/ Z
der
Geographie
Schulen im Haiserlhmne Oesterreich.
Von
B. Kozcnn,
GymnasiaI;Pr^esWnin Olmütz.
>-
Mit 27 Holzschnitten.
Wir» und Olmiitz.
Verlag von Eduard Hölze l.
18K8.
Vorbericht.
Vorliegender Leitfaden und der „Kleine Schulatlas" des
Verfassers bilden zusammen ein abgerundetes Lehrmittel für den
geographis^en Unterricht, insoweit derselbe einen für die gebildeten
Stände nothwendigen Bestandteil der allgemeinen Bildung umfaßt.
Das Bestreben ging dahin, den Lehrstoff gutgeordnet, leichtfaßlich
und bündig darzustellen, weil ein nach solchen Grundsätzen aus¬
gearbeitetes Lehrmittel jedermann gebrauchen, es ohne Zwang
jeder individuellen Lehrmethode anpassen kann. Die beigegebenen
Abbildungen haben zunächst die Bestimmung, den für die Auf¬
fassung schwierigsten Theil des Gegenstandes, die mathematische
und Physische Geographie, auf dem kürzesten Wege zu bewältigen,
anschauliche Vorstellungen zu erwecken und zum Nachdenken an¬
zuregen; wenn sie nebst dieser wichtigen Aufgabe noch einen weiteren
Zweck dadurch erfüllen, daß sie die Aufmerksamkeit auf die äußere
Form lenken, die Empfänglichkeit für das Gefällige und Schöne
in der Erscheinung stärken, so werden sie gewiß nicht als entbehr¬
liche Zierathen, sondern als wesentliche Bestandtheile des Werkes
angesehen werden. In der politischen Geographie ist am ausführ¬
lichsten das Vaterland behandelt, da naturgemäß das Interesse
an demselben dasjenige aller übrigen Länder überwiegt.
Heographie.
Die Geographie, auch Erdkunde und Erdbeschreibung genannt,
wird in folgende Theile unterschieden:
Die mathematische Geographie belehrt uns über die Gestalt und
Größe der Erde, zeigt uns das Verhältniß derselben zu andern Weltkörpern
' und die Art und die Gesetze ihrer Bewegung.
Die physische Geographie, d. h. Naturgeographie, betrachtet die
Erdoberfläche, wie sie von Natur ist, ohne Rücksicht auf die Staaten. Sie
beschäftigt sich mit der Beschreibung von Land und Meer, Flüssen, Bergen
und Thälern, mit den Erscheinungen im Lustkreise, und sucht Auskunst
darüber zu geben, wie die Pflanzen und Thiere auf der Erdoberfläche
vertheilt sind. Insofern sie die räumliche Beziehung zum Gegenstände hat,
d. i. nur die Lage und Gestalt der Länder, Inseln, Meere, Seen, Flüsse
und Orte angibt, wird sie topische Geographie genannt. Die topische
Geographie eröffnet als erste Lehrstufe den Unterricht in der Erdbeschreibung.
Jener Theil der physischen Geographie, welcher von den Unebenheiten
(Gebirgen) handelt, heißt Orographie, — die Lehre von den Meeren,
Seen und Flüssen hingegen Hydrographie.
Die politische Geographie beschäftigt sich mit der Erde als dem
Wohuplatze der Menschen, die sich in ihre Oberfläche getheilt und manche
Veränderungen auf derselben hervorgebracht, Staaten gegründet haben.
Unter Topographie versteht man eine eingehende physische und politische
Beschreibung eines kleineren Gebietes.
— 6 —
Die Geographie wird „Vergleichende Erdkunde" genannt, wenn
sie bei Betrachtung der Erdoberfläche den physischen und historischen Gesichts¬
punkt nicht trennt, auf den Gang der Weltgeschichte Rücksicht nimmt und
darzustellen sucht, welchen Einfluß die physische Beschaffenheit der Wohnsitze
aus die Entwicklung der einzelnen Völker hat. Die vergleichende Erdkunde
bildet die oberste Stufe eines strengwissenschaftlichen geographischen Unter¬
richtes.
I. Mathematische Geographie.
1. Das Weltgebäirde.
Alle Himmelskörper oder Gestirne zusammengenommcn bilden
das Weltgcbäude. Von der unermeßlichen Ausdehnung desselben kann
uns Folgendes eine Vorstellung geben:
Das Licht legt in einer Secunde über 42.000 Meilen zurück.
Von der Sonne bis zur Erde gelangt es in 8 Minuten, während ein
schneller Eisenbahnzug diesen Weg erst in 400 Jahren zurücklegen
würde. Von den uns zunächst gelegenen Fixsternen braucht das Licht
mehr als 3 Jahre, von den uns am meisten entfernten für uns noch
sichtbaren Sternen Millionen von Jahren, um die Erde zu erreichen.
Wäre die Sonne so weit von uns entfernt, wie andere Sterne, so
würde sie auch nur als ein kleiner Stern gesehen werden; hin¬
gegen würde mancher Fixstern, wenn er uns so nahe wäre wie die
Sonne, weit größer als diese erscheinen. Die Sonne ist ein Fix¬
stern und die Fixsterne sind lauter Sonnen, alle leuchten mit
eigenem Lichte.
2. Das
Seit den ältesten Zeiten war man der Meinung, daß die Erde
den Mittelpunkt des Weltalls bildet und von der Sonne, dem Monde
und den Planeten umkreist wird. Erst vor 300 Jahren lehrte der
Pole Copernicus die wahre gegenseitige Stellung dieser Himmels¬
körper, indem er der Sonne die Mitte anwies und um diese die
8
Planeten Mercur, Venus, Erde mit dem Monde, Mars, Jupiter
Saturn so anordnete, wie Fig. 1 zeigt. Seit dieser Zeit sind noch,
Fig. 1. Copernicamsches Weltsystem.
mehr Planeten und Nebenplaneten entdeckt worden und das ganze
Planetensystem, wie wir es gegenwärtig kennen, hat folgende Be¬
schaffenheit : Um die Sonne bewegen sich 8 große Planeten (Mercur,
Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun) und mehr
als 100 Asteroiden oder kleine Planeten in dem Raume zwischen
Mars und Jupiter. Um einige der großen Planeten kreisen Nebrn-
ptaneten, auch Trabanten oder Monde genannt, wie z. B. der
Mond um die Erde. Die Größe der Planeten ist sehr verschieden,
wie Fig. 2 zeigt, aus welcher Abbildung zugleich die merkwürdige
Gestalt des Saturn mit seinem Ringe zu entnehmen ist. Zu der
hier abgebildeten Größe der Planeten verhält sich die Sonne wie eine
Kugel von 1 Fuß Durchmesser. Denkt man sich zu diesen angegebenen
Größen noch die richtige gegenseitige Entfernung, so müßte die Erde
9
60 Schritte und der Neptun eine Viertelstunde von der Sonnenkugel
entfernt sein. Alle Planeten und Nebenplaneten werden von der Sonne
erleuchtet und erwärmt.
Fig. 2. Größenverhiiltnisse der Planeten.
Zum Planetensystem gehören auch die Kometen. Bei einigen
derselben kennt man eine regelmäßige Wiederkehr, z. B. bei dem merk¬
würdigen Kometen vom Jahre 1811, Fig. 3, mit einer Umlaufszeit von
2880 Jahren; die meisten jedoch erscheinen unvermuthet am Himmel,
kommen in ihrer Bewegung der Sonne sehr nahe und verschwinden nach
kurzer Zeit. Sie bestehen aus einer so feinen Materie, daß mitten durch
sie andere Sterne sichtbar sind.
3. Die Gestalt -er Erde.
Wenn man von einem erhöhten Standpunkte auf das offene
Meer hinausschaut, so sieht man von einem aus der Ferne kommenden
10
Schiffe zuerst nur die Spitzen der Mastbkume (bei a, Fig. 4); allmählich
scheint das Schiff ans dem Wasser aufzntauchen, bis es dort, wo sich
Fig. 4. Allmähliches Auftauchen des Schiffes aus der Ferne.
das scheinbare Himmelsgewölbe und das Wasser berühren, vollständig
sichtbar wird (bei d). Bei fortdauernder Annäherung scheint das
Schiff gegen den Beobachter am Wasser herabzugleiten, so daß endlich
die Meeresfläche hinter dem Schiffe sichtbar wird (bei o). Diese Er¬
scheinung zeigt, daß die Meeresoberfläche gekrümmt ist, und zwar ist die
Krümmung ein Theil der Kugeloberfläche, weil sie dem Beobachter dann,
wenn er nichts, als Himmel und Meer sieht, kreisrund erscheint. Diese
Kreislinie, in welcher sich das Himmelsgewölbe und die Erde zu be¬
rühren scheinen, heißt Gesichtskreis oder Horizont. Der Horizont ist
11
desto größer, je höher sich der Beobachter befindet. Vom Mastkorbe
eines großen Schiffes kann man ungefähr 3, von einem 10,000 Fuß
hohen Berge 27 Meilen weit sehen. Die hier angegebene Aussichtsweite
gilt für Gegenstände auf der Erde und heißt scheinbarer Horizont. Für-
Gegenstände am gestirnten Himmel ist der Gesichtskreis viel weiter, da
Sterne, die Millionen von Meilen entfernt sind, von uns gesehen wer¬
den. Diesen Gesichtskreis denken wir uns als eine kreisrunde Ebene,
welche mitten durch die Erdkugel geht und wahrer Horizont heißt.
Die runde Gestalt der Erde beweist auch der Erdschatten bei
Mondesfinsternissen, ferner die Aehnlichkeit mit anderen Himmelskörpern,
sowie der Umstand, daß sie schon wiederholt in sehr vielen Richtungen
umschifft worden ist. Eine der jüngsten und bekanntesten Erdum¬
schiffungen ist die des österreichischen Kriegsschiffes „Novara".
Nach den genauesten Ermittelungen hat man gefunden, daß die
Erde ein Sphäroid ist, d. h. eine wie ein Apfel abgeplattete Kugel;
jedoch ist die Abplattung so unbedeutend, daß man die Erde für die
gewöhnliche Betrachtung als eine regel¬
mäßige Kugel anzunehmen pflegll Ein
Durchmesser der Erde ist jede gerade
Linie, welche man sich von einer Seite
der Oberfläche bis zur entgegengesetzten
durch den Erdmittelpunkt gezogen denkt,
die Hälfte dieser Linie, nämlich vom
Mittelpunkte bis zur Oberfläche, ist ein
Halbmesser. Derjenige Durchmesser,
welcher durch die am meisten abgeplat¬
teten Theile der Oberfläche gedacht wird,
ist der kürzeste und heißt Erdare. Ihre
Länge beträgt 1713-Meilen, fast um
6 Meilen kürzer als ein Durchmesser
durch den Aequator. Die beiden End¬
punkte der Erdaxe heißen Pole, der
Fig. 5. Globus.
eine der Nordpol, der andere der Südpol. Die Kreislinie, welche von
beiden Polen gleichweit entfernt um die Erde gedacht wird, heißt Aequator
12
(Gleicher) und ist 5400 Meilen lang. Der Aequator theilt die Erd¬
oberfläche in die nördliche und südliche Halbkugel (Hämisphäre). Alle
durch beide Pole gehenden Kreise sind Mittagskreisr (Meridiane).
Jeder Mittagskreis theilt die Erdoberfläche in eine östliche und westliche
Halbkugel. Parallelkreise sind mit dem Aequator gleichlaufende Kreise,
welche gegen die Pole zu immer kleiner werden, während alle Meridiane
gleich groß sind. Alle diese Linien sind am deutlichsten am Globus,
Fig. 5, verzeichnet, einer Kugel, welche die Erde vorstellt.
4. Die Jahreszeiten.
Fig. 6. Die Jahreszeiten.
Die Erde ist 20'/2 Millionen Meilen von der Sonne entfernt
und hat eine doppelte Bewegung. Durch die Drehung um ihre Axe
13
entstehen Tag und Nacht, durch die Bewegung um die Sonne die vier
Jahreszeiten. Befindet sich die Erde In a, Fig. 6, so ist der Nordpol
mehr gegen die Sonne geneigt, es ist für uns die Zeit des längsten
Tages und der Beginn des Sommers. In b sind beide Pole gegen
die Sonne gleich gestellt, nördliche und südliche Halbkugel empfangen
gleichviel Licht, es ist die Tag- und Nachtgleiche und der Beginn des
Herbstes. In o ist der Nordpol von der Sonne weggewendet, daher
für die Bewohner der nördlichen Halbkugel der kürzeste Tag und der
Beginn des Winters. In ä ist wieder Tag- und Nachtgleiche und der
Beginn des Frühlings. Die gedachte Ebene, in welcher sich die Erde
um die Sonne bewegt, in Fig. 6 durch die große Scheibe vorgestellt,
heißt Ekliptik. Denkt man sich die Ekliptik ringsherum bis an die
Sterne erweitert, so trifft sie mit ihrem Umfange an jene zwölf Gruppen
von Sternen, welche man den Thierkreis (Zodiacus) nennt. Da die
Erde den ganzen Weg um die Sonne in einem Jahre zurücklegt, so
kommt sie im Laufe desselben bei allen zwölf Sternbildern vorüber.
Weil es uns jedoch nach dem Augenschein so vorkommt, als ob sich die
Sonne um die Erde bewegen würde, so pflegt mau zu sagen, die Sonne
Fig. 7. Der Thierkreis.
stehe in diesem oder jenem Thierzei¬
chen, nämlich in demjenigen, welches
sich von der Erde aus gerade hinter
der Sonne befindet, wie X, das
Zeichen der Fische in Fig. 7.
Die zwölf Bilder des Thierkreises
sind: Widder >V, Stier 8,Zwil¬
linge ll, Krebs O, Löwe v,
Jungfrau ttp, Wage Skor¬
pion A, Schütz /, SteinbockZ,
Wassermann ««, Fische X.
Die Erdaxe steht auf der Ekliptik schief, unter einem Winkel von
66 V2 Graden, und ist, wie aus den verschiedenen Stellungen in Fig. 6
zu ersehen, immer nach demselben Punkte am Himmel gerichtet. In
Fig. 8 ist. die Linic H8 die Erdaxe, ro die Ebene der Ekliptik, die eine
Hälfte der Erdkugel im Dunkel, die andere von der Sonne beleuchtet,
14
es ist für uns der kürzeste Tag. Die Sonnenstrahlen fallen senkrecht
auf die südliche Erdhälfte im Punkte r, die Gegend um den Südpol
bis zum Parallel¬
kreise nv hat be-
ständigenTag,um
den Nordpol bis
st ist beständige
Nacht.Nach einem
halben Jahre ist
die Stellung die
entgegengesetzte,!),
h. die Sonne steht
senkrecht über o,
um den Nordpol
ist Tag, um den
Südpol Nacht, op
und gr zu beiden
Seiten des Ae-
quators, 23^
Grade von dem¬
Fig. s. Schiefe der Ekliptik und Verschiedenheit der TageMnge.
selben entfernt, sind die Wendekreise,
st und uv 23'/2 Grade von den Polen
die Polarkreise. An den Polen dauert
der längste Tag 6 Monate, an den
Polarkreisen 24 Stunden, amAequa-
tor sind Tage und Nächte fortwährend
gleich.
Die genannten zwei Paare von
Parallelkreisen theilen die Erde in
5 Zonen. Zwischen den Wende¬
kreisen ox und gr Fig. 9 zu beiden
8
Fig. 9. Die Erdzonen.
Seiten des Aequators ist die heiße, zwischen den beiden Wendekreisen
und Polarkreisen sind zwei gemäßigte, um die beiden Pole bis zu den
Polarkreisen zwei kalte Zonen.
15
5. Die Weltgegenden.
Die Richtung, in welcher wir Mittags die Sonne erblicken,
heißt Süden oder Mittag; dem Süden gerade gegenüber ist Norden
oder Mitternacht; wo die Sonne zur Zeit der Tag- und Nachtgleiche,
nämlich am Beginn des Frühlings und Herbstes aufgeht, ist Men,
Aufgang oder Morgen; dem Osten gegenüber Westen, Untergang
oder Abend. Zwischen diesen Hauptwettgcgendcn liegen die Neben-
mettgegendcn Nordost, Nordwest, Südost und Jüdwest; zwischen den
Haupt- und Nebenweltgegenden sind die Zwischenweltgegenden Nord-
Nordostj Nord-Nordweft, Dst-Nordost, Wcst-Nordwest u. s. w.
Eine kreisrunde Scheibe, auf welcher
die Weltgegenden durch Strahlen be¬
zeichnet sind, heißt Windrose, Fig. 10.
Am leichtesten kann man die Welt¬
gegenden mit Hilfe der Magnetnadel
(Compast) auffinden, welche immer
gegen Norden zeigt; da sie jedoch
nicht ganz genau auf den Nordpol
gerichtet ist, so muß man die Größe
der Abweichung kennen, um bei der
Bestimmung der Weltgegend das richtige zu treffen. In Europa weicht
die Magnetnadel von Norden nach Westen ab und zwar in Moskau um
3, in Krakau 12, in Wien 13, in München 16, in Paris 20 Grade.
Die Landkarten, welche Theile der Erdoberfläche darstellen, sind
so gezeichnet, daß oben Norden, unten Süden, rechts Osten, links Westen
ist. Die auf den Karten gezogenen Meridiane und Parallelkreisc sind
entweder gerade oder krumme Linien und bilden das Gradnetz, welches
dazu dient, um die Lage der Orte genau zu bestimmen. Will man die
Lage eines Ortes oder Landes genau bezeichnen, so geschieht dieses durch
die Angabe des Parallelkreises und Meridians, welche durch den Ort
gehen, oder jener Parallelkreise und Meridiane, zwischen welchen das
Land liegt. Die Parallelkreise zählt man vom Aequator (dem größten
Parallelkreise) gegen die Pole; unter den Meridianen jedoch muß, da
sie alle gleich groß sind, derjenige besonders bezeichnet werden, welcher
ia. 10. Die
16
als der erste gelten soll. In Mitteleuropa gilt gewöhnlich jener Meri¬
dian als der erste, welcher 20" westlich von Paris, nahe bei der Insel
Ferro vorübergeht. Die Ausdehnung vom Aequator gegen die Pole
heißt die geographische Breite, die Ausdehnung von Westen nach Osten
die Länge. Man zählt an den Parallelkreisen die Breitengrade, an den
Meridianen die Längengrade. Die Breitengrade werden nördlich und
südtich vom Aequator, die Längengrade östlich und westlich vom ersten
Meridian gezählt. Wien liegt z. B. am 48" 12^ nördlicher Breite und
34" 2^ östlicher Länge, Buenos-Ayres in Südamerika am 38" südlicher
Breite und 41" westlicher Länge.
6. Der Mond.
Fig. II. Der Mond.
Der Mond ist 52.000 Meilen von der Erde entfernt und hat
einen Durchmesser von 454 Meilen. Seine Oberfläche, Fig. 11, zeigt
17
große Unebenheiten und besonders auffallend sind die vielen Ring¬
gebirge (z. B. 1. Archimedes; 2. Plato; 3. Copernicus; 4. Kepler;
21. Aristoteles). Er besitzt weder Luft noch Wasser und darum können
sich Pflanzen und Thiere auf ihm nicht befinden. Wie die Erde um die
Sonne, bewegt sich der Mond um die Erde, von West nach Ost, Fig. 12,
Fig. IS. Mondvhasen.
wobei er in einem Jahre etwas mehr als 12 Umläufe vollendet. Be¬
findet er sich in n, so sehen wir am Abend die Hälfte seiner von der
Kozenn, Geographie. 2
18
einen schwachen aschfarbigen
Fig. IS. Der Mond im Erbschein.
Sonne erleuchteten Halbkugel in Gestalt eines v (erstes Viertel). Nach
einer Woche ist in d die ganze erleuchtete Halbkugel der Erde zugewendct
(Vollmond). Abermals uach einer Woche erscheint er am Morgen in
o in Gestalt eines 6 (letztes Vicrtet). Endlich ist er nach einer weiteren
Woche in ä, wo seine von der Sonne beleuchtete Hälfte von der Erde
weggcwendet ist (Neumond). Wenn der Mond dieser Stellung sehr
nahe ist und daher als eine ganz schmale Sichel erscheint, so sieht man
den übrigen Theil seiner Scheibe durch
Schimmer erhellt, Fig. 13. Diese Er¬
scheinung rührt daher, daß zur Zeit des
Neumondes die ganze von der Sonne
erleuchtete Erdhälfte dem Monde zuge¬
kehrt ist. Die Mondnacht ist zu dieser
Zeit durch den vollen Erdschein er¬
leuchtet. Alle diese verschiedenen Er¬
scheinungen des Mondes heißen Mond¬
phasen.
Fig. 14. Sonnenfinsterniß.
Gelangt der Mond in die gerade Linie zwischen Sonne und Erde,
Fig. 14, so hat jener Theil der Erdoberfläche, auf welchen der Mond¬
schatten fällt, eine Sonnenfinsterniß, die daher nur zur Zeit des Neu¬
Fig. IS. MondeSfinsterniß.
mondes eintrcten kann; ist hingegen die Erde in der geraden Linie
zwischen Sonne und Mond, so entsteht eine Mondessinstcrniß, Fig. 15,
19
die nur zur Zeit des Vollmondes möglich ist. Diese Verfinsterungen
oder Eklipsen, welche nur an gewissen Durchschnittspunkten der Sonnen¬
bahn und Mondbahn stattsinden können, haben für die Sonnenbahn (oder
eigentlich Erdbahn) den Namen Ekliptik
veranlaßt. Wenn uns der Mond die
ganze Sonnenscheibe verdeckt, so haben
wir eine totale (gänzliche), wenn nur ein
Theil der Sonne bedeckt wird, eine par¬
tiale (theilweise) Sonnenfinsterniß. Das¬
selbe gilt von den Mondesfinsternissen.
Eine ringförmige Sonnenfinsterniß, Fig.
16, entsteht dann, wenn die Mitte der
Sonnenschcibc durch den Mond verdeckt
Sig.w.Ringsörnng-Somieiifinstcrnii;. der Rand aber sichtbar bleibt.
Um die Größe der Bedeckung bei einer partialen Finsterniß anzugeben,
denkt man sich den Durchmesser der Sonnenscheibe in 12 gleiche
Theile (Zolle) getheilt und den verdeckten Theil in Zollen ausgedrückt
Fig. 17. Partiale Verfinsterungen nach Zollen bezeichnet.
Fig. 17 zeigt eine Verfinsterung von 3, eine von 6 und eine von
s Zoll.
2'
II. Physische Geographie.
7. Das Festland in horizontaler Ausdehnung.
Von der Erdoberfläche ist nicht viel mehr als der vierte Theil '
festes Land, alles übrige ist vom Wasser bedeckt. Im Alterthum unter¬
schied man zuerst eine Morgenhälfte und eine Abendhälfte der Erde,
Asten und Europa (Orient und Occident). Etwas später fing man an,
das im Mittag gelegene Libyen, nachher Afrika genannt, als dritten
Erdtheil zu betrachten. Zu diesen als alte Welt bezeichneten Erdtheilen
kam die durch Christoph Columbus im Jahre 1492 entdeckte neue
Welt oder Amerika als vierter und noch später Australien als fünfter
Erdtheil. Mit Erdtheilen gleichbedeutend sind die Bezeichnungen Welt-
thcilc oder Contincnte.
Kleinere vom Wasser umgebene Landstücke heißen Inseln, ganz
kleine Inseln Eilande. Viele Inseln nahe bei einander bilden Insel¬
gruppen oder Archipel; liegen sie reihenweise hintereinander, so ge¬
stalten sie sich zu Inselrcihen.
Das feste Land hat in seiner horizontalen Ausdehnung sehr
mannigfaltige Formen. Landmassen, welche auf einer Seite mit dem
Festlande Zusammenhängen, an den übrigen Seiten aber vom Meere
umflossen sind, nennt man Halbinseln, kleinere schmale Vorsprünge
Landzungen, eine bergige in das Meer ragende Spitze Vorgebirge
oder Cap. Landenge oder Isthmus ist ein schmaler Landstreifen, der
zwischen zwei MeereÄheilen größere Landmassen miteinander verbindet.
Der Rand des Landes am Meere heißt Ufer, Küste, Gestade, ein
niedriges sandiges Ufer Strand.
21
Ein Festland ist um so zugänglicher, dem Verkehre destomehr
geöffnet, daher der Gesittung und Bildung der Menschen desto günstiger,
je mehr Halbinseln und Landzungen es besitzt, je größer also seine Gliede¬
rung und Küstcmntwicklung ist. Unter den Continenten hat Europa
die größte, Afrika die geringste Gliederung und Küstenentwicklung, die
Europäer sind in der Gesittung ani meisten vorgeschritten, die Afrikaner
am weitesten zurückgeblieben.
8. Das Festland in vertiraler Erhebung.
Die Bodenverschiedenheit des Festlandes läßt sich im Allgemeinen
in drei Hauptformen zusammenfassen: Tiefland, Stufenland, Hoch¬
land. Das Tiefland wird zur Niederung, sobald es wenig über den
Meeresspiegel erhaben ist, zur Tiefebene, wenn die Oberfläche keine
bedeutenden Erhöhungen und Vertiefungen hat. Den Uebergang vom
Tiefland zum Hochland bildet das Stufenland, welches meistens aus
mehreren Absätzen besteht. Das Hochland liegt bedeutend höher über
dem Meere, als die beiden anderen Formen. Hat es auf seiner Ober¬
fläche keine großen Unebenheiten, so ist es eine Hochebene, Plateau
(spr. Platoh), und wenn weit ausgedehnt, ein Tafelland. Das größte
Hochland ist Jnnerasien, das größte Tiefland Osteuropa in Verbindung
mit Sibirien.
Der Form nach gibt es isolirte Berge, die sich einzeln aus der
Ebene erheben, — Masfengebirge oder Berggruppen, in denen sich
kein bestimmter Hauptrücken nach irgend einer Richtung zeigt, —
Kammgebirge mit einem in ganz bestimmter Richtung fortlaufenden
Hauptzug, — Kettengebirge aus mehreren nebeneinander hinziehenden
Kämmen besteheno. Jene Stellen, wo sich mehrere Gebirgskämme ver¬
einigen, heißen Gebirgsknoten; häufen sich dabei große Bergmassen
an, so bilden sie einen Bergstock. Senkungen in den Kämmen heißen
Joche, über welche gewöhnlich die Gebirgsstraßen oder Pässe führen.
Die höchste Stelle im Passe heißt Schcideck. Der untere Theil des
Berges ist sein Fus;, der mittlere die Abdachung, der oberste Gipfel,
für welchen mancherlei Bezeichnungen, als Spitze, Pik, Hokn,
Koppe im Gebrauche sind. Die einfachste und regelmäßigste Berg-
22
form zeigen Vulkane oder feuerspeiende Berge mit ihrer Kegelgestalt.
Fig. 18.
Fig. 18. Vulkan auf der Insel Barren im Busen von Bengalen.
Nach der Höhe sind hauptsächlich Hochgebirge und Mittelgebirge
zu unterscheiden, während das niedrigere Gebirge allmählich ins Hügel¬
land übergeht. Die Hochgebirge oder Alpen haben meist zackige Formen.
Biele erheben sich über die Schneclinie, d. h. jene Höhe, auf welcher der
Fig. 19. Montblancgruppe. a) Gipfel des Montblanc, b) Gletscher.
Schnee beständig liegt. Großartige Erscheinungen in den Hochgebirgen
sind die Gletscher, d. h. riesige Eismassen, welche von der Schneelinie
23
ost tief in die Thäler herabziehen, Fig. 19, und Lawinen, d. i. Schnee¬
massen, welche sich an den Bergen loslösen und plötzlich mit großer
Gewalt in die Thäler herabstürzen. Die Mittelgebirge haben eine
Höhe von 2000 bis 5000 Fuß, runde Formen und meist breite Gipfel.
Niedriger als die Mittelgebirge sind die Landrücken, d. i. in einer Reihe
fortlaufende Erhöhungen von bedeutender Länge, aber mäßiger Höhe,
die aus einer weiten Tiefebene hervorragen.
Bei den Höhenangaben der Berge wird die absolute Höhe, d. h.
die Erhebung über dem Meeresspiegel verstanden, während die relative
Höhe nur die Erhebung über das unmittelbar anliegende Land bedeutet.
9. Das Meer.
Die zusammenhängende Wassermasse, welche den größeren Theil
der Erdoberfläche bedeckt und die fließenden Gewässer in sich versammelt,
heißt Weltmeer oder Dcean. Ein von mehreren Seiten eingeschlossener
Meerestheil wird Meerbusen oder Golf, auch Bai, ein kleiner Busen
Bucht, der äußere Theil derselben mit Ankergrund für die Schiffe Rhede
genannt. Ein schmaler und langer Busen zwischen hohen und steilen
Küsten heißt Hord. Der Hafen ist ein kleiner Busen, in welchem die
Schiffe vor Stürmen gesichert sind. Ein schmaler, auf zwei Seiten vom
Lande eingeengter Meerestheil heißt Meerenge, Canal, Straße, Sund,
Passage (spr. Passasche). Das Binnenmeer ist ein vom Lande bis auf
eine Meerenge eingeschlossener großer Meerestheil. Reihen von Sand¬
hügeln längs der Küste heißen Dünen, Erhöhungen des Meeresgrundes
bis nahe zum Meeresspiegel Untiefen oder Bänke. Klippen sind Bänke
aus festem Gestein, Reihen von Klippen bilden ein Rifs.
Dem Herkommen nach unterscheidet man fünf Hauptmeere:
1. Das nördliche Eismeer oder arktische Polarmeer um
den Nordpol bis zum Polarkreis. Aus diesem Meere treiben selbst in
der warmen Jahreszeit große Eismassen, sogenannte Eisberge von
wunderlicher Gestalt und den Schiffen sehr gefährlich gegen Süden, bis
sie in den wärmeren Himmelsstrichen zusammenschmelzen, Fig. 20.
2. Der atlantische Bccan zwischen Europa, Afrika, Amerika uud
den beiden Polarkreisen.
24
3. Der indische Drean zwischen Afrika, Asien, Neuholland und
dem südlichen Polarkreise.
Fig. 20. Schwimmender Eisberg.
4. Der große Drean, etwa ein Drittel der gesammten Erd¬
oberfläche, erhielt von dem ersten Weltumsegler Magelhaens, wel¬
cher eine ruhige Fahrt auf demselben hatte, den Namen des stillen
Ocean s, von einem anderen Entdecker, der ihn von der Landenge
von Panama aus erblickte, den Namen Südsee, welche Bezeichnung
bei den Seefahrern sehr gebräuchlich ist. In neuerer Zeit ist er ein
Hauptschauplatz des Weltverkehrs geworden.
5. Das südliche Eismeer oder antarktische Polarmeer um
den Südpol bis zum Polarkreis.
Die größte Meerestiese (2 Meilen) wurde bisher im südlichen
Theile des atlantischen Oceans gemessen. Die Farbe des Meerwassers
ist eine sehr verschiedene und wechselnde. Bei heiterem sonnigen Himmel
erscheint das Meer blaugrün, bei bedecktem Himmel grau, bei einem
dem Ausbruch nahen Gewitter zuweilen ganz schwarz. Die Durch¬
sichtigkeit nimmt mit der Entfernung von der Küste zu, und ist in den
kalten Zonen größer als in den heißen; im nördlichen Eismeere kann
man zuweilen in einer Tiefe von 500 Fuß noch Meeresgrund und
Muscheln sehen. Die Wärme nimmt mit der Tiefe ab. Der Geschmack
25
ist bittersalzig, daher das Meerwasser für den Menschen ungenießbar.
Der große Salzgehalt nnd die beständige Bewegung läßt das Meer
nicht leicht gefrieren. Eine besonders anziehende Erscheinung ist das
Leuchten des Meeres, hervorgerufen durch zahllose kleine Seethiere;
bald leuchten einzelne Punkte, bald weite Flächen, bald zieht das Schiff
eine Feuerfurche hinter sich, bald ist das Meer weit in seine Tiefen vom
Lichte erfüllt.
Der Meeresbodrn ist uneben wie das feste Land, hat seine
Höhen und Tiefen, seine Hochländer und Thäler, die bisweilen nackt,
bisweilen üppig mit Pflanzen bedeckt sind. In den Tropengegenden
unter einer wärmeren Sonne wird inan des wunderbaren Anblicks der
„unterseeischen Gärten" theilhaft. Wenn man im caraibischen
oder indischen Meere auf ruhiger Meeresfläche schwebt, so sieht man
durch das krystallhelle Wasser bis zu einer Tiefe von 100 bis 150 Fuß
den Meeresgrund mit Wasserpflanzen und Korallen wie mit einem
Walde bedeckt, Fische in ihren glänzenden Farben sich durch diese
Meereswälder bewegen, dabei wird man durch die.Klarheit des Wassers
so getäuscht, daß man meint, mit der Hand erreichen zu können, was
oft haushoch unter dem Beschauer liegt.
Das Meer ist in beständiger Bewegung. Der Wellenschlag ent¬
steht durch den Stoß des Windes, das An- und Zurückprallen der
Wellen an steilen Küsten heißt Brandung. Brandungswellen können
im Sturme eine unglaubliche Höhe erreichen; während aber das Meer
oben stürmt und tobt, herrscht unten Stille und Ruhe, denn schon in
90 Fuß Tiefe hört die Wirkung selbst der heftigsten Stürme völlig auf.
Neben den unregelmäßigen Bewegungen des Wellenschlages hat das
Meer ein regelmäßiges, täglich zweimal wiederkchrendes Fallen und
Steigen, Ebbe und Fluth, oder die Gezeiten. Die Muth wird durch
die Anziehung des Mondes bewirkt und ist stärker bei Neumond und
Vollmond (Springsluth), als im ersten und letzten Viertel (Nippflulh).
Außerdem gibt es noch beständige Strömungen des Meeres nach be¬
stimmten Richtungen, theils durch die Axendrehung der Erde, theils
durch Wärmeunterschiede des Wassers in den verschiedenen Meeres-
theilen hervorgebracht. So führen Polarströmungen das kältere
26
Wasser gegen den Acquator. Die Aeguatorialströmungen bewegen
sich im Allgemeinen von Ost nach West; durch den Widerstand mancher
Küsten wird die Richtung in gewundene Bahnen abgelenkt. Auf solche
Art entsteht der große atlantische Golfstrom südlich vom Cap der
guten Hoffnung, wendet sich in den mcxicanischen Busen, tritt
zwischen Florida und Cuba heraus, bewegt sich nach Nordost, erreicht
die nördlichen Theile von Europa, dessen Kälte er durch sein warmes
Wasser ungewöhnlich mildert und bringt große Mengen von Treibholz
bis an die Küsten des Polarmeeres. Die zunehmende Kcnntniß solcher
Strömungen mit der Benützung der periodischen Winde und der
Dampfkraft ist für die Schiffahrt so einflußreich, daß eine Reise um
die Welt, sonst eine Aufgabe mehrerer Jahre, gegenwärtig in 3^ Mo¬
naten vollendet werden kann (mit einem Kostenaufwande von etwa
3000 fl. für die Person).
10. Die Lan-gcwälser.
Alles Wasser auf der Erde ist in beständiger Bewegung, in
dauernden! Kreislauf begriffen. Die aus dem Meere aufsteigenden
Dünste bilden Wolken, um als Regen oder Schnee niederzufallen, in
die Erde einzudringen und als Auclle wieder zum Vorschein zu kommen.
Die Quellen, denen im Allgemeinen der Eindruck des Frischen und
Fröhlichen eigenthümlich ist, sind von mancherlei Beschaffenheit. Die
meisten fließen fortwährend, andere nur zu gewissen Zeiten (Hunger¬
quellen). Die Mineralquellen enthalten viele mineralische Be-
standtheile und äußern eine heilkräftige Wirkung. Warme Quellen
oder Thermen kommen meist aus großer Tiefe. Die merkwürdigsten
darunter sind die heißen Springquellen, wie der berühmte heil¬
kräftige Sprudel zu Karlsbad in Böhmen, der 6 bis 8 Fuß hoch über
den Erdboden springt, oder die periodischen Springquellen in Island,
unter denen der große Geyser, Fig. 21, zeitweilig bis zu einer
Höhe von 150 Fuß emporschießt.
Die Quellen vereinigen sich zu Bächen, die Bäche zu Flüssen,
die Flüsse zu Strömen. Ein Hauptfluß fließt in das Meer und nimmt
Nebenflüsse auf, in welche sich die Zuflüsse ergießen. Der Küstenfluß
27
hat nur an der Küste einen kurzen Lauf ohne bemcrkcnswerthe Neben¬
flüsse, der Stcppcnfluls verliert sich im Sande oder ergießt sich in einen
Fig. SI. Der große Gehler in Island.
Landsee ohne Abfluß. Der Ausfluß in das Meer oder in ein anderes
größeres Gewässer heißt Mündung. Schaut man dem fließenden
Wasser nach, so hat man zur rechten Hand das rechte und zur linken
28
das linke User. Der Wildbnch hat bei trockenem Wetter ein leeres
Bett, bei Regenwetter oder Schneeschmelzen kann er zum reißenden
Strome werden. Ein Plötzlich eintretendes sehr steiles Gefälle bildet
einen Wasserfall, ein Wasserfall in mehreren niedrigen Absätzen heißt
Casradc oder Katarakt. Zu den berühmtesten Wasserfällen gehört der
70 Fuß hohe Rheinfall bei Schaffhausen, Fig. 22, und der ISO Fuß
hohe Niagarafall in Nordamerika.
Fig. SS. Der Rheinfall bei Schaffhausen.
Der oberste Theil des Flußlaufes mit meist starkem Gefälle
zwischen steilen Ufern heißt Dberlauf; im Mittellauf ist weniger
Gefälle und ein breiteres Bett; der Unterlauf hat kaum merkliches
Gefälle zwischen niedrigen Ufern, der Fluß bildet durch seine Spaltung
häufig Flußinseln, Werder oder Auen, und mündet endlich durch
mehrere Arme in das Meer, wodurch ein Delta entsteht, wie man das
zwischen den Mündungsarmen befindliche Land zu nennen pflegt. Aus¬
gezeichnete Beispiele solcher Mündungen geben der Nil und die Donau.
Hass heißt ein stehendes süßes Gewässer an der Flußmündung, durch
eine Landzunge oder Nehrung vom Meere geschieden. Durch den trägen
Lauf der Flüsse in den Ebenen entstehen mancherlei Arten des Weich-
29
bodens, die man mit Sumpf, Morast, Moor, Moos, Bruch be¬
zeichnet. Viel solcher Beispiele hat man insbesondere in Norddeutsch¬
land, sowie in Ungarn an der Theiß. Küstensümpfe pflegt man Lagunen
zu nennen, welches Wort übrigens auch bei sehr seichten, den Sümpfen
ähnlichen Landseen im Gebrauche ist.
Die Länge des Flusses mit allen seinen Krümmungen heißt
Stromcntwicklung; der ganze Landstrich, der einem Flusse sein Wasser
zusendet, ist dessen Flußgebiet, die Grenze zwischen zwei Flußgebieten
nennt man die Wasserscheide.
Die Flüsse bewegen sich im Gebirge auf dem Grunde von
Spalten oder Thälcrn. Man unterscheidet bei einem Thale die untere
Fläche oder Johle und die Thalwände oder Gehänge. Die Hauptthälcr
scheiden größere Gebirgsmassen von einander und nehmen Neben- und
Seitenthälcr auf, die sich in das Innere des Gebirges verzweigen.
Die Langenthaler stimmen mit der Hauptrichtung des Gebirgszuges
überein, die Buerthäler sind rechtwinklig darauf gestellt und endigen
oft in Schluchten mit steilen und zerrissenen Wänden. Klamm nennt
man eine bedeutende Thalverengerung, in welcher das Wasser zusam¬
mengedrängt an Geschwindigkeit zunimmt und Stromschncllen erzeugt.
Wenn der Fluß im Gebirge große Vertiefungen anfüllen muß,
bevor er weiter fließen kann, so entsteht ein Gebirgssee, wie beispiels¬
weise die vielen Seen in den Alpen und in Schweden; Niederungssccu
hingegen füllen tue Einsenkungen der Tiefebenen und zu ihnen gehören
die größten Land lern. Kratrr- und Trichtcrseen sind meist mit Wasser
erfüllte vulkanische Trichter. Seen mit Abfluß ohne sichtbaren Zufluß
sind Nucllsecn. Die meisten Seen sind Süßwasserseen, andere
Salzseen, wie die vielen Stcppcnsecn Asiens, die keinen Abfluß haben.
Während die größten Ströme der heißen Zone angehören, finden sich
die größten und meisten Landseen in der gemäßigten und kalten Zone
der nördlichen Halbkugel. Die Seen machen in der Landschaft den
Eindruck eines angenehmen Wechsels, insbesondere haben Bergaus¬
sichten mit Einblick auf einen Seespiegel einen großen Reiz.
30
11. Der Luftkrris.
Der Luftkreis umgibt die Erde bis zu einer Höhe vou 8 Meilen
und ist der Schauplatz der Lusterschcinungen oder Meteore. Die Dich¬
tigkeit des Lustkreises nimmt von unten nach oben ab, seine Haupt-
bestandtheile sind die athembare Luft uud Wasserdampf. Den unteren
Theil bis zur Höhe einer Meile nennen wir Dunstkreis oder Atmo¬
sphäre, und in diesem Theile des Luftmeercs bewegt sich unser Leben.
Noch beweglicher als das Wasser vermag die Luft mit großer Ge¬
schwindigkeit ihren Ort zu verändern. Bewegte Luft macht sich als Wind
Fig. 23. Wasserhose am Rhein.
fühlbar. Heftige Winde werden zu Stürmen, die heftigsten Stürme
heißen Brknne. Bei herannahenden Gewittern entstehen Wirbelwinde;
31
nehmen sie einen größeren Umfang an, so werden sic zu Wrttcrsäulcn;
schreiten die Wettersäulen über das Wasser, so wird dieses in wirbelnder
Bewegung in die Höhe gezogen und es entstehen die Wasserhosen, Fig. 23.
In der heißen Zone herrscht eine große Regelmäßigkeit der Winde. Nörd¬
lich vom Acquator bis zum 10" N. B. ist die Region der Windstillen;
zu beiden Seiten dieser Region sind ungefähr 20" breite Zonen, in
welchen beständig von Ost gegen West die durch die Axendrehung der
Erde verursachten Passatwinde wehen. Die Land- und Seewinde
wehen an den Küsten der Meere und größeren Landseen bei Tage von
Fig. L-r. WoNensormeii.
der See nach dem Lande, bei Nacht vom Lande nach der See. Zu den
bekanntesten heißen Winden gehören der Samum in Arabien, der
Chamsin in Aegypten, der Harmattan in Westafrika, der Srirocro
(spr. Schiroko) in Italien; als kalte Winde sind berüchtigt die WMga
32
in den russischen Steppen, die Bora im österreichischen Küstenlande, der
Mistral im Rhonethal.
Unter die wässerigen Lufterscheinungen gehören: Th au und
Reif, Nebel und Wolken, Regen und Schnee. Alle zusammen
begreift man unter dem Namen Nitderschlag. Von den Wolken werden
vier Hauptformen unterschieden, Fig. 24: a) Federwolke; b) Haufen¬
wolke; o) Schichtwolke; ck) Regenwolke.
Die Menge des Niederschlages nimmt im Allgemeinen vom
Aequator gegen die Pole ab. Die Küste von Peru, die Wüste Sahara,
theilweise Aegypten, Palästina, dann die Tafelländer Arabien, Iran
und Hochasien sind regenlose Gebiete. Bei hinreichender Kälte erfolgt der
Niederschlag in fester Form als Schnee. Steht die Kälte nur wenig unter
Fig. 25. Schneeflocken bei mäßiger ..»
Kälte. Frg. 26. Schneeflocken ber größerer Kalte.
dem Gefrierpunkt, so beobachtet man an den Schneeflocken die in Fig. 25
abgebildeten Formen; ist die Kälte größer, so werden Eisblättchen und
die aus ihnen gebildeten Zusammensetzungen wie Fig. 26 häufiger;
sinkt die Kälte unter 120 R., so findet kein Schneefall statt.
Zn den prachtvollsten Erscheinungen des Luftkreises gehört das
Nordlicht, Fig. 27, durch welches häufig die langen Winternächte jen-
33
seits des Polarkreises erhellt werden. Je weiter man sich vom Nordpol
entfernt, desto seltener wird diese Erscheinung, deren eigentliches Wesen
uns noch räthselhaft ist.
Fig. 27. Das Nordlicht.
Alle die größeren Veränderungen im Luftkreisc, welche im Laufe
eines Jahres vor sich gehen, das eigenthümliche Verhalten in Hinsicht
auf Wärme und Kälte, Trockenheit und Nässe, in Bezug auf den Wechsel
der Jahreszeiten, bilden zusammengenommen das Klima. An den
Meeresküsten und auf den Inseln ist der Unterschied in der Wärme der
verschiedenen Jahreszeiten nicht bedeutend, und ein solches Klima heißt
Serklima. Im Innern der Continente hingegen wechseln unter den
gemäßigten und kälteren Himmelsstrichen heiße Sommer und sehr kalte
Winter oder es herrscht das Continentalklima.
Kozenn, Geographie. 8
34
12. Geographische Verbreitung der Manzen und Thiere.
Die Verbreitung lebender Wesen auf der Erde ist Gegenstand
eines wichtigen Theiles der Erdkunde; erst so erhält man ein anschau¬
liches Bild der Erdoberfläche zum vollständigen Ganzen.
Die Pflanzen bilden gleichsam das Kleid des Erdbodens. Die
Art, in der sie einwirken, ob als bunte Wiesen und Matten oder
als düstere braune Haid en, ob als wogende Kornfelder oder als
stolz sich erhebende Wälder, das gibt einer Gegend ihren landschaft¬
lichen Ausdruck. Jede Zone hat ihre besonderen Schönheiten: die
warmen Himmelsstriche Größe nnd Mannigfaltigkeit der Pflanzen¬
formen, unser gemäßigtes Klima den kräftig-heiteren Laubwald wie
den würzig-dnftenden Nadelwald, der Norden seine saftig-grünen
Wiesen. Je weiter gegen die Pole, desto zwerghafter werden die Pflan¬
zen; je näher zum Aequator, desto reicher ist die Entwicklung des Pflan¬
zenlebens, Blätter und Blütchen erreichen eine erstaunliche Größe, die
Pflanzensäfte veredeln sich unter der brennenden Sonne zu Balsam und
Gewürzen, die Urwälder zeigen sich in aller ihrer Größe und Pracht.
