ZU EHREN DES INSTITUTS FÜR SLAVISTIK AN DER KARL FRANZENS UNIVERSITÄT 1871 GRAZ 1971 BEITRÄGE ZUR KENNTNIS SÜDOSTEUROPAS UND DES NAHEN ORIENTS Begründet von RUDOLF TROFENIK Herausgegeben von H.-G. BECK, München — M. BERNATH, München — M. CAMAJ, München K.-D. GROTHUSEN, Hamburg — H. J. KISSLING, München E. KOLIQI, Rom — L. KRETZENBACHER, München t A. SCHMAUS, München J. SCHÜTZ, Erlangen — G. VALENTINI, Palermo W. WÜNSCH, Graz XII. BAND R T DR. DR. RUDOLF TROFENIK • MÜNCHEN 1971 GESCHICHTE DER ÄLTEREN SÜDSLAWISCHEN LITERATUREN MIT EINEM ANHANG : ZUR KRITIK „DER ÄLTEREN SÜDSLAWISCHEN LITERATUREN". AN DIE LESER DES „ARCHIVS FÜR SLAWISCHE PHILOLOGIE". UNVERÄNDERTER NACHDRUCK. R T DR. DR. RUDOLF TROFENIK • MÜNCHEN 1971 + ÄO^-flg Dieser Band ist erstmals in der Reihe "Die Literaturen des Ostens" erschienen. 207700 (I lJe»Jn %) Druckerei Franz Wolf,Heppenheim. Schon seit mehreren Jahren hatte der Unterzeichnete beabsichtigt, Mathias Murko's „Geschichte der älteren südslawischen Literaturen" von 1908 in einer Neubearbeitung des Münchener Slawisten und Balkanologen Alois Schmaus herauszugeben. Nicht zuletzt war es die rege Nachfrage nach diesem wissenschaftlichen Werke besonderer Art, die den Editionsplan heranreifen ließ. Doch der allzufrühe Tod von Alois Schmaus am 27. Juli 1970 machte das Vorhaben zunichte. Wenn nun dieses Werk in einer freilich weitaus bescheideneren Form als photomechanischer Abdruck, d. h. also ohne jeden Eingriff in den Originaltext des Verfassers aus besonderem Anlaß herausgegeben wird, so soll und kann dennoch ein Mehrfaches damit erreicht werden. Einmal soll es jenen heute immer zahlreicher werdenden Studierenden der Slawistik, die der deutschen Sprache mächtig sind, als erster und vorläufiger Zugang zu den nicht leicht zu überschauenden Anfängen der südslawischen Literaturen dienen. Es versteht sich von selbst, daß seit dem Jahre 1908, als das Werk in Leipzig erschien und sofort Aufsehen erregt hatte, bedeutende Fortschritte sowohl in der Erforschung des Gesamtbildes der südslawischen Literaturen als auch im Studium der einzelnen Nationalliteraturen der slawischen Südostvölker erzielt worden sind. Krieg und Frieden haben im letztvergangenen halben Jahrhundert das Land und die Menschen im slawischen Südosten so tiefgreifend verändert, daß man sich nunmehr auch ihrer Vergangenheit kaum noch mit den seinerzeit gültigen Maßstäben wissenschaftlicher Forschung nähern darf. Man braucht sich nur zu vergegenwärtigen, daß etwa die Slawen in Makedonien seit 1908 nicht nur ihre Eigenständigkeit durchgesetzt und damit ihre national-kulturelle Autonomie errungen haben, sondern daß sie seit 1945 auch ihren eigenen Staat im Rahmen der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien gewinnen konnten. Auch in der Wissenschaft mußte man seither von jenen vorwiegend philologischen und ideengeschichtlichen Problemen, die Murko mit der gerade von ihm so sehr entwickelten geistesgeschichtlichen Methode behandelt hatte, abrücken. In Forschung und Lehre wandte sich die Nachfolgegeneration zunächst mehr ästhetischen und poetischen Fragen im weitesten Sinne zu. Man lernte die sakralen wie die profanen Texte des Mittelalters über ihren Wert als Dokumente ihrer Zeit und der Kulturgeschichte hinaus auch als poetische Werke dichterischer Gestaltungskraft schätzen. Trotz dieser Neuerkenntnisse aber zeigt es sich, daß Murko's lebensnahe Darstellung jener geistigen und materiellen Kräfte, die einstmals die Begründer der südslawischen Literaturen bewegt hatten, keineswegs als überholt zu gelten hat. Zum anderen darf das vorliegende Buch als eines der Hauptwerke gelten, die Murko in den so fruchtbaren Jahren von 1902 bis 1917 verfaßt hatte, in denen er als ordentlicher Professor für Slawische Philologie und als Vorstand des Seminars für Slawistik an der Universität Graz gewirkt hat. So glaubt der Unterzeichnete mit diesem Nachdruck sowohl den großen Gelehrten untersteirisch-slowenischer Herkunft Matija Murko (1861—1951) als auch das „Institut für Slawistik" der Universität Graz, das in diesem Jahre 1971 sein hundertjähriges Bestehen und Wirken feiern kann, gebührend zu ehren. In diesem Sinne sei dieser Nachdruck von M. Murko's „Geschichte der älteren südslawischen Literaturen" als ein in seiner Art auch wissenschaftsgeschichtlich hochbedeutsames Werk den Manen des großen Grazer Slawisten geweiht und der Aufmerksamkeit aller heutigen Lehrer und Studierenden der slawischen Philologie in Graz und überall in der Welt empfohlen. Rudolf Trofenik Geschichte der älteren südslawischen Litteraturen. Von Dr. M. Murko, o. Professor an der Universität Graz. Leipzig, C. F. Amelangs Verlag. 