruck. Bei Curorten von geringerer Seehöhe, wie Görz, ist das nähere Eingehen in die Verhältnisse des Luftdruckes in hygienischer Beziehung von minderer Bedeutung; nur in so fern ist darauf einzugehen, als geringere Luftdruckschwankungen auch auf geringere Temperaturschwankungen hinweisen. Wir begnügen uns daher mit der Angabe der Monatmittel des Luftdruckes, der Extreme und der periodischen Schwankungen desselben. fflonatmittel des Luftdruckes in Millimetern. 1870 1871 1872 Durchschnitt Jänner . . 756 •21 750-56 752-80 753-19 Februar ■38 758'8i 756-97 756-39 März •76 756 66 752 06 753-16 April . . 757- 05 752M7 750-89 753-37 752-90 752-46 753-57 Juni . . 754' •62 750*79 752-46 752-62 Juli 86 753-08 752-67 752-87 August 85 755-09 752-10 752-35 September 96 752-94 753-67 754-49 October •55 754-68 752-64 753-29 November ■80 750-32 753-97 752-36 December ■80 756-61 752-16 752-52 Wintersemester (November — April) . . 753- 17 754-19 753-28 753-55 Sommersemester (Mai — October) . , . .703 70 752-41 752-74 752-95 Jahresmittel 753-72 752-89 753-35 Diese Tabelle weiset die Gleichmässigkeit des Luftdruckes nach den Monatsmitteln nach; denn in den Jahren 1870 und 1871 betrugen die Schwankungen nur 3 Millimeter ober oder unter dem Jahresmittel und im Jahre 1872 beschränkten sich diese Schwankungen gar auf einen Millimeter; auch in den beiden Jahreshälften, dem Winter- und dem Sommersemester, betrugen die Abweichungen 1870 und 1872 keine mehr als einen halben Millimeter, 1871 dagegen IV2 Millimeter. Der mittlere Luftdruck der drei Jahre 753\35 Millimeter stimmt fast genau mit der Seehöhe von Görz (am meteorologischen Observatorium) 250' überein. Die Schwankungen in den fünftägigen Perioden hielten sich in der Mehrzahl zwischen 5—10 Millimeter; denn sie betrugen in 29 Fällen 2— 4 Millimeter „ 70 „ 5-7 n 54 „ 8-10 „ 25 „ 11-13 „ 20 „ 14— lß „ 18 „ über lfi Die Maxima und Minima sowie die absoluten Differenzen in den einzelnen Monaten stellen sich wie folgt: 1870 1871 1872 Maximum Minimum Differenz Maximum Minimum Differenz Maximum Minimum Differenz Jänner . . . . 763-6 745-6 18-0 764-0 753 • 4 10-6 756-0 737-1 18-9 Februar . . . . 765-4 732-9 32-5 766-4 744-2 22-2 762-9 741-1 21-8 März 760-5 741 • 1 19-4 770-2 741-7 28-5 766-3 731 -5 34-8 April 766-4 746-4 20-0 760-1 745-0 15-1 759-5 739-5 20-0 Mai 762-6 748-0 14-6 759-7 741-5 18-2 757-0 744-4 12-6 Juni 745-7 13-7 755-6 744 6 11-0 758-3 745-3 130 Juli 759-4 746-6 12-8 759-8 743-6 16-2 757-6 748-0 9-6 August . . . . 756-6 743-9 12-7 761-9 748-9 13-0 756 5 744-8 11-7 September . . 765-0 743-5 21-5 762-3 745-0 17-3 761-3 741-0 21-3 October . . . . 767-5 736-6 30-9 762-7 737-1 25-6 758-9 740-3 18-6 November . . . 761-5 737-5 24-0 759-3 739-7 19-6 761-6 738-4 23-2 December . . . 759-6 736-0 23-6 767-0 737-5 29-5 764-6 734-7 29-9 Wintersemester (Nov. — April) 766'4 732-9 33-5 770-2 737-5 32-7 766-3 731-5 34-8 Sommersemester (Mai — Oct.) . 767-5 736-6 30-9 762-7 737 • 1 25-6 761-3 710-3 21-0 Jahr 767-5 732-9 34-6 770-2 737-1 33-1 766-3 731-5 34-8 Die Differenz von 24 Millimeter ward im Jahre 1870 in zwei, im Jahre 1871 in drei, und im Jahre 1872 in zwei Monaten überstiegen; die geringste Differenz 9-6 Millimeter kam im Juli 1872, und die grösste, ganz ausnahmsweise 34-8, im März 1872 vor. Der niedrigste Barometerstand 731 '5 Millimeter ward im März 1872, und der höchste 770-2 im März 1871 verzeichnet. Feuchtigkeit. Nebel. Die Feuchtigkeit wird als atmosphärischer, vom Wasser emporgestiegener Dunst, von der Oberfläche der Erde gebildet. Die Luft nennt man trocken, wenn sie vom Sättigungspunkte mit Wasserdampf entfernt, und feucht, wenn der Thaupunkt der Lufttemperatur nahe ist. Wenn die Dampfsättigung durch Abkühlung der Luft alterirt wird, so wird ein verhältnissmässiger Theil des Wasserdampfes ausgeschieden in Form von Verdichtung als Wolken, Nebel und Regen. Man unterscheidet die absolute von der relativen Luftfeuchtigkeit; erstere wird durch die Menge der in der Luft enthaltenen Feuchtigkeit bedingt, letztere durch ihr Verhältniss zum Sättigungspunkt. Die absolute Feuchtigkeit ist bei niedriger Temperatur (im Winter) immer geringer, als bei höherer (im Sommer), die relative dagegen im Winter grösser als im Sommer; bei 27° nimmt die Luft doppelt so viel Wasserdampf auf, als bei 15 n. Die Beimischung von Wasserdampf in der Luft ist im Sommer grösser, obgleich der absolut grössere Wassergehalt der Luft weiter vom Sättigungspunkte der Luft entfernt ist. An kalten Tagen kann die Luft wenig Wasserdampf enthalten, und doch relativ feucht, an heissen vielmehr, und doch relativ trocken sein; daher im Sommer die Luft im Allgemeinen immer trockener als im Winter ist. Die absolute Feuchtigkeit wird durch Millimeter des Dunstdruckes angezeigt. Mittlerer Duustdruck in den einzelnen Monaten der Jahre 1870—1872. 1870 1871 1872 Durchschnitt Jänner 3-90 5-03 4-29 Februar . 4-18 4-17 5-33 4-54 März . 4-43 4-95 6-02 5-13 April . 5-16 7-44 7-77 6-79 Mai 8-03 9-71 9-27 Juni . 11-75 11-02 12-22 11-66 Juli . 13-41 13-77 13-14 13-44 August 12-39 12-53 12-56 September . 9-3G 11-78 12-20 11-11 October 6-82 10 74 8-57 November 5-74 7-74 694 December . 4-47 2-94 6-89 4-77 Winter (November — Jänner) .... . 5-25 4-19 6-55 5-33 Frühling (Februar — April) . 4.57 5-52 6-37 5-49 Sommer (Mai — Juli) . 11-74 10-94 11-69 11-46 Herbst (August — October) . 10-09 10-33 11-82 10-75 Wintersemester (November — April) . . 4-91 4-86 6-46 5-41 Sommersemester (Mai — October) . . . 10-91 10-03 11-75 11-10 Jahresmittel 7 75 9-11 8-26 Es zeigt sich auch hier, dass die Verhältnisse der absoluten Luftfeuchtigkeit im Winter und im Frühlinge, ebenso wie jene im Sommer und im Herbste einander sehr nahe stehen, und die Schwankungen innerhalb der beiden Semester nicht bedeutend sind, während das Sommersemester die doppelte Menge absoluter Luftfeuchtigkeit aufzuweisen hat, als das Wintersemester. Die relative Luftfeuchtigkeit wird in Percenten des jeweiligen Sättigungsgrades ausgedrückt, und diese Verhältnisse sind in hygienischer Beziehung viel wichtiger als jene der absoluten Feuchtigkeit. Bei der folgenden Nachweisung der relativen Feuchtigkeit wird auch das in den einzelnen Monaten vorgekommene Minimum derselben beigesetzt. Monutsmittel der relativen Feuchtigkeit. 1870 1871 1872 Durchschnitt Percent Minimum Percent Minimum Percent Minimum Percent Minimum Jänner 73-7 36 697 27 78-3 40 73-9 27 Februar 70-6 20 69-4 27 76-4 42 72-1 20 März 60-3 18 57-1 21 67-6 31 61-7 18 April . 51 5 13 67-1 34 64-0 21 60-9 13 Mai . 61-5 30 62-1 32 66-1 35 63-2 30 31 74-4 34 72-5 39 70-1 31 Juli . 59-8 37 62-8 38 61 -9 34 61-5 34 August .7-2-1 30 60-8 35 66-0 30 66-3 30 September . 65-6 34 67-4 38 75-5 41 695 34 October . 75-5 31 67-0 35 82-6 48 75-0 31 November .79 9 28 73-7 28 87-2 53 80-3 28 December . 81-5 37 64-7 19 82-5 57 76-2 19 Winter (November — Jänner) 78-4 28 69-4 19 82-7 40 76-8 19 Frühling (Februar — April) . 60-8 13 64-6 21 69-3 21 64-9 13 Sommer (Mai — Juli) . . . 61 '5 30 66-4 32 66-8 34 64-9 30 Herbst (August — October) . 711 30 65-1 35 74-7 30 70-3 30 Wintersemester (Nov.—April) 69'6 13 67'0 19 76-0 21 70-8 13 Sommersemester (Mai — Oct.) 66 * 3 30 65-8 32 70-8 30 67-6 30 Jahresmittel . 67-9 13 66-4 19 73-4 21 69-2 13 Die grösste relative Feuchtigkeit kömmt in Folge der herrschenden Seewinde im Winter, die geringste bei vorwaltenden Ostwinden im Frühlinge vor. Nach den Tageszeiten vertheilt, ist die relative Feuchtigkeit des Mittags durch die Einwirkung der Sonne stets geringer, des Abends aber um etwas grösser als des Morgens1). Wenn sich die relative Feuchtigkeit dem Sättigungszustande der Luft nähert, bilden sich Nebel. Es ist eine Eigentümlichkeit des Görzer Clima’s, dass die gesundheitsschädlichen Nebel höchst selten sind; im Jahre 1870 gab es in sechs, im Jahre 1871 in neun und im Jahre 1872 in sieben Monaten gar keine Nebel. In den anderen Monaten zählte man im Jahre 1870 zehn, 1871 ebenfalls zehn und 1872 dreizehn Nebeltage; es kamen deren im Februar 1871, dann im November 1872 7, im Februar und im December 1870, so wie im Jänner 1872 2, im November 1870 2, in den anderen sechs Monaten je ein Nebeltag vor. ’) Im Jahre 1872 stellte sich das Verhältniss, wenn die Feuchtigkeit des Morgens zu 100 angenommen wird, auf 83 des Mittags und auf 105 des Abends. Die Mittagsfeuchtigkeit war in allen Monaten geringer als die Morgenfeuchtigkeit, die Abendfeuchtigkeit aber nur im Jänner, Februar und im April geringer, im October und November nahezu gleich, in den übrigen Monaten grösser, im Juni und Juli relativ am grössten. Niederschläge, Regen, Schnee und Hagel. Den localen Verhältnissen einer Gegend zwischen dem freien Zugänge zum Meere einerseits und den hohen Gebirgen andererseits entsprechend sind die atmosphärischen Niederschläge (in Gestalt von Regen) in Görz ziemlich häufig und bedeutend, der Zeitfolge nach jedoch sehr wechselnd. Es kömmt hierbei zuerst die Summe der Regentage in Betracht. Zahl der Regentage. 1870 1871 1872 Durchschnitt Jänner . . 6 13 13 11 Februar . 9 6 12 9 März . 6 7 9 7 April . 5 12 14 10 Mai . 11 13 14 13 Juni 19 19 18 Juli . 9 7 14 10 August . 24 8 13 16 September . 6 8 8 7 October . 10 7 21 15 November . 18 13 17 16 December . 16 3 15 H Winter (November — Jänner) . 40 29 45 38 Frühling (Februar April) . 20 23 35 27 Sommer (Mai — Juli) 39 47 40 Herbst (August — October) 23 44 38 Wintersemester (November — April) . . . 60 54 80 65 Sommersemester (Mai — October) . . . . 81 02 91 78 Jahres-Summen . , 141 HO 171 143 Die Zahl der Regentage in den einzelnen Jahren ist daher ebenso verschieden, als ihre Vertheilung in die einzelnen Jahreszeiten. Im Durchschnitte ist jedoch die Zahl der Regentage im Sommersemester um 20 Percent grösser als im Wintersemester. Das kälteste Jahr hat die wenigsten, das wärmste Jahr die meisten Regentage aufzuweisen; sehr bedeutend ist die monatliche Schwankung zwischen 3 Regentagen im December 1871 und 24 Regentagen im August 1871. Der Nachweisung der Zahl der Regentage steht jene der gefallenen Regenmenge ’) gegenüber; im Allgemeinen stimmen diese Verhältnisse unter einander überein, im Einzelnen aber treten namhafte Unterschiede hervor, wie die folgende Tabelle zeigt. ') Es ist dabei zu beachten, dass der Regenmesser der meteorologischen Anstalt 39 Fuss über dem Erdboden erhaben ist. Regenmenge in Millimetern gemessen. 1870 1871 1872 Durchschnitt Monat- Summe Maximum in 2i Stunden Monat- Summe Maximum in 24 Stunden Monat- Summe Maximum in 24 Stunden Monat- Summe Maximum in 2i Stunden Jänner .... 129*87 59-81 150-19 52-97 183-40 61-95 154 39 61 -95 Februar . . . 60-03 18-98 5-82 3-07 102-75 40-80 56-20 40-80 März 32-26 19-58 35-57 16-42 167-50 53-50 78-44 53-50 April .... 38-57 24-59 58-69 14-66 103-40 29-65 66-89 29-65 Mai 39 • 48 9-84 153-57 35.45 152-05 62-20 115-03 62-20 Juni 101-51 28-11 396-02 122-27 139-25 28-40 212-26 122-27 Juli 95-92 25-90 69-98 34-96 35-90 12-90 67-27 34-96 August . . . 210-19 27-93 73 01 23-01 155-75 34-00 146-31 34-00 September . . 114-47 37-76 138-81 59-51 172-05 57-60 141-78 59-51 October . . . 282-36 63-44 47-75 14-53 328-30 57-50 219.45 63-44 November . . 292-70 64-44 168-70 49-1* 145-05 34-70 202-15 64-44 December . . 187-10 54-05 45-71 21-88 209-25 49-10 147-37 54-05 Winter (Nov.— Jänner) . . . Frühling (Fe- 609-37 64-44 364-60 52-97 337-70 61-95 503-89 64-44 bruar — April) Sommer (Mai— 130-86 24-59 100 08 16-42 373-65 53-50 201-53 53-50 Juli) .... Herbst (Aug. — 236-91 28-11 619-57 122-27 327-20 62-20 394-56 122 27 October) . . 606-96 63-44 259-57 59-51 636-10 57-60 507-54 63-44 Wintersemester (Nov.—April) Sommersemester 740-23 64-44 464-68 52 97 911-35 61-95 705-42 64-44 (Mai — Oct.) . 843-87 63-44 879-14 122-27 983-30 62-20 902-10 122-27 Jahres-Summe 584-10 64-44 1343-82 122-27 1894-65 62-20 1607-52 122-27 Im Jahre 1872 fiel die grösste Menge Regen, im Jahre 1871 die geringste; unter den Jahreszeiten war 1870 der Winter, 1871 der Sommer und 1872 der Herbst die regenreichste, 1870 und 1871 der Frühling, im Jahre 1872 aber der Sommer die mindest regenreiche Jahreszeit. Hie Monate Juni und October hatten (1871 und 1872) die grösste, der Monat Februar 1871 (dann die Monate März 1870 und Juli 1872) die geringste Regenmenge aufzuweisen; die Extreme bildeten der Monat Februar 1871 mit 5-82 Mm. und der Monat Juni 1871 mit 396-02 Mm. Der ganz ausnahmsweise regenreichste Tag der drei Jahre fiel auf den 3. Juni 1871 mit 122-27 Mm., welchem zunächst der 14. November 1870 mit 64'44 Mm. stand; dagegen betrug am regenreichsten Tage des Monats Februar 1871 die Regenmenge nur 31)7 Mm. und im Monate Mai 1870 9‘84 Mm. Da die durchschnittliche Regenmenge des Sommersemesters (902 Mm.) jene des Wintersemesters (705 Mm.) beträchtlich übersteigt, so tritt die Einwirkung der nahen Gebirge doch noch fühlbarer hervor, als jene des Meeres, wie denn auch Görz den benachbarten italienischen Städten (Udine mit 1700 Mm. im Jahre) in dieser Beziehung ziemlich gleich kömmt. Die Intensität des Regens betrug im Durchschnitte der drei Jahre 11 Mm. für jeden Regentag und war nahezu dieselbe in den Winter- (12) und Sommersemestern (11). Die durchschnittlich intensivsten Regen fielen im Winter (13 Mm.) und die wenigst intensiven (7 Mm.) im Frühlinge; der Sommer hatte durchschnittlich 10 Mm., der Herbst 8 Mm. für jeden Regentag. In den einzelnen Monaten gingen die Verhältnisszahlen der Intensität weit auseinander. Der am wenigsten intensive Regen fiel auf den Monat Februar 1871 mit 1 Mm. für jeden Regentag, der intensivste dagegen auf den Monat Juni 1871 (21) und den Monat September 1872 (21); dabei ist zu bemerken, dass der Monat Juni 1871 fast die meisten (19), der Monat September 1872 aber fast die wenigsten (8) Regentage zählte. Die andere Art der atmosphärischen Niederschläge, der Schnee, ist für Göiz eine seltene Erscheinung, und wenn er erscheint, so dauert seine Herrschaft gewöhnlich nur wenige Stunden. Das Jahr 1871 zählte 9 Schneetage, und zwar der Jänner 1, der Februar 1, der März 2, der December 5 Schneetage, in den Jahren 1870 und 1872 dagegen kam gar kein Schnee vor. Der Hagel, welcher sich dort, wo die Gebirge und die Ebene aneinander stossen, häufig einstellt, und auch in der benachbarten Hügelgegend (am Coglio) öfter zur Erscheinung gelangt, sucht die Görzer Ebene nur selten heim, und wenn es geschieht, ist er meist nur von ganz kurzer Dauer und geringer Intensität. Im Jahre 1870 kamen zwei, 1871 drei und im Jahre 1872 acht Hagelfälle vor, wovon einer den Monat April, je drei die Monate Mai und Juni und je zwei die Monate Juli, August und September betrafen. Sie waren aber sämmtlich von keiner Bedeutung. Bewölkung. Heitere Tage. Um den Grad der Bewölkung zu bezeichnen, pflegt man eine Scala von 10 Stufen anzuwenden, so dass 0 den heiteren Himmel, 5 den zur Hälfte bewölkten Himmel, 10 den ganz trüben Himmel, die übrigen Zahlen aber die Zwischenstufen anzeigen. Bei einer fortlaufenden Reihe von Tagen, an denen je drei Beobachtungen angestellt werden, wird der Durchschnitt des Ergebnisses der Beobachtungen als Ausdruck der Bewölkung angenommen; aus diesen Durchschnittszahlen wird dann die mittlere Bewölkung des Monats berechnet. Wir beginnen mit der Angabe der Monatsmittel der Bewölkung. Miniere Bewölkung der Monate. Jänner 1870 4-4 1871 5*2 1872 5-3 Durchschnitt 5-0 Februar 4-0 6-1 5-5 4-6 5-8 5-4 April 5-5 5'2 4'fi 4-0 6-1 4-5 Juni 4-8 5-2 4-fi 4-9 Juli 3-6 1-9 3-1 2-9 3-0 3'9 4-0 September 3-6 3-2 3-5 3-1 fi'5 5-0 November 7-1 fi-7 7-0 December 68 2-1 fi-9 5-3 Winter 6-2 4-8 6-3 5-8 Frühling 4-7 5-7 5-2 Sommer 3-7 4-6 4-1 Herbst 3*2 4'2 4-2 Wintersemester 5-7 4-7 6-0 5-5 Sommersemester 4'3 3-5 4-4 4-1 Jahresmittel 4M 5-2 4-8 Aus dieser allgemeinen Uebersicht lässt sich bloss erkennen, dass im Durchschnitte der Jahre der Himmel znr Hälfte bewölkt zu sein pflegte, dass die drei Monate Juli, August und September die günstigsten, die Monate April, Mai, Juni ihnen zunächst stehen, sodann die Monate Jänner, October, December und März folgen, und die Monate Februar, besonders aber der November die ungünstigsten sind. Eine genauere Einsicht gewinnt man, wenn die einzelnen Grade der Bewölkung der Gruppirung der Tage zu Grunde gelegt werden. Man scheidet diesem nach die Tage in heitere, an welchen gar keine Wolken am Himmel sichtbar waren, oder die durchschnittliche Bewölkung der drei Beobachtungszeiten doch nur Ol betrug, in halbtrübe mit einer Bewölkung von (V2—0 5, in trübe mit einer Bewölkung von 0‘6—0-9 und in ganz trübe mit einer Bewölkung von DO. Die Gesammtbeob-achtungeu der drei Jahre 1870—1872 führen zu folgenden durchschnittlichen Ergebnissen: heitere halbtrübe trübe ganz trübe Tage Jänner.................................. 10 7 6 8 Februar.................................. 7 6 6 9 März..................................... 6 10 10 5 April.................................... 7 12 9 2 heitere halbtrübe T a trübe g e ganz trübe Mai 8 15 6 2 Juni 4 11 12 3 Juli 13 13 5 0 August 14 8 0 September .... 12 10 6 2 October 8 7 12 4 November .... 4 ^ 4 11 11 December .... 3 10 7 Winter 14 27 26 Frühling 28 25 16 Sommer 39 23 5 Herbst 31 26 6 Wintersemester . . 45 42 52 42 Sommersemester . . 70 49 11 Jahressumme . 99 112 101 53 Die Zahl der heiteren, der halb trüben und der trüben Tage ist daher ziemlich gleich, während die ganz trüben der Zahl nach um die Hälfte zurückstehen. Die meisten heiteren Tage hatten die Monate Juli und September (13 und 12), die wenigsten (4) die Monate Juni und November. (Im Monate December 1871 zählte man 22, im Juni 1872 3 heitere Tage.) Die meisten trüben (und ganz trüben) Tage waren im November, December und October; den Jahreszeiten nach vertheilten sich die heiteren Tage ziemlich gleich. Luftströmungen, Windrichtung, Windstärke. Die Winde kommen bei climatischen Curorten insoferne in Betracht, als sie in engem Zusammenhänge mit Temperatur und Luftdruck stehen, die Feuchtigkeitsverhältnisse wesentlich und oft rasch ändern und zugleich von grossem Einflüsse auf die Perspiration der Haut und Lunge sind. Man unterscheidet allgemeine (wie Aequatorial-und Polarströmungen) und locale Winde, ferner directe und abgeleitete. Der Bodengestaltung des Gebietes von Görz entsprechend sind die localen Winde die vorherrschenden. Die auf tellurischen Einflüssen beruhenden allgemeinen Winde machen sich nur selten fühlbar, zunächst der durch die AequatorialStrömung hervorgerufene Südwind, welcher namentlich im Winter 1872—1873 hier wie in ganz Mitteleuropa anhaltend herrschte; der durch die Polarströmung bedingte Nordwind wurde nur in den beiden ersten und im letzten Monate des Jahres 1870 bemerkbar. Die vorwaltenden Winde sind jene, welche man dem allgemeinen Sprachgebrauche zufolge Bora und Scirocco nennt, beide stellen sich theils als directe, theils als abgeleitete Winde dar. Die eigentliche Bora ist ein Ostnordost-, der Scirocco ein Südostwind. Obwohl sie in der Windrose wenig von einander abstehen und ihre Richtung so zu sagen eine benachbarte ist, so erscheinen sie doch in ihren Wirkungen als ganz entgegengesetzte Luftströmungen; die Bora, von mehr oder weniger heftigen Windstössen begleitet, bringt Trockenheit und Kälte, der Scirocco, seiner Stärke nach oft kaum fühlbar, zieht Feuchtigkeit, Regen und Wärme nach sich. Gemeinhin wird aber auch der Nordostwind und selbst der Ostwind, welche in ihren Wirkungen dem Ostnordostwinde nahe kommen, als Bora bezeichnet, sowie man auch den Südsüdostwind und den Südwind, welche die gleichen Wirkungen wie der Südostwind hervorbringen, zum Scirocco rechnet. Diesen beiden Winden zunächst herrscht, besonders im Sommer, der häutig von Regen und Stürmen begleitete Südwestwind. Die übrigen Winde kommen nur sporadisch vor und sind von keiner Dauer. Vor allem sind die windstillen Tage von jenen, an welchen irgend ein Wind zu beobachten war, zu scheiden. Die Zahl der (täglich dreimal an der meteorologischen Anstalt) angestellten Beobachtungen betrug in den drei Jahren 1870—1872 0288, von welchen 2202 einen Wind constatirten, 1086 dagegen windfreie Zeit anzeigten. Es war also fast der dritte Theil dieser dreijährigen Periode windstill und zwei Drittheile fielen den Tagen mit Wind anheim. Wenn man drei windfreie Beobachtungen als einen windstillen und ebenso drei einen Wind nachweisende Beobachtungen als einen windigen Tag rechnet, so ergaben sich in den drei erwähnten Jahren im Durch- 1870 1871 1872 schnitte windstille windige windstille windige T a windstille g e windige windstille windige im Jänner ... 8 23 13 18 14 17 12 19 „ Februar ... 9 19 11 17 10 19 10 18 „ März . . . ... 9 22 11 20 10 21 10 21 „ April. . . ... 5 25 10 20 8 22 8 22 „ Mai . . . ... 8 2.3 10 21 7 24 8 23 „ Juni . . . . . 9 21 8 22 9 21 9 21 „ Juli . . . ... 9 22 8 23 5 26 7 24 „ August . . ... 7 2 4 9 22 10 21 9 22 „ September ... 13 17 10 20 6 24 10 20 „ October . . . 11 20 12 19 11 20 8 23 „ November ... 9 21 13 17 19 11 14 16 „ December ... 16 15 10 21 14 17 13 18 Fr v. Czoernig, die Stadt Uürz. G im Durch- 1870 1371 187-2 schnitte windstille windige windstille windige T a windstille 8 e windige windstille windige im Winter . . . . 33 59 36 56 47 45 39 53 „ Frühling . . . . 23 66 32 57 28 62 28 61 „ Sommer . . . . 26 66 26 66 21 71 24 68 „ Herbst 31 61 31 61 27 65 27 65 ,. Wintersemester . 66 125 68 113 75 107 67 114 „ Soramersemester . 57 127 57 127 48 136 51 133 „ Jahre 113 252 125 240 123 243 118 247 Die windstillen und ebenso die windigen Tage sind auf alle Monate des Jahres nahezu gleich vertheilt, mit Ausnahme der beiden Monate November und December, in denen die Zahl der windstillen Tage sich etwas höher stellte, was aus eben diesem Grunde auch für den Winter gegenüber den anderen drei mit einander übereinstimmenden Jahreszeiten gilt. Was die Zahl ') und die Stärke2) der einzelnen 'Winde betrifft, so vertheilen sich dieselben sehr ungleich auf die sechzehn Richtungen *) Es mag hier die italienische Bezeichnung der Winde, welche von jener der übrigen Nationen abweicht, angegeben werden, da man sie in Görz so oft zu hören bekömmt : Nordwind Tramontana Nordnordost wind Greco Tramontana Nordostwind Greco Ostnordost wind Greco Levante (Bora) Ostwind Levante Ostsüdostwind Scirocco Levante Südostwind Scirocco Südsüdostwind Ostro Scirocco Südwind Ostro Südsüdwest wind Ostro Libecchio Südwestwind Libecchio Westsüdwest wind Ponente Libecchio Westwind Ponente Westnordwestwind Ponente Maistro Nordwestwind Maistro Nordnordwestwind Maistro Tramontana. 