Landstriche, in denen Pflanzen gar nicht oder nur sehr sparsam gedeihen,
heißen Wüsten; einzelne anbaufähige und bewohnte, mit Quellen ver¬
sehene und von Hügelzügen umgebene Stellen in den Wüsten nennt
man Basen. Steppen haben Hoch- und Niederkraut, welches in der
Regenzeit üppig wächst, im Sommer aber verdorrt und verbrennt;
Haiden sind weithin sich auSdehnende Ebenen, welche meist sandig und
unfruchtbar, an manchen Stellen sumpfig und hie und da mit Kiefer¬
wald und Haidekraut bewachsen sind. Die ungeheuren Grasebenen in
Nordamerika werden Savannen und Prärien, die ausgedehnten Steppen
in Südamerika Pampas und Llanos (spr. Ljanos) genannt.
Wie vom Aequator gegen die Pole, so ändert sich die Pflanzen¬
decke an den Gehängen hoher Gebirge allmählich bei zunehmender Höhe.
Der Bewohner der heißen Zone kann, wenn er aus der Niederung zu
den Schneegipfeln seiner Berge steigt, nacheinander alle Pflanzengestal¬
ten der Erde, von der majestätischen Palme der heißen Tiefebene bis zu
den winzigen Moosen und Flechten der Schneeregion beobachten. Jede
35
Pflanze hat ihre ursprüngliche Heimat und einen bestimmten Ver¬
breitungsbezirk; doch hat der Mensch für viele nützliche Pflanzen den
Verbreitungsbezirk sehr erweitert, und manches Culturgewächs, wie die
Kartoffel, ist gegenwärtig fast über die ganze Erde verbreitet.
Wie die Pflanzen, so stehen auch die Thiere in Abhängigkeit vom
Klima, und nur wenige sind so geartet, daß sie in verschiedenen Klimaten
leben können, z. B. der Hund, der treueste Begleiter des Menschen. Die
heiße Zone beherbergt die riesenhaftesten und prächtigsten Landthiere,
zugleich aber auch die reißendsten und giftigsten: Elephanten, Löwen,
Tiger, Giraffen, Strauße, Papageien, Riesenschlangen und Krokodile.
In den gemäßigten Zonen wird auch das Thierreich mäßiger und ge¬
wöhnlicher, nur die Raubthiere aus dem Hunde- und Bärengeschlecht
erstrecken sich weit gegen den Norden; die Vögel sind weniger bunt,
doch sangreichcr, giftige Jnsecten verschwinden mehr und mehr mit zu¬
nehmender geographischer Breite. Eine Veränderung des Klimas wirkt
mannigfaltig auf die Thiere bei ihrer Einführung in andere Himmels¬
striche; Bedeckung und Färbung und sogar der Instinkt des Thieres
kann sich ändern. So sammeln die Bienen in Westindien keinen Honig,
die Hunde verlieren in Ostindien ihre Stimme und ihre Brauchbarkeit
für die Jagd. Jene Thiere, welche starke Wechsel in den Jahreszeiten
zu ertragen nicht fähig sind, wählen für verschiedene Theile des Jahres
verschiedene Erdstriche zu ihrem Aufenthalte, wie die Zug- oder Wander¬
vögel. Im Meere gibt es zwar keine festen klimatischen Grenzen, doch
ist auch hier die heiße Zone in ihren Thierformen mannigfaltiger, während
die Polargegcnden wenigerArten, diese aber in zahllosen Schaaren besitzen.
3*
III. Politische Geographie.
13. Der Mensch.
Die politische Geographie betrachtet die Erde als den Wohnsitz
des Menschen und umfaßt die allgemeine Menschen- nnd Völkerkunde
oder Ethnographie und die Itaatenkunde.
Ausgestattet mit der Fähigkeit, sich den Mannigfaltigsten klimati¬
schen Verhältnissen anzuschmiegen, ist der Mensch an keine bestimmte
Zone, an keine bestimmte Nahrnngsweise, daher an keinen bestimmten
Wohnungsbczirk gefesselt. Mit geistigen Kräften begabt, mit welchen er
sich die Naturgewalten bis zu einem gewissen Grade dienstbar machen
kann, ist er ein Bürger der ganzen Erde.
Man nimmt an, daß sich mehr als 1300 Mill. Menschen auf der
Erde befinden. Diejenigen, welche uns gegenüber auf der anderen Seite der
Erdkugel wohnen, heißen Gegenfüßler (Antipoden). Nach Abstam¬
mung, Gestalt und Farbe unterscheidet man 5 Menschenstämme: 1. die
Kaukasischen Völker mit Heller Haut, in Vorderasien, Nordafrika,
Europa und von hier nach Amerika und Australien verbreitet; 2. die
Mongolen mit weizengelber Farbe, im östlichen und nördlichen Asien;
3. die Malaien mit zimmtbrauner Haut, über die Inseln im indischen
und großen Ocean verbreitet;, 4. die Neger mit brauner oder schwarzer
Haut und'wolligem Haar, in Afrika südlich von der Sahara; 5. die
Indianer von rothbrauner Farbe, in Amerika. Die in Mittel- und
Südamerika gebornen Nachkommen von Europäern heißen Creolen,
die Abkömmlinge von Europäern mit Negern Mulatten, von Euro¬
päern mit Indianern Mestizen.
37
Nach der Verschiedenheit der Religion unterscheidet man Bekenner
rim'sGottes: Christen von verschiedenenConfessionen, alsKatholiken,
Protestanten, Griechen; Juden; Mohamedaner in zwei großen
Abtheilungen der Sunniten (Türken) und Schiiten (Perser). Be¬
kenner mehrerer Götter oder Heiden: Brahmancn in Ostindien, Bud¬
dhisten in Ostindien, China und Japan; Schamanen mit dem Glauben
an Zauberei und der Furcht vor bösen Geistern in Centralasien und
Sibirien; dieFetischdiencr, auf der niedrigsten Stufe des Heidenthumes,
wozu die Neger gehören, verehren ganz geringfügige Gegenstände, selbst
Klötze und Holzpuppen, als ihre Schutzgeister.
Jene Völker, welche vorzugsweise von den Früchten wildwachsender
Pflanzen, nebenbei von der Fischerei und Jagd leben und fast keineKlei-
dung besitzen, heißen Wilde. Völker, welche mit ihren Viehherden ein
wanderndes Leben führen und unter Zelten wohnen, werden Nomaden
genannt. Ansässige Völker bebauen den Boden und treiben Künste,
Gewerbe und Handel.
Nur ansässige Völker bilden Staaten, d. h. Vereine von Men¬
schen, welche unter bestimmten Gesetzen zu dem Zwecke vereinigt sind,
um in äußerer Ruhe und Sicherheit zu leben und ihrer geistigen Ent¬
wicklung eine besondere Aufmerksamkeit widmen zu können. Diese Zwecke
bestimmen den Werth einer staatlichen Verbindung mehr als jede andere
Rücksicht; daher die Grenzen der Staaten oder die politischen Grenzen,
wenn sie nicht zugleich natürliche durch die Gebirge und Meere be¬
zeichnete Grenzen sind, selten mit den Grenzen der einzelnen Volks¬
stämme, d. i. mit den Sprachgrenzen übercinstimmen.
In jedem geordneten Staate müssen die bestehenden Gesetze aus¬
geführt, nach Bedürfniß abgeändert und neue gegeben, die gemeinsamen
Ausgaben besorgt werden. Die Art und Weise, in welcher dieses ge¬
schieht, bestimmt die Verfassung des Staates. Ist die höchste Macht nur
Einem übertragen, so ist der Staat eine Alleinherrschaft oder Monar¬
chie; führt der Herrscher die Regierung allein, kann er ganz selbstständig
Gesetze geben und abändern, so ist die Monarchie unbeschränkt und die
Re'gierungsform ist dann der Absolutismus; ist durch Grundgesetze
die Gesetzgebung und Überwachung der Staatsausgaben zwischen dem
38
Monarchen und den Vertretern einzelner Stände oder des gesammten
Volkes getheilt, so ist der Staat eine beschränkte oder konstitutionelle
Monarchie. Ist die höchste Gewalt Mehreren übergeben, so heißt der
Staat Republik. In demokratischen Republiken übt eine aus dem
Volke gewählte Versammlung, in aristokratischen ein Ausschuß der vor¬
nehmsten Familien die höchste Macht. Jede dieser Regicrungsformen
hat für bestimmte Verhältnisse ihre besonderen Vorzüge, jede kann aber
auch bei der Unvollkommenheit der menschlichen Natur durch Mißbrauch
ausarten. Die Ausartung der Monarchie ist der Despotismus, wenn
der Herrscher nach Willkür über Leben, Freiheit und Besitz seiner Nnter-
thanen verfügt; die Aristokratie artet in Dligarchie aus, wenn einige
Gewalthaber widerrechtlich in den Besitz der höchsten Macht gelangen;
die Demokratie verwandelt sich in Bchlokratie oder Pöbelherrschaft,
wenn die ungebildete und besitzlose Menge die Herrschaft an sich reißt.
Die Ochlokratie ist immer nur von kurzer Dauer und geht gewöhnlich
in Despotismus über.
H u r o V a.
Raiserthum Lesterreich.
14. Geschichtlicher Merklich.
Die Entstehung des österreichischen Staates reicht weit in die Ver¬
gangenheit zurück und beginnt im Gebiete der mittleren Donau. Das
heutige Ober- und Niedcröster reich gehörte zu den römischen Pro-
vinzenNoricum und Pann onien; Vinckobona (Wien) war Hauptort
und Lager der Römer. Im 6. Jahrhundert bemächtigten sich die aus
dem Osten in Ungarn eingcwandertcn Avarcn dieser Landstriche. Karl
der Große trieb die Avaren zurück) eroberte das Land bis zur Raab
und fügte es als östliche Mark (Grenzgrafschaft) seinem Reiche bei.
Colonisten aus Baiern siedelten sich an und vom Erzbisthum zu Salz¬
burg wurde das Christenthum in den Donauländern verbreitet. Kaiser
Otto II. verlieh das Land im Jahre 983 als erbliche Markgrafschaft
an Leopold I. aus dem fränkischen Geschlechte derB abenberger. 1141
wurde Oesterreich zum Herzogthum erhoben, 1192 erwarb Leopold V.
in Folge eines Erbvertrages Steiermark und später Friedrich der
Streitbare Krain. Unter den Babenbergern war Oesterreich groß und
blühend geworden; unter Leopold VI. erlangte das Herzogthum mit
der alten Hauptstadt Wien seinen höchsten Glanz. Es herrschte Wohl¬
stand und Freiheit und die heitere Dichtkunst wurde von Fürsten und
Volk geübt und gepflegt, der Fürstenhof war ein Sammelplatz wandern¬
der Sänger. Der österreichische Dichter Kür n berg er dichtete ums
Jahr 1190 das Nibelungenlied, das große Nationalepos der
Deutschen. Nach deni Tode des letzten Babenbergers, Friedrich des
40
Streitbaren, welcher in derSchlacht an der Leitha 1246 gegen den König
von Ungarn gefallen war, herrschte mehrjährige Verwirrung und König
Ottokar von Böhmen bemächtigte sich der Länder.
Eine Wendung für die Geschicke der österreichischen Länder war die
Wahl Rudolfs Grafen von Habsburg zum deutschen Kaiser. Ottokar
wollte sich dem neuen Kaiser nicht fügen und verlor im ersten Kampfe Oester¬
reich, Steiermark und Kram, im zweiten auf dem Marchfelde 1278 das Le¬
ben. ckrSSI wurde das Ländergebiet durch Kärnth en, 1365 durchTirol
vergrößert, dann Tr i e st, dicGrafschaft Cilli und Görz hinzugefügt. 147D
erwarb Maximilian I. durch Heirat die Niederlande und Burgund, welche
Gebiete im Laufe der Zeiten wieder verloren gingen. Die beständige
Gefahr, welche von Seiten der Türken drohte, nöthigte zu einer engeren
Verbindung zwischen den bedrohten Ländern und so brachte Ferdinand's I.
Heirat mit der Schwester Ludwigs, Königs von Ungarn und Böhmen,
der 1526 in der Schlacht bei Mohacz gegen die Türken fiel, Ungarn
und Böhmen an Oesterreich; in den folgenden Jahrhunderten kamen
noch hinzu Siebenbürgen, Galizien, die Bukowina und Dal¬
matien. Die althabsburgischen Besitzungen in der Schweiz waren
schon frühzeitig verloren gegangen und die später in Italien erworbenen
Länder wurden durch die Ereignisse der neuesten Zeit von der Monarchie
getrennt.
15. Ultimi siche Änsdehnilng und Sodengestalt.
Das Kaiserthum Oesterreich liegt zwischen 42", 10h 5" und 51",
3H 27", N. B. uud zwischen 27", 11h 35" und 44", 1h 25" Ö. L.
und grenzt im Norden an Baiern, Sachsen, Preußisch-Schlesien, Ru߬
land, — im Osten an Rußland und das Fürstenthum Moldau, — im
Süden an die Fürstenthümer Walachei und Serbien, an die türkische
Provinz Bosnien, an das Fürstenthum Montenegro, an das adriatischc
Meer und das Königreich Italien, — im Westen an die Schweiz, das
Fürstenthum Liechtenstein und an den Bodensee. DaS Staatsgebiet ist
zusammenhängend und gut geschlossen, nur Dalmatien bildet einen
weiten Vorsprung nach Süden, wo zugleich das Land durch zwei kleine
bis zum Meere reichende Landzungen der Türkei unterbrochen ist, südlich
41
von der Narmtamündung und an der Bucht von Cattaro. Die Ge-
sammtfläche beträgt 1t,306 geographische oder 10,816 österreichische
Quadrat-Meilen.
Nächst der Schweiz ist Oesterreich der gebirgigste Staat Europas.
Den westlichen und südlichen Theil der Monarchie erfüllen die Alpen;
jenseits der Donau erheben sich die von Randgebirgen umschlossenen,
im Innern wellenförmigen Hügelländer Böhmen, Mähren und Schle¬
sien; ostwärts von der March beginnt der Karpathenzug und umspannt
im weiten Bogen Ungarn und Siebenbürgen, nach Norden über die ga¬
lizischen Stufenflächen in die polnisch-russische Ebene übergehend, nach
Süden aus dem oberungarischen Berglande in die ungarische Tiefebene
abfallend. Das höchste Gebirge im Reiche bilden die Alpen, welche
in drei Ketten aus der Schweiz nach Tirol übertreten. Diese drei Ketten
sind durch die in derselben Richtung fortstreichenden Längeuthäler der
Flüsse Inn, Salza und Enns auf der Nordseite, dann der Etsch in
ihrem Oberlaufe, der Rienz und Drau auf der Südseite der Mittel¬
kette von einander getrennt. Die mittlere oder Hauptkettc, auch Central-
Alpen genannt, beginnt mit den Tiroler Alpen, in welchen sich die
höchsten Gipfel und die größten Schneefelder und Gletscher finden, zieht
zwischen Salzburg und Tirol, weiter zwischen Salzburg und Kärnthen
als Hohe Tauern, dann durch Obersteiermark unter dem allgemeinen '
Namen der Norischen Alpen bis an die ungarische Grenze. Die
Nordkette, auch als nördliche Kalkalpen bezeichnet, beginnt in Vor¬
arlberg, östlich vom Rhein unter dem Namen Algauer Alpen und
zieht sich durch die Baierischen, Salzburger und Oesterreichi-
schen Alpen bis in die Nähe von Wien. Die Südkette, auch südliche
Kalkalpengenannt, beginnt an der Westgrenze von Südtirol, wird
durch den Mittellauf der Etsch (das größte und längste Querthal des
Alpengebietes) durchbrochen, geht durch die Tridentinischen (zwischen
Trient und Venetien) und Carnisch en Alpen (zwischenKärnthen und
Venetien) in die Julischen Alpen über, welche das Küstenland und
Krain bedecken und dann nach Dalmatien und in die Türkei verlaufen.
Zwischen der Drau und Save zieht das Warasdiner Gebirge durch
Kroatien und Slavonien als geradlinige Fortsetzung der Südkette. Die
42
nördlichen wie die südlichen Kalkalpen zeigen viele öde Flächen von be¬
deutender Ausdehnung, schroffe und zerrissene Formen und zackige Hörner
und Spitzen.'
Zu den ausgedehntesten Ebenen gehören die niederungarische
die sich über den größeren Theil Ungarns erstreckt, und die obernnga-
rische, welche mit dem Marchfelde zusammenhängt.
16. Die Gewässer.
Oesterreich gehört seinem größten Theile nach zum Stromgebiete
der Donau und wird daher mit Recht das Donaurcich genannt. Die
Donau ist die bedeutendste Handelsstraße der Monarchie, durchströmt
dieselbe in einer Länge von 180 österr. Meilen und mündet dann auf
türkischem Gebiete in das Schwarze Meer. Ihre Breite betragt bei Linz
800h bei Wien 1200', in Ungarn stellenweise bis 4000'; die Tiefe
wechselt meist zwischen 15' und 30', hat aber auch einzelne über 100'
tiefe Stellen. Beim Eintritte auf österreichisches Gebiet trägt sie Schiffe
von 2000, später von 4000 bis 10,000 Zentner Belastung. Die be¬
deutendsten Nebenflüsse sind:
Am rechten Ufer' Der Inn mit der Salza; die Traun, welche
die Ausflüsse der vielen oberösterreichischen Alpenseeu in sich vereinigt; die
Enns mit der steierischen Salza am rechten und derSteyer am linken
Ufer; die Ups; die Traisen (bei St. Pölten); die Leitha entsteht aus
vielen kleinen Bächen, fließt an Wiener-Neustadt vorbei, bildet eine Strecke
die Grenze gegen Ungarn und mündet unweit Wieselburg in einen Donau¬
arm; die Raab kommt aus den Fischbacher Alpen in Steiermark und
mündet bei der Stadt Raab; die Sarviz kommt aus dem Bakonyer Walde
und nimmt den Siö aus dem Plattensee und die Kapos (spr. Kaposch)
ans; die Drau kommt ans dem Pusterthale in Tirol, nimmt rechts die
Gail, bei Pettan die Drau, links die Moll, Gurk, Lavant nnd die
mit der Mürz vereinigte Mur auf; die Save kommt ans Kram und
nimmt rechts die Laibach, die krainerische Gurk, die Kulpa und die
Unna, links die Sann, Sotla (Grenzfluß zwischen Steiermark und
Kroatien) und die Lonya in Kroatien ans.
Am linken User: Die Mühl von der baierischen Grenze; die
Krems; die Kamp; die March, welche rechts bei Kremsier die Hana,
dann die mit der Schwarzawa und Jglawa vereinigte Thaja, links
die Beczwa aufnimmt; die Waag; die Grau; die Eipel; die Theiß,
43
der fischreichste Fluß Europas, kommt aus dem östlichsten Winkel Ungarns
und nimmt bei Tokay den Bo drog, später den Hern ad, bei Szolnok
(spr. Solnok) die Zagyva, links die Szamos (spr. Samosch), die drei¬
fache Körös (spr. Körösch), die mit der Kokel vereinigte Maros (spr.
Marosch), die Bega, dieTemes (spr. Temesch); dieAlt oder Muta aus Sie¬
benbürgen; der Sercth aus der Bukowina; der Prnth aus Galizien.
Der Dniestcr führt die Gewässer aus Ostgalizieu in das
Schwarze Meer; sein bedeutendster Nebenfluß ist der reißende Stryi.
Die Weichsel entspringt in Schlesien, bildet die Grenze anfangs
gegen Preußen, später gegen Rußland und fließt in die Ostsee. Ihre
vorzüglichsten Nebenflüsse sind: D n n a j e tz, Wi s l o k a, S a n und Bug.
Die Oder entspringt in den südlichen Ausläufern der Sudeten,
nimmt die Oppa auf und fällt in die Ostsee.
Die Elbe kommt vom Riesengebirge und führt die Gewässer
Böhmens in die Nordsee. Ihre wichtigsten Nebenflüsse sind:
Rechts: Die Jser (Jungbnnzlau). Links: Die Adler (Königgrätz);
die Moldau mit ihren Zuflüssen: Luschnitz (Tabor), S azawa (Deutsch-
brod), Wotawa (Pisek) und Beraun (Pilsen), welche vier Flüsse das
von Norden gegen Süden ansteigende böhmische Terassenland in drei Stufen
abtheilen; die Eger.
Der Rhein bildet auf kurzer Strecke die Grenze gegen die Schweiz
und nimmt aus Vorarlberg die Jll auf.
In das adriatische Meer: Die Etsch wendet sich bei Meran
gegen Süden und nimmt unterhalb Botzen die mit der Rienz (Brun¬
necken) vereinigte Ei sack auf; der Isoiya fließt bei Görz vorüber und
heißt bei seiner Mündung Sdobba; die Kerlra bei Sebenico in Dal¬
matien; die Narenta, welche an ihrer Mündung sehr versumpft ist.
Seen besitzt Oesterreich sehr viele, die meisten finden sich in den
Alpen als eigentliche Gebirgsseen, das ist mit Wasser ausgefüllte tiefe
Thalspalten. Der größte Landsee ist der Plattensee in Ungarn mit 24
Quadrat-Meilen Flächeninhalt. Der Neusiedlersee bei Oedenburg
ist in der letzten Zeit bis auf unbedeutende Reste ansgetrocknet.
Das bedeutendste Gewässer, an welchem Oesterreich Antheil hat,
ist das adriatische Meer, auf der österreichischen Seite in der ganzen
Küstenlänge mit vorzüglichen Häfen für Handels- und Kriegsschiffe
versehen.
44
Mineralwässer und Gesundbrunnen hat kein europäischer Staat
in solcher Menge als Oesterreich, da mau deren über 1500 zählt, von
denen sich die meisten in Böhmen und Ungarn finden.
17. Klima, Lulturboden und öcvölkerung.
Oesterreich liegt in der gemäßigten Zone und hat daher im Allge¬
meinen ein dem Pflanzen- und Thierreich zuträgliches, mildes Klima.
Jndeß wird durch die weite Ausdehnung und durch den großen Unter¬
schied in der Erhebung des Bodens der einzelnen Gebiete eine große
Verschiedenheit in der mittleren Jahreswärme hervorgebracht; jeder geogra¬
phische Grad weiter nördlich zeigt eine Abnahme der mittleren Jahres¬
wärme um fast >/2" U., in der verticalen Erhebung mindert sich die
Wärme um 1^, wenn man um 600 bis 700 Fuß höher steigt. Die
Schneegrenze findet sich in den Alpen durchschnittlich bei 8200h in den
Karpathen bei 8000b In den Küstenländern ist der Wechsel von Wärme
und Kälte geringeren Schwankungen ausgesetzt, als in den Binnen¬
ländern. Am stärksten ist dieser Wechsel in der baumlosen ungarischen
Ebene, welche die heißesten Sommer und die kältesten Winter hat.
Durch höhere Jahreswärme als es der geographischen Breite zukommen
würde, zeichnen sich aus die Thallandschaften in Südtirol, Böhmen
und Mähren; hingegen haben die Gebirgsländer Obersteiermark, Kärn-
then, Nordtirol und Salzburg ein verhältnißmäßig rauhes Klima.
Die vorherrschende Luftströmung ist die westliche, in den südlichen
Theilen der Monarchie der Südwest-, in den nördlicheren der Nordwest¬
wind. Der atmosphärische Niederschlag (Regen und Schnee) erreicht
im Jahre durchschnittlich 20, in vielen Gegenden der Alpen bis öOZoll
Höhe, nur das ungarische Tiefland leidet oft Mangel daran. Die Ge¬
witter sind in den Alpen und Karpathen, Hagelwetter in Tirol und Süd¬
steiermark am häufigsten.
Landstriche von ausgezeichneter Fruchtbarkeit sind: in Ungarn die
Insel Schütt, das Banat; in Siebenbürgen die Gegenden um Her¬
mannstadt und Fogaras (spr. Fogarasch), in Niederösterreich das
March- und Tullnerfeld, inKärnthen das Lavantthal, in Mäh¬
ren die Hana (zwischen Kremsier und Olmütz), in Böhmen die Gebiete
45
von Eger, Saaz und Leitmeritz, in Galizien die Gegenden von
Bochnia und Wadowice. An Naturprodukten der mannigfaltigsten
Art aus allen drei Naturreichen ist Oesterreich reichlich gesegnet, so daß
es nicht nur seinen eigenen Bedarf decken, sondern noch einen Theil dem
Auslande zuführen kann.
Die Gesammtbevölkerung berechnet sich auf 35 Millionen, dar¬
unter 27 Millionen lateinische und griechische Katholiken, 3^ Millionen
Protestanten, 3,200.000 nichtunirte Griechen, 1,130.000 Juden und
170.000 von sonstigen Religionsbekenntnissen. Nach der Nationalität:
8,800.000 Deutsche, 6,500.000 Czechen, Mährer und Slovaken,
2,380.000 Polen, 2,990.000 Ruthenen, 1,210.000 Slovenen,
2,900.000 Kroaten und Serben, 5,400.000 Magyaren, 590.000
Italiener, Furlaner und Ladiner, 2,900.000 Walachen, 1,130.000
Juden, 150.000 Zigeuner, 26.000 Bulgaren, 17.000 Armenier,
3000 Albanesen, 4000 Griechen und Zinzaren. Die Volksdichtigkeit
ist am größten in Schlesien und ini nördlichen Böhmen, am geringsten
in den rauhen Gebirgsländern Salzburg und Nordostungarn.
18: Die Ztaatsverfassung.
Die Königreiche und Länder, welche die österreichische Monarchie
bilden, sind gegenwärtig in zwei Gruppen vereinigt: 1. die deutsch-
slavischcn im,,Rcichsrathc" vertretenen Länder mit 5218 österreichi¬
schen Quadrat-Meilen und 20 Millionen Einwohnern; 2. die Länder
der ungarischen Krane mit 5598 Quadrat-Meilen und 15 Millionen
Einwohnern.
Die Verbindung zwischen beiden Gruppen beruht auf der Prag¬
matischen Sanction vom 6. December 1724, wodurch die Thron¬
folge nach dem Rechte der Erstgeburt im männlichen Stamme, und in
Ermangelung desselben im weiblichen Stamme des Hauses Habsburg-
Lothringen festgestellt und bestimmt wurde, daß sämmtliche Länder
einen unzertrennlichen gemeinsamen Besitz bilden sollen. Mit königlichem
Rescript vom 17.Februar 1867 wurde die ungarischeVerfassung
wieder hergestellt und am 21. December 1867 die Verfassung für
die im Reichsrathe vertretenen Länder vom Kaiser bestätigt.
46
Diese beiden Verfassungen enthalten die Rechte der österreichischen Staats¬
bürger. Die wichtigsten dieser Rechte sind: die Gleichheit vor dem
Gesetze, der Schutz der persönlichen Freiheit und des Hausrcchtes,
die Preßfreiheit, das Vereins- und Vcrsammlungsrccht, das Recht
der Volksvertretung an der Gesetzgebung thcitznnehmen, Steuern
und Rekruten ;u bewilligen.
Die Volksvertretung für die deutsch-slavischen Länder ist der
Rcichsrnth, welcher aus dem Herr en Hause und dem Abgeordne¬
tenhause besteht. Die Mitglieder des Herrenhauses sind die großjäh¬
rigen Prinzen des kaiserlichen Hauses, die großjährigen Häupter jener
durch großen Gutsbesitz hervorragenden Adelsgeschlechter, welchen die
erbliche ReichSrathswnrde verliehen wird, die Erzbischöfe und die Fürst¬
bischöfe und solche Männer, welche wegen ihrer Verdienste auf Lebens¬
zeit vom Kaiser in das Herrenhaus berufen werden. Das Haus der
Abgeordneten ist aus 203 Mitgliedern zusammengesetzt, welche von den
einzelnen Landtagen aus ihrer Mitte entsendet werden. Dem Reichs-
rathe sind die Minister für die im Reichsrathe vertretenen Länder ver¬
antwortlich. Als Landesvcrtrctung ist in jedem der im Reichsrathe
vertretenen Königreiche und Länder der Landtag bestimmt, welcher be¬
rufen ist, bei der Ausübung der gesetzgebenden Gewalt in Landesange¬
legenheiten entscheidend mitzuwirken. Die Landesvertretung gründet sich
auf die Landesordnungen vom 26. Februar 1861.
Der ungarische Reichstag besteht aus zwei Häusern: der Mag¬
natentafel und der Repräsentantentafel. Die Magnatentafel
begreift die katholischen und griechisch-orientalischen Erzbischöfe und Bi¬
schöfe, die weltlichen Magnaten (Fürsten, Grafen und Freiherren) und
die siebenbürgischen Regalisten, d. h. von der Krone ernannten Mitglie¬
der. Die Repräsentantentafel ist ans 406 Deputaten der Comitate,
freien Districte und Städte gebildet. Dem ungarischen Reichstage ist
das ungarische Ministerium verantwortlich. Zur Berathung und
Schlußfassung in jenen Angelegenheiten, welche beiden Neichshälften ge¬
meinsam sind, entsendet der Reichsrath und der ungarische Reichstag,
jeder aus seiner Mitte 60 Delegirte.
47
Der jetzige Kaiser Franz Joseph I-, geboren 18. August 1830,
regiert seit 2. December 1848.
Anmerkung. Zur nachfolgenden Darstellung der einzelnen Pro¬
vinzen bilden die vom Verfasser herausgegebenen Provinzkarten der Monar¬
chie die nöthige kartographische Ergänzung.
Die im Neichsrathe vertretenen Länder.
19. Erzherjogthnm Oestn rrich unter der Lims oder Uicderöstcrreich.
845 österreichische Quadrat-Meilen mit 1,870.000 Einwohnern.
Dieses Kronland umfaßt das Donanthal von der Enns bis zur
Leitha und March. Am rechten Stromufcr nehmen den größten Theil
die nicderöstcrreichischen Alpen ein, die mit dem Wiencrwalde
und dem Leithagcbirge bis an die Donau reichen. Zwischen diesen
zwei letzten Gebirgsausläufern dehnt sich die Neustadter Ebene aus.
Die höchsten Erhebungen sind: der Oetscher (59700 nordwestlich von
Mariazell, der Schneeberg (65660 bei Reichenan, die Raxolpe
(63360 und der Wechsel (54960 an der steierischen Grenze. Die
nördliche Hälfte am linken Donauufer ist in ihrem westlichen Theile eine
bewaldete Hochfläche, deren Ostrand der Manhartsberg ist, im öst¬
lichen Theile besteht sie ans Hügelland und dem fruchtbaren March-
fclde. Die Erweiterung des Donauthales von Krems bis Stockerau ist
eine fruchtbare Niederung und enthält am rechten Ufer das Tullner¬
feld, am linken den Wagram. Ein hervorragendes Product ist der
Wein, dessen beste Sorten bei Klosterneuburg, Weidling, Gumpolds¬
kirchen und Vöslau gebaut werden. Die Industrie ist sehr entwickelt,
insbesondere hat die Wiener-Nenstttdter Ebene viele und große Fabriken.
Der Landtag besteht aus 68 Landtagsmitglicdcrn, aus denen 18
Abgeordnete in den Reichsrath gewählt werden. Der Vorsitzende des
Landtages ist ein aus den Abgeordneten vom Kaiser ernannter Land-
marlchall.
Nach der üblichen Eintheilung wird das Land in vier Viertel
unterschieden.
48
a) Viertel unter dem Wienerwald.
Wien, Haupt- und Residenzstadt der Monarchie und Sitz der Reichs-
Behörden, zählt mir den umliegende mit der Stadt zusammenhängenden
Ortschaften übe M.000 Einwohner, daher fast so viel als ganz Oberösterreich
und weit mehr als jede der kleineren Provinzen Salzburg, Kärnthen, Kram,
Istrien, Dalmatien, Schlesien und Bukowina. Universität, polytechnische
Schule, der berühmte gothische Stephansdom. Die erste Handels- und
Fabrikstadt des Reiches, durch die günstige geographische Lage seit den
ältesten Zeiten ein natürlicher Kreuzungspunkt der wichtigsten europäischen
Straßen und Verkehrswege. An dieser Stelle war die Römerstadt Vinäo-
bona. Seit dem 5. Jahrhundert weichen die Römer den Wandervölkern;
Rugier, Gothen, Langobarden und Avaren hatten nach einander die Stadt
im Besitz. Seit Karl dem Großen verschmilzt ihre Geschichte mit den Ge¬
schicken der Ostmark und entwickelt sich zur Hauptstadt eines neuentstehen-
Reiches. Die Veränderungen aus der jüngsten Zeit, die Erweiterung der
inneren Stadt, die vielen neuaufgeführten Prachtbauten und neuen Anlagen
haben das Aussehen der Stadt sehr vorthcilhaft umgestaltet. Der gewöhn¬
lichste SommervergnügungSort ist der an die Leopoldstadt sich anschließende
Prater. Auf der Westseite der Stadt ist das kaiserliche Schloß Schön¬
brunn mit Menagerie und großen Gewächshäusern, dabei Hietzing mit
vielen Landhäusern, weiter westlich die Forstakademie Mariabrunu auf
der Nordseite des kaiserlichen Thiergartens, auf dessen Südseite Kalksburg
mit einem Jesuitencollegium: Nußdorf mit vielen Fabriken; Klosterneu¬
burg mit dem ältesten Augustiner Chorherrnstift und einerWeinbauschule, in
der Nähe Weidling mit vorzüglichem Weinbau; Klein-Schwechat, die
größte Bierbrauerei in Europa; Petronell an der Stelle der römischen Colo-
nie Ournuntnin; H ainburg mitgroßerTabak-und Nähnadelfabrik; Bruck an
der Leitha, daran das gräflich Harrach'sche Schloß mit bemerkenswerthen
Gewächshäusern; Liesing mit Fabriken und einer berühmten Bierbrauerei;
Mödling am Eingänge in die Brühl (ein schönes mit Landhäusern an¬
gefülltes Thal), weiter westlich Heiligenkrenz, das älteste Cistercienser-
stift in Österreich; Neudorf mit einer Strafanstalt für weibliche Sträf¬
linge; Laxenburg mit kaiserlichem Sommerschloß und einem der schön¬
sten englischen Parks in Europa; Gumpoldskirchen durch Weinbau aus¬
gezeichnet; Baden (7000 E.), ein von der vornehmen Welt sehr besuchtes
Bad mit warmen Schwefelquellen, die schon zur Zeit der Römer benützt
wurden; Vöslau, größtentheils aus Landhäusern bestehend, berühmtes mit
Burgunder Reben bepflanztes Weingebirg; Pottenstein und Leobers-
dorf mit Fabriken; Pottendorf mit der größten Baumwollspinnerei der
Monarchie; Ebeufurth mit einem schönen Thiergarten und mehreren
49
Fabriken; Wiener-Neustadt (18,000 E.) mitten ün Steinfeld, mit einer
Militär-Akademie, zwei Maschinenfabriken, einer der größten Zuckerraffine-
rien, Baumwollspinnerei und vielen anderen Fabriken. Von hier führt der
Wien-Neustädter Schiffahrtscanal nach Wien; Neunkirchen, ein
sehr industriereicher Marktflecken; bei Gloggnitz beginnt das Ansteigen
der Bahn über den Semmeringpaß (3180'); Schlögelmnhl, große
Papiermühle; Reichenau am Eingänge des romantischen Höllenthales
mit großem Eisen- und Stahlwerk, nördlich davon erhebt sich der Schnee¬
berg, daran das große Steinkohlenlager bei Grünbach; Schottwien
mit reichhaltigen Gypsbrüchen; Guttenstein mit Kupferwalzwerk.
i>) Viertel ob dem Wienerwald.
Dieses Gebiet enthält in allen seinen Theilen bedeutende Reste
römischer Alterthümer.
St. Pölten (8000 E.i Bifchofsitz, südlich das Cistercienserstift Li¬
lienfeld; Tulln am Tullnerfeld, ehemals die Hauptstadt von Nieder¬
österreich; Mautern mit einer hölzernen Brücke über die Donau, unweit
auf einer Anhöhe das Benediktinerstift Göttw eig; Melk, berühmtes Be¬
nediktinerstift auf einem Granitfelsen am schönsten Punkte des rechten Donau-
nfers, mit der Gruft der Babenberger; Pöchlarn und Ups, uralte Städte,
— die südlich davon gelegene an Eisen reiche Gebirgslandschaft heißt
Eisenwnrz, darin Waidhofen an der Ups, Gaming, Lunz mit
einem See; Sonntagberg, Wallfahrtsort auf einer schönen Anhöhe;
Seitenstetten, Benediktinerstift; Haag, bedeutender Flecken; bei St. Va¬
lentin, zweigt von der Westbahn die Rudolfsbahn ab und führt im Enns-
thale aufwärts nach Obersteiermark.
o) Viertel unter dem Manhartsberg.
Kornenburg, in der Nähe der durch Wein- und Obstbau ausge¬
zeichnete Bisamberg; Leutsch-Wagram und Aspern, bekannt durch
die großen Schlachten im Jahre 1809; Pyrawarth am Weidenbach mit
eisenhältigen Mineralquellen; Wölkersdorf mit vielen Gewerben; Gän¬
serndorf an der Verzweigung der Nordbahn; Marchegg mit einem Thier¬
garten und ausgedehntem Obstbau. Sonstige bedeutendere Orte sind noch
Stockerau, Oberhollabrunn, Maissau,Rötz und Mailberg (beide mit
vorzüglichem Weinbau), Laa, Feldsberg, Mistelbach und Zistersdorf.
ä) Viertel ob dem Manhartsberg.
Bergig und holzreich, mit Flachsbau uuo Lemmdustrie.
Krems (8000 E.) am Kremsbache, mit lebhaftem Gewerbsbetrieb
und bedeutendem Handel mit Safran, Senf und Wein, in der Nähe Stein
Kozenn, Geographie. 4
50
an der Donau mit einem Strafhause; Dürnstein oder Tirnstein mit
den Ruinen jener Felsenburg, in welcher der englische König Richard
Löwenher; gefangen gehalten wurde, — das romantische Thal an der Donau
aufwärts heißt dieWachau; Maria Taferl ein vielbesuchter Wallfahrtsort;
Persenbeug mit einem kaiserlichen Schloß; Zwcttel, unweit davon in
einem schönen Thale das gleichnamige Cistercienserstift. Sonstige bedeuten¬
dere Orte sind: Weitra, Gmünd, Waidhofen an der Thaya, Gr.
Sieghards, Horn, Eggenburg und Langenlois.
20. LrchelMthnm Oesterreich ob der Lnns oder Oberösterreich.
207 Quadrat-Meilen mit 760.000 Einwohnern.
Ein an Naturschönheiten reiches, von einer fleißigen Bevölkerung
bewohntes Land gibt Oberösterrcich nach jeder Richtung ein erfreuliches
Bild. Der größere Theil ist Bergland. Den Süden durchziehen die
nördlichen Kalknlpm. Die Gruppe des Dachstein 9500h des Gr.
.Priel 7945h des Hohen Pyrgas 7200h hiezu als Voralpcn der
Schafberg 5630h bekannt als schönster Aussichtspunkt inOesterreich,
das Höllengebirge mit dein Kranabitsattel 500G zwischen
Atter- und Traunsee, der Traunstein 5342h das Sengsen-
g eb ir ge, woran sich weiter nördlich die niedrigeren Vorberge anschließen
und allmälich gegen die Donau verlaufen. Dieser südliche Theil gehört
zu den schönsten Gebirgslandschaften des mittleren Europa, besonders
verleihen die vielen herrlichen Alpenscen (Hallstadter-, Gosau-, St. Wolf¬
gang-, Mond-, Atter-, Traun- oder Gmundnersee und der kleine Alm¬
see) dem Landschaftsbilde einen hohen Reiz und zugleich besitzt dieses
„ S a l z k a m m e rgu t" genannte Gebiet einen unerschöpflichen Reich-
thum au Salz. Die Wasserscheide zwischen Traun und Inn wird durch
eine breite an Braunkohle äußerst reiche Bodenanschwellung, den K o-
b e r n a n s e r und Hausruckwald gebildet. Der nördliche Theil des
Landes besteht aus den südlichen Ausläufern des ^öhmenvaldcs, der
mit seinem Granitboden stellenweise bis über die Donau greift, an der
nordwestlichen Grenze im Plö ckenstein 435B erreicht, auf der Ost-
scite im Greinerwalde die Grenze gegen Niederösterreich bildet.
Das fruchtbarste Gebiet ist der Landstrich zwischen der Enns und der
Traun, jenseits der Traun dehnt sich die Welser Haide aus, welche
mit großer Ausdauer in Ackerland umgewandelt worden ist.
- l>1 —
Die Dmu.u durchbricht m einem schmalen vielfach gewundenen
Thale von Passau bis Aschach den Granit, breitet sich im Becken von
Effcrding ans, durchschncidet von Ottensheim bis Linz abermals den
Granit und bildet dann das Linzer Becken, in welchem sie die Traun
und Enns aufnimmt.
Unter den Naturproductm spielt das Most-Obst (Birnen und
Aepfel) eine wichtige Rolle, unter den Kunstproducten stehen die Eisen-
und Stahlwaaren obenan. Das Land selbst besitzt zwar keine Eisenerze,
bezieht aber das Rohmaterial aus Steiermark und erzeugt Waaren
daraus, die in alle Welttheile versendet werden, namentlich die ausge¬
zeichneten Sensen und Sicheln.
Der Landtag besteht aus SO Landtagsmitgliedern unter dem Vor¬
sitze des aus ihrer Mitte vom Kaiser ernannten Landeshauptmanns
und entsendet 10 Abgeordnete in den Reichsrath.
Man unterscheidet nach alter Einteilung vier Viertel:
al Das Mühlviertel.
Ein hochgelegener Landstrich init viel Flachsbau.
Lin; (30.000 E.) durch eine Brücke mit dem gegenüberliegenden
Flecken Urfahr <5300 E.) verbunden, die Hauptstadt des Landes und Bi-
ckchofsitz, mitten in einer schönen Landschaft voll herrlicher Aussichtspunkte
gelegen, als Handels- und Jndustrieplatz bedeutend, Kreuzungspunkt zweier
Eisenbahnen und ein Hauptstationsplatz der Dampfschiffahrt, am nahen
Freinbergs ein großes Jesuitencollegium; Mauthausen mit fliegender
Brücke über die Donau und großen Granitbrüchen, in welchen die Granit-
Würfel für das Wiener Pflaster gebrochen werden; Grein, thalabwärts
der Donaustrudel (eine Stromschnelle); Freistadt mit Leinenindustrie;
Leonfelden in schöner Gegend; Haslach mit Leinen- und Baumwoll¬
weberei; Aigen mit dem in der Nähe befindlichen Prämonstratenserstift
Schlägl; Ottensheim und Steieregg an der Donau.
K) Das Traunviertel.
Steher (12.000 E.l, Hanptsitz der österreichischen Eisen- und Stahl¬
industrie, westlich das große ebenfalls in der Eisenindustie thätige Dorf
Sierning, südlich die Strafanstalt Garsten; Enns, uralte Stadt mit
vielen römischen Alterthümern und einem schönen Schlosse des Fürsten
Auersperg, in der Nähe Lorch, das römische I-nnrenonm, wo der Landes-
4*
52
Patron, der heil. Florian, den Märtyrertod erlitt; St. Florian, regnlirtes
Augnstiner-Chorherrenstift mit einer großartigen Kirche und Orgel; Krems-
Münster, berühmte 777 gestiftete Benediktinerabtei, östlich der Flecken
Hall mit Jod-Heilquellen, zwei Meilen südlich das Cistercienserstift Schlier-
bach und der Flecken Kirchdorf mit Eisenindustrie; Weyer, Gro'ß-
ramming und Reichraming, betriebsam in der Erzeugung von Eisen -
und Stahlwaaren; Windisch-Garsteu mit drei Schwefelbädern in der
Nähe; Spital am Pyrhn, im 12. Jahrhundert zur Beherbergung von Pa¬
lästinapilgern entstanden, mit schöner Kirche und Orgel, liegt an der Haupt¬
straße nach Obersteiermark.
o) Das Hausruckviertel.
Wels 6000 E.) mit der Burg Wels, in welcher Kaiser Maxi¬
milian I. Iüt9 starb, yut lebhafte Industrie; Efferding mit schöner gothi-
scher Kirche, südlich Dorf S ch arten, Sitz des Superintendenten Augsburger
Lonfession für Oberösterreich xind Salzburg; bei Asckach eine fliegende
Brücke über die Donau. Bedeutendere Orte sind noch: Peuerb ach, Reu¬
markt, Grieskirchen, Haag, Lambach an der Abzweigung der Gmund-
ner Bahn mit einem Benediktinerstift, Schwanncnstadt (südlich der 42'
hohe Traunfall), Wolfsegg mit ausgedehnten Braunkohlenlagern, Vökla-
bruck, Frankenburg, Frankenmarkt, St. Georgen, Mondsee, die
vier großen Salzsudwerke oder Salinen: Gmunden (6000 E.) am nörd¬
lichen, Ebensee am südlichen Ende des Gmundnersees, Ischl (6000 E.,
vornehmer Bade- und Curort) und Hall statt mit ungewöhnlich vielen
celtischen Alterthümern. Der größere Theil des in diesen Salinen gewon¬
nenen Salzes geht auf der Linz-Budweiser Bahn nach Böhmen. Wegen
der landschaftlichen Schönheit sind noch erwähnenswerth das herrliche
Gosanthal mit den Gosauseen im Hintergründe und der Zwieselalpe,
einem der schönsten Aussichtspunkte an der Salzburger Grenze, dann
St. Wolfgang am gleichnamigen See und am Fuße des Schafberges
mit einer bemerkeuswerthen altgothischen Kirche.
6) Tas Innviertel.
Ried mit Tuch und Leineuiudnstrie; Aurolzmünster mit einem
schönen Schloß; Engelhartszell an der Donau mit vielen Gewerben;
Schärdig mit einer Brücke über den Inn, südlich davon die Strafanstalt
Suben für weibliche Sträflinge; Obernberg mit vielen Gewerben;
Braunau hat eine gothische Kirche mit vielen kunstvollen Monumenten;
andere bedeutendere Orte sind noch Mauerkirchen, Altheim und Wat¬
tig Hofen.
53
21. Herzogthmn Salzburg.
124 Quadrat-Meilen mit 150.000 Einwohnern.
Die Geschichte von Salzburg knüpft sich an den Namen seines
Apostels Rnpertuch Bischofs von Worms. Derselbe wurde 696 vom
Herzog Theodor von Baiern in sein Land berufen, um das Christen-
thum zu predigen. Er gründete zuerst am Wallersee am Ausfluß der
Fischache eine Kirche, erbaute dann auf den Trümmern der ehemaligen
Römerstadt lluvavia Kirche, bischöfliches Gebäude und Klöster. So ent¬
stand nm das Jahr 700 S alzburg. Rupert kehrte später auf seinen
Sitz nach Worms zurück. 798 wurde Salzburg zum Erzbisthum erho¬
ben und kam, nachdem es durch ein Jahrtausend selbstständiges Reichs¬
land gewesen, im Jahre 1815 an Oesterreich.