1908. Vorwort. Für meine Gesamtdarstellung der südslawischen Litteraturen war zuerst die Bezeichnung Geschichte der südslawischen Litteratur in Aussicht genommen, unter welchem Titel bereits Paul Jos. Safafiks bis 1830 reichende Litteraturgeschichte der Slowenen, Kroaten und Serben aus dessen Nachlafs von Josef Jirecek (Prag 1864) herausgegeben worden ist. Ich entschlofs mich jedoch zu einer entsprechenden Änderung, um die faktischen Verhältnisse besser zum Ausdruck zu bringen, da wir heute Slowenen, Kroaten, Serben und Bulgaren als ausgesprochene nationale Individualitäten im slawischen Süden vorfinden. Der Charakter dieses aus verschiedenen Gründen besonders schwierigen Werkes blieb jedoch derselbe; ich unternahm es in dieser von den bisherigen Darstellungen ganz abweichenden Form nicht etwa deshalb, weil es der Verleger für zweckmäfsig hielt, diese noch wenig ins Gewicht fallenden Litteraturen in einem Halbband zusammenzufassen, oder gewissen Theorien zuliebe, die gerade in jüngster Zeit wieder aufleben. Vielmehr ist es meine feste Überzeugung, dafs die Litteratur der südslawischen Völker wirklich im Zusammenhang, nicht etwa in Paralleldarstellungen, behandelt werden kann und soll. Die Wirksamkeit der Slawenapostel Cyrill und Method berührte in der Tat alle Südslawen, und die von ihnen begründete Litteratur erfuhr auf südslawischem Boden ihre hohe Ausbildung, um dann zu den Russen und sogar zu den Rumänen übertragen zu. werden. Es ist aber ganz falsch, wenn z. B. serbische Literaturhistoriker nach einem kurzen Überblick der Wirksamkeit Cyrills und Methods plötzlich einen Sprung vom Ende des 9. Jahrhunderts zu dem des 12. machen, als mit der Konsolidierung des serbischen Staates die kirchenslawische Litteratur einen neuen Mittelpunkt erhielt und allmählich sogar die litterarische Führungauf die Serben überging. Doch hatte bis dahin geradezu die Mehrzahl der Serben unter bulgarischer und byzantinischer Herrschaft Anteil an der kirchenslawischen Litteratur, die zu besonderer Blüte bei den Bulgaren gelangt war, so dafs bei den Serben einfach auf übernommener Grundlage weiter gearbeitet wurde. Diese Wechselbeziehungen kamen noch besonders lebhaft zum Ausdruck vor dem Untergang des letzten mittelalterlichen bulgarischen Reiches und in den Trümmern des serbischen Staates, wo die bedeutendsten Vertreter der Litteratur beiden Völkern gemeinsam sind. Diese kirchenslawische Sprache und Litteratur wurde aber schon in Methods Zeiten auch zum Eigentum eines grofsen Teiles der Kroaten in Dalmatien, im Küstenlande und auch weiter im Innern von Kroatien, auf dem Festlande von Istrien und auf den Inseln des Quarnero, woher noch am Ausgange des Mittelalters eine Bearbeitung der Trojasage zu den Bulgaren und von diesen zu den Russen gelangte. Es gibt daher nichts Verkehrteres, als wenn der jüngste Verfasser einer serbischen Litteraturgeschichte für Mittelschulen (Greic) gerade die glagolitische Litteratur der Kroaten von seinem Werke ausschliefst. Wir sehen da bei den kleinen südslawischen Völkern das merkwürdige Schauspiel, dafs sie sich sogar noch kleiner machen, um gröfser zu erscheinen. Speziell das nicht blofs Fernstehenden, sondern sogar Einheimischen unverständliche Verhältnis zwischen Serben und Kroaten (s. S. 1—10) erfordert eine gemeinsame Behandlung ihrer Litteratur, aber nicht in der Art, dafs man sie blofs in demselben Buch in zwei ungleichen Hälften unterbringt (Surmin). Das widerspricht nicht blofs der gegenwärtigen Einheit der Litteratursprache der Serben und Kroaten, sondern auch ihrer historischen Entwicklung, die grofsen Teilen beider Völker oft und lange gemeinsam war. Überhaupt sind die Begriffe bulgarisch, serbisch, kroatisch und slowenisch in ihrer heutigen Bedeutung erst ein Produkt des 19. Jahrhunderts, früher aber hatten sie in verschiedenen Zeiten einen verschiedenen Umfang, der sogar in unseren Tagen an mehreren Punkten noch sehr strittig ist. Eine von kleinlichen Rücksichten freie und das Wesen der Litteratur ins Auge fassende Betrachtung und Darstellung derselben wird sich daher möglichst an die chronologische Reihen- folge und an die Entwicklungsgeschichte der grofsen, die Mensch heit bewegenden Ideen halten und dabei die Rolle, welche die einzelnen Landschaften bei der Übernahme und Ausbildung derselben spielten, zu bestimmen suchen. So ist die ältere Litteratur ein Werk des Christentums unter überwiegend byzantinischem Einflufs, dem sie auch eine vollständige Verknöcherung und mumienhafte Existenz im Südosten bis ins 18. Jahrhundert zu verdanken hatte, während dem Nordwesten der Humanismus und die Renaissance, die Reformation und Gegenreformation neues Leben brachten, das Zeitalter der Aufklärung, der französischen Revolution und der Romantik aber wieder allen südslawischen Völkern voranleuchtete und sie allmählich ganz dem europäischen Kulturleben des 19. Jahrhunderts zuführte. Die Darstellung der älteren Periode, in der es in der Tat eine gemeinsame südslawische Litteratur unter überwiegend byzantinischem Einflufs gab, bildet für sich ein abgeschlossenes Ganzes. Von dem Charakter dieser ganzen Sammlung und namentlich von A. Brückners glänzender Geschichte der russischen Litteratur unterscheidet sich dieser Halbband stark, denn hier wird, wenn auch in noch so knapper Fassung, auf