2) Die Windstärke wird gleich der Bewölkung nach zehn Abstufungen bezeichnet, so dass, gleichwie 0 die Windstille anzeigt, die Zahl 1 ein leises Wehen, und die nachfolgenden Zahlen eine wachsende Stärke des Windes ausdrück en, bis die Zahl 10 auf einen förmlichen Sturm hinweiset. Ebenso wie die ans den einzelnen Beobachtungen sich ergebenden Winde einer und derselben Richtung nach Tagen, Monaten und Jahren summirt werden, wird deren Stärke in einer Gesammt-sunnne jenen Zahlen gegenübergestellt, um daraus die durchschnittliche Stärke eines jeden Windes aus der Gesammtzahl der Windtage zu gewinnen. der Windrose. Vor Allem ist zu bemerken, dass die acht Nebenwinde in beiden Beziehungen in den Hintergrund zurücktreten; eine Ausnahme davon macht nur der Ostnordostwind, die eigentliche Bora, welche zu den Hauptwinden gehört. Die Vertheilung der Winde wird aus nachfolgender Üebersicht klar. Von den im Zeiträume 1870—1872 gemachten 2202 Windbeobachtungen entfielen auf die einzelnen Jahre 1870 1871 1872 Durchschnitt Nordwind 22 20 10 17 Nordnordostwind . . . 8 . 15 Nordostwind 231 255 231 Ostnordostwind .... 108 105 68 94 Ostwind 46 84 99 76 Ostsüdostwind 9 3 13 Südostwind 69 93 69 Südsüdostwind 9 2 12 Südwind 69 81 67 Südsüdwestwind .... 15 16 19 Südwestwind 58 47 61 Westsüdwestwind . . . 2 1 9 Westwind 26 36 26 Westnordwestwind . . . 7 1 1 3 Nordwestwind 23 12 13 16 Nordnordwestwind . . . 2 1 6 Summe . 756 720 726 734 Wenn man die Winde in gleichartige Gruppen zusammenfasst, so zeigt sich, dass die Ostwinde (Nordost, Ostnordost und Ostwind) 55 Percent, die Südwinde (Südost, Südsüdost und Südwind) 20 Percent, die Südwestwinde (Südsüdwest und Südwest) 11 Percent und alle übrigen Winde zusannnengenoinmen 14 Percent aller Winde ausmachen. Die durchschnittliche Stärke der einzelnen Winde ist eben so verschieden wie die Windrichtung; während sich einzelne Winde durch ihre Heftigkeit hervorthun, erreicht die Mehrzahl der Winde eine nur sehr geringe Stärke, wie diess aus folgender üebersicht hervorgeht. 1870 1871 1872 Durchschnitt durchschnittliche Stärke Nordwind 2-4 1-5 2-5 Nordnordostwind 3-1 . 31 Nordostwind 1 3 1-5 1-7 Ostnordostwind 30 31 3-4 Ostwind 1-8 1-5 1-3 1-5 Ostsüdost wind 20 1 '7 2’2 Südostwind 2'2 2-2 f 4 1870 1871 1872 Durchschnitt durchschnittliche Stärke Südsüdostwind..........................1*9 2'0 2'0 1'9 Südwind................................2-8 2'2 2'0 2'3 Südsüdwestwind.........................3'0 2'2 2'0 2'5 Südwestwind............................2'5 i'9 1'7 2'1 Westsüdwestwind.......................2'3 1'5 10 2*2 Westwind...............................2'4 l'O 2'0 1'8 Westnordwestwind......................2'9 1-0 l'O 2'5 Nordwestwind...........................2'8 l'O 2'1 2'2 Nordnord Westwind......................2'1 l'ö l'O 2'2 Summe der Winde . 2'6 1 • 9 1'9 2 ' I Wenn man daher die Stärke der bei säinmtlichen Beobachtungen aufgezeiehneten Winde summirt. und diese Summe durch die Zahl der Windbeobachtungen theilt, so ergibt sich die sehr geringe Durchschnittszahl der Stärke von 2-1. Gewöhnlich wird aber die Stärke in der Art berechnet, dass man die Gesammtsumme der Windstärken (nach Re-ducirung der Beobachtungen aut' Tage) durch die Zahl sämmtlicher Tage eines Monats oder eines Jahres theilt, in diesem Falle werden auch die windstillen Tage als Theiler gezählt, und das Ergebniss ist ein niedrigerer Quotient. Es scheint aber diess nicht so richtig zu sein, als obige Berechnungsart, da die Gesammtstärke aus der Summirung der Stärke der einzelnen Winde besteht, folglich sich auf die Zeit beziehen muss, zu welcher überhaupt ein Wind beobachtet wurde, nicht aber auch auf die windstille Zeit. Der Unterschied der beiden Berechnungsarten tritt am grellsten in jenen Monaten hervor, in welchen die Zahl der windstillen Tage eine grössere war, wie z. B. im Monate November 1872, in welchem man 34 Windbeobachtungen mit einer Stärke von 56 oder durchschnittlich von 1'7 zählte. Nach der zweiten Berechnungsart würde sich nur eine durchschnittliche Windstärke von O'O ergeben, d. i. weniger als irgend einer der Winde dieses Monates aufzuweisen hat. Wir lassen übrigens hier die Angabe der mittleren Windstärke nach Monaten und nach beiden Berechnungsarten folgen. Mittlere Windstärke 1870-1872 ohne mit Einrechnung der windstillen Tage Jänner........................................ 2 1 1-3 Februar....................................... i‘9 1 ' B März.......................................... 2'0 2'2 April......................................... 2'5 1'9 Mai........................................... 2'2 1-7 Juni.......................................... 2'2 1-5 Juli......... August . . . September . . October . . . November . . December . . Winter . . . Frühling . . . Sommer . . . Herbst . . . Wintersemester Sommersemester Jahresmittel . ohne mit Einrechnung der windstillen Tage 20 1-6 2-0 1 '4 1-9 1-2 1-9 1-3 2-1 1-1 1-8 1-1 2-0 1-2 2-4 1 -9 2-1 1-6 1-9 1-3 2-2 1-6 2-0 1-5 2M 05 Die Windstärke ist bloss im Friihlinge, namentlich im März und April, wo die Ostwinde vorherrschen, eine bedeutendere, während in den übrigen Monaten und Jahreszeiten nur ein geringer Unterschied wahrzunehmen ist. Die Vertheilung der Winde nach den Monaten ist keine gleichförmige, da einzelne Winde in dem einen oder dem anderen Monate verhältnissmässig öfter zur Erscheinung gelangen als andere. Wenn man die Gesammtsumme der Winde in jedem Monate aller drei Jahre als 100 annimmt, und dabei die Nebenwinde zu den llaupt-winden rechnet, so dass Nord und Nordnordost, Nordost und Ostnordost und so ferner zu einer Summe vereinigt werden, so ergeben sich folgende Percente füi Kord Nordost Ost Siiilost SQd SUdwest West Nordwcst Jänner .... ... 9 55 10 12 8 3 2 i Februar . . . ... 4 52 16 10 10 7 . i März ... 5 48 12 12 8 8 4 3 April .... . . . 7 30 12 10 11 17 3 4 Mai .30 16 11 19 12 4 5 Juni 34 17 8 14 13 6 4 Juli 39 10 8 10 10 10 7 August.... 42 11 9 14 9 7 2 September . . 4G 11 7 1'2 15 4 4 October . . . 37 18 18 15 7 3 1 November . . 50 16 15 10 5 . 1 December . . ... 5 59 6 17 9 3 1 Nor«! Nordost Ost Sfldost Süd Südwest West Nordwest Winter............. 6 55 11 10'6 9 3'7 0'7 1 Frühling........... 5 45 13 14'6 10 10*7 2'3 2'6 Sommer............... 4 34 14 9 14 11 7 6'6 5'3 Herbst...............3 42 13 11 14 10'3 4'6 23 Wintersemester . . . 5‘5 50 12 12*6 9‘5 7'2 1‘5 1’8 Sommersemester . . . 3‘5 38 14 10‘2 14 11 5-6 3'8 Jahresmittel .... 4'5 44 13 11'4 117 9'1 3'5 2’8 Der Nordostwind erscheint am häufigsten in den vier Wintermonaten November, December, Jänner und Februar, der Südostwind in den Monaten October, November. December, der Südwestwind dagegen in den Monaten April, Mai, Juni und September; die übrigen Winde sind weniger an eine periodische Wiederkehr gebunden. Die Winde, welche zu den verschiedenen Tageszeiten wehten, waren weder an Zahl noch an Stärke gleich. Des Mittags wehen mehr und auch stärkere Winde, des Abends weniger und schwächere Winde als des Morgens. Die 2202 in den drei Jahren 1870—1872 vorgekommenen Windbeobachtungen und deren durchschnittliche Stärke von 2T vertheilen sich in folgender Weise auf die einzelnen Tageszeiten. Morgens Mittags Abends Zusammen Zahl Stärke Zahl Stärke Zahl Stärke Zahl Stärke 1870 ..... 243 2'5 302 3*2 211 2M 756 2‘6 1871 ..... 224 1-9 309 2'1 187 1’8 720 1*9 1872. . . . . 241___ 1-8 275_____2~3 210 1~6 726 1*9 Im Mittel . . 236 2M 295 2*5 203 1*8 734 2'1 Die Mittagswinde waren daher um 23 Percent zahlreicher, die Abendwinde um 14 Percent minder zahlreich als die Morgenwinde; ebenso war die Stärke der Mittagswinde um 19 Percent grösser, jene der Abendwinde um 14 Percent geringer als die Stärke der Morgenwinde. Die Stürme gehören in Görz zu den Seltenheiten, dagegen mehr oder weniger heftige Winde, meist von Nordost her, nicht selten Vorkommen. Eine Windstärke von 10 wurde in den drei Jahren 1870—1872 nicht beobachtet, eine solche von 9 einmal (Juni 1870). eine solche von 8 siebenmal (fünfmal im März, einmal im October, einmal im November), eine solche von 7 dagegen sechszehnmal (sechsmal im März, dreimal im Jänner, zweimal im November, je einmal im April, Mai, Juli, August und October). Diese heftigen Winde waren der überwiegenden Mehrzahl nach (lfi) Ostnordostwinde (Bora); nur 3 Nordostwinde, 2 Nordnordostwinde, 1 Nordwind, 1 Nordwestwind und 1 Südwind traten hinzu. Von diesen 24 heftigen Winden trafen 20 auf das Jahr 1870, 3 auf das Jalir 1871, 1 auf das Jahr 1872. Hierzu wären allerdings noch jene kurz dauernden Windstösse zu zählen, die sich ausserhalb der Beobachtungszeiten ergaben, und desshalb nicht besonders aufgezeichnet wurden. Es erübrigt noch, die einzelnen Winde ihrer Beschaffenheit nach näher zu bezeichnen. Der Nordwind weht aus dem engen Defilé des Isonzo, ist aber weniger ein Localwind, als er durch Polarströmungen bedingt wird. Er kömmt selten vor, am meisten im Jänner, und gehört zu den stärkeren Winden. Der Nordnordostwind entsteht in der Einsenkuna des nördlichen Gebirgszuges zwischen dem Monte Santo und dem Plateau des Tarnovaner Waldes, und strömt aus dem Thale von Gargaro hervor, wesshalb er auch Gargarino genannt wird; es ist ein Localwind, welcher sehr unregelmässig erscheint (im Jahre 1870 ziemlich häufig, im Jahre 1872 aber gar nicht), und an Stärke nur dem Ostnordostwinde nachsteht. Der Nor dost wind kömmt von dem ausgedehnten Plateau des Tarnovaner Waldes herab, und ist der herrschende Wind des Görzer Gebietes; er weht sehr regelmässig, besonders in den Wintermonaten, ist ein directer Localwind und hat eine geringe Stärke. Der Häufigkeit nach steht ihm zunächst der Ostnordostwind, die eigentliche Bora, welcher vom Nanos, der Wurzel des Karstgebietes herabkömmt; er weht ebenfalls am häufigsten in den Wintermonaten, und ist zugleich der heftigste der hier vorkommenden Winde, wenn er auch lange nicht die Stärke besitzt, welche ihm am Nordrande des adriatischen Meeres eigen ist. Der Ost wind streicht vom Karstplateau her, und reiht sich seiner Häufigkeit nach den beiden eben genannten Winden zunächst an. Er ist ein abgelenkter Wind und zugleich der schwächste der hier vorkommenden Winde; die Bora strömt nämlich vom Karstplateau in der Richtung von Ostnordosten gegen die Küste des adriatischen Meeres; bei der Elasticität der Luft verbreitet sich diese Strömung nach allen Seiten hin und gelangt, der geographischen Lage nach, als abgeschwächter Ostwind in die Görzer Ebene. Der Ostsüdostwind, ein selten vorkommender Nebenwind, schliesst sich dem vorhergehenden an. Alle bisher genannten Winde tragen, ihrem Ursprünge am Gebirge entsprechend, die Eigenschaft eines trockenen und kalten oder doch kühlen Windes an sich, welchem vorzugsweise die Feinheit und Elasticität der Luft während der Wintermonate zu danken ist. Einen ganz entgegengesetzten Charakter hat der Südostwind, der eigentliche Scirocco, welcher vom Südrande des mittelländischen Meeres herkömmt, in seinem Zuge über das adriatische Meer, der Gestaltung der Küsten entsprechend, eine südöstliche Richtung annimmt, und (abgesehen von seiner westlichen Verzweigung) von dem nördlichen Gebirge aufgehalten, über der Görzer Ebene endigt; er ist ein directer und massig starker Wind, doch bildet er nur die Hälfte des vom adriatischen Meere her wehenden Windes, da die andere Hälfte als Südwind in die Görzer Ebene gelangt; während nämlich die obere Windströmung des Scirocco ihre südöstliche Richtung beibehält, wird die untere Windströmung durch den bei Monfalcone nach Westen vorspringenden Karst abgelenkt, und gelangt, diesen Vorsprung umgehend, als Südwind nach Görz. Es zeigt sich dieses merkwürdiger Weise nicht nur dadurch, dass die Zahl der Südost- und der Südwinde in allen Jahren fast die ganz gleiche ist, sondern auch durch die ganz gleiche Stärke der beiden Winde. Der unregelmässige und seltenere Südsüdostwind folgt den beiden eben genannten. Der Südostwind herrscht in den drei letzten Monaten des Jahres, der Südwind in den Sommermonaten vor; alle Südwinde führen Wärme, Feuchtigkeit und häufige Regen mit sich. Der Südwestwind (mit seinem minder bedeutenden Nebenwinde, dem Westsüdwestwinde) wehet, meist im April und September, dann im Sommer, von der friaulischen Ebene her, und ist häufig von Regen begleitet. Die noch erübrigenden Winde, der Westwind, Westnordwest-, Nordwest- und Nordnordwestwind, sind von geringem Belange, und kommen nur selten (der Westwind zumeist in den Sommermonaten) vor. Electricität, Die Gewitter sindziemlich häufig in Görz, beschränken sich aber fast durchaus wie allenthalben auf die Sommer- und Herbstmonate. Im Jahre 1870 kamen 33, im Jahre 1871 44 und im Jahre 1872 42, daher durchschnittlich im Jahre 40 Gewitter vor. Von diesen 119 Gewittern entfielen auf den Monat Jänner 1, Februar —, März 2, April 4, Mai 13, Juni 25, Juli 21, August 29, September 12, October 8, November 2 und December 2 Gewitter. Der Winter und der Frühling zählte daher durchschnittlich zusammengenommen 4, der Sommer 20 und der Herbst 16 Gewitter; die grösste Anzahl von Gewittern (14) zählte der Monat Juni 1871, welcher zugleich die grösste Regenmenge aufzuweisen hatte; ihm zunächst stand der Monat August 1872 mit 11 Gewittern. Gar keine Gewitter hatten die Monate Jänner, Februar, März und December 1870, Februar, April, November, December 1871 und Jänner, Februar, März und November 1872 aufzuweisen. Nordlichter wurden am 24. September, 24. October und 25. October 1870, dann am 4. Februar 1872 beobachtet, das erste derselben hatte die längste Dauer von 11 Uhr Nachts bis 4 Uhr Früh. Auch drei Erdbeben kamen in der Periode 1870- 1872 zur Erscheinung, am 28. Februar 1870 Mittags, am 1. März 1870 Abends, und am 13. Mai 1872 Abends; sie waren aber sämmtlich sehr leichter Natur und verursachten keinen Schaden ')• Die Einwirkungen des Görzer Clima’s auf den menschlichen Organismus, Wenn auf dem Titel des vorliegenden Werkes Görz als Oesterreichs Nizza2) bezeichnet wurde, so lag dabei der Schwerpunkt mehr auf dem ersten als auf dem zweiten Worte. Es sollte nämlich damit nicht ausgedrückt werden, dass Görz sich derselben climatischen Eigenschaften wie Nizza erfreue, sondern vielmehr dass, gleichwie Nizza unter den climatischen Curorten Europas durch seine Temperaturverhältnisse einen hervorragenden, in gewisser Beziehung den ersten Rang einnimmt, so auch Görz unter den climatischen Curorten Oesterreichs (das entfernte und schwer zugängliche Süddalmatien ausgenommen) in erster Reihe genannt zu werden verdient. Diese Behauptung dürfte durch die vorstehenden meteorologischen Nachweisungen, deren Ergebniss wir hier nochmals in wenigen Worten zusammenfassen, ausreichend begründet sein. Die Lage der Stadt Görz in einem auf drei Seiten von Bergen umschlossenen, gegen die Südseite offenen Becken bewirkt, dass die rauhen Nordwinde abgewehrt, die Südwinde festgehalten werden, während von der östlichen Hochebene eine erfrischende reine Luft zuströmt, wodurch das Clima von Görz gegenüber jenen des benachbarten Ober-Ttaliens begünstigt und der Stadt der Vorrang unter den subalpinen climatischen Curorten angewiesen wird. Eine höhere Temperatur in den Wintermonaten und die Gleichmässigkeit aller meteorologischen Erscheinungen bilden die charakteristische Eigenthiimlichkeit dieses Chinas. Der Winter (November—Jänner) ist mit einer durchschnittlichen Temperatur von ;rl8° C. ein milder, der Frühling (Februar — April) mit 8 (52° C. ein angenehmer, während der Sommer (20-36° C.) und der Herbst (17-76° C.) in weiterem Abstande, zu den warmen gezählt werden müssen; die Jahresmitteltemperatur beträgt 13° C. Frost kömmt nicht, häufig und, mit wenigen Ausnahmen, nur in ganz geringem Maasse und kurzer Dauer vor. Die durchschnittliche Tempe- ') Das Erdbeben vom 2!). Juni 1873, welches im nordöstlichen Italien bei Belluno und Conegliano so grosse Verheerungen anrichtete, wurde auch in Görz verspürt. *) Diese in Oesterreich (und selbst in Italien) bereits zum geflügelten Worte gewordene Bezeichnung rührt vom Verfasser her, und wurde eben als Titel des vorliegenden Werkes, zum ersten Male in den Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft zu Wien 1860 S. 129 gelegentlich eines dort abgedruckten Artikels über Aquileja aus diesem Werke angewendet. ratur des Monats Jänner ist nahezu 3° C., diesem zunächst stehen der December mit 3'5° C. und der Februar mit 4° C., während die Monate November und März bereits 8'9° C., der Monat April 13° C. aufweisen. Im Juli steigt die Hitze durchschnittlich auf '24° C. Die Temperaturschwankungen sind wenig erheblich; sie betragen im Mittel der fünftägigen Perioden 3 — 7°, in den einzelnen Tagen dieser Perioden 9—10° und steigen selbst zwischen den einzelnen Tagen eines Monats durchschnittlich auf nicht mehr als auf 11—-1 5° C., während die mittlere monatliche Temperaturschwankung nicht mehr als 13° C. ausmacht. Die Mittagstemperatur erhebt sich durchschnittlich im Winter auf 7°, im Frühlinge auf 12° C. Der Luftdruck ist der geringen Seehöhe von Görz entsprechend und mit wenigen Ausnahmen so gleichmässig, dass die mittleren Schwankungen eines Monats nicht mehr als 1—3 Millimeter ober oder unter dem Jahresmittel betragen. Die Einwirkung der trockenen Ostwinde und der feuchten Südwinde bedingen einen mittleren Feuchtigkeitszustand; im Winter zählt Görz zu den mässig feuchten, in den übrigen Jahreszeiten zu den mässig trockenen Orten. Von Nebel ist Görz fast gänzlich befreit. Regen kömmt häufig vor, am wenigsten im Frühjahre, am meisten im Sommer; von den 143 Regentagen entfallen 38 auf den Winter, 27 auf den Frühling; die Regenmenge ist ebenfalls bedeutend (durchschnittlich 1607 Millimeter im Jahre) am grössten im Winter (504 Milim.) am kleinsten im Frühlinge (201 Mllm.). Schnee erscheint nur ausnahmsweise (in den Jahren 1871 und 1872 gar nicht) und auf kurze Dauer; Hagel ereignet sich selten und bleibt unbedeutend. Der Himmel ist des Jahres über zur Hälfte bewölkt, doch kommen heitere Tage in beträchtlicher Anzahl vor; man zählte deren durchschnittlich im Jahre 99, im Winter 25 und im Frühlinge 20. Hinsichtlich der Luftströmungen ist Görz besonders begünstigt. Die Zahl der windstillen Tage macht den dritten Theil des Jahres aus; in den anderen zwei Drittheilen des Jahres sind die Winde der Mehrzahl nach erfrischend und trocken, in der Minderzahl nach feucht, wann und ermattend, immer aber von geringer Stärke. Eine Ausnahme davon macht nur die Bora (Ostnordostwind), welche zuweilen eine heftige und fühlbare Luftströmung erzeugt, die aber nicht lange anzuhalten pflegt. Dauernder dagegen ist in den Wintermonaten der feuchtwarme Scirocco (Südostwind), der sich oft recht fühlbar macht, ohne dass eine Luftströmung bemerkt wird ; er trägt aber wesentlich dazu bei, das Clima im Winter milde zu erhalten. Die Gewitter sind ziemlich häufig, fallen aber wie natürlich meist in die Sommer- und Herbstmonate. Die Luft ist rein und milde und übt in den heiteren Wintertagen oft einen eigenthiiinlichen Reiz aus. Das Jahr 1872 zeichnete sich in climatischer Hinsicht ganz voi- Die Einwirkungen des Gärzer Clima’s auf den menschlichen Organismus. j)l zugsweise aus. Während die Temperatur im Sommer und Herbste der durchschnittlichen dieser Jahreszeiten gleichkam, erhöhte sie sich im Winter auf 7° und im Friihlinge auf 10° C. durchschnittlich. Das Thermometer fiel niemals auf Null, die Temperaturschwankungen waren noch geringer als sonst, heftige Winde kamen nicht vor. Dagegen herrschten in Folge der Aequatorialströmung die Südwinde und brachten viel Regen und eine sehr hohe bis auf 87 Percent ansteigende relative Feuchtigkeit. Der Winter in Görz ist mit einem Frühlinge des mittleren Deutschlands zu vergleichen. Während seiner Dauer sind die Feldarbeiten des Landmannes entweder gar nicht oder nur auf wenige Tage unterbrochen, die niedere Thierwelt behält theilweise ihre Regsamkeit bei, manche Pflanzen blühen fortwährend, andere, wie der Brombeerstrauch, werden zu immer grünen Gewächsen. Der Uebergang in den Sommer geschieht oft schnell, gewöhnlich schon im April und der Frühling ist von kurzer Dauer. Die Sommerhitze erreicht Ende Juli ihr jährliches Maximum, ist aber erträglich durch den regelmässigen Land- und Seewind; denn an heissen Sommertagen weht in den Nachmittagsstunden von 12 bis 4 Uhr eine leichte Brise aus Süden, und bei beginnender Dämmerung setzt sich ein kühler Luftstrom vom Gebirge herab in Bewegung. Bei dem frühen Beginnen und der langen Dauer des Sommers, auf den man fast fünf Monate rechnen muss, ist die Vegetation durchschnittlich um einen Monat jener des mittleren Deutschland voraus, und die Flora und Fauna zeigt manche jenseits der Alpe unbekannte Formen, unter welchen Lorbeer und Cypresse die Aufmerksamkeit der Fremden zuerst in Anspruch nehmen. Betrachtet man im Allgemeinen den Einfluss des begünstigten Görzer Clima's auf den menschlichen Organismus, so darf demselben nicht die heilkräftige Einwirkung, welche die südlichen Curorte wie Madeira, Cairo, Palermo, Mentone, auf gewisse Krankheitszustände ausüben, zugesprochen werden. Wohl aber gewährt es durch die Abwesenheit der schädlichen Einflüsse, durch welchen die nördlichen Climate die geschwächte oder gestöite Gesundheit des Menschen bedrohen, der heilenden Kraft der Natur freien Spielraum und wirkt beruhigend auf die erschütterte Gesundheit ein Vor Allem ist es die Bodengestaltung, welche in dieser Hinsicht wohlthätig einwirkt. Durch Abwehr der Nordwinde und Fixirung ') Bei chronischen Krankheiten kömmt es oft meist auf Vermeidung von Schädlichkeiten an, um der vis medicatrix der Natur den Sieg zu erleichtern. Nach Richter besitzt kein einziges südliches Clima eine positive Heilkraft, sondern es gehen ihnen nur gewisse schädliche Eigenschaften unserer Climate ab. Biermann a. a. 0. der Südwinde leistet sie gewissermassen die Bürgschaft, dass die in Vergleichung der Breite milde Temperatur eine sich mehr oder weniger gleich bleibende, nur selten durch allenthalben vorkomniende Witterungsanomalien «estorte ist1). Auch die geologische Beschaffenheit ist dadurch förderlich, dass der schotterige Untergrund des Bodens die Feuchtigkeit schnell aufsaugt und den organischen Zerfall der Produkte fordert2). Man gewahrt ersteres am deutlichsten, wenn man eine Stunde nach einem heftigen Regen auf den Strassen, hauptsächlich aber auf der schönen nach dem Bahnhofe führenden Promenade trockenen Fusses des Weges einhergehen kann, ein für den Curgast, welcher auf die Bewegung im Freien angewiesen ist, nicht zu unterschätzender Vortheil. Der mechanische Zerfall der Producte hingegen, der Staub, wird in den Sommermonaten oft recht lästig, im Winter aber kömmt eine solche Belästigung nur ausnahmsweise bei heftigerem Nordostwinde vor. Der Hauptvortheil des Görzer Clima's für den Winteraufenthalt liegt in der höheren Temperatur, welche das Gefühl der Wärme erzeugt und die Grundlage für das milde Clima bildet. Die Wärme3) ist nicht hoch genug für das Bedürfniss der ausgebildeten chronischen Krankheiten, doch bewahrt sie die Menschen vor den schädlichen Einwirkungen der Kälte auf die Respirationsorgane und reizbaren Nerven, und führt einen vergleichungsweisen Zustand der Ruhe für alle Functionen herbei. Vorzüglich angenehm für den Curgast wirkt die dadurch ') Der Buden in seiner Configuration hat einen wesentlichen Einfluss auf das Clima, zunächst auf die Bewegung der Atmosphäre, damit auf die Wärmevcrthei-lung und die Empfindung der Temperatur seitens des menschlichen Körpers, die Regelmässigkeit und Constanz der Winde, ferner auf die Feuchtigkeit der Atmosphäre und die Wasserveitheilung; eine günstige Conflguration macht durch Ehenmass und Abwechslung auf die Seele einen angenehmen Eindruck. Biermann a. a. 0. 