Salzburg ist zum größten Theile hohes Alpenland. An der Süd¬
grenze zieht die Kette der Hohen Tauern (Gr. Venediger 11.622',
Wie'sbachhorn 11.320', Hochnarr 10.300', Ankogel 10.300')
und gabelt sich als Norisch« Alpen an den Mnrquellen in die niede¬
ren oder nordöstlichen Tauern (Radstädter Tauern) und die
kärnthnerisch-steierischen Alpen. Das linke Ufer der Salza bis
zv ihrer Biegung nach Norden begleitet ein Schiefergebirge, noch nörd¬
licher bilden die Kalkalpcn (Birnhorn 8270', Steimernes Meer
8380',Ewig er S ch nee 8500', Hagengebirge 7450', Tünnen¬
gebirge 7682', Hoher Göll 8100', Untersberg 6236') theils
breite und öde Hochflächen, theils schroffe Wände und zackige Hörner,
— endlich begleitet ein Zug Voralpen, unter denen der Schmidt eil¬
st ein 4930' durch seinen kastellförmigen Gipfel besonders auffällt, die
Salza in ihrem nördlichen Laufe am rechten Ufer und senkt sich zuletzt
in die baierischc Ebene. Eine ungewöhnlich große Menge von Wasser¬
fällen verleiht den entlegensten und einsamsten Hochgebirgs-Thälern
hohen Reiz. Die Bewohner sind hauptsächlich auf den Ertrag der Vieh¬
zucht angewiesen, welche auch besser bestellt ist als in irgend einem andern
Theile der Monarchie. Unter den Bergbauproducten -s Salz von
Hallein am werthvollsten, nebstdem die Marmorbrüche im Untersberg
sehr bemerkenswerth.
54
Der Landing besteht aus 26 Landtagsmitgliedern, Non welchen
drei als Abgeordnete in den Reichsrath gewählt werden.
Die übliche Eintheilung ist durch die natürliche Bodenbeschaffenheit
gegeben, wornach man das Land außerhalb und innerhalb des Ge¬
birges unterscheidet. Die Grenzscheide zwischen beiden ist der Paß Lueg.
Zu ersterem gehört der S alzachgau au der Salza und der Thalgau
im Gebiete des Fuschcl- und St. Wolfgangsees, zu letzterem der Pinz¬
gau im Gebiete der oberen Salza und Saalach, der Pongau im Ge¬
biete der mittleren Salza und der Eunsquellcn, der Lungau im Ge¬
biete der Mur.
Salzburg (20.000 E.), Landeshauptstadt, erzbischöflicher Sitz, eine
der am schönsten gelegenen Städte Europas. Die Riesen der Salzburger
Alpen (dasTännengebirgc, Hoher Göll, Watzmann, Untersberg und Staufen)
sind so nahe, daß sie allen Salzburger Aussichten den großartigsten Hinter¬
grund verleihen. Die schönsten Aussichtspunkte in der unmittelbaren Umge¬
bung der Stadt sind der Mönchsberg, der Kapuzinerberg, derGais-
berg (4070') und die Anhöhe Maria Plain. Wesentlich verschönert ist
das Gesammtbild noch durch Bauten und Anlagen der neuesten Zeit, wozu
hauptsächlich der Bahnhof mit seiner Umgebung gehört. Oberndorf an
der Salza; Michelbeuern, Bcncdiktinerstift an der äußersten Nordgrenze;
Seekirchcn, Straßwalchen und Thalgau; St. Gilgen am Wolf¬
gangsee; Hallcin (4000 E.), Saline; Golling, eine Stunde westlich
der herrliche Schwarzbachfall, eine Stunde südlich die Oefen, d. i.
eine Schlucht von wild durcheinander liegenden Felsblöcken, durch welche die
Salza schäumend stürzt, unmittelbar dabei der Beginn des zweiStunden langen
befestigten Passes Lueg zwischen den steilen Wänden des Tännen- und
Hagengcbirges; Abtenau an der Straße in das Salzkammergut; Werfen
mit der Bergfeste Hohenwerfen; St. Johann, östlich führt der Weg über
Wagrein in das äußerst romantische Kleinarlthal; Radstadt im Enns¬
thal, von wo die Straße über den Radstädter Tauern (5350') in das
Murthal, wo Mauterndorf, Tamsweg und St. Michael die be¬
deutendsten Flecken sind, und dann über den Katschtauern (5073') nach
Kärnthen führt. In das Gasteinerthal führt eine Kunststraße durch die
romantische Gasteiner Klamm, über Hofgastein nach dem durch seine
warmen Heilquellen berühmten Wildbad (3040'). Von hier führt der Weg
weiter an drei schönen Wasserfällen und dem Goldbergwerke am Rad¬
hausberg vorüber in das Naßfeld und über den Mallnitzer Tauern
(7750') nach Kärnthen. Taxenbach, südlich davon öffnet sich die Rauris,
55
ein schon seit den ältesten Zeiten durch sein: Goldbcrgwerke bekanntes Thal,
aus welchem man über das Hochthor (8200') nach Heiligenblm in Käru-
then gelangt; Zell am See, südlich das malerische Schloß Fischhorn
und der Eingang in das Fusch erthal, dessen Hintergrund ein großarti¬
ges Amphitheater von Gletschern mit Wasserfälle» bildet, an welchen vor¬
über der Pfad über die Pfandelschartc (8500') zum großen Paster¬
zengletscher und Großglockner führt, — in einem Seitenthale auf
der Ostscite des Fuscherthales ist das Bad Fusch (3820'), ein klimatischer
Curort. Häufiger benutzte Uebergänge über die Hohen Tauern nach Tirol
sind: durch das Stubachthal über den Kaiser Tauern (9000'), von
Mittersill über den Belb er Tauern (7737') nach Windisch-Matrey,
durch das Krimmlcrthal an den hohen Krimmler Fällen vorüber
über den Krimmler Tauern (8873') in das Prettau. Bon Mittersill,
dem Hauptorte in Ober-Pinzgau und Mittelpunkte der Pinzgauer Sumpf¬
gegend (daher Pinzgauer Venedig) führt die Straße nördlich über den
Paß Thurn (4020') nach Kitzbüchcl, westlich im Salzathale aufwärts
und über den Gerlospaß (4548') in das Zillerthal in Tirol. Saal¬
felden mit vielen Burgruinen umgeben, nördlich die Straße zwischen
schroffen Thalwänden über Lofer nach Reichenhall mit einer Abzweigung
bei Ober-Weißbach und vorüber an der S eissenberg klamm (Wasser¬
fall) über den Hirschbühel (4000') nach Berchtesgaden.
22. HklMthnm Stcirnnark.
390 Quadrat-Meilen mit 1,130.000 Einwohnern.
Unter der Herrschaft der Römer gehörte Steiermark zu den Pro¬
vinzen Noricum und Pannonien. Zur Zeit der Völkerwanderung
wurde es von vielen Stämmen durchzogen, im 6. Jahrhundert der Sü¬
den von den aus dem Osten eingewanderten Slovenen besetzt. Karl der
Große vertheilte das Land unter mehrere Grafen. Die Grafen von Traun¬
gau oder Steher in Oberösterreich vereinigten die verstreuten Besitzun¬
gen. Markgraf Ottokar VI., 1186 zum Herzog erhoben, war kinderlos
und sein Schwiegervater Leopold V. von Oesterreich erbte das Land.
In den folgenden Jahrhunderten erprobten die Steierer wiederholt ihre
Tapferkeit gegen die in das Land eingefallenen Ungarn und Türken.
Unter den Habsburgern war das Land öfters im Besitz abgezweigtcr
Linien. Inzwischen war der alte Kern des Landes, Steher, an Oester¬
reich gekommen, dafür aber die Grafschaft Cilli mit Steiermark ver¬
einigt worden.
56
Steiermark liegt im Bereiche aller drei Alpenzüge und ist im
nördlichen Theile durchgehends Alpenland, in der südlichen Hälfte wech¬
seln Berg- und Hügellandschaften mit fruchtbaren Thälern und Ebenen.
Die Norischen Alpen treten in zwei Ketten aus Salzburg ein: die nörd¬
liche und höhere (Hochgolling 9045') zwischen der Enns und Mur
endigt bei Eisenerz, — die südliche zieht als steierisch-kärnthne-
ri s ch e A l p e n zwischen Mur und Drau, wird bei Bruck (M u r a l P en)
von der Mur durchbrochen, setzt sich in den mannigfaltig nach Süden
verzweigten Raabthaler Alpen fort und endigt an der österreichi¬
schen Grenze mit dem Wechsel (5496'), ein an der Grenze Körnchens
nach Süden auslaufcnder Ast (Kor alpe 6760') wird von der Drau
durchbrochen und endigt im Bachergebirge (Velka Lapa 4867'),
während er am linken Drauufer in das D r a n g eb i r g e oder den P oß-
ruck Verläufe. Die nördlichen Kalkalpcn enthalten das Kammcr-
gebirge (Duaprein 9500'), Tvdtes Gebirge, den Hohen Pyr-
gas (7200'), den Hochschwab (7176'), Schneealpe (6000')
und Raxalpe (6336'). Die südlichen Kalkalpcn treten in zwei
südöstlich verlaufenden Zügen aus Kärntheu in das Land: der eine mit
dem Ursulab erg (5300') beginnend zieht bei Weitenstein und Gono-
bitz vorüber, geht in den Wotsch (3100') und Donatiberg (2800')
über und verläuft im Matzelgebirge an der Grenze Kroatiens, —
der andere beginnt bei Sulzbach in den Sannthaler Alpen mit
der Rinka (8080'), geht durch die Cillier Berge in den Wacher
(3352') bei Montpreis über und erreicht ebenfalls die kroatische Grenze.
Die bedeutendsten Ebenen sind: das Grazer, Leibnitzer und
Pettauer Feld.
Im südlichen Theile herrscht Acker-, Wein- und Obstbau vor,
im nördliche» die Viehzucht und Eisengewinnung. Das norische Eisen,
seit Alters berühmt, findet sich in unerschöpflicher Menge und die Aus¬
beute steigert sich in dem Grade, als sich die Eisenbahnen den Erzeu¬
gungsorten immer mehr nähern.
Eine Linie von Radkersburg über Spielfeld und Eibiswald bildet
die Sprachgrenze zwischen Deutschen und Slovenen.
Die Landesvertretung besteht aus 63 Abgeordneten, aus deren
Mitte 13 Abgeordnete in den Reichsrath entsendet werden.
Das Land wird in Ober- und Uutersteier unterschieden.
In Untersteier:
Graz (70.000 E.), Landeshauptstadt, Universität, polytechnische
Schute, Sitz des Fürsterzbischofs von Seckau, mit vielen Fabriken und be¬
deutendem Handel. In ausgezeichnet schöner Lage rings um den mit an-
mnthigen Anlagen versehenen, 400' inselartig aus der Ebene hervorragen¬
den Schloßberg, der eine prachtvolle Rundsicht gewährt, nach Süden über
das weitgedehnte Grazer und Leibnitzer Feld und die Hügcllandschaftcn,
nach Südwesten auf die Schwanberger Alpen, nach Norden auf den
Schocke! (4545'), der für Graz als Wetterzeiger gilt; westlich Schloß
Eggenberg, östlich die aus Marmor erbaute Wallfahrtskirche Maria-
Trost; Rein, Cistercienserstift mitGrabmälern mehrerer steierischer Herzoge;
Frohnleiten mit Schlössern und Burgruinen in der Umgebung; Rö¬
thelstein mit der Drachenhöhle (Grotte mit Tropfsteingebilden); Peggau,
Feistritz und Uebelbach mit Eisenindustrie; Weitz mit einer Wall¬
fahrtskirche und vielen Schlössern in der Umgebung; Birkfeld, Anger
und Pöllau, gewerbthätige Flecken; Vorau, regulirtes Augustiner-Chor¬
herrenstift; Friedberg mit Tuchweberei; Hartberg mit Tuchweberei
und Getreidehandel; Pischelsdorf und Gleisdorf, ansehnliche Markt¬
flecken: Burgau mit einer Baumwollspinnerei; Fürstenfeld, Tabak¬
fabrik; Riegers bürg mit einer gut erhaltenen Ritterburg; Feldbach,
sehr alter Marktflecken mit Ringmauern; Gleichenberg, berühmter Cur-
ort für Brustkranke in einer schönen Hügellandschaft; Radkersburg mit
bedeutendem Weinhandel; Mur eck, Straß, Ehreuhausen, Wildou,
ansehnliche Marktflecken; Spielfeld mit einem großen Schlosse; Leibnitz
am Zusammenflüsse der Sulm und Laßnitz am Rande des fruchtbaren
Leibnitzer Feldes mit lebhaftem Gewerbsbetrieb, auf einer Anhöhe westlich
das fürstbischöfliche Schloß S ecka u: Arnfels, Eibiswald mit Braun¬
kohlenlagern und großem Eisenwerk; Deutsch-Landsberg, Schwan¬
berg, St. Florian, Stainz mit einem großartigen Schlosse, sind an¬
sehnliche Marktflecken; Tobelbad mit Schwefelquellen; Boitsberg mit
vielen Gewerben; Köflach mit großen Braunkohlenlagern.
Marburg (6000 E.), Sitz des Fürstbischofs der Lavanter Diöcese,
welche den slovcnischcn Theil Steiermark« umfaßt, Knotenpunkt vieler Ver¬
kehrswege, mit bedeutendem Wein- uud Getreidehandel und vorzüglichem
Weinbau; die fruchtbare Hügelregion zwischen Marburg uud Radkersburg
mit bedeutender Hühnerzucht (steierische Kapaunen) nennt man die „Win-
58
bischen Büheln", — südwestlich von Marburg ist das Bachergebirge,
an dessen südlichen Lehnen der beste steierische Wein wächst; Pettau (das
römische kstovinm), Luttenberg, Windisch-Feistritz und Gonobitz
erzeugen vorzüglichen Wein; Maria-Neustift mit vielbesuchter Wall¬
fahrtskirche; St. Marcin, ansehnlicher Ort mit zwei Wallfahrtskirchen;
S aue^ku'unn, Curort, dessen Säuerling in großer Menge versendet wird;
der Landstrich von Windisch-Landsberg bis Rann zeichnet sich durch
Weinbau aus; Tüffer, sehr alter Marktflecken, in der Nähe Römerbad
(das steierische Gastein) und ergiebige Braunkohlcnlnger; Hrastnik und
Trisail mit reichen Braunkohleulagern; Cilli, das römische Llanäia
Lelcha, im sreundlichen Sannthal, mit der alten ausgedehnten Burg¬
ruine Ober-Cilli, östlich bei Tüchern das große Eisenwerk Store,
welches die besten Schiffspanzer erzeugt; das Warmbad Neuhaus in
einem schönen Thalc; Obcrburg in gebirgiger Gegend mit einer gro߬
artigen Kirche war bis 1783 Sitz der Bischöfe von Laibach; der Gebirgs¬
kessel Sulzbach an den Quellen der Sann wird die „steierische Schweiz"
genannt; Schönstcin im Schallthal hat ein Zinkbcrgwerk; Windisch-
grätz an der Straße nach Kärnthen.
In Ob er st ei er:
Bruck an der Mur, nordöstlich das durch Viehzucht ausgezeichnete
Mürzthal mit Mürzzuschlag; Neuberg, großes Eisenwerk und kais.
Jagdrevier; Mariazell, der berühmteste Wallfahrtsort in Oesterreich, süd¬
lich ein großes Eisengußwerk; Leoben, Hanptniederlage des steierischen
Roheisens, mit einer Bergakademie und Braunkohlenlagern in der Nähe;
Vordernberg und Eisenerz zu beiden des durch seine reichhaltigen Erz¬
lager berühmten Erzberges mit großen Eisenschmelzwerken; Hieflau
mit Eisenwerken und Gypsbrüchen, westlich das Gesäuse, eine drei Stun¬
den lange Thalenge und Stromschnellc der Enns; Admont, Benediktiner¬
stift, in der Nähe große Torflager; Rottenmann auf der Nordseite des
Rottenmanner oder Triebner Tauern (2676') mit der Hauptstraße
aus dem Mur- in das Euusthal; Mautern am Liesingbach; Seckau,
ehemals Bischofsitz; Knittelfeld mit Eisenindustrie; Judenburg (das
römische dloutana Lasten), nördlich davon Fohnsdorf, großes Braun¬
kohlenwerk; Neumarkt an der Stelle der römischen Stadt bloresa;
St. Lambrecht, Benediktinerstift; Murau, mit Ringmauern umgeben;
T^U'a ch (4000'), großes Eisenwerk an der Grenze von Salzburg und Kärn¬
then zwischen den zwei hohen Bergen „Königsstuhl" und „Eisenhut";
Lietzen im Ennsthal, Knotenpunkt wichtiger Straßen; Jrdning, westlich
der hochaufragende isolirt stehende „Grimming" (7423'); Schladming
mit Bergbau auf Nickel und Kobalt, westlich die Straße durch den Paß
— 59
Mandliug nach Radstadt, südlich derH ochgolling; Aussee im steierischen
Salzkammergut, große Saline, östlich der romantische Grundelsee,
nördlich Alt-Aussee, nordöstlich das Tobte Gebirge, eine öde Hochfläche
mit vielen muldenartigen Vertiefungen.
23. Hrrzogthnm Lärnthrn.
180 Quadrat-Meilen mit 360.000 Einwohnern.
Nach dem Aufhörm der Römerherrschaft im Noricum regierten
slavische Fürsten unter baierischer Hoheit. Salzburger und Passauer
Bischöfe ließen im Lande das Christenthum predigen. Nach dem Siege über
die Avaren kam Kärnthenmit den übrigen Nachbarländern in Verbindung
mit dem Reiche Karls des Großen und deutsche Colonisten zogen ins
Land. Kaiser Otto II. löste 976 das zum Herzogthum erhobene Kärn-
then von Baiern. 1269 starb die Herzogslinie aus und Ottokar von
Böhmen bemächtigte sich des Landes; nach seineni Sturze erhielt es
Graf Meinhard von Tirol. Der letzte Graf von Tirol hinterließ 1335
nur eine Erbtochter, die Margaretha Maultasch, von welcher das Land
an das Habsburgische Hans kam.
Kärnthen ist ein hochgelegenes Gebirgsland, im Norden von den
Hohen Tauern (Großglockner 12.000h Hochnarr 10.300h An-
kogel 10.300') und den kärnthnerisch-steierischcn Alpen (Hafner-
spitz 9784h Königsstuhl 7357h Eisenhut 7700h Kuhalpe
5600h Speikkogel 6390'), iin Süden von den Carnischcn Alpen
und den Karawanken (Obir 6800h Petzen 6700h Kos chuta 6600h
Grintouz oder Ninka 8100 „ im Westen von der Schobergruppe
im Osten von den Muralpcn (Koralpe 6760') begrenzt. Zwischen der
Drau und Gail ist der Zug der Gaiithaler Alpen (Do bratsch 7600'
in der Villacher Alpe), zwischen der Drau und Moll die Kreuseck-
gruppe 8500', zwischen der Möll und Malta die Reisseckgrnppe
9360h zwischen der Metnitz und Gurk die Gurkthaler Alpen, zwischen
der Gurk und Lavant die Kaualpe 6550'. Uebergänge über die Tauern:
Pfandelscharte, Hochthor, Zirknitzscharte, Mallnitzer-und
Korntauern, Arlscharte, Katschtauern mit der Straße nach Salz¬
burg, — über die südlichen Kalkalpen der Paß von Pontafel mit der
60
Straße nach Udine, der Paß Predil, der Paß Loibl. Die einzelnen
Landstriche werden nach den Thalern benannt, und zwar: das 24 Meilen
lange Drauthal von Tirol bis Sachsenburg Ober-Drauthal, bis
Villach Unter-Drauthal, bis zum ObirRosenthal, bisLavamünd
Jaunthal; von Seitenthälern rechts dasGailthal, links dasMöll-
thal, Lieserthal, Glanthal von Ossiach bis St. Veit, das Gurk¬
thal, das Krapfeld bei Althofen, das Zollfeld zwischen St. Veit
und Klagenfurt, das Lavauttyal. Unter den Seen sind der Mill¬
stätter-, der Ossiacher- und der Wörthersee bemerkenswerth.
Viehzucht, Eisen und Blei sind die Haupterwerbsquellen. Die
Bevölkerung ist in der Mehrzahl deutsch und nur der südliche Theil von
Unterkärnthen von Slovenen bewohnt.
Die LandesvertreUmg besteht aus 37 Landtagsmitgliedern, von
denen 5 in den Reichsrath entsendet werden.
In Unterkärnthen:
Klagenfurt (14.000 E.), Landeshauptstadt, Sitz des Fürstbischofs
von Gurk, durch einen schiffbaren Canal mit dem Wörthersee in Berbin-
dung, mit lebhaftem Durchfuhrhandel und einer großen Bleiweißfabrik.
Die Stadt liegt in breiter Ebene und hat nach allen Seiteu schöne Ge¬
birgsansichten; Maria-Saal, Wallfahrtsort am Zollfelde, auf welchem
auch das celtische Virunnin und das römische trinvium «otvsnss gestanden;
Wchktring, bedeutende Tuchfabrik; Unter-Ferlach mit namhafter Ge-
wehrfabrikatiou, südlich die Straße über den Paß Loibl (4000') nach
Kraiu; Kappel mit Ouecksilberbergbau, westlich der Obir mit schöner
Rundsicht, östlich die Petzen; Schwarzenbach mit Bleigrubeu; Prä-
vali und Lippitzbach sind große Eisenwerke; Bleiburg mit einem
Brauukohleulager in der Nähe, und Bölkermarkt sind alte Städte;
St. Paul, Beuediktinerstist; St. Andreä mit einem großen Jesuiteu-
collegium; Wolfs berg mit einem großartigen Schloß und einer Blei¬
weißfabrik; St. Leonhard, Eisenschmelzwerk und ein Sauerbrunnen;
Lölling, Hüttenberg mit unerschöpflichem Erzvorrath, Ebersteiuund
Treibach au der Gurk bei Althofen sind große Eisenwerke; Friesach,
die älteste Stadt iu Kärnthen in einem von alten Burgen umlagerten
Thalkessel; Straßburg, bis 1787 Sitz der Gurker Bischöfe; Gurk hat
eine uralte Kirche von hohem Knnstwerth mit dem Grabe der heil. Hema;
St. Beit, ehemals Hauptstadt von Kärnthen und Residenz der Herzoge,
ist der Stapelplatz des kärnthnerischen Roheisens, in der Umgebung viele
61
Burgen, darunter die östlich gelegene wohlerhaltene Ritterburg Hoch-
Osterwitz besonders merkwürdig, südlich Schloß Tanzenberg, der Ge¬
burtsort Kaiser Maximilians I.; Feldkirchen und Himmelberg mit
Eisenwerken.
In Oberkärnthen:
Villach im Krenznngspnnkte vieler Verkehrswege, mit einer sehens-
werthen Kirche, östlich das reiche Bleibergwerk Bleiberg. Im Drauthale
aufwärts führt die Straße über Spital (mit schönem Schloß), AaKsen-
burg und Oberdraubnrg nach Tirol, die Abzweigung von Spital im
Lieserthal über Gmünd und den Katschberg nach Salzburg, von Sach-
senbnrg im Möllthal über Obervellach nach Heiligenblut, dem hoch¬
gelegenen Alpendorfe am Fuße des Großglockners, von Obervellach ein
Pfad über den Mallnitzer Tauern nach Gastein. In südlicher Richtung
führt die Straße von Villach in das Thal der Save in Kram, die west¬
liche Abzweigung davon im Gailthal aufwärts, die südwestliche über
Tarvis, das Zinkbergwerk Ra-ibl und den befestigten Paß Predil in
das Jsonzothal und westlich von Tarvis durch den Paß Pontafel nach
Italien. Südwestlich von Tarvis ist der vielbesuchte Wallfahrtsort Lu-
schariberg.
24. Gefürltrtc Grafschaft Tirol.
500 Quadrat-Meilen mit 8S0.000 Einwohnern.
Das heutige Tirol gehörte größtentheils zur römischen Provinz
Rhätien, Vorarlberg zu Vindelicien, das Pusterthai zu Noricum. Bei
der Völkerwanderung besetzten Langobarden den Süden, Bojoaren den
Norden. Karl der Große theilte das Land unter Grafen. Als die mäch¬
tigsten derselben erscheinen im 12. Jahrhundert die Grafen von Andechs,
welche zu Herzogen von Meran erhoben wurden, neben ihnen die Gra¬
fen von Tirol und die Grafen von Eppan. Die Geschichte von Tirol
spielte damals im Etschthal zwischen Meran und Botzen, wo noch heute
zahlreiche Burgen stehen. Nach den letzten Grafen von Eppan ging
1241 dessen Besitz an das Bisthum von Brixen, der Besitz der Herzoge
von Meran 1248 an den Grafen von Tirol über, dessen Tochter den
Grafen Meinhard von Görz heiratete. Bon nun an war Tirol meist
mit Görz vereinigt und 1286 kam auch Kärnthcn dazu. Margaretha
Maultasch überließ 1363 das Land an das Habsburgische Haus. Seit¬
dem war Tirol häufig einer der getheilten Habsburgischen Linien zuge-
theilt und erst 1665 für immer mit den übrigen österreichischen Ländern
62
vereinigt. Die fünf Grafschaften vor dem Arlberge Feldkirch, Blu¬
denz, Bregenz, Sonnenberg und Hohcnembs waren nach und nach von
1365 bis 1760 meist durch Kauf an Oesterreich gekommen.
Tirol ist ausschließlich Alpenland und enthält die höchsten und
ausgedehntesten Gebirge der Monarchie. Die Central-Alpen treten auf
der Nordseite des Inn in der Srlvrctta-Gruppe und den Jamthalcr
Fernern in das Land und verlaufen nordöstlich bis Landeck, nordwest¬
lich zweigt sich die Rhätikonkctlc ab und zieht an der Schweizer Grenze
(Loesa plana 9130' südwestlich von Bludenz) bis zum Rhein; ein
zweiter Zug tritt am rechten Jnnufer aus der Schweiz nach Tirol über,
setzt über die Malser Haide und bildet die riesigen Bctfthaler Ferner
(Wcißkogcl 11.840', Similaun 11.420', Wildspitz 11.940'),
welche durch das Timblerjoch (7786') milden Itubayer Fernern
Zusammenhängen. Diese hängen im Süden durch den Jaufenpaß
(6460') mit den Jarnthaler^Alpen (zwischen Meran und Brixen) zu¬
sammen, nach Osten gehen sie über den Brennerpaß (4375') in die
Tuxer und Mlcrthaler Ferner (Löffelspitz 10.500'), an der Salz¬
burger Grenze in die Hohen Tauern (Fcldspitz 9293', Dreiherren¬
spitz 11.082', Gr. Venediger 11.622', Hochkasten 10.000',
Großglockner 12.000') über, von welchen sich auf der Südseite der
Virgcnkamm zwischen dem Defereggen- und Virgenthal, der Eich-
amgrat zwischen dem Virgen- und Tauernthal, der Kalser Grat
zwischen dem Tauern- und Kalserthal abzweigt; südlich von diesen Ver¬
zweigungen ist die Antholzcr Gruppe (Hochgall 10.880', Schnee-
bige Nock oder Ruthnerhorn 10.700' nordöstlich von Brnnnecken),
daran schließt sich das Desereggcr Gebirge zwischen dem Defereggen-
und Pusterthal und an der Ostgrenze des Landes liegt die Gruppe des
Hochschober (10.250'). Von Zell im Zillerthal zieht auf der Nord¬
seite des Gerlosthales ein Schiefergebirgc und bildet die Grenze gegen
Pinzgau.
Die nördlichen Kalkalpcn beginnen bei Bludenz und ziehen nord¬
östlich als Aigaucr Aipen an die baierische Grenze zwischen Lech und
Iller (Mädele-Gabel 8300', Hochvogel 8200'). Die Landschaft
nordwestlich bis zum Bodensee heißt Bregenzerwald. Der Zug östlich
63
vonBludenz (RotheWand 8580', Schafberg 8550', Stanzbcrg
8750', Mnttekopf 8700' bei Imst) gehört den lmicrilchm Aluen,
welche sich in mehreren scharfgetrcnnten Gruppen und Parallelketten
nach Osten sortsctzen im Wettersleingctnrge (Zugspitze 9100', Hohe
Mnndi 8300' nordwestlich bei Telfs), Iolslcin 9100' nordwestlich bei
Innsbruck, Knrwmdclgebirge 7300' nördlich von Innsbruck, Hoch-
Kaiser (7400') östlich von Kufstein, Stkingrlnrge au der Salzburger
Grenze (Flachhorn 7900', Rothhorn 8100'). Die sndlichenKalk-
alpen treten mit der Drtlergruppc lOrtlessvitz.e 12.100't. von wel¬
cher nach allen Seiten die Aeste strahlig auslaufen, und mit der Adn-
mellogruppe (10.100') nach Tirol, überschreiten das Querthal der
Etsch und setzen sich in den Tridentiner Alpen (61ma ä' ^.sta 8800'
nordöstlich von Borgo di Valsugana) in den Fassancr Alpen (Llarmo-
laäs 10.000'), in den Cadorischen Alpen (L.utelso 10.400'bei (iackora
in Venetien) und in den Carnischcn Alpen fort.
Die bewohnten Landstriche werden nach den Thälern unterschieden
und benannt, wornach das Inn-, Puster-, Etsch- und Rhcinthal die
Hauptgebicte bilden, in welche die Seitenthäler münden.
Unter den Seen ist der romantische Achensee au der Straße von
Jenbach nach Baiern bemerkenswcrth, der Gardasee, Im^o ä'Iäro und
Bodensee gehören nur mit kleinen Theilcn zum Lande. Außerdem gibt
es in allen Theilcn des Hochgebirges zahlreiche kleine Quellscen.
Den Haupterwerb gibt die Viehzucht, im nördlichen Theile auch
der Bergbau und das Hausiren in der Fremde, im Süden der Weinbau
und die Seidenzucht, Vorarlberg zeichnet sich durch die Industrie aus.
Die Bewohner sind in der Mehrzahl Deutsche, im nördlichen Theile
der Fassaner Alpen von den alten Rhätiern abstammende Ladiner (La¬
teiner), im Etschgcbiet südlich von Salurn mit allen dazu gehörigen
Seitenthälern, sowie in den Thälern von Buchenstein und Ampezzo
Italiener, im Montafunerthal in Vorarlberg aus dem Rhoncthal ein¬
gewanderte Wälsche, welche im Laufe der Zeit die deutsche Sprache an¬
genommen haben.
Die Landcsmrtretung für Tirol besteht aus 68 Landtagsmit¬
gliedern, von denen 10 in den Reichsrath entsendet werden. Vorarlberg
64
hat seinen eigenen Landtag zu Feldkirch, bestehend aus 20 Mitgliedern,
darunter zwei Abgeordneten für den Reichsrath.
a) Jnnsbru ck er Kr eis.
Innsbruck (15.000 E.), an der Grenze zwischen dem Ober- und
Unter-Innthal, Landeshauptstadt, Universität, mit einer kaiserlichen Burg,
in der Hofkirche das berühmte Grabmal Kaiser Maximilians I. nud ein
Denkmal des Tiroler Führers Andreas Hofer, — südlich das Prämon-
stratenserstift Willen an der Stelle von Valäiilsna, der Hauptniederlas¬
sung der Römer iu Rhätien, östlich davon das Schloß Ambras oder
Amras, einst Sitz der Tiroler Fürsten, zwischen beiden Orten der Berg
Jsel, bekannt durch die Heldenkämpfe der Tiroler im Jahre 1809; Matreh
und Steinach im Wippthal; Bulpmes mit bedeutender Eisen- und Stahl¬
industrie in dem durch Gletscher und Wasserfälle ausgezeichneten Stubay-
thale; Hall, alte Stadt mit einer großen Saline, nördlich dabei der Wall¬
fahrtsort Absam; Schw az, großer Marktflecken mit einer prächtigen Pfarr¬
kirche, Tabakfabrik, einer Strafanstalt, nordöstlich das Benediktinerstift Fiecht
mit schönerKirche; Jenbach mit bedeutender Eisen- und Stahlindustrie, nörd¬
lich davon derWallfahrtsortEb en mit den Gebeinen der heil.Nothburga, noch
nördlicher der romantische Ach ense e und an der Landesgrenze der Achenpaß,
durch den dieStraße nachTegernsee inBaiernführt; Rattenberg mit schöner
Pfarrkirche, dabei das Dorf Brixlegg mit einer Kupfer-und Bleischmelze;
Kufstein, kleine Festung, als Thalsperre gegen Baiern, mit einem Staats-
gefängniß; Kitzbüchel mit einem Bad, Silber- und Kupferbergwerk, nord¬
östlich dabei das Kitz büch lerhorn (6200h mit schöner Rundsicht. Von
Kitzbüchcl führt die Straße nördlich über St. Johann, Kossen und
durch den Klobensteinerpaß zum Chiemsee, die nordöstliche Abzwei¬
gung von St. Johann über Waidring und durch den Strubpaß
über Loser nach Rcichenhall, südöstlich über Fieberbrunn nach Saal¬
felden, südlich von Kitzbühel über den Paß Thnru (4020') nach Mit-
tersill im Pinzgau; Hopfgarten, nordöstlich dabei der vielbesuchte Aus¬
sichtspunkt Hohe Salve (5670h; Fügen, Hauptort des Zillerthales
in schöner und fruchtbarer Ebene, weiter südlich Zell, von wo die Straße
östlich über den Gerlos-Paß (4548h nach Pinzgau, südlich von Zell
Mayerhofen, von wo der Pfad in südlicher Richtung in den wildroman¬
tischen Dornauberg im Zamserthal nud dann über das Pfitscherjoch
(7100h nach Sterzing im Oberen Wippthal, westlich im Tuxerthal
über das Tuxerjoch (7350h uach S t a f sl a ch im Uut e renWi p p t h al führt.
Ziert im Ober-Innthal am Fuße der berühmten Martinswand,
von wo die Straße über Seefelden (mit Asphaltbergbau) durch den
Scharnitzpaß nach Baiern führt; Telfs mit Baumwollspinnerei; Stams,
65
Cistercienserslift mit prachtvoller Kirche, zwei Stunde» weiter gegen Snd-
west mündet das hochromantische Behthal, welches tief in das Innere
der Betzlhaler Ferner führt. Aus dem Oetzthale gelaugt man östlich
über das Timblerjoch in das Passeyerthal, in westlicher Richtung
aber vom Dorfe Vent (6048') entweder über das Niederjoch (8700')
auf der Westseite des Similaun oder über das Ho chj o ch (9300') auf der
Ostseite des Weißkogel iu das Schnalserthal und dann in dasVintsch-
gan. Imst, Hauptort im Ober-Innthal zwischen dem Tschürgant (7275')
auf der Ost- und dem Muttekopf (8700') auf der Westseite, mit Baumwoll¬
weberei. Von hier führt die Straße nördlich überLermoos mildem östli¬
chen Zweige im Loisachthal »ach Partenkirchen, mit dem westlichen durch
die südlich bei Rente befindliche Ehrenberger Klause in das Lechthal
und in demselben weiter nach Füssen, nordwestlich aber über Bits nach
Kempten in Baiern, — von Imst im Jnnthale aufwärts über Zams mit
Baumwoll- und Seidenweberei, über Laudeck mit schöner gothischerKirche,
Ladis mit dem Curorte Obladis, Ried, durch den wildromantischen und
befestigten Engpaß Finstermünz über Nauders rechts in die Schweiz,
links über die Reschen-Scheideck (4430') und Mälser Haide iu das
Bintschgan, — von Landeck westlich durch das Stanzerthal über den
Arlberg (5390') in das Klosterthal, nach Bludenz und Feldkirch.
b) Brixner Kreis.
Brixen (4000 E.-, Sitz eines Fürstbischofs, war durch 900 Jahre
Hauptstadt eines geistlichen Fürstenthums, — nördlich das Augnstiner-Chor-
herrenstift Nenstift, noch nördlicher die das Eisackthal absperrende starke
Frauzensfeste und östlich von dieser das durch die blutigen Kämpfe gegen
die Franzosen 1797 bemerkenswerthe Dorf Spinges; von hier führt die
Straße in östlicher Richtung in das Pnsterthal über Brunnecken (mit
Marmorbrüchen), das Toblacherfeld (3940'), Jnnicheu, wo eine seheus-
werthe Franziskauerkirche und eine bedeutende Handschuhindustrie ist, Sil
lian, nach Lienz in freundlicher Gegend mit ansehnlichem Durchfuhr¬
handel; Wiudisch-Matrey, Hauptort im Jselthale, von wo der Weg
nördlich über den Velber Tauern (7737') nach Mittersill, westlich im
Virgenthale über Pregraten zum Gr. Venediger, östlich über das
Kalserthörl (7017') nach Kals und zum Großglockner und über den
Kaiser Tauern (9000') nach Pinzgau führt; Hopfgarten in dem
durch viele Wasserfälle merkwürdigen acht Stunden langen Deffereggen-
thale. Am Toblacherfelde zweigt sich die durch das Anipezzothal nach
Italien führende Straße ab; südlich von Brnnuecken ist das Enneberger
und Abteithal, meist von Ladinern bewohnt; Sterzing mit Wollwc
berei, südöstlich das Sterzinger Moos, nördlich der Brennerpaß (4375'),
Kozen„, Geographie. 5
66
südwestlich der Pfad über den Jaufen (6460') in das Passeyerthal;
Klausen mit Bergbau auf verschiedene Metalle, südöstlich das von Ladi¬
nern bewohnte und durch Bildschnitzereien bekannte Grödnerthal, woran
südlich Kastelruth, ferner die große durch üppige Weiden und Mannig¬
faltigkeit der Pflanzen ausgezeichnete Seiseralpe und der Schiern (8000').
Botzen, das römische Uous Drusi (10.000 E.), lebhafter Handels¬
platz am Vereinigungspunkte der Straßen aus Deutschland, Italien und
der Schweiz, liegt, in einem heißen Bergkessel, in welchem bereits Süd¬
früchte gedeihen, besonders in dem nahen Dorfe Gries, — nordöstlich der
Berg Ritten, ein beliebter Sommeraufenthalt der Botzner; Nenmarkt
(LZua) in sumpfiger Gegend; Tramin und Kaltern mit vorzüglichem
Weinbau; Lana am Eingänge in das an Gletschern und Wasserfällen
reiche Ultenth al mit Seidenzucht und Weinbau; Meran, die alte Haupt¬
stadt von Tirol, in lieblichem Klima und herrlicher Natur, mit vortreff¬
lichem Wein- und Obstbau, Winteraufenthalt vieler Fremden aus den nörd¬
lichen Ländern, — dabei auf dem Küchelberge das Schloß Tirol, nörd¬
lich das Passeyerthal, in welchem der Weg über Sand (Geburtsort des
Andreas Hofer) nordöstlich über den Jaufen nach Sterzing, nordwestlich
über das Timblerjoch in das Oetzthal führt; das Etschthal westlich von
Meran heißt Vintschgau, darin Schlanders mit vorzüglichem Marmor,
Glurns mit Mauern umgeben, Mals, Burgeis mit dem Benediktiner¬
stift Marienberg. Südlich von Glurns zieht die höchste europäische Straße
in vielen Windungen in der Nähe der Ortlesspitze über das Stilfser-
joch (8900') in das Veltliner Thal in Italien.
o) Trienter Kreis, Wals chtirol oder die Wälsch en Confini en.
Trient (IS.000 E.) in einem Gebirgskessel, Sitz eines Fürstbischofs,
ehemals dieHauptstadt von Südtirol, mit bedeutendem Obst- und Weinbau,
vielen Seidenspinnereien und ansehnlichem Handel. In der Kirche 8t. Llarla
insMvrs würde 1545—1563 das Tridentiner Concil gehalten; Pergine,
Levico und Borgo in dem schönen und fruchtbaren VnlsnAuna mit Sei¬
denspinnereien; Cavalese und Predazzo im Fleimserthal, welches in
seinem oberen, durch Reichthum an schönen Mineralien ausgezeichneten,
zwischen hohen Dolomitbergen von abenteuerlichen Formen liegenden Theile
Fassathal heißt; Fondo im Val äi klon, nördlich davon Paß Gampen
und der Wallfahrtsort Unsere liebe Frau im Walde; Cles mit
bedeutender Seidenzucht; Mals im Thale Sulzberg, aus welchem die
Straße über den Paß Tonale nach Italien führt; Arco und Riva mit
Seidenzucht und Olivenpflanzungen, westlich von Riva das Lederthal
(Val
, Landeshauptstadt und Sitz eines Fürstbischofs,
an der Stelle der von Aitila zerstörten Nümerstadt demona, treibt lebhaf¬
ten Handel mit Getreide, welches aus Kroatien bezogen wird. Vom Schlo߬
berg, dessen Gebäude als Strafhaus dient, zeigt sich gegen Nord und Ost
ein großartiges Gebirgspanorama, südlich nud südwestlich liegt der theil-
weise schon trockengelegte Laibacher Morast; Krainburg mit lebhaftem
Handel, — in der Nähe die Siebmacher- Colonie Straschisch; Neu
marktl am Fuße des Loiblpasses mit schwunghafter Eisen- und Leder¬
industrie; Stein, betriebsamer Ort in schöner Lage; RadmaunSdorf
mit einem schönen Schlosse; Jauerburg, Krop und Eisnern mit Eisen¬
industrie: Bischoflack mit Leinweberei; Jdria mit dem berühmten Queck¬
silberbergwerk; Wippach im tiefgelegenen Wippachthal mit völlig ita¬
lienischem Klima und daher auch italienischen Bodenerzeugnissen, südöstlich
dabei der Nanos (410(L), die Hanptregiou des eisigen Nordostwindes Bora;
Adelsberg mit der berühmten Grotte, deren Eingang eine halbe Stunde
vom Orte entfernt ist; Oberlaibach, an der Stelle der ehemaligen Tau-
riskerstadt biauportns; Sagor mit großem Braunkohlenlager; Sittich
mit schönem Klostergebäude eines ehemaligen Cistercienserstiftes, — das hier
69
befindliche Gebirge ist voll Grotten; Auersperg, Stammsitz der gleich¬
namigen fürstlichen und gräflichen Familie; Reifnitz mit Holz- und
Strohwaarenindustrie; Gotische, Stadt im Bezirke der deutschen Gott-
scheer, welche als Hausner und Südfrttchtenhäudler durch ganz Europa
bekannt sind; Möttling, am Fuße des Uskokengebirges, einst Hauptort
der „Windischeu Mark": Ncustadtl oder Rndolfswerth mit warmen
Mineralquellen zu Teplitz; Gurkfeld au der Stelle des alten Rovio-
äuuum, südlich davon das schöne Graf Auersperg'sche Schloß Thurn
am Hart.
26. Das Küstenland (Gefürstete Grafschaft Gör; nnd Gradišča,
Markgraffchaft Istrien nnd Stadt Triest mit Gebiet).
139 Quadrat-Meilen nnd S80.000 Einwohner.
Diese Provinz ist aus verschiedenen Bestandtheilen erwachsen.
Triest war unter den Römern als lerZssts eine bedeutende Colonie,
berstet in den Zeiten der Völkerwanderung, wurde nach dem Einbrüche
der Langobarden byzantinisch nnd kam dann an Karl den Großen.
Später war die Stadt durch mehrere Jahrhunderte den TriesterBischöfen
unterthänig, kaufte sich allmählich von der bischöflichen Herrschaft los
und beschloß, um gegen die beständigen Feindseligkeiten der Venetianer
Schutz zu finden, sich dem deutschen Reiche zu unterwerfen und kam
auf diese Weise 1382 an Oesterreich.
Aquilcsa gehörte zu den Großstädten des Römerreiches. Attila
zerstörte sie 452. Später erhob sie sich noch einmal in kirchlicher Größe.
Der selbstständige Erzbischof war seit dem 7. Jahrhundert Patriarch
und gebot über einen Theil von Friaul nnd Istrien. Im 15. Jahr¬
hundert bemächtigten sich die Venetianer dieser Besitzungen und ein Theil
kam an Oesterreich.
Görs war lange Zeit ein Völkerthor für die wandernden Völker¬
schwärme, daher es auch erst spät als selbstständiges Land in der Ge¬
schichte erscheint. Im 13. Jahrhundert ward Graf Meinhard durch
Heirat auch Graf von Tirol. Seitdem erscheint Görz bald mit Tirol
vereinigt, bald selbstständig. 1500 starben die Grafen aus und nach
alten Verträgen kamen Görz und Mitterburg an Oesterreich. Die Graf¬
schaft Gradišča wurde vom Kaiser Maximilian I. den Venetianern
70
abgenommen, später den Fürsten von Eggenberg geschenkt,, nach deren
Aussterben sie 1717 an Oesterreich zurückfiel.
Istrien oder Histcrreich war im Mittelalter eine besondere Mark¬
grafschaft. Seit 1190 gehörte der bedeutendste Theil davon zu Venedig.
Durch den Frieden zu Campio Formio 1797 kam das vcnetianische
Istrien an Oesterreich.
Das Küstenland gehört in das Gebiet der südlichen Knlknlpeu.
Um die Quellen des Jsonzo lagern der Dlonto Lanin (7100'), Man¬
gart (8400'), Tension (9000') und Krn (7200'); zwischen der Jdria
und dem Jsonzo liegt der hohe Karsi (Mersawetz 4440' im Tarno-
wanerwald), auf der Südseite des Wippachthales beginn der eigentliche
Karst und zieht in südöstlicher RichtungalsTschitschenboden bis an
den Busen von Fiume, wo er imNonts maMors (4400') seine größte
Höhe erreicht und in den Quarnerischen Inseln Cherso, Lussin und
Veglia seine Fortsetzung hat, nach Westen aber in Stufen über die Halb¬
insel Istrien gegen das Meer abfällt. Der Karst ist eine öde, im Innern
zerklüftete Hochfläche mit trichterförmigen Vertiefungen ohne Thäler;
die Bäche verschwinden nach kurzem Laufe unterirdisch, um später an
tieferen Stellen wieder zu erscheinen. Zeitweise wüthet ein eisiger Nord¬
ostwind, die Bova, mit der größten Heftigkeit. Die Niederung am Jsonzo
südlich von Görz und das Wippachthal gehören zur italienischen Tiefebene.