die ältere Litteraturperiode besonderes Gewicht gelegt, weil diese eine welthistorische Bedeutung hat, mag sie auch ihrem Inhalt nach nicht besonders interessant erscheinen. Ich glaube, dafs namentlich Byzantinisten und überhaupt Theologen, Philologen und Historiker aller Arten der Verlagsbuchhandlung Dank wissen werden, dafs sie auf meine Intentionen, ihnen einen kleinen Führer zum Verständnis des älteren südslawischen Kulturlebens zu liefern, bereitwillig einging. Ebenso dürfte derselbe als eine Art Einleitung zur Geschichte der russischen und rumänischen Litteratur in dieser Sammlung willkommen sein. Dafs ich dabei immer auch die Interessen weiterer slawistischer Kreise im Auge hatte, bedarf wohl keiner Begründung. Natürlich war es unter solchen Umständen nicht möglich, allen Bedürfnissen und Wünschen innerhalb eines so engen Rahmens ganz gerecht zu werden. Leider mufste ich sogar von den wichtigsten Litteraturangaben, die ich im Anhang.bringen wollte, Abstand nehmen; sie hätten namentlich deshalb Bedeutung, weil selbst solchen Forschern, die schon bestrebt sind, mit russischen Publikationen vertraut zu werden, die südslawischen mehr oder weniger unbekannt bleiben. Die wichtigsten bibliographischen Hilfsmittel werden jedoch am Schlufs genannt. Die in den Anhang verwiesenen Anmerkungen waren grölstenteils als Fulsnoten gedacht. Einen verhältnismälsig breiten Raum nimmt in meiner Darstellung dei* historische Hintergrund ein, denn die Litteratur ist keine Glaspflanze. Dafs ich dabei nicht öfters irre ging, verdanke ich der ausgiebigen Hilfe des besten Kenners der Balkangeschichte, Professor Konstantin Jirecek in Wien. Er war immer zu ausführlichen Aufklärungen und Mitteilungen bereit und las die Korrektur jedes Bogens zweimal, mancher sogar öfters. Wenn daher namentlich die Chronologie häufig von den üblichen Angaben und selbst von den neuesten Resultaten der einheimischen Forscher abweicht, so ist das in den meisten Fällen auf seine Mitteilungen zurückzuführen. Ich fühle mich jedoch verpflichtet, hervorzuheben, dafs die Daten über Grigorij Camblak (S. 161—162) auf Jacimirskijs Monographie beruhen. Aufser K. Jirefiek schulde ich herzlichen Dank noch meinem hiesigen Kollegen K. Strekelj für die Durchsicht des Manuskriptes, für einzelne Mitteilungen aber den Kollegen J. Cvijic, P. Popovic und J. Radonic in Belgrad, B. Conev in Sofia, L. Niederle in Prag und K. Radcenko in Nezin; endlich Herrn Generalmajor V. Krajnc für die Mitarbeit beim Sachregister. Wie ich mir die Darstellung der neueren Litteraturen nach denselben Grundsätzen denke, zeigt meine Ubersicht der »Südslawischen Litteraturen« in der »Kultur der Gegenwart« I, 9, S. 194—245 (Leipzig, B. G. Teubner). Graz, Ende Mai 1908. M, Murko. Schreibung und Aussprache. Die alte und neue cyrillische und die glagolitische Schrift werden nach der in der Wissenschaft üblichen Weise und nach der heutigen Graphik der lateinisch schreibenden Südslawen umgeschrieben. Vokale, a = nasaliertes o, franz. on in long; e = nasaliertes e, franz. In in fin; e (cyrillisch i) ist ein ursprünglich geschlossenes e, das noch heute auf weiten südslawischen Gebieten so gesprochen wird; doch der Umstand, dafs es im glagolitischen Alphabet zugleich ja bezeichnet, lehrt, dafs die Aussprache des e teilweise auch diesem Laut nahe stand wie noch heute in ostbulgarischen Dialekten (die Umschreibung mit e empfiehlt sich nicht, weil sie zur cechischen Aussprache verleitet); y bezeichnet wie im Russischen einen am harten Gaumen gebildeten u-Laut mit i-Artikulation der Lippen, der in den südslawischen Sprachen bald in i überging (daher z. B. Ryla und Rila); i ein entrundeter ö-Laut, wie er etwa im engl, bird vorliegt; t ein zwischen einem kurzen e und i in der Mitte liegender Laut (die Umschreibung dieser beiden »Halbvokale» mit ü, 1 ist irreführend); im Russischen ist t heute blofs Erweichungszeichen, % aber zwecklos, weswegen es in der Transskription weggelassen wird). Konsonanten, h = ch; c = tsch, s = sch (tonlos, «scharf«), z = franz. j (sch tönend, »weich«); c = ts (deutsch z, tz), s = tonloses (scharfes) s (ss, fs), z = franz. z, tönendes s im deutschen Rose; c = erweichtes ß, eigentlich t (daher auf Karten noch die alte Schreibung tj, z. B. Niksitj = Niksic; das polnische c ist verschieden); lj, nach DaniCic im Wörterbuch der Agramer Akademie 1 = erweichtes I, ital. gl; nj, nach DaniCic ri wie im Polnischen oder n im Böhmischen = erweichtes n, franz.-ital. gn; gj (z. B. Gjorgje), häufig noch dj geschrieben (z. B. im Namen Djakovo, aber nicht empfehlenswert, weil wirkliches dj im Serbokroatischen daneben vorkommt), nach DaniCic d = erweichtes d; v = w (im Auslaut natürlich f, daher Umschreibungen von bulgarischen Namen wie Iwanoff), r und I in scheinbar unaussprechlichen Gruppen sind vokalisch. Die Namen erscheinen in der ursprünglichen griechischen oder in ihrer slawischen Form; nur solche Latinisierungen, die sich vollständig eingelebt haben, wie z. B. Cyrill für Kyrill, wurden beibehalten. Die slawischen Namen werden in der Regel in ihrer alten Form wiedergegeben. Inhalt. Seite I. Zum Verständnis der heutigen ethnographischen und kulturellen Verhältnisse. — Kroaten und Serben. — Abhängigkeit der Litteratursprachen von historischen und politischen Momenten. — Statistische Angaben...... 