2) Der schotterige Boden absorbirt schnell die Feuchtigkeit, begünstigt die Vegetation, erzeugt aber auch leicht Staub durch mechanischen Zerfall, während er den organischen Zerfall seiner Producte hindert. Die Absorption der organischen Materie wirkt günstig auf die Salubrität ein. Biermann a. a. 0. 3) Die Wärme ist der wesentlichste Factor des Clima's, weil er alle übrigen Agentien bestimmt und modificirt; er ist auch der wichtigste Factor, weil er am leichtesten und am tiefsten in die Functionen des gesunden und des kranken Körpers eingreift, ln ihren milderen Graden entspricht sie mehr der Prophylaxis und der Nachcur und in ihren höheren mehr den ausgebildeten chronischen Krankheiten. Eine erhöhte äussere Temperatur vermindert die Wärmeentziehung, veranlasst geringeres Bedürfniss an Nahrung und Bewegung, sie gestattet daher einem durch Erkrankung geschwächten Organe eine relative Ruhe seiner Functionen, welche sie erleichtert, sie erzeugt auch verminderte Congestionen nach den inneren Organen. Bi ermann a. a. 0. herbeigeführte Möglichkeit, sich fast jeden Tag in der freien Luft die Bewegung zu gönnen, welche namentlich in der Mittagsstunde selbst für die am meisten geschwächten Organismen ausführbar und zuträglich -ist. Diese wohlthätige Einwirkung der Wärme wird aber wesentlich gefördert und befestigt durch die geringen Temperaturschwankungen, denn häufige oder starke Schwankungen sind für den menschlichen Organismus, besonders wenn er angegriffen ist, oft schädlicher als eine niedrige Temperatur. Der Kranke oder durch Krankheiten Geschwächte ist gegen die Differenzen empfindlicher und in seinem Zustande leichter afficirbar; er bedarf in Folge derselben oft durch die Kunst ausgleichende Vornahmen, um den Lebensprocess zu erleichtern oder weniger zu gefährden. Durch die Abwesenheit solcher Schwankungen wird die heilende Kraft der Natur vor Störungen bewahrt. Tn Uebereinstimmung mit der Temperatur stehen die Verhältnisse des Luftdruckes. Der grössere durch die geringe Seehöhe von Görz bedingte Luftdruck wirkt ebenfalls beruhigend; insbesonders sind die äusserst gelingen Schwankungen, welche nur selten fühlbare Dimensionen annehmen, der Gesundheit förderlich1). Bezüglich des Feuchtigkeitgrades erscheint das Clima von Görz als ein gemässigtes, die Mitte zwischen einem feuchten und trockenen Clima haltendes. Görz ist den entgegengesetzten Einflüssen des trockenen und kalten oder doch kühlen Bergwindes und des feucht-warmen Seewindes ausgesetzt. Je nach dem Vorherrschen eines der beiden Winde richtet sich der relative Feuchtigkeitszustand; im Winter (?6.*8#) herrscht ein massig feuchtes, im Frühlinge (64'9^) und in den beiden übrigen Jahreszeiten ein massig trockenes Clima2). Die nicht bedeutenden Schwankungen der Feuchtigkeit stehen in Ueberein-stimmung mit der Temperatur; denn da eine relativ feuchte Luft3), ') Die Wirkung des Luftdruckes beeinflusst die Respiration und den Stoffwechsel. Barometerschwankungen von einigen Linien haben auf das Befinden namentlich von Kranken grossen Einfluss. In verdünnter Luft verlieren Haut und Lunge mehr Wasser, es tritt eine gewisse Austrocknung ein; der geringere Luftdruck excit irt, der grössere gibt mehr Ruhe und wirkt so sedativ. Biermann a. a. 0. l) Nach Viv enot ist das Clima mit O—5S % ein sehr trockenes, mit 56—70 % ein mässig trockenes, mit 71—85 % ein massig feuchtes und mit 86—100 % ein sehr feuchtes. Bi er mann a. a. O. ,1) Feuchtwarme Luft bewirkt verminderte Wärmeabgabe und geringere Wasserverdunstung aus Haut und Lunge, somit geringeren Stoffwechsel und äussert eine sedative Wirkung. Die trockene kalte Luft wirkt excitirend, die Nervenfunction wird von ihr mehr angeregt. Der Körper besteht zu % aus Wasser und es haben die Haut und die Lungen die Hälfte des zugeführten Stoffes in Feuchtigkeitsgestalt beziehungsweise ihr Sättigungsgrad an bestimmte Wärmegrade gebunden ist, so lässt das Vorkommen geringerer Schwankungen derselben auf eine grössere Gleichmässigkeit der Temperatur schliessen. Der Mensch ist daher in Görz den Wirkungen, welche eine zu grosse Feuchtigkeit oder eine zu grosse Trockenheit auf gewisse Organisationen ausüben, weniger ausgesetzt und bleibt namentlich vor Erkältungen und Katarrhen mehr bewahrt. Ebenso hat er bei dem fast gänzlichen Mangel an Nebeln die Einflüsse der nebelreichen Zeit auf eine melancholische Stimmung nicht zu befürchten. Die Feuchtigkeit wird in Görz zunächst durch die Winde herbeigeführt, da die localen Ursachen der Entstehung der Feuchtigkeit, als: grosse Wasserflächen, Sümpfe etc. gänzlich fehlen, und ausser dem in einem tief eingeschnittenen Bette dahin fliessenden Isonzo und der in denselben am Südrande der Görzer Ebene einmündenden Wippach das fliessende Wasser sich auf Bäche beschränkt1). Der Regen ist zwar ziemlich häufig in Görz, namentlich auch im Winter, weniger im Frühlinge, da aber selten damit kühles Wetter verbunden ist, so hindert er nicht an der freien Bewegung und der Fremde gewöhnt sich bald daran im Regen auszugehen, zumal als nach dem Aufhören des Regens fast alsogleich der Boden wieder trocken wird2). Selten eischeint der Schnee und schmilzt meist in wenigen Stunden; es macht einen eigenthümlichen Eindruck, wenn die Berge ringsum auf ihren Höhen oft für längere Zeit mit Schnee bedeckt sind, das Becken von Görz aber im frischen Grün prangt. Die Bewölkung ist nur insofern von Bedeutung, als sie einer grossen Anzahl von heiteren Tagen Raum gewährt. Heitere Tage im Winter erhöhen die Lebensthätigkeit, verstärken die wohlthätige Einwirkung des Sonnenlichtes und führen eine milde, reine Luft herbei, besonders wenn sich die warme Luft aus Süden mit der frischen von den Bergen herabströmenden Luft verschmilzt. Der Eindruck der Luft auszuscheiden, welcher Vorgang in trockener Luft erleichtert wird. In feuchtwarmen Gegenden ist die Gelegenheit zu Erkältungen geringer, auch die Respiration wird durch die Luftfeuchtigkeit erleichtert, was bei Katarrhen wolilthätig wirkt. ') Die massig feuchte Wärme, der hohe Luftdruck und die geringere Elec-tricitätsspannung bilden schwächere Reize auf Haut und Lunge, und stimmen die Nervenempfindlichkeit herab, der Stoffwechsel wird befördert. Die Ruhe ist vorzüglich bei reizbaren und sehr geschwächten Nervensystemen von wesentlichem Vortheile. Biermann a. a. 0. 2) Nebel und Regen beschränken den Genuss der freien Luft und sind Zeichen eines häufigen Temperatur- oder Windwechsels bei Feuchtigkeit; doch kann bei gleichmässiger Wärme hohe Feuchtigkeit und heiterer Himmel vorhanden sein. Regen nicht zu häufig und nicht zu lang dauernd ist höchst wolilthätig in mechanischer und chemisch-physikalischer Beziehung zur Atmosphäre. Bi ermann a. a. 0. auf die Sinnesorgane ist an solchen Tagen ein höchst wohlthuender, und man meint die Luft förmlich zu trinken. In den Wintermonaten zählt man den vierten Theil sämmtlicher Tage zu den heiteren, zuweilen folgen sich die heiteren Tage in ununterbrochener Reihe, wie z. B. der December 1871 22 heitere Tage aufzuweisen hatte')■ Von besonderer Wichtigkeit erscheinen für das Görzer Clima die Wind Verhältnisse. Wenn die rauhen und heftigen Winde, welchen die Bewohner in den nördlichen Climaten namentlich zur Winterszeit ausgesetzt sind, zu den für eine geschwächte Gesundheit schädlichen Einflüssen gehören, wenn selbst an den südlichen Seeplätzen die alles darnieder werfenden Windstösse der Bora, sowie starke und andauernde Süd- (und Nordwest-) Winde zu den täglichen Erscheinungen gehören, so erfreut sich Görz einer windstillen oder, mit wenigen Ausnahmen, einer massig bewegten Atmosphäre. Der dritte Theil aller Tage der sechs Monate des Wintersemesters gehört zu den windstillen, und selbst in den windigen Tagen steigt die durchschnittliche Windstärke nicht höher als 2'1. Die Curgäste sind daher hier mehr als an irgend einem andern Orte von den nachtheiligen Einwirkungen heftiger Winde geschützt. Es erreicht wohl auch hier die Bora (Ostnordostwind) zuweilen eine für geschwächte Naturen empfindliche Stärke; doch gehören solche Fälle zu den Ausnahmen, und es sind solche Winde niemals anhaltend. Auch der feuchtwarme Südostwind (Scirocco) wirkt zuweilen beklemmend und betäubend auf empfindliche Naturen; er steigt aber nie zu der Stärke wie an der Küste und hinterlässt keine nachtheiligen Folgen. In der überwiegend grossen Mehrzahl der Tage aber wirkt der Wind (da die Ostwinde im Spätwinter und Frühjahre die herrschenden sind) erfrischend und belebend ein. Die electrischen Spannungen sind in den Wintermonaten gering und kommen nur bei herrschenden Südostwinden vor. Wenn die Frage entsteht, ob das Görzer Clima zu den Seeoder zu den Landclimaten gehört, so muss sie dahin beantwortet werden, dass das Görzer Clima zwischen diesen beiden Kategorien in der Mitte stellt und gewisse Eigenschaften von dem einen und dem ') Gross ist der Einfluss, welchen der Aufenthalt im Sonnenlichte auf kränkliche und geschwächte Menschen hat; am auffälligsten ist die Luftwirkung auf das Nervensystem und damit, auf die gesummten materiellen und physischen Vorgänge. Bei der Klarheit des Himmels bildet sich eine bessere Stimmung, mehr Lebens-encrgic und Frische der Bewegungen. Die Reinheit der Luft wird eben so bestimmt durch das Gefühl, wie die Reinheit des Wassers durch den Geschmack wahrgenommen. Dasselbe ist mit der Milde der Luft der Fall, welche von empfindlichen Respirationsorganen wahrgenommen wird. Biermann a. a. 0. anderen an sich trägt ')• In der Reihe der subalpinen Curorte aber, zu welchen Görz entschieden gehört, nähert sich (wenn man von jenen an der Küste, wie Nizza und Mentone, absieht) sein Clima am meisten dem Seeclima, worauf schon seine geographische Lage hindeutet. Letzteren entsprechend hat es einen starken permanenten Luftdruck, höhere Temperatur. geringere Temperaturschwankungen , Regelmässigkeit der Winde, Reinheit der Luft und überhaupt grosse Gleichmässigkeitder clima-tischen Verhältnisse innerhalb des Wintersemesters aufzuweisen, während der grosse Temperaturabstand zwischen Winter und Sommer, sowie die kühlen und trockenen Bergwinde dem Landclima eigen sind2). Zur genauen Feststellung des Platzes, welchen Görz in der Reihe der subalpinen climatischen Curorte einnimmt, würde eine eingehende Vergleichung der meteorologischen Zustände von Görz mit jenen der anderen subalpinen Curorte erforderlich sein. Es steht uns leider keine hinreichende Anzahl verlässlicher gleichartiger Angaben für diesen Zweck zu Geb te : wir müssen uns daher dai auf beschränken, die Vergleichung auf Grundlage der verfügbaren allerdings nicht vollständigen und vollkommen gleichartigen Daten3) anzustellen. Es wird aber auch schon aus einer solchen Vergleichung die begünstigte Lage von Görz als climatischer Curort hervortreten. Wir haben hierbei zunächst die Wintermonate als die praktisch wichtigeren im Auge. *) *) Die Alpenluft beschleunigt Puls und Respiration, die Seeluft verlangsamt sie. Der Punkt aber, wo sich beide berühren können, bildet bei uns die Classe der subalpinen Climate. In dem Wechsel der Orts- und Lebensverhiiltnisse liegt der Hauptwerth climatischer Curen. Biermann a. a. 0. 2) Das Seeclima hat grösstmöglichen Luftdruck, welcher meist permanent wirkt, die meist grössere Dunstsättigung trägt zur Verstärkung des Luftdruckes bei. Die Expansion der Körperoberfläche wird beschränkt, die durch die Respiration, dem Blute zugeführten Gase entweichen am wenigsten leicht, die Respiration ist langsamer und tiefer, die Thätigkeit des Herzens und der Blutcirculation ist ebenfalls verlangsamt. Die Temperatur, höher als am Lande bei gleichen Breitegraden, unterliegt geringen Schwankungen, zwischen Sonne und Schatten herrscht eine geringe Differenz. Die grössere oder geringere Feuchtigkeit hängt von den Winden ab. welche den Platz vorzugsweise bestreichen. Das Seeclima hat grosse Regelmässigkeit der Winde, wovon die Gleichmässigkeit der climatischen Verhältnisse abbängt; es besteht eine reichliche Ozonbildung, und die angenehmen Seewinde bewirken mit der Staubfreiheit und Reinheit der Luft, dass der Mensch aufathmet und die Luft förmlich trinkt, und in Folge davon reichlichere Kohlensäure ausscheidet. Biermann a. a. 0. 3) Dieselben sind zum grössten Theile dem Aufsätze des Dr. med. C. N. Schildbach „Winter-Curorte in den Alpen“ indem Journale „Aus allen Weltthei-len, :t. Jahrgang 1871, Octoberheft“, dann dem Werke Dr. Herrmann Reimer’s: „Klimatische Winterkurorte, Berlin 187.1“ entnommen. Die mittlere Temperatur der Stadt Görz von nahezu 13° C. ist höher als jene der Städte Oberitaliens, die Riviera und Venedig (mit ebenfalls 13° C.) ausgenommen, und selbst als jene der meisten Städte Mittel-italieus; sie kömmt der Mitteltemperatur von Rom mit 15'6°C. nahe1). Hinsichtlich der subalpinen climatischen Curorte wählen wir zur Vergleichung die Repräsentanten der Curorte vom Genfersee, aus der ') Die UebereinStimmung des (zwar milderen, aber doch mit manchen Uebel-ständen behafteten) Clima’s von Rom mit jenem von Görz zeigt sich im Wesentlichen nach allen Richtungen; wir entnehmen die nachfolgenden Notizen dem Werke Dr. G. Taussig’s „The Roman Climate, ils influence of health and disease, serving as an hygienical guide. Rome 1870“. Die mittlere Jahrestemperatur von Rom beträgt 15-6° C.; der Winter hat S’2°, der Frühling 1i'7°, der Sommer 23'6° und der Herbst 17‘fi°. Vom Juni bis September wird die Hitze durch den erschlaffenden Südwind (Scirocco) oft ins Unerträgliche gesteigert, während die nicht bedeutende Kälte (der niedrigste Grad war im Februar 1843 — 8' 1° C.) durch den meist klares Wetter bringenden Nordwind (Tramontana) beträchtlich verschärft und Brustkranken leicht gefährlich wird, im Spätherbst und im Frühling ist der Wechsel des Wretters oft überaus schroff, zudem an den einzelnen Tageszeiten die Temperatur sehr verschieden; im Durchschnitte beträgt sie. früh um 7 Uhr 12-1° C., um 3 Uhr 18'4° C. und Abends um 9 Uhr 14° C. Im Sommer sind klare Tage 51, regnerische 29, bedeckte 12 „ Herbste n r> n 34 77 34 77 23 „ Winter •n n n 36 77 27 77 27 ,. Frühlinge Q4, n r> •** 77 32 77 26 Die meisten klaren Tage kommen auf den Juli (20). die wenigsten auf den Februar (11). die meisten Regentage (12) hat der October, doch zählt auch der November und December meist sehr trübe und regnerische Tage, der ungünstigste Monat ist durchweg der März. Haupterforderniss für den Fremden in Rom ist Sonne und freie Luft; die Räume, in welche die Sonne nicht zu dringen vermag, pflegen im W’inter eisig kalt zu sein, und der enorme Temperaturwechsel in Sonne und Schatten macht für Erkältungen empfindlich. Bezüglich der Brustkranken ist das römische Clima bloss für diejenigen erspriesslich, welche sich noch in einem der ersten Stadien der Brustkrankheiten befinden, während es bei bereits sehr vorgeschrittener Tuberculose eher verderblich wirkt. Die niedrige Lage über dem Meere, die verhältnissmässige Windstille, die milde Luft, das ruhige Leben, die täglich mögliche Bewegung im Freien, die gleichmässige Temperatur ausser und im Inneren der Häuser sind Vorzüge, welche Rom zum geeigneten Aufenthalte für noch nicht zu sehr angegriffene Brustkranke machen. Doch ist grosse Vorsicht nöthig, da die Einrichtung der Häuser und der öffentlichen Locale von der Solidität und dem Comfort des Nordens keine Spur haben, auch gerade die schönsten Promenaden theils hoch gelegen und also zugig, theils weit entfernt sind. Rom besitzt, gleich Pisa und Venedig, mehr ein conservati ves als regenerirendes Clima; es ist daher kein Ort für Leidende, deren Organismus bereits sehr erschlafft ist, sowie für solche deren Verdauung zerrüttet, oder die zu gewissen nervösen Uebeln (Schlaflosigkeit, Schwindel) oder zu Apoplexie geneigt sind. S. auch Allg. Augsburger Zeitung 28. November 1870. Kr. v. Czoernig, die Stadt (ìiirz. 7 Region der italienischen Alpenseen und von Tirol die Orte Montreux, Lugano und Meran aus. Die mittlere Wintertemperatur (für die Monate December bis Februar) dieser Curorte kömmt allerdings jener der Riviera (Nizza mit 8—9° G. und Mentone mit 9—10° C.) nicht nahe, unter einander aber stimmen diese Curorte nahezu überein; Montreux hat eine mittlere Wintertemperatur von 2'4° C., Lugano eine solche von 2-9° C., Meran eine solche von P8°C. aufzuweisen. Alle diese werden aber von Görz, dessen Wintertemperatur (für die obigen drei Monate) 3'5° beträgt, übertroffen. Venedig hat gleich Görz 3.5° C. In den sieben Monaten, während welcher die Fremden diese Curorte besuchen, October bis April, zählte man in Nizza 100 bis 118 heitere Tage. Die Alpencurorte hatten solche heitere oder „fast heitere“ Tage (nämlich solche, an denen der Himmel ganz heiter war oder höchstens eine Bewölkung von 0'3 aufwies) und zwar Montreux 51, Lugano 86, Meran 59, Görz aber 74. Auf den eigentlichen Winter (December—Februar) entfielen in Mentone 51. Lugano 40, Meran 30, (nach Reimer 44) Montreux 19, in Görz aber 35 sonnige Tage; trübe Tage (d. i. solche, an denen die Bewölkung mindestens 0-7 ausmachte) kamen während der erwähnten drei Wintermonate in Montreux 53, in Lugano 30, in Meran 36 und in Görz 44 vor. Das Minimum der Mittagstemperatur während des Monats Jänner betrug im Mittel der Beobachtungsjahre in Montreux —3'7° C., in Görz -f- 0-l° C. (das absolute Minimum dieses Monats dagegen in Montreux — 7'8° C., in Görz —2—4° C.). Das mittlere Minimum der Morgentemperatur des Jänners zählte in Montreux —7°, in Meran — 6’8°, in Görz —5’3° C. Das absolute Minimum in Montreux —9'5°, in Meran —10-4°. in Görz —7‘7° C. Die Niederschläge machten während des Winters in Lugano 180 Mm., in Montreux 280 Mm., in Görz 303 Mm. (in Venedig Octob. bis April 369 Mm.) aus; man zählte in Lugano 7 Schnee- und 16 Regentage, in Montreux 8 Schnee- und 24 Regentage, in Meran 4 Schnee-und 8 Regentage (in Nizza 16 Regentage, in Venedig ebensoviel), in Görz 2 Schnee- und 31 Regentage. Die relative Luftfeuchtigkeit wird für Nizza mit 69—70 %, für Mentone mit 65'2 %, ferner für Genf mit 79 %, für Pau und Pisa mit 80—82%, für Montreux mit Kpl %, für Venedig 88 %, für Meran mit 706 % angegeben; in Görz beträgt die Feuchtigkeit in den sechs Wintermonaten 70-8 %, in den Monaten December — Februar aber 74-1 %. Die Vergleichung der Winde ist schwierig, da man sich meist bloss auf die Angabe von stärkeren Winden beschränkt; auch bei windstillen Tagen fehlt es an der Genauigkeit, ob dieselben absolut windstille oder auch solche mit einem leisen Wehen (O’l) waren. Es wird nur angeführt, dass Nizza und selbst Mentone von vielen und auch starken"W in-den (namentlich dem Mistrale) heimgesucht wird, und dass es in dem Zeiträume von November—April in Lugano 19, in Montreux 12-5 Tage mit „stärkeren“ Winden gegeben habe. Wenn unter einem stärkeren Winde ein solcher von (V7 und darüber verstanden wird, so hatte Görz durchschnittlich im Jahre 8, während der obenerwähnten sechs Monate aber 6 solche Windtage. Bezüglich der windfreien Tage wird angegeben, dass in den sieben Monaten October—April Lugano 175 und Montreux 142 windstille Tage hatten; in Görz gab es in diesem Zeiträume 75 absolut windfreie Tage; wenn aber die mit Ol Wind bezeich-neten Tage dazu gerechnet werden, stieg die Zahl der windfreien Tage auf 113’). Eine nähere Vergleichung der cliinatischen Verhältnisse von Görz mit jenen der oben genannten subalpinisehen climatischen Curorte gewährt die folgende Zusammenstellung der einzelnen meteorologischen Vorkommnisse, welcher für die genannten Curorte ein sechs- bis siebenjähriger Durchschnitt zu Grunde liegt. Ort, geograph. Breite, Meereshöhe Lugano 46‘0° nördlicher Breite 275 M. über dem Meere Temperatur -^ m —- heitere trübe windstille Monat unter °° über 7° C----------------------------------- l [ Morgens Mittags November . . 5'72) o-o2) December . . 14-4 o-o Jänner . . l-o Februar . . . 12-0 0-6 März . . . . 4-5 o-o April . . . . 0-3 o-o Morgens Mittags Tage 4’2* 2) 27-2*) 13 10 25 0-9 19-0 13 14 28 o-o 12-4 16 9 29 00 21-0 11 10 24 1-7 26-5 8 14 24 14-0 29-7 15 9 21 ’) In Nizza wurden 1850 1801 „starke“ Winde durchschnittlich an 97 Ta- gen im Jahre beobachtet; nach Siegmund „ist die Luft daselbst immer überaus bewegt und eine ganz ruhige Atmosphäre kömmt wohl nur stundenweise an ganz ruhigen Tagen vor“. Auch von anderen Seiten wird über den häufigen, und wenn mit Regenwetter eintretenden höchst unangenehmen Ost-, über den ebenso beschaffenen Südwest-, über den seltenen, aber oft stürmisch kalten Nordost-, den trocken kalten Nord-, über den angeblich seltenen, aber verderblichen West- und Nordwest-- Mistral — überhaupt über den „oft orcanartigen“ Wind (M. Schneider) über den stürmischen Frühling geklagt. In Mentone fand Bollini 1861 39 windstille, 78 stürmische Tage. Stiege 1863—68 in den Monaten November bis März 102 stille und 49 Windtage. S. Schildbach a. a. 0. In Lugano kamen im Jahre 1869, December—April 49 Windtage vor. Reimer a. a. 0. 2) Die Angaben der Morgentemperatur sind in Vergleichung mit denen der anderen Orte zu ungünstig, die der Mittagstemperatur zu günstig, da für Lugano nicht die Beobachtungen um 7 Uhr und um 1 Uhr, sondern die Minimal- und Maximal-Temperaturen angegeben sind. Ort, geograph. Breite, Monat Temperatur unter 0° über 1° C. heitere ti übe windstille Meereshöhe Morgens Mittags Morgens Mittags Tage Montreux November . 50 o-o 4-3 20-3 7 18 22 46'15° nördlicher December . 9-6 2-0 23 9-1 5 19 22 Breite Jänner . 12-9 6.1 0-9 7-1 7 19 20 Februar . . 8-1 1-3 0-7 14-3 7 15 18 437 M. über dem März . . . 5-0 0-6 3 0 17-4 6 18 19 Meere April . . . 0-4 O’O 17-9 29-0 2 11 20 Meran') November . 2-0 0-2 7-7 24-0 8 13 46-40° nördlicher December . 8-3 0-8 1-8 7'2 11 13 Breite Jänner . 1(1-2 4-5 o-o 3-2 10 11 Februar . . 4-8 o-o 2-0 20-0 9 12 385 M. über dem März . . 0-5 o-o 4-8 25-8 ä 16 Meere April . . . o-o o-o 23-8 29-8 9 12 Görz November . n-o o-o 21-0 28-0 5 21 14 (20) 4ö'56° nördlicher December . 12-0 3-0 5-0 13-0 12 16 13 (21) Breite Jänner . 12-0 0-7 1.3 8-0 14 13 12 (19) Februar . . 3-7 0-7 0-7 18-3 9 15 10 (17) 78 M. über dem März . . . 1-7 o-o 13-0 28-8 9 12 10 (15) Meere April . . . 00 o-o 27-7 30-0 12 9 8 (16) 6 Wintermonate Lugano 1-6 20-8 135-8 76 63 151 Montreux . . . . 