Bei so großer Verschiedenheit des Bodens und Klimas sind auch
die Produkte und Erwerbszweige mannigfaltig. Im Gebirge die Vieh¬
zucht, in der Ebene Getreide-, Wein- und Seidenbau, an den Küsten
Fischfang, Schiffahrt und Seesalzgewinnung. Die'Bewohner sind im
nördlichen Theile Slovenen, im südlichen Kroaten und Serben, an der
Küste und in den Städten Istriens Italiener, in der Görzer Ebene
Furlauer.
Die Landcsvcrtretung für Görz besteht aus 22 Landtagsmitglie¬
dern, darunter 2 Reichsrathsabgeordnete, für Istrien aus 30, von denen
ebenfalls 2 Abgeordnete für den Rcichsrath. Die Stadt Triest mit ihrem
Gebiete wird durch den Stadtrath vertreten und entsendet gleichfalls
2 Abgeordnete in den Reichsrath.
71
Tri c st (70.000, mit dem ganzen zur Stadt gehörigen Territorium
116.000 E.) ital. D'issts, slav. Nrst, die Hauptstadt für das ganze Küstenland,
Freihafen, Bischofsitz, ist der wichtigste Seeplatz des Reiches und vermittelt
den größten Theil des österreichischen Handels mit Italien nnd dem Morgen¬
lande. Die Stadt besteht ans der Alt- und Neustadt, erstere mit engen und
unregelmäßigen, letztere mit regelmäßigen, breiten, rechtwinkelig sich kreu¬
zenden Straßen. Das größte Institut Triest's ist die Dampfschiffahrts-
Gesellschaft „Oesterreichischer Lloyd" mit zwei Arsenalen: ferner viele Ver¬
sicherungsgesellschaften, eine Dampfmaschinenfabrik. Unter den Gebäuden
ist der uralte Dom St. Just, die ueue Antonikirche und das Nsr^ostsum
besonders bemerkenswerth. Letzteres ist der großartigste Bau iu Triest,
dient den Kaufleuten als Versammlungsort und Börse und bildet den
Mittelpunkt des Triester Lebens; nördlich Schloß Miramar mit präch¬
tigen Gartenanlagen; Lipizza am Karst mit einem k. k. Hofgestüte.
Görz (kortma, 12.000 E.) in lieblicher Gegend, Sitz eines Erz¬
bischofs. Die Umgebung treibt starke Seidenzucht und erzeugt viel edles
Obst, in der Nähe der vielbesuchte Wallfahrtsort Monte snnto; im engen
Jsonzothal aufwärts Caualc, Tolmein, Karfreit (vaporotto) zwischen
dem Matajur (5200') und Krn, Flitsch mit Leinweber« und Hausirhandel,
nördlich davon führt die Straße durch die Flitscher Klause und über
den befestigten Paß Predil nach Kärnthen; Heidenschaft im Wippach-
thale mit berühmter Türkischrothfärberci; Cormons mit starker Seiden¬
zucht; Gradisea mit einem Strafhans; Monsaleone mit einem Hafen
und warmen Bädern; Dnino mit einem malerisch auf steilem Meeresufer
stehenden Schlosse, in der Nähe der kurze Fluß Timavns, der gleich an
der Quelle große Schiffe trägt und als Fortsetzung der bei St. Cauzian
am Karst verschwindenden Rjeka gilt; Nabresina mit der Abzweigung
des Triester Bahnflügels; Aquileja mit vielen römischen Alterthümern
und bedeutendem Reisbau; Grado auf einer Insel in den Lagunen mit
einer .vielbesuchten Wallfahrtskirche, ehemals Sitz des. Patriarchen von
Aquileja.
In Istrien:
Mitterburg oder Pisiuo in obst- und weinreicher Gegend;
Mug gia (spr. Muja) mit großer Maschinenfabrik und Schiffswerfte; Ca-
podistria (10.000 E.), auf einer Felseninsel mit einem Strafhaus und
großen Salzgärten zur Gewinnung des Seesalzes; Pirano (9000 E.) mit
Schiffswerfte und großen Salzgärten; Montana liefert vortreffliches
Schiffbauholz; Parenzo auf einem Felsen im Meere, Sitz eines Bischofs
und des Landtages für Istrien; Rovigno (10.000 E.) auf einer Felsen¬
zunge mit zwei Häfen, starkem Schiffbau nnd bedeutender Sardellenfischerei;
72
Pola, einer der schönsten Häfen von Europa und der wichtigste Kriegs¬
hasen der österreichischen Marine, mit vielen römischen Alterthümern, dar¬
unter besonders ein großartiges Amphitheater; Fasana, Hafenort gegen¬
über den Brionischen Inseln; Albona mit einem ergiebigen Steinkohlen¬
lager," nördlich der Cepicer See, in dessen Umgebung der beste Jstrianer
Wein wächst; Volosca, in schöner Lage am Qnarnerischen Busen, und
Castna auf einem hohen Felsen, ehemalige Hauptstadt von Libnrnien,
beide mit Wein-, Oel- und Kastanienbau.
Quarnerische Insel«: Beglia mit der Stadt gleichen Namens,
Bischofsitz und Hafen; Cherso mit der Stadt gleichen Namens, Hafen
und Schiffswerfte; auf Lussin ist Lnssin Piccolo (6000 E.), stark¬
besuchter Hafen, und Lussin grande mit bedeutendem Schiffbau.
27. Königreich Dalmatien.
2Z2 Quadrat-Meilen und 450.000 Einwohner.
Dalmatien gehörte im Alterthum im nördlichen Theile zu Lubur-
nien, im südlichen zu Illyrien. Nachdem die venetianische Republik
lange mit Ungarn um die dalmatische Seeküste gekämpft, gelang es ihr
im 15. Jahrhundert das Land zu erobern. Nach Venedigs Sturz kam
Dalmatien 1797 im Frieden zu Campo Formio an Oesterreich, wurde
1805 an Frankreich abgetreten und 1815 sammt Ragusa und Cattäro
bleibend mit Oesterreich vereinigt.
Der Bodenbildung nach gehört das Land sammt den Inseln zum
Karstgebiet. An der Militärgrenze liegt das Velebichgebirge, an der
bosnischen Grenze ziehen die dinnrischen Alpen (Berg Dinars. 5730h
östlich von Knin), das Molsorgedirgc liegt östlich von Spaläto. Der
Boden ist zerklüftet und wasserarm, hat viele Höhlen, Einsenkungen,
Thalkessel und eine hafenreiche Küste. Der Zusammenhang des Landes
ist an zwei Stellen, an welchen türkisches Gebiet das Meer erreicht,
unterbrochen, südlich der Narentamündung bei Klek und am Eingänge
in die Bucht von Cattaro. Unter den Flüssen bilden die Kerka und
Cetina schöne Wasserfälle.
Die vorzüglichsten Produkte sind Seesalz, Wein, Oel, Fische und
Schafe. Die Landbevölkerung ist serbisch, die Städtebewohner italienisch.
Die Laudesvertretnng besteht aus 43 Landtagsmitgliedern, von
denen 5 als Abgeordnete in den Reichsrath entsendet werden.
73
Kreis Zara:
Zara (2achön
Wald und P e t e rswald, betriebsame Orte im Erzgebirge; A n s s i g (7000 E.),
78
wichtiger Knotenpunkt fiir den Verkehr, Hauptstation der Elbe-Dampfschiff-
fahrt, mit Weinbau, Fabriken und ausgedehntem Braunkohlenbergbau, —
südwestlich an der Biela das Dorf Staditz, der angebliche Geburtsort
Premqsl's, des Gemals der Libussa, — südöstlich am rechten Elbeufer die
malerischen Ruinen der Veste Schreckenstein; Bodenbach, wichtige Bahn¬
station, gegenüber Tetschen mit ansehnlichem Schloß, Baumwollspinnerei
und Farbenfabrik, — südöstlich die Ackerbauschule Licbwerd; Herrns-
kretschen mit starkem Holzhandel ans der Elbe und dem „Prebischthor"
genannten merkwürdigen Felsenbogen in der Nähe; Böhm.-Kamnitz,
Bensen, Sandau und Wernstadt sind sehr gewerbfleißige Orte; Ober-
Po litz mit einer vielbesuchten Wallfahrtskirche; Auscha und Hab stein
mit Hopfenbau; Böhm.-Leipa (9000 E.) mit Baumwoll-, Stahl- und
Glasindustrie; Haida, Mittelpunkt des böhmischen Glashandels,— die in
der Nähe liegenden Orte Zwickau, Bürgstein, Lindenau, Falkenau,
Steinschönau, sowie Kreibitz durch die Glas- und Baumwollindustrie
ausgezeichnet. Der nördlich liegende Landstrich mit den Orten Georgen¬
thal und Warnsdorf (12.000 E.), Schönlinde, Rumburg (8000E.),
Georgswalde, Ehrenberg, Nixdorf, Schluckenau und Hains¬
pach ist in der Lein- und Baumwollindustrie besonders hervorragend und
sehr dicht bevölkert.
Jung-Bunzlau (8000 E.) mit Schafwoll- und Baumwollstofs-
druckerei, — nördlich Kosmanos mit schönem Schloß, die wichtigste Fabrik
für gefärbte Baumwolltüchcl, — südöstlich Lauschtin mit Schloß, Park
und Thiergarten; sonstige bedeutendere Orte sind: Nimburg, Lissa, Neu-
Benatek, Mscheuo, Dauba mit Schloß Perstein, Weißwasser mit
einer Forstschule, Hirschberg mit Hopfenbau, Hühnerwasser, Niemes
mit schönem Schloß, Reich st adt mit Schloß und Wachsleinwandfabrik,
Wartenberg, Gabel, Münchengrätz mit schönem Schloß, Sobotka,
Bautzen; Turnan mit Baumwolliudnstrie und Glasschleiferei, — süd¬
östlich die Kaltwasseranstalt Wartenberg, in der Umgebung viele Burgen;
Eisenbrod, Liebcnau und Böhm.-Aicha mit Schaffwollindnstrie;
Reichenberg (20.000 E.), volkreichste Fabrikstadt Böhmens und eine der
wichtigsten Industriestädte für Woll- und Banmwollwaaren, mit deren Er¬
zeugung auch die Ortschaften der Umgebung größtentheils beschäftigt sind;
südöstlich Gablonz, Morchenstern und Tannwald mit der lebhaftesten
Industrie in kleinen Glaswaarcn (Glasperlen, Knöpfe, unechte Edelsteine);
Kratzau mit Schafwollspinnereien; Grottau mit Baumwollspinnerei;
Haindorf mit einer Wallfahrtskirche; Liebwerda mit Schloß und Bad;
Neustadt l, Grenzstadt an der schlesischen Grenze; Fried land mit Schaf¬
wollindustrie und einer der ältesten guterhalkenen Burgen.
79
Jitschin (6000 L) mit einer nach dem Muster der Wallfahrts¬
kirche zu Santiago de Compostella in Spanien erbauten Pfarrkirche, —
nordöstlich die Strafanstalt Karthaus. Bedeutendere Orte in südlicher
Richtung sind: Horitz, Smidar, Nen-Bidschow, Chlumetz, Zezelitz,
Königsstadtl, Liban, — gegen Norden Reu-Paka, Lomnitz, Semil.
An den Abhängen des Riesengebirges herrscht eine sehr lebhafte Lcinwand-
industrie, deren Mttelpunkt und wichtigster Flachsmarkl die Stadt Trau-
tenau ist; Starkenbach, Hochstadt, Rochlitz, Hohenclbe, Branna
mit der feinsten Battistweberei; Arnau, Marschendorf, Schatzlar mit
reichem Steinkohlenlager, Jungbuch, Parschnitz sind vorzüglich an der
Flachsspinnerei und Weberei betheiligt; Neuwelt, hoch im Ricsengebirgc,
mit einer berühmten Glasfabrik.
o) Der Osten.
Königgrütz (6000 E.), Festung, Bischofsitz, - - nordwestlich auf
einer Anhöhe das Dorf Chlnm, Schlachtfeld von 1866; Josephstadt,
Festung; Jaromier am Zusammenflüsse der Elbe und Aupa; Königin¬
hof (6000 E.), — in der Pfarrkirche wurde 1817 die unter dem Namen
„Königinhofer Handschrift" bekannte Sammlung altböhmischer Helden¬
gedichte aufgefunden; Schwadowitz mit bedeutendem Steinkohlenberg¬
bau; Braunau mit einem Benediktinerstift und Schafwollspinnereien;
Hauptmanns dorf und Wiesen mit bedeutender Leinweberei; beiAders-
bach und Weckelsdorf ist der berühmte Adersbacher Steinwald,
ein in viele Schluchten und abenteuerliche Felsenbildungen zerklüftetes Sand-
steinflötz; Nachod mit sehr bedeutender Lcinweberci; Skalitz, — nörd¬
lich davon Schloß Ratiboritz; Neustadt a. d. Meltau mit einem
Schloß; Dobruschka, Opocno und Hohenbruck sind kleine Landstädte;
Reichenau mit schönem Schloß, Schafwollspinnerei und Dosen-Manu-
factur; Kosteletz am Adler, Wamberg, Senftenberg mit Leinweberei;
Geiersbcrg mit Schloß und Fasaneugarten; Grulich mit einer viel¬
besuchten Wallfahrtskirche am Mutter gottesb crg e.
C h r n d im (8000 E.) mit Kattundruckerei; H e r m a n m i e st e tz, P rc-
lautsch, Bochdanetsch sind kleine Landstädte; Pardubitz (7000 E.),
wichtige Bahnstation, in der Nähe große Fischteiche; Ehotzen mit Flachsgarn¬
spinnerei; Brand eis mit einem Schloß; Leito mischl (8000 E.) mit
einer sehr schönen Kirche der Piaristen; Böhm.-Trübau wichtige Bahn¬
station, — östlich davon streicht in süd-nördlicher Richtung das „Trübauer
Wandgebirge"; Landskron mit bedeutender Leinwandinduslrie, — nörd¬
lich das Dorf Roth wasser, Sitz des Superintendenten helvetischer Lon-
fcssiou für Böhmen; Polička und Hlinsko mit Leinwandindnstrie;
Bistrau mit einem Schloß; an der mährischen Grenze, südlich von
80
Zwittan das große Dorf Rothmühl mit zahlreichen Leinwandbleichen;
sonstige bedeutendere Orte sind noch Skntsch, Chrast, Sesemitz, Holitz,
Hohenmanth (6000 E.) und Wildenschwert.
Caslan (6000 E.) mit mehreren Fabriken, die Pfarrkirche mit dem
höchsten Thurme in Böhmen; — südöstlich das Ganggebirge; Kutten¬
berg (13.000 E.), Bergstadt, in welcher 1300 die ersten Silbergroschen
geschlagen wurden, mit mehreren Fabriken, — nordöstlich Sedletz mit
einer Tabakfabrik; Gang mit Bergbau auf Silber; Kolliu (8000 E.)
mit Fabriken, siegreiche Schlacht gegen die Preußen im Jahre 1757;
Elbeteinitz am rechten Elbeufer; Podiebrad mit eiuem großem Schloß;
S a d s k a mit Zuckerfabrik; K a nri m iu sehr fruchtbarer Gegend; Z a 8 m uck,
Kohl-Janowitz, Unter-Kralowitz, Ledetsch, Humpoletz, Goltsch-
Jenikau, Habern, Chotiebor, Dentsch-Brod, Pribislau und
Polna (6000 E.) sind bedeutendere Orte; westlich von Humpoletz das
Prämoustratenserstift Seelau; südwestlich von Kreuz berg das große Eisen¬
werk Ransko; Pollerskirchen mit Glasfabrik und Glasschleiferei;
Lipnitz mit einem Schloß.
ei) Der Süden.
Tabor (6000 E./, aus einem befestigten Lager der Hussiten ent¬
standen, woher letztere auch „Taboriten" genannt wurden, mit Tuchweberei.
Andere bedeutendere Orte sind: Sobieslau, Wessely, Kar dasch-Retschitz,
Bechin, Mühlhausen, Jistebnitz mit Schloß Nadiejkau, Wotiz,
Amschelberg, Seltschan, Beneschau, Diwischan, Sternberg mit
einem durch alterthümliche Form ausgezeichneten Schloß, Wlaschim mit
einem Schloß und sehr geschmackvollem Park, Stiepnnow, Natsche-
radetz, Jnng-Woschitz, Bergstädtl mit Silberbergbau, Patzan, Pil¬
gram mit Tuchweberei, Ober-Cerekwe, Poeatek, Kamenitz a. d. Linde
mit schönem Schloß, Cernowitz, Deschna, Neu-Oetting mit Schaf-
woll- und Baunlwollspinnerei.
Bndwcis (15.000 ?.), Bischofsitz, Steingut- und Bleistiftfabrik,
Hauptstation der Moldanschiffahrt und des Holzhandels aus dem Böhmer¬
wald nach Norddeutschland. Stadt und die Dörfer der Umgebung bilden
eine deutsche Sprachinsel im eechischen Gebiet, — nördlich am steilen
Moldanufer Schloß Frauenberg; Moldautheiu mit lebhafter Fhiß-
schiffahrt; Lomnitz; Lischau; Wittingan mit prachtvollem Schloß und
und ausgedehnter Teichwirthschaft; Chlnmetz mit einer Wallfahrtskirche,
in der Nähe die großen Eisenwerke Josephsthal und Franzensthal;
Platz mit einem großen Schloß; Neu-Bi stri tz mit Tuch- und Baumwoll-
sabrik, — nordöstlich das Eisenwerk Theresienthal; Neuhaus (8000 E.)
mit Wollwaarenfabriken; Tremles.mit sehr schönem Schulgebäude;
81
Königseck, kleine Landstadt; Gratzen mit Schloß und schönem Schloß-
Park, Glasschleiferei; Schweinitz mit einer Wallfahrtskirche; Forbes
mit dem Meierhofe Trotzuow, dem Stammorte des Hussitenführers
„Johann Hischka"; Brünnl und Heilbrunn mit eisenhältigen Quellen;
Beneschau mit dem Gabriela-Eisenwerk; Puchers mit einer Wall¬
fahrtskirche und Glasfabriken in der Umgebung; Zettwing mit großer
Sensengewerkschaft; K ap litz mit einem großen Sensenhammerwerk; Kruman
(6000 E.), Hauptort der fiirstl. Schwarzenberg'schen Besitzungen, mit Pa¬
piermühlen, Tuchfabriken und Flachsspinnerei; Kalsching auf der Süd¬
seite des Planster Waldes, in der Nahe die berühmte Glasfabrik
Ernstbrunn und das Schloß Rothenhof mit prächtigem Park; Hohcn-
furth mit einem Cistercienserstift, nordwestlich die „Teufelsmauer", eine
steile Granitschlucht, durch welche die Moldau braust; Friedberg, Unter-
Wuldau und Ober-Plan mit Flachsbau und Leinweberei, — östlich
von Ober-Plan ein großes Graphitbergwerk, — südwestlich die große Glas¬
fabrik Josephsthal.
Pisck (8000 E.), mit einer großen steinernen Brücke und einer
Feßfabrik (rothc türkische Kappen); am Zusammenflüße der Moldau und
Wotawa die Ruine der geschichtlich merkwürdigen Veste Klin gen berg;
Breznitz mit Schloß, Fasanen- und Thiergarten; Rozmital mit einem
Eisenwerk; Blatna mit einem Schloß; Horasdiowitz mit einem Schloß;
Strakonitz mit Schloß »nd mehrere» Fcßfabriken; Wodnia», Stadt
von alter Bauart; Netolitz mit Schloß, Park und Fasanengarten; Pra¬
ch atitz von altcrthümlichem Aussehen, versorgt auf seinen Wochenmärkten
die angrenzenden Gebirgsdistrikte mit Lebensmitteln; Hussinetz, Geburts¬
ort des „Johann Huß"; Wollin und Winterberg an der nach Baiern
führenden Hauptstraße; Außergefield ans einer freien Hochebene mit
Resonanzholz-Erzengung; Berg-Reichenstein mit etwas Gotdbergbau,
südwestlich Stubenbach mit Papiermühlen; Schüttenhofen mit Zünd-
waaren- und Phosphorfabrik; Eisenstein, Mittelpunkt vieler Glasfabriken
und Spiegelschleifereien.
v) Der Westen.
Pilsen (20.000 E.) im fruchtbaren „Pilsener Becken", welches nach
Westen bis Witkischeu, nach Nordosten bis Radnitz eines der reichsten
Steinkohlenlager enthält, — außerdem ist in der Umgebung viel Bergbau
aus Vitriolschiefer; Tuschkau; Wscherau; Manetin mit schönem Schloß;
Plaß mit Schloß und Eisenwerk; Kasniau mit reichen Steinkohlengruben;
Kralowitz in bergiger Lage; Radnitz mit Steinkohlenbergbau und Eisen¬
gießerei; Brezina mit schönem Schloß, Thiergarten und Eisenbergbau;
Rokitzan mit Eisenbergban und Eisenwerk; zu Padrt, Sedletz und
Koze nn, Geographie. 6
82
Neu-Mitrowitz sind Eisenwerke; Brenn-Poritschen und Blowitz,
kleine Landstädte; Nepomuk, Geburtsort des „h. Johannes von Nepomuk",
mit einer Wallfahrtskirche und dem Schloß Grünberg; Planitz mit
Wollzeugweberei; Klattau (8000 E.) mit doppeltem Wallgraben umgeben;
Schwichau mit einer geschichtlich merkwürdigen Burg; Chudenitz mit
einem alten Schloß; Prestitz mit einer der schönsten Kirchen Böhmens;
Dobran und Staab an der Radbuza; Kladrau mit Schieferbrücheu,
Blei- und Steinkohlenbergbau, — östlich auf einer Anhöhe eine sehr schöne
Kirche und ein ehemaliges Stiftsgebäude; Mies, deutsche Bergstadt mit
silberhaltigem Bleibergwerk, — die Dörfer der Umgebung bilden eine cechische
Sprachinsel in deutschem Gebiet; Bischofteinitz mit Schloß und Park;
westlich von Ho stau, Ronsberg und Kleutsch sehr viele Glasfabriken
und Spiegelschleifereien; Taus (7000 E.) mit Fabriken; Neu ged ein mit
Schafwollindustrie; Neuern, in der Umgebung Glas- und Spiegelfabriken.
Eger (13.000 E.), Knotenpunkt mehrerer Bahnen mit verschiedenen
Fabriken, — nördlich Franzensbad, berühmter Badeort; in den nörd¬
lichen Grenzdistrikten herrscht sehr lebhafte Industrie in Schaf- und Baum-
wollwaaren, besonders zu Haslau, Asch, Roßbach, Wildstein, Schön¬
bach, Graslitz, Schwaderbach, Silberbach, — zu Schönbach und
Graslitz auch die Erzeugung musikalischer Instrumente; Bleistadt mit
Bleibergbau; Heinrichsgrün und Gossengrün mit Spitzenklöppelei;
Maria-Kulm, berühmter Wallfahrtsort; Königsb erg mit Kunsttischlerei;
Falkenau mit großem Schloß und Braunkohlenbergbau; Elbogen auf
einem Felsen am linken Egerufer mit einer berühmten Porcellanfabrik;
Karlsbad (6000 E.), berühmter Curort mit heißem Sprudel im engen
Thale der Tepl. Die Gegend ist reich an vorzüglicher Porcellanerde nnd
besitzt viele Porcellanfabriken; Schlackenwerth mit großem Schloß und
Park; Joachimsthal (6000 E.), alte Bergstadt mit Silber-, Blei- und
Eisenbergbau, — hier wurden 1519 die ersten Thaler (Joachimsthaler) ge¬
schlagen; Wiesenthal und Gottesgab im höchsten und rauhestenTheile
des Erzgebirges, am Fuße des Keilberges, mit Spitzenklöppelei und
Bergbau; Platten, Bärringen und Neudeck mit Eisenbergbau und
Eisenwerken; Engelhaus mit der Ruine Engelsburg, — nördlich der
vielversendete „Gießhübler Säuerling"; Buchau, Luditz, Chicsch,
Theusing; Petschau im engen Thale der Tepl mit ansehnlichem Schloß;
Schlagenwald, Schönfeld und Lauterbach mit Zinnbergbau; Ein¬
siedel mit großem Serpentinsteinbruch; Tepl, — südlich das Prämon-
stratenserstift Tepl; Marienbad, berühmter Curort auf der Hochstäche
des Teplergebirges zwischen prachtvollen Fichtenwäldern mit mehreren
salinischen Säuerlingen; Königswart am Fuße des Glatzeberges mit
83
einem Bad und fürstlich Metternich'schem Schloß; Unter-Sandau mit
Dosenmanufactur; Kuttenplan mit einem Schloß und großen Teichen in
der Umgebung; Plan mit einem Schloß und großem Eisenwalzwerk, —
westlich nahe au der baierischen Grenze das Eisenwerk Promenhof;
Tachau mit Industrie iu Tuch, Glas und Musikinstrumenten; Hayd mit
einem Schloß; Pfraumberg in rauher Gebirgsgegend au der Straße
nach Baiern. Die Gegend westlich von Tachau und Pfraumberg hat viele
Glas- uud Spiegelfabrikeu.
Saaz (8000 E.), der Mittelpunkt des böhmischen Hopfenbaues und
Hopfenhandels, — südwestlich viele kleineLaudstädtchen; östlich bei Maschau
Schloß Schönhof mit einem der schönsten englischen Parks in Europa;
Duppan an den Duppauer Bergen mit einem Schloß; Kaaden mit
Kohlenbergbau; Klösterle mit Porcellanfabrik, — westlich das Eisenwerk
Pürstein; Kupferberg mit Silber- und Kupferbergbau, — nordwestlich
das Eisenwerk Schmiedeberg; Weipert mit Silberbergbau und ver¬
schiedenen Fabriken, Preßnitz mit Silber- und Eisenbergbau; Sonnen¬
berg und Sebastiansberg, kleine Städtchen auf der Höhe des Erz¬
gebirges; Komotan (6000 E.) mit Tuch- und Banmwollfabriken; Görkau
mit Baumwollspinnereien und Papiermühle, — nördlich dabei das gro߬
artige Schloß Nothenhaus mit Park und Fasanengarten; Brüx(5000 E.)
mit schöner Pfarrkirche, Fabriken und Kohlenbergbau; Dux mit großem
Schloß und Park, Kohlenbergbau, erzeugt die sogenannten „Dnxer Wirk-
waaren", — nordwestlich das Cistercienserstift Osseg mit prachtvoller Kirche;
Klostergrab und Kath arinaberg mit Silberbergbau; Ober-Leutens-
dorf mit Feintuch- und Spielwaarenfabrikation; an der sächsischen Grenze
die Eisenwerke Kalich und Gabriclahütte; Bilin mit Schloß, Tuch¬
industrie und den berühmten Biliner Quellen, deren Säuerling weit ver¬
sendet wird, — südwestlich die viel bekannten Bitterwässer zu Sedlitz
(Seidlitz), Saidschitz und Pttlna; Postelberg mit Kohlenbergbau;
Laun mit schöner Pfarrkirche und Knnstmühle, — südlich Schloß Zitto-
lieb, — südwestlich Schloß Groß-Lippen; Jungferteinitz an der
Prager Straße mit einem Schloß.
29. Markgrafschaft Mal, reu.
386 Quadrat-Meilen mit 2,000.000 Einwohnern.
Die ältesten bekannten Bewohner Mährens waren die Lettischen
Bojer. Ihnen folgten die Markomancn und Quaden. Diese wurden
von den aus dem Osten einbrechenden Hunnen mitfortgerissen. Im
5. Jahrhundert wanderten die slavischen Mährer ein, wurden von den
6"
84
in Ungarn seßhaften Avaren unterworfen, befreiten sich jedoch in kurzer
Zeit unter Anführung des Samo. Nachdem Karl der Große nach Ver¬
treibung der Avaren das Donaugebiet bis zur Raab seinem Reiche ein¬
verleibt hatte, huldigten ihm auch die mährischen Fürsten. Um das Jahr
840 regierte in Mähren Mojmir I-, der seine Herrschaft weit über
die gegenwärtigen Grenzen nach Süden und Osten zum sogenannten
großmährischen Reiche erweitert hatte. Unter seinem Nachfolger Rasti-
slaw kamen die großen Slavenapostel Cyrill und Methud, zwei Brüder
ans Thessalonich in das Land und bekehrten einen großen Theil des
Volkes zum christlichen Glauben. Unter dem nachfolgenden Fürsten
Imatopiuk stand Mähren auf dem Gipfel seiner Macht. Nach seinem
Tode zerfiel das Mährenreich; den südlichen Theil eroberten die Magya¬
ren, der Nordosten fiel an die Polen, das übrige Land in seinem gegen¬
wärtigen Umfange unterwarf sich 908 dem böhmischen Herzog und
theilte von nun an die Schicksale Böhmens. 1182 erhob Kaiser Fried¬
rich I. Mähren zu einer selbstständigen Markgrafschaft. 1241 waren
die Tartarcn verwüstend eingefallen, wurden bei Olmütz geschlagen und
mußten in die russischen Steppen zurückweichen. Durch die Hussiten¬
kriege (1419—1434) wurde Mähren schwer heimgcsucht, 1469 vom
ungarischen König Mathias Corvinus erobert und in Ungarn einverleibt,
endlich 1526 nach dem Tode Ludwigs, des letzten Königs von Ungarn
und Böhmen, dauernd mit Oesterreich vereinigt.
Mähren ist auf drei Seiten von Höhenzügen umkränzt, die ihre
Zweige weit in das Innere des Landes ausscnden. Der böhmisch¬
mährische Höhenzng, ein breites und flaches Hochland mit einzelnen
aufsteigenden Kuppen, beginnt an der östcrreichisch-böhmisch-mährischen
Grenze und zieht zwischen Mähren und Böhmen bis zu den Quellen
der March (Jaworitz 2646' bei Mrakotin, Zakowa Hora 2560'
bei Saar, Schwarze Berg 3129' bei Rothwasser). Daran schließen
sich die mährisch-schlesischen Sudeten mit dem Spieglitzer Schnee¬
berge 4483', steigen bis, zum Altvater 4700' uud zur Hohen
Haide 4620' auf, fallen daun längs der mährisch-schlesischen Grenze
bis zum Heiligen Berg 1085' bei Olmütz ab und verlaufen in
mehreren Abzweigungen zur March und Becwa. Dieses Gebirge führt
85
vom Ramsauer Sattel, nordöstlich von Goldenstein, bis zu den letzten
Ausläufern im Südosten den Namen Gesenke. Die Fortsetzung ist das
Ddergebirge, an den Quellen der Oder beginnend und längs dieses
Flusses hinziehend. Die Karpathen treten südöstlich von Straznitz in
das Land und bilden von da an die Grenze zwischen Ungarn und Mähren
mit starken Verzweigungen in das südöstliche Mähren (Jaworina
3060" südöstlichvonUug.-Brod, Makyta 2905" südöstlich nndJawor-
nik 3365" östlich von Wsetin, Wysoka 3225" und Trojacka 3000"
südöstlich von Roznau, — Radhoscht 3556" südlich von Frank¬
stadt). Der Höhenzug von Napajedl bis Auspitz heißt Marsgcbirge
(Hrad 1725" bei Strilek). Nordöstlich von Brünn ist ein zerklüftetes
Kalksteingebirge, ähnlich dem Karst im Küstenlande, mit Höhlen und
Grotten bei Ochos, Kiritein und Sloup und dem merkwürdigen 450"
tiefen Abgründe Macocha zwischen Willimowitz und Ostrom. Von
ähnlicher Beschaffenheit sind die Palauer Bcrgk nördlich bei Nikolsburg
(Maidberg 1728'). Unter den Ebenen ist die Hana zwischen Olmütz
und Napajedl durch ihre Größe und Fruchtbarkeit ausgezeichnet.
Der größte Theil des Landes gehört zum Flußgebiete der March,
welche am linken Ufer die Theß, Feistritz, Bccwa, Olschawa, am
rechten die Zasawa, Blata, Hana, Stupawa und Thuja auf¬
nimmt, — in die Thaja ergießt sich die Jglawa, nachdem sie die mit
der Zw ittawa und Z esawa vereinigte Schwarzawa ausgenommen
hat. Die Dörr entspringt im Odergebirge und fließt zur Ostsee. Die
Wlara fließt südlich von Brumow durch den Wlara-Paß nach
Ungarn zur Waag.
Mähren ist ein an manigfaltigen Produkten reiches Land. Die
großen Steinkohlenlager bei Mährisch-Ostrau und Rossitz, das ausge¬
dehnte Braunkohlenlager von Gaya, die Schieferbrüche im Gesenke, der
Getreidebau in der Hana, Schaf- und Gänsezucht, Lein-, Woll-, Baum-
woll- und Rüben.zuckerindnstrie verdienen eine besondere Erwähnung.
Die Bewohner sind in der Mehrzahl Slaven cechischen Stammes,
als Horaken im Westen, Slovaken im Süden, Walachen im
Osten, Hanaken in der Hana bezeichnet. Die Deutschen wohnen längs
der niederösterreichischen und schlesischen Grenze und bilden außerdem
86
einzelne Inseln im slavischen Gebiete, wie Igln», Brünn und Olmntz
mit Umgebung, das Gebiet zwischen Brüsau und Müglitz. Außerdem
leben gegen 50.000 Juden im Lande zerstreut.
Die Landesvertretung besteht aus 100 Landtagsmitgliedern,
darunter 22 ReichSrathsabgeordneten.
Zn Mähren gehören auch 7 in Schlesien befindliche Enklaven,
welche zusammen einen Abgeordneten zum mährischen Landtag entsen¬
den. Die größte dieser Enklaven ist der Bezirk Hotzenplotz.
n) Der Westen.
Brunn <70.000 E.) zwischen den Flüssen Schwarzawa und Zwit-
tawa, Landeshauptstadt, Bischofsitz, mit einer technischen Anstalt, die erste
Fabrikstadt der Monarchie für Tuch- und Schafwollwaareu, besitzt außer¬
dem viele Fabriken in anderen Industriezweigen. Bemerkcnswerth ist der
Franzensberg in der inner» Stadt mit schönen Anlagen und malerischer
Rundsicht, die schöne gothische St. Jakobskirche, an der Westseite die Berg¬
veste Spielberg, an der Nordseite der Augarten, an der Westseite in der
Vorstadt Altbrünn ein Augustinerstift; Lösch mit schönem Schloß und
bedeutendem Obstbau; Kanitz mit einem alten Schloß; Eibenschitz mit
berühmtem Spargel- und Obstbau, — westlich an der Jglawa Alexo-
witz mit bedeutender Tuchfabrikation und Hrubschitz mit Serpentin und
Meerschaum erde, — nordwestlich und nördlich großartiger Steinkohlen¬
bergbau mit den Marktflecken Oslawan und Rossitz, letzterer mit einer
Zuckerfabrik und schönem Schloß; Eichhorn-B itischka mit Schloß und
der Ruine der ehemals starken Veste Eichhorn; Tischnowitz mit bedeu¬
tender Schafwollindustrie, dabei das Dorf Vorkloster Tischnowitz mit
einer herrlichen Kirche; Lomnitz mit Schafwollindustrie; Doubrawitz
mit einer sehr schönen Kirche; Pernstein, restaurirte Burg über dem
Markte Nedwieditz, eine der vorzüglichsten Sehenswürdigkeiten des Landes;
Lissitz mit einem Schloß; Eernahora und Kunst ad t mit alten Burgen;
Lettowitz mit einem Schloß; Brüsau mit Tuchweberei und einer Papier¬
fabrik; Zwittau (5000 E.) mit Tuchindustric und Leiuweberei, — südlich
das große Dorf Mährisch-Rothmühl mit bedeutenden Leinwaudbleichen;
Mährisch-Trübau (5000 E.) mit einem Schloß, Tuch-, Leinwand-und
Baumwollweberei; Gewitsch mit Leinweberei, — südlich das Dorf Wa-
nowitz, Sitz des Superintendenten helvetischer Confessiou; Boskowitz
(6000 E.) mit einem alterthümlichen Schloß und bedeutender Schafwoll¬
industrie; Raitz mit schönem Schloß, Thiergarten uud einer großartigen
Zuckerfabrik; Blausko mit großem Eisenwerk, Maschinenfabrik und Maul-
87
beerbaumpflanzungen; Slo up mit schöner Wallfahrtskirche, — südlich bis
Jedownitz breitet sich das Slouper Höhlensystem aus, dessen größte
Merkwürdigkeit der Erdfall Macocha ist; Adamsthal mit Schloß und
großem Eisenwerk, in der Umgebung Burgruinen, westlich der Wallfahrts¬
ort Wrauau; Kyritein mit schöner Wallfahrtskirche und mehreren
unterirdischen Höhlen; Neu-Raußnitz mit bedeutender Tuchweberei, —
bei dem nahen Dorfe Slawikowitz ein gußeisernes Denkmal zur Er¬
innerung, daß Kaiser Joseph II. hier am 19. August 1769 eigenhändig
einige Furchen gepflügt hat, — nordöstlich einige Dörfer mit deutschen Be¬
wohnern; Wischau mit Schafwollindustrie; Eywanowitz mit alterthllm-
lichem Schloß; Butschowitz mit schönem Schloß, Tuch-und Leinweberei;
Austerlitz mit prachtvollem Schloß und denkwürdig durch die Schlacht am
2. December 1805; S o ko lnitz mit Schloß und Fasanengarten; Raigern
mit einem Benediktinerstift; S eelowitz mit schönem Schloß und einer gro߬
artigen Zuckerfabrik; Klobouk mit vorzüglichem Obst- und Weinbau;
Steinitzmit Schloß; Auspitz mit Wein-, Obst- und Süßholzbau; Kostel,
ehemals Grenzfestung gegen Oesterreich; Lnndenburg, wichtige Eisen¬
bahnstation, mit altem Schloß und ausgedehntem Jagdrevier; Nendorf
mit Braunkohlenbergbau; Eisgrub, prachtvolles Schloß des Fürsten Liech¬
tenstein mit einem der größten und schönsten Parks und Thiergarten.
Z n a iin (9000 E.) mit mehreren Fabriken, in der Umgebung viel
Wein- und Senfbau, — westlich dabei Pöltenberg, Probstei des Kreuz¬
herrenordens, — südöstlich die Genie-Akademie Kloster-Bruck; Joslo-
witz mit herrlichem Schloß, Fasanengarten, Weinbau und Parmcsankäsc-
bereitung; Erdberg, Grußbach, Frischau, Jrritz, Wostitz und
Dürnholz mit Schlössern; Nikolsburg (10.000 E., fast die Hälfte
Juden) am Fuße der weinreichen Polaner Berge mit bedeutender Tuch¬
industrie, auf einem Felsen ein weitläufiges Schloß, welches schon öfters
einheimische und in unglücklichen Kriegen auch fremde Herrscher, wie Napo¬
leon I. 1805, den König von Preußen 1866, beherbergt hat; Mißlitz mit
Schloß; Hosterlitz und Wolframnitz mit bedeutendem Weinbau;
Mäh risch -Krom au mit einem großen Schloß; Namiest mit einer
berühmten Feintuchfabrik und einem großartigen Schloß, — östlich Schloß
Kralitz, in welchem im 16. Jahrhundert von den „mährischen Brüdern"
die berühmte Kralitzer Bibel in slavischer Sprache gedruckt wurde; Dalc-
schitz und Hrottowitz mit schönen Schlössern; Lechwitz mit Schloß
und schöner Wallfahrtskirche; Zuckerhandl, nordöstlich von Znaim, mir
vorzüglichem Wein- und Obstbau; Brenditz mit Porcellanerde; Jaispitz
mit Schloß auf steilem Felsen; Jaromieritz mit Schloß und sehr schöner
Pfarrkirche; Mißliboritz mit schönem Schloß und Park; Mährisch-
88
Budwitz mit Schloß und Baumwollweberei: Jamnitz, alte Stadt mit
schönem Schloß, — westlich Alt-Hart mit schönem Schloß und Baum¬
wollspinnerei; Vöttan mit der romantisch gelegenen, ehemals wichtigen
Burg Vöttau; Frain, malerisch gelegen, mit einer großen Steingut-
sabrik, auf hohen Felsen ein bedeutendes Schloß, in der Nähe Graphitgruben.
Jglau (20.000 E.) in hoher Lage und daher rauhem Klima, ehe¬
mals Bergstadt mit einem eigenen Bergrecht, gegenwärtig mit bedeutender
Tuchweberei, einer Tabakfabrik und ansehnlichen Getreidemärkten; B attelau
und Triesch mit Schlössern und Tuchweberei; Teltsch (5000 E.) mit
einem großartigen Schloß, an welches sich die Sage von der „Weißen
Frau" knüpft, treibt lebhafte Schafwollindnstrie; Datschitz mit schönem
Schloß und Tuchweberei; Zlabings, in einem Gebirgskessel, mit bedeu¬
tender Industrie in Strumpfwirkwaaren, — nördlich das Eisenwerk W ö l-
ki n g s t h al; Neu-Reisch, Prämonstratenserstift; Tr e bitsch (8000 E.) im
engen Jglawathale mit einer sehr schönen Kirche im romanischen Styl,
bedeutender Tuch-, Baumwoll- und Lederindustrie und Getreidehandel;
Pirnitz und Wiese mit ansehnlichen Schlössern und Tuchindustric; Groß-
Weseritsch (5000 E.) mit bedeutenden Ledergerbereien und einem alten
Schloß; Bitischka-Ossowa mit schönem Schloß; Groß-Bitesch, ehe¬
mals stark befestigt; Krizanau mit schönem Schloß; Bystritz mit Tuch¬
weberei und Ledergerberei, — südöstlich das Eisenwerk Stiepanau, —
südwestlich das schöne Schloß Rozinka; Jngrowitz mit schönem Schloß,
Leinweberei und Flachshandel, — westlich das Eisenwerk Wrischt; Neu¬
stadt! und Saar in gebirgiger Gegend mit Flachsbau und Leinweberei,
nördlich von letzterer Stadt das große Schloß Saar, ein ehemaliges
Cistercienserftift.
d) Der Osten.
O lmütz (16.000 E.), die größte Festung der Monarchie, Sitz eines
Erzbischofs, gothische Mauritzkirche mit einer großartigen Orgel, sehr leb¬
hafter Getreide- und Schlachtviehhandel, — östlich Heiligenberg mit
einer Wallfahrtskirche und große Schieferbrüche in Marienthal; Preran
(6000 E.), wichtige Eisenbahnstation, mit Tuchweberei, Zuckerfabrik und
Getreidehandel; Tobitschau mit einem Schloß; Kojetein mitten in der
Hana; Proßnitz (12.000 E.) mit Baumwoll- und Leinwandindustrie,
lebhaftem Getreidehandel und namhafter Spargelzucht; Plumenau mit
einem hochgebauten Schloß, — südwestlich der Berg Drahan (2061'),
auf welchem die Hana entspringt; bei Kosteletz und Rittberg finden
sich viele Versteinerungen; Groß-Latein mit einer Mineralquelle und
Badeanstalt; Könitz mit Schloß, — südlich dabei mehrere Dörfer mit
deutscher; Bewohnern; Namiest mit schönem Schloß; Littan mit Tuch-
89
industrie, Flachs- und Getreidehandel, — nordwestlich im nahen Walde
das Schloß Neuschloß mit großem Thiergarten; Loschitz mit einer
Papiermühle; Muglitz mit Tuch- und Leinweberei, in der Nähe Graphit¬
gruben, — nordwestlich auf einer Anhöhe das erzbischöfliche Schloß Mürau,
als Strafanstalt für männliche Sträflinge benützt; H o h en sta dt mit Schloß,
Lein- und Baumwollwebcrei; Schönberg (7000 E.), Hauptsitz der mäh¬
rischen Leinwandindustrie; Böhm.-Eisenberg mit Schloß, — nördlich
das Eisenwerk Al oisthal; Schildberg mit Türkischrothfärberei und
Strumpfwirkerei; Rothwasser mit Lein- und Baumwollweberei; Grun-
berg mit Strumpfwirkerei; Altstadt und Goldenstcin mit Flachsbau
und Leinweberei; Wiesenberg, schönes Schloß und Flachsspinnfabrik;
Groß-Ullersdorf mit alterthümlichem Schloß, Schwefelbad und Mol-
kencuranstalt; Zöptau, Eisenwerk und Flachsspinnerei; Römcrstadt mit
sehr bedeutender Leinwandindustrie, — nordwestlich Janowitz mit Schloß,
Eisenwerk und Lcinwandindustrie; Bergstadt mit Leinweberei, ehemals
mit Gold- und Silberbergban, — südwestlich bei Pirkau ein Wasserfall;
Fried la ndmitFlachsspinnfabrik; Br aunscif e n mitLeinweberei; Deutsch-
Hause mit Flachsbau; Enlenberg mit einem altcrthümlichen Bergschloß
des „Deutschen Ordens"; Giebau, Domstadtl, Bärn und Hof mit
bedeutender Leinweberei, — nördlich von Hof der erloschene Vulkan Rau-
denberg (2458'); Sternberg (14.000 E.) am Abhange des Gesenkes,
Hauptsitz der mährischen Baumwollindustrie, mit schöner Pfarrkirche, —
südwestlich an der Eisenbahn das große Eisenwerk Stephanau; Mäh¬
risch-Neustadt mit Tuch- und Leinweberei und Getreidehandel; Aussee
mit einer Forstschule^- Deutsch-Lieb au, sehr ausgedehnter Markt mit
ansehnlicher Leinweberei, — südwestlich der Bradlstein (1889'); Lan¬
gen darf mit einem Schloß des „Deutschen Ordens" und einer Pa¬
pierfabrik.