1 II. Historische Notizen über die Einwanderung der Südslawen, ihre Staatengründungen, Christianisierung ui.d ursprüngliche Kultur....................... 19 III. Die Slawenapostel Cyrill und Method.......... 36 Die Anfänge der kirchenslawischen Litteratur in Mähren und Pannonien............. 36 IV. Die ältesten litterarischen Denkmäler der Slowenen ... 54 V. Die altkirchenslawische Litteratur in Bulgarien..... 57 1. Übersicht. Die theologische Litteratur...... 57 2. Chroniken. Physiologus. Mangel wissenschaftlicher Litteratur................... 76 3. Die apokryphe Litteratur. Die Bogomilen .... 82 4. Prosadichtungen................. 95 VI. Die slawische Kirchensprache bei den Kroaten an der adriatischen Küste. Die ältesten Chroniken der Kroaten und Serben........................100 VII. Schlufsbetrachtungen über das altkirchenslawische Schrifttum............................ 108 VIII. Die Litteratur des zweiten bulgarischen Reiches (Mittelbulgarische Periode)................... 112 IX. Serbien als Mittelpunkt der kirchenslawischen Litteratur am Ausgange des Mittelalters..............133 1. Geschichtliche Bemerkungen und allgemeine Cha- rakteristik ................... 133 2. Die liturgische und theologische Übersetzungs- litteratur....................144 3. Übersetzungen auf dem Gebiete der weltlichen Litteratur................... 147 4 Originalleistungen auf dem Gebiete der geistlichen und weltlichen Litteratur............155 X. Bosnien..........................169 XI. Die kirchenslawische Litteratur der Kroaten an der Adria 174 XII. Mittelalterliche romantische Stoffe bei den Kroaten und Serben..........................181 XIII. Die Türkenherrschaft und ihre Folgen. Das epische Zeitalter der Südslawen...................185 Anmerkungen......................207 Die wichtigsten bibliographischen Hilfsmittel .... 220 Zusätze und Verbesserungen .... .........226 Personen- und Sachregister...............227 Zum Verständnis der heutigen ethnographischen und kulturellen Verhältnisse. — Kroaten und Serben. — Abhängigkeit der Literatursprachen von historischen und politischen Momenten. — Statistische Angaben. Vom Gailtal im südwestlichen Kärnten bis zum Schwarzen Meere und vor die Tore von Konstantinopel, von der Drau in Ungarn bis zur Bojana und in Makedonien bis nach Saloniki wohnen gegen 16 Millionen slawischer Bevölkerung, deren Sprache heute eine ununterbrochene Kette von allmählich ineinander übergehenden Dialekten bildet. Aus diesen sind im Laufe der Zeit drei Schriftsprachen hervorgegangen, die slowenische, die kroatische oder serbische, daher auch kroatoserbische oder serbokroatische genannt, und die bulgarische. Früher war die Zahl dieser Namen viel gröfser, da im Westen des Sprachgebietes der allgemeine slawische Name (slovinski, slovenski = lat. lingua sclava, sclavica, sclavonica, sclavonesca, ital. schiava) oder infolge einer falschen gelehrten Kombination der illyrische (ilirski), aufser-dem aber noch verschiedene Provinzialnamen wie krainerisch (sogar steirisch und kärntisch!), dalmatinisch, ragusäisch, bosnisch, slawonisch gebraucht wurden. Als Träger dieser heute ziemlich stark ausgeprägten Schriftsprachen finden wir aber vier historische und nationalpolitische Individualitäten, die Slowenen, Kroaten, Serben und Bulgaren. In diesem Sinne gibt es im slawischen Süden auch drei, beziehungsweise vier Litteraturen. Einer besonderen Aufklärung bedarf das Verhältnis zwischen den Kroaten und Serben, das eines der interessantesten sprachlichen, ethnographischen und politischen Probleme genannt werden kann. Von allen Merkmalen eines Volkstumes gilt heute als das sicherste die Sprache, aber gerade diese läfst uns hier vollständig im Stich, denn alle Versuche, nach gewissen dialektischen Murko Geschichte der südslawischen Litteraturen. 1 Merkmalen eine serbische und eine kroatische Sprache zu konstruieren oder gewisse Dialekte mit einem der beiden Volksstämme zu identifizieren, sind kläglich gescheitert und die Sprachwissenschaft hat unter dem Einflufs der auch sonst unhaltbaren Stammbaumtheorie, die auch hier ihre Äste haben wollte, nur Verwirrung in diese Frage gebracht (hauptsächlich durch Mik-losich und die ihm folgenden deutschen Linguisten). Auf dem ganzen Sprachgebiete finden wir im Grunde genommen dieselbe Volkspoesie, die allerdings nicht überall in gleicher Weise fortlebt, aber auch hierin berühren sich die dem westeuropäischen Kulturleben näherstehenden Kroaten mit den Serben in Syrmien und im südlichen Ungarn. Trotz der religiösen Spaltung in Katholiken, Orthodoxe und Mohammedaner stimmen auch die nationalen Rechtsinstitutionen (vgl. vor