100 29-1 97-2 44 100 121 Meran 5'5 40-1 iio-o 49 77 Görz 1-4 68-7 126-1 61 86 67 (108) Fassen wir vorerst die sechs Wintermonate zusammen, so ergibt sich, dass Görz die wenigsten kalten Tage, an welchen das Thermometer unter 0 sank, aufzuweisen hatte. Meran zählte 8 %, Montreux 38 ^ und Lugano 94 ^ kalte Morgen mehr als Görz. Die kalten Mittage waren in Lugano um 15 $>, in Meran um '293 fb und in Montreux um 614 % zahlreicher als in Görz. Dagegen waren die warmen Morgen, an welchen das Thermometer über 7 C. stieg, in grösserer Anzahl in Görz zu verzeichnen, und zwar um 70 % mehr als in Meran, um 136 % mehr als in Montreux und um 230 y, mehr als in Lugano. Gleichförmiger waren die warmen Mittage mit mehr als 7 (Wärme), der Zahl in Lugano um 71 ^ grösser, in Meran um 15 und in ') In den Monaten December 1863 bis Februar 1s64 beobachtete man durchschnittlich in Meran Früh l-70u, Mittags ö'43°, Abends 2-07o, in Venedig Früh 3öi°, Mittags 0 SEi°, Abends 4-92°, in Görz (1870 1872) Früh 1-82°, Mittags 5-99°, Abends 2'78" C. Montreux um 30 u/j geringer als in Görz. Die heiteren Tage (mit 0-3 Bewölkung oder weniger) waren zahlreicher in Lugano, minder zahlreich in Meran und Montreux als in Görz, dagegen trübe Tage (mit (P7 Bewölkung und mehr) Görz mehr als Meran und Lugano, weniger aber als Montreux zu verzeichnen hatte. Bezüglich der windstillen Tage war Görz mit 67 (oder wenn man jene mit einer Windstärke von nicht mehr als 0’1 hinzurechnet mit 108) Tuge gegen Montreux und Lugano im Nachtheile, über Meran fehlen die Daten. In Görz herrschten die Winde von geringer Stärke vor, wesshalb auch die stärkeren Winde daselbst seltener eingetreten sein möchten, als an jenen anderen Cur-orten, was jedoch ziffermässig nicht zu bestimmen ist. In Meran wehen besonders im Monate März die starken und rauhen Winde aus dem Passeyer Thale, welche von den dahinter gelegenen Eisbergen herabkommen; in den andern Monaten ist die Windstille vorherrschend. Nach den einzelnen Monaten verglichen, war der November in Görz, wo kein Kältegrad vorkam, bedeutend wärmer, als an den übrigen genannten Curorten, der December hatte in Görz mehr kalte Morgen ') als in Meran und Montreux, dagegen mehr warme Mittage, der Jänner hatte weniger kalte Morgen als Meran und besonders als Lugano und mehr warme Mittage als Meran und Montreux, der Februar war im Vortheile bezüglich der kalten Morgen, im Gleichgewichte hinsichtlich der warmen Mittage, der März zählte weniger kalte Morgen als in Lugano und Montreux, um etwas mehr als Meran, aber wärmere Mittage als die übrigen genannten Curorte, welches letztere auch vom Monate April gilt. Im Ganzen aber ergibt sich, dass in Görz der Anfang und das Ende des Winters milder ist, als an den anderen genannten Curorten, und dass in allen Wintermonaten die Mittage in Görz eine höhere Temperatur aufzuweisen haben als in Montreux und Meran, während es in Görz auch der kalten Morgen weniger, der warmen Morgen mehr gibt, als an den übrigen genannten Curorten. Die Differenzen zwischen der Morgen- und Mittagstemperatur waren in Görz. wo es weniger kalte Morgen und durchschnittlich nahezu gleich viel warme Mittage gab, geringer, als an den anderen erwähnten Curorten. Es gibt ausser den climatischen Einflüssen noch manche andere Factoren, welche für die wohlthätigen Folgen eines Winteraufenthaltes an einem climatischen Curorte erforderlich sind, als geeignete Wohnung, Kleidung und Nahrung, Enthaltung von lästigen Geschäften, geistige Anregung durch geselligen Umgang, genügende financielle Verhältnisse ’) Zunächst in Folge der ausnahmsweisen grossen Anzahl kalter Morgen (24) im December 1871; derselbe Monat zählte im Jahre 187(1 io und im Jahre 1872 gar keinen kalten Morgen. und dergleichen. Tn so weit diese Bedingungen von der Oertlichkeit abhängig sind, wie Wohnung und Geselligkeit, wurde davon an anderer Stelle gehandelt, die übmen Erfordernisse mitzubringen, bleibt den Cur-gästen selbst anheim gegeben ’). Indicationen des Görzer Clima’s für einzelne specielle Krankheitsund Schwäche-Zustände- Bevor in die Aufzählung der einzelnen Gesundheitsstörungen eingegangen wird, muss die Behauptung vorausgesendet werden, dass der Winteraufenthalt in Görz in allen Fällen angezeigt ist, wo die heilende oder geschwächte Kraft der Natur einer Unterstützung durch die äusseren Lebensverhältnisse zur Erzielung der gehofften Wirkungen bedarf. Dahin gehören ein höheres Alter, eine schwächliche Körperbeschaffenheit, Nervenübel aller Art, die Reconvalescenz nach schweren Krankheiten, die gehemmte Entwicklung der jugendlichen Organismen, insbesondere aber die allgemeine Schwäche nach Typhus, locale Erkrankungen einzelner Organe nach acuten Krankheiten, sowie der Uebergang der letzteren in ein organisches Stadium. In allen diesen Fällen ist der Winteraufenthalt in Görz geeignet, kräftigend, beruhigend und heilend einzuwirken. Speciell aber ist der Winteraufenthalt in Görz in folgenden Fällen anzuempfehlen 1 2J. 1) Selbst die vorzüglichsten climatischen Verhältnisse machen dem Menschen, namentlich dem kranken gewisse Schutzmittel gegen die Witterungseinflüsse noth-wendig, namentlich geeignete Wohnung, Kleidung und Nahrung. Ein gutes Unterkommen ist wichtiger als einige Wärmegrade; dadurch kann man das Clima den ganzen Tag über durch den Genuss der freien Luft henützen. Die grosse Einfachheit des materiellen Lebens ist oft von grossem Nutzen. Der physische Nutzen des Aufenthaltes an einem climatischen Curorte liegt darin, dass, und zwar besonders für schwächliche Personen, sie den geistigen Vortheil der Abwesenheit aus ihren gewohnten Verhältnissen ohne die Anstrengung des Reisens geniessen, und dass sie des ausgedehnten Genusses der freien und schönen Natur in vollem Maasse und mit Bequemlichkeit sich erfreuen können. Dadurch wird die Thätigkeit des Gehirns und des Nervensystems angeregt, umgestimmt und somit der Vollzug der physiologischen Functionen des Körpers gehoben. Die mit dem häufigen Aufenthalte im Freien verbundene Körperbewegung und die gehobene Respiration erhöht und verbessert mit dem Genüsse der Natur den Stoffwechsel und erleichtert das Gemüth, die belebende, erheiternde Hoffnung ist hoch anzuschlagen. Wer Freude an den Pflanzen findet, kann sich dafür interessiren. Biermann a. a. 0. 2) Wir verdanken die folgenden Andeutungen, welche grundhältig nur von einem erfahrenen mit der neueren Wissenschaft eben so wie mit den Localverhältnissen vertrauten Arzte aufgestellt werden können, der gefälligen Mittheilung der Herren Dr. Maurovich und Hermann Perko, praktischen Aerzten zu Görz. 1. Für scropliulöse, rachitische und schwächliche Kinder. 2. Bei mangelhafter Entwicklung der Jugend beiderlei Geschlechtes, besonders bei schwächlichen Constitutionen, mit Neigung zu Ca-tarrhen, mit Blutarmuth, um der Entwicklung tieferer Krankheiten vorzubeugen. 3. Für Malaria-Kranke sowohl mit Wechselfieberanfällen behaftete, als auch an Folgezuständen leidende. 4. Bei Rheumatismen. 5. Bei Arthritis. Brightischer Nierenerkrankung und Catarrhe der Harnwege. 6. Bei Uterus-Blennorrhöen, insoferne dieselben von allgemeiner Schwäche und Blutarmuth abhängen. 7. Bei Nervenkrankheiten aus Ueberreiz hervorgegangen, bei abnormer Erregbarkeit und Neurosen, sowie bei Lähmungen, wenn die gesummte Vegetation darniederliegt. 8. Für Geisteskranke, durch günstige Veränderung in der Ernährung. 9. Für Herzkranke, auch für solche mit ausgesprochenen organischen Leiden, durch günstigen Einfluss auf die begleitenden catarrhali-schen Affectionem 10. Bei Kehlkopf- und Bronchial-Catarrhen mit chronischem Verlaufe. 11. Für Lungenkranke mit der Form von verschleppten Catarrhen in den Lungenspitzen, auch mit chronisch entzündlichen Infiltrationen des Lungengewebes, falls die Processe nicht sehr ausgedehnt sind, und zu denselben noch Tuberculose sich gesellt. 12. Bei Emphysema substantivum durch Vermeidung oder Verminderung der catarrhalischen Affectionen, sowie für Asthmatische. 13. Bei Krankheiten der Digestionsorgane, bei Magen- und Darm-Catarrhen. 14. Bei Altersschwäche und frühzeitigem Alter. 15. Bei sonst durch anderweitige vorhergegangene längere Krankheits-processe herabgekommenen Individuen, besonders bei Reconvalescen-ten nach Typhus, Pleuritis (Rippenfellentzündung) un i Pneumonien (Lungenentzündung). Wenn diesen Indicationen die Gontraindicationen gegenübergestellt werden, so müssen hierbei im Allgemeinen die weit vorgeschrittenen und compliciiten Krankheiten der Respirationsorgane, die käsige Lungenentzündung und Miliartuberculose, der Bluthusten etc. bezeichnet werden, da die feine und trockene Luft, welche in den späteren Wintermonaten vorherrschend ist, schädlich auf solche Constitutionen einwirkt. IX. Industrie und Handel. Die Industrie hatte bereits im vorigen Jahrhunderte ihre Stätte in Görz aufgeschlagen, namentlich war es die Seidenweberei, welche in Folge des von Kaiser Joseph II. eingeführten Prohibitiv-Systems 700 Weberstühle in der Stadt zählte. Die veränderten Verhältnisse bewirkten aber bald einen Rückschlag in diesem Industriezweige, welcher sich bis zur Gegenwart noch in den bescheidensten Verhältnissen erhalten hat. Dafür wurde Görz im ersten Viertel dieses Jahrhunderts der Sitz einer der zwei grössten Colonial-Zuckerraffinerien der Monarchie, in welcher die Herren von Ritter eine grosse Anzahl von Arbeitern beschäftigten. Aber auch diese grossartige Industrie musste, nachdem sie durch 30 Jahre (1819—1850) wohlthätig auf Arbeit und Verdienst der unteren Classe gewirkt hatte, den Zeitumständen erliegen, nachdem die rasch emporkommende Rübenzucker-Erzeugung die Raffinirung des Colonialzuckers nicht weiter lohnend erscheinen Hess. Inzwischen aber hatten die Herren von Ritter und Genossen den Grund zu einer vielverzweigten anderweitigen industriellen Thätigkeit gelesjt, welche, unter tüchtiger Leitung fröhlich gedeihend, sich alsbald zu einem solchen Umfange ausbreitete, dass gegenwärtig Görz unter den grossartigen Industriestätten der Monarchie einen ganz ansehnlichen Platz einnimmt. Die Anregung zu diesem Complexe von Industrieanstalten mehrfacher Art bot die mächtige (an 800 Pferdekraft reichende) Wasserkraft des Isonzoflusses, welcher das Weichbild der Stadt berührt, und dessen Gewässer im Winter nicht gefrieren und im Sommer nicht versiegen, somit das ganze Jahr hindurch für den Betrieb der Maschinen beinahe in unveränderter Gleichmässigkeit zu benützen sind. Es bedurfte grossartiger und kostspieliger Wasserbauten, um den Fluss für die einzelnen Zwecke der industriellen Production in der geeignetsten Weise dienstbar zu machen. Der Complex dieser Fabrik-anstalten besteht aus einer mechanischen Malilmühle, einer mechanischen Baumwollspinnerei und Weberei, einer Floretseidenspinnerei und einer Papierfabrik. Die mechanische Mahlmühle der Herren Baron Hector Ritter und Genossen nimmt einen Platz unter den ausgedehntesten Fabriksanstalten dieser Art in der Monarchie ein. Sie wurde in den Jahren 1842—1843 erbaut, musste aber, da sie im December 1N69 abbrannte, im Jahre 1870 auf’s neue erbaut werden. Sie nimmt 180 Pferdekraft Wasser in Anspruch, hat 26 Gänge durch 7 Walzenstuhlungen, und beschäftigt 132 Arbeiter einschliesslich der Müller, Professionisten, Taulöhner und des Magazinspersonals. Ihr Erzeugniss beläuft sich auf 240.000 Centner Mehl und 73.380 Centner Kleie ira Werthe von 2.788.000 fl., und wird nach Görz, Triest, Istrien, Dalmatien, Krain, Kärnten, Venetien, England, sowie nach Brasilien abgesetzt. Die von ihr verarbeiteten Weizensorten kommen, je nach den Ernteergebnissen, aus Ungarn, Odessa, Taganrok und Friaul, gewöhnlich aber aus Ungarn und Friaul. Die mechanische Baumwollspinnerei und Weberei der Herren Ritter, Rittmeyer und Comp, wurde im Jahre 1849 erbaut; ursprünglich für 3000 Spindeln und 100 Wehstühle hergerichtet, vermehrte sich dieselbe allmälig auf 7450 Spindeln und 197 mechanische Webstühle, welche 271 männliche, 112 weibliche Arbeiter und Kinder beschäftigen. Die Triebkraft durch 2 Jouval'sche Turbinen erzeugt, beläuft sich auf 120 Pferdekraft. Es werden im Jahre ungefähr 900.000 Zollpfund roher Baumwolle von Bengal, Scinde, Persia, Adana und Surate verarbeitet, welche theils in Triest angekauft, theils direct bezogen werden. Die Erzeugung daraus besteht jährlich in 775.000 Zollpfund Garn von Nr. 4 bis Nr. 24 englisch, ferner in 2,100.000 Wiener Ellen Gewebe, benannt Molino’s und Domestics. Der Werth des Gesammterzeugnisses dieser Fabrik beträgt jährlich ungefähr 700.000 fl. Das Product findet im Inlande, in Triest als Exportartikel und in Italien seinen Absatz. Die Fabriksunternehmung besitzt eine Gaserzeugungsanstalt, welche den Beleuchtungsstoff sowohl der Spinnerei und Weberei, als der Floretseidenspinnerei, der Mahlmühle und der Papierfabrik liefert. Der jährliche Gasverbrauch beträgt 7—8 Millionen Cubikfuss im Werthe von 21.000 fl. Diese Fabriksunternehmung besitzt. eine Elementarschule für alle in den Fabriken beschäftigte schulpflichtige Kinder, an welcher ein Religionslehrer mit 200 fl. und ein Lehrer mit 500 fl. angestellt ist. Auch eine Sparcasse, welche den Arbeitern ihre Einlagen mit 5 Percent verzinst, und ein Pensionsfond wurden gegründet; letzterer soll dazu dienen, armen arbeitsunfähigen Arbeitern während ihrer letzten Lebensjahre regelmässig normirte Unterstützungen zukommen zu lassen. Die Fabriksunternehmung hat ferner in Gemeinschaft mit den anderen Ritter’schen Fabriken eine eigene uniformirte Feuerwehr ins Leben gerufen. Die mechanische Floretseidenspinnerei der Herren Wilhelm von Ritter und Comp, wurde im Jahre 1855 erbaut. Die ursprünglich darin aufgestellten 2000 Spindeln wurden in der Folge auf 9.100 Pro-ductionsspindeln und 3840 Zwirnspindeln gebracht. Ausserdem besteht eine eigene Abfallspinnerei zur Erzeugung ganz groben Abfallgarnes von 238 Spindeln. In der Floretspinnerei werden täglich 301 Arbeiter männlichen und 438 weiblichen Geschlechtes beschäftigt. Die Triebkraft wird erzeugt durch zwei Jouval’sche Turbinen mit 100 Pferdekraft Wasser, und durch zwei Dampfmaschinen und zwei Locomobile von 116 Pferdekraft, zusammen mit einer Summe von 216 Pferdekraft. An Rohstoff werden jährlich 260.000 bis 350.000 Zollpfund Seidenabfälle, je nach der Qualität, im Werthe von ungefähr einer Million Gulden verarbeitet; das fertige Product hat einen Werth von 1,300.000 bis 1,500.000 fl. im Jahre. Der Rohstoff wird aus dem Inlande und Italien, der Levante und aus Japan bezogen ; erzeugt werden alle möglichen Qualitäten rohen Floretgarnes, und der Absatz geht nach Oesterreich, Sachsen, Rheinpreussen, Frankreich und Italien. Diese Floretspinnerei ist nicht nur die grösste derartige Anstalt in Oesterreich, sondern auch eine der bedeutendsten dieser Art am Continente. Sie verdankt ihren raschen Aufschwung der intelligenten und erfahrenen Leitung des Herrn Wilhelm von Ritter, eines Mannes, der nicht nur durch seine Fachkenntniss und industrielle Geschicklichkeit, sondern auch durch seinen jederzeit bethätigten patriotischen Gemeinsinn als Mitglied der städtischen Verwaltung die hohe Achtung seiner Mitbürger erworben hat. Alle diese Fabriksanstalten befinden sich in Strazig, am linken Ufer des Isonzo. Ihnen gegenüber am rechten Ufer des Flusses, über welchen hier eine Brücke führt, liegt die (zu dem Orte Podgora gehörige) Papierfabrik des Herrn Baron Hector von Ritter mit ihren weitläufigen Gebäuden, welche in den Jahren 1863—1864 erbaut wurde. Dieselbe besitzt zwei Papiermaschinen von 163 und 190 Centim. Breite, und verwendet ausschliesslich die Wasserkraft des Tsonzo (6 Turbinen werden durch 280 Pferdekraft in Bewegung gesetzt), von welchen bei niedrigstem Wasserstande noch 100 Pferdekraft verfügbar bleiben. Sie besitzt 4 grosse Dampfkessel, 4 Iladernkochereien, 2 Strohkochereien, 2 Raffineurs, 22 grosse eiserne, 6 steinerne und 9 grössere hölzerne Holländer, 4 grosse Calander, 4 Satinirmaschinen, 4 grosse Wasserpumpen, 4 hydraulische Pressen, 6 Papierschneidemaschinen, 1 Stempelmaschine, 1 Linirmaschine. Mit dem besten Erfolge verwendet sie zu ihren Papieren einen Zusatz von Strohstoff, für dessen Erzeugung eine eigene 72 Zoll breite Papiermaschine besteht. Ebenso wird der neuerlich so vielfach angewendete Holzstoff verarbeitet, für den eine eigene Holzschleiferei zu Ponou bei Spital in Kärnten besteht, welche mit einer Wasserkraft von 250 Pferden auf eine tägliche Erzeugung von 50 Centnern lufttrockenen Holzstoffes eingerichtet ist. Die Papierfabrik führte eine viel versprechende Neuerung durch Verwendung des für gewisse Papiergattungen vorzüglich geeigneten Rindenbastes von Maulbeerbäumen ein. Das Arbeitspersonale beträgt 554 Personen, da- runter 36 Meister, 181 Arbeiter und 337 Arbeiterinen. Die Meister haben freie Wohnung im Fabriksgebäude; ebenso finden in demselben diejenigen Arbeiterinen, welche weiter entfernt wohnen, Schlafstätten, über die eine ältere Frau die Aufsicht führt, zur unentgeltlichen Benützung. Die Erzeugung der Fabrik stieg von Jahr zu Jahr, betrug in dem zweiten Semester 1872 1,411.929 Pfund im Werthe von 400.000 fl. und soll im laufenden Jahre (1873) auf eine Production im Werthe von einer Million Gulden gesteigert werden. Für die erwähnte sechsmonatliche Arbeitsperiode wurde verwendet: 51.000 Ctr. Kohlen, 12.300 Ctr. Hadern, 6000 Ctr. Weizen-, Korn-, Hafer- und Reisstroh, 3700 Ctr. Holzstoff, 250 Ctr. Papierabfälle und 200 Ctr. Maulbeerbaum-Rindenbast. Alle diese industriellen Anstalten erhielten auf der grossen Weltausstellung zu Wien eine würdige Vertretung und demgemäss entsprechende Anerkennung. Die Floretseidenspinnerei des Herrn Wilhelm von Ritter und Comp, ward mit dem höchsten Preise, dem Ehrendiplom (Herr W. von Ritter überdiess mit der Verleihung: des Ordens der eisernen Krone) ausgezeichnet, und die drei anderen Etablissements erlangten die Auszeichnung der Verdienstmedaille. Es ist besonders hervorzuheben, dass in allen diesen Fabriksanstalten eine rege Sorgfalt für das geistige und leibliche Wohl der Arbeiter herrscht, und dass namentlich die Moralität der letzteren mit Strenge überwacht wird; wesshalb auch zwischen den Fabriksherren und den Arbeitern ein selten anzutreffendes, niemals getrübtes, gutes Einvernehmen besteht. Es sind eigene Fabriksärzte bestellt und bezahlt; die Auslagen für Apotheke und die Spitalskosten in Erkrankungsfallen werden von der Unternehmung bestritten; während der Krankheitsdauer erhalten die Arbeiter den halben Lohn, und in Fällen von Verstümmelungen (bei der Papierfabrik) eine lebenslängliche Pension. Das grösste Verdienst aber erwarben sich die Eigenthümer der (Baumwoll- und Seiden-) Spinnfabriken in Strazig durch die im Werke begriffene Anlage von Arbeiter-Wohnhäusern, die in nicht ferner Zeit zu einer förmlichen Arbeiter-Colonie sich gestalten dürfte. Dieses Vorhaben, darauf berechnet, eines der dringendsten socialen Probleme zu lösen, gewährt ein solches Interesse, dass es gerechtfertigt ist, hier näher darauf einzugehen.1) Die steigende Wohnungsnoth in Görz erhöht die Schwierigkeit, für die ärmeren Classen Unterkunft zu finden, insbesondere aber für ') Die umständliche Darstellung ist in einer so eben unter dem Titel: Die Arbeiter-Wohnhäuser der Spinnfabriken in Strazig bei Görz, errichtet von den Fubriks-Eigenthümern Ritter, Rittmeyer & Comp., Görz 1873 veröffentlichten Brochure enthalten. die 1300 Arbeiter der genannten Fabriken, welche grösstentheils in Görz nicht ansässig sind. Da dieser Umstand ungünstig auf das materielle und moralische Wohl der Arbeiter einwirken muss, erachteten die Fabriksherren, dass es sowohl in der Pflicht als in dem Interesse der Arbeitgeber liege, den berechtigten Anforderungen der Arbeiter zu entsprechen, und beschlossen demnach im Jahre 1871 durch Erbauung der erforderlichen Anzahl von Wohngebäuden den Arbeitern billige, gesunde und wohlfeile Wohnungen zu verschaffen, welche ihnen nicht nur mehr Behaglichkeit bieten konnten als ihre bisherigen Wohnungen, sondern auch mitwirken sollten, ihren Sinn für Häuslichkeit zu wecken und dadurch die Grundlage ihres Familienwohles zu bilden. Da diese Wohnungen allmälig ein ganzes Stadtviertel bilden dürften, wurde vorerst ein allgemeiner Plan entworfen, um rechtzeitig auf die gegenseitige Stellung der Häuser, auf die Strassenanlage und den Bau aller jener Objecte Rücksicht nehmen zu können, die durch die pflichtmässige Obsorge für das materielle und geistige Wohl einer so grossen Anzahl von Menschen herzustellen nothwendig erscheint. Es sollen demnach auf dem Plateau in der Nähe der Fabriksgebäude, 60 Fuss über dem Wasserspiegel des Flusses 39 Häuser (14 Häuser zu je 2 Wohnungen, 25 Häuser zu je 4 Wohnungen) mit 128 Wohnungen und 128 Gärten, 1 Haus mit Garten als Wohnstätte für 60 unter weiblicher Beaufsichtigung stehende Mädchen, 1 Schulgebäude sammt Kleinkinder-Bewahr-anstalt mit Wohnungen für das Lehrpersonale und Lehrzimmer, dann Garten, 1 Bad- und Waschhaus nebst Kosthaus und Speisehalle, 1 Invalidenhaus mit Spital und 2 Gärtchen, 1 Wächterhaus, zugleich für die Feuerwehr bestimmt, 1 Consumvereins-Gebäude nebst Hofraum hergestellt werden. Die in einem Hause wohnenden Parteien sind von einander gänzlich getrennt; jede hat ihre besondere Eingangsthür und ihren Garten. Mit Rücksicht auf die wechselnde Mitgliederzahl der einzelnen Familien werden die Wohnungen in verschiedenen Grössen hergestellt. Die Häuser erster Kategorie enthalten je 2 Wohnungen, deren jede aus 2 grossen Zimmern, 1 kleinen Zimmer, 1 Kammer, 1 Küche, 1 unterirdischen gewölbten Keller und 1 Aborte besteht; die Häuser zweiter Kategorie umfassen 2 Wohnungen mit je 2 grossen Zimmern, 1 kleinen Zimmer, 1 Küche, 1 Keller (wie oben) und 1 Aborte; die Häuser dritter Kategorie aber fassen 4 Wohnungen mit je 1 grossen Zimmer, 1 Küche 1 Aborte und Holzlage in sich. Jede Wohnung hat ein Gärtchen mit einer immergrünen Hecke und an eisernen Stäben sich aufrankenden Schlingpflanzen umgeben und mit eigener Eingangs-thür versehen. Die Bearbeitung des Gartens gewährt dem Arbeiter und seiner Familie eine gesunde und angenehme Beschäftigung, und weckt den Sinn für den lohnenden Gemüsebau und die Blumenzucht. Die Fabriksleitung sucht durch Ausschreibung jährlicher Geldprämien an die Besitzer der durch Nettigkeit und Schönheit ausgezeichneten Gärtchen den Sinn für Gartencultur zu heben. Sämmtliche Wohnungen sind sonnenseitig gelegen; jede Küche enthält einen Sparherd und einen Kochkessel, das gute Trinkwasser ist in die Küche geleitet, die Wohnungen — mit Oefen versehen — sind geräumig, hell, und können leicht gelüftet werden; die Wände sind gemalt; Sommer- und Winterfenster, sowie Jalousien fehlen nicht. Die freie Lage der Häuser ist eine sehr gesunde; hierzu kommen noch die bepflanzten Gärten, die breiten — die Colonie durchschneidenden — Strassen, die schattigen Spaziergänge, die Versorgung mit gesundem Trinkwasser und eine strenge Gesundheits- und Reinlichkeitspolizei; für die Reinhaltung der Wohnungen sind ebenfalls jährliche Geldprämien ausgeschrieben, welche durch eine aus fünf Familienvätern der Arbeiter-Colonie gebildete Jury zuerkannt werden. Die Wohnungen können gemiethet, oder auch (d. h. je ein halbes, für sich abgesperrtes Haus) gekauft werden. Um den Ankauf zu erleichtern, werden den Käufern Ratenzahlungen bewilligt, durch welche sie im Verlaufe von 15 Jahren den Kaufpreis abtragen. Der Kostenpreis eines Hauses wurde zu diesem Ende beträchtlich niedriger, als die Baukosten wirklich ausmachen, angesetzt; nämlich mit 3360 fl. für ein Haus erster, 2880 für ein solches zweiter und dritter Kategorie. Die jährliche Miethe