Ungarisch-Hradisch in sehr fruchtbarer Gegend und mildem Klima
mit Wein-, Obst- und Getreidebau, — dabei das Dors Altstadt, angeb¬
lich an der Stelle der ehemaligen Hauptstadt des großmährischen Reiches,
— nordwestlich Welch rad mit einer großen und schönen Wallfahrtskirche
an jener Stelle, wo die Slavenapostel Cyrill und Methud zuerst in Mähren
das Christenthum gepredigt und eine Kirche gegründet hatten; Bnchlowitz
mit schönem Schloß und Garten und der gut erhaltenen Felsenbnrg Buch lau;
Koritschan, Marktflecken im Marsgebirge, mit einerMöbelfabrik, in welcher
Möbel aus gebogenem Holze erzeugt werden, — östlich die Ruinen der
Burg Cimburg; Gaya, in einem fruchtbaren Kesselthale, mit Wein-,
Obst- und Getreidebau und einem der reichsten Braunkohlenlager, — süd¬
lich Milotitz mit einem Schloß, Fasanerie und Braunkohlenbergbau;
90
Tscheitsch mit Braunkohlenbergbau und Glasfabrik; Tscheikowitz mit
alterthümlichem Schloß; Göding, Hauptort eines kaiserlichen Familieu-
gutes mit ansehnlichem Schloß, Tabakfabrik und Braunkohlenbergbau;
Bisenz in weinreicher Gegend mit schönem Schloß; Aerawitz mit Schloß
und Braunkohlenbergbau; Straznitz (6000 E.) in schöner und frucht¬
barer Ebene an einem Arme der March mit Wein- und Getreidebau;
Wessely mit schönem Schloß, — östlich Groß-Blattnitz mit vorzüglichem
Weinbau und einer Wallfahrtskapelle auf dem durch schöne Fernsicht aus¬
gezeichneten Hügel St. Anton; Ungarisch-Ostra mit Weinbau; Uug.-
Brod mit einem Schloß, ehemals Festung gegen Ungarn, Geburtsort des
berühmten Pädagogen und letzten Bischofs der „mährischen Brüder" Amos
Komeuins; Boikowitz mit Tuchweberei und schönem Schloß; Luhat-
schowitz mit Schloß und starkbesuchtem Gesundbrunnen; Klobouk mit
bedeutender Schafzucht und Tuchweberei; Brumow, — in der Nähe
mehrere Glasfabriken; Wisowitz mit ansehnlichem Schloß und Tuch¬
weberei; Zliu mit schönem Schloß und Tuchweberei; Freistadtl, — süd¬
östlich der Wallfahrtsort Stip; Rapajedl mit großem Schloß, Flachs-
nnd Garnhandel und Schwefelquellen; Holleschan (6000 E.) mit Tuch-
und Leinweberei und Getreidehandel; Hullein mit altem Schloß; Kremsier
(9000 E.) mit erzbischöflichem Sommer-Residenzschloß, schönem Park, Tuch¬
weberei, Flachs- und Getreidehandel.
Nentitschein (8000 E.) mit bedeutender Tuchindustrie und Wagen¬
fabrikation (Pritschka, Neutitscheinka); Alttitschein mit der malerisch gele¬
genen Ruine gleichen Namens; Walachisch-Mese ritsch am Zusammen¬
flüsse der Wsetiner und RoHnauer Becwa mit einem Schloß und Strafhaus
für weibliche Sträflinge, — in der Nähe die große Glasfabrik und Glas¬
schleiferei zu Krasna; Rozuau in reizender Gegend südwestlich^vom Berge
Radhoscht, Mittelpunkt der durch Viehzucht ausgezeichneten „mährischen
Walachei", berühmter Molkencurort; Kralowitz an der ungarischen Grenze
mit einer Glasfabrik; Neu-Hrosinkau, sehr ausgedehntes Dorf an der
oberen Becwa; Wsetin mit schönem Schloß, Tuchweberei und Zündwaarcn-
fabrik; Keltsch mit altem Schloß und Tuchweberei; Bystritz unter dem
Hostein mit schönem Schloß und weitläufigen Gärten, einer Molkencur-
anstalt und einer Möbelfabrik, in welcher Möbel aus gebogenem Holze
erzeugt werden, auf dem Berge Ho stein eine vielbesuchte Wallfahrtskirche;
Diewohostitz mit schönem Schloß; Leipuik (6000 E.) mit Tuchweberei,
und großen Schlachtviehmärkten, — östlich die ausgedehnte und malerische
Ruine der Burg Helfenstein; Weißkirchen (7000 E.) mit Tuchweberei,
schönem Schloß und einer Artillerie-Akademie, — südöstlich an der Becwa
Bad Töplitz und der Erdsall „Gevatterloch", auf dessen Grunde ein
91
Säuerling entspringt: Bodenstadt, Lieban, Bautsch nnd Sponan mit
Flachsbau und Leinweberei; Fuluek im sogenannten „Kuhländchen", ehe¬
mals Hauptsitz der „mährischen Brüder", mit weitläufigem Schloß, Tuch¬
industrie und einer Maschinenfabrik; Stramberg auf der Nordseite des
höhlenreichcn Kotouc (1656') mit Tuchweberei; Frankstadt (7000 E.),
Mittelpunkt einer sehr bedeutenden Baumwollindustrie; Freiberg (5000 E.)
mit Tuchweberei, — östlich die ausgedehnte und durch die prachtvolle Rund¬
sicht ausgezeichnete Ruine Hochwald mit einem Thiergarten; Friedland,
großes Eisenwerk und Maschinenfabrik; Mistek mit Lein- und Baumwoll-
Weberei; Brauns berg mit Tuchweberei; Mäh risch-Ost rau mit einem
der großartigsten Steinkohlenlager und sehr bedeutendem Schwcinhandel,
— südlich das großartige Eisenwerk Wittkowitz.
30. Herzogthum Schlesien.
SO Quadrat-Meilen mit 500.000 Einwohnern.
Schlesien gehörte in alter Zeit zu Polen, hatte jedoch besondere
Herzoge aus der Familie der polnischen Piasten. 1163 wurde das Land
von Polen unabhängig und in drei Herzogthümer getheilt. Die später
noch weiter fortgesetzte Theilung führte zur Abhängigkeit von Böhmen
und schließlich zur Einverleibung 1355. Die Landschaften Troppau und
Jägerndorf gehörten ehemals zu Mähren, bis sie Kaiser Karl IV. zu
böhmischenLehen erklärte, wodurch dieselben von Mähren getrennt und mit
Schlesien vereinigt wurden. 1469 wurde Schlesien zugleich mit Mähren
vom ungarischen Könige Mathias Eorvinus in Besitz genommen und
theilte dann durch drei Jahrhunderte die Schicksale Mährens. Im vori¬
gen Jahrhundert ging der größte Thcil an Preußen verloren, nur die
Kreise Troppau nnd Teschen verblieben bei Oesterreich, wurden mit
Mähren vereinigt, 1849 wieder davon getrennt und für eine eigene
Provinz erklärt.
Schlesien ist größtenteils Bergland. Die mährisch-schlesischen
Sudeten ziehen als Landesgrenze vom äußersten Nordwesten gegen Süd¬
osten und verlaufen zuletzt im Odergcbirge. Die Gruppe um den Alt¬
vater heißt hohes Gesenke, der übrige südliche Theil niederes Gesenke.
Die Verzweigungen des Gesenkes breiten sich über den größten Thcil
des westlichen Schlesiens aus. Bemerkenswerthe Gipfel sind: Fichtlich
3550' an der Grenze von Mähren, Oesterreichisch- und Preußisch-Schlc-
92
sim, — Hochschar 4234', Allvater 4700', Hohe H aide 4620',
Urlich 3795', Bischosskoppc 2803' bei Zuckmanicl. Die Kar¬
pathen, in diesem Theile ihres Zuges auch Bkskiden genannt, bedecken
fast die Hälfte des östlichen Schlesiens. Die vorzüglichsten Höhen darin
sind: Lyssa Hora 4176', Gr. Polom 3360', Mazurka 3652'
und Skalka 3432' an der galizischen Grenze, Czantory 3130'
bei Ustron.
Der größte Theil Schlesiens gehört zum Flußgebiet der Zdrr,
welcher links die Biela, die mit der Mohra vereinigte Opp a, rechts
die Ostrawitza und .Olsa zufließen. Nur ein kleiner Theil des Ostens
gehört zur Weichsel, welche die Landesgrenze gegen Preußen bildet.
Unter den Schätzen des Mineralreichs steht das reiche Steinkoh¬
lenlager, welches sich von Polnisch-Ostrau nach Norden und Osten er¬
streckt, obenan. Besonders wichtig ist der Flachsbau und die Zucht fein¬
wolliger Schafe und damit in Verbindung eine blühende Leinen- und
Wollwaareuindustrie.
Die Bewohner sind im westlichen Theile Deutsche, um Troppau
und im ganzen östlichen Theile Slaven (Wasserpolen), die Städte
Teschen und Bielitz sind deutsch.
Der Landtag besteht aus 31 Landtagsmitgliedern, darunter 6
Reichsrathsabgeordneten.
u) Der Westen.
Troppau (15.000 E.), Landeshauptstadt, mit bedeutender Schaf¬
wollindustrie, Zuckerfabriken und sehr lebhaftem Handel; Grätz mit ansehn¬
lichem Schloß und Park; H rabin mit Schloß und Wallfahrtskirche;
Wagstadt mit einem Schloß, Tuch- und Leinweberei und Gerberei;
Odrau mit Tuch- und Baumwollweberei; PSigstadtl mit Lein- und
Baumwollweberei; Meltsch mit Schloß und Molkencuraustalt, — süd¬
westlich das Bad Johannesbrnnn; Benisch mit Lein- und Baumwoll¬
weberei; Groß-Herlitz mit Schloß, Park und bedeutender Merino¬
schäferei; Freudenthal, Hanptort der ausgedehnten Besitzungen des
„Deutschen Ordens" mit ansehnlichem Schloß, bedeutender Schafwoll- und
Leinwandindustrie und einer Maschinenfabrik, — südwestlich der erloschene
Vulkan Köhlerberg; Engelsberg mit bedeutender Leinweberei; Karls-
brunn, Curort am Fuße des Altvater mit Eisensäuerlingen und einem
Eisenwerk; L udwi g s t h al und Buchb e r g s t h al, Eisenwerke; Würbe n-
93
thal mit Zwirnfabrik, Banmwoll-und Leinwandindustrie und einer Glas¬
fabrik; Znckmantel in schöner Lage am Fuße der Bischosskoppe, mit
bedeutender Leinwandindustric und etwas Goldbergbau; Freiwaldau mit
altem Schloß, Mittelpunkt einer sehr lebhaften Leinwand- und Baumwoll¬
industrie, dabei am Abhange der Hirschbadkoppe die berühmte Kaltwasser¬
heilanstalt Gräfenberg, — südlich die langausgedehnten Dörfer Uuter-
und Ober-Thomasdorf, am Fuße des Altvater Waldenburg, ein
Ruhepunkt für Sudetenreisende; Friedeberg mit Flachsbau und Spinnerei;
Barzdorf mit Zuckerfabrik; Weidenau mit Leinweberei und Strumpf¬
wirkerei; Jauernig mit dem alterthttmlichen Schloß Johannesberg;
Weißwasser mit einer Wallfahrtskirche; Hotzenplotz mit Zuckerfabrik,
Spitzeuklöppelei und Zündwaareuerzeugung; Olbersdorf mit Schloß,
Kupferhammer und Eisenwaareuiudustrie; Jägerndorf (6700 E.) mit
einem Schloß, Maschinenfabrik und bedeutender Industrie in Schafwoll-,
Leinen- und Wirkwaaren.
b) Der Osten.
Te scheu (8300 E.) mit bedeutender Tuchweberei und Gerberei,
einer großartigen Bierbrauerei, Handel mit Flachs, Wolle, Leder, Getreide
und ungarischen Weinen; Friedek mit alterthümlichem Schloß und schöner
Wallfahrtskirche, Mittelpunkt der schlesischen Baumwollindustrie, — südlich
das Eisenwerk Baschka, — nördlich das Eisenwerk Lipina oder Karls-
Hütte; Polnisch-Ostrau, Karwiu und Hrnschau mit großartigem
Steinkohlenbergbau; Oderberg, Grenzstation der Nordbahn; Freistadt
mit Schloß, großem Gestüte und Merinoschäferei; Schwarzwasser mit
einem Schloß; Skotschau mit einem Schloß und Schafwollwaarcnindustrie;
Bielitz (9000 E.), einer der bedeutendsten Plätze für die Schafwollindnstrie,
mit Maschinenbauanstalten, Handel mit Wolle, Tuch, Getreide, ungarischen
Weinen, Hanptniederlage des galizischen Salzes für Schlesien und Mähren,
Sitz eines evangelischen Schullehrer-Seminars, — westlich Schloß Erns¬
dorf mit einer Molkencnranstalt; Ustron, ausgedehntes Dorf an der
Weichsel mit Eisenwerken, Maschinen- und Papierfabrik, Molkencur nnd
Schlackenbädern, — weiter südlich das weitläufig zwischen den Karpathen
zerstreut liegende Dorf Weichsel; Jablunkan in gebirgiger Gegend mit
Leinweberei, — südlich der Jablnnka-Paß.
31. Königreich Galizien und Lodomerirn mit dem Groli-
Herzogthnm Lrakan.
1365 Quadrat-Meilen mit 5,100.000 Einwohnern.
Galizien und Lodomerien gehörte einst zum alten Roth-Rußland
und erhielt seinen Namen von den Zwei Brüdern Halicz (Galizien) und
94
Wladimir (Lodomerien), unter welche es getheilt wurde. Im 9. und
10. Jahrhundert war es von den Magyaren, Polen und Russen abhän¬
gig, im 11. und 12. Jahrhundert bildeten sich unter dem Schutze der
Ungarn mehrere eigene Fürstenthümer. Nachdem das inzwischen zum
Königreich erhobene Land im 13. Jahrhundert mit Litauen verbunden
und später an Moskau gekommen war, wurde es im 14. Jahrhundert
von Polen in Besitz genommen und kam bei der Theilung Polens 1773
an Oesterreich. Die bei der letzten Theilung Polens 1795 an Oester¬
reich gekommenen Theile erhielten den Namen Westgalizien, wurden
1809 an Napoleon abgetreten und blieben im Pariser Frieden 1815
bei Polen. Ein Theil des von Oesterreich an Polen abgetretenen Ge¬
bietes wurde zur Republik Krakau erhoben, in Folge wiederholter Unruhen
jedoch 1846 unter dem Titel eines Großherzogthums wieder mit Oester¬
reich vereinigt.
Galizien ist im Süden ein Hochland, im Norden geht es in die
russisch-polnische Ebene über. Aus Schlesien treten die Beskiden in das
Land, reichen bis zum Thal des Dunajetz und verlaufen nach Norden
in das Hügelland (Babia gura 5450h. Die Central-Karpathen
oder das Talragcbirgc zwischen der Arva und dem Poprad (Kriwan
7880h Lomnitzer Spitze 8200'). Das karpathische Waldgebirge
streicht in südöstlicher Richtung vom Thale des Poprad bis an die
Quellen des Czeremosz und der Bystritza in der Bukowina und bildet
einen fortlaufenden Kamm aus Sandstein von 300(U Mittelhöhe
(Pikuj 4400h Bystra Hora 5600h Czerna Hora 6200h, fällt
nach Norden anfangs steil ab und breitet sich dann in allmählicher Sen¬
kung bis an den Dniester aus. Die wichtigsten Uebergänge über die
Beskiden sind der Paß von R a h c z a aus dem Sola- in das Kiszucza-
thal, der Paß von Jordanöw aus dem Raba- in das Arvathal, —
über das Tatragebirge der Paß von Bory von Neumarkt westlich in
das Arvathal, dann von Neumarkt östlich über Starevsi nach Käsmark,
von Piwniczna nach Lublau, — über das Waldgebirge treffen die drei
Straßen von Tylicz, Gorlice und Zmigröd in Bartfeld zusammen, der
Dukla-Paß, die Straße von Sanok überTarnawa in das Thal des
Laboretz, der Paß von Uszok, der Paß von Vereczke, der Magya-
95
renweg, der Paß von Jablonycia. Die galizische Ebene ist am
Dniester 350^—50(? hoch, erhebt sich gegen Norden zur wellenförmigen
podolischen Lnndhühe, um Lemberg in einzelnen Hügeln bis 100«?
und fällt gegen die Weichsel wieder bis auf 40(? herab. Die Thaler der
Landhöhe sind tief eingcschnitten, an der Weichsel ist der Boden flach
und enthält viele Moräste. Die Tarnowitzer Platte mit einer Höhe von
700^ ragt aus Preußisch - Schlesien in das Krakauer Gebiet herein.
Eine eigenthnmliche Erscheinung sind im südlichen Theile Ostgalizicns
wie in der Bekowina die Crdkclche, regelmäßige runde Vertiefungen
von Trichterform oft von 20 bis SO Klafter Umfang, — und als Ge¬
genstück hiezu in den Ebenen die häufigen künstlichen Hügel, in den
ältesten Zeiten wahrscheinlich als Wachtplätze errichtet, um von einbre¬
chenden Feinden nicht überrascht zu werden.
Der größere Theil des Landes gehört zum Flußgebiet der Weichsel,
welche in den schlesischen Karpathen entspringt, in einer langen Strecke
die Grenze gegen Rußland bildet, sich in Galizien mit den Flüssen
Sola, Skawa, Raba, Dunajetz mit derBiala, Wistoka, San
mit Wistok und Lubaezowka verstärkt und außerdem noch dcnBug
mit seinen Zuflüssen aufnimmt. Der Styr führt den Abfluß aus der
Umgebung von Brody in nördlicher Richtung zum Pripet in das Flu߬
gebiet des Dnicper. Der Dniester fließt zum Schwarzen Meere und nimmt
rechts die Flüsse Stryj, Schwitza, Lomnitza, Bystritza, links Lipa,
Strypa, Sercth, Podhorcc auf. DerPruth mit demCzcremosz
umfaßt in Galizien nur ein kleines Gebiet. Unter den stehenden Ge¬
wässern sind die kleinen Seen, sogenannte „Meeraugen", im Tatra-
gebirge bemerkenswerth, außerdem die vielen großen und fischreichen
Teiche in Ostgalizien. Sümpfe bilden stift alle galizischen Flüße, die
ausgedehntesten die Flüsse Weichsel, San, Bug und Dniester.
Da das Land auf der Nordseite durch kein Gebirge gegen die
kalten nordischen Stürme geschützt ist, so hat es ein rauheres Klima als
die westliche» Länder von gleicher geographischer Breite. Unter den Lan-
desproducten spielt das Kochsalz eine sehr wichtige Rolle. Unerschöpfliche
Salzlager breiten sich nach der ganzen nördlichen Abdachung der Kar¬
pathen aus, hiezu kommen viele in neuerer Zeit eröffnete Erdölquellen.
96
Das Haupterträgniß gibt der Getreidebau und die Viehzucht (die meisten
galizischen Ochsen kommen auf die Schlachtviehmärkte von Leipnik, Olmütz
und Wien). Außerdem wird viel Hanf, Flachs, im östlichen Theile auch
Tabak gebaut, auf der Weichsel viel Holz nach den Ostseehäfen ausge¬
führt. In der Industrie ist die Branntweinbrennerei und die Erzeugung
grober Leinwand hervorzuheben.
Die Bewohner sind im westlichen Theile Polen, im östlichen
Rnthenen. Außer diesen leben gegen Million Juden, bei 120.000
Deutsche und 3000 Armenier im Lande vertheilt.
Die Landesvcrtretung besteht aus 151 Landtagsmitgliedern,
darunter 38 Reichsrathsabgeordneten unter dem Vorsitze des „Land¬
marschalls".
s) Westgalizien.
Krakau (50.000 E.), Hauptstadt vo» Westgalizien, Festung ersten
Ranges, Universität, Bischofsitz, mit Tuch- und Lederfabriken und lebhaftem
Handel, — östlich Dorf Mogila mit einem Eistercienferstift; Krzeszo-
wice mit schönem Schloß und gothischer Pfarrkirche; Nowagora mit
Galmeigruben; Trzebinia, Knotenpunkt für die oberschlesische Eisenbahn;
Chrzanöw mit lebhaftem Handel; Szczakowa, Knotenpunkt der War¬
schauer Bahn; Jaworzno mit großartigem Steinkohlenbergbau.
Wadowice hat eine sehr große Kaserne, — östlich der Wallfahrts¬
ort Kalwaria; Andrichau mit schönem Schloß, Lein- und Tuchiudustrre;
Zator und Auschwitz (Osvriseim), Hauptorte ehemaliger deutscher Her-
zogthümer; Keuty mit Tuch-, Leinwand- und Lederindustrie; Biala
(5000 E.) mit sehr bedeutender Tuchfabrikation und Leinweberei und an¬
sehnlichem Durchfuhrhandel; Saybusch (L^vieo) mit alterthümlichem
Schloß, Tuch- und Leinweberei; Mhslenice, rings von Bergen umschlossen,
— nördlich Szwoszowice mit Schwefelbergbau.
Bochnia (5600 E.) mit Salzbergwerk und reichhaltigen Ghps-
brücheu; Niepolomice, große Salzniederlage und Station einer Flügel¬
bahn; Wieliezka (5000 E.), das berühmteste Salzbergwerk, von Ost nach
West 10.000', von Süd nach Nord 4000' lang, mit jenem von Bochnia
in Verbindung, angeblich von einem Hirten Wielicz im 13. Jahrhundert
entdeckt; Podgorze, gegenüber von Krakau, mit Lederindustrie; Dobczyce
mit den Ruinen einer Veste; Wisnicz und Wojnicz mit alterthümlichen
Schlössern; Zakluczyn mit dem Denkmale des Socinus, Stifters der
Socinianersecte.
97
Neu-Sandec (7000 E.) mit alterthnmlichem Schloß und einem
Jesnitcncollegium; Alt -San dec mit stark besuchten Märkten, — in der
Nähe mehrere deutsche Ansiedlungen; Piwniczna und Mnszyna mit
Leinweberei; Kryuica und Tylicz, Badeorte mit eisenhältigen Quellen;
Szczawnica, stark besuchter Badeort, dessen Mineralwasser weit ver¬
sendet wird; Ncumarkt mit bedeutendem Wein- und Leiuwandhandel,—
südlich in einem schönen Thale das Eisenwerk Zakopane; Cieszkowice
mit LeinwaudHandel; Grybow mit hübschem Schloß.
Tarnow it.noo E.), Bischofsitz mit schöner Domkirchc, in der Nähe
der St. Viartinsberg mit sehr ausgebreitcter Rundsicht; Dambrowa
mit weitläufigem Schloß, schönen Gartcnanlagen und großen Pferdemärkten;
Miel ec, Stammsitz der geschichtlich bekannten Familie Mielecki; Kol-
buszöw, bedeutender Marktflecken, fast ausschließlich mit der Verfertigung
von Tischlcrwaaren beschäftigt; Nopczyce mit großen Pferdemärkten;
Dembica mit einem Schloß im gothischen Sthl; Pilsno, von Tolonisten
aus Pilsen in Böhmen gegründet.
Jaslo in gutbebauter schöner Gegend; Dembowiec, Kolaczyce
und Jodiowa mit Garnbleichen und Leinweberei; Biecs mit sehens-
werthem Schloß, Handel mit Getreide, Flachs und Leinwand; G orlice
von Colonisten aus Görlitz gegründet, mit Wollzeugweberei und Getreide¬
handel, — in der Nähe bedeutende Asphaltlager, — nordöstlich der Wall¬
fahrtsort Kobylanka; Hmigrod mit Wein- und Leinwandhandel und
Fischerei besonders gerühmter Krebse; Dukla mit sehr schöner Pfarrkirche,
Tuch- und Leinweberei und bedeutendem Weinhandel; Krosno im schönen
und fruchtbaren Thale des Wiskok, von Colonisten aus Krossen an der Oder
gegründet; StrzyLow mit sehenswerther gothischer Kirche.
Nzeszöw (7000 E. davon die Hälfte Inden), viel Industrie in
Schmucksachen aus unechten Metallen und bedeutenden Pferdemärkten;
Glogöw mit hübschem Schloß; Ulanow, Hauptstapelplatz für den gali¬
zischen Holz- und Getreidehandel; Rudnik, denkwürdig durch eine Nieder¬
lage der Schweden durch die Polen 1656; Lezajsk mit Tuchweberei, Obst¬
baumzucht und einer Kirche der Bernardiner, welche als die schönste in
Galizien gilt; Lancut mit prächtigem Schloß, Leder-, Tuch- und Zucker¬
fabrik; Przeworsk mit schönem Schloß und englischem Park; Tyczyn
mit hübschem Schloß.
i>) Ostgalizien.
Lemberg iü,/2 Quadrat-Meilen und 1,500.000 Einwohner.
Ein vorzügliches Getreideland. Im östlichen Theile die Zahl
kleiner dorfähnlicher Städte sehr groß.
a) Regierungsbezirk Posen.
Posen (56.000 E.), Festung ersten Ranges, ehemals Residenz der
polnischen Könige; Polnisch-Lissa (10.000 E.) mit lebhaftem Handel.
d) Regierungsbezirk Bromberg.
Bromberg (25.000 E.) mit Fabriken, Handel und Flußschiffahrl;
G nesen (9000 E.), die alte Hauptstadt Groß-Polens.
6. Provinz Schlesien.
731 Quadrat-Meilen und 3,600.000 Einwohner.
Gehört fast ganz dem Odergebiet, im Süden von den Sudeten
begrenzt. In Oberschlesien auf dem Tarnowitzer Plateau, wo sich
mächtige Lager von Eisen-, Blei- und Zinkerzen und Kohlen finden, ist
der Bergbau von größter Wichtigkeit; in den Vorbergen des Riesen¬
gebirges herrscht das Fabrikswesen, vorzüglich großartige Spinnereien.
Ausgezeichnet ist diese Provinz auch durch die Rübenzuckcriudustrie und
die Schafzucht.
u) Regierungsbezirk Breslau.
Breslau (170.000 E.), Universität, alte slavische Stadt, thurm-
reich, in den älteren Theilen eng und winklig. Große Maschinenfabriken,
bedeutende Wollmärkte; Brieg (14.000 E.) mit Industrie und Handel;
Schweidnitz (17.000 E.), Festung, östlich der Zobten „der Schlesier
Wetterhahn" fast überall in Schlesien sichtbar; Waldenburg mit großem
Steinkohlenlager, nördlich Salzbrunn, südöstlich Charlottenbrunn,
Badeorte; Gl atz (12.000 E.), Festung zweiten Ranges; Reiner;, Heil¬
quelle und Molkenanstalt.
b) Regierungsbezirk Oppeln.
Oppeln (11.000 E.); Gleiwitz (12.000 E); Beuthen(14.000E.)
mit großen Eisenwerken; Taruowitz, von Eisen-, Blei- und Zinkgruben
umgeben, Sitz des oberschlesischen Bergamtes; Ratibor (15.000 E.) mit
sehr besuchten Flachs- und Wollmärkten; Seobschütz (10.000 EU; Neisse
(19.000 E.), Festung zweiten Ranges.
124
v) Regierungsbezirk Liegnitz.
Liegnitz (20.000 E.) mit bedeutender Tuchindustrie, südöstlich das
Schlachtfeld von Wahlstatt; Jauer mit Schlesiens größtem Getreide¬
markte (für das Riesengebirge); Hirschberg (11.000 E.), Mittelpunkt
des schlesischen Leinwandhandels, südlich Warmbrunn mit sehr besuchten
Schwefelquellen; Görlitz (32.000 E.) mit bedeutender Tuchindustrie;
Sagau (10.000 E.) mit Tuch- und Baumwollweberei; Grünberg
ill.000 E.), die nördlichste weinbauende Gegend auf der Erde, ganz von
Weinbergen umgeben, deren Erzeugniß eine bekannte Zielscheibe der Spöt¬
terei ist; Glog au (18.000 E.), Festung zweiten Ranges.
v. Provinz Pommern.
575 Quadrat-Meilen und 1,500.000 Einwohner.
Ehemals von slavischen Wenden bewohnt. Die Westhälfte (Vor¬
pommern) ist Flachland mit zerrissenen Küsten, die Osthälfte (Hinter¬
pommern) befindet sich auf der P omm er'schen Seenplatte. Erwäh¬
nenswerth die bedeutende Gänse- und Schweinezucht, Kornhandel, in
den Küstengegenden Schiffahrt.
a) Regierungsbezirk Stettin.
Stettin (72.000 E.), auf Hügeln gebaut, Festung ersten Ranges,
älteste Stadt Pommerns und wichtige Seehandelsstadt; Anklam (12.000 E.)
mit Handel und Schiffahrt; Swinemünde, Vorhafen für Stettin;
Stargard (17.000 E.).
l>) Regierungsbezirk Stralsund.
Stralsund (28.000 E.) am Strela-Sunde,Festung zweiten Ranges
und Kriegshafen; Greifswald (18.000 E.), Universität; Insel Rügen
mit Bergen und Putbus.
o) Regierungsbezirk Köslin.
Köslin (13.000 E.) ; K o lb e rg (13.000 E.), Festung zweiten Ranges;
Stolpe (15.000 E.), Handel mit Bernsteinwaaren.
L. Provinz Brandenburg.
724'/2 Quadrat-Meilen und 2,700.000 Einwohner.
Das landschaftliche Bild dieser Provinz bietet manche Eigen-
thümlichkeiten. Dahin gehören: Das Havelland, ein von der Havel
umfaßter, von zahlreichen Canälen und Gräben durchschnittener Landstrich
125
ohne Hügel und Wald; der Spreewald nördlich und östlich von
Lübbenau, von zahllosen Flußarmen und Canälen durchzogen und mit
Erlen bewachsen. Die Bewohner des Spreewaldes verrichten im Som¬
mer alle ihre Geschäfte zu Kahn, im Winter auf Schlittschuhen; als
Gegensatz zu diesem Wasserüberfluß ist der Höhenzug Fläming so
wasserarm, daß man das Wasser selbst beim Kochen und Trinken sparen
muß. Manche Landstriche sind sandig und der märkische Sand ist
sprüchwörtlich. Ausgezeichnet ist die Schafzucht.
a) Regierungsbezirk Potsdam.
1. Die Mittelmark.
Berlin (700.000 E.), die erste Residenzstadl der Monarchie,
wichtigste Fabrikstadt Deutschlands, Knotenpunkt der mitteleuropäischen
Eisenbahnen. Bemerkenswerth die Prachtstraße „Unter den Linden",
eine doppelte Lindenallee 400(L lang und 160< breit, vom königl. Schloß
bis zum Thiergarten; Potsdam (44.000 E.), zweite Residenz in der
schönsten Gegend der Mark; Spand au (16.000 E.), Festung; Branden
bürg (26.000 E.) mit Wollindustrie; Neu-Ruppiu (12.000 E.).
2. Die Uckermark.
Prenzlow (16.000 E.) mit Wollindustrie und Tabakbau.
3. Die Priegnitz.
Perleberg (8000 E.); Jüterbogk, Eisenbahnknoten.
b) Regierungsbezirk Frankfurt.
1. Die Neumark.
Frankfurt an der Oder (40.000 E.) mit bedeutenden Messe».
Kuštrin (10.000 E.), Festung; Landsberg an der Warthe (18.000 E.);
2. Die Niederlausitz.
Kottbus (12.000 E.) mit Wollindustrie; Sorau und Guben
mit großen Tuchfabriken.
Provinz Sachsen.
458 Quadrat-Meilen und 2,100.000 Einwohner.
Der größere Theil dieser Provinz liegt in der Elbeniederung
mit sehr fruchtbaren Landstrichen, der Südwesten dehnt sich über den
Unter-Harz bis zum Thüringer Wald und enthält manche rauhe Striche,
wie das Eichsfeld. Großer Reichthum an Salz und Kupfer, sehr
126
bedeutende Schweine- und Schafzucht, viele und große Rübenzucker¬
fabriken nnd Spiritusbrennereien sind für diese Provinz bezeichnend.
a) Regierungsbezirk Magdeburg.
Magdeburg (75.000 E.), Festung ersten Ranges, wichtige Handels¬
und Fabrikstadt, im Kreuznngspnnkte mehrerer Bahnen; Burg (16.000 E.)
mit sehr bedeutender Tuchindustrie; Schönebeck und Staßfurth mit
großen Salinen; Aschersleben (15.000 E.), eine der ältesten Städte;
Quedlinburg (17.000 E-), Geburtsort des Dichters Klopstock; Halber¬
stadt (25.000 E.).
b) Regierungsbezirk Merseburg.
Merseburg (13.000 E.), südwestlich das Schlachtfeld Roßbach,
südöstlich das Schlachtfeld Lützen; Weißenfels (13.000 E.); Zeitz
;15.000 E.); Naumburg (15.000 E.) mit Weinbau; Eisleb en (12.000 E.),
Luther's Geburtsort; H alle (48.000 E.) mit Universität und großer Saline;
Torgau (12.000 E.), Festung zweiten Ranges, — südwestlich das Städt¬
chen Schilda, dessen Bewohnern ein besonderer Hang zu lächerlichen
Streichen zugefchrieben wird (Schildbürger); Wittenberg (13.000 E.),
Festung, ehemals Residenz der sächsischen Kurfürsten.
o) Regierungsbezirk Erfurt.
Erfurt (42.000 E.), Festung zweiten Ranges, die alte Hauptstadt
Thüringens, mit bedeutenden Spinnereien und Webereien, treibt gro߬
artige Handelsgärtnerei mit ausgezeichnetem Gemüsebau und berühmter
Blumenzucht; Suhl mit Waffenfabriken; Mühlhausen (17.000 E.);
Nordhausen (19.000 E.) am Anfang der fruchtbaren „Goldenen Aue",
welche sich nach Osten an den Ufern der Helme hinzieht, mit großen
Branntweinbrennereien und chemischen Fabriken.
6. Schleswig-Holstein.
318 Quadrat-Meilen und 950.000 Einwohner.
Eine Fortsetzung der norddeutschen Tiefebene, an der Ostküste
mit vielen tiefeinschneidenden Förden (Buchten), Seen, Buchenwaldun¬
gen, Parallel damit das Haideland (Geest) als Fortsetzung des uralisch¬
baltischen Landrückens, an der Westküste Marschland, die Küsten mit
Dünenreihen eingefaßt. Dünen und Marschen werden allmählich vom
Meere gebildt, erstere durch Anhäufung von Sand, letztere durch Absatz
von feinem Lehm. Ist der Meeresboden durch diese Lehmablagerung
127
soweit erhöht, daß er nicht mehr täglich von der Fluth überspielt wird,
so heißt er Vorland, sobald er mit dem Lande zusammenhängt, —
Hallig hingegen, wenn er zur Insel geworden ist. Wird dann solches
Land gegen die Sturmflnthen durch ringsum lausende Dämme (Deiche)
gesichert, so entsteht ein Kog, in den Niederlanden Polder genannt.
Zur Fortschaffung des Wassers sind die Köge von Gräben durchzogen,
in welchen zur Ebbezeit durch die geöffneten Schleusen das Wasser in
das Meer abfließt. Sind die Marschen jedoch tiefer als die tägliche
Ebbe, dann kann kein Schleusenwerk helfen und es muß das Wasser
durch Punchwerke, die meistens von Windmühlen (Poldermühlen) getrie¬
ben werden, gehoben und hinausgeleitet werden. Die Marschen gehören
zu den fruchtbarsten Landstrecken der Welt, werden hauptsächlich als
Grasland benützt und haben daher einen überaus großen Biehstand.
Schleswig ist im nördlichen Theile von Dänen, im südlichen von
Deutschen bewohnt.
Schleswig (11.000 E.), sehr alte Stadt; Flensburg (21.000 E.)
mit gutem Hafen und bedeutendem Handel; östlich die Insel Alfen, auf
der Westseite die nord friesischen Inseln und viele Halligen.
Holstein besteht nach der geschichtlichen Zusammensetzung aus
Holstein (Mitte und Norden), Wagrien (Nordosten), Dithmar¬
schen (Nordwesten), Stormarn, Pinneberg und Ranzau (Süden).
Altona (54.000 E.), Handelsstadt mit bedeutenden Tabakfabriken;
Glückstadt, Itzehoe (spr. Jtzehö), Rendsburg, Wandsbeck; Kiel
(19.000 E.), Universität, mit einem der schönsten Häfen, in welchen der
Eidercanal mündet.
8. Laucnburg.
19 Quadrat-Meilen und 50.000 Einwohner.
Ratzeburg auf einer Insel im Ratzeburger See; Mölln mit dem
angeblichen Grabe Tvll Eulenspiegels.
I. Hannover.
699 Quadrat-Meilen und 2,000.000 Einwohner.
Hannover gliedert sich in die drei Bestandtheile Osten, Süden
und Westen. Das Ostland ist die Hauptmasse und reicht vom Harz
und dem Wesergebirge über den Rücken der Lüneburger Haide („das
128
Landmeer") bis zur Elbe und Nordsee. Buchweizen, Honig und Schafe
sind das Haupterträgniß der Haide. Das Südland begreift einen
großen Theil des Harzes, die Göttinger Mulde und einen Theil des
Weserberglandes. Der Har; ist reich an Metallen, vorzüglich an Silber,
Eisen, Blei und Kupfer. Das Westland gehört dem Gebiete der
Ems. Seine hervorragendste Erscheinung ist die Moorlandschaft.
Die Moorlandschafteu sind öde und trostlose Landstriche, die an
vielen Stellen nur auf langen Brettersandalen zugänglich sind. Im
Frühjahre werden die Moore gebrannt, wobei der Moorrauch einen
großen Theil Norddeutschlands belästigt; dann wird in die warme Asche
Buchweizen gesäet, das einzige Getreide, welches auf einem solchen
Boden gedeiht.
Hannover hat nebst seinenBergwerken im Harz auch viele Salinen
im Lande, in den Marschen gute Viehzucht, Pferde und Rinder, in den
Gebieten von Hildesheim und Osnabrück bedeutende Leinwandindustrie,
aus dem westlichen Theile führt es die westphälischen Schinken aus.
Hannover (80.000 E.) mit berühmter polytechnischer Schule;
Lüneburg (16.000 E.), alte, von hohen Wällen umgebene Stadt; Har¬
burg (15.000 E.), lebhafter Handelsort in fetter Marschgegend; Celle
(15.000 E.) mit schönem Schloß; Stade, kleine Festung; Hildesheim
(18.000 E.); Goslar, südlich der Rammelsberg mit dem ältesten kunst¬
gemäßen Bergbau der Welt (über 800 Jahre alt); Göttingen (13.000 E.),
Universität; Clausthal, Hauptort des Oberharzes, von Berg- und Hütten¬
leuten bewohnt; Andreasberg mit reichen Silbergruben; Osnabrück
(18.000 E.) mit Webereien von groben Leinen; Pappenbnrg, eine gro߬
artige Fehn-Colonie (Fehn ist eine Ansiedlung, welche das Torfmoor in
fruchtbares Land verwandelt); Emden (12.000 E.), eine sehr thätige
Seestadt.
L. Provinz Hessen.
290 Quadrat-Meilen und 1,400.000 Einwohner.
a) Regierungsbezirk Kassel.
Den größeren Theil dieses Regierungsbezirkes bildet das hessische
Berg- und Hügelland, vorwiegend bunter Sandstein von mannigfaltiger
regelloser Gestaltung, etwas rauhem Klima und unfruchtbarem Boden
mit Flachs- und Kartoffelbau.
129
Kassel (40.000 E.), — westlich Schloß uud Park Wilhehnshöhe;
Marburg, Universität, schöne gothische Elisabethkirche; Fulda (10.000 E.)
in schöner Hügelgegend; Hanau (18.000 E.), wichtige Fabrikstadl für
Seide, Wolle, Gold- und Silberwaaren; Homburg vor der Höhe,
berühmtes Bad; Frankfurt am Main (80.000 E.), große Handelsstadt,
besonders wichtig ist der Wechsel- und Geldhandel.
b) .Regierungsbezirk Wiesbaden (Nassau).
Eines der schönsten deutschen Gebiete und als ein vom Rhein
umfaßter Winkel mit Baden zu vergleichen. Die Höhen des Taunus
sind mit dem schönsten Laubwald bekleidet, aus dem Inneren dieses
Bergzuges kommen zahlreiche werthvolle Mineralquellen, die Gehänge
tragen den herrlichsten Wein, der in allen Lebensverhältnisseu des Rhein-
gauers die Hauptrolle spielt. Der Westerwald im Norden ist im
Gegensatz zum sonnigen Rheingau das „nassauische Sibirien", wo
der Wind beständig die Hochfläche fegt und die Kirschen kaum zur Reife
gelangen.
Wiesbaden <25.000 E.), in schöner Lage, hat berühmte, schon zur
Römerzeit beuütztc warme Quellen; Hochheim, Rauenthal, Kloster-
Eberbach (Steinberger), Hattenheim (Markobrunner), Schloß-Johan¬
nisberg, Geisenheim, Rüdes heim, Aß mannsh auscn erzeugen welt¬
bekannte Weine; Schlangenbad, Langenschwalbach und Ems sind
berühmte Badeorte; Dorf Nicder-Selters, südöstlich von Limburg,
versendet jährlich über >/2 Million Krüge des kohlensauren Selterser Wassers.
I-. Provinz Westphalen.
367 Quadrat-Meilen und 1,700.000 Einwohner.
Von den drei Regierungsbezirken dieser Provinz gehört Ar ns berg
dem niederrheinisch-westphälischen Gebirge, Mind en den Wesergebirgen,
Münster der Bucht an, welche zwischen den genannten Bergländern
liegt. Kohlen, Eisen und Leinwand stehen unter den Producten obenan;
weithin bekannt sind auch die westphalischen Schinken und als Nahrungs¬
mittel des Volkes bezeichnend der „Pumpernickel", ein aus Roggenmehl
ohne Gährung bereitetes schwarzes Brot.
s.) Regierungsbezirk Münster.
Münster (30.000 E.) von mittelalterlichem Aussehen, das Rathhaus
durch den daselbst 1648 unterzeichneten westphälischen Frieden denkwürdig.
Kozeun, Geographie. 9
130
b) Regierungsbezirk Minden.
Minden (18.000 E.), Festung zweiten Ranges; Herford (12.000 E.)
mit Spinnereien und Garnhandel; Bielefeld (17.000 E.), in der Flachs¬
spinnerei und Leinweberei einer der wichtigsten Plätze Deutschlands; Pader¬
born (12.000 E.) mit einem schönen Dom; Lippspringe mit Heilquellen;
Höxter, sehr alte Stadt, nordöstlich dabei die ehemalige für die Ausbrei¬
tung des Christenthums wichtige Abtei Corvey. Zu diesem Regierungs¬
bezirk gehört auch das Iahdege biet in Oldenburg mit einem Kriegshafen.
o) Regierungsbezirk Arnsberg.
Arnsberg mit Eisenindustrie; Soest (spr. Sahst, 12.000 E.) in
der fruchtbare» Soester Börde; Hamm, die alte Hauptstadt der Grafschaft
Mark; Dortmund (28.000 E.), einst freie Reichsstadt mit dem Freistuhl
des Vehmgerichtes „auf rother Erde"; Bochum, Hagen, Iserlohn
(16.000 E.), Siegen, industriereiche Städte für Woll-und Metallwaaren.
Ai. Rheinland.
487 Quadrat-Meilen und 3,400.000 Einwohner.
Das Rheinland ist das schönste unter den deutschen Landern und
gehört im südlichen Theile dem mitteldeutschen Berglande, im
Norden dem westlichen Tieflande oder der niederrheinischen Tief¬
ebene an. Von Bingen bis Bonn durchsetzt der Rhein in einem schma¬
len und tiefen Spalt das niederrheinische Schiefer-Plateau, eine mit
wenigen Ausnahmen einförmige und rauhe Hochfläche mit reizenden
Thälern. Diese Strecke des Rheinthals, so enge, daß kaum für Straße
und Eisenbahn Raum bleibt, in der Länge von 16 Meilen mit Städten,
Flecken und romantischen Ritterburgen angefüllt, ist ein Hauptziel der
reisenden Welt, die im Sommer und Herbst in dichten Schwärmen den
Rhein befährt. Malerische Seitenthäler sind das Nahethal, Mosel¬
thal und Ahrthal. Unter den Producten sind die unerschöpflichen
Kohlenlager von Saarbrück und an der Ruhr und die edlen Weine des
Rhein-, Mosel- und Ahrthales zu nennen, noch wichtiger aber die Er¬
zeugnisse der Industrie; vorzüglich sind es zwei Districtc, in welchen
die Industrie am meisten zusammengedrängt ist: im Gebiete der Wupper
mit dem Mittelpunkte Elberfeld und an der belgischen Grenze mit dem
Mittelpunkte Aachen.
131
a) Regierungsbezirk Köln.
Köln (130.000 E.), Festung ersten Ranges, die wichtigste Handels¬
stadt am Rhein. Der Kölner Dom ist das großartigste und schönste gothische
Bauwerk. Viele Fabriken erzeugen jährlich mehrere Millionen Flaschen des
in der ganzen Welt bekannten „Köluerwassers", — gegenüber am rechten
Rhcinufer Deutz; Bonn (24.000 E.), Universität.
b) Regierungsbezirk Düsseldorf.
Düsseldorf (45.000 E.) mit einer berühmten Maler-Akademie;
Solingen (12.000 E.) und Remscheid (20.000 E.) mit berühmten Klin¬
gen-, Messer- und Scheerenfabriken; Elberfeld (65.000 E.) und Barmen
(60.000 E.), wichtige Fabrikstädte für Seiden- und Banmwollwaaren;
Duisburg (15.000 E.) mit Handel und Schiffahrt; Mühlheim an
der Ruhr (15.000 E.) mit starkem Kohlenhandel; Essen (86.000 E.),
Mittelpunkt eines großartigen Steinkohlenbergbaues, in der Nähe Krupp's
berühmte Gußstahlfabrik; Wesel (19.000 E.), Festung zweiten Ranges;
Cleve (10.000 E.); Kempen, Geburtsort des berühmten geistlichen Lehrers
„Thomas von Kempis"; Crefeld (56.000 E.), Mittelpunkt der bedeutend¬
sten Seiden- und Sammtfabrikation in Deutschland; Gladbach (20.000 E.),
ein Hauptsitz der Spinnerei und Weberei.
o) Regierungsbezirk Aachen.
Aachen (65.000 E.), Geburtsort Karls des Großen und lange Zeit
Hauptstadt des deutschen Reiches, hat berühmte Schwefelquellen, ebenso
berühmte Tuch- und Nadelfabriken und ist Getreidemarkt für Belgien;
Eschweiler (15.000 E.) mit großen Steinkohlengruben und Eisenhütten;
Jülich, ehemalige Hauptstadt des gleichnamigen Herzogthums; Malmedy
mit großen Lederfabriken; Eupen (14.000 E.) mit sehr bedeutenden
Tuchfabriken.
ä) Regierungsbezirk Coblenz.
Coblenz (30.000 E.) die stärkste deutsche Festung, gegenüber am
rechten Nheinufer die Felsenfestung Ehrenbreitstein, südlich das königl.
Schloß Stolzenfels; Kreuznach (12.000 E.), Salzwerk mit sehr besuch¬
ten Solbädern; Andernach, eine der ältesten Rheinstädte, westlich der
Laacher See; Ahrweilerbaut vorzüglichen Wein; Neuwied mit einer
Herrnhntergemeinde; Wetzlar, ehemals freie Reichsstadt.
o) Regierungsbezirk Trier.
Trier (22.000 E.) mit sehr vielen römischen Bauwerken. Die
Mosel bildet von Trier bis zu ihrer Mündung sehr viele Windungen, an
ihren Ufern wachsen die berühmten Moselweine; Saarbrück (14.000 E.)
9»
132
in dem berühmten Saarbrücker Steinkohlenbecken; Saarlouis, Festung
zweiten Ranges.
k) Die Hohenzollern'schen Lande oder Regierungsbezirk
Siegmaringen.