allem die Zadruga oder Hauskommunion), die Sitten und Gebräuche überein, soweit sie nicht unmittelbar mit der Religion zusammenhängen; doch sind selbst diese z. B. anläfslich der hohen Feiertage bei den Christen an vielen Orten geradezu identisch, so dafs hier bei weitem nicht solche Unterschiede konstatiert werden können, wie selbst zwischen katholischen und protestantischen Süddeutschen, ganz abgesehen davon, dafs sich die römisch-katholische und griechisch-orientalische (orthodoxe) Kirche viel näher stehen als die katholische und protestantische. Trotz aller Gegensätze illustriert das Verhältnis der Religionen am besten das allgemein verbreitete Sprichwort: brat je mio, koje vjere bio (der Bruder ist lieb, mag er welchem Glauben immer angehören). In den zahlreichen gemischten Gegenden herrschen zwischen den Katholiken und Orthodoxen Beziehungen, von denen z. B. Russen und Polen keine Vorstellung haben, weshalb sie dieselben von ihrem Standpunkte aus nie richtig beurteilen können. Auch die mohammedanisierten Grundherren von Bosnien und Herzegowina, welche die nicht zahlreich eingewanderten Osmanen nie leiden konnten und sie auch vollständig slawisiert haben (türkische Inschriften auf Strafsentafeln in manchen bosnisch - herzegowinischen Städten dürfen nicht irreführen), fühlen sich mit ihren Bauern als ein ethnisches Ganzes und der übliche Ausdruck »unser Volk« (nas narod) hat da einen viel tieferen Sinn als anderswo. Überhaupt spielt das Wort »unser« eine grofse Rolle in der Terminologie, so dafs in verschiedenen Gegenden auch die Sprache einfach die »unsere« (sogar mit dem adverbiellen naski1) genannt wird, nicht etwa blofs von Leuten, die über den Parteien stehen oder dem einen oder anderen Namen ausweichen wollen. Anthropologische Merkmale müssen nach Landschaften2) bestimmt werden, denn ein dalmatinischer Serbe steht dem dortigen Kroaten entschieden näher als seinem Namensbruder in Südungarn oder Serbien; daher wirken Schädelmessungen nach Kroaten und Serben einfach lächerlich. Bezüglich der Rasse, die ebensowenig rein geblieben ist wie anderswo in Europa, muls man sich vor Augen halten, dafs in Kroaten und Serben zahlreiche Romanen der adriatischen Küstengebiete und rumänische Wanderhirten, aber auch Osmanen, Albanesen und Griechen aufgegangen sind. Für alle sprachlichen und ethnographischen Fragen ist auch der Umstand wichtig, dafs infolge der Türkennot grofse Wanderungen nach Norden und Westen stattgefunden haben, was starke Mischungen und Ausgleichungen vorhandener Unterschiede zur Folge hatte. So wird es begreiflich, dafs niemand über die Grenzen der Kroaten und Serben eine halbwegs befriedigende Auskunft geben kann, da es objektive Merkmale dafür nicht gibt. Man verweist oft auf die Schrift, doch kommt man selbst in der Gegenwart damit nicht aus-, lateinisch schreiben ja nicht blofs die Kroaten, sondern auch solche Katholiken im südlichen Dalmatien, die sich als Serben bekennen, ebenso die nach Südungarn eingewanderten katholischen Bunjevci und Sokci, die sich über ihre nationale Zugehörigkeit noch nicht klar sind (die ungarische Statistik, die im Gegensatze zur österreichischen Serben und Kroaten getrennt zählt, läfst diese Hunderttausende einfach in den »anderen Nationalitäten« aufgehen), und die Mohammedaner von Bosnien und Herzegowina, die man aber deshalb noch nicht für Kroaten erklären kann. Die Sache wird noch mehr verwickelt, wenn man in die Vergangenheit blickt. Die lateinische Schrift kam für die Volkssprache überhaupt erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Gebrauch; die glagolitische Schrift, die heute in der Kirche bei einem Teile der Kroaten fortlebt, war ursprünglich beiden Völkern gemeinsam und wurde durch die cyrillische nicht blofs bei den Serben abgelöst, sondern auch bei ausgesprochenen Kroaten in Dalmatien (eine Inschrift von 1185 auf der Insel Brazza, Kopie einer dortigen gleichzeitigen Urkunde 1* aus Lesina vom Jahre 1250, das Statut von Poljica, das sich ausdrücklich kroatisch nennt), und in Kroatien selbst brauchten sie die hervorragendsten Geschlechter in ihren Urkunden bis ins 16. Jahrhundert. Dabei sehe ich von der bosnischen Abart der cj^rillischen Schrift (bosancica), welche hauptsächlich in den katholischen Klöstern, deren Angehörige sich heute durchwegs als Kroaten fühlen, bis zum 18. Jahrhundert und beim mohammedanischen Adel sogar bis auf unsere Tage üblich war, ganz ab. Auch das religiöse Kriterium ist nicht ganz ausschlaggebend. Nach den im nahen Orient herrschenden Begriffen und dank der kirchlichen Organisation bekennen sich heute wohl die meisten mehr oder weniger gebildeten Orthodoxen des serbokroatischen Sprachgebietes als Serben3), doch gab es noch vor kurzem unter den kroatischen Grenzern und unter den schon seit dem dreifsig-jährigen Krieg bekannten kroatischen Heerscharen auch viele Orthodoxe, die sich heute Serben nennen würden. Ein ausgesprochen serbisches Gefühl zeigen andererseits die allerdings nicht