für ein halbes Haus (d. i. für eine Wohnung') beträgt bei den Häusern erster Kategorie 84 fl., bei den Häusern zweiter und dritter Kategorie 72 fl., für welchen Preis in der Stadt und ihrer Umgebung keine ähnliche Wohnung zu erhalten ist. Der Kaufpreis für ein halbes Haus zweiter und dritter Classe beträgt sammt Gebühren und Assecuranz für 15 Jahre 1475 fl.; dieser Betrag sammt Verzinsung wird mit einem Eintrittsgeldevon 150 fl. und jährlichen Rate von 120 fl. (monatlich 10 fl.) binnen 14'/^ Jahren bezahlt, wornach es für den Arbeiter vortheilhafter ist, das Haus (die Wohnung) zu kaufen als zu miethen. Gegenwärtig sind bereits acht solche Doppelhäuser errichtet, welche dem Programme vollständig entsprechen, und einen sehr freundlichen Anblick gewähren. Ausser dem Ritter’schen Complex von Fabriken zählt die Grossindustrie nur noch wenige andere Anstalten, wie die Seidenspinnerei (Filanda) des Herrn Lenassi mit 140 Kesseln; die Cremortartaro-Fabrik des Herrn Windspach (vormals Luzzato), die Kerzenfabrik des Herrn Seiller, die Lederfabrik des Herrn Federici (zu Podgora), nebst mehreren Seidenwebereien, Gärbereien etc. Eine besondere Erwähnung verdienen die beiden Fabriken der Herren Tanzi (vormals Sandbüchler) und Matrizza für Erzeugung der candirteli Früchte, zu denen das treffliche Obst von Görz das Ma- terial abgibt, und welche nach allen Ländern Europas, selbst nach Amerika versendet werden. In dem Handelsverkehr von Görz hat seit wenigen Jahren eine völlige Umwälzung stattgefunden. Bis zum Jahre 1866 beschränkte sich derselbe auf die Befriedigung des Consums der Stadt und der Umgegend, und stagnirte in diesen engen Verhältnissen aus Mangel an Gelegenheit sich auszubreiten. Seitdem aber im Jahre 1866 die venezianischen Provinzen aufhörten integrirende Bestandtheile der Monarchie zu bilden, und die Grenzlinie wenig mehr als eine Meile entfernt von der Stadt gezogen wurde, nahm der Handel von Görz einen plötzlichen Aufschwung. Der Verkehrsstrom, welcher von Wien aus früher sich nach Venedig und Verona ergoss, staute nun an den Grenzen zurück, und befruchtete in überraschender Weise die Grenzorte Görz und Cor-mons. Hierzu trat noch in wirksamer Weise die nicht lange nachher in ihrer vollen Ausdehnung bewerkstelligte Eröffnung der Eisenbahn, welche Görz mit Wien und mit Triest sowie mit Italien verbindet, durch welche nicht nur der Transport der Handelsgüter im allgemeinen erhöht und billiger wurde, sondern welche auch gerade in Görz gewisse Handelszweige, wie die Versendung von Obst und Gemüse erst möglich gemacht hat. Dieser wachsende Verkehr erzeugte steigende Wohlhabenheit, welche wieder neue Bedürfnisse schuf, zu deren Befriedigung neue Verkaufsstätten gegründet, oder die älteren ausgedehnt und vervollständigt wurden. Der Unterschied springt auffallend ins Auge, wenn man die Verkaufsläden in ihrem früheren einfachen Zustande mit den prunkenden Auslagen der Verkaufsläden und dem reichen Inhalt ihrer Magazine in der Gegenwart vergleicht. Die Zunahme des Wohlstandes macht sich nach allen Richtungen fühlbar: in dem Bau und der Einrichtung der Häuser, in den Lebensgewohnheiten der mittleren Bevölkerungs-Classen, gleichwie in der Benützung der eigentlichen Handelsanstalten, Dieser zunehmende Verkehr beruht auf der gesunden Basis des reellen Güteraustausches, und wenn er auch von den Folgen der jüngsten Krise nicht gänzlich verschont geblieben ist, so beschränkten sich doch die nachtheiligen Folgen auf einen so engen Kreis, dass der Verkehr dadurch keine bedrohliche Erschütterung zu erleiden hatte. Die Interessen des Handels werden durch die in Görz bestehende Handels- und Gewerbekammer wahlgenommen, welche seit dem Zeitpunkte der Errichtung dieser Verkehrsanstalteu in gedeihlicher Weise zu wirken fortfährt. X. Bodencultur. Die allgemeinen Bodenculturverhältnisse des Landes wurden bereits im ersten Tlieil dieses Werkes1) übersichtlich dargestellt; wir fügen hier derselben eine etwas eingehendere Erörterung dieser Verhältnisse für die nähere Umgebung der Stadt Görz bei. Ein kurzer Ueberblick der Bodenbeschaffenheitund geologi sehen Unterlage möge die Aufzählung der hierauf gedeihenden landwirtschaftlichen Erzeugnisse einleiten. Schweift das Auize östlich über die sanft erhabene bewaldete Hügelreihe von Staragora oder über den Staatswald Panovitz hin, so gewahrt es am äussersten Saum, wo sich die vom Tarnovaner — teilweise dem Birnbaumer — Walde und dem Rarste eingeschlossene Thalmulde, das fruchtbare Wippacher Thal zusammen zieht, in ziemlich deutlichen Contouren die scheinbar isolirte Gebirgsmasse des Nanos: kaum hat man aber einen etwas südlicheren Standpunkt zur Umschau gewählt, so wird man sich leicht überzeugen, dass dieser Gebirgsstock durch die beträchtlich niedrigere Südlehne von Otelza, die von der Ebene aus gesehen eine Art Ueberbrückung und bei Zol eine Einsattlung bildet, mit dem Tarnovaner Walde zusammenhängt. Der westliche flache Theil des Wippacher Thaies wird durch eine anfangs längs der Wippach in westlicher Richtung verlaufende, dann bogenförmig gegen Norden sich wendende Hügelkette in zwei an Grösse und Boden-beschaffenheit ungleiche Ausläufer geschieden; der eine südlich und westlich davon gelegene bei weitem grössere reicht unter steter Verengerung bis Dornberg, wo jene Hügelkette beinahe den Karst berührt, der andere hört mit der Steinhalde bei Cernizza auf und steht nur mittelst der schmalen Wiesenstrecke zwischen Cronberg und dem Panovitzer Walde mit der Görzer Ebene in Verbindung. Der kleine Ausläufer umfasst mit Einschluss des unebenen Weidegrundes bei Schönpass, welcher seiner Vegetation und Bodenart nach der Zone der Sandsteinformation angehört, nicht mehr als eine QMeile Flächenraum; eine beträchtliche Erdschicht (5—6') bildet den fruchtbaren Grund. Doch folgen in der Nähe von Schönpass schon bei 3' Tiefe Sand und Gerölle, theils Bildungen der Gegenwart, theils Ablagerungen aus vorhistorischer Zeit, wo der aus dem Gebirge herabrauschende Bach (Čredni podok) wie noch heutigen Tags, seine verheerende Thätigkeit entwickelte. Dieses Ge- ») S. (»8—93. schiebe älteren Ursprungs (diluvial) erlangt aber in der ganzen Görzer Ebene viel grössere Mächtigkeit und Ausdehnung, da kaum die östlichsten Striche bei St. Peter und bei Ranziano davon frei sind. An den Ufern des Isonzo wird es seiner ganzen Mächtigkeit nach (30—60') bis auf die Unterlage, welche in festen feinkörnigen Sandsteinen besteht, vom tief ausgefurchten Rinnsale des Flusses durchschnitten. Auf dem rechten Isonzoufer ist die Geröllschichte bei weitem nicht so ausgebildet, graue Mergel nebst höher hinanreichenden Sandsteinlagern vertreten hin und wieder deren untere Glieder. Weiter westlich setzt sich der Diluvialschotter, wohl an Mächtigkeit zunehmend, in das friaulische und venezianische Gebiet fort. Die herrschende Formation der bewaldeten Sandsteinhügel ist die eocene, wie die des benachbarten quellenreichen Coglio (der Hügelreihe. welche vom Mittelgebirge abzweigend sich in südwestlicher Richtung am rechten Ufer des Isonzo gegen die Ebene herabzieht), mit seinen wellenförmigen Erhebungen und Thaleinschnitten und den allenthalben hervortretenden wasserführenden Mergeln. Bräunlich gelbe und grobkörnige bröckelige Sandsteine von eigenthümlicher Spaltbarkeit (Absonderung in theils rechtwinklige, theils schiefwinklige Prismen, bald in Gestalt von vierseitigen Tafeln, bald in der von Würfeln,) in welchen sich viele Versteinerungen von Algen finden, wechseln ab mit Mergeln aller Farben. Wo eine noch unverworfene Schicht dieses Sandsteines (Tassello) in horizontaler Lage an’s Tageslicht der Erdoberfläche tritt, erscheint der Boden vermöge der ebenen in geraden Längs- und Querreihen liegenden Quadersteine wie künstlich nach Art eines Trottoirs gepflastert. Der Tassello besteht aus groben Quarzkörnern, die von einem ockerartigen oder thonigen Bindemittel locker zusammengehalten leicht an der Oberfläche verwittern, wodurch sie in Staub zerfallend zur Bildung des Lehmes und des Quarzsandes beitragen, auf welchen die Weinrebe am Doglio und auf den Weinhügeln entlang der Wippach so herrlich gedeiht. Eine ähnliche Art von Zusammensetzung bildet den festen Sandstein, der zu Bauten und zu Mühlsteinen verwendet wird, indem das kalkhaltige Cement dem Venvitterungsprocesse besser widersteht. Hin und wieder tauchen im Bereiche der Sandsteinhügel auch Nummu-liten- und Foraminiferenbänke auf, wie namentlich bei Dornberg. Das Tarnovaner Waldplateau gehört dem oberen Jura (Plassen-kalk) an; westlich davon folgt auf der Seite gegen den Isonzo die Kreideformation, bestehend aus breccienartige Caprotinen einschliessen-den Gesteinen, die angrenzende Abdachung des Monte Santo (21000 und des Valentinsberges, sowie die Vorlagen des Tarnovaner Randgebirges umfassend. Eine Fortsetzung dieser Kreidebildung macht der sogenannte kahle Karst südlich vom Wippachflusse aus. Das eben beschriebene Gebiet umfasst mit seinem Flächeninhalte von ungfähr 5 QMeilen das Wippacher Thal bis Cernizza, die Görzer Landschaft, einen kleinen Theil des küstenländischen (österreichischen) Friauls westlich vom Isonzo mit Einschluss des östlichen Coglio, ferner den Tarnovaner Wald bis an den Tribussabach und die nördliche Fronte des kahlen Kaistes, soweit er an das miteinbezogene Wippacher Thal grenzt. Obwohl die schotterige Eigenschaft des Terrains in der Umgebung von Görz den Erzeugnissen des Bodens nicht geringen Eintrag thut, so ist doch die Gegend reich an Getreide und Wein. In der südlich und westlich von der erwähnten Hügelkette ausgebreiteten flachen Görzer Landschaft, wo die Geröllmassen mehrere Klafter tief die Ebene über-fluthet haben, werden die Feldfrüchte früh reif. Diese dem Lande, wie bald zu erwähnen, zu ausserordentlichem Vortheile (wenn man ihn auszunützen versteht) gereichende Eigenschaft ist nur Folge der sehr dünnen Erdschichte, die den mächtigen Schotter verdeckt, so zwar, dass dem lockeren Boden durch den heissen Sonnenstrahl nicht nur der grösste Theil der Feuchtigkeit schnell entzogen wird, sondern dieser auch die empfangene Wärme viel länger behält, da die zu oberst liegende dünne Erdlage vermöge des isolirenden Schotters nahezu ausser wirksamem Contacte mit den unteren wasserdichten Thon- und Mergelschichten steht. Freilich wird dadurch auch der Boden den verderblichen Folgen andauernder Trockenheit ausgesetzt. Zu dieser gedeihlichen Bodenbeschaffenheit tritt noch die Gunst einer der Cultur besonders förderlichen topographischen Lage hinzu. Das eben bezeichnete Gebiet bildet ein weites Amphitheater, im Norden und Osten durch hohe Gebirge geschützt, gegen Süden geöffnet. Die sanft aufsteigende Ebene wird im weiten Halbkreise westlich, nördlich und östlich von Hügel reihen umgrenzt, welche die von den Bergen lierab-strömende scharfe Luft mildern, während die Abdachung gegen das Meer dem warmen Hauche des Südens den Zutritt gewährt, und die nördliche und östliche Gebirgswand denselben auf dieser Flur festhält. Bedeutende Flüsse, der Isonzo und die Wippach, nebst vielen Bächen und Quellen bewässern das Land, welches von der Eisenbahn durchzogen, von vielen Strassen durchkreuzt, vom Meer umsäumt, dem länder-veiknüpfenden Verkehre offen liegt. Hierdurch wird das Gebiet für den Acker-, Obst-, Wein-, Gemüse- und Seidenbau, sowie für die Bienenzucht in ausgezeichneter Weise geeignet, so dass es bei gehöriger Benützung der von der Natur gebotenen Vortheile mit den cultivirtesten Ländern zu wetteifern vermag. Dabei muss indess auch der Nachtheile gedacht werden, welche der in Folge der Entwaldung des nahen Karstes Kr. v. Czoeinig, die Stadt Cörz. 8 eintretonde zeitweise Mangel an Regen und, namentlich für das Wippacher Thal, der heftige Ostnordostwind, Bora genannt, herbeiführen. Unter den Feld- und Gartenfrüchten sind zuerst die Nährpflanzen zu erwähnen, unter welchen der Mais als die vorzüglichste Nahrung des Landmannes im Flachlande die erste Stelle einnimmt, eben so wie die Kartoffel im Gebirge, neben welchen im zweiten Range die Yitusbohne zu erwähnen ist. Ausserdem werden noch folgende Getreide-arten im Grossen angebaut: Sommer- und Winterweizen, die Cinquina, eine in 50 Tagen reifende Maisart (als zweite Frucht), sechszeilige Gerste, Spelt (seltener und nur im Flachlande), Hafer, Haidekorn, im Gebirgslande auch Roggen und zweizeilige Gerste.') Als Herbstsaat wird die weisse Rübe gebaut. Von Gemüsen, welche hier cultivirt werden, sind besonders zu erwähnen die Spargel, welche in geschützten Lagen oft schon gegen Mitte März geschnitten werden, der frühe und späte Spargelkohl2) (hier Broccoli genannt), wovon ersterer schon Mitte Februar seine Rose gehörig ansbildet, die illyrischen reichtragenden Zuckererbsen, welche oft schon Mitte Mai frisch gegessen werden, der Früh- und Spätkohl und der weisse Kopfkohl, Salata capuzzata (Kopfsalat), Salata romana, die breitblättrige geschlitzte Endivie, Spargelsalat (röthliche und grüne Sorte), die röthliche und breitblättrige römische Cichoiie, wovon besonders die erstere Sorte im Herbste herausgehoben und in Stallungen durch die natürliche Vieh- und Düngerwärme getrieben und auf Märkten gut verwerthet wird, Paradiesäpfel und spanische]' Pfeffer, weisse, rotile, gelbe und orangegelbe Rüben, die amerikanischen frühen und späten Kartoffeln, wovon die ersteren schon gegen Ende Mai auf den Markt gelangen. Auch die italienischen blauen und die griechischen grünen Artischocken gedeihen selbst in ganz offenen Lagen. Andere Nebenproducte sind: Hirse, Kichern, Linsen (um Görz), Platterbsen (Görz), italienisches Borstenkraut (Setaria italica, Görz, Friaul), Saubohnen, Mohrhirse (Sorghum vulgare saccharatum), Lupinen oder Wolfsbohnen (Friaul), Melde (Atriplex hortensis), Kürbisse, die * *) ') Die im Lande gleichfalls erheblich betriebene Reiscultur betrifft die ausserhalb des oben bezeichneten Gebietes gelegenen Gegenden von Monfalcone und Aquileja. Die Pflanzungen des Baron Ritter in Monastero bei Aquileja, sowie namentlich jene des Grafen Leopold v. Strassoldo in Strassoldo sind rühmlich bekannt. *) Der Spargelkohl Brassica asparagoides De Candolle gedeiht zu einer Grösse von ‘ž—Pfund schweren Köpfen (Rosen) und ist wohl zu unterscheiden von dem gewöhnlichen Blumenkohl (Carfiol) Brassica cauliflora De Candolle, welcher in und um Görz wenig gedeiht, sowie von den in Oesterreich fälschlich sogenannten Broccoli Sprossenkohl Brassica pabularia. Eierpflanze (Zucchetti genannt, Solanum melongena, ein sehr feines Gemüse), Gurken, Melonen etc. An Futterkiäutern werden Incarnatklee (Görz und Friaul), Wiesenklee, Luzerner Klee, Trespe (Bromus sterilis, Görz), sowie auch Mais und Hafer (letzterer im Flachlande nur als Futterpflanze) gebaut.1) Zu technischen und ökonomischen Zwecken werden cultiviit: Lein (im Gebirge). Hanf (in Friaul), Züigelbaum (Celtis australis, woraus die Peitschenstöcke verfertigt werden), Weide (Salix alba, die einjährigen Weidenruthen dienen zum Binden der Reben), vor allem aber, behufs der Seidenzucht, der Maulbeerbaum (Morus alba, überall im Flachlande, selbst im Gebirge, im Grossen hauptsächlich in Friaul), Paliurus aculeatus und der herrliche Zierstrauch Hibiscus syriacus, welcher auch zu Bäumen von 6—15 Fuss Höhe gedeiht, werden zu Hecken und Strasseneinfassungen benützt., die gemeine Mohrhirse, Sorghum vulgare, wird zu Bürsten und Besen, der Mäusedorn, Ruscus aculeatus, zu Strassen- und St.allbesen verarbeitet, das Reisstroh zu den feinsten Flechtarbeiten verwendet. Das wichtigste Product des Landes ist der Wein, welcher hier eben so reichlich als in guten Gattungen2) (der aus Trockenbeeren gewonnene rotile Wein, Piccolit genannt, ist auch ausserhalb des Landes gekannt und beliebt) gedeiht. Die Weincultur wird im ganzen Hügel-und Flachlande betrieben. Während sie in letzterer Gebietsabtheilung durch die Krankheit des Oidiums (zeitweise) zurückgegangen ist, wird sie nur um desto schwunghafter im Coglio gepflegt, welche Hügelgegend von der Weinkrankheit nicht betroffen wurde, und welche nunmehr einem (3 Q] Meilen umfassenden) beinahe ununterbrochenen Weingarten gleicht, nachdem man die Getreidefelder (welche geringen Ertrag gewährten) in Weinpflanzungen umgewandelt hat. Auch im Wippacher Thale wird die Weincultur stark betrieben, obwohl das Product weder an Menge noch an Güte jenem des Loglio gleichkömmt. Von den Reben werden vorzugsweise folgende Sorten gepflanzt: Refosco, Barzaminon Corvino, Pignuola, Ribolla (die weich- und die hartschalige), Cividino ’) Auf den alten Wällen von Gradisca gedeiht der Kappernstrauch fruchttragend sehr üppig (er wird schon von Wulfen 1757 in seiner Flora norica daselbst erwähnt); es ist aber nicht der Capparis aculeatus, sondern eine Abart (ohne Stacheln) inermis. 2) ln einer im Beginne des Jahres 1872 zu Görz abgehaltenen Commission zur Prüfung der Gürzer Weine erklärten die bewährtesten aus Wien herbeigekommenen Fachmänner, dass die Görzer Weine ihrer Qualität nach unbedingt den besten Erzeugnissen der Monarchie beigezählt werden müssen, und dass es nur einer grösseren Sorgfalt und Kenntniss in Behandlung der Rebe und der Weinbereitung bedürfe, um den Görzer Weinen in der Handelswelt einen der ersten Plätze zu sichern. S. 1. Theil d. W. S. 81. (die gross- und die kleinbeerige), die weisse und rotile Muscateller und die St. Annarebe. Neben dem Weinstocke (seine Vegetationsgrenze reicht bis 1100') verdient der Oelbauin, sein steter Begleiter in den Weinbergen, Erwähnung; seine Cultur ist aber von keinem grossen Belange, da die strengen Winter diesen edlen Pflanzungen nur zu häufig fühlbar werden, am günstigsten zeigen sich die Sandsteinhügel mit sonniger, gegen Winde geschützter Lage dem Gedeihen des Oelbaumes.1) Von ganz besonderem Belange ist für einen Theil des Landes die Obstbaumzucht, obwohl sie noch lange nicht ihrer vollen Wichtigkeit nach gewürdigt wird. Im Coglio gedeihen die edelsten Obstgattungen der feinsten und schmackhaftesten Art, und um einen vollen Monat früher als in Deutschland. Die Hauptgattungen, welche cultivirt werden, sind Feigen, Kirschen, Pflaumen und Pfirsiche, an welche sich Aprikosen, Kirschpflaumen, Birnen, Aepfel, Wallnüsse und Kastanien reihen. Seltener werden Sorbus domestica, Punica Granatum, Corylus tubulosa, Amygdalus communis (Görz), Morus nigra, Prunus Cerasus, Cydonia vulgaris, Ribes rubrum, R. Grossularia und Mespilus germanica (häufiger wild) cultivirt. Von den einzelnen Sorten sind zu erwähnen: 1. Unter den Aepfeln der edle Borsdorfer, die Reinette von Breda, die graue und rothe Winter-Parmäne; 2. Unter den Birnen2): Dial's Butterbirne, Pero gnocco/ Spina carpi, die Formentini-Birne, Batigono und die Sommer-Muskatbirne ; 3. Pflaumen: die blaue italienische Zwetschke, die weisse und rothe Mirabelle, die französische frühe Reine-Claude, die rothe und gelbe Nektarine; 4. Apiikosen: Pòche Abricot royale und die Ananas-Aprikose; 5. Pfirsiche: Magdalena-Pfirsich, Royale orange, Admirable jaune und der Riesenpfitsich, nebst vielen anderen bastardirten Sorten; * *) ') Die Oelzweige werden zu Ostern zur Weihe in grossen Mengen zu Markte gebracht, und besonders von den Slovenen gekauft. Als Curiosum sei hier die (freilich nicht bedeutende) Gewinnung des Brennfils aus dem reifen Fruchtfleische des Hartriegels (Cornus sanguinea) erwähnt, da wohl kaum irgend anderswo die Beeren dieses Strauches zu solchem Zwecke benützt werden. *) Eine Gattung Winterbirne, welche hauptsächlich aus der Gegend von Canale und Tolmein kömmt, wird gebraten (auch gesotten) von eigenen Verkäufern unter dem Rufe „pettorali caldi“ (da man diese Birne besonders gesund für die Brust hält) vom November an warm in eigens construirten kupfernen geschlossenen Kesseln feilgeboten. 