Von Würtcmberg und Baden umschlossen mit 2t Quadrat-
Meilen und 65.000 Einwohnern.
Siegmaring en; Hechingen, südlich dabei die neuhergestelltc
königliche Burg Hohenzollern mit prachtvoller Aussicht.
39. Staaten des norddeutschen Lundes.
u) Königreich Sachsen. 272 QuadratMeilen und 2,400.000
Einwohner.
Eines der am stärksten bevölkerten und bestangebauten Länder
Europa's. Reiche Silberbergwerke, große Kohlenlager, bedeutende Schaf¬
zucht, eine vielseitige und großartige Industrie und ein sehr ausgedehnter
Handel bilden den Reichthum des Landes.
1. Krcisdircktion Dresden: Dresden (150.00 E.), Haupt- und
Residenzstadt zu beiden Seiten der Elbe, wegen der schönen Lage und der
reichen Knnstschätze das „deutsche Florenz" oder „Elbcflorenz" genannt, ein
Hanptreiseziel der Fremden; Pirna am Eingang in die „sächsische Schweiz",
das ist das vielfach zerklüftete, an romantischen Formen reiche Elbsand-
steingebirge; Tharand, berühmte forst- und landwirthschaftliche Lehr¬
anstalt; Freiberg (20.000 E.) mit einer berühmten Bergakademie und
wichtigem Silberbergbau; Meissen (11.000 E.) mit berühmter Porcellan-
fabrik, gothischem Dom und namhaftem Weinbau.
2. Krcisdircktion Leipzig: Leipzig (86.000 E.), Universität, in einer
weiten Ebene, die oft Schauplatz großer Schlachten gewesen, ein Handels¬
platz von europäischer Bedeutung, der Mittelpunkt des deutschen Buch¬
handels; Mittweida mit Seiden- und Baumwollindustrie; Grimma
mit Tuchiudustrie.
3. Kreisdirektion Zwickau. In diesem Kreise ist die Industrie ganz beson¬
ders herrschend, im nordöstlichen Theile die Baumwollspinnerei und Strumpf¬
wirkerei, im westlichen die Weberei, in den dichtbevölkerten Abhängen des
Erzgebirges die Spitzenklöppelei. Zwickau (24.000 E.) mit Wollindustrie,
südlich ein großes Kohlenlager; Werdau (11.000 E.); Lrimitzschau
(13.000 E.), Meerane (16.000 E.), Glauchau (20.000 E.), Chemnitz
(56.000 E.) mit großen Fabriken; Anaberg (11.000 E.) mit Bergbau
und zugleich Hauptstapelplatz der Jndustrieproducte des Erzgebirges; Ober-
133
wiesenthal im sogenannten „sächsischen Sibirien" liegt einen großenTheil
des Jahres unter Schnee; Plauen (20.000 E.), Hauptindustrieplatz der
„Plauen'schen Maaren", nämlich feiner Musseline, Battiste und Schleier.
4. Krcisdirektion Banhc» oder die sächsische Bbcrlansth ist im süd¬
lichen Theile ein Weberdistrikt; Bautzen (13.000 E.), Hauptort des von
60.000 slavischen Wenden bewohnten Landstriches; Zittau (14.000 E.)
treibt sehr bedeutenden Leinwandhandel.
Das Land Thüringen (b—i).
b) Großherzogthum Sachsen-Weiinar-Eisenach. 66
Quadratmeilen und 280.000 Einwohner.
Weimar (14.000 E.); Jena, Universität; Eisenach (12.000 E.)
in schöner Gegend, südwestlich die berühmte in neuerer Zeit wieder herge¬
stellte Wartburg mit herrlicher Rundsicht über die umgebenden Hügel¬
landschaften.
o) H e r z o g t h u m S a ch s e n - M c i n i n g e n. 4 5 Quadrat-Meilen
und 180.000 Einwohner.
Meiningen; Hildburghausen; Sonneberg, Mittelpunkt der
Kinderspielwaaren-Jndnstrie des Thüringer Waldes.
/2 Qua¬
drat-Meilen und 74.000 Einwohner.
Rudolstadt anmnthig an der Saale; Frankenhausen, nördlich
der Kyffhäuser, in welchem die Sage den Kaiser Friedrich Barbarossa
schlafen läßt.
tz) Fürstenthum Reuß-Greiz oder Reust ältere Linie.
7 Quadratmeilen und 44.000 Einwohner.
Greiz (11.000 E.), eine der ältesten Städte des Voigtlandes.
134
i) Fürstenthum Reuß-Schleiz oder Reuß jüngere Linie.
15 Quadrat-Meilen und 87.000 Einwohner.
Gera (16.000 E.) mit Wall- und Baumwolliudustrie; Schleiz
von neuem und stattlichem Aussehen.
L) Herzogthum Anhalt. 48 Quadrat-Meilen und 194.000
Einwohner.
Dessau (16.000 E.) in wiesenreicher Gegend; Zerbst (12.000 E.);
Köthen (12.000 E.); Bernburg (12.000 E.).
1) Herzogthum Braunschweig. 67 Quadrat-Meilen und
295.000 Einwohner.
Braunschweig (45.000 E.) mit bedeutendem Handel; Wolfen¬
büttel mit einer berühmten Bibliothek; Sch öppenstedt ist sprüchwörtlich
durch die spießbürgerliche Einfalt der Bewohner.
in) Fürstenthum Waldek. 20 Quadrat-Meilen und 60.000
Einwohner.
Arolsen; Pyrmont, bekannter Curort.
n) Fürstenthum Lippe-Detmold. 20^/2 Quadrat-Meilen
und 112.000 Einwohner.
Detmold; Lemgo.
0) Fürstenthum Schaumburg-Lippe. 8 Quadrat-Meilen
und 32.000 Einwohner.
Bückeburg.
x) Großherzogthum Oldenburg. 117 Quadrat-Meilen
und 315.000 Einwohner. Besteht ans dem Herzogthum Oldenburg
und den Fürstenthümern Lübeck an der Trave und Birkenfeld am
Hundsrück.
Oldenburg (13.000 E.); Eutin, lieblich an einem See; Ober¬
stein und Idar am Hundsrück treiben die Steinschleiferei an Halbedel¬
steinen in großartiger Weise.
g) Großherzogthnm Mecklenburg-Schwerin. 224
Quadrat-Meilen und 560.000 Einwohner. Auf der „Mecklenburger
Seenplatte", mit vorzüglicher Pferdezucht.
Schwerin (24.000 E.) hat die reizende Lage einer Seestadt;
Güstrow (11,000 E.); Rostock (27.000 E.), Universität, alte wendische
Handelsstadt; Wismar (13.000 E.) mit vortrefflichem Hafen.
135
r) Großherzogthum Mecklenburg - Strelitz. 4S>/2 Qua¬
drat-Meilen und 100.000 Einwohner.
Neu-Strelitz.
s) Freie Stadt Bremen. 4'/2 Quadrat-Meilen und 105.000
Einwohner.
Bremen (72.000 E.) mit schöner Handelsmarine, treibt Handel in
alle Erdtheile. Unter dem Rathhause befindet sich der berühmte Bremer
Rothskeller mit den ältesten und besten Rheinweinen; Br em er Hafen,
der Hafen der Stadt Bremen.
t) Fr e i e S t a d t H a mburg. 6 Quadrat-Meilen und 230.000
Einwohner.
Hamburg (175.000 E.), die erste Handelsstadt ans dem Festlande
von Europa. Mit Hilfe der Fluth können größere Seeschiffe bis zur Stadt
gelangen; Cuxhafen, Seebad an der Elbemündung.
n) Freie Stadt Lübeck. 6 Quadrat-Meilen und 50.000
Einwohner.
Lübeck (32.000 E.) treibt hauptsächlich Handel nach den verschie¬
denen Ostseehäfen.
40. Ziiddentschland.
a) Fürstenthum Liechtenstein. 3 Quadrat-Meilen und
8000 Einwohner am rechten Rheinufer zwischen Vorarlberg und dem
Cauton St. Gallen.
< Hauptort Badutz.
b) KönigreichBaiern. 1380Quadrat-Meilen und4,800.000
Einwohner, darunter 3,540.000 Katholiken, 1,300.000 Protestanten
und 60.000 Juden.
Baiern besteht aus zwei getrennten Theilen. Ackerbau und Vieh¬
zucht geben das Haupterträgniß, am bekanntesten ist das Land durch
seine Bierbrauereien. Eintheilung in 8 Kreise oder Regierungsbezirke.
1. Krci» Bberbaiern: München (170.000 E.), Haupt- und Resi¬
denzstadt, Universität, Hauptsitz der deutschen Malerkunst; Alt-Oetting,
sehr besuchter Wallfahrtsort; Reichenhall, Berchtesgaden und Rosen¬
heim mit wichtigen Salinen.
2. Kreis Riedcrbaiern: Landshut (13.000E.); Passan (14.000E.)
auf einer Landzunge zwischen Donau und Inn; Straubing (11.000 E.);
136
Kehlheim mit berühmten Steinbrüchen, welche die berühmten Kehlheimer
Platten liefern.
3. Kreis Bdcrpfaff und Regensburg: Regensburg (30.000 E.),
alte Reichsstadt, zwei Stunden östlich am linken Donauufer steht die
Walhalla, ein Ehrentempel für ausgezeichnete Deutsche; Amberg
(12.000 E.); Furth, Grenzstation für die böhmische Westbahn.
4. Kreis Dberfranken: Bayreuth (20.000 E.), anmuthig am rochen
Main; Bamberg (26.000 E.) im weiten fruchtbaren Thalkessel, wichtig
für den Verkehr; Hof (13.000 E.).
5. Kreis Mittelfrankcn: Ansbach (13.000 E.); Solnhofen an
der Altmühl mit den ergiebigsten Steinbrüchen von lithographischem Stein:
Eichstädt; Schwabach mit Nadelfabriken; Nürnberg (72.000 E.),
alte Reichsstadt von mittelalterlichem Aussehen, die Stätte vieler Erfin¬
dungen; Fürth (21.000E.), blühende Fabrikstadt; Erlangen (11.000E.),
protestantische Universität.
6- Kreis Rntersranken und Aschaffenburg: Würzburg (42.000E.),
Universität, in einem warmen Thalkessel, tief im Weingebirge, in welchem
der treffliche „Leistenwein" und „Steinwein" wächst; Schweinfurt
(10.000 E.) mit Farbenfabriken; Kissing en, berühmter Curorl mit sali-
nischen Mineral-Quellen; Aschaffenburg (11.000 E.).
7- Kreis Schwaben und Neuburg: Augsburg (50.000 E.), alte
Reichsstadt und seit Alters ein sehr wichtiger Handelsplatz, südlich das
Lechfeld; Nördlingen liegt in dem fruchtbaren Ries; Kempten
(11.000 E.), alte Reichsstadt; Füssen, Grenzpaß nach Tirol; Lindau,
auf einer Insel im Bodensee mit lebhaftem Handel.
8. Kreis Pfaff oder die Nheinpfalz mit bedenkendem Tabak- und
Weinbau. Speyer (14.000 E.) mit dem größten und schönsten im roma¬
nischen Style erbauten Dome, in welchem sich die Grabstätten von 8 deutschen
Kaisern befinden, deßhalb die Todtenstadt der deutschen Kaiser genannt-
Germersheim (10.000 E.) und Landau (12.000 E.) sind Festungen;
Kaiserslautern (14.000 E.); Zweibrücken (9000 E.); St. Ingbert
mit reichen Steinkohlengruben.
o) Königreich Würteinberg. 354 Quadrat-Meilen und
1,760.000 Einwohner, darunter 1,210.000 Protestanten, 540.000
Katholiken und 10.000 Juden.
Der südliche Theil des Landes ist das Plateau von Oberschwaben,
der nördliche Theil an der Tauber reicht in die fränkische Ebene, der
westliche Theil zieht sich auf den Schwarzwald hinauf, die Mitte des
Landes, das eigentliche Schwaben, liegt im Neckargebiet. Landwirthschaft
137
und Industrie werden sorgfältig gepflegt, ini Neckarthal guter Wein
gewonnen. Das Land ist nach allen Richtungen von schönen Straßen
durchzogen. Eintheilung in 4 Kreise.
1. Neckarkrei«: Stuttgart (70.000 E.), Haupt- und Residenzstadt
in einem anmuthigen Thalkessel zwischen wald- und weinreichen Hügeln,
ein Hauptsitz des deutschen Buchhandels, — 1 Meile südlich die berühmte
landwirthschaftliche Lehranstalt und Musterwirthschaft Hohenheim; Cann-
stadt, Knotenpunkt der Verkehrswege des Neckargebietes; Eßlingen
(16.000 E.), wichtiger Fabriksort; Ludwigsburg (12.000 E.), dabei
Schloß Hohen-Asperg; Heilbronn (18.000 E.). Handels und Fabrik¬
stadt; Marbach, Schillers Geburtsort.
2. Iaxtkrcis: Ellwangen; Schwäbisch-Hall, alte Reichsstadt
mit großer Saline.
3- Donaukreis, umfaßt einen großen Theil von dem breiten Rücken
der Schwäbischen oder Rauhen Alb. Ulm (24.000 E.), ehemals
wichtige Reichsstadt, jetzt Festung mit schönem, jedoch unausgebautem gothi-
schem Münster; Göppingen, nordöstlich davon stand die berühmte Burg
Hohenstaufen, die Wiege eines deutschen Kaisergeschlechtes; Rav ensburg,
alte Reichsstadt; Friedrichshafen, ausblühender Handelsplatz am Bodensee.
4. Schwarzwaldkrcis: Tübingen,Universität; Reutlingen (14.000
Einwohner); Wildbad, sehr besuchter Badeort im Schwarzwald.
ä) Großherzogthnm Baden. 278 Quadrat-Meilen und
1,450.000 Einwohner, darunter 950.000 Katholiken, 475.000 Pro¬
testanten und 25.000 Juden.
DiesesLand umfaßt den größten Theil des Schwarzwaldes und der
oberrheinischen Tiefebene. Erzeugnisse sind: Getreide, Hanf, Tabak, Obst
nnd Wein, der Schwarzwald liefert viel Holz znr Ausfuhr. Einen sehr
bekannten Handelsartikel bilden die Schwarzwälder Uhren. Eintheilung
in 11 Kreise mit den gleichnamigen Hauptorten.
1. Coustanz in schöner Lage am Bodensee.
2. Viltingen; Donaueschingen mit der Donauquelle.
8. Waldshut, der westlich liegende Landstrich ist der Klettgau.
4. Lörrach.
5. Freiburg (20.000 E.), katholische Universität, schönes gothisches
Münster, — nordwestlich der vulkanische Kaiserstuhl. Der Landstrich im
Rheinwiukel zwischen dem Kaiserstuhl und Waldshut heißt der BreisgaE
6. Offenburg; Lahr.
7. Baden, einer der berühmtesten Badeorte; Rastatt, Festung.
138
8. Carlsruhe (30.000 E.), Residenzstadt, in Form eines Fächers
gebaut, mit berühmter polytechnischer Schule; Pforzheim (17.000 E.)
mit bedeutender Industrie in Gold- und Silberwaaren.
9. Mannheim (30.000 E.), regelmäßig in großen Quadraten gebaut,
der wichtigste Handelsplatz am Oberrhein.
10. Heidelberg (18.000 E.), protestantische Universität, in schöner
Lage, lange Zeit die Hauptstadt der Kurpfalz, hat die schönste Ruine Deutsch¬
lands, die alte Pfalzburg, in deren Keller sich das berühmte Heidelberger
Faß von 236 Fuder Gehalt befindet.
11. Mosbach; Werthheim mit Wein- und Getreidehandel.
s) Großherzogthum Hessen. 139 Quadrat-Meilen und
820.000 Einwohner darunter 560.000 Protestanten, 210.000 Katho¬
liken und 30.000 Juden.
1. Provinz Atarkenburg, zwischen Rhein und Main: Darmstadt
(30.000 E.), Residenzstadt; Offenbach (20.000 E.), berühmte Wagenfabriken.
2. Provinz Rheinhessen, zwischen Rhein und Nahe, erzeugt an den
Thalgehängen des Rheins vorzügliche Weine bei Ingelheim, Lauben¬
heim, Bodenheim, Nierstein, Worms (Liebfrauenmilch). Mainz
(40.000 E.), starke Festung (von Preußen besetzt), schon bei den Römern
der vornehmste Waffenplatz am Rhein, mit berühmten Lederfabriken;
Worms (12.000 E.), eine der ältesten und berühmtesten deutschen Reichsstädte.
3. Provinz Pberhesien, gehört znm norddeutschen Bunde: Gießen
Universität; Nauheim, Saline mit einer hoch aus dem Borloche hervor¬
springenden Solquelle.
4l. Die LmrdesrepMik Schwei;.
740 Quadrat-Meilen und 2,S20.000 Einwohner.
(Die Höhenangaben sind von hier an in Pariser Fuß zu verstehen.)
Eine so große Abwechslung in der LandeSnatur auf verhältniß-
mäßig so kleinem Raume in solchen Gegensätzen zu einem Ganzen ver¬
einigt wie in der Schweiz, findet sich sonst nirgends auf der Erde. Oede,
mit Schnee und Eis bedeckte Höhen, gleich darunter fruchtbare Darme
Thaler voll Leben, wo unter Felsen und Waldgebirgen mit einzelnen
bewaldeten Matten schöne Seen, lachende Fluren mit Wein- und Obst¬
bau und wohlhabende Dörfer und Städte liegen.
Die Schweizer Gebirge gehören zu den höchsten, zugleich aber
auch bei ihrer vielfältigen Gliederung und Zugänglichkeit zu den am
139
besten erforschten und bekannten. Die Schweizer Alpen oder Mittel-
alpen werden in folgende Züge unterschieden: 1. diepenninischenAlpcn,
vom Paß Simplon bis zu den Rhönequellen auch lepontischc Alpen
genannt, (Matterhorn 13.850', Monte Rosa 14.278') mit den
Pässen Gr. St. Bernhard 7368' und Simplon 6218'; 2. das
St. Gotthardsgebirgc und die Adularalpen von den Rhönequellen
bis zum Hinterrhein mit den Pässen St. Gotthard 6500', Ber¬
nardin 6351 und Splügen 6510', — südlich davon die Tessiner-
Alpen; 3. die rhätischen Alpen in zwei Ketten zu beiden Seiten des
Inn mit den Pässen Scptimer 7114', Jnlier 7040', Albula
7120' — in der südlichen Kette der großartige Gletscherstock Ber¬
nina 12.474' und derBernina-Paß 7185'; 4, die Berner-Alpen
vom Genfer-See bis zu den Rhönequellen, wo der Grimsel-Paß
5780' aus dem Rhone- in das Aarthal führt (Jungfrau 12.800',
Schreckh orn 12.568', Finsteraarhorn 13.160'), mit 15 Quadrat-
Meilen Gletschern; 5. die Vierwaldstätter-Alpen zwischen Aar, Reuß
und dem Vierwaldstätter-See (G alenstock 11.073', Titlis 9970'),
— der Furka-Paß führt aus dem Rhone- in das Renßthal; 6. die
Schwyzer- und Glarner-Alpen zwischen der Reuß und dem Rhein
(Tödi 11.115'); 7. die Thnralpen zwischen dem Wallenstädtcr- und
Bodensee (Sentis 7708' in den Kuhfirsten). Unter den Voralpen
sind die berühmten Aussichtspunkte Pilatus 6840' und Rigi 5541'
bei Luzern die bemerkenswerthesteu.
Der Jura zieht in mehreren parallelen Ketten von Genf bis zum
Rhein (Dole 5175', Weißenstein 3950'). Zwischen den Alpen
und dem Jura liegt die Schweizer Hochebene 1500'.
Der größere Theil der Schweiz gehört zum Flußgebiete des
Rheins, welcher die Thur, die mit der Limmat, Reuß und Saanc
vereinigte Aar und die Birs anfnimmt. Der Doubs bildet die Grenze
gegen Frankreich. Die Rhone durchfließt den Canton Wallis und
den Genfer-See. Der Tessin ergießt sich in den Lago Maggiore.
Unter den vielen Seen sind der Genfer, Ncuchäteler, Thuner, Brienzer,
Vierwaldstätter, Zuger, Züricher, Wallenstädtcr, Luganer und Boden¬
see, die sämmtlich von Dampfschiffen befahren werden, die vorzüglichsten.
140
Die Schweiz ist bei ihren Bodenverhältnissen vorzüglich für die
Viehzucht geeignet, die auch einen wohlverdienten Ruf hat. In den
Städten herrscht Gewerbfleiß, besonders in Seidenmanufakturen und
Baumwollwaaren. In der Uhrenfabrikation ist die Westschweiz allen
Ländern voraus, bekannt sind die vortrefflichen Schweizer Reißzeuge und
die Weißstickereien der Ostschweiz.
Das Land besteht aus 22 Cantonen, von denen drei in je zwei
selbstständige Halbcantone getrennt sind. Die Sprache ist in den Can¬
tonen Genf, Waadt und Neuenburg französisch, in Bern, Freiburg und
Wallis deutsch und französisch, in Tessin italienisch, in Graubünden
deutsch, italienisch und romanisch, in den übrigen 14 Cantonen deutsch.
3/g der Bevölkerung bekennt sich zum protestantisch-resormirten, zum
katholischen Glauben. Die oberste leitende und vollziehende Behörde ist
der aus sieben Mitgliedern bestehende von der Bundesversammlung auf
drei Jahre ernannte Bundesl ath, welcher zu Bern seinen Sitz hat.
In jedem einzelnen Canton üvt die Regierungsgewalt der Große
Rath. Der Vorsteher der Cantonsregierung heißt Schultheiß oder
Landammann.
1. Canton Basel.
-<) Basel-Stadt. Basel (40.000 E.) liegt zu beiden Seiten
des Rheins, wichtigster Handelsplatz der Schweiz, Universität.
d) Basel-Land. Hauptort Liestal.
2. Aargau. Hauptort Aarau: beim Bade Schinznach die Ruine
Habsburg.
Z. Zürich. Zürich (20.000 E.), berühmte Polytechnische Schule,
Maschinen- und Seidenfabriken, am äußerst anmuthigen Züricher See gelegen;
Winterthur, eine der saubersten und reichsten Städte der Schweiz.
-t. Schaffhausen. Schaffhausen nicht weit vom Rheinfall zu beiden
Seiten des Flusses, dessen Wasser hier noch äußerst klar ist.
5. Thurgau. Hauptort Frauenfeld.
li. St. Gallen. St. Gallen (15,000 E.), wichtiger Fabriks- und
Handelsplatz, liegt an jener Stelle, wo um das Jahr 614 nach Gristi der
Heidenbekehrer St. Gallus aus Irland eine Zelle baute, die später, zu
einer berühmten Abtei erwuchs, von welcher sich die christliche Religion
über ganz Deutschland verbreitete; Rohrschach, der beste Hafen am Boden¬
see; Pf äff ers, altes berühmtes Bad in einer Schlucht.
141
7. Appenzell.
n) Inner-Rhoden. Hauptort Appenzell.
d) Außer-Rhoden. Hauptort Trogen; Herisau mit großen
Mousselin- und Kattnnfabriken.
8. Graubünden. Chur, lief in den Bergen versteckt, treibt bedeu¬
tende» Handel; das 5000' bis 6000' hoch gelegene Thal Engadin mit
den Dörfern Samadcn und St. Moritz (berühmtes Bad), ist dieHcimat
der in allen größere» Städten Europas lebenden Schweizer Zuckerbäcker
und Kaffeesieder.
9. Tessin. Hauptort Lugano au dem von steilen Felsen umschlos¬
senen Luganer-See.
10. Mallis. Sion (Sitten); an einer schroffen Bergwand das
berühmte Bad Lenk.
11. Waadt. Die Ufer des Genfer-Sees mit mildem Klima, viel
Wein- und Obstbau und anmuthigen Flecken und Dörfern. Lausanne
(spr. Lohsann', 20.000 E.); B ev ey (Vivis), die lieblichste Stadt der Schweiz,
von vielen Reisenden aus dem mittleren und nördlichen Europa als Winter¬
aufenthalt gewählt.
12. Genf. Genf (42.000 E.), nebst Basel" die reichste Stadt der
Schweiz, wichtig durch die Industrie in feinen Uhren und Gold¬
arbeiten, einer der wichtigsten Sammelpunkte von Reisenden aus ganz
Europa, liegt an beiden Seiten des aus dem See mit dem klarsten bläu¬
lichen Wasser strömenden Rhoneflusses.
13. Neuenburg (I^onebütol). Neuenburg (11.000 E.), Chaup
de Fonds (spr. Schoh..., 18.000 E.) und Le LScle sind die Haupt¬
orte der Uhrmacher«.
14. Solothurn. Solothurn mit schöner Domkirche.
15. Freiburg oder das Uechtland. Freiburg (11.000 E.), vorherr¬
schend französisch, hat eine berühmte Orgel und zwei merkwürdige Draht¬
brücken.
16. Bern. Bern (30.000 E.), Universität, Bundespalast; Inter¬
laken, zwischen dem Thuner-und Brienzer-See, Sommeraufenthalt reicher
Fremden und der gewöhnliche Ausgangspunkt, von wo ans die großartigen
Naturmcrkwürdigkeiten, wie Berge, Schluchten, Wasserfälle und Gletscher
des Berner Oberlandes besucht werden; das Emmenthal durch seine
Käse berühmt.
17. Luzern. Luzern (12.000 E.) in reizender Lage am Merwald-
stätter-See, die Hauptstation der die Schweiz bereisenden Fremden (beson¬
ders Engländer); westlich das Thal Entlebuch, durch seine Viehzucht
berühmt.
142
18. Zug. Hanptort Zug.
19. Schnn),. Hauptort Schwyz; Ei u siedeln, berühmter Wall¬
fahrtsort.
20. Glarus. Glarus mit bedeutender Baumwollindustrie.
21. Unterwalden.
a) Ob dem Wald. Hauptort Sarnen.
b) Nid dem Wald. Hanptort Stanz.
22. Uri. Hauptort Altdorf.
42. Die vereinigten Königreiche Schweden nnd Norwegen.
13.825 Quadrat-Meilen nnd 5,860.000 Einwohner.
Die skandinavische Bodenerhebung, ein breites Hochland mit engen
tiefeingerissenen Thälern und einzelnen auf der Hochfläche aufgesetzten
Kegelbergen, hat seine größte Ausdehnung und Höhe in den Helds des
südlichen Norwegen mit einer Mittelhöhe von 4000' (Skagastöl
7700', Arnes 8000', Snehaetten 7100'). Daran schließt sich das
Nordländische Gebirge mit einer Mittelhöhe von 2500' (Sulitelma
5800') und an dieses das Lappländische Gebirge. Die ganze Westseite
hat steilen Abfall, die Ostseite eine sanfte Abdachung. Die Natur dieser
Länder zeigt sich vorherrschend in wilder und rauher Gestalt, Seen und
Sümpfe nehmen einen großen Theil der Halbinsel ein, die meisten Flüsse
sind nach Osten gewendet. Auf dem meist felsigen Boden herrschen Birken
und Nadelholz, an der Südküste finden sich schöne Buchenwälder. Schwe¬
den hat ein Continentalklima, Norwegen mehr Seeklima mit viel Regen.
Die Beschäftigung der Bewohner ist nebst Ackerbau hauptsächlich Vieh¬
zucht, Fischfang, letzterer sowohl in dcnvielen tief einschneidenden Buchten
(Fjorden), als in der von beständigen Stürmen umbrausten Insel¬
gruppe der Lofoden, und Bergbau, da das Laud an Eisen und Kupfer
außerordentlich reich ist. In Finnmarken und Lappland leben gegen
20.000 Lappen, größtenthcils von Reunthieren. Schweden wird in
24 Läne (Kreise), Norwegen in 5 StiftSämter eingetheilt.
Stockholm (136.000 E.) am Mälarsee auf zehil Juseln erbaut,
Residenz; Upsala (10.000 E.1, Universität, — nördlich die großen Eisen¬
gruben von Daucmora; Faluu, berühmtes Kupferbergwerk; Norr-
köpiug (spr^ Norrtschöping 23.000 E.) mit Tuchfabriken; Carlskrona
(16.000 E.), Kriegshafeu; Malmö (22.000 E.); Lund, Universität;
143
Gothenburg (45.000 E.) in wilder, phantastischer Gegend mit Fabriken
und Handel. — Christiani« (65.000 E.), Hauptstadt von Norwegen,
Universität, in schöner Gegend gelegen: Kougsverg mit Silberbergbau;
Bergen (30.000 E.), Hauptsitz des Stockfischhandels; Drontheim
(20.000 E.); Hammerfest auf der Insel Kvalöe, die nördlichste Stadt
auf der Erde.
43. Königreich Dänemark.
693 Quadrat-Meilen und 1,600.000 Einwohner.
Dänemark ist eine Fortsetzung der deutschen Tiefebene. Die Inseln
besitzen große Fruchtbarkeit und herrliche Buchenwaldungen. Eintheilung
in 7 Stifter.
Kopenhagen (160.000 E.), Hauptstadt mit starken Festungswerken,
Universität; Odeusee (15.000 E.); Aarhuus (11.000 E.); Aalborg
(11.000 E.). Zu Dänemark gehören auch die Faröer-Inlein, Island mit
dem Hauptorte Reykjavik und die Besitzungen in Grönland.
44. Königreich Großbritannien und Irland.
5762 Ouad.-Meil. und 29,000.000 Einwohner.
Schottland wird durch zwei natürliche Theilungslinicn (thcils
tiefeinschncidcnde Busen, thcils Canäle) in drei Theile gesondert. Der
nördliche, immer in Nebel gehüllte Theil ist thcils Haide, thcils Wald,
— der mittlere Theil oder das schottische Hochland enthält die Gram-
pian-Gebirgc (spr. Grämpiän, Ben Nevis, spr. Nihwiß 4100'),
— im südlichen Theile ist das Cheviot-Gebirge (spr. Tschewiöt). In
England liegen die Gebirge auf der Westseite in drei getrennten Massen:
a) In Nordcngland das Pcninische Gebirge und südlicher daran der
Hohe und der Niedere Peak (spr. Pihk); b) die Gebirge von
Wales (spr. Wehls, Snowdon, spr. Snohdn 3350'); o) dasHerg-
land von Cornwall im Südwestcn. Der Ostthcil Englands ist thcils
eben, theils hügelig, von unzähligen Canälen durchzogen. Südlich von
der Themse zieht von Westen nach Osten eine Hügelkette, die Rorth-
nnd South - Downs (spr. Norß- und Sauß-Dauns). Die Südküste
besteht aus hohen weißen Kreidenfelsen. In Irland, wegen der grünen
Flächen auch Smaragdinsel genannt, liegen einzelne kleine Berggruppen
144
meist in der Nähe des Meeres, wie die Borge von Wicklow im Süd¬
osten, die Berge von Kerry im Südwesten.
Flüsse: Themse, Buse (spr. Ans), Humbrc (spr. Oembr, bei
Hnll), Tyne (spr. Tein, bei Newcastle, spr. Njukaßl), Tweed (spr.
Twied), Tay, Clyde (spr. Kleid'», Mersey bei Liverpool (spr. Liwer-
puhl), Severn mit dem Avon; in Irland Shannon (spr. Schännön),
Darrow, Erne. Seen finden sich viele in Irland und Schottland.
Das Klima wird von dem umgebenden Meere bestimmt, daher
wenig Frosttage im Winter und wenig heiße Tage im Sommer. Nebel
und Regen sind sehr häufig, daher die üppigen grünen Wiesen. Den
größten Reichthum hat England an Steinkohlen und Eisen, in Folge
dessen das großartigste Fabrikswesen auf der Erde und die vielen und
großen Städte. Die Küste hat viele Meerbusen und bequeme Häfen, die
Flüsse sind weit in das Land schiffbar, Canäle und Eisenbahnen erleich¬
tern den Verkehr nach allen Seiten. Viehzucht und Ackerbau sind aus¬
gezeichnet. Großbritannien ist die erste Seemacht und Handelsnation.
Englund wird in 40, das Fürstenthum Wales in 12 Shires
(spr. Schirs, Grafschaften) eingetheilt.
London (3,000.000 E.), der Mittelpunkt des Welthandels, wo
jährlich über 30.c>00 Schiffe ans- und einlaufen, die g ißte Stadt der
Erde, drei Meilen lang und zwei Meilen breit. Die bedeutendsten Gebäude
sind: der königliche Palast von St. James (spr. Dschehms), die neuen
Parlaments-Gebäude, die Bank, in deren Kellern die größte Menge edler
Metalle liegt, die Westmiuster-Abtei und die St. Pauls-Kathedrale; Can¬
terbury (spr. Käntörberri), Sitz des Erzbischofs-Priwqs von England;
Dover, Ueberfahrt nach Frankreich; Portsmouthistspr. PortsmöFstnnd
Plymouth (spr. Plymöß), Haupt-Kriegshäfen und See-Arsenale; Sout¬
hampton (spr. Saußemptn), Hauptstation für die Dampfschiffs; Bristol
(164.000 E.), große Handelsstadt; Oxford, berühmte Universität; Cam¬
bridge (spr. Kämbridsch), Universität; Birmingham (spr. Börminghäm,
330.000 E.), berühmte Fabriken in Stahl- und Messingwaaren; Sheffield
(spr. Schesild, 1ÄP.OOO E.) die berühmtesten Messerfabriken; Manchester
(spr. Mäntschester, 364.000 E.) die großartigsten Fabriken in Baumwoll-
waaren; Leeds (spr. Lihdds, 22S.OOO E.l, die größten Tuchfabriken;
Liverpool (ißo.ooo E.) und Hnll (100.000 E.), große Handelsstädte;
Dark (40.000 E.), dem Range nach die zweite Stadt im Königreich,
mit prachtvollem gothischen Dom; Newcastle (110.000 E.) mit den
145
reichsten Steinkohlengruben; Merthyr-Tydvil in Wales hat eine unge¬
heure Eisenproduktion.
Schottland zerfällt in 33 Shires.
Edinburg (170.000 E.), Haupstadt in ausgezeichnet schöner Lage,
Universität; Glasgow (spr. Gläsgoh 400.000 E.), große Fabrikstadt;
Perth (spr. Perß), früher Residenz der schottischen Könige, mit dem Grabe
des Barden Ossian; Dundee (spr. Döndi) mit.dem größten Leinwand¬
handel Großbritanniens; Aberdeen (spr. Aebördihn), Universität. Die
Hebriden sind mit Haidekraut und Sumpf bedeckte Berge, wo Nebel und
Regen herrschen und deren Bewohner Schafzucht und Fischfang treiben,
ähnlich auf den Drkney- und Shetlands-Inseln.
Irland enthält 32 Counties (spr. Kauntis, Grafschaften.)
Dublin (320.000 E.), Hauptstadt; Belfast (120.000 E.), Haupt-
Handelshafen Irlands; Galway, wichtiger Hafen; Cork (90.000 E.)
liefert aus seinen Schlachthäusern das meiste Fleisch für die Schiffe.
Unter den kleinen Inseln verdienen erwähnt zu werden: Insel Man,
Wight (spr. Ueit), die normanischen Inseln Guernlcp (spr. Gernsi) und Jerscp
(spr. Dschersi), Helgoland vor der Elbe- und Wesermündung.
45. Königreich Niederlande.
596'/2 Quadrat-Meilen und 3,530.000 Einwohner.
Das flachste und tiefgelcgenste Land in Europa, theilweise, na¬
mentlich in den Provinzen Nord- und Süd-Holland tiefer als der Meeres¬
spiegel und daher durch Dämme (Deiche) gegen den Einbruch des
Meeres geschützt. Nur in der Provinz Gelderland gibt es einige Hügel
in der großen Sandhaide. Das Land ist nach allen Richtungen von Canälen
durchschnitten, auf welchen täglich von den bedeutenderen Städten Zieh¬
kähne abgchen, die von Pferden im Trabe gezogen werden. Die zahllosen
Abzugsgräben heißen Sloten; im Winter gibt das Zufrieren der Canäle
und der überschwemmten Wiesen Gelegenheit zum Schlittschuhlaufen. Die
Städte sind meist regelmäßig gebaut und von Canälen (Grachten) durch¬
schnitten. Die Landstraßen sind mit harten auf die schmale Seite gesetz¬
ten Ziegeln (Klinker) gepflastert. Das Klima ist dem englischen ver¬
wandt und die Nebel sehr häufig. Holz findet man fast gar nicht und
bezieht es daher auf dem Rhein ans dem Schwarzwalde. Das gewöhn¬
liche Brennmittel ist der Torf. Jeder Fleck Landes wird sorgfältig be¬
nützt, die Blumenzucht mit besonderem Eifer betrieben, der Viehzucht
Koze nn, Geographie. 10
146
große Aufmerksamkeit gewidmet und ein vorzüglicher Käse bereitet.
Schiffbau, Bleiweiß- und Tabakfabrikcn, Leinwand- und Papiererzeugung
beschäftigen die Industrie, den Haupterwerb gibt der Handel und die
Fischerei, besonders der Häringsfang. Eigenthümlich ist die große Rein-
lichkcitsliebe der Holländer und die Menge der Windmühlen, sowie die
vielen Festungen und Vertheidigungslinicn des Landes. Eintheilung in
11 Provinzen.
Haag (86.000 E.), Residenzstadt, 1 Stunde von der Nordsee ent¬
fernt, in der heitersten Gegend Hollands; Rotterdam (115.000 E.),
Kriegshafen, mit Getreide-, Wein-, Tabak- und Flachshandel; Amster¬
dam (264.000 'E.), auf Pfählen erbaut, ungeheuere Schiffswerfte, gro߬
artiger Handel mit Kaffee, Zucker uud Staatspapieren s weltbekannt durch
die Diamantschleifereien; Alkmaar, größte Käseniederlage; Helder am
Ende des großen Nordholländischen Canals, welcher Amsterdam mit der
Nordsee verbindet; Harlem, Hauptsitz des Leinen- und Blumenhandels;
Dortrecht, Hauptmarkt für das Flößholz; Blissingen auf der Insel
Walcheren ist der erste Kriegshafen; Leyden (40.000 E.), Utrecht (spr.
Uetrecht, 58.000E.) und Gröning en (38.000 E.) mit Universitäten; s'Her-
togenbosch, Nijimwegen, Zütphen, Maastricht, starke Festungen.
DaS Groscherzogthum Luxemburg mit 46^ Quadrat-Meilen
und 200.000 Einwohnern, ebenfalls im Besitz des Königs der Nieder¬
lande, wird ganz von den waldigen Ardennen erfüllt, die mit Buchen
und Eichen bedeckt, reich an Eisen, Zink und Kohlen sind, jedoch einen
felsigen und mageren Boden haben.
Luxemburg (14.000 E.) mit Eisen- und Lederindustrie.
46. Königreich Lrlgien.
536 Quadrat-Meilen und 4,900.000 Einwohner.
Belgien liegt im Schelde- und Maasgebiet, wird in Südosten von
den an Eisen, Zink und Kohlen reichen Ardennen bedeckt, ist in Nord¬
osten meist Sandhaide oder Torfmoor, in Nordwesten wie ein Garten.
Kein Land auf der Erde ist so dicht bevölkert. Die Einwohner sind im
nördlichen Theile Niederländer mit vlämischer, im südlichen Wallonen
mit französischer Sprache. Der Ackerbau wird mit der größten Umsicht
betrieben, die Biehzucht gibt den bekannten Limburger Käse. Die
Industrie ist ausgezeichnet und liefert die feinsten Leincnwaaren und
147
Spitzen, die besten Gewehre und das gesuchteste Glas. Eintheilnng in
9 Provinzen.
Brüssel (Klein-Paris genannt, 190.000 E.), Hauptstadt mit pracht¬
vollem gothischem Rathhans, Universität; Gent (Oanck, 124.000 E.), durch
Canäle in 26 Inseln getheilt und durch 300 Brücken verbunden, mit vielen
Fabriken, starker Blumenzucht, Universität; Brügge (52.000 E.) mit sehr
bedeutendem Leinwandhandel; Ostende (18.000 E.), starke Festung und
berühmtes Seebad; Antwerpen (invers, 124.000 E.), Handelsstadt und
Belgiens Hauptfestung, mit berühmter Maler-Akademie, Diamantschleifcreien
und einer der schönsten Kathedralkirchen in Europa; Lüttich (l-iöZs,
102.000 E.), eine der wichtigsten Fabrikstädte Europas, erzeugt Lein-,
Baumwoll-, Schafwoll- und Glaswaaren, Gewehre und Maschinen und
besitzt eine der größten Kauonengießercien, Universität, — südwestlich die
große Maschilienbauanstalt Seraing; Mecheln (dlLIines, 36.000 E.),
Sitz des Erzbischofs; Löwen (Uonvain, 34.000 E.), Universität, berühmte
Bierbrauereien; Namur (27.000 E.), starke Festung; Mons oder Berg en
(30.000 E.) mit großartigen Kohlenbergwerken; Berviers, Hauptsitz der
belgischen Wollindustrie.
47. klliscrthiw Frankreich.
9850 Quadrat-Meilen und 38,000.000 Einwohner.
Frankreich wird in Südwesten von den Pyrenäen begrenzt. In
Südosten breiten sich über ein ausgedehntes Gebiet die Wcstalpcn aus,
welche von Süden nach Norden als Mceralpcn, rottische Alpen (Monte
Viso 11.827"), grafische oder graue Alpen (Mont Cenis 11.0580,
savoyesche Alpen und die Mont Blanc-Gruppe (14.807") unterschie¬
den werden. Pässe über die Alpen sind: Col di Tcnda, Grnrvre und
der Paß am Mont Cenis. Zum französischen Mittetgcbirge gehören
die Scvennen, welche in nordöstlicher Richtung vom Canal dü Midi
gegen Lyon ziehen und dann durch die Gebirge von Lyonnais, Charo-
tais, Cöte d'Dr und das Plateau von Langres fortgesetzt werden, —
die Vogesen am linken Nheinufer, — das Fore?-Gebirge zwischen Loire
und Allier, — das rauhe vulkanische Gebiet der Auvergne (spr.Owernj,
Mont Dore 5806", Puy de Dome 4500"), westlich davon die
Berge der Marche (spr. Marsch) und die Berge von Limousin, —
die Berge der Bretagne (spr. Bretajn).
10*
148
Flüsse: Rhein, Mosel, Maas, Somme, Seine (spr. Sehn)
mit den Nebenflüssen Oise (spr.Oas) mitderAisne, Marne, Aube,
Nonne, Eure, Loire (spr. Loar) mit Allier, Cher, Vienne,
Sarthe, Charente (spr. Scharant), Garonne, an der Mündung
Gironde genannt mit Dordogne (spr. Dordojn), Lot, Tarn,
Arrisge (spr. Arrissch), Adour mit Gäve, Rhöne mit Saöne
(spr. Sohn) und deren Zufluß Doubs, Jssre, Durance (spr. Dllrauß).
Dem größeren Theile nach ist Frankreich ein zusammenhängendes
Flach- und Tiefland von wellenförmiger Oberfläche mit vielen schiffbaren
Flüssen und vielfach verzweigter Canalverbindung. DasKlima ist gleich¬
förmig gemüßigt, nur die wenigen Gebirgslandschaften find etwas rauher,
die Südseite der Sevenuen und Alpen aber ein reines Südland mit
immergrünen Laubhölzern, Orangen und Oliven. Das Land erzeugt
das beste Obst in Europa und hat den größten Weinreichthuiu auf der
Erde (Bordeaux-, Burgunder-, Champagnerweine). Einen großen Ruf
im Auslande haben die Seidemvaaren von Lyon und die mannigfaltig¬
sten Modeartikel von Paris. Die Industrie in Baumwoll- und Woll-
waaren und in der Rübenzuckerfabrikation wird in den nordöstlichen
Landschaften von der Normandie bis zum Oberrhein ungemein schwung¬
haft betrieben.
DieBewohner sind in der großenMehrzahlFranzosen, 1,300.000
Deutsche im Elsaß und nordöstlichen Lothringen, 1 Million bretonische
Gelten in der Bretagne, an 150.000 Basken nm Bayonne, 250.000
Italiener in Corstca und 160.000 Juden im Lande vertheilt. Das
ganze Reich ist in 89 Departements eingetheilt, im Auslande sind jedoch
die alten historischen Namen der einzelnen Landschaften, wie Norman¬
die, Champagne, Burgund, Elsaß, Provence (spr. Prowanß)
u. s. w. mehr bekannt und gebräuchlich.
Paris (1,800.000 E.), Hauptstadt, über drei Meilen im Umfange,
mit starken Befestigungen umgeben. Die merkwürdigsten öffentlichen Gebäude
sind die gothische Kirche Notre-Dame, die Paläste Louvre, Tuilerieu
und Palais royal, unter den öffentlichen Orten die Boulevards, näm¬
lich große und prachtvolle mit Bäumen besetzte Straßen, und die eliseisch en
Felder; St. Denis, Begräbnißort der französischen Könige; Versailles,
St. Cloud, Compiägne und Fontainebleau, kaiserliche Schlösser mit
149
großen Parks; Ssvres westlich bei Paris, die berühmteste Porcellan-
fabrik und Glashütte; Rheims (56.000 E.), ehemalige Krönungsstadt mit
großen Weinlagern und einem merkwürdigen gothischen Dom; Orleans
(52.000 E.), ehemals Residenz; Bourges mit einer der größten und
schönsten gothischen Kirchen; Vichy, berühmtes Bad am Allier; Tours
(40.000 E.) in herrlicher Gegend voll Weingärten und Obstpflanzungen;
Angers (54.000 E.) mit großen Spinnereien; Rouen (100.000 E.)
eine der blühendsten Städte Frankreichs, Mittelpunkt einer sehr ausgedehn
ten Wall- und Baumwollwaaren-Jndustrie, mit einer prachtvollen gothischen
Kirche; Le HLvre (75.000 E.), der wichtigste Handelshafen Frankreichs;
Cherbourg (42.000 C.), Frankreichs stärkster Kriegshafen; Amiens
(60.000 E.) mit vielen Seidenfabriken; Boulogne mit sehr besuchten
Seebädern; Calais (spr. Kaleh), sehr fester Hafen und Ueberfahrt nach
England; Lille (150.000 E.), eine der stärksten Festungen Europas, aus¬
gezeichnet durch Baumwoll- und Leinwandindustrie; Metz (57.000 E.),
starke Festung; Nancy (50.000 E.), ehemalige Hauptstadt von Lothringen;
Straßburg (84.000 E.), großer Waffenplatz und eine der ersten Industrie-,
Handels- und Gelehrtenstädte Frankreichs mit dem berühmten gothischen
Münster; Colmar und Mühlhausen mit sehr lebhafter Baumwoll-
Industrie.