besonders zahlreichen Katholiken in Ragusa, wo die Majorität kroatisch ist, und in den Bocche di Cattaro. Der dalmatinisch-ragusanischen Litteratur, die ein Ruhmesblatt in der südslawischen Litteraturgeschichte bildet, wollen auch diejenigen Serben nicht entsagen, die theoretisch vom Abendlande, dem Lateinertum und dem Jesuitismus nichts wissen wollen, obgleich dieser im niedergehenden Ragusa, das noch am Ende des 18. Jahrhunderts Katharina II. von Rufsland eine orthodoxe Kirche in seinen Mauern nicht gestatten wollte, in hoher Blüte stand (Russen wie Lipovskij, N. Petrovskij u. a. bleiben sich da allerdings konsequent). Ganz hinfällig wird indes die Scheidung nach dem Glaubensbekenntnis dadurch, dafs Kroaten und Serben in gleicher Weise trachten müssen, die zahlreichen Mohammedaner zuerst in Bosnien und Herzegowina für ihre nationale Idee zu gewinnen, denn diese können nicht durch Ausrottung wie in Montenegro an der Scheide des 17. und 18. Jahrhunderts oder durch Auswanderung wie in Serbien beseitigt werden. Sogar die Zugehörigkeit zu staatlichen Gebilden entscheidet die Frage nicht. Serbien und Montenegro sind allerdings aus-schliefslich serbische Staaten, doch auf Kroatien (mit Slawonien) liefs sich die ungarische (übrigens auch von modernen Geographen vertretene) Theorie von der politischen Nation nicht übertragen, so dafs es daselbst eine starke und einflufsreiche serbische Minorität (25,5u/o der Bevölkerung des Landes) gibt, wie umgekehrt eine kroatische in Bosnien and Herzegowina, da sich hier auch unter den Katholiken ein modernes Nationalgefühl ausgebildet hat (nicht erst nach der Okkupation!). Übrigens überlebte der Name Türkisch-Kroatien für das nordwestliche Bosnien (Sandschak Banjaluka) auf älteren Karten und in geographischhistorischen Schriften auch die Türkenherrschaft. Der Versuch mit der »bosnischen Sprache«, womit der serbischen und kroatischen Propaganda die Spitze hätte abgebrochen werden sollen, war am Ende des 19. Jahrhunderts von vornherein aussichtslos, übte die erwartete Wirkung nicht einmal auf die Mohammedaner aus und wurde auch offiziell wieder fallen gelassen (1907). Das merkwürdige Verhältnis zwischen Kroaten und Serben ist nur durch die geschichtliche Entwicklung zu erklären: wie sie im grofsen und ganzen heute sprachlich und ethnisch ein Volk sind, so waren sie es seit ihrer Einwanderung in ihre heutigen Wohnsitze, fielen aber hier der grofsen kirchlichen und politischen Spaltung zwischen dem Morgen- und Abendlande zum Opfer, jedoch nicht sogleich und nicht ganz. Zuerst gründeten in den nordwestlichen Sprachgebieten die Kroaten einen Staat, dessen Fürst Tomislav sich bereits um 925 die Königskrone, die älteste der habsburgischen Monarchie, aufs Haupt setzte. Die kroatischen Könige, die -das fränkische Hofzeremoniell mit seinen zahlreichen Würdenträgern nachahmten, schlössen sich endgültig der römischen Kirche und abendländischen Kultur mit ihrem Latein an, obgleich auch die Kroaten kurze Zeit zwischen Rom und Byzanz, das noch die adriatischen Küstenstädte beherrschte, hin und her pendelten und die slawische Liturgie nach griechischem Ritus, der erst allmählich durch den römischen ersetzt wurde, zum Teil bis auf den heutigen Tag bewahrt haben. Die südwestlichen Sprachgebiete, mit Dioklea (Montenegro und Oberalbanien) als Mittelpunkt, schwankten aber unter sich befehdenden Fürsten noch durch ganze drei Jahrhunderte zwischen West- und Ostrom, bis Stefan Nemanja, der in der Nähe von Podgorica (in Montenegro) katholisch getauft worden war (angeblich 1122 oder 1123), weiter im Osten, im heutigen Novi pazar und Altserbien, den serbischen Staat als Grofsfcupan von Ras (ungefähr seit 1171) konsolidierte und aus politischen Gründen die Orthodoxie zur Staatsreligion erhob, da er zuerst Schutz bei Byzanz suchte und dann sein Reich auf Kosten desselben erweitern wollte. Sein Sohn Stefan der Erstgekrönte neigte wieder zum Abendlande und holte sich die Königskrone aus Rom (1217), so dafs erst sein jüngster Bruder Sava, der vom Athos über Nikäa als auto-kephaler Erzbischof zurückkehrte (1219) und dem Lande seine Hierarchie gab, den byzantinischen Einflufs auf allen Gebieten dauernd zur Geltung brachte. Die Grenzen der beiden Staaten wechselten oft und stark; zeitweise erstreckte sich z. B. die Oberhoheit der kroatischen Könige bis zum Drin in Albanien8a). Dazu traten noch neue Staatengebilde in Bosnien und Herzegowina, in denen bis zu ihrem Untergange römische und schwächere byzantinische Einflüsse im Kampfe lagen, meist aber die beiden Kirchen feindliche Sekte der Bogomilen herrschte. Es war daher absurd, wenn im 19. Jahrhundert nach den Nachrichten des Konstantin Porphyrogeneta aus dem 10. Jahrhundert — nebenbei bemerkt aus einer Periode des Tiefstandes des kroatischen Staates — nicht blofs Politiker, sondern auch Linguisten und Philologen die nationalen und sogar sprachlichen Grenzen bestimmen wollten. Dem oberflächlichen kaiserlichen Geschichtschreiber wurden