6. Feigen.1) Am besten gedeiht die gelbe Feige, die bläuliche griechische Feige und die Magdalenafeige in ganz offener Lage, während die lange und die grüne gedrückte Smyrnafeige, die neapolitanische Lazzaronifeige und die rothe und schwarze italienische Feige auch in halbgeschützter Lage fortkommen; 7. Mandeln: die weichkernige französische und die harte istrianische Sorte; 8. Kastanien: vorzüglich wird die edelste sogenannte Marronisorte cultivirt und in grosser Menge versendet. Doch wächst die Kastanie auch wild und bildet selbst Waldbestände. Die Bliithezeit der Obstbäume tritt gewöhnlich mit oder kurz vor dem April ein, doch entwickeln die Pfirsich- und Aprikosenbäume ihre Blüthen schon im März, während der Mandelbaum meist schon im Februar, zuweilen selbst im Jänner zur Blüthe gelangt. Die Reifezeit des Obstes wechselt nach Verschiedenheit der Gattungen. Sie beginnt schon in den ersten Tagen des Mai mit den Reifenberger Kirschen und den weissen und rothen Johannisbeeren und dauert bis zum November. Die Bliithenfeigen fangen mit der gelben Sorte schon mit Beginn des Juni an, die Traubensorten um den 20. Juli mit den St. Anna- und den Muskatellertrauben. Noch sei hier der Bienenzucht gedacht, welche in der Umgebung von Görz durchgehends in Lagerstöcken, deren Anzahl sich etwa auf 3000 beläuft, betrieben wird, während bei den dafür sehr günstigen Boden- und climatischen Verhältnissen eine wenigstens sechsfache Anzahl derselben gedeihen könnte. Eine ausgezeichnete Art der hiesigen Lagerstöcke ist die mit beweglichem Fladenbau von besonderer Construction (eine Erfindung des Bienenzüchters Herrn Pauletic, Director des hiesigen Taubstummeninstitutes), welche sehr viele Vortheile darbietet und bei ihrer Zweckmässigkeit und dem verhältniss-mässig sehr geringen Preise (!)5 Kreuzer für den Stock) ganz besonders geeignet ist. diesen wichtigen Zweig der Landwirthschaft zu fördern und die Bienenzucht zu verbreiten. Die Aufzählung der in diesem Bezirke gedeihenden landwirth-sehaftlichen Erzeugnisse und die Angabe der Zeit ihrer Reife führt von selbst auf die Erwägung, wie sehr die Natur und die geographische Lage dieses Gebiet zu einem diesen Verhältnissen entsprechenden thä-tigeren Wirthschaftsbetriebe, der sicheren Quelle künftiger Wohlhaben- *) *) Sehr viel Obst wird in den zwei grossen Conserven-Fabriken verzuckert und candirt, unter dem Namen „Görzer Obst“ en gros exportirt. Eben so vieles von den Landleuten an der Sonne gedörrtes Obst von vortrefflicher Beschaffenheit, besonders Feigen und Kirschen. heit geeignet machen. Es sei erlaubt, zur Begründung dieser Ansicht hier den Auszug aus einem Vorträg beizufügen, welchen der Verf. im Jahre 1867 in Görz anlässlich der Bildung einer Gesellschaft zur Förderung der Landeskunde gehalten hat. „Görz vereiniget in seinem massigen Umfange die drei Cultur-zonen von Europa, Alpenwirthschaft im Gebirge, Wein- und Obst-cultur sowie Seidenzucht im Hügellande, Getreide und Reisbau, Weinbau und Seidenzucht im Tieflande. Weinbau und Seidenzucht gewähren den Hauptertrag. In den letzten Jahren haben jedoch die Krankheiten der Seidenwürmer und der Rebe diese vorzüglichste Hilfsquelle des Landes nahezu versiechen gemacht, oder bezüglich des Weins auf einzelne Bezirke beschränkt. Unter solchen Umständen pflegt ein rationeller Landwirth sich wo thunlich nach neuen Culturarten umzusehen, um in diesen einen wenigstens theilweisen Ersatz für den entgangenen Ertrag seiner bisherigen Bewirthschaftung zu finden. Obgleich nun Seide, Wein und Getreide wohl für immer die Haupterzeugnisse des Landes bleiben dürften, so gewährt doch der fruchtbare Boden des Landes und seine geographische Lage die Möglichkeit, einen neuen höchst gewinnreichen Culturzweig einzuführen und den wirthschaftlichen Zustand des Landes zu verbessern. Man braucht nur zu wollen und mit Ausdauer, Energie und Verständniss die günstige Combination zu benützen. Die Gemüse gedeihen hier, wie das Obst, in üppiger Fülle und werden mit geringen Kosten cultivirt, wie der köstliche Spargel, die süssen, grünen Erbsen, der schmackhafte Spargelkohl etc.; noch andere feine Gemüse, welche selbst in Deutschland gezogen werden, würden hier ebenfalls mit Vortheil angebaut werden können. Bisher wird aber dieser Cultur wenig Beachtung geschenkt, und sie bildet lediglich eine Nebenbeschäftigung der ärmeren Classe der Landbauer, welche dieselbe nicht rationell und nicht in ausgedehnterem Maasse betreiben können. Und doch gewährt die Gemiisecultur, rationell betrieben und mit der Verwendung des erforderlichen Düngers den höchstmöglichen Ertrag selbst kleiner Grundstücke, wie dieses die Umgebungen von Frankfurt a. M., von Nürnberg und Erfurt darthun, von wo die Gemüse im weitesten Umkreise versendet werden und wo sich der Werth der Grundstücke auf mehrere tausend Gulden für das Joch erhöht und die höchste Bodenrente daraus erzielt wird. Wenn nun gleich der Mangel grosser Städte (mit Ausnahme von Triest) in der Nachbarschaft von Görz einem solchen rapiden Aufschwünge entgegensteht, so ergibt sich doch wieder ein anderer Umstand, welcher geeignet ist, diesen Uebelstand theil— weise auszugleichen, ja mit der Zeit ganz zu beheben. Die Haupt-und Residenzstadt Wien bildet einen ungeheure Krater der Consumtion, welche zu befriedigen die nahe und fernere Umgebung nicht ausreicht, wesshalb die fortwährende Aufmerksamkeit der Gemeindevertretung darauf gerichtet ist, den Bezug von Lebensmitteln auch aus weiterer Ferne möglichst zu erleichtern, zu welchem Ende erst kürzlich die Markthalle errichtet wurde, deren Wirksamkeit in nächster Zukunft durch die Errichtung von Detailhallen noch viel mehr ausgedehnt werden wird. Würde auch die gesammte mögliche Production von Görz an Lebensmitteln, namentlich an Gemüse, Obst, Trauben und Geflügel dahin geleitet, so würde sie in diesem Krater verschwinden und bald aufgezehrt werden. Es bleibt nur noch die Kostenfrage übrig, ob es den hiesigen Landwirthen möglich sein wird, ihre Erzeugnisse mit Rücksicht auf die Productionskosten und die Eisenbahnfracht dorthin mit Gewinn abzusetzen. Gerade hier tritt die südliche Lage des Landes und die Beschleunigung der Communieation mit der Hauptstadt durch die Eisenbahn wohlthätig in’s Mittel. In Görz gedeihen die Gemüse das ganze Jahr hindurch, oder reifen doch eben so wie die Kartoffel, das Obst und die Trauben vier bis sechs Wochen früher als in den nördlicher gelegenen Ländern. Wenn man nun bedenkt, wie die Erstlinge dieser Erzeugnisse in der reichen Hauptstadt mit Begierde gesucht und mit dem vier- bis fünffachen des gewöhnlichen Preises, oft auch noch höher bezahlt werden — ein Beweis davon, dass die frühreifen Gemüse selbst von Algier ihren Weg bis nach Wien finden und dort abgesetzt werden — so lässt sich daraus ermessen, welchen Vortheil die hiesigen Landwirthe davon ziehen könnten, wenn sie ihre derartigen Erzeugnisse in guter Qualität und reicher Auswahl auf den Wiener Markt zu einer Zeit brächten, in welcher sie aus der Umgebung der Hauptstadt noch keine Concurrenz zu fürchten haben. Es fehlt nicht an Beispielen, die diese Aussicht als vollkommen begründet darstellen. Paris dehnt seinen Rayon für den Bezug der Bodenerzeugnisse zu seinem Verbrauche über ganz Frankreich Dank der trefflichen Eisenbahnverbindung — aus, namentlich über Südfrankreich. Ich will hier nur zwei der anscheinend minder bedeutenderen Bodenerzeugnisse erwähnen. In der Dauphinée besteht eine Gemeinde, welche nach Herstellung der Eisenbahn ihre frühreifenden Kirschen nach Paris sendete und diesen Verkehr alsbald derart ausdehnte, dass der ganze Gemeindebezirk in einen grossen Garten verwandelt wurde und die Gemeinde, früher eine der ärmsten, rasch zu der wohlhabendsten Gemeinde der gesammten Umgebung sich emporhob. An der Südküste von Frankreich werden ausgedehnte Strecken (bei Cannes, Toulon und auf den hyerischen Inseln) bloss mit Blumen für die Pariser Parfümeurs bepflanzt und die Blüthen in unglaublicher Menge dorthin versendet (nach einer jüngst von den Journalen veröffentlichten Notiz gehen jährlich an 1,250.000 Kilogramme Orangenblüthen, 750.000 Kilogr. Jasmin- blüthen, 500.000 Kilogr. Veilchenblüthen, nebst vielen anderen Blüthen-gattungen dahin ab). Wenn nun gleich diese grossartigen Verhältnisse nicht für unsere bescheideneren Zustände den Massstab abgeben, so fehlt es doch auch nicht an solchen in nächster Nähe. Ich hatte im vorigen Frühjahre (1866) Gelegenheit, wahrzunehmen, wie vom Bahnhofe zu Verona ganze Waggonladungen mit Gemüse und Blumen nach Wien abgesendet wurden. Was von Verona aus convenute, dürfte wohl auch umsomehr bei der etwa um 50 Meilen geringeren Distanz von hier nach Wien Rechnung tragen. Die Culturkosten sind, wie erwähnt, sehr gering, der hierdurch anderen Culturen entzogene Flächenraum ist von keiner Bedeutung, die Eisenbahnfracht, gegenwärtig noch ziemlich hoch, dürfte, wenn eine Versendung in grösseren Mengen (oder eine Concurrenz) in Aussicht stände, gewiss eine Ermässigung erleiden, und die bisher jedem Aufschwünge hinderlichen Kosten des Zwischenhandels durch die Einsendung in die Markthalle (oder noch passender durch die Errichtung eigener Niederlagen) gänzlich entfallen. Dazu ist aber erforderlich, dass diese Cultur von den grösseren Grundbesitzern in die Hand genommen oder doch gefördert werde, und dass ein rationeller Betrieb stattfinde. Wenn nun im Laufe der Zeit die Cultur noch auf andere feine bisher nicht gepflegte Gemüsegattungen ausgedehnt, auf feinere Obstsorten und auf die Pflanzung von Rebeneattungen, welche vorzügliche Tafeltrauben liefern, Bedacht genommen würde, so möchte sich dadurch ein lebhafter Verkehr mit der Hauptstadt bilden, welcher den hiesigen Grundbesitzern einen regelmässigen und reichen Zufluss an Geld gewährte, das sie mit Vortheil für ihre übrigen Culturen verwenden, oder worin sie einen theilweisen Ersatz für anderweitigen Ent-gang an Gewinn finden würden.“ Seitdem sind sechs Jahre vergangen, in welcher Zwischenzeit sich bereits eine Wendung zum Besseren wesentlich bemerklich gemacht hat, wenn gleich die erreichbaren Ziele noch in der Ferne liegen. Obwohl der Gemüsebau und die Traubencultur nur erst in einfacher Weise von den Colonen betrieben wird, und wenige intelligentere Grundbesitzer (unter welchen insbesondere Herr v. Baron io in Görz zu erwähnen ist) sich mit dem erstgenannten landwirtschaftlichen Zweige befassen, so hat doch die Versendung von frühreifem Gemüse, namentlich aber von Obst und von Trauben nach Wien schon einen nicht unbeträchtlichen Umfang gewonnen.1) Den meisten Antheil daran nehmen die *) *) Den meisten Aufschwung hat die Versendung frischer Kirschen, die hier als besonders schmackhaft gedeihen, genommen-, die Gemeinde Domberg allein nimmt jährlich HO 70.000 fl. für frische Kirschen ein, und eine einzige Firma in Colonen des Coglio, in welcher Gegend das Obst und die Trauben ganz vorzüglich gedeihen, doch macht sich auch unter den Besitzern in der Ebene und im Wippachthaie der Wetteifer bemerkbar. Insbesondere ist es die der Stadt Görz zunächst liegende Gemeinde St. Andrea, in welcher die Spargelcultur, deren Erzeugnisse in die Ferne versendet werden, im Grossen betrieben wird.1) Noch liegt dieser Verkehr zumeist in den Händen der Zwischenhändler, welche alljährlich im Beginn des Sommers zahlreich in und um Görz anlangen, hier ihre Ankäufe machen und deren Ergebniss nach Wien versenden. Wenn aber die Pflege der Landwirthschaft in diesen Bezirken durch den Einfluss der Intelligenz und wissenschaftlichen Unterrichtes auf eine höhere Stufe gehoben sein wird — und wenn nicht alle Anzeichen trügen, so dürfte dieses in der nächsten Zukunft erfolgen — dann wird auch die Cnltur der für den Handel nach auswärts bestimmten frühreifen Erzeugnisse umfassender und rationell betrieben, und deren Absatz in den Emporien (wozu nicht nur Wien, sondern auch Pest, Leipzig und Dresden zu rechnen sind) in der für die Producenten vortheilliaftesten Weise geregelt werden. Voraussichtlich dürfte sich am lohnendsten der Anbau und die Versendung der feinen Gemüse, namentlich Spargel (um Görz), der süssen grünen Erbsen (am Coglio), des Spargelkohl’s2) (um Görz), besonders aber auch der frühreifen Kartoffeln darstellen. Nicht minder *) Görz versendet deren jährlich 12.000 Körbe bloss nach Warschau. Im J. 1871 gelangten auf den Eisenbahnstationen des Landes ungefähr 100.000 Centner Obst und Gemüse im durchschnittlichen Gesammtwerthe von 1.200.000 fl. zur Versendung. ') Nicht ohne Interesse ist die Veranlassung der Aufnahme dieser Cultur in der gedachten Gemeinde, weil sie die Grundhältigkeit der obigen Auseinandersetzung in ein helles Licht stellt. Da der Boden von St. Andrea für die Spargelcultur besonders geeignet ist, so wurde dieselbe bereits früher daselbst im Kleinen betrieben. Da ergab es sich, dass ein Bekrut aus jener Gegend sich bei einem in Wien gar-nisonirenden Regimente befand und dort Gelegenheit hatte, die hohen Preise, welche man für den ersten Spargel zahlte, kennen zu lernen. Bei seiner Rückkehr in die Ilcimath machte er seine Landsleute darauf aufmerksam, welche sich dadurch angetrieben fühlten, die Spargelcultur bedeutend auszudehnen, und deren Erzeugnis nach Wien und Triest zu versenden. Die Spargelcultur wird übrigens schon seit längerer Zeit mit dem besten Erfolge in dem (liier ausser Betracht bleibenden) Gebiete von Monfalcone betrieben, welches mit seinen Erzeugnissen den Markt von Triest versieht. *) Der Spargelkohl ist in Wien fast noch gar nicht bekannt, und daher wenig geschätzt, Man hält ihn für eine geringere Abart von Carfiol, während er doch diesem gegenüber manche Vorzüge hat, z. B. dass seine Reife beginnt, wenn jene des Carflols aufhört, dass er den ganzen Winter dauert und auf freiem Felde fortkömmt, dass nicht nur die Rose (der Rose), sondern auch seine grünen Blätter sehr schmackhaft sind. Zu allem dem kömmt noch seine grosse Wohlfeilheit, so dass zu erwarten steht, es werde sich dafür ein Markt in Wien bereiten. einträglich wird die Versendung süsser frühreifer Trauben und der verschiedenen Obstgattungen (namentlich wenn feinere Gattungen der Pfirsiche, Pflaumen, Aepfel und Birnen, welchen das Clima sehr zuträglich wäre, gezogen werden). Endlich wäre die Aufmerksamkeit auch auf die Zucht der hier so vorzüglich gedeihenden welschen Hühner (Indians) zu richten, welche in der Residenz in hohem Preise stehen und sehr gesucht werden, während deren Mästung hier nur wenig Kosten und nicht allzu viel Mühe verursacht und sie daher sehr billig verkauft werden. Wir fügen zum Schlüsse die Ergebnisse der Catastralvermessung und der Schätzung des Reinerträgnisses der die Ortsgemeinde Görz bildenden fünf Catastralgemeinden Görz. Grafenberg, Prestau, Rosenthal und Staragora bei. Diesen gemäss ergeben sich: Aecker 58 Joch mit 429 fl. Reinertrag Aecker und Weinreben 1221 V r> 14.623 r> r> Weingärten und Ronchi 314 V V 2850 r> r» Gärten 57 V V 1392 n n Wiesen 357 V V 2792 n n Weiden 102 n V 346 r> r> Weiden mit Holznutzen 13 V V 21 n r> Sümpfe 2 r> V) 6 n V Hochwald 688 r> r> 2920 n v Niederwald 992 n n 2176 V r> Summa . . 3804 Joch mit 27.555 fl. Reinertrag Hierzu kommen: Bauarea 79 n Unproductiv 196 V Zusammen 4079 Joch. Die Aecker finden sich vorzugsweise in den Catastralgemeinden Grafenberg (26 Joch) und Görz (22 J.), die Aecker mit Weinreben in Görz (580 J.) und Grafenberg (355 J.), die Weingärten und Ronchi in Prestau (127 J.) und Staragora (104 J.), die Gärten in Görz (48 J.), die Wiesen in Staragora (142 J.) und Rosenthal (141 J.), die Weiden in Grafenberg (68 J.), der nur l'/2 Joch ausmachende Sumpf in Staragora, der Hochwald (683 J. der Panovitzer Wald) in Rosenthal, der Niederwald in Staragora (895 J.), die Bauarea in Görz (67 J.), das ertraglose Land in Grafenberg (74 J.) und in Görz (60 J.) meist aus den Flussläufen und Strassen bestehend. Das Reinerträgniss entfiel weit mehr als die Hälfte auf die Aecker mit Weinreben (14.663 11.). XI. Pflanzenkunde. Phänologie. Das Interesse an den Naturwissenschaften, namentlich an der Botanik, ist gegenwärtig in der Art verbreitet, dass eine Monographie eine Lücke in ihrer Darstellung lassen würde, wenn sie nicht einige Notizen über die Pflanzenkunde aufnähme. Da sich ferner unter den Curgästen so manche Pflanzenliebhaber befinden dürften, und da die Vegetation in dem Gebiete von Görz durch dessen physikalische Verhältnisse ganz besonders begünstigt wird, so scheint es angemessen, hier einen Artikel über Pflanzenkunde und Phänologie insbesondere einzuflechten. Aus den Aufzeichnungen des Görzer Botanikers Herrn Franz Kraš an1) entnehmen wir die folgenden aus dem Erfahrungsschätze des ersten Kenners der küstenländischen Pflanzenkunde, Herrn Ritter von Tomasini bereicherten Andeutungen über die Flora der Umgebung von Görz. Wir beschränken uns dabei auf die Notizen über solche Pflanzen, welche durch ihr massenhaftes Auftreten den Charakter der Gegend bilden, oder welche als Culturpflanzen für die wirthschaft-liclien Verhältnisse der Bewohner von Wichtigkeit sind, woran sich einige Notizen über die geographische Vertheilung und geologische Bodenunterlage der Pflanzen, endlich über die phänologischen Beobachtungen zur Entwicklung der Reihenfolge in der Blüthezeit der Pflanzen reihen. Das hier als Umgebung von Görz behandelte Gebiet umfasst mit einem Flächeninhalte von etwa 7 QjMeilen in einem Umkreise von 9y2 geogr. Meilen das Wippacher Thal bis Cernizza, die Görzer Landschaft (in engerer Bedeutung), einen kleinen Theil des österreichischen Friauls westlich vom Isonzo mit Einschluss des östlichen Coglio, ferner die südlichen Abhänge des Tarnovaner Plateau’s. ’) S. dessen Beiträge zur Flora der Umgebung von Görz in der österr. botanischen Zeitschrift 1863 November und December, und 1865 April, ferner Studien über die periodischen Lehenserscheinungen der Pflanzen, im Anschlüsse an die Flora von Görz in derselben Zeitschrift Jahrgang IHTO; dann dessen: „Pflanzcnphänolo-gische Beobachtungen für Görz“ in dem 18. Jahresberichte des k. k. Ober-Gymnasiums in Görz (1868), ferner dessen Studien über die periodischen Lebenserscheinungen der Pflanzen im Anschlüsse an die Flora von Görz in den Verhandlungen der k. k. zool. bot. Gesellschaft in Wien, Jahrg. 1870, welche Aufzeichnungen durch gefällige directe Mittheilungen an den Verfasser vervollständigt wurden. Charakteristischer Waldbaum ist für den Vegetationsgürte] von 370'—1200' die Stieleiche (Quercus pubescens), für die höheren Regionen die Buche. Ein grosser Theil der Bodenfläche ist der Cultur der Rebe gewidmet, meistens wird sie nach italienischer Art in Pergole (Lauben) oder in Guirlanden gezogen, welche sich von Baum zu Baum ranken; seltener (und nur noch versuchsweise) nach deutscher Art, nach welcher nur einjährige Triebe, an Stäben gezogen, zur Fruchtbildung gelangen. Die Cultur des Weinstockes steigt bis zu 1000' Seehöhe. An Sandsteinhügeln in sonniger gegen den Wind geschützter Lage gedeiht der Oelbaum vorzüglich; doch wird er auch in anderen Lagen, besonders in den Weinbergen, mit Erfolg cultivirt. Das Land ist reich an Feigen (welche auch überall wild Vorkommen), Kirschen, Pflaumen und Pfirsichen; ziemlich zahlreich finden sich Aprikosen, Kirschpflaumen, Birnen, Wallnüsse und Kastanien (diese bis 1200' über dem Meere), minder häufig die Apfelbäume. Nur sporadisch kommen vor die Eberesche, Granate, türkische Haselnuss, Mandel, schwarze Maulbeere. Quitte, Johannis- und Stachelbeere, und die Mispel, welche letztere häufig wild wächst; der Lorbeerbaum (Laurus nobilis), die Cypresse und die Pinie.1) Die Nähr- sowie die Futterpflanzen und die Pflanzen zu technischem und öconoinischen Gebrauche wurden bereits in dem vorhergehenden Abschnitte über Bodencultur aufgeführt. Der geographischen Lage und geologischen Bodenunterlage sowie den bedeutenden Höhenunterschieden entsprechend, besitzt die Vegetation der Umgegend von Görz einen verschiedenartigen Charakter. Die über 2000' hohen Bergrücken nördlich und nordöstlich von Görz beherbergen eine Gebirgsflora, welche theils mit jener des ganzen Alpenzuges übereinstimmt, theils ein Glied der Flora der Süd kalkalpen bildet, mit Einschluss mehrerer dem julischen Gebirgssysteme vorzüglich angehörenden Arten. Die bezeichnenderen Arten, welche einen Theil der Alpenflora ausmachen und in dem angegebenen Horizonte von Görz Vorkommen, sind: Rhododendron hirsutum, Leontopodium alpinuni, Rubus saxatilis, Euphrosia salisburgensis, Atragene alpina, BellidiastrumMiehelli, Coronilla vaginalis, Betonica Alopecurus, Kerneria saxatilis, Primula Auricula, Adenostyles alpina, Valeriana tripteris und saxatilis, Rhinantus alpinus, Erigeron glabratum, Orchis globosa, Hieracium villosum, Den- ’) Die Cypresse (Cupressus sempervivens) kömmt in Riesenstäminen von 72 Fuss und höher in und um Görz sehr häufig vor. Interessant ist ein kleiner Wald von sehr alten hochstämmigen Pinien (Pinus Pinea L.) bei Belvedere (nächst Aquileja) am Meere. tana, digitata. Cardamine trifolia, Doronicum austriacum, Silium bulbi-ferum, Veronica fruticulosa, Arabis alpina, Rosa rubifolia und alpina, Campanula caespitosa, Gentiania lutea, asclepiadea, utrieulosa, acaulis und obtusifolia, Calamintha alpina, Saxifraga rotundifolia, Sedum hispa-nicum, Centaurea axillaris, Pitasites niveus, Lonicera alpigena, Luzula flavescens, Ribes alpinum, Hierapium porrifolium, Laserpitium Siler und latifolium, Cotoneaster tormentosus, Rhamnus alpina, Salix glabra und grandifolia. Cineraria alpestris, Lunaria rediviva, Erysimum helveticum, Cirsium Erisitales, Potentilla caulescens, Ranunculus aconitifolius und montanus, Aconitum Lycoctonum. Die Flora der Südkalk alpen ist in den Gebirgen dieses Gebietes vertreten durch Saxifraga cuneifolia, Hostii und crustata, Mo-lopospermum cicutarium. Campanula spicata, Phyteuma Scheuchzeri, Diantlius sylvestris. Cytisus alpinus, Carduus crassifolius, Centaurea alpina, Achillea tanacetifolia, Cerastium lanigerum, Hladnikia pastinaci-folia, Athamanta Mattinoli, Ferulago galbanifera, Peucedanum Schottii und venetum, Lonicera etnisca, Galium purpureum, aristatum und lucidum, Scabiosa gramuntia, Inula squarrosa, Artemisia camphorata, Cirsium pannonicum, Centaurea rupestris und cristata, Micropus erectus, Leontodon saxatilis, Tragopogon Toinasinii, Galasia villosa, Lactuca perennis, Crepa chondrilloides. llieracium praecox, australe und illyri— cum, Campanula pyramidalis, Cynanchum laxum, Convolvulus cantabrica, Cuscuta Epithymum, Onosma stellulatum und montanum, Verbascum Chaexi, Euphrosia lutea, Satureja montana und il lyrica, Calamintha Nepeta und thymifolia (Rehb.), Melissa officinalis, Melittis Melisso-phyllum, Stachys fi agilis, Teucrium flavum und Montanum, Globularia, vulgaris und cordifolia, Piimula suaveolens, Cyclamen europaeum, Plantago Victorialis und carinata, Thesium divaricatum, Osyris alba, Euphorbia Gerardiana, Ficus Carica (wildwachsend), Quercus pubescens, Ostrya vulgaris, Celtis aust.alis, Orchis fi agi ans, Serapias longipetala, Epipactis latifolia, Batro rubens, Iris pallida und graminea, Narcissus poeticus, Asparagus tenuifolius, Convallaria Polygonatum, Asphodelus albus, Ornithogalum collinum, Allium saxatile und ochroleucum, Anthelicum ramosum, Muscari botryoides, Veratrum nigrum, Carex humilis, Michelii montana und gynobasis, Molinia serotina, Stipa pennata (selten), Calamogrostis speciosa, Piptatherum paradoxum, Psillurus nardoides und Asperula taurina. Der Karstflora, die einen viel südlicheren Typus hat, und zum Theile (wie Paliurus aculeatus, Bupleurum aristatum u. a. m.) schon in die mittelländische Flora übergeht, gehören an: Diantlius monspessulanus, Gentiana aestiva, Thlaspi praecox, Iberis linifolia und umbellata, Dian-tlsus liburnicus, Silene italica, Linum narbouense, Paeonia peregrina, Ruta divaricata, Staphylea pinnata, Paliurus aculeatus, Rhamnus rupestri, Pistoxia Terebinthus, Cytisus holopetalus und argenteus, Genista sericea und diffusa . Coronilla Emerus, Medicago mostrata, Astragalus vesicarius, Lathyrus latifolius, Potentilla cinerea, Eryngium amethystinum. Trinia vulgaris, Bupleurum junceum, aristatum und baldensp, Seseli Gouani, Coridium apioides, Cnidium. Ebenso sind folgende, auf flachem Lande theils im Kalk- theils im Sandsteinboden vorkommende Arten nicht nur nicht jenseits der Alpen anzutreffen, sondern gehen nur bis zur Parallele von Görz und dringen höchstens in den warmen Thälern von Südtirol und Wallis etwas nördlicher vor: Ruscus aculeatus, Asparagus acutifolius, Clematis Viti cella, Crepis cernua, Arum italicum, Orchis rubra, Gladiolus illyri— cus, Probus variegatus, Vicia grandiflora und bithynica, Amaranthus prostratus, Linum gallicum, Cerastium sylvatieum, Potentilla australis, Satureja hortensis, Aristolochia pallida und rotunda, Lathyrus sphaericus und Psillurus nardoides. Beachtenswerth bleibt die Thatsache, dass stellenweise Alpen- und Voralpenpflanzen fast bis in die Ebene von Görz herabsteigen. So findet man auf dm' kaum 700' hohen Hügelterrasse beiSalcano: Saxifraga crustata, Dictamnus fraxinelloides, Daphne alpina, Primula Auricula, Herminium Monorchis, Crepis incarnata, Gentiana utriculosa und aestiva in unmittelbarer Nachbarschaft mit Lonicera etnisca, Rhamnus rupestris, Iberis linifolia, Thlaspi praecox, Plantago Victorilais, Galasia villosa, Leontodon saxatilis etc. Andererseits steigen am steilen Süd-abhange des Tarnovaner Gebirges Linaria littoralis (dieselbe, welche am Meeresstrande von Monfalcone bis Pola vorkömmt), Teucrium flavum und Crepis chondrilloides bis 1500—2000', während kaum 1400' höher Leontopodium alpinum, Rhododendron hirsutum und Rhodothamnus Chamaecistus den Beobachter überraschen, sobald er das waldige Plateau des Berges erreicht hat. Auch wurden schon Rhodothamnus Chamae-cystus und Paeonia peregrina auf dem Bergrücken östlich von Tamova beisammen angetroffen. Noch viel bemerkenswerther erscheint die grosse Menge von Alpen- und Voralpenpflanzen an den Ufern des Isonzo bei Görz in Mitten des schönen milden Cliina's, in welchem Oelbäume, Granatäpfel- und Feigenbäume fast so gut gedeihen, wie an den Küsten des adriatischen Meeres. Es finden sich nämlich daselbst vor: Linaria alpina (zeitweise im Kies des Flusses), Arabis alpina (selten), Belli— diastrum