Besang on (45.000 E.), starke Festung, Mittelpunkt sehr bedeutender
Uhrenfabrikation; Dijon (36.000 E.), die alte Hauptstadt von Burgund,
von jeher durch Wissenschaft und Künste ausgezeichnet; Lyon (325.000E),
die zweite Stadt des Reiches, der wichtigste Ort für Seidcnwaarcn, berühmt
durch Gold- und Silberarbeiten; St. Etienne (86.000 E.) mit großen
Fabriken für Waffen und Seidenbänder; Grenoble (36.000 E.), Festung
in einem großartigen Alpenthale; Chambsry, Hauptstadt von Savoyen,
von reichen Weingärten umgeben; Marseille (300.000 E.) 600 Jahre
vor Christi von den Griechen angelegt, eine der wichtigsten Handelsstädte
Europas, von Gärten, Weinbergen, Fabriken und Landhäusern umgeben;
Aix (spr. Aehß) von Olivenpflanzungen umgeben, ehemals die Hauptstadt
der Provence; Toulon (80.000 E.), großer Kriegshafen; Nizza (50.000
Einwohner), wegen des gesunden Klimas von Fremden aus den nörd¬
lichen Ländern sehr besucht, — nordöstlich Monaco, Sitz eines selbststän¬
digen Fürsten; Avignon (40.000 E.), im Mittelalter Sitz der Päpste;
Toulouse,(120.000 E.) am Canal dü Midi, mit einer großartigen Ka-
noncngiesierei; Montpellier (52.000 E.) mit einer ehemals berühmten
Universität; Nimes (60.000 E.) mit Seiden- und Baumwollfabriken;
Beaucaire hält im Juli eine berühmte Messe; Bagneres de Bigorre,
berühmtes Bad.in den Pyrenäen; Bayonne, Festung, — an der Küste
150
das Seebad Biarritz; Bordeaux (spr. Bordoh, 190.000 E.) an der
Gironde, welche einen vorzüglichen Hafen abgibt, Mittelpunkt des Wein-
und Branntweinhandels für das südliche Frankreich, — in der nordwestlich
liegenden Landschaft Medoc wachsen die besten Weinsorten, — südwestlich
liegt die ausgedehnte Landes genannte Haide, mit Kieferwald und Süm¬
pfen, wo die Hirten auf hohen Stelzen hinter ihren Heerden einherschreiten;
Clermond-Ferraud (40.000 E.) in der Auvergne, ganz aus Lava auf¬
gebaut; Angoulsme, — westlich Cognac, Niederlage der ausgezeichneten
Franzbranntweine; Nantes (112.000 E.), einer der ersten Handelsplätze
Europa's; westlich der wichtige Hafenort St. Nazaire; Brest (80.000 E.),
großer Kriegshafen. Auf der Insel Corsica die Städte Bastia und Ajaccio.
48. pyrenäische Halbinsel.
a) Königreich Spanien.
9200 Quadrat-Meilen mit 16,500.000 Einwohnern.
Die Pyrenäische Halbinsel ist ein Hochland, welches von Norden
nach Süden in den zwei Stufen, Alt-Castilien 250G und Neu-
Castilien 200G zur Tiefebene von Andalusien abfällt und durch
die Pyrenäen (Mont Perdu 10.500h Maladetta 10.478^ vom
übrigen Europa scharf geschieden ist. Den Nordrand des Hochlandes
bildet das ranlnbrischc Gebirge, welches sich an die Pyrenäen auschließt.
Den Südrand von Alt-Castilien bildet das rastilische Scheidegcbirge,
dessen Thcile die Sierra Guadarrama, Sierra de Gredos und als
Fortsetzung in Portugal die Sierra Eslrella sind. Der Südrand von
Neu-Castilien besteht ans der Sierra Morena. Den Süden von Spa¬
nien nimmt die Bergterrasse der" Sierra Nevada (Mulhacen 11.000h
ein. Im Osten geht Neu-Castilien in das breite iberische Gcbirgssystem
über, meist mit schluchtenartigen Thälern. Die Küstenbildung ist ein¬
förmig ohne tiefer einschneidende Meerbusen, mit wenig schiffbaren
Flüssen, daher der Verkehr mit dem inneren Lande sehr erschwert. Der
Boden ist dürr und nackt, Wälder selten. Nur die südliche Tiefebene
prangt in immergrünen Wäldern und kennt keinen Winter, die wasser¬
armen Hochebenen jedoch leiden gleichmäßig durch strenge Winter und
heiße Sommer. Die fruchtbarsten Striche sind am Jncar und Guada-
laviar oder der Garten von Valencia, am Segura oder der Garten von
1
151
Murcia, in Portugal das Gebiet zwischen Minho und Tejo. Huerta
bedeutet in Spanien ein Gartenland, Vega fruchtbare Hügel.
Flüsse: Ebro mit Aragon, Jalon, Gallego, Segre,
— Guadaiaviar, — Iurnr, — Segura, — Guadalquivir mit dem
Jenil; Guadiana, — Tajo, —Duero mit Pisuerga und Tor¬
in es, — Minho, — Didassoa an der französischen Grenze.
Spanien besitzt zu Almaden die reichsten Quecksilbergruben in
Europa, ist reich au Steinsalz, liefert das meiste Korkholz und den
meisten Safran und erzeugt an den Südküsten vortreffliche Weine. In
den dürren Hochebenen wächst ein eigenthümliches Gras, Esparto ge¬
nannt, aus welchem Schuhe, Decken und manche andere Dinge geflochten
und die stärksten Schiffstaue gedreht werden. Auf den Canarischcn
Inseln wird die meiste Cochenille (Karmin) gewonnen. Bcmerkcnswerth
sind die vielen wandernden Hcerden feinwolliger Merinoschafe, die im
Sommer gegen Norden ziehen, den Winter im Süden zubringen. Als
Zug- und Lastthier wird besonders das Maulthier benutzt. Die Spanier
lieben leidenschaftlich die Stierkämpfe und den Tanz. Unter den einzelnen
spanischen Landschaften sind die wichtigeren Alt- und Neu-Castilien,
Andalusien, Aragonien und Catalonien. Eiutheilung in 49 Provinzen.
Madrid (300.000 E.), Hauptstadt am Manzanares mitten zwischen
weiten sandigen Flächen; El Escorial am Abhange des Gnadarrama-
Gebirges, berühmtes Kloster und Herbstresidenz; Aranjuez (spr.Aranchnes),
Sommerresidenz; Toledo (18.000 E.), Sitz des Primas mit großartiger
gothischer Kathedralkirche und berühmter Klingenfabrik; Ciudad real mit
großen Esel- und Maulthiermärkten; Almaden, berühmtes Ouecksilber-
bergwerk; Segovia, ehemals Sitz der maurischen Könige, — südlich das
hochgelegene königliche Schloß La Granja; Burgos (25.000 E.) mit
einem großartigen gothischen Dom, — in der Nähe der Flecken Vivar,
Geburtsort des spanischen Helden Cid; Santander (30.000 E.), vortreff¬
lich gelegener Handelshafen, Hauptausfnhrort für die Wolle; Valladolid
(42.000 E.), ehemals Hauptstadt von Castilien; Salamanca (16.000E.),
die erste spanische Universität; Leon besitzt die schönste Kathedralkirche in
Spanien; Oviedo (14.000 E.), westlich davon eines der größten Stein¬
kohlenlager; Santiago (27.000 E.), berühmter Wallfahrtsort; La Lo-
runa (27.000E.) und ElFerol (18.000 E.), befestigte Seehäfen; Badajoz
(24.000 E.), Grenzfestung.
152
Ca dix (65.000 E.), die älteste Handelsstadt Europas, um 1200 vor
Christi von den Phöniziern gegründet, zugleich sehr fester Kriegshafen, mit
sehr bedeutender Seesalzgewinnung; Jerez (spr. Cheres, 40.000 E.) treibt
ausgedehnten Handel mit Wein (von den Engländern Scherry genannt);
Sevilla (115.000 E.) besitzt eine mächtige Kathedrale, den größten Stier¬
kampfplatz und die größte Tabak- und Cigarrenfabrik; Cordoba (40.000
Einwohner) mit herrlicher Kathedralkirche; Granada (65.000 E.) in herr¬
licher Gegend mit reicher Bewässerung, — auf felsiger Anhöhe das berühmte
maurische Königsschloß Alhambra; Malaga (96.000 E.) von Weingärten
umgeben, wichtiger Handelshafen, handelt vorzüglich mit Wein, Rosinen,
Südfrüchten, Baumwolle und Tabak; Murcia (30.000 E.) mit Seiden¬
fabriken; Elche, von einem Palmenwald umgeben; Valencia (110.000 E.)
die ganze Umgebung ein Garten mit arabischer Bewässerungsweise, gibt
jährlich drei Ernten und die besten Südfrüchte; Alicante (21.000 E.)
treibt bedeutenden Handel mit Wein und Weintrauben; Barcelona
(180.000 E.), der wichtigste Handelshafen Spaniens mit großen und vielen
Fabriken, — nordwestlich auf dem Berge Montserrat ein berühmtes Beue-
diktinerklofter; Tarragona (18.000 E.), Torto sa (18.000 E.) und Figue-
ras, Festungen; Zaragoza (spr. Saragoßa, 60.000 E.) in wein- und
ölreicher Gegend; Pamplona (24.000 E.), Festung; Bilbao 20.000 E.),
Hauptort von Biscaha, — in der Nähe sehr lebhafte Eisenindustrie.
Auf den balkarischen Inseln: Palma (45.000 E.) und Mahon
(15.000 E.) mit Fischerei und Handel.
Die Canarischen Inseln haben eines der angenehmsten Klimas auf
der Erde. Auf der Halbinsel Tenerife ist der 11.434t hohe Vulkan Pico
de Teyde.
Auf der afrikanischen Küste besitzt Spanien eine Anzahl Presidios,
d. i. Gefängnisse, wie Ceuta, Melilla u. s. w.
Gibraltar (25.000 E.) auf einer hohen Landzunge, ist eine der
stärksten Festungen und im Besitze der Engländer.
Republik Andorn mit 7 Quadrat-Meilen und 8000 Einwohnern
ist ein unabhängiges Thal in den Pyrenäen unter Frankreichs und
Spaniens Schutz.
l>) Königreich Portugal.
1786 Quadrat-Meilen und 4,000.000 Einwohner.
Die wichtigsten Erzeugnisse Portugals sind: Seesalz, Wein,
Südfrüchte und berühmte Schinken. Eintheilung in 6 Provinzen und
die Inseln.
153
Lissabon (270.000 E. , Hauptstadt in prachtvoller Lage amphi-
theatralisch am rechten Ufer des zwei Stunden breiten Tejo, — nordwestlich
Cintra, Sommersitz reicher Lissaboner, — nördlich Mafra mit einem
königlichen Palast, dem prachtvollsten Bauwerke Portugals mit weiter
Aussicht über den Ocean; Setubal (16.000 E.) treibt sehr bedeutenden
Handel mit Wein und Seesalz; Elvas, Grenzfestung; Coimbra
(15.000 E.) in malerischer Lage, mit einer Universität; Oporto (80.000 E.),
ehemals Uortus Oats, daher der Name Portugal, großartiger Weinhaudel
(Portwein); Braga (16.000 E.), ehemals Residenz; Bragan?a, Stamm¬
ort des regierenden Hauses;
Die Insel Madeira wird wegen ihres milden Klimas von vielen
Fremden als Winteraufenthalt aufgesucht, — Hauptort Funchal (20.000 E.).
Die Azoren treiben vorzüglich Orangenzucht, Hauptinsel Terceira.
49. Königreich Aalien.
5166 Quadrat-Meilen und 25,000.000 E.
Italien ist im Norden in einem weiten Bogen von den Alpen
begrenzt. Die Apenninen hängen mit den Westalpen zusammen, um¬
spannen zuerst den Busen von Genua, durchstreichen dann die Halbinsel
bis zum Golf von Tarent und haben in den Abrufen (Gran Sasso
89S(U) ihre größte Breite und Höhe; nördlich fallen sie von einer
Mittelhöhe von 300G stufenförmig zur lombardischen Tiefebene herab.
An die Apenninen schließt sich im Süden das catabrische Gebirge
und endet mit der Südspitze Italiens. Im mittleren Apennin liegt das
Sabiner und Volsker Gebirge. Als getrennte Gebirgsmassen treten
auf: im Osten Monte Gargana, der vulcauische Bezirk von Neapel
mit dem Vesuv 3700h die Hochfläche von Sicilien mit dem Vulcan
Aetna 10.171h die Liparischen Inseln mit dem Vulcan Stromboli
3000h die Inseln Ischia, Capri und Elba.
Flüsse: Arno, Dmbrone, Liber, Volturno, Bsanto, Pescara,
Pa mit den Nebenflüssen Dora baltca, Scsia, Tanaro, Tessin,
Trebbia, Adda, Oglio mit Chiese, Mincio, Secchia, Panaro,
Etsch, Barchiglione, Brenta, Piave, Tagtiamenta.
Italien hat ein mildes Klima und einen reinen blauen Himmel,
zugleich aber auch in vielen Gegenden eine ungesunde Luft, die malnris,
154
welche bösartige Fieber erzeugt. Solche ungesunde Landstriche sind die
versumpften Küstenniederungen, wie die Maremmen südlich von Li¬
vorno, die Pontinischen Sümpfe südöstlich von Rom, die römische
Campagna, d. i. die Gegend um Rom. Unteritalien wird häufig von
vulcanischen Ausbrüchen und Erdbeben heimgesucht. In den Apenninen
reichen die immergrünen Laubhölzer bis 1200 Fuß Höhe, die Süd¬
früchte, wie Orangen und Citronen, gedeihen am besten auf Sicilien,
finden sich aber auch schon am Gardasee. Das bedeutendste Erträgniß
liefert die Seidenzucht, sehr einträglich ist ferner die Parmesankäse¬
bereitung in dem Landstrich zwischen Lodi und Cremona. Italien erzeugt
die feinsten Strohhüte, hat den reinsten Marmor und den meisten
Schwefel auf der Erde. Die Insel Elba ist berühmt durch die uner¬
schöpflichen Eisenerzlager. Hervorragend ist das Land durch die Werke
der schönen Künste, Musik, Malerei, Bildhauerei und Baukunst und
daher das vielersehnte Reiseziel für Künstler und Kunstfreunde. Ueber-
aus günstig ist die geographische Lage in dem weiten Mittelmeerbecken
für den Verkehr mit Südenropa, Nordafrika und Westasieu. Das Kö¬
nigreich ist in Provinzen eingetheilt, welche in ihrer Ausdehnung den
französischen Departements ähnlich sind. Bekannter sind im Auslände
die Namen der einzelnen Landschaften, wie sie sich geschichtlich entwickelt
haben und in der nachfolgenden Aufzählung angegeben werden.
1. Piemont. Turin (180.000 E.), in sehr schöner Lage, regelmäßig
gebaut, mit vielen Seidenfabriken, nordöstlich auf einer Anhöhe die präch¬
tige Kirche In SnxsiAn; Asti (20.000 E.) in weinreicher Gegend; Genua
(130.000 E.), In Lnpsrbn genannt, die Marmorstadt, amphitheatralisch am
Meere, mit prachtvollen Palästen, Seiden-und Sammtfabriken; Spezzia,
ausgezeichneter Kriegshafen; Alessandria (30.000 E.), starke Festung;
Novara (15.000 E.) mit vielen Palästen, nördlich der Lago Maggiore
mit den berühmten Borromeischen Inseln.
2. Die Lombardei. Mailand (200.000 E.), eine der schönsten Städte
Italiens, mit einem großartigen gothischen Dom, dem größten Buchhandel
Italiens, Seidenfabriken und dem wichtigsten Seidenmarkt Europas; Pavia
(30.000 E.), Universität, in der Nähe die Certosa (Karthause), das
geschmackvollste Gebäude Italiens; Lodi (18.000 E.), rings von den
üppigsten Wiesen umgeben, erzeugt die größten Mengen von Parmesan¬
käse; Cremona (32.000 E.), berühmt durch die hier erzeugten Violinen
155
und Saiten; Brescia (42.000 E.) und Bergamo (25.000 E.) mit
Seidenfabriken; Peschiera, Festung am Gardasee; Como (12.000 E.),
an dein romantischen, mit prachtvollen Landhästsern eingefaßten Comersee.
Z. Venetien. Venedig (130.000 E.), ehemals la Dominanto genannt
in den Lagunen auf Pfählen erbaut und vom Meere durch eine lange
Reihe bepflanzter Inseln (Lidi) getrennt, berühmt durch die vielen pracht¬
volle» Kirchen und Paläste, bekannt durch die Industrie in Goldwaaren
und Glasperlen; Padua (54.000 E.), eine der ältesten Städte und berühmte
Universität, mit der ausgezeichneten S. Antoniuskirche, westlich in den
Euganeen die berühmten Schwefelbäder von Abano; Treviso
(20.000 E.) in fruchtbarer Ebene; Udine (26.000 E.) in der Landschaft
Friaul, zeigt in allen seinen Gebäuden eine Nachahmung Venedigs;
Vicenza (25.000 E.) mit Seidenfabriken; Verona (60.000 E.), starke
Festung, mit Seidenfabriken und einem großartigen alten Amphitheater;
Mantua (30.000 E.), eine der stärksten Festungen; Legnago, Festung
an der Etsch, dabei die ungesunden valli Vsrouosl mit ausgedehnten Reis¬
pflanzungen. Die vier Festungen Peschiera, Verona, Mantua und Legnago
bilden das sogenannte Festungsviereck.
4. Die Emilia. Piacenza (40,000 E.), Festung, östlich dabei die
ronca lisch en Felder, wo die nach Italien ziehenden deutschen Kaiser
große Versammlungen hielte»; Parma (48.000 E.) mit einer bedeutenden
Gemälde-Gallerie; Modena (34.000 E.) in freundlicher Lage; Carrara,
berühmt durch seine Marmorbrüche; Ravenna (20.000 E.), ehemals
Seestadt, jetzt über 1 Meile vom Meere entfernt; Bologna (90.000 E.),
genannt la Zrassa, d. i. die fette, mit einer berühmten Universität und
zwei schiefen Thürmen, — in der Umgebung wächst der beste Hanf; Fer¬
rara mit Seidenfabriken.
5. Toscana. Florenz (115.000 E.), Dirsurs la della, Haupt- und
Residenzstadt, in einem weiten höchst anmnthigen Thale, von Weinhügeln,
Olivenpflanzuugen und Landhäusern umgeben, reich an Palästen und schö¬
nen Kirchen, mit Seidenfabriken und Strohflechtereien; Pistoja liefert
Fliutenläufe und Pistolen, die von diesem Orte ihren Namen haben;
Livorno (84.000 E.), einer der ersten Handelsplätze Europas, mit gro¬
ßen Oelmagazinen; Pisa (34.000 E.) mit einer Universität, einem schiefen
Thurme und berühmten warmen Bädern; Lucca (24.000 E.) mit war¬
men Bädern; Siena (24.000 E.) mit einem der schönsten gothischen
Dome; Arezzo mit großartiger Kathedralkirche.
6- Die Marken. Ancona (32.000 E.), Hafen und Festung; Loreto,
berühmter Wallfahrtsort; Sinigaglia mit sehr besuchten Messen.
156
7. Umbrien. Perugia (Perudscha, 15.000 E.) in schöner Lage auf
steilem Berge; Terni mit einem herrlichen Wasserfall.
8. Neapel. Neapel (430.000 E.) in der prachtvollsten Gegend am
" Golf von Neapel amphitheatralisch sich ansbreitend, bekannt durch die Laz-
zaroni, eine ohne bestimmte Beschäftigung und ohne Obdach auf den
Straßen lebende Volksklasse, — im Westen die phlegrüischen Felder,
eine vulkanische Gegend mit schwefeligen Ausdünstungen, — im Südosten
der Vesuv, rings mit Weingärten zwischen den Lavafeldern umkränzt, an
seinem Fuße die verschütteten Städte des Alterthnms Herculanum und
Pompeji; Salerno, ehemals berühmte medicinische Schule; Foggia
(32.000 E.), bedeutender Handelsplatz; Barletta (27.000 E.) mit reichen
Salinen; Bari (32.000 E.), Hafen und Festung; Brindisi mit gutem
Hafen; Taranto in fruchtbarer Gegend auf hoher Felsrnsel; Reggio
zwischen Orangengärten und Olivenhainen.
9. Sicilien. Palermo (170.000 E.) in schöner Lage mit sehr aus-
-gedehntem Handel mit Olivenöl, Orangen und Citronen; Messina
(64.000 E.) mit großem und schönem Hafen und sehr bedeutendem Handel
mit Südfrüchten; Catania (65.000 E.) am Fuß des Aetna, die schönste
Stadt Sicilicns; Siracusa, 800 Jahre v. Chr. gegründet, in herrlichem
Klima, in welchem das Zuckerrohr gedeiht; Girgenti (spr. Dschirdschenti),
das alte Agrigent, Hauptort für den Schwefelhandel; Marsala mit sehr
bedeutendem Weinbau und Weinhandel.
1Ü. Insel Sardinien. Cagliari (30.000 E.), eine carthagische Stadt
mit schönem Hafen; Sassari (24.000 E.) zwischen Olivenwäldern.
Republik San Marino. 1 Quadrat-Meile und 7000 E., südwestlich
von Rimini.
Der Kirchenstaat mit 214 Quadrat-Meilen und 700.000 E. Rom
(200.000 E.), eine der sehenswerthesten Städte auf der Erde. Zu den
besonderen Merkwürdigkeiten gehört die St. Peterskirche, die größte auf
der Erde, 663 Pariser Fuß lang und bis zur Spitze des Kreuzes 487 Fuß
hoch, daran schließt sich der Vatican, der größte Palast mit mehr als
2000 Gemächern, — die Engelsburg (Cittadelle und Staatsgefängniß) —
das Colosseum, ein ovales Amphitheater aus dem Alterthume, — 3 große
aus der alte» Römerzeit herrührende Wasserleitungen führen der Stadt
Quellwasser zu und machen sie zur wasserreichsten Hauptstadt Europas;
Tivoli mit merkwürdigen alten Ruinen; Frascati und Albano am
Albaner Gebirge mit Landhäusern der vornehmen Römer: Castel Gan
dolfo, päpstliches Residenzschloß für die Herbstzeit am Albaner See;
Civita vecchia, Festung in ungesunder Gegend.
Die Insel Malta mit Gozzo 5 Quadrat-Meilen und 150.000 E. ist
im Besitze der Engländer.
157
30. Europäische Türkei.
6175 Quadrat-Meilen und 10,600.000 E.
Die türkisch-griechische Halbinsel ist ganz von Gebirgen erfüllt,
nur an den Flüssen Wojutza, Salamvria, Wardar und Karasu sind
kleine Tiefebenen. Von der Kulpa bis an den See von Skutari reicht
das bosnisch-serbische Gebirgsland, ein zerrissenes höhlenreiches Ge¬
biet mit tiefen Gründen und Steinwüsten, aus zahlreichen parallelen
Ketten gebildet (Dormitor 7500' auf der Nordseite, Kom 8500'
auf der Südseite von Montenegro, Kopaonik 5660' auf der Ostseite
des Ibar). In nordöstlicher Richtung gegen die Quelle des Ibar streicht
die Kette des Schseb und parallel damit weiter südöstlich die Hoch¬
kette des Schnr-Dagh (8000'), von welchem nach Süden das Gra^
mos-Gebirge streicht und sich im Pindns fortsetzt. An der Quelle des
Wardar zweigt sich ein anderer Zug vom Schar-Dagh ab und streicht
gegen den Busen von Salonich, an dessen Westseite die Berge Olymp,
Ossa und Peliou liegen. In der Osthälfte der türkischen Halbinsel
schließt sich bei der Stromenge von Orsova an das Banater Gebirge
ein Bergzug an, der in einem nach Osten gerichteten Bogen in den
Balkan oder Hämus übergeht. Der Balkan hat im Westen 5000'
hohe Gipfel und senkt sich allmälich gegen Osten. Südlich von Sofia
beginnt das Nhodope-Gebirge (Rilo-Dagh 8000') und verläuft in
3 Ketten, welche durch die Flüsse Arda und Karasu getrennt sind.
Zwischen Barna und der Donaumündung ist die zum Thcil sumpfige
Steppenebene Dobrudscha. Die Ost- und Westhälfte der türkischen
Halbinsel sind durch die Thalfnrchen der Morava und des Wardar
von einander geschieden.
Flüsse: Narenta, Moratscha fließt durch den See von Skn-
tari, Drin, Wojutza, Aspro, Salamvria, Wardar, Strymon oder
Karasu, Maritza, Donau mit den Nebenflüssen Save, welche die
Zuflüsse Unna, Vrbas, Bosna, Drina aufnimmt, Morava, ans der
serbischen und bulgarischen Morava entstehend, Timok, Schyl
Isker, Wid, Alnta, Jantra, Ardschisch mit der Dimbowitza,
Jalomitza, Sercth, Pruth.
158
Die Türkei hat ein gemäßigtes Klima und erzeugt Baumwolle,
den besten Tabak in Europa, Rosinen, Feigen und viel Rosen zur
Bereitung des Rosenöls.
Der Herrscher heißt Sultan oder Padischah (Großherr). Die
zwei höchsten Beamten sind der Mufti für die geistlichen und dew
Großvezier für die weltlichen Angelegenheiten. Die höchsten Staats¬
beamten und Generale führen den Titel Pascha, die höheren Beamten
heißen Effendi. Die Kirchen der Muhamedaner heißen Moscheen,
die schlanken Thürme an denselben, von welchen herab zum Gebet
gerufen wird, nennt man Minar ets. Die Bewohner sind in der
Mehrzahl Slaven, diesen zunächst an Zahl kommen die Türken oder
Osmanen, dann die Griechen, Armenier und Juden. Eintheilung in
nachfolgende Statthalterschaften (Ejalets):
1. Edirne. (Thracien). Constantinopel (700.000 E.), Hauptstadt,
das alte Byzanz, am Bosporus, von welchem ein Arm (das goldene
Horn) einen vorzüglichen Hafen bildet. Die schöne Lage der Stadt läßt
sich nur mit jener von Lissabon vergleichen. Die kaiserlichen Paläste mit
allen dazu gehörigen Gebäuden heißen insgesammt das Serail, das
Hauptthor am Palaste des Großveziers die hohe Pforte; Adrianopel,
(140.000 E.) liefert Seide, grobes Tuch und das meiste Rosenöl; Phi¬
lipp opel (40.000 E.) mit Industrie in Seide und Baumwolle; Gal¬
lipoli, Handelsstadt.
2. SUistria. (Bulgarien). Silistria (25.000 E.), Rustschuk (30.000
E.), Schn ml a (60.000 E.), Varna (25.000 E.), Festungen.
3. Widdin. (Bulgarien). Widdin (25.000 E.), Nikopoli (20.000E.)
Festungen; Sistowa (20.000 E.)
4. Nisch (Bulgarien). Nisch (16.000 E.), ehemals Serbiens
Hauptstadt.
5. Sofia (Bulgarien). Sofia (30.000 E.) in schöner und frucht¬
barer Ebene mit warmen Quellen.
6. Selauik (Theile von Macedonien und Thessalien). Salonich
(70.000 E.), nach Constantinopel der wichtigste Handelsplatz, liefert vor¬
zügliche Bamnwollwaaren, Seidenzeuge, Teppiche und Saffian; Seres,
der Mittelpunkt der Baumwoll-Cultur; auf der Halbinsel Athos leben
hoch auf dem Berge in 21 Klöstern und vielen zerstreuten Häusern und'
Zellen gegen 5000 griechische Mönche; Larissa s25.000 E.) fabricirt
Seiden- und Baumwollwaaren; in Thessalien gibt es aus steilen, ganz
159
freistehenden Felsen 10 Klöster, Meteoren genannt, zn denen man in
Körben hinaufgewunden wird.
7. Danina (Epirus) oder Süinübanien.Janina (25.000 E.) an einem
See; Preveša, Handelshafen; Durazzo (16.000 E.), das alte Dyrrha-
chium, Handelshafen.
8. Skntari. Skniari (25.000 E.) mit Gewehr- und Tuchwaaren-
fabrikation.
9. Prisrcnd (Nordalbanien). P risrend (15.000E.), eine der gewerb-
fleißigsten Städte der Türkei; Prischtina (10.000 E.), — südlich dabei
das Amselfeld (Kossovo Polje); Ueschküb (12.000 E.).
10. RnmUi (Mittelalbanien). Bitolia oder Toli Monastir
(40.000 E.) mit bedeutendem Handel; Ochrida am See gl. N. in sehr
schöner Gegend.
11. Bosnien (Tnrkisch-Croatien und Herzegowina). Serajevo oder
Bosna Seraj (40.000 E.) liefert Waffen, Eisen- und Kupferwaaren;
Banjaluka (15.000 E.), Festung; Bihatsch, Festung: Traunik (12.000
E.); Mostar (12.000 E.), Hauptstadt der Herzegowina; Fotscha (10.000 E.);
Nowibasar (8000 E.), militärisch wichtiger Punkt in der Landschaft
Rascien, mit bedeutenden Märkten.
12. Candia oder Creta. Candia (12.000 E.); Canea mit gutemHafen.
Das Fürstenthum Serbien.
1000 Quadrat-Meilen und 1,100.000 Einwohner.
Serbien ist gebirgig, boll Schluchten und Thäler, hat einen
fruchtbaren Boden, große Waldungen und bedeutende Schweinezucht.
Es ist eine erbliche Monarchie und an die Türkei tributpflichtig.
Belgrad (20.000 E.), Hauptstadt, — südlich davon das fürstl.
Schloß Toptschider; Scmendria mit Weinbau und Handel; Kragu-
jewatz, früher Residenz des Fürsten.
Die vereinigten Fürstenthümer Moldau und Walachei
oder die Donaufürstenthümer.
2200 Quadrat-Meilen und 4 Mill. Einwohner.
Eine Wahlmouarchie, an die Türkei tributpflichtig. Der üppigste
Getreideboden in Europa, reich an Rindern und Pferden. Die Bewoh¬
ner sind Walachen oder Rumänen, außerdem gegen 180.000 Zigeuner.
Bukarest (130.000 E.), Hauptstadt; Braila (25.000 E.) und
Galatz (30.000 E.), wichtige Handelshäfen, vorzüglich für den Getreide
160
handel; Giurgewo, der wichtigste Landungsplatz für die Dampfschiffe;
Krajowa (20.000 E.), Hauptstadt der „kleinen Walachei"; Plojeschti
(30.000 E.) mit großen Wollmärkten; Fokschan (20.000 E.); Tutschkow
(25.000 E.) mit Getreidehandel; Jassy (70.000 E.), Hauptstadt der Moldau
mit sehr bedeutendem Handel; Botuschan (25.000 E.).
Das Fürstenthum Montenegro (Crnagora).
80 Quadrat-Meilen und 150.000 E.
Eine schwer zugängliche Gebirgslandschaft mit dem Hauptorte Cetinje.
51. Königreich Griechenland.
946 Quadrat-Meilen und 1,350.000 E.
Nordgriechenland ist mit einzelnen Berggruppen angefüllt, unter
denen das Parnnssos-Gcbirge (7570') am meisten hervorragt. Die
Halbinsel Morea oder das peloponesische Hochland hat im Nordrande
und im Taygctos-Gebirge, welches die mittlere der drei südlichen
Halbinseln erfüllt, die höchsten 7000' übersteigenden Gipfel. Die
Inseln sind meist hoch und felsig, viele von vulkanischem Ursprünge.
Wein, Korinthen und Oel sind die nennenswerthesten Erzeugnisse,
Schafe und Ziegen der hauptsächlichste Besitz. Die Bewohner, Neu¬
griechen, sind Abkömmlinge von Slaven, Albanesen und zum kleine¬
ren Theile von den alten Griechen. Eintheilung in 10 Nomarchien.
Athen (42.000 E.), Hauptstadt und Residenz, daneben auf steilem
Felsen die Trümmer der Burg Akropolis; Piräus, der Hafen von
Athen; Nauplia mit festem Hafen; Argos mit zahlreichen Tempelruinen;
Korinth hat starken Weinbau und große Ausfuhr von Korinthen (kleinen
Rosinen); Patras (20.000 E.), sehr regsame Handelsstadt; Kalamata
im Garten von Morea, wo die besten Südfrüchte gedeihen; Hermupolis
(20.000 E.) auf der Insel Syra, der bedeutendste Handelsort Griechen¬
lands; Korfu (20.000 E.), Handelsplatz und Schiffahrtsstation; Zante
(20.000 E.) auf der fruchtbarsten unter den Jonischen Inseln mit starker
Ausfuhr von Korinthen und Oel. -
52. KMrthmn Kußlaud.
107.000 Quadrat-Meilen und 76 Mill. E.
Rußland ist das große osteuropäische Tiefland, aus welchem
sich im nördlichen Theile der uralisch-baltische Landrücken mit der
161 —
Waidui-Höhesl WO'), im Süden deruralisch-karpalhilcheLandrück en
erhebt. Zwischen beiden Landrücken liegt daS große Sumpfland am
Prypet, und in weiterer Ausdehnung nach Osten schöne Lindenwälder
und der beste Ackergrund Rußlands. Die Grenze gegen Asien bildet der
von Norden nach Süden ziehende Ural mit einer Mittelhöhe von
2000' bis 3000' und mit 5000' hohen Gipfeln. Zwischen dem
Schwarzen und Caspischen Meere ist das Hochgebirge des Kaukasus
(Elbrus 17.425h Kasbek 15.524h. Die Tiefebene am Eismeere
besteht zum großen Thcilc aus gefrorenen Sumpfsteppeu (Tundra).
Flüsse: Petschora, Mesen, Dwina, Tarnen, Newa, Düna,
Riemen, Weichsel, Prnth, Dniester, Bug, Dnieper mit den Neben¬
flüssen Beresina, Prypet, Desna, Don mit dem Douetz, Wolga
mit den Nebenflüssen Oka, Wetluga, Kama mit Wjatka und Bje-
laja. Reich an Landseen ist der nördliche Theil, besonders die finnische
Felsen- und Seenplatte. Der Wasserspiegel des Caspischen Meeres
liegt 78' tiefer als jener des Schwarzen Meeres, eine Verbindung
zwischen beiden ist durch die Manitsch-Niederung möglich.
Bei der großen Ausdehnung des Reiches sind in den verschiede-
denen Theilen desselben Klima und die davon abhängige Pflanzenwelt
sehr verschieden. Im Norden erstarren die Gegenden fast drei Viertel
des Jahres zur Einöde, das Eis auf den Seen und Flüssen wird oft
über drei Ellen dick, — im Süden ist vortrefflicher Weizenboden und
die weitausgedehute südrussische Steppe, ein unabsehbares Gras- und
Kräutermeer im Frühling und Herbst, eine ausgebrannte Wüste im
Sommer, ein Tummelplatz der Schneestürme im Winter. Ein dem
Lande besonders eigenthümlichcs Erzeugniß ist das mit Birkenrinde
gegerbte Juchtenleder. In den Bergwerken des Ural wird viel Gold
und Platin gewonnen, aus den Häfen des Schwarzen Meeres viel
Weizen und Talg, aus den Häfen der Ostsee Hanf, Flachs und Lein¬
samen ausgeführt, die Bewohner der nördlichen Gegenden beschäftigen
sich viel mit dem Fange von Pclzthieren, an der untern Wolga und am
Caspischen Meere ist der Fischfang und die Salzgewinnung eine Haupt-
erwerbsquellc.
Kozenn, Geographie. 11
162
Rußland ist von sehr verschiedenen Nationen bewohnt, die große
Mehrzahl jedoch bilden die Slaven, welche sich zur griechisch-orthodoxen
Kirche bekennen, deren geistliches Oberhaupt der Kaiser ist. Sie haben
noch den alten Kalender, daher sie in ihrer Zeitrechnung um 12 Tage
hinter den übrigen Christen zurück sind. Der Kaiser ist unumschränkter
Monarch (Samoderschetz, Selbstherrscher). Das Reich wird in Gouver¬
nements und diese in Kreise eingetheilt. Nach der geschichtlichen Ein-
theilung besteht Rußland aus nachfolgenden Ländern:
1. Dstseeprovinzen: Petersburg (550.000 E.), Haupt- und Residenz¬
stadt an der Newa mit vielen Fabriken und lebhaftem Handel (hauptsäch¬
lich von Engländern und Deutschen betrieben) — südlich die berühmte
Sternwarte Pnlkowa und die Sommerresidenz Zarskoje Selo; Kron¬
stadt (30.000 E.), der wichtigste Kriegshafen Rußlands; Reval (30.000
Einwohner), Festung und Handelsstadt; Dorpat mit Universität und be¬
rühmter Sternwarte; Riga (80.000 E.), sehr wichtige Handelsstadt;
Pernau und Libau, Handelshäfen; Mittau, Hauptort von Kurland.
2. Westruhland: Wilna (70.000 E.), Hauptstadt von Litauen;
Minsk (30.000 E.); Brest-Litowskii (20.000 E.), starke Festung mit
einer Inden-Akademie; Kamienietz-Podolsk (20.000 E.) malerisch auf
hohem Felsen.
g. Südruhland: Kischinew,(90.000 E.) mit Weinbau, Fabriken
und Handel; Chotin, Bender uud Akjerman, Festungen amDniester;
Odessa (120.000 E.), der Haupthandelshafen des Schwarzen Meeres,
besonders für das Getreide; Niko lajew (84.000 E.), Kriegshafen; Cherson
(40.000 E.), Festung; Sebastopol, Hafenstadt auf der Halbinsel Krim;
Taganrog (20.000 E.) mit lebhaftem Getreidehandel.
1. Kleiu-Nuhlaud: Kijew (70.000 E.), uralte Stadt auf mehreren
Hügeln, ehemals Hauptstadt des russischen Reiches, mit der ältesten russi¬
schen Universität; Verkitschew (58.000 E.), größtentheils von Juden
bewohnt; Poltawa (30.000 E.) mit Handel und Salpetersiederei; Char¬
kow (50.000 E.) mit bedeutendem Handel.
5. Groh-Uussiand: Archangelsk (20.000 E.), wichtiger Handels¬
ort; Ustjug-Welikij, Hauptsitz des Pelzhaudels; Wologda, Nieder¬
lage des inneren Handels für den ganzen Norden; Nowgorod (18.000 E.),
die Wiege des russischen Staates, war im 12. Jahrhundert ein mächtiger
Freistaat; Smolensk (24.000 E.), Festung; Moskau (360.000 E.), die
alte Hauptstadt in der Mitte des Reiches, Wohnsitz der ältesten und reich¬
sten Familien, der Hauptsitz der Industrie, der Mittelpunkt des ganzen
Handels, mit der ersten Universität des Reiches, — besonders bemerkens-
163
Werth ist der Kreml, die alte Residenz der Czare, ein dreieckiger befestigter
Stadttheil in der Mitte der Stadt; Nischnij-Nowgorod (40.000 E.)
hält im Juli eine berühmte Messe, welche ans allen Theilen Europas und
Asiens besucht wird; Tula (60.000 E.), große Fabrikstadt mit einer der
größten Gewehrfabriken in Europa; Orel (36.000 E.) und Woronesch
(40.000 E.) mit lebhaftem Handel.
6. Czarthum Kasan: Kasan (64.000 E.) erzeugt viel Juchten;
Perm mit reichen Kupfergruben; Jekaterinburg (22.000 E.), die wich¬
tigste Bergstadt am Ural, — nördlich Nischnij-Tagilsk, wichtige Berg¬
stadt mit der bedeutendsten Platinwäscherei.
7. Czarthum Astrachan: Astrachan (42.000 E.) mit viel Industrie
in Seide, Baumwolle, Juchten, ferner Weinbau, großartigem Fischfang,
Salz- und Salpetersiedereien; Saratow (64.000 E.), große Salzuieder-
lage, — au der Wolga liegen über 100 deutsche Colonistendörfer; Samara
(36.000 E.), der wichtigste Getreidemarkt au der Wolga; Orenburg
(20.000 E.), Festung; Uralsk, Hauptort der uralischen Kosaken; Slatoust
mit reichen Goldminen; Tscherkask (20.000 E.) im Lande der Don'schen
Kosaken, Sitz des Ordnungs-Richters.
8. GroWrstenthum Finnland: Helsiugsfors (20.000 E.), Uni¬
versität; Abo (15.000 E.) mit Schiffbau und Handel; Torueä an der
schwedischen Grenze.
9. Polen! Warschau (200.000 E.) Hauptstadt auf einer Anhöhe
an der Weichsel, Mittelpunkt der Industrie und des Handels in Polen;
Plotzk (18.000 E.) mit starkem Getreidehandel; Lodz (36.000 E.) mit
sehr bedeutender Leinweberei; Czeustochau, berühmter Wallfahrtsort;
Lublin (20.000 E.) mit bedeutendem Handel; Zamosc, starke Festung
auf der Straße von Warschau nach Lemberg.
10. Statthalterschaft Kaukasien: Tiflis (60.000 E.) in der Land¬
schaft Georgien oder Grusien mit warmen Bädern; Eriwan, westlich
davon Etschmiadsin, berühmtes Kloster, Sitz des armenischen Patriarchen;
Kutais, Hauptort der ehemaligen Landschaft Kolchis, — nördlich die
Landschaft Mingrelien; Baku mit zahlreichen Naphtha- und Salzquellen;
Jekaterinodar und Stawropol, Hauptorte in Ciskaukasien.
11*
Asien.
53. Sodengrstalt.
Asim hat die ausgedehntesten Hochländer, welche größtentheils
von Randgebirgcn umschlossen sind. Diese Hochländer sind: der Kau¬
kasus, Kleinasien, Syrien, Arabien, Iran, Dekhan, Centralasicn.
Südlich vom Kaukasus erhebt sich die Hochfläche von Armenien
(Ararat 15.870') und senkt sich nach Westen in das Kleinasiatische
Hochland, nach Süden in die Tiefebene des Euphrat. An den Taurus,
welcher bis 11.000' hohe Gipfel hat und den Südrand von Kleinasien
bildet, schließt sich das Syrische Gebirge (Libanon 9440') und zieht
in zwei Parallelketten, zwischen denen sich das tiefcingeschnittene Thal
des Jordan befindet, bis zum Rothen Meere (Sinai 8S00'). Die
Kurdislanischen Gebirge verbinden Armenien mit dem Tafelland Iran
(3000'—4000'), welches nördlich vom Elburs (Demabend 17.300')
und Paropamilus, östlich vom Soliman umgrenzt ist und zum Süd¬
rande mehrere Parallelketten hat, die treppenartig steil zum arabischen
Meere abfallen. Vom Gebirgsstock des Hindu-Kusch (19.000') zieht
gegen Südosten die Niesenkctte Himalaya (Nanda Dewi 24.078',
Dhawalagiri 25.171', Mount Everest oder Gaurisankar
27.212', Kunchinjunga sspr.Kimschindschingaf 26.419', Tschama-
lari 22.467') und fällt südlich steil iu die Tiefebene von Hindustan.
Eine Fortsetzung des Paropamisus ist die Kette des küen-lün, der
Nordrand deS Hochlandes Tübet( 12.000'), in welchem sich die mit dem
Küen-lün parallel laufende Karaborumkette (Dapsang 26.500'),
befindet. Im Osten schließt Eentralasien mit dem chinesischen Alpeu-
lande Peling, Jünling und Rauling. An den Hindu-Kusch änlchnend,
165
zwischen dm Flüssen Amu und Syr dehnt sich der Dolor-Tngh gegen
Norden, füllt gegen Westen zum Flachlaudc Turnu ob, gegen Osten geht
er in den Thian-Schan (Tengri Chan, d. i Geisterkönig 20.000')
über. Zwischen Küeu-lün und Thian-Schan liegt die Hohe Tatarei
(5000'), welche in ihrer Mitte am Fluß Tarim uud Lvp-See ein aus¬
gedehntes tiefes Becken hat. Auf der Nordseite des Thian-Schan liegt
die Df ch ungar ei und weiter östlich die Mongolei (2000'), welche
im Süden durch die Wüste Gobi oder Schamo. mit der Hohen Ta¬
tarei zusammenhüngt, im Osten durch das Chinggan-Gebirge von der
Mandschurei getrennt ist. Den Nordrand Ceutralafiens bildet der Altai
(mit 1060'Mittelhöhe uud Gipfeln bis 10.000') nnd das Daurische
Alpenland, dessen nordöstliche Fortsetzung das IMonoi-Gebirge
bildet. Jenseits des Nordrandes senkt sich Asien in das Sibirische Tief¬
land herab. Getrennt vom großen asiatischen Gebirgssystem ist die
vordcrindische Halbinsel mit den, Plateau non Dekhan, dessen Nord¬
rand das am rechten Ufer des Nerbudda ziehende Vindhyia Gebirge,
den Westrand die West-Ghats, den Ostrand die niedrigen M-Ghats
bilden. Das arabische Hochland ist eine Fortsetzung der syrischen
Wüste, im Innern theils Saudwüste, theils von Bergen durchzogen.
Die asiatischen Inseln sind größtenteils vulkanisch. Zahlreich
bedecken die Vulkane Sumatra und Java; eine andere Vulkanreihc zieht
durch die Philippinen, durch Japan und die Kurilen bis in die vulka¬
nische Halbinsel Kamtschatka.
Tiefländer sind Sibirien, Turan, die Niederungen am Euphrat,
Indus, Ganges, Aantse-kiang und Hoang-Ho.
Flüsse- Db nut dem Jrtysch und dessen Zuflüssen Ischim uud
Tobol: Jeuillöi durchfließt den Baikal-See; Lena mit dem Aldan und
Wilui; Indigirka; Kolyma; Anadyr; Amur entsteht aus demZu-
sammenfleesse von Schilka nnd Kerlon nnd nimmt den Songari
auf; Hoang-Ho oder gelber Fluß; Pantle-Kiang oder blauer Fluß mit
dem Hoang-Ho durch den 140 Meilen langen Kaiser-Canal ver¬
bunden; Si-Kianq oder Tiger; Mcchong oder Cambodscha; Menam;
Saluän; Irawaddi: Drahina-pntra heiße m seinem Oberlauf Jarud-
sang; Ganges mit dem Dschumna; Mahanuddy; Godavcry;
166
Kistna oder Krischna; Nerbudda; Indus mit dem Kabul und Sed-
letfch; Euphrat oem Tigris vereinigt bildet den Schat-el-Arab;
Brontes oder Asy bei Antiochia; Mendercs oder Mäander beiAidin;
Kysyl Irmak, der Hauptfluß Kleinasiens; Rion oder Phasis inKaukasien.