dialektische und ethnographische Kenntnisse zugemutet, die er unmöglich haben konnte, und man übersah dabei ganz, dafs sich andere byzantinische Chronisten des 11. bis 12. Jahrhunderts in derselben Lage befanden wie wir heutzutage; denn Johannes Skylitzes spricht vom »Volk der Serben, die auch Kroaten genannt werden«, Zonaras aber umgekehrt vom »Volk der Kroaten, das einige auch Serben nennen«. Die beiden Namen waren eben durch den in seinem Umfange wechselnden kroatischen und serbischen Staat4) zur Geltung gekommen und dabei blieb es auch in den folgenden Jahrhunderten. Die Kroaten traten zwar nach dem Aussterben ihrer nationalen Dynastie in staatliche Gemeinschaft mit Ungarn (1102), verstanden es aber unter allen südslawischen Völkern allein, durch alle Jahrhunderte die Kontinuität ihrer staatlichen Individualität zu bewahren und in historisch wichtigen Momenten mit Nachdruck zum Ausdruck zu bringen, so z. B. nach dem Aussterben der Arpaden (1301), bei der Wahl des Kaisers Ferdinand I. zu ihrem König (1527) und bei der Annahme des Pragmatischen Sanktion (schon 1712, in Ungarn 1723); staatsrechtlich bilden bekanntlich auch heute das in der inneren Verwaltung, in der Justiz, im Kultus und Unterricht autonome Kroatien und Slawonien innerhalb der Länder der ungarischen Krone und Dalmatien als nach dem Ausgleichsgesetze vom Jahre 1867 in österreichischer Verwaltung belassenes Kronland ein Ganzes, was in offiziellen Titeln, wie in dem des Banus und des kroatischen Landtages, zum Ausdruck kommt. Die Erinnerungen an diesen historischen Zusammenhang des »dreieinigen Königreiches« spielten zu allen Zeiten eine wichtige Rolle und trugen namentlich im 19. Jahrhundert zur Entstehung einer gemeinsamen Schriftsprache aller Kroaten und naturgemäfs auch der Serben bei. Noch mehr beförderte die Verbreitung eines zweiten Namens der serbische Staat; er wurde zwar durch die Türken (1389, die Reste 1459) vernichtet, doch sein Andenken lebte in der nationalen Kirche und in herrlichen epischen Liedern fort, bis er im Anfange des 19. Jahrhunderts wieder erstand. Als dann unter dem Einflüsse der modernen Ideen auch im slawischen Süden die nationalen Einheitsbestrebungen in den Vordergrund traten, siegten nicht blofs bei den Serben, sondern nach einigen Versuchen mit allgemeinen Bezeichnungen (illyrisch, südslawisch) auch bei den Kroaten die geschichtlichen Namen. Infolge der grofsen Veränderungen, die im Laufe der Zeiten auf der Balkanhalbinsel vor sich gegangen sind, ringen beide gleichberechtigte Namen allerdings heute teilweise auf ganz anderen Gebieten um Geltung als ehemals. An manchen Orten, z. B. in Ragusa, waren früher beide Namen wenig bekannt, was bei ihrer Natur ganz begreiflich ist. Die Geschichte wirkte aber nicht blofs trennend, sondern auch vereinigend auf Kroaten und Serben. Der alte'kroatische und serbische Staat hätten bei längerer Dauer und voller Selbständigkeit wahrscheinlich zwei schärfer geschiedene Kulturtypen hervorgebracht, doch die Türkenherrschaft, unter die auch die Mehrzahl der Kroaten geriet, wirkte nivellierend und hatte eine starke Rekreation der nationalen Elemente des Volkslebens zur Folge, um das sich die Türken bekanntlich wenig kümmerten. Daher erklärt sich auch die grofse ethnographische Frische beider Völker. Die österreichischen Türkenkriege, die Einwanderung der Serben in österreichische und venezianische Gebiete zur Stärkung der kroatischen Vormauer des Christentums, die Befreiung Serbiens, die staatliche Ausgestaltung Montenegros und endlich die österreichisch-ungarische Okkupation von Bosnien und der Herzegowina brachten dann ebenfalls ausgleichende mitteleuropäische Einflüsse, die übrigens schon im Mittelalter auch südlich der Save stärker waren, als man gewöhnlich meint. An der ganzen adriatischen Küste waren aber immer alte romanische und später italienische Einflüsse sehr mächtig und erstreckten sich weit ins Innere, nicht etwa blols in das Tal der Narenta und der übrigen, dem Adriatischen Meere zuströmenden Flüsse, sondern auch in die Gebirgsgegenden der Herzegowina und Montenegros. Um für diese Behauptungen ein besonders charakteristisches Beispiel der materiellen Kultur herauszugreifen, erwähne ich, dafs das volkstümliche Haus der Kroaten und Serben in den dalmatinischen Küstengebieten und in der grölseren westlichen Hälfte von Montenegro und der Herzegowina das einfeurige Kaminhaus der romanischen Länder repräsentiert, während in alle übrigen Gebiete der Kroaten und Serben, bis in die südöstliche Spitze von Montenegro, das »oberdeutsche« zweifeurige Küchenstubenhaus der Alpenländer vorgedrungen ist5). Alle diese Erwägungen, die im Laufe der Darstellung verstärkt werden sollen, müssen daher zur Vorsicht mahnen, damit man infolge des erfreulichen Aufschwungs der byzantinischen Studien die Serben nicht allzusehr für Byzanz reklamiert, andrerseits aber die Kroaten ganz dem Abendlande zuspricht. Vielmehr bilden beide Völker schon nach ihrer Lagerung auch den entsprechenden kulturellen Übergang von den Slowenen, die frühzeitig ganz dem romanisch - germanischen Kulturkreis verfallen sind, zu den Bulgaren, bei denen byzantinische und überhaupt orientalische Einflüsse am stärksten die Herrschaft erlangt haben. Damit stimmen mit gewissen Vorbehalten auch die Beobachtungen des Erforschers der anthropogeographischen Probleme der Balkanhalbinsel, J. Cvijic8), welcher einem byzan-tinisch-aromunischen (-zinzarischen) Kulturkreis Thrakien, Ostrumelien, Makedonien, Griechenland mit Epirus und das südlichste Albanien zuweist, einem patriarchalischen hingegen Bosnien, Herzegowina, Montenegro, Nord-und Mittelalbanien, die Gebirgsgegenden Südalbaniens (bis auf die Küstengebiete), Serbien mit Altserbien und Nord- bulgarien mit Ausschlufs der östlichen Küste. Diese Grenzen entsprechen der geographischen Gliederung und dem Gebiete des mediterranen und mitteleuropäischen Klimas; ebenso decken sie sich so ziemlich mit den Grenzen der Herrschaft der griechischen und lateinischen Sprache im römischen Reich7). Auf kleine Gebiete, hauptsächlich auf die dalmatinischen Städte, beschränkt Cvijic den italienischen Kulturkreis und auf noch kleinere im Norden von Serbien den mitteleuropäischen, der übrigens auch in den Städten des Inneren mit dem früheren byzantinisch-zinzarischen Eindringling (durch die Kirche, die Kaufleute, Gewerbetreibenden und Wirte) im Kampfe liege. Dafs die beiden letzten Kulturkreise immerhin auf die Kroaten und Serben wirksamer waren, wurde schon angedeutet. Diesen historischen und natürlichen Verhältnissen entsprechend beruhte daher die ältere Litteratur der Serben und Kroaten, insoweit sie bei den letzteren überhaupt slawisch war, auf derselben Grundlage und hatte immer einzelne Berührungspunkte. Seit dem Überwiegen der abendländischen Einflüsse machte sich dann öfters ein Gefühl der Zusammengehörigkeit bemerkbar. So wollten die slowenischen Protestanten mit ihren glagolitischen und cyrillischen Drucken die Kroaten und Serben, ja sogar die Bulgaren und die slawischen »Türken« für die neue Lehre gewinnen. Ihrem Beispiele folgte die päpstliche Gegenreformation, die von Dalmatien und Ragusa aus die Hebel zur Wiedergewinnung des Balkans ansetzte. Die universellen Bestrebungen des Humanismus und der katholischen Kirche legten daher die Grundlage zur allmählichen Entstehung einer gemeinsamen Schriftsprache der Kroaten und Serben; speziell die Jesuiten blieben auch im slawischen Süden ihrem Grundsatze treu, dafs in die Litteratur der am meisten verbreitete Dialekt einzuführen sei. Als dann im 19. Jahrhundert auch die Serben die reine Volkssprache zu schreiben anfingen, konnte bald direkt der Grundsatz der Identität der Schriftsprache beider Stämme proklamiert werden. Am vernünftigsten benahm sich aber das Volk selbst: Volkslieder, namentlich die epischen über die Kämpfe mit den Türken, wanderten von Altserbien und der Donau nach Westen und umgekehrt von der Adria nach Osten. Das Volkslied einigt sogar die Bekenner der drei Religionen, denn es zeigt dieselbe Sprache und Form, sogar den gleichen Gehalt, allerdings in ver- schiedener Beleuchtung; aber selbst hier stehen sich die Christen ohne Unterschied und die »Türken« als vornehme Gegner gegenüber, wie es sich für »gute (edle, tüchtige) Helden« geziemt. Trotz aller dieser günstigen Umstände ist jedoch in der Litteratur selbst noch immer nicht die gleiche Einigkeit vorhanden. Abgesehen von den verschiedenartigen Idealen, die darin ihren Ausdruck finden, bildet noch immer die Schrift eine allzu starke Scheidewand. Auch sind die Verhältnisse zwischen Kroaten und Serben nicht immer idyllisch, namentlich wenn religiöse, soziale und politische Instinkte von der Presse und den Parteien geweckt werden; denn bekanntlich kann es keinen ärgeren Hafs geben als zwischen feindlichen Brüdern. Die moderne Kultur, welche in der Annäherung der südslawischen Stämme im 19. Jahrhundert Grofsartiges geleistet hat, wird jedoch die bestehenden Gegensätze immer mehr und mehr ausgleichen. So wird z. B. der Unterschied in der Schrift auf den zwischen der lateinischen und deutschen »Schrift« bei den Deutschen herabsinken. Wie die Dinge schon heute liegen, ist die Frage, ob Serbe oder Kroate, oft nur eine Sache des Gefühles , der gröfseren Assimilationskraft der Gesellschaft8), der Wiederbelebung oft sehr alter, historischer Erinnerungen, überhaupt einer geschickten Propaganda; denn im Grunde genommen sind die letzten Ziele nur ein gröfseres Kroatien innerhalb der habsburgischen Monarchie (daher die den Kroaten gemachten Vorwürfe des Austriazismus) oder ein gröfseres Serbien, in dem die führende Rolle noch nicht verteilt ist. Da aber die Realisierung solcher Wünsche noch in der Ferne schwebt und selbst nach Erfüllung der kühnsten Träume gerade in den umstrittenen Gebieten die Anhänger beider Parteien nebeneinander zu leben gezwungen wären und in noch höherem Grade die gleichen geistigen und materiellen Interessen hätten