Michelii, Pinguicula alpina, Valeriana tripteris (selten), Dentaria enneaphyllos, Campanula carnica und caespitosa, Paederota Ageria, Erigeron glabratus, Leontodon incanus, Hieracium porrifoliuin, Rumex scutatus, Tofjeldia caliculata, Astrant.a carniolica, Ostiga earpinifolia, Avena argentea, Potentina caulescens, Alnus incana, Veronica certicae-folia, Allium fallax, Aethionema saxatile, Biscutella laevigata, Gentiana cruciata, Polygala Chamaebuxus (selten), Selaginella Helvetica, Scolo-pendron Officinarum und Chaerophyllum Villarsii. Ausserdem werden hier noch beobachtet: Viola mirabilis, Scabiosa graminifolia, Cytisus purpureus und hirsutus, Tommasinia verticillata, Geranium nodosum, Epimedium alpinum, Spiraea Ulmaria und ulmifolia, Omphalodes verna, Crepis paludosa (selten), Cardamine sylvatica, Magnetia Epipactis, Dentaria bulbifera, Orchis militaris, maculata und mascula, Cirsium oleraceum, Ophris arachnites, Cliondrilla prenanthoides, Ilieracium pilo— selloides, Leontodon Berinii, Carex Davalliana, Schoenus nigricans, ferrugineus und Blumus compressus etc. Pflanzen, von denen die meisten in der Umgebung nicht Vorkommen. Die Flora beider Isonzoufer1) in der Nähe von Görz ist äusserst mannigfaltig; es finden sich nämlich auf einem Flächenraum von kaum *) *) Es ist dieses kleine Gebiet wohl die merkwürdigste und interessanteste Stritte des Pflanzenlebens in dem ganzen Lande. Sobald der Isonzo sein enges Ge-birgsthal bei Salcano verbisst, erweitert sich sein Bett, die Uferwände rücken beiderseits um mehr als 20° auseinander. Diesen ganzen Zwischenraum bedecken junge Alluvionen von Kalkschotter und grossen Geschieben, welche jenen des Diluvialgerölles in der Umgebung vollkommen gleich sind. Der Isonzo durchbricht den Schotter bis auf den Grund, die 30 bis 60' hohen, mannigfach unterwühlten und eingestürzten Uferwände legen dessen ganze Mächtigkeit an den Tag. Je tiefer desto fester hängen die einzelnen Geschiebe mittelst eines Kalkcementes zusammen, bis sie nach unten zu in ganz festes Conglomerat übergehen. Die Flussufer bieten an manchen Stellen ein eigentümliches Bild der Zerstörung dar: es sind gewaltige hoch auf-gethürmte Massen von Conglomerat, die sich von den Uferwänden losgelöst haben und in den Fluss einwärts gestürzt sind, wo sie teilweise zertrümmert den mergeligen vom Flusse ausgewaschenen Grund mit ihrem aufgelockerten Materiale bedecken. Sie liegen auf das mannigfaltigste verschoben auf und nebeneinander, manche stehen mitten in der heftigsten Strömung, andere sind den Uferwänden vorgelagert, und heben so deren Steilheit auf. Auf diese Art entsteht eine grosse Abwechslung in den Bodenverhältnissen; der Gegensatz von Licht und Schatten tritt überall scharf hervor. Eben so bedingt die grössere oder geringere Annäherung an den dichten Ufergrund eine grosse Verschiedenheit der F’euchtigkeitsverhält-nisse. Bei solcher Mannigfaltigkeit jener Bedingungen, von denen nicht nur die Ueppigkeit der Vegetation, sondern auch der Artenreichthum einer Flora abhängt, darf es uns nicht wundern, wenn das kleine Isonzotlial bei Görz mehr Pflanzenarten (Gefässpflanzen) auf kaum ‘/mo □Meile beherbergt, als der ganze nahe an 2 □Meilen umfassende Tarnovaner Wald, während selbst der benachbarte Bezirk des Diluvialgerölles östlich vom Isonzo auf % □Meile nur 859 Arten und der benachbarte Bezirk des Tertiärbodens östlich vom Isonzo ebenfalls auf % □Meile nur 473 Arten Gefässpflanzen aufzuweisen hat. Eine umständlichere Aufzählung der an den lsonzoufern vorkommenden Pflanzenarten liefern die Beiträge zur Flora der O'Ol LjM. (100 Joch) nach einer sorgfältigen Zählung gegen 570 Arten Gefässpflanzen (während die Zahl aller bisher in dem hier behandelten Gebiete aufgefundenen Arten von Gefässpflanzen gegen 1100 beträgt), was sich theils durch die nie mangelnde Feuchtigkeit der Luft und des Bodens, theils durch die (wenigstens für gewisse Arten unbestreitbare) Zufuhr der Samen durch den Fluss erklärt. (Wie sehr eine solche feuchte und frische Luft auf die Linderung der Sommerhitze in der nahe gelegenen Stadt beitragen müsse, leuchtet von selbst ein). Es ist daher nicht zu wundern, wenn sich hier wärmeliebende Südpflanzen zu den Ankömmlingen aus der rauhen Alpengegend gesellen. So finden wir z. B. an einem mit Quellwasser durchtränkten Abhänge des rechten Isonzoufers (Peuma gegenüber) Adianthum Capillus Yeneris mit Pinguicula alpina, Campanula caespitosa, Astrantia carniolica, Bellidiastruin Michelii und Tofjeldia calyculata durcheinander wachsend. Viele Pflanzen, welche jenseits der Alpen in gleicher Höhe mit dem Niveau des Meeres wachsen, gedeihen in diesem Gebiete nur als Gebirgspflanzen in einer Höhe von mindestens 2000'; so Corydalis solida, Rubus Idaeus, Lychnis diurna. Primula officinali, Parnassia palustris, Chrysosplenium alternifolium, Daphne Mezereum, Impatiens noli-tangere, Gnaphalium sylvaticum, Saxicola europaea, Myosotis sylvatica, Epilobium angustifolium, Asperula odorata etc.; aber Dianthus barbatus, Gentiana asclepiadea, Euphorbia carniolica. Veronica urticae folia, Cardamine trifolia, Ilaequetia Epipactis, Hyoseris foetida, Senecio Fuchsii, Asarum europaeum, Prenanthes purpurea, Paris quadrifolia, Vaccinium Myrtillus, Actaea spicata, Aspidium aculeatum, Polypodium Phegopteris und Dryopteiis kommen auch in den Eichenwäldern um Görz gut fort, da ihnen der thonreiche, mit dichten Mergeln abwechselnde Sandstein hinreichende Feuchtigkeit gewährt. Selbst Gnaphalium sylvaticum wurde schon in der Staragora gefunden; doch die Buche bleibt daselbst nur strauchartig und unfruchtbar, während die von dort kommenden Samen der Fichte (Pinus Picea) höchstens 3—6' hohe Bäumchen geben, die in wenigen Jahren absterben. Viel günstiger erscheint für die Erhaltung der Gebirgspflanzen die Nordseite des St. Valentinsberges, wo in der beständig schattig gelegenen Waldung selbst Daphne Mezereum, Primula auricula, suaveolens, Cytisus Laburnum, Asphodelus albus, Iris gei manica, Melospermum cicutarium, Veratrum Lobelianum und Aconitum Lycoctonum sehr gut fortkommen. Hier ist auch die geographische Grenze des Osyris alba. Umgehung von Görz von Franz Kraüan in der österr. botanischen Zeitschrift Jahrgang 1865. Aprilheft. Auf einem Conglomeratblocke am linken Ufer des Isonzo bei Strazig findet sich in einer Höhe von 12 Fuss über dem Flussspiegel ein Exemplar von Rhododendron hirsutum als ein Unicum. Die phänologischen Erscheinungen dieses Landes unterscheiden sich von jenen des Gebietes jenseits der Alpen hauptsächlich dadurch, dass hier die Flora auch im Winter nicht gänzlich zum Stillstände gelangt, sondern in den einzelnen Monaten dieser Jahreszeit ihre constanten Repräsentanten aufzuweisen hat, und dass während des Sommers die Blüthenfülle in Feld und Wald weit weniger üppig ist als jenseits der Berge in den deutschen Ländern. Die Winterflora setzt sich theils aus Pflanzen zusammen, welche im Spätherbste, wie Bellis perennis. Taraxacum Dens Leonis und Brassica Rapa, theils aus Pflanzen, welche im Jänner und in den ersten Tagen des Februar zu blühen anfangen wie Primula acaulis, Galanthus nivalis, Glechoma hederacea, Hepatica triloba, Tussilago Farfara, Cornus mas, die zwei Crocusarten. Auf guten Aeckern bei Schön pass beginnen Draba verna und Cardamine hirsuta in milden Wintern schon um die Mitte Dezember zu blühen. Der für die Flora des südlichen Europa so charakteristische Mäusedorn (Ruscus aculeatus) entwickelt zwar seine ersten Blüthen schon im September, seine zahlreichsten aber in der ersten Hälfte des Jänner. Im freien Lande überwintern Magnolia grandiflora und juleyana, Mespilus japonica (blüht schon Anfangs Februar), Ligustrum japonicum, Jasminium officinale, Vitex Agnus Castus etc., ohne jede Pflege überwintern und blühen Narcissus pseudonarcissus und Tazetta, Hiacinthus coeruleus etc. In Gartenlagen blühen schon zu Anfang Jänner der wohlriechende Strauch Calicanthus praecox, Rosmarinus officinalis, Viburnum Tinus. Ungeachtet des strengen Winters hatten zwei ziemlich grosse Exemplare der Palmlilie (Yulla gloriosa), welche an einer sonnigen Mauer gegen Südwesten schon mehrere Jahre im freien Grunde exponirt sind, nicht gelitten. Andere in ganz Mitteleuropa verbreitete Pflanzen blühen auch um Görz herum das ganze Jahr an genügend feuchten Orten, z. B.: Senecio vulgaris, Veronica Buxbaumii und polita, Mercurialis annua, Parietaria diffusa, Euphorbia Peplus und helioscopia, Poa annua, Stellaria media, Capsella Bursa Pastoris, Lamium maculatum und purpureum; an etwas mehr besonnten Stellen auch Trifolium pratense und Pastinaca sativa. Auf thonigen Aeckern blüht Erodium cicutarium, in Gärten Sherardia arvensis und Borago officinalis, an Strassenrändern Primula acaulis in einzelnen Exemplaren durch den ganzen Winter. Bis tief in den Spätherbst hinein entwickeln ihre Blüthen Daucus Carota, Centaurea Jacea, mehrere Arten von Hieracium, Pimpinella saxifraga, Scabiosa granun-culus und Melilotus officinalis. In geschützten Felsschluchten am Isonzo findet man stellenweise Geranium Robertianum durch den ganzen Winter blühend; daselbst erhalten sich Cyclamen europaeum gewöhnlich bis Ende November und Calamintha thymifolia bis in die Mitte des Winters Kr. v. C z o e r n i (t. die Stadt Giirz. 9 in der Bliithe. Auch Veronica spicata und selbst das zarte Linum catharticum erhalten sich zuweilen an ähnlichen Standorten bis in den December und Jänner hinein; vom Juli bis December blüht auf massiven alten Mauern Antirrhinum majus (das grosse Löwenmaul). Diess ein Bild der Winterflora der Görzer Umgebung. Als erste Vorboten des Frühlings erscheinen die Blüthen der Schnabelheide (Erica carnea) und des Haselnussstrauches. Gleich darauf folgen ihnen Tussilago Fai fara und au sehr sonnigen Stellen Ga-lanthus nivalis und Hepatica triloba, beide nebst Crocus vernus, Pulmonaria officinali und Erythronium Dens Canis eine wahre Zierde der Haine, dann Vinca minor, Viola alba, Hacquetia Epipactis, Glechoma hederacea, Adoxa muscatellina, Isopyrum thalictroides. Nun entfalten sich auch die Blüthenkätzchen der Sahlweide (Salix cinerea), die Primeln (P. acaulis) werden sehr häufig, es zeigt sich bereits hin und wieder ein „Märzveilchen“ und an den Hecken steht der Kornelkirschenbaum über und über mit gelben Blüthen bedeckt. Da tritt die Flora (gegen den 20. bis 28. Februar) in ein neues Stadium. Fast alle Grasplätze, die nicht zu trocken gelegen sind, färben sich in diesen Tagen grün. Die Thierwelt feiert in dem plötzlichen Lautweiden der Frösche gleich nach den ersten warmen Februarregen ihr geräuschvolles Frühlingsfest. Gleichsam dem nächtlichen Froste zum Trotze erscheint der Mandelbaum schon im Februar in seinem prächtigen rosenfarbigen Blüthenkleide. An den Rainen und an anderen Plätzen stehen Viola hirta, Cardamine hirsuta und Draba verna, im Gebüsche Viola sylvestris, Symphytum tuberosum, Isopyrum thalictroides, Anemone nemorosa, Corydalis cava, in Wäldern Oxalis acetösella, Orobus vernus. Scilla bifolia und Hacquetia Epipactis in Blüthe. Den Glanzpunkt dieser neuen Blüthenperiode, des eigentlichen Frühlings, bildet die Blüthe des Aprikosen- und des Pfirsichbaumes, sowie die Blüthe der zahlreichen Stein- und Kernobstsorten, welche in den Zeitabschnitt vom 10. März bis 24. April fällt. Für gewisse Arten, z. B. für die Stieleiche, die Rainweide, die wohlriechende Staphilea pinnata, Aronia rotundifolia und den Weissdorn tritt die Zeit der Belaubung schon in der eisten Hälfte April ein. Zu Georgi (24. April) sind auch nach strengeren Wintern bereits alle Holzpflanzen grün. An diesem Punkte angelangt (24. April bis 1. Mai), macht der physiognmnische Charakter der Landschaft eine ziemlich rasche Wendung gegen den Sommer. Es ist keine Frühlingsluft mehr der wanno Lufthauch, den wir athinen, mehrere schön gefärbte Blumen erbleichen vor dem heissen Sonnenstrahle und die Nachtigall paart nun ihren Gesang mit dem lieblichen wehmüthigen Rufe des Gartenammers. An Temperatur dem Sommer jenseits der Alpen gleich, besitzt diese kurze Jahreszeit noch besondere Reize im Auftreten mancher dort unbekannter Pflanzen. Ueberdiess fällt hier das Maximum der neu aufblühenden Arten zwischen den 24. April und 2. Mai. Die Pflanzenwelt entfaltet zu dieser Zeit all ihre Pracht und Grösse. Nur die Insectenwelt erreicht in den späteren heissen Monaten einen noch höheren Grad der Mannigfaltigkeit und des Lebens. Wenn wir der äusseren Erscheinung gewisser Pflanzen einen Einfluss auf unsere moralische Stimmung einräumen, so müssen wir die Heckenrose, welche in der ersten Hälfte des Mai gerade die pflanzenarmen Triften ziert, und den Siegwurz (Gladiolus illyricus), welche in der zweiten Hälfte jenes Monats überall auf den Wiesen prangt, zu denjenigen Arten zählen, welche nicht bloss durch ihr massenhaftes Auftreten ein wichtiges Element des Landschaftscharakters bilden, sondern auch durch die Anmuth und Schönheit ihrer Blüthen einen heiteren Eindruck hervorbringen und in dieser Beziehung als die bezeichnendsten Arten des Vorsommers anerkannt zu werden verdienen. Von charakteristischen Arten, welche gegen Ende dieser Periode (6. bis 12. Juni) zu blühen anfangen, erwähnen wir nur den Weinstock und die kleine sehr würzhaft riechende Federnelke (Dianthus monspessulanus), ingleichen die zarte Linaria Cymballaria, welche mit ihrer violetten rundlichen Blüthe aus jeder alten Mauerritze hervorbricht. Nun zieht der eigentliche Sommer mit dem Lärmen der Cicaden ein. Der intensive Lichtreiz, das Schwirren und Summen der Insecten, der gewürzhafte Duft der Federnelken, die einladenden Erstlingsfrüchte unserer Kernobstarten nehmen in gleichem Masse alle Sinne in Anspruch. Den Anfang dieser langen Periode kennzeichnet die Blüthe des rothblühenden Brombeerstrauches (Rubus amoenus und discolor) und des Oel- und Kastanienbauines. Fast alle gewürzhaften Labiaten kommen im Sommer zur Blüthe. Aber das interessanteste Gewächs dieser Jahreszeit ist Satureja montana, eine beim slavischen Landvolk beliebte Pflanze, welche von den Wallfahrtsorten als Andenken mitgenommen zu werden pflegt. Wenn die Sommerhitze mit Trockenheit verbunden ist, so versinkt die Pflanzenwelt, wie im Winter durch die Kälte, in einen schlafähnlichen Zustand, aus dem sie aber schon durch den nächsten Regen erwacht. Der Stillstand der Vegetation dauert solange als der Feuchtigkeitsmangel. Eine Folge davon ist eine entsprechende Verspätung der Blüthe und Fruchtreife. Der Uebergang vom Sommer in den Herbst ist kaum bemerkbar. Viele Pflanzen, welche durch die Sommerdürre in ihren Lebensfunctionen aufgehalten oder theilweise getödtet worden waren, gelangen nach den ersten Herbstregen zu neuem Leben. Allein die Vegetation bietet, 9 * von den Feldfrüchten abgesehen, nur in der formenreichen Hieracien-Flora einige Eigentümlichkeit dar. Spiranthes autumnalis und Aster Amellus erscheinen nur nach langer Sommerdürre als Herbstpflanzen. Eine einzige Art, Allium ochroleucum gehört dieser Jahreszeit wirklich an, da sie auf den Sandsteinhügeln nie vor dem 17. September zu blühen anfangt, während ihre Verwandte, Allium acutangulum alle etwas feuchten Wiesen im August mit ihren Blüthendöldchen roth färbt. XII. Umgebung. Es wurde bereits erwähnt, dass das Clima von Görz es möglich macht, während der ganzen Winterszeit fast ohne Ausnahme täglich sich im Freien zu bewegen. Den vorzüglichsten Anreiz hierzu bieten die freundlichen und pittoresken Umgebungen der Stadt. Bei den Städten, welche durch die Lieblichkeit ihrer Umgebungen im Rufe stehen, kömmt es gewöhnlich vor, dass sich die anlockenden Gegenden in der einen oder anderen Richtung, zuweilen in mehreren von der Stadt aus erstrecken. Görz aber bietet den Vorzug, dass die Umgebungen nach allen Weltgegenden hin den Spaziergänger und Touristen durch ihren wechselnden Liebreiz anziehen. Wir unternehmen es, die hauptsächlichsten Zielpunkte der Spaziergänge und Ausflüge je nach ihrer Entfernung von der Stadt hier vorzuführen. Zuerst muss der Spaziergänge Erwähnung geschehen, die in der Stadt selbst oder doch in ihrem Weichbilde vorzunehmen sind, welche daher ohne irgend eine Anstrengung von den Besuchern leicht zurückzulegen sind. Den ersten Platz verdient daher der Aufstieg zum Castell, von dessen Wällen man den weitesten Ausblick auf die Umgegend gewinnt. Im Westen und Norden erheben sich die Kämme und Spitzen der carnischen und julisehen Alpen, welche den Horizont in weitem Kreise einschliessen, und welche der lieblichen grünenden Ebene zum Hintergründe dienen. Im Süden gewahrt man mitten in einer üppig fruchtbaren Landschaft den zackigen Lauf des dem Meere zueilenden Isonzo, dessen Mündung in das Meer man nur bei sehr klarem Wetter zu erkennen vermag. Zur Linken des Flusses dehnt sich der langgestreckte Höhenzug des Karstplateaus aus, welcher sich mit dem Tarnovaner Walde verbindet und zum Vordergründe das Wippacher Thal hat, zur Rechten breitet sich die weite friaulische Ebene aus, in welcher sich der hohe Thurm des Domes von Aquileja emporhebt. Nicht viel weniger ausgedehnt ist die Aussicht von der Kirchenterrasse des Franziskanerklostevs zu Castagnavizza, welche ebenfalls bis an die Niederung des unteren Isonzo reicht, und andererseits auf die Ebene nördlich der Stadt, die reizende Hügelreihe des Coglio, endlich auf die hoch-aufragenden Pfeiler des nördlichen Gebirges, den St. Valentinberg und den heiligen Berg, Monte santo, den Blick erölfnet, während im unmittelbaren Vordergründe der Castellhügel mit seinen Wällen und dem Schlosse das Auge fesselt. Wenn man von der Terrasse in die Kirche eintritt, so gewahrt man daselbst das Grabmal des dort bestatteten Königs Carl X. von Frankreich, sowiJ der herzoglichen Familie von Angoulème. Wer nicht steigen will, lenkt seine Schritte in den herrlichen öffentlichen Garten (Giardino publico), welcher mit seinen immergrünen Bäumen und Sträuchern, zum grossen Theil südlichen Ursprungs, und seinen breiten Wegen zum anmuthigen Wandel einladet; auch die Privatgärten, wie jener des Herrn Heinrich v. Ritter und der erz-bischöfliche Garten, verdienen Besichtigung. In einem längeren Spaziergange vermag man auf völlig ebenem von Alleen umschlossenem Wege die Stadt nahezu zu umkreisen, indem man vom Cornoplatze durch die Gasse S. Antonio nuovo oder von der Herrengasse durch die Passage nächst dem Gasthofe zu der Krone die Contrada dei Vetturini durchschreitet und auf die Circumvallationsstrasse gelangt, welche um die Castellhügel herum bis zur Wiener Strasse, die auf den S*' Antonsplatz führt, oder in gerader Richtung bis zur Strasse nach S*' Peter reicht und dann rechts einlenkt. Die drei hauptsächlichsten von der einheimischen Bevölkerung bevorzugten Spaziergänge sind aber folgende: Vor Allem der Spazierweg vom Theater längs des Franz Joseph-Corso1) bis zum Bahnhofe, welcher in den Nachmittagsstunden von der gesammten eleganten Welt besucht wird. Der zwischen Platanenalleen führende, fast immer, selbst nach einem Regen trockene, völlig ebene Weg bietet nicht nur die Bequemlichkeit eines mühelosen Spazierganges. sondern gewährt auch nach allen Seiten hin die reizendste Aussicht. Gleich im Beginne des Weges erblickt man an heiteren Tagen zur Rechten die Spitze des an 6 Meilen entfernten Berges Rom-bone bei Flitsch, unweit davon den langgezogenen glänzend weissen ') Die Benennung der S. 8 erwähnten Eisenhahnstrasse wurde neuerlich (November 1873) zur Feier des Regierungsjuhiläoms Sr. M. des Kaisers Franz Joseph in jene des Franz Joseph-Corso (Corso Francesco Giuseppe) umgewandelt. Rücken vom Monte Canin zum Prestrelenik, am Ende des Weges gegen den Bahnhof die scharfkantige Spitze des Krn und nahe die liebliche Höhe des Calvarienberges; auf dem Rückwege vom Bahnhofe geniesst man des pittoreskesten Anblickes der Stadt mit dem Castellhügel, welcher deshalb auch von Malern häufig dargestellt wird, und bei heiterem Wetter erstreckt sich der Blick auf den Berg Nanos und rechts davon auf die Gruppe des fernen Schneeberges an der kroatischen Grenze. Wenn man in das schmale Gässchen gegenüber dem Theater oder in den zur Gasanstalt führenden rechtseitigen Seitenweg der Eisenbahnstrasse einlenkt, führt ein freundlicher Weg durch die gartenähnlich gebauten Felder, welcher, sich spaltend, links in die Nahe der Bahnstation führt, und rechts an den Isonzo läuft, von wo er unter dem Yiaducte zu der von der Bahnstrasse abzweigenden Fahrstrasse sich fortsetzt. Ganz besonders empfehlenswert^ aber ist der Spazieigang auf dem Eisenbahndamme bis zum Yiaducte und darüber hinaus zur Ortschaft Lucinico, auf welchen man die freieste Rundsicht über das Görzer Becken und alle dasselbe umgebenden Gebirge geniesst. Ein zweiter Spaziergang führt vom Traunikplatze in gerader Richtung durch die Schulgasse und über die Dammbrücke des Cornobaches auf die Strasse zur Isonzobrücke (die neue Isonzostrasse), welche gleichfalls eben und mit Bäumen eingefasst ist und von der erwähnten Dammbrücke einen hübschen Ausblick auf die ganze Ausdehnung der Stadt von ihrem höchsten zu ihrem niedrigsten Theile gewährt. Den Rückweg kann man auf der alten Isonzostrasse nehmen, welche unweit der Isonzobrücke zur Linken abzweigt und in die Kärntner Vorstadt mündet. Der dritte Spaziergang endlich reicht vom Cornoplatze durch die Kärntner Vorstadt zur Strasse nach Salcano, welche zu beiden Seiten von den oben erwähnten reizenden Villen eingefasst ist und vor der Anlegung der neuen Eisenbahnstrasse den Spazierweg für die elegante Welt bildete. Von der neuen Isonzostrasse zweigt links der Fussweg zu der Ritter’schen Industrie-Colonie Strazig ab, welche, wie aus der oben gelieferten ausführlichen Beschreibung derselben erhellt, in vielfacher Hinsicht höchst sehenswerth ist, und womit sich der Besuch des rühmlich bekannten Gartens des Herrn Wilhelm v. Ritter verbinden lässt. Der Rückweg zur Stadt kann auf einem Fusswege nach Ueber-schreitung einer Brücke über den Corno genommen werden. Wer die Waldeinsamkeit und Waldesschatten liebt, findet dieselben im nahen Panovitzer Eichenwalde hinter dem Kloster Castagnavizza, welcher von Fusswegen durchschnitten wird und wozu der Weg links unter dem Klosterhügel oder auch auf der Wiener Strasse bei Rosenthal führt. Rechts von der Wiener Strasse leiten Fusswege in den Wald von Staragora, in welchem sich ein Höhenpunkt mit erquickender Aussicht auf das Görzer Becken befindet. Zahlreich sind die Punkte, welche ausserhalb des Weichbildes der Stadt zu Spaziergängen und Spazierfahrten einladen. Wir führen zuerst jene an, die nur einige Stunden, jedenfalls aber nicht mehr als einen halben Tag in Anspruch nehmen: Von dem Calvarienberge, auf dessen Höhe zwei steinerne Kreuze stehen, (das dritte ist umgestürzt) geniesst man eine umfassende Aussicht über einen grossen Theil der unteren Grafschaft Görz und Gradisca und die friaulische Ebene bis zu den fernen Gebirgszügen der carnischen Alpen, in welchen man die höchste Spitze des Antelao in Cadore deutlich unterscheidet. Es führen drei Wege dahin; der eine über den Eisenbahndamm und die Eisenbahnbrücke nach dem unmittelbar daran gelegenen Dorfe Lucinico und von dort auf dem ersten Seitenwege zur Rechten; ein zweiter (stpiler und nicht empfehlenswerther) Weg steigt von dem Orte Podgora hinter der Kirche zum Berge auf, und ein dritter (ein Fahrweg für Ochsengespann) leitet von der Groana (einem kleinen von St. Florian zur Isonzostrasse herabstreichenden Thale) zur Linken den Bach überschreitend auf die Höhe. Gewöhnlich zieht man es vor, über Lucinico hinaufzusteigen, und den Rückweg über die Groana zu nehmen. Wenn man die volle Aussicht gegen die Friauler Berge geniessen will, so empfiehlt es sich, die höhere Kuppe nördlich von den Kreuzen zu ersteigen, von wo der Blick frei nach allen Seiten hin streifen kann. Ein anderer Spazierweg führt über die Isonzostrasse und die Tsonzo-brücke zu dem Orte Peuma (mit einem dem Freiherrn v. Teuffen-bach gehörigen Schlosse) und von dort nach dem am Abhange des St. Valentin - Berges reizend gelegenen Orte S. Mauro (mit einem Schlösschen des Herzogs von Blacas), von wo der Weg zu der Thalenge des Isonzo fuhrt, welcher mit einem Kahn übersetzt werden muss, um in den Ort Salcano und von dort auf gerader Strasse nach Görz zu gelangen. An diese beiden Fusswege reihen sich andere, welche man zu Wagen unternehmen kann. Auf einem solchen Fahrwege gelangt man über Peuma nach S*- Florian, welcher an der Spitze des ersten hier bedeutenderen Hügels des Coglie gelegene Ort mit seinen beiden Villen des Freili. v. Fornventini und des Freih. v. Tacco die ganze Görzer Ebene beherrscht. Wer einen Spaziergang zu Fuss vorzieht, kann von dort auf kürzerem Wege durch die Groana nach Görz zurückkehren. Die Hügelgegend des Loglio bietet eine Reihe der herrlichsten Aussichts- und Zielpunkte für Spaziergänger dar; der nächste ausser den obigen ist jener zum grafi. Attems’schen Schlosse Vipul-zano, nächst welchem die beiden umfangreichsten Cypressen der Graf- schaft sich befinden; das Schloss wurde im Gradiskaner Kriege 1617 von den Venezianern zusammengeschossen, doch stehen die mit einer Fülle von Epheu bekleideten Mauern noch ziemlich unversehrt aufrecht. DiePartie dahin, zuWagen gemacht, füllt einen Nachmittag angenehm aus. Auf der entgegengesetzten Seite empfiehlt sich eine Spazierfahrt auf der Wiener Hauptstrasse längs dem Panovitzer Walde in der Ebene des Liach bis zu dem Orte Schönpass mit seiner Burgruine; auf dem Rückwege kann man das wohlerhaltene Schloss Cronberg, der grafi. Familie Coronini-Cronberg gehörig, besuchen, dessen Umgebung noch heute die Spuren eines grossartigen daselbst früher bestandenen Parkes erkennen lässt. Das Wippacher Thal bietet in seinem unteren Theile mehrfache romantische Orte zum Besuche dar. Wenn man über S. Peter, wo sich die geschmackvolle Villa Sr. Exc. des Feldzeugmeisters Grafen v. Coronini mit einem wohlgepflegten Garten befindet, den Weg fortsetzt, gelangt man nach Ranziano (einem Schlosse des Grafen Stras-soldo) nach Prebacina (einer Besitzung des Grafen Coronini) und, den Fluss überschreitend, zu dem wahrhaft romantisch auf dem Abhange des Karstes gelegenen Schlosse Roiffenberg, welches von dein Besitzer, Grafen Lanthieri, vor nicht langer Zeit vollständig restaurili worden ist, und in historischer Beziehung sowohl als in pittoresker zu den interessantesten Punkten in der Nähe von Görz gehört. Am unteren Ende des Wippacher Thaies, nächst der Einmündung der Wip-pach in den Isonzo, erhebt sich oberhalb des Thaies an einen Kai stabhang angelehnt, das Schloss Rubbia (die nächste Eisenbahnstation bei Görz), Eigenthum früher des Grafen Coronini, gegenwärtig des Freiherrn v. Bianchi, von dessen Fenstern aus man eine der entzückendsten Aussichten gegen Friaul, die Hügel von Cormons und die rückwärts gelegenen Gebirge geniesst. Man vermag von dort die Locomotive auf der Eisenbahn, die Einschnitte abgerechnet, fast ununterbrochen von Görz bis Udine mit dem Auge zu verfolgen. Zu einer angenehmen Nachmittagsfahrt gestaltet sich der Ausflug nach Gradisca. Ueber die Isonzobrücke gelangt man nach Podgora, erblickt bei Villanova die trefflichen landwiithschaftlichen Anlagen des Herrn Levi und gelangt durch den althistorischen Ort Farra nach dem Städtchen Gradisca, dem Hauptorte der einstigen gleichnamigen Grafschaft, in der Geschichte bekannt als eine Festung, um deren Besitz sich die Oesterreicher und Venezianer in langjährigen Kriegen stritten1). Die fruchtbare Landschaft und die freundlichen Formen der *) *) Die Geschichte der Grafschaft Gradisca, sowie der Gradiscaner Krieg ist in dem I. Bande dieses Werkes umständlich dargestellt. Hügelreihen, an deren Fusse der Weg sich hinzieht, verleihen diesem Ausfluge einen eigenthümlichen Reiz. Nicht minder genussreich sind die Spazierfahrten, welche einen ganzen Tag für sich in Anspruch nehmen, ln erster Reihe steht hierbei der Ausflug nach dem Monte Santo, welcher wohl auch in einem halben Tag zu bewältigen ist. Man fährt über Salcano auf der trefflichen zum Tarnovaner Walde führenden Strasse auf die Höhe bis zu dem Punkte, wo sich links der Weg nach dem Monte santo abzweigt. Mit einem leichten Wagen kann man wohl auch auf diesem Wege bis zu der auf der Spitze des Berges gelegenen Wallfahrtskirche gelangen; doch wird es, um dieser wenig bequemen Fahrt auszuweichen, meist vorgezogen, den Wagen an der oben bezeichneten Stelle zu verlassen und den Weg zu Fuss fortzusetzen, wozu man eine kleine Stunde bedarf; auf dem Rückwege besteigt man dann wieder den Wagen auf der Tarnovaner Strasse. Gute Fussgeher werden kaum mehr Zeit brauchen, um den ganzen Ausflug zurückzulegen. Mehrfacher Genuss erwartet den auf der Höhe angelangten Besucher. Die Wallfahrtskirche, die besuchteste im Lande, versammelt jährlich an gewissen Tagen die fromme Bevölkerung des Gebietes im weitesten Umkreise und verdient auch eine Besichtigung durch den einfachen Touristen. Auf dem Platze vor der Kirche, eigentlich auf zwei Plätzen vor und rückwärts der Kirche bietet sich dem Beschauer ein entzückendes Panorama, sowohl über die Ebene bis gegen das Meer zu, als auch insbesondere auf die Kämme und Häupter der nahegerückten julischen Alpen dar. Im fernen Osten erhebt sich über den vorliegenden Gebirgszug das breite Haupt des 9000 Fuss hohen Terglou’s, des höchsten Berges der julischen Alpen; hieran reihen sich, durch Zwischenglieder verbunden, der um nicht viel weniger hohe Manhart, welchem zunächst die Bergspitze des Flitscher Gebietes, der Monte Cergnala, der Prestrelenik, der Canin und andere Bergspitzen, in grösserer Nähe aber die schaifkantige Pyramide des Krn an. Kaum vermag das Auge die Linien der ineinander geschobenen Bergreihen zu verfolgen, allenthalben wird es von neuen Formen und dem gewaltigen Aufbau des ganzen Gebirgssystems gefesselt. Im Westen endlich finden die julischen Alpen ihre Fortsetzung durch die carnischen Bergzüge, die, im weiten Bogen das Gesichtsfeld einnehmend, südwestlich in duftigem Nebel verschwinden. Es ist dieser Aussichtspunkt unstreitig der schönste und grossartigste im ganzen Görzerlande. Ein wesentlich verschiedenes aber nicht minder hohes Interesse erregt ein in der entgegengesetzten Richtung zu unternehmender Ausflug nach dem altberühmten Aquileja, das zu drei verschiedenen Epochen als Festung und grossartiges Handelsemporium zur Römerzeit, als die Stätte des Urchristenthums, von welchem aus die Heilslehre in die Alpenwelt verbreitet wurde, und als der Mittelpunkt des merkwürdigsten kirchlich-feudalen Staatengebildes des Mittelalters, des Patriarchates, die Aufmerksamkeit der Welt in Anspruch nahm. Man bedarf zu dieser Fahrt, bei welcher man Gradisca berührt, und über Villa Vicentina, einem Besitzthum des Prinzen Louis Napoleon und dem einstigen Campus Martius der Römer, dann über Monastero, dem im Weichbilde des alten Aquileja gelegenen berühmten Marienkloster (Monastero maggiore) nach der nunmehr zur kleineu Landstadt herabgesunkenen Aquileja gelangt, drei Stunden. Verschwunden sind die Zeugen seiner früheren Herrlichkeit, keine Spur ist übrig von den Kaiserpalästen, kaum deutet noch ein hervorragender Säulenstumpf die Stätte der früheren Prachtbauten an, der Hafen ist vertrocknet, der schiffbare Fluss abgeleitet, friedliches Ackerfeld bedeckt die Stätte des einstigen reichen Culturlebens. Aber inmitten des Ruinenfeldes erhebt sich in einsamer Majestät der altehrwürdige Dom, welcher zur Römerzeit die erste Christengemeinde, zur Zeit des heiligen Ambrosius die grossen Concilversammlungen und in der Glanzperiode des Patriarchats die prunkvollen Aufzüge der mächtigen Kirchenfürsten in seine Mauern aufnahm. Er trägt die Spuren einer anderthalbtausendjährigen Bau-thätigkeit an sich, von der bis ins 4. Jahrhundert zurückreichenden Krypta, von der Erbauung der in ihrer Wesenheit bis heute erhaltenen vom Patriarchen Popo errichteten Oberkirche, der Torriani'schen Gruftcapelle aus dem 13. Jahrhundert, dem Mittelschiffe vom Ende des 14. Jahrhunderts, der Ausschmückung des Presbyteriums aus der Renaissancezeit des 16. Jahrhunderts bis zu dem unter Kaiser Ferdinand I. um die Mitte des 19. Jahrhunderts restaurirten Fussboden und der Dachung ')• Auch die Nebengebäude des Domes, die sogenannte Heidenkirche (Chiesa dei Pagani), und das merkwürdige noch für die Uebung der Immersion bestimmt gewesene Baptisterium verdienen als Reste frühen Alterthums die Besichtigung. Der neben dem Dome isolirt stehende 230 Fuss hohe Thurm gewählt als der höchste Punkt im we:testen Umkreise eine prachtvolle vom Coglio bis nach Triest und Istrien reichende Aussicht, besonders auf die nahen Lagunen und die Inseln. Wer den Tag im strengsten Sinne ausniitzen will oder noch einen halben Tag zur Verfügung hat, wird die Zeit finden, seinen Ausflug nach dem auf einer Laguneninsel gelegenen, und neuerlich als Seebad namentlich für scrophulöse Kinder in Aufnahme kommenden, Fischerstädtchen Grado aus- ’) Eine ausführliche Beschreibung der historischen und künstlerischen Denkmale in dem Dome und den Nebengebäuden ist, sowie die Geschichte von Aquileja überhaupt, in dem I. Bande dieses Werkes enthalten. zudehnen. Grado, als der einstige Sitz des Patriarchates dieses Namens, verdient in historischer Hinsicht nicht minder diesen Besuch als in kunst-aichäologischer durch die Besichtigung des dortigen aus dem 6. Jahrhunderte stammenden Domes mit seinen vielen Kunstmerkwürdigkeiten, worunter die berühmte frühromanische Kanzel und der Pati iarchalsitz ')• Man fährt bis an den Rand der Lagune in das Oert-chen Belvedere, wo man die Barke zur Fahrt über die Lagune bestellt. Wenn es die Zeit erlaubt, kann man auf dem Rückwege die Insel Barbana, gleichfalls ein berühmter Wallfahrtsort, der in historischer Beziehung sehr merkwürdig ist2), berühren. Eine der interessantesten Partien ist jene nach dem eine Stunde (Fahrweg) entfernten in reizender Gegend am westlichen Fusse des Coglio gelegenen Städtchen Cormons. Von dort kann man die auf einem 825 Fuss hohen Bergrücken sich erhebende Ruine des berühmten alten Schlosses gleichen Namens, dessen bereits zur Langobardenzeit Erwähnung geschieht, besteigen ; man geniesst dort eine wundervolle Aussicht, welche von den carnischen Alpen über die blühenden Fluren Friauls bis zur Lagune und zum Meer reicht* 3). Wer sich auf diesen Ausflug beschränkt, kann bequem des Morgens mit der Eisenbahn nach Cormons fahren, hierauf den Berg besteigen, die Stadt besichtigen und mit dem Nachmittagszuge nach Görz zurückkehren. Noch weit genussreicher ist aber die Fahrt durch die merkwürdige, an pittoresken Scenen reiche Ilügellandschaft des Coglio. Wenn man nach Ankunft des Bahnzuges Morgens 11 Uhr am Bahnhofe einen Wagen nimmt und die Fahrt sogleich fortsetzt, gelangt man in herrlicher wechselvoller Landschaft über Bigliana und S. Martino nach Quisca (mit dem vormals Coronini’schen nun Attems’schen Stammschlosse), der weinreichsten Gegend dieses Gebietes, verweilt dort Mittags und kehrt über S'' Florian nach Görz zurück. Von Cormons aus bieten sich noch andere Zielpunkte zu Ausflügen dar. So führt der Weg nach Rosazzo, einem ehemaligen berühmten Kloster, welches in der friaulischen Geschichte4) eine bedeutende Rolle spielte, durch eine annnithige Landschaft, während man von der Terrasse des Klostergebäudes (gegenwärtig zum Sonnnerauf- ’) Die Geschichte des Patriarchats von Grado, sowie die Beschreibung des Domes und seiner Merkwürdigkeiten enthält der 1. Band dieses Werkes. *) S. S. 15S des I. Bandes. 3) Ueber die Geschichte der Burg und Stadt Cormons s. d. I. Band dieses Werkes S. 615—1>30. 4) Diese für das erste Grafengeschlecht von Görz sehr belangreiche Geschichte liefert der I. Band vorliegenden Werkes S. 484—489. enthalte des Bischofs von Udine dienend) eine weite Aussicht über das friaulische Gebiet bis Aquileja und bis zum Meere geniesst. Die Fahrt dahin füllt, wenn man sich der Eisenbahn bis Cormons und von da zurück nàch Görz bedient, angenehm einen Wintertag aus. Noch weit genussreicher aber ist der Ausflug von Görz über Cormons nach Cividale, der alten friaulischen Hauptstadt, deren Geschichte mit jener des Landes innig verwebt ist. In ältester Zeit eine römische Colonie, sodann der Sitz des Langobardenherzogs von Friaul, endlich die langjährige Residenz der Patriarchen von Aquileja, erscheint der Name dieser Stadt, einer der ältesten Culturstätten des Mittelalters, fast auf jeder Seite der friaulischen Geschichte. Der dortige Dom enthält viele Kunstschätze, so insbesondere das bekannte Baptisterium und die seltenen Kunstdenkmale aus der Langobardenzeit; in dem Museum sind die Ueberreste aus der römischen Periode zu sehen. Den wichtigsten Schatz von europäischer Berühmtheit aber enthält das Archiv des vormaligen Collegiat-Capitels, welches gegenwärtig unter die Obhut der Gemeinde gestellt ist. Man gewahrt daselbst viele Kunstschätze, die seltensten Incunabula und handschriftliche Codices (darunter die älteste Handschrift der langobardischen Geschichte des Paulus Diaconus), das berühmte Gebetbuch der heil. Elisabeth, vor Allem aber das Evangelariuin des heil. Hieronymus, (welches früher dem heil. Marcus zugeschrieben wurde) mit den Autographen der langobardischen Könige und der deutschen Kaiser bis auf K. Franz II. herab, einst der Gegenstand der allgemeinen Verehrung der Fürsten und Völker ')• Wenn man des Morgens früh von Görz abfährt, gelangt man in 3 bis 4 Stunden nach Cividale, kann dort alles Sehenswerthe besichtigen und nach eingenommenem Mittagmahle nach Görz zurückkehren, wo man vor Einbruch der Nacht ankömmt. Der nördliche (gebirgige) Theil der Grafschaft bietet für den Naturfreund viel Interessantes. Er gewahrt diess auf einer Fahrt nach Tolmein, dem Hauptorte des Gebirges, welcher in der Geschichte von Görz eine bedeutende Rolle spielt* 2) und seiner romantischen Lage und kühlen Gebirgsluft halber für viele Familien zum Sommeraufenthalte dient. In der Nähe von Tolmein bei dem Orte S,a' Lucia bietet sich ein Naturscliauspiel ganz eigener Art dar; die Idria mündet daselbst ') Ueber die ältere Geschichte von Cividale ist im I. Bande des Werkes S. .tliO—358, und über die daselbst befindlichen Kunstwerke ebendort S. 454—439 das Nähere enthalten. 2) Die ffeschichtliehen Nachrichten über Tolmein sind in dem I. Bande des Werkes S. 620—625 enthalten. in den Isonzo, beide Flüsse aber durchbrechen vor ihrer Vereinigung den Felsen und stürzen in enger Schlucht in die Tiefe1). Wer sich darauf beschränkt, Tolmein oder auch S“ Lucia allein zu besuchen, kann die Hin- und Rückfahrt bequem in einem Tag zurücklegen und dabei noch das (dem Herzog von Blacas gehörige) Schloss und den daranstossenden Park von Canale, dem ersten grösseren Orte, welchen man von Görz aus berührt, besuchen. Für Freunde des Gebirges ist die weitere Fahrt über Tolmein (das man nicht zu berühren braucht) hinaus nach Caporetto und durch die Schluchten des fsonzo nach Flitsch zu empfehlen, von wo man die romantische Klause (unter welcher der Coritenza-Bach sich gegen 100 Fuss tief in die Felsen gewühlt hat-) und die Höhe des Predil-passes besuchen kann. Als einladender Zielpunkt eines Ausfluges bietet sich die Stadt Wippach, in 4 Stunden erreichbar, dar. Auf trefflicher Strasse erreicht man das obere Wippachthal, berührt Heiligenkreuz, den Stammsitz der älteren Linie der g äfl. Attems’schen Familie, Haidenschaft, in dessen Nähe die grosse Schlacht des Kaisers Theodosius gegen den Usurpator Eugeni us stattfand* 3), und gelangt nach dem freundlichen Städtchen Wippach mit dem Schlosse des Grafen Lanthieri, in dessen Hofe eine der Quellen des Wippach-Flusses aus dem Felsen hervorsprudelt 4). Mit Benützung der Eisenbahn endlich lässt sich der Ausflug nach der friaulischen Hauptstadt Udine, sowie nach Triest, dem Emporium des Welthandels bequem in einem Tag zurücklegen. Mit letzterem Ausfluge kann man den Besuch des von dem unglücklichen Erzherzoge Max erbauten Lustschlosses Miramare5) mit seinem zauberhaften Parke, in welchen Palmen, Gamelien und zahllose andere südliche Gewächse in üppiger Fülle gedeihen, dem reizendsten Punkte der Umgebung von. Görz, vereinigen. Man fährt auf der Bahn des Morgens nach Triest, besucht die Stadt, fährt sodann auf guter Strasse nach Miramare, von wo man nach Besichtigung des Schlosses und des Parkes sich nach der dortigen Haltstelle begibt, um mit dem Abendzuge nach Görz zurückzukehren. Auf dem Wege nach Triest liegen noch andere Zielpunkte der Besuche der Fremden. Zunächst Gradisca gegenüber das fürstl. Hohenloh'sche Sagrado hoch über der gleichnamigen Bahnstation ’) S. I. Band, S. 26. *) S. I. Band, S. 25. 3) S. I. Band. *) Ueber die Geschichte von Wippach s. S. 614, und über die oben erwähnte Schlacht S. 177 des I. Bandes. 5) S. I. B. S. 29. gelegen. Die Stadt Monfalcone, der Mittelpunkt eines fruchtbaren Gebietes. welches einen auffallenden Contrast mit dem daran stossenden kahlen Karste bildet, mit den Ruinen seines bereits in der Langobardenzeit vorkommenden Schlosses und den dem Meere zunächst liegenden vielbesuchten salinischen Heilquellen und Bädern, endlich das romantisch gelegene, meerbeherrschende uralte Schloss Duino mit seinem römischen Thurine, der Fürstin Therese von Hohenlohe, Erbtochter des Grafen von Thum, gehörig, können bequem an einem Tage besucht werden; selbst der Besuch des jenseits von Triest befindlichen berühmten Hof-gestüttes Lipizza ist, wenn man sich darauf beschränkt, mit einer Tagesfahrt zu bewältigen Zur Fahrt nach Duino kann man sich der Eisenbahn bis nach Monfalcone bedienen, oder bequem direct von Görz über Merna und das Vallone2) (an dem See von Doberdò vorüber) mittelst Wagen in 2% Stunden gelangen. Dabei findet man Gelegenheit, die historisch interessante nahe Kirche von S. Giovanni, sowie unmittelbar dabei den Austritt des einst so berühmten P'lusses Timavus aus dem Felsen und dessen Mündung in das Meer zu besuchen. Man wandelt dort überhaupt auf classischem Boden, dessen Merkwürdigkeiten an einem anderen Orte3) beschrieben worden sind. *) Ueber das Schloss Monfalcone s. I. B. S. 1X5, über Duino ebendaselbst S. 29. über Lipizza ebendaselbst S. 136. 2) Das Vallone und der See von Doberdò erinnern an die wesentlich verschiedenen Flussläufe, namentlich des Timavus im Alterthum e, worüber im I. Bande S. 114—H H das Nähere erwähnt wird. 3) S. I. Band S. 107—120. C. Ueberreuter'ache Ituchiiruckorel (M. Sala««'). I Zusatz und Berichtigung, Zu den S. 5(5 bezeichneten Gasthöfen von Görz ist kürzlich das neuerbaute mit, allem Comfort ausgestattete Hötel Brandt gegenüber dem Theater hinzugekommen. Es enthält sowohl einzelne Fremdenzimmer als ganze Appartements für Familien, hat die Sonnenseite und ist mit einer geräumigen Restauration verbunden. Die S. 57 angeführte Preisangabe für ein Paar Hühner (1 fl. 30 kr. — i fl.) ist auf 05 kr. — 2 fl. zu berichtigen. *■1» Krchen und Klöster. Aa a. Dom. \\ \f b Pfairkirche S. Ignaz. \V c Pfarkirche an der Piaz- \T zutta. \\ d. S. Antonio vecchio. e. S. Antonio nuovo. f. S. Giovanni. g. S. Spirito. h S. Maria immaculata. i. Evangelische Kirche. Je. Kapuziner-Kloster. L Franziskaner-Kloster. Castagnavizza. m. Ursdinen-Kloster. mm a«. Contrada Stretta. 28. Mercato delle frutta. 2*. Contrada delle Scuole. *5. Contrada S.“ Chiara. 26. Strada al ponte nuovo. 27. Contrada del giardino. 28. Contuada della caserma. 2*. Contrada Macelli. so. Calle Edling. st. Contrada del Municipio. 82. Contrada delle Monache. 83. Contrada del Duomo. 34. Contrada Rastello. 85. Contrada Cocevia. s«. Riva del Castello. 37. al Castello. ss via Klanz. so. Strada di Vienna. 40 Viale della fratta. 41. Viale di S. Rocco. 42. Borgo S. Rocco. 48 Contrada del Carso. 44. Contrada della raffineria. 45. Strada di S. Pietro. 4«. Strada al macello. 47. Contrada dei Cappuccini. 48. Borgo d’Italia. 49. Contrada della Dogana. 50. Contrada dell’ Immacolata. 51. Contrada del Teatro. 52. Viale dello Studeniz. 58. Via della Palestra. 54. Strada di Stracig. 55. Corso Francesco Giuseppe. 56. Strada Tre rè. 57. Strada dei Turioni. 68. Calle Coceviutta. 5». Ohne Namen. spag w#*?iwm. Plätze und Strassen. A. Piazza delle legna. (S. Antonio.) B. Piazza del Duomo. C. Piazza Traunik. D. Piazzetta dell’ Arcivescovo. E. Piazza Corno. F. Piazza delle erbe. G. Piazza del fieno. H. Piazzetta della posta. J. Piazzetta delle Monache. K. Piazzetta della Lisa. L. Piazzetta dei Cappucini. M. Piazza dell’ animalia. N. Piazza Cattarmi. P. Piazza Piazzutta. Q. Giardino pubblico. 1. Strada della Carintia. 2. Strada dei Resoneri. s. Borgo Carintia. 4. Contrada del Corno. 5. Àndrona Cristofoletti. 6. Contrada Prestau. 7. Contrada del Cristo. 8. Via della fratta. 9. Braida Vacana. 10. Contrada di S. Antonio, n. Contrada della Croce. 12. Contrada dei Vetturini. 13. Contrada dei Signori. 14. Calle S. Giovanni. 15. Contrada del Ghetto. 16. Contrada S. Giovanni. 17. Contrada del Seminario. 18. Riva di Piazzutta. 19. Riva al Zengraf. 20. Via Zengraf. 21. Strada al ponte dell’ Izonzo. Oeffentliche Gebäude. n. Enbischöflicher Palast. o. Alumnat. p. Knibe'nseminar. \tj q. Syiagoge. r. Versatzamt. _____y. s. Mäunerspital und barm-heisige Brüder. t. Frauenspital und Versor- \ guigshaus. u. Taibstummen-Institut. v. Gymnasium und Eleinen-tanchulen. w. Realschule. x. Bezirkshauptmannschaft. y. Finanzbehörde (Dogana.) z. Kveisgerieht. aa. Bezirksgericht und Arreste. bb. Grosse Kaserne. j / cc, Caitell-Kaserne. J dd. Militär - Verpflegs-Magazin. ee. Militärspital. ff. Laidhaus. gg. Municipium. kh. Muoieipalpalast. »V. Turnhalle. kk. Theater. WEICHBILD STA D T r.Laritrh ff Vtlyulai j ' tarne Sich Jl Ptmte fi» Städti,che HraS*& Palude Castaytatrizza 1 .yanärffM, i'tmziy. aL.W: n'o wit z tie/ener Rosenthalffi ; . .V Wlla Persa\ V % Baita i S. Rocco . C J t - i- liscur Villa Mfffci. \ Bahnhof t S. Andre a ins-lutila!! / : '^Wiener Vorsladh - -t- > X ih res Weichb ildes im wt> . m Plan zu dem Werke:D1E STADT GÖRZ I» vom ^altezza d. ßzoczivtoJ? San R oecö ÜTH. ANST./E KOKE WIEN ■filli IJk IIk - jl u mi * Al Z frit- ........;