Steppenflüsse und Seen: Das Laspil>!)e Meer 78'unter
dem allgemeinen Meeresspiegel mit den Flüssen: Ural, Terek, Kur
mit Aras (Arnx-?^). Aral-Ice mit den Flüssen Amu Darsa (Oxns)
und Syr-Darfa (llaxartss). Der Jordan fließt in das 1206^ unter
dem Meeresspiegel liegende Todte Meer. Der Hilmcnd ergießt sich in
den Hamun-See, der Ili in den Balknsch-See, der Tarim in den Lap-
noor, der Tschui entspringt in der Nähe des Issik Kol-Sees. Wan-See,
Urmia-See. Cengri-novr, Kuku-noor.
Z4. Vorderosien.
Die Asiatische Türkei oder Levante sammt den türkischen Theilsn
von Arabien 31.690 Quadrat-Meilen mit 16 Millionen Einwohnern,
das Vaterland alles Obstes und der edlen Südfrüchte, bestehl aus fol¬
genden Theilen:
a) Kleinasten oder Natalien. Skutari (80.000 E.) am Bosporus,
der Kirchhof von Constautinopel; Brussa (40.000 E.) mit berühmten
Meerschaumgruben; Jskimid, das alte Nikomedia; Jsuik, das alte
Nicäa; an den Dardanellen die Stätte von Troja; Berghama, das
alte Pergamus, gegenüber der Insel Mytilini; Smyrna (150.000 E.)
mit ausgezeichnetem Hafen, die wichtigste Handelsstadt der Levante, führt
große Mengen von Rosinen und Feigen aus, — südlich die Stätte des
alten Ephesus und Milet; Kutahia (30.0000 E.), Hauptstadt von
Natalien, fabricirt Meerschaumköpfe; Karahissar (30.000 E.) mit Opium¬
handel; Konia (50.000 E.), das alte Jkonium, auf einer schönen Hoch¬
ebene; Angora (50.000 E.) fabricirt Shawls und Teppiche; Sinope
mit vorzüglichem Hafen; Tokat (30.000 E.), von Obst- und Weingärten
umgeben; Trapezunt (60.000 E.), Heimat der europäischen Obst- und Ge¬
müsearten, Stapelplatz für den Waarenhandel zwischen Europa und Jnner-
asien; Tarsus (30.000 E.), Handelsplatz, Geburtsort des Apostels Paulus.
b) Armenien. Erserum (50.000 E.) auf einer 5000' hohen Hoch¬
ebene, mit sehr bedeutendem Handel; Kars, Festung.
a) Kurdistan. Diarbekr (40.000 E.) mit Saffianfabriken; Mosnl
(40.000 E.), gegenüber die Ruinen von Ninive.
167 ' —
ck) Mesopotamien (Al-Dschcsira). Bagdad (60.000 E.), ehemals
berühmte Hauptstadt des mohammedanischen Weltreichs, — südlich am
Euphrat die Ruinen von Babylon; Basra (50.000 E.), Handelsstadt.
«) Syrien mit Palästina. Haleb oder Aleppo (100.000 E.), eine
der schönsten und reichsten türkischen Städte, Niederlage von indischen, per¬
sischen und türkischen Maaren; Antakieh oder Antiochia, ehemals
Hauptstadt von Syrien; Beirut (30.000 E.), Handelsstadt; Damaskus
(120.000 E.) in ausnehmend schöner Gegend, 2300' hoch gelegen, das
Auge des Ostens und Garten Gottes genannt, mit vielen Seidenfabriken,
Sammelplatz der großen Pilgerkarawanen nach Mekka, — nordöstlich in einer
Oase die Ruinen von Palmyra oder Tadmnr. Zwischen Beirut und
Damaskus wohnen im Libanon-Gebirge die katholischen Maroniten und
mohammedanischen Drusen. Akka, ein Hauptmarkt für die Baumwolle;
Chaifa, Station der Dampfschiffe; Jaffa, das alte Joppe; Ghazza,
eine Stadt der Philister; Jerusalem (20.000 E.) liegt auf den vier Höhen
Akra, Morija, Bezetha und Zion, — südlich Bethlehem, von Christen
bewohnt, mit einer-prächtigen Kirche; am Berge Sinai in 5000' Hohe
das vom Kaiser Justinian erbaute berühmte Katharinenkloster.
Unter den kleinasiatisch en Inseln sind die wichtigsten: Mytilini
oder Lesbos, Chios, Samos, Rhooas, Cypern, reich an Wein,
Tabak und Südfrüchten.
Halbinsel Arabien sammt den türkischen Besitzungen ö l.40!»
Quadrat-Meilen mit 6 Millionen Einwohnern, hat Weihrauch, ara¬
bisches Gummi und die schönsten Pferde. Man unterscheidet:
Das unter türkischer Oberhoheit stehende Hedschas, das Land der Pil¬
gerfahrten längs des rothen Meeres mit den Städten: Medina (10.000 E.),
Mekka (45.000 E.), dem berühmten Wallfahrtsorte der Mohammedaner,
und der Hafenstadt Dschidda; Jemen oder glückliches Arabien mit der
Hauptstadt Sana (40.000 E.), an der Küste Mokka mit Kaffeehandcl,
Aden (25.000 E.), im Besitz der Engländer: Hadramaut, der Sand
küstensaum im Süden; Pman, ein schmaler Streif an der Ostküste, wozu
auch ein Theil der persischen Küste gehört, mit der Hauptstadt Maskat
(50.000 E.); Lahsa am persischen Meerbusen mit großer Perlensischerei;
Ncdsched, .das Wüstenplateau im Inneren, reich an Weiden und Triften,
von den nomadischen Wahabiten bewohnt.
Persien oder West-Iran, das alte Medien Mordwesten), Hyrka-
nien (Nordosten) und Persien (Süden), 26.000 Quadrat-Meilen mit
6 Millionen Einwohnern, hat ein gesundes trockenes Klima ohne Thau
.4
168
und Nebel bei beständiger Klarheit des Himmels, ärmlichen Pflanzen¬
wuchs und wenig Bäume. Der Beherrscher heißt Schah.
Täbris (80.000 E.), wichtiger Handelsort; Rescht (60.000 E.)
und Balfrnsch (100.000 E.), Handelsplätze am Caspi-See; Teheran
(80.000 E.), die jetzige, Jspahan (60.000 E.), die frühere Hauptstadt;
Ham ad an (50.000 E.) das alte Ekbaktana, ehemalige Hauptstadt Meistens;
Schiras (40.000 E.), ehemals Sitz der morgeuländischen Pracht und
Poesie, nordöstlich die Ruinen von Persepolis; Jezd (40.000 E.) in
einer Oase der großen Salzwüste; Mesched (60.000 E.), der wichtigste
Wallfahrtsort der Perser, umgeben von räuberischen Horden.
Afghanistan. 12.000 Quadrat-Meilen mit 4 Millionen Ein¬
wohnern.
Kabul (60.000 E.); Kandahar (50.000 E.); Herat (50.000 E.)
in einem herrlichen Gartenthale, erzeugt Teppiche, die im ganzen Orient
berühmt sind; Ghasna, ehemals prächtige Residenz, jetzt ein mohamme¬
danischer Wallfahrtsort.
BclndlclMan. 7800 Quadrat-Meilen mit 2- Millionen Ein¬
wohnern. Eine Bergmauer trennt dieses Land vom Meere, zu welchem
man auf schwindelnden Bergpfaden (Leitern genannt) gelangt.
Hauptstadt Kelat (20.000 E>), 700), — in der Nähe war das alte
Carthago; Kairwan (12.000 E.); Kabes (20.000 E.)
Tripolis mit Barka und der Oase Fezzan, 16.000 Quadrat-
Meilen mit 800.000 Einwohnern, türkisches Vasallenland.
Tripolis (15.000 E.), Ghadames und Murznk, wichtige Sta¬
tionen für den Karawanenhandel; Bengasi, reich an griechischen und
römischen Ruinen, — nordöstlich war das alte Ehrene.
Aegypten, 8400 Quadrat-Meilen mit 4 Millionen Einwohnern,
türkisches Vasallenland (der Herrscher heißt Vicekönig), bis auf wenige
Palmen und Sykoinorcn (Maulbcerfeigen) baumlos und einförmig,
erzeugt vorzüglich Reis, Weizen und Baumwolle. Eine beständige Hei¬
terkeit und Reinheit des Himmels, trockene Wärme und belebende Kraft
der Luft zeichnen das ägyptische Klima aus.
Hauptstadt Cairo (260.000 E.), — am linken Nilufer die Ruinen
der alten Königsstadt Memphis nnd westlich davon die Pyramiden mit den
Königsgräbern; Alexandria (170.000 E.), bedeutende Seehandelsstadt;
Suez am Rothen Meere, durch einen SchifsahrtScanal mit dem Mittelmeer
verbunden; das Land Fajum, mit den ältesten Canalbauten nnd dem frucht-
176
barsten Boden Aegyptens; in der libyschen Wüste die Oase Siwah, bei
den Alten die Oase des Jupiter Ammon genannt; ferner die kleine
und die große Oase; am Nil bei den Dörfern Karnak und Luxor
die großartigen Ruinen von Theben, der ältesten Stadt auf der Erde;
am Rothen Meere Kosseir; Assnau mit den Ruinen des alten Syene.
Nubien mit seinen Theilen: Unternubicn, Dongöla,
Schendy, Scnaar, Kordofnn, Taka umfaßt über 20.000 Oua-
drat-Meilen mit 3 Millionen Einwohnern und ist der ägyptischen Herr¬
schaft unterworfen.
Hauptstadt Khartum (40.000 E.), ein Hauptsitz des Sclaveu-
haudcls; Suakin uud Massnna, Häfen am Rotheu Meere; El-Obeid
(20.000 E.) in Kordofnn.
Abyssinicn oder Habesch, 7400 Quadrat-Meilen mit 3 Mill.
Einwohnern, besteht ans den Landschaften: Tigre, Gond ar, Amh ara
und Schoa. Es ist wegen seiner hohen Lage die afrikanische Schweiz
mit großen Waldungen, Elephanten, Flußpferden, zahllosen Affen,
trefflichem Rindvieh, Kaffee und Goldstaub.
Städte: Adöwa, Goudar uud Ankober.
Das Bergland Kafa im Süden ist die eigentliche Heimat des
Kaffees. Im Osten liegt auf hohem Wüstenplateau die Handelsstadt
Harar, die ihren eigenen Beherrscher hat.
Wüste Sahara. 115.000 Quadrat-Meilen mit 4 Millionen
Einwohnern.
Die vorzüglichste» Oasen sind: Tuat, Rhat und Air. Das Klima
in den Oasen ist weniger zuträglich als die gesunde Wüsteulust; deßhalb
wurden die Oasen im Alterthum als Berbaunungsorte benützt.
59. Länder im Süden der Sahara.
Das Somal-Land, die dreieckige Halbinsel im Osten mildem
HauptorteBerbera, wo im Winter dieKarawanen zusammen kommen
und unter Zelten wohnen.
Die Galla-Länder im Süden von Habesch bis zum Aequator
mit 7 Millionen Einwohnern.
Das Suaheli-Land, auch Melinde und Sansibar genannt, zu
Oman in Arabien gehörig.
177
Hauptort Sansibar (60.000 E.) auf der gleichnamigen Insel,
großer Handelsplatz, führt vorzüglich Gummi und Elfenbein aus.
Die Küste Mozambique (Mosanbik), von den Portugiesen
abhängig.
Die Küste Jofala, ehemals Monomotapa genannt, von den
Portugiesen abhängig.
Kasfcrnküste mit unermeßlichen Viehweiden, darin die britische
Colonie Port Natal, 910 Quadrat-Meilen mit 160.000 Einwohnern.
Caplaud, 9000 Quadrat-Meilen mit 270.000 Einwohnern,
britische Colonie. Die Mehrzahl der Bewohner stammt aus Europa,
die übrigen sind Hottentotten, die in Kraalen (Dörfern) und Busch¬
männer, die in Höhlen wohnen. Das Land erzeugt sehr viel Schaf¬
wolle, den vortrefflichen Capweiu und ist durch seine Lage für die
Schiffahrt sehr wichtig.
Capstadt (25.000 E.); Constantia mit Weinbau.
Bafutu-Land, 360 Quadrat-Meilen mit 100.000 Einwohnern.
Draujestust-Republik, 2260 Quadrat-Meilen mit 50.000 Ein¬
wohnern europäischer Abkunft.
Hauptort Bloemfontein.
Transvaal'sche Republik. 3600 Quadrat-Meilen mit 140.000
Einwohnern.
Hauptort Potschefstrom. — Beide Republiken wurden von hol¬
ländischen Bauern (Boers), welche das Copland verließen, gegründet.
Die wüste Küste, zwischen dem Oranjefluß und Cap Negro, ist
nur von sehr wenigen Eingebornen bewohnt.
Nieder-Guinea, 15.000 Quadrat-Meilen mit 9 Millionen
Einwohnern, enthält die portugiesischen Länder Benguela und An¬
gola und die selbstständigen Reiche Cougo und Loango. Nördlich
vom letzteren ist am Aequator das Gebiet der menschenfrcssenden Fans
und die Heimat des Gorilla-Affen.
Bbcr-Guinea, von den eigentlichen schwarzen Negern bewohnt,
enthält die Küste von Biafra, die Bcninküste, Sklavenküste mit
dem Staat Dahomey, dessen Herrscher eine Leibwache von Weibern
hält und grauenhafte Menschenschlächtereien als religiösen Brauch voll-
Kozenn, Geographie. 12
178
ziehen läßt, Goldküste mit dem Reiche Aschanti und mehreren
europäischen Besitzungen, Zahnküste, Pferfferküste mit der ameri¬
kanischen Freineger-Colonie Liberia mit 1/2 Million Einwohnern und
dem Hauptorte Monrovia, die englische Freineger-Colonie Siera-
Leona mit dem Hauptorte Freetown (Fritaun).
Die unbekannten Negerländer zu beiden Seiten des Aequators
werden auf 70.000 Quadrat-Meilen mit 30 Millionen Einwohnern
geschätzt.
Senegambien zerfällt in viele Reiche und bringt Goldsand,
Elfenbein, Ebenholz, Gummi in den Handel. An der Küste sind einige
französische, englische und portugiesische Besitzungen.
Sudan oder Nigritien enthält eine Anzahl mohammedanischer
Reiche, die durch die fortwährenden Kriege beständigem Wechsel unter¬
worfen sind. Sclavenjagden und Sclavenhandel sind herrschend. Die
bedeutenderen Reiche sind Mussina, Gundo, Soboto mit Adamaua,
Bornu, Bagirmi, Wadai, Dar-Fur.
Die bekanntesten Städte: Timbuktu, Sokoto, Kano, Sinder,
Jakoba, Kuka.
Unter den um Afrika liegenden Inseln sind die Seychellen (Se¬
schellen), Amiranten, Mauritius (20 Quadrat-Meilen mit 300.000 E.),
Helena, Ascension, Fernando Po, Periln in der Straße Bab-el-
Mandeb, englisch; Reunion, 42 Quadrat-Meilen mit 190.000 E., fran¬
zösisch; die Prinzeninsel und St. Thomas, die Inseln des grünen
Vorgebirges, portugiesisch; die Comoro-Jnseln selbstständig; Soko¬
tora gehört zu Hadramaut in Arabien. Madagaskar, 11.000 Quadrat-
Meilen mit 3 Mill. E., ist reich an verschiedenen Prodncten und steht unter
mehreren einheimischen Fürsten. Hauptstadt Ta-nanarivo (80.000 E.).
A menku .
60. Lodrngestalt.
Amerika wird auf der Westseite von Norden nach Süden von
einem vulkanischen Hochgebirge, den Anden oder Cordillercn (spr.
Cordiljeren) durchzogen, wodurch dieser Erdtheil eine im Osten vor¬
herrschende Vertiefung erhält. Der nördliche Theil der Cordilleren ist
ein breites Bergland (Eliasberg 14.O44H, dessen vorzüglichste Berg¬
kette das Felsen-Gebirge oder Rocky-Mountains (spr. Rocki-Maun-
tins) (Mount Hookcr 15.7OOH Fromonts Pik 12.70G) sich öst¬
lich zur großen arktischen Ebene abdacht. Diese Ebene wird südlich be¬
grenzt durch den Höhenzug der Schwarzen Hügel, welche die Was¬
serscheide zwischen der Hudsonsbai, dem St. Lorenz und Mississippi
bilden. Das Stromgebiet des Mississippi enthält die großen nord¬
amerikanischen Savannen und Prärien und ist im Osten von den Apa¬
tschen (spr. Apalatschen), mehreren parallelen nach Nordosten ziehenden
Ketten, auf der Westseite Alleghany-Gebirge (spr. Allegäni), auf
der Ostseite Blaue Berge genannt, begrenzt, die eine Mittelhöhe von
250tll erreichen. An das Felsengebirge schließt sich südlich das Hochland
von Mexico mit mehreren Bergketten, darunter die bedeutendsteSicrra
Madre, wird nach Süden immer schmäler, erfüllt als Plateau von
Auahuac 700(ll (Vulkan Popocatepetl 16.886h Citlaltepetl
oder Vulkan von Orizaba 16.776H den ganzen Raum zwischen den
beiden Meeren und hängt durch das vulkanreicheHochgebirge Guate¬
mala und die Landenge von Panama mit Südamerika zusammen.
Die Andes van Südamerika beginnen mit mehreren Ketten,
vereinigen sich nahe am Aequator in zwei vorherrschende und diese wie-
12"
180
der am südlichen Wendekreise in eine einzige, fallen steil zur Westküste
ab, nach Osten aber senken sie sich in die große südamerikanische Ebene,
die Llanos des Orinoco, die Selvas oder das heiße und feuchte
Tiefland der Urwälder am Amazoncnstrome, in die Pampas am Rio
de la Plata und die Patagonischen Steppen. Das Gebirge hat
seine höchsten Gipfel, welche meist noch thätige Vulkane sind, nahe am
Aequator (Pichincha, spr. Pitschintscha 15.000h Antisana 18.000h
Chimborasso; spr. Tschimborasso 19.768h Cotopaxi 17.700h
sämmtlich im Hochland von Quito spr. Kito), am SeeTiticaca 12.000'
(Nevado de Sorata 23.280h Jllimani 20.000h Sehama
21.594') und gegenüber von Valparaiso (Aconcagua 21.039').
Andere vom Hauptgebirge getrennte Erhebungen sind Sierra Nevada
de Santa Marta (17.000')zwischen dem Maracaibo-Golf und dem
Magdalcnenstrom, das Küstengebirge von Venezuela nördlich
vom Orinoco längs der Meeresküste, in den Gebieten von Cnmllna
und Caracas häufig von Erdbeben heimgesgcht, das Hochland von
Gnayana mit mehreren ostwärts ziehenden Bergketten, das Gebirgs¬
land von Brasilien, von mehreren zum Theil parallelen Ketten
durchzogen.
Flüsse und Seen: Athabasca führt in den Alhabasea-See, aus
diesem der Selavensluß, verstärkt durch den F'riedensfluß, in den
Großen Srlavensee, aus welchem der Mackenzie (spr. Mäckensi) her¬
vorkommt und durch den Abfluß des Großen Bärensees verstärkt in
das Eismeer fließt; Saskatschawan fließt in den Großen Winibeg-
See, dessen Wasser sich durch den Nelson und Severn in die Hudsonsbai
ergießt; das Wasser der Canadischcn Seen (Bbcrer, Michigan, spr.
Mitschigän, Huron, Eric, Bntaria) sammelt sich aus kleinen Flüssen,
macht zwischen dem Erie- und Ontario-See den berühmten 145'hohen
Niagarasall und fließt als St. Lorenzstrom in den atlantischen Ocean;
Hudson; Delaware (spr. Delawär); Susquchänna (spr. Söski-
hännä) und Polomak in die Chesapeak-Bai (spr. Tschisepihk); Missi-
sippi (d. h. der Vater der Gewässer), mit 900 M. Stromentwicklung
und 60.000 Quadrat-Meilen Stromgebiet, kommt von der Wasser¬
scheide der Hudsonsbailänder, beginnt bei St. Louis (spr. ßent Lui)
181
den Unterlauf, bei Neu-Orleans die Deltabildung, hat jährliche Ueber-
schwemmungen, erhält rechts die Nebenflüsse Missouri mit den Zu¬
flüssen Nebraska und Kansas, Arkansas, Red River (d. h. rother
Fluß), die sämmtlich in ihrem Oberlaufe durch lange Stromschnellen
(Cannons genannt) dahinschießen, —links den schiffbaren Ohio (spr.
Oheio) mit dem Zuflusse Tenessee (spr. Tenessih); Uio Grande del
Norte, auch Rio Bravo genannt; Colorado mit dem Gila in den
Busen von Californien; Drcgan entsteht aus der Vereinigung des
Lewis (spr. Luis) mit dem Columbia. Unter den Seen sind noch
bemerkenswerth der Große Inhser und der See von Nicaragua.
In Südamerika: Magdalena mit dem Cauca in die Caraibische
See; Brinoro theilt sich unterhalb Esmeralda und sendet einen Arm
unter dem Namen Cassiquiare (spr. Kassikiari) in den Rio Negro,
einen Nebenfluß des Amazonenstromes, welche Thcilung die Bifurcation
des Orinoco heißt, und mündet mit Deltabildung; Amazonenllrom
oder Maranon (spr. Maranjon), der größte Strom der Erde, sammelt
die Gewässer aus den westlichen Hochgebirgen, nimmt den Tapajos,
Madeira, Rio Negro, Purus, Japura, Ucayali auf, ist stel¬
lenweise gegen 3 Meilen breit, der Meercsflut über 100 Meilen auf¬
wärts zugänglich, im Meere 60 Meilen weit an seinem Wasser erkenn¬
bar, mündet am Aequator durch die zwei Arme Maranon und Para,
von denen ersterer 12, letzterer 5 Meilen breit ist, hat eine Strom¬
entwicklung von 770 M., ein Stromgebiet von 100.000 Quadrat-
Meilen und ist über 500 M. weit schiffbar; Tocantins hat mit dem
Amazonenstrome eine gemeinschaftliche Mündung; S. Francisco;
Ria de la Plula mit 500 M. Stromentwicklung und 60.000 Qua¬
drat-Meilen Stromgebiet, ist eigentlich ein Meerbusen, der aus dem
Zusammenflüsse des mit dem Paraguay vereinigten Paranä mit dem
Uruguay entsteht. Hoch in den Andes ist der Titicaca-Sce 12.0001
Amerika ist reich an edlen Metallen, das Pflanzenreich zeigt sich
in seiner größten Ueppigkeit und Pracht in den Urwäldern und viele
Gewächse, wie Mais, Kartoffeln, Tabak, sowie die schönsten Zierge-
wüchse, beispielsweise die Fuchsien haben sich von hier aus in die übrigen
Erdthcile verbreitet. Besonders erwähnenswcrth sind werthvolle Hölzer
182
wie Mahagony, Farbehölzer, Kautschukbaum, Chinabaum, Cactus-
gewächse, die prachtvollsten Palmen und die californischen Riesenbäume,
Vanille, Cacaobaum, Ananas, unter den aus der alten Welt angesie¬
delten Pflanzen Zuckerrohr, Kaffee und Baumwolle. Im Thierreich
sind die Gürtelthiere, Faulthiere, Waschbär, das Lama, Moschusochsen
und Bisons, amerikanischer Tiger und Löwe, zahllose Bogelartcn, dar¬
unter die größten Raubvögel, die Truthühner, Wandertauben und
Kolibris, die größten sowie die giftigsten Schlangen als bezeichnend her¬
vorzuheben.
Die Bewohner sind Urbewohner mit dem Gesammtnamcn
Indianer, außerdem eingewanderte Weiße und Neger und Misch¬
linge von allen Dreien. Die weiße Bevölkerung in Nordamerika stammt
größtenteils ans Großbritannien und Deutschland, in Mittel- und
Südamerika meist aus Spanien und Portugal.
61. Nordaumika.
Grönland, dänisch, nur an der Küste sind 180 Quadrat-Meilen
von 10.000 Menschen (Eskimos) bewohnt, die im Winter in Eis¬
hütten, im Sommer in Fellzcltcn wohnen und von der Jagd und
Fischerei leben.
Den äußersten Norden des Continents und die öden Polarinseln
bewohnen die Eskimos.
Britisches Nordamerika mit 3,500.000 Einwohnern.
Dazu gehört die Halbinsel Labrador mit 5000 E.; die Hud¬
sonsbailänder zwischen der Hudsonsbai und dem Felsengebirge, von
unzähligen Pelzthiereu bewohnt, mit Stationen (Blockhäusern) der Pelz¬
händler bis an das Eismeer; ans der Westseite Britisch-Columbia
mit dem Golddistrikte am Fraserfluß; die Insel Neufundland mit dem
größten Stockfisch- und Lachsfang; Neu-Schottland, Neu-Brann-
schweig; die Bermudas, eine Gruppe kleiner Inseln; Cnnada, die Ein¬
wohner theilweise französischer Abkunft, hat große Urwälder von Zucker¬
ahorn und Millionen von Wandertauben, — Hauptstadt Ottawa, —
Toronto, — Kingston, — Quebec (SOMOO E.), — Montreal
chv.OOO E.).
Die Vereinigten Staaten von Nordamerika, 165.000 Qua¬
drat-Meilen mit 32 M. E., ist ein Bund von 36 Staaten, 1 Distrikt
183
und 11 Territorien, d. i. Landstrichen, welche noch zu schwach bevölkert
sind, um als Staaten ausgenommen zu werden. Die Regierungsgewalt
hat der Congrcß, d. i. Senat und Abgeordnetenhaus, die Gewalt
zur Ausführung der Gesetze ein auf 4 Jahre gewählter Präsident.
Dieses Land ist außerordentlich reich an Steinkohlen, Erdöl (Petro¬
leum), Tabak, Getreide, Baumwolle und großen Viehherden, nach
allen Richtungen von schiffbaren Flüssen, Canälen und Eisenbahnen
durchzogen.
Die 6 östlichen Staaten, Neu-England genannt, sind meist von
Engländern bewohnt, die man Uankees (spr. Jengkis) nennt, weil die
Indianer das Wort enxlisd so aussprechen. Washington (60.000 E.) im
Distrikt Columbia, Sitz des Präsidenten und des LongresseS; Boston
(180.000 E.), die Wiege der amerikanischen Freiheit und durch seine vielen
Unterrichtsanstalten und wissenschaftlichen Vereine das „Athen der Union",
hat die bedeutendste Fischerei und einen großartigen Eishandel bis nach
China, — nördlich dabei Cambridge mit berühmter Universität; New-
Uork (spr. Rnjork, 800.000 E.), die erste Handelsstadt Amerikas, unmit¬
telbar dabei Brooklyn (270.000 E.); Buffalo (80.000 E.), prächtige
Stadt am Erie-See; Philadelphia (600.000 E.) mit dem größten Buch¬
handel Amerika's und berühmten Locomotiv - Fabriken; Baltimore
(200.000 E.); Pittsburg (60.000 E.) — in der Nähe das größte ame¬
rikanische Kohlenlager, die größten Eisenwerke und die meisten Glas¬
fabriken, — nördlich ist der große Oeldistrikt, der das meiste Petroleum liefert;
Chicago (spr. Tschikego, 250.000 E.) hat den großartigsten Getreide¬
handel und Cincinnati (160.000 E.) den größten Schweinemarkt aus
der Erde; St. Louis (160.000 E.); New-Orleans (170.000 E.), der
wichtigste Markt für die Baumwolle; Savannah und Charleston (spr.
Tscharlstn) mit Banmwollausfuhr; Denver im Felsengebirge, Mittelpunkt
eines großartigen Gold- und Silberbergbaues; Salzseestadt, Nieder¬
lassung der Mormonensecte; San Francisco (100.000 E.l an einer aus¬
gezeichnet schönen Bncht, der wichtigste Hafen am Stillen Ocean, der
Hauptmarkt für die californischen Goldgräber.
Republik Mexico, 36,000 Quadrat-Meilen mit 8 Mill. E. Das
Land erhebt sich stufenweise vom Meeresspiegel bis zu einer Hochfläche
von 7000' und besitzt daher eine Stufenfolge von Klimaten: von der
erstickenden Hitze an den Meeresküsten (terras oalisntss), dem Sitze
des gelben Fiebers, bis zu der erquickenden Frühlingsluft des mittleren
Europa auf den Höhen (tsrra tsrnplacka). Reiche Silbergruben, große
184
Viehherden und die Cochenille (Carminfarbe) sind besonders er-
wähnenswerth.
Hauptstadt Mexico (200.000 E.), eine der prächtigsten Städte
Amerikas; Puebla (80.000 E.); Oueretaro (50.000 E.); Guadala¬
jara (70.000 E.); Guanajuato (60.000 E.); San Luis Potosi
(48.000 E.); Matamoros (40.000 E.) und Tampico (12.000 E.),
aufblühende Handelsstädte; Vera-Cruz (10.000 E.) und Acapulco sind
die beiden Häfen der Stadt Mexico.
6Z. Mittrlamcnka.
Mittelamerika besteht aus dem Festlaude und den Inseln, ersteres
heißt Centralamerika, letztere Westindien.
Cnrtralamerika besteht aus folgenden Republiken:
Guatemala, 2000 Quadrat-Meilen, mit 1 M. E., erzeugt sehr
viel Cochenille.
Sau Salvador, 350 Quadrat-Meilen, mit 600.000 E., leidet
viel durch die Erdbeben.
Honduras, 2200 Quadrat-Meilen, mit 360.000 E.
Niraragua, 2700 Quadrat-Meilen, mit 400.000 E.
Colla-Rira, 1000 Quadrat-Meilen, mit 130.000 E., hat ein
ungewöhnlich mildes und angenehmes Klima und große Kaffeepflan¬
zungen.
Das Gebiet von Balize (spr. Beliß) mit 26.000 E. steht unter
britischer Oberherrschaft.
Westiadicn enthält die großen Antillen, die kleinen Antillen und
die Bahama-Jnseln mit 3'/2 Mill. E., darunter über 2 Mill. Neger.
Das Meer ist von einer Durchsichtigkeit, daß dem Schiffer die Fahr¬
zeuge in der Luft zu schweben scheinen. Das Klima ist ganz tropisch, die
Haupterzeugnisse Zucker, Kaffee und Tabak.
Die vier grasten Antillen: Cuba, spanische Colonie, 2100 Qua¬
drat-Meilen, mit 1,400.000 E., darunter 600.000 Sklaven, die
schönste unter den Colonien, baut vorzüglich Zucker, Kaffee und Tabak.
Havana (180.000 E.), einer der Haupthandelsplätze der Welt mit
großen Cigarrenfabriken.
Portorico, mit 580.000 E-, ebenfalls spanisch.
185
Jamaica nut 440.000 E., britisch, liefert in großer Menge Zucker,
Rum, Kaffee und Gewürze.
Neger-Republik Haiti, in welcher kein Weißer Bürger oder Eigen-
thümer werden kann, mit 480 Quadrat-Meilen und 570.000 E.';
der östliche Theil der Insel ist die Republik Domingo mit 840 Quadrat-
Meilen und 140.000 E.
Die Bnhama-Infeln sind britisch, die merkwürdigste darunter die
Insel Guauahani oder San Salvador, gegenwärtig Watlings
genannt, auf welcher Columbus am 12. October 1482 zuerst landete.
Die kleinen Antillen haben insgesammt einen Flächenraum von
220 Quadrat-Meilen mit 800.000 E. und gehören als fruchtbare
Colonien verschiedenen europäischen Staaten, die wichtigsten wie Mar¬
tinique und Guadeloupe zu Frankreich, welches von dort sehr viel
Rohrzucker bezieht.
63. Zii-amtnka.
Südamerika ist das üppigste Land der Erde mit den größten und
wasserreichsten Strömen, den ausgedehntesten Urwäldern und Steppen.
Letztere bieten im Verlaufe des Jahres ein dreifaches Bild : Zuerst eine
von der Sonne verbrannte Fläche mit klaffendem Boden und Staub¬
wolken, dann zur Regenzeit die üppigste GraSfläche, endlich bei der
Uebcrschwemmung eine Wasserfläche, aus welcher nur die höheren Stel¬
len hervorragen und den Pferden und Rindern als Zuflucht dienen.
Republik Neu-Granada gegenwärtig Vereinigte Staaten von
Columbia genannt, 17.000 Quadrat-Meilen mit 3 Mill. E., besteht
aus 9 Staaten und dem Distrikt von Bogotä.
Hauptstadt Bogotä, (50.000 E.), 8000' hoch gelegen; Panama
wichtige Hafenstadt mit einer Eisenbahn über die Landenge.
Republik Venezuela, 17.300 Quadrat-Meilen, mit 2,200.000
E., führt vorzüglich Cacao und Tabak aus.
Caracas (50.000 E.); LaGuayra und Porto Cabello, Hafen¬
städte; Cumana (30.000 E.), häufig von Erdbeben heimgesucht.
Republik Ceundor (d. i. Aequator), 10.000 Quadrat-Meilen
mit l,300.000 E., mit großen Chinabaum-Waldungen.
Quito (70.000 E.) 9000' hoch gelegen, von ll riesigen Schnee¬
gipfeln umragt, von einem ewigen Frühling umblüht. Gnayaguil,
186
M
Quito's Hafen; Riobamba (20.000 E.) am Fuße des Chimborasso;
Cuenca (30.000 E.); Loxa mit der besten Chinarinde; die Galapa-
gos-Jnseln.
Republik Peru, 24.000 Quadrat-Meilen mit 2,500.000 E.
Gold, Silber, Quecksilber, Chinarinde, Schafwolle und Guano (Vogel¬
dünger) sind die wichtigsten Ausfuhrartikel.
Hauptstadt Lima (100.000 E.); Callao, der Hafen von Lima,
südlich die Chincha-Jnseln (spr. Tschintscha) mit den größten Guano-
lagern; Luzco (40.000 E.), ehemalige Residenz der Jnka's (d. h. Son¬
nenkinder, Herrscher von Peru).
Republik Bolinia, 25.000 Quadrat-Meilen mit 2 Mill. E.,
die Heimat des Chinabaumes, liefert dieselben Produkte wie Peru.
Chuguisaca (spr. Tschnkisaka, 24.000 E.), Hauptstadt; Potosi
(20.000 E.), berühmte Bergstadt, über 13.000^ hoch gelegen, mit Silber¬
bergbau; Cochabamba (Kotschabamba, 40.000 E.), Hauptkornkammer
des Staates; Cobija, Hafen.
Republik Chile (spr. Tschile), 6600 Quadrat-Meilen mit
1,800.000 E., hat einen ewigen Frühling. Hauptprodukte sind Silber,
Kupfer und Schafwolle.
Hauptstadt St. Jago (80.000 E.); Valparaiso (60.000 E.), der
wichtigste Hendelsplatz an der südamerikauischen Westküste; Valdivia,
schöner Hafen; die Insel Juan Fernandez, angeblich Robinson's Auf¬
enthalt.
Patagonien, von den Patagoniern, kräftigen, berittenen Jägern
bewohnt, welche die wilden Rinder und Pferde, sowie das zahllose Ge¬
flügel sagen.
Feuerland, von den Pescherähs, kleinen und äußerst häßlichen
Menschen, bewohnt.
Falklands-Inseln (spr. Fahkländs), auch« Maluinen genannt,
und Staaten-Jnfel sind britisch.
An den unbewohnten Inseln Südgeorgien, Sandwichland,
Südliche Orkaden, Südshetlands-Znseln befinden sich große
Schaaren von Seevögeln, Robben und anderen Thranthieren.
Die Staaten am Rio de la Plata oder die Argentinische Con-
födcration, 39.000 Quadrat-Meilen mit 1,400.000 E., besteht aus
18 Staaten. Unzählbare Herden von ivildcn Rindern und Pferden
187
grasen in den weiten Pampas. Die wichtigsten Ausfuhrartikel sind
Häute und Schafwolle.
Bnenos-Ayres, d. i. gute Lüfte (130.000 E.), großer Handels¬
platz; Parana (15.000 E.), Sitz der Bundesregierung; Cordova
(14.000 E.); Mendoza, in den Vorbergen der Ander, in einer getreide-,
wein- und obstreichen Gegend.
Republik Uruguay oder Rauäa oriontal, d. i. die Ostgrenze,
3400 Quadrat-Meilen mit 250.000 E. Das wichtigste Produkt ist
die Schafwolle.
Hauptstadt Montevideo (45.000 E.).
Republik Paraguay, 10.000 Quadrat-Meilen mit 1,400.000 E.,
ein äußerst fruchtbares und schönes Land, dessen wichtigstes Erzeugniß
der Paraguay-Thee oder Mate ist.
Hauptstadt Asuncion (40.000 E.).
Kniserthum Brasilien, 152.000 Quadrat-Meilen mit 12 Mill.
E., an Pflanzenreichthum, Diamanten und anderen Edelsteinen von
keiirem anderen Theile der Erde übertroffen und besonders ausgezeichnet
durch Baumwolle, Zucker und den größten Reichthum au Kaffee. Ein-
theilung in 20 Provinzen.
Hauptstadt Rio Janeiro (spr. Rin Schauern, 380.000 E.), wich¬
tiger Handelsort an einer herrlichen Bucht mit dem größten Kaffeehandel
der Erde; Bahia (180.000 E.), mit einem sehr großen Hafen, in dem
bevölkertsten Landstriche des Reiches, führt den meisten Zncker aus; Per-
nambuco, Para und Porto Alegre, Handelsstädte; Ouro Preto mit
Gold- und Diamantwäschereien; Cnyaba, Hauptort der Provinz Matto
Grosso; Diamantino, Hauptstadt des Diamanten-Distriktes.
Guayana, lange als das Goldland (Eldorado) berühmt, mit
einem , für Europäer höchst ungesunden Klima, zerfällt in Französisch-,
Holländisch- und Britisch-Guayana oder die Colonien Cayenne, Suri¬
nam und Demerary. Wird größtentheils von Negern bewohnt.
Australien.
64. jAnstralirn.
Die Gesammtfläche dieses Erdtheils mit Einrechnung der oceani-
schen Inseln beträgt.I 61.000 Quadrat-Meilen mü -L.M sss E. Der
KMMut Australien, auch Nclkduand genanm, hat große Einförmig¬
keit in der Bodengestaltung, in der Pflanzen- und Thierwelt. Es ist ein
weites und tiefes Flachland, nur an der Ost- und Südostseite von
mäßigen Gebirgen durchzogen. Die meisten Flüsse sind nur wildes
Wasser, welches nicht aus 'beständigen Quellen kommt, sondern durch
Regengüsse entsteht, sich im Unterlaufe über die Ebene nach allen Seiten
verbreitet, in der trockenen Jahreszeit versiegt und nur stellenweise Lachen
und Moräste znrückläßt. In solchen Landstrichen sind dauerhafte Nieder¬
lassungen nicht möglich. Undurchdringliches Dorngebüsch (sornb) hin¬
dert vielfach die Erforschung des Landes. Der bedeutendste Fluß ist der
Murray (spr. Mörreh) mit dem Darling und Murrumbidgee
(spr. M örömbidschi). Im Pflanzen- und Thierreich zeigen sich manche
seltsame, in den anderen Erdtheilen ungewohnte Erscheinungen: Nie¬
drige Bäume und hohe Gräser, Bäume, welche nicht die Blätter sondern
die Rinde alljährlich abwerfen, Wälder ohne Schatten, weiße Krähen
und schwarze Schwäne, Schnabelthiere und Beutelthiere. Australien ist
hauptsächlich Weideland und die aus Europa eingeführten Merinoschafe
bilden den wesentlichsten Reichthum. In neuerer Zeit werden reiche
Goldlager ausgebeutet. Die Inseln besitzen ein überaus mildes Klima
und in der Frucht des Brotbaumes und der Cocospalme das Haupt¬
nahrungsmittel.
189
Die eingcbornen Bewohner gehören zwei Hauptstämmen an.
Die Papuas, von schwarzer Farbe, bewohnen Neu-Holland und die¬
jenigen Inseln, welche in der südöstlichen Verlängerung von Neu-Guinea
liegen, — die Austral-Indier oder Malayen, von brauner Farbe,
das übrige Polynesien.
Das Festland Australien wird von Großbritannien colonisirt
und in die Colonien Neu-Südwalcs, Victoria, Süd-Australien, West-
Australien und Queensland unterschieden.
Sydney (spr. Sidni, 90.000 E.) an der Botauybai; Melbourne
(120.000 E.), — nördlich der Distrikt der Goldgräber; Adelaide (40.000 E.)
mit reicher Viehzucht.
Van Diemcnsland 'Tasmania), britisch, mit dem Hauptorte
Hobarton.
Neu-Seeland, das australische Großbritannien, 5000 Quadrat-
Meilen mit 160.000 E., britisch, hat auf der Südinsel hohe Schnee-
berge mit Gletschern, steile Küsten mit zahllosen Buchten, aus der Nord¬
insel mehrere hohe Vulkane. Merkwürdig sind die Reste von Riesen-
Vögeln, dreimal so groß als der Strauß.
Hauptstadt Änktand (spr. Äkländ); Wellington an der Cooks-
straße; südöstlich Insel CH atam (spr. Tschätäm) und Antipodeu-Jnsel.
Mikroncstrn, wegen der Kleinheit der einzelnen Inseln so genannt: -
Marianen, spanisch; Carolinen, Pelew-Inseln; Mülgrave's-
Jnseln (spr. Mölgrew) umfassen die Radak's-, Ralik's- und Gilberts-Inseln.
— Radak's-und Ralik's-Jnseln zusammen heißen Marshall's-Archipel.
Melanesien, wegen der dunkelfarbigen Bewohner so genannt,
enthält:
- Neu-Guinea, 16.000 Quadrat-Meilen, bekannt durch die schönen
Paradiesvögel und die Wildheit seiner Bewohner; Neu-Britannien
(Birara) und Neu-Irland (Tombara) haben ein angenehmes Klima und
schöne Dörfer mit civilisirteu Einwohnern; Solomons-Inseln, Santa-
Cruz-Jnseln und Neue Hebriden sind von Menschenfressern bewohnt;
Neu-Caledonien, französische Colouie; Fidschi-Inseln, deren Bewohner
zum Theil bekehrt, zum Theil noch Menschenfresser sind.
Polynesien, wegen der großen Zahl der Eilande so genannt:
Freundschafts-Juseln oder Tonga-Archipel, Schiffer-Inseln
oder Samoa-Archipel, Raratonga oder Cooks-Archipel mit meist zum
Christenthum bekehrten Bewohnern; Union-, Phönix- und Ellice- (spr.
— 190 —
Elliß) Gruppe; Gesellschafts-Inseln mit der Hauptinsel Tahiti und
Nuka-Hiwa oder Mendana's Archipel mit den Marquesas-Jnseln sind
französisch; Paumotu mit den Niedrigen Inseln, theils von Christen,
theils von Wilden bewohnt; Osterinsel; Weihnachtsinsel; Sand-
wich's-Jnseln, ein Königreich mit 360 Qnadrat-Meilen und 70.000
christlichen Bewohnern. Ans der Insel Hawaii ist Mauna Loa (12.900"),
der großartigste und mächtigste Vulkan auf der Erde. Außer deu Gipfel¬
kratern befindet sich an seinem Abhange 3700" hoch der Lapasee Kilauna
über 1/2 Stunde breit, mit glühender, beständig wallender Lava erfüllt.
Hauptstadt Honolulu auf der Insel Oahu, wichtigste Schiffahrtsstation
im Stillen Meere.
Auf dem Südpoiarland, dessen Küsten mir stellenweise bekannt
sind, liegt im Meridian von Neu-Caledonien der Vulkan Erebus
(12.360').
Inhalt
Seite
Borbericht. . 3
Geographische Erläuterungen. 5
I. Mathematische Geographie.
1. Das Weltgebäude . . . .. 7
2. Das Planetensystem. 7
3. Die Gestalt der Erde.. 9
4. Die Jahreszeiten.12
5. Die Weltgegenden.15
6. Der Mond.18
II. physische Geographie.
7. Das Festland in horizontaler Ausdehnung.20
8. Das Festland in verticaler Erhebung.21
S. Das Meer.23
10. Die Landgewässer.26
11. Der Luftkreis. 30
12. Geographische Verbreitung der Pflanzen und Thiere.... 34
III. Politische Geographie.
13. Der Mensch.'.36
Europa.
Kaiserthum Oesterreich.
14. Geschichtlicher Ueberblick.39
15. Räumliche Ausdehnung und Bodengestalt.40
16. Die Gewässer.42
17. Klima, Cnlturboden und Bevölkerung.44
18. Die Staatsverfassung.45
L. Die im Reichsrathe vertretenen Länder:
19. Erzherzogthum Oesterreich unter der Enns oder Ricderösterreich. 47
20. Erzherzogthum Oesterreich ob der Enns oder Oberösterreich. . . 50
21. Herzogthum Salzburg.53
22. Herzogthum Steiermark.55
23. Herzogthum Kärnthen.59
24. Gefürstete Grafschaft Tirol.61
25. Herzogthum Krain . 67
26. Das Küstenland (Gefürstete Grafschaft Görz und Gradišča, Mark¬
grafschaft Istrien und Stadt Triest init Gebiet).69
27. Königreich Dalmatien.12
28. Königreich Böhmen..14
29. Markgrasschaft Mähren . . . .83
192
Seite
30. Herzogthnm Schlesien.91
31. Königreich Galizien und Lodomerien mit dem Groß-Her,zogthnm
Krakau. 93
32. Herzogthum Bukowina.100
8. Die Länder der ungarischen Krone:
33. Ungarn. 101
34. Großfürstenthnm Siebenbürgen.110
35. Königreich Kroatien und Slavonien.113
36. Die Militärgrenze.115
Deutschland.
37. Bodengestalt.118
38. Das Königreich Preußen. 121
39. Staaten des norddeutschen Bundes.132
40. Süddeutschland.135
41. Die Bundesrepublik Schwei;.138
42. Die vereinigten Königreiche Schweden und Norwegen.142
43. Königreich Dänemark.143
44. Königreich Großbritannien und Irland.143
45. Königreich Niederlande.145
46. Königreich Belgien. 146
47. Kaiserthum Frankreich.147
48. Pyrenaischc Halbinsel. 150
49. Königreich Italien. 153
50. Europäische Türkei.157
51. Königreich Griechenland.160
52. Kaiserthum Rußland.160
Aste».
53. Bodengestalt.164
54. Vorderasien.166
55. Südasien oder Ostindien. . 168
56. Ost und Nordasicn.171
Afrika.
57. Bodengestalt.173
58. Länder im Norden und Osten der Sahara. 175
59. Länder im Süden der Sahara.176
Amerika.
60. Bodengestält.179
61. Nordamerika.182
62. Mittelamerika.184
63. Südamerika.185
Australien.
64. Australien. 188
ssdirsisr
W I
S3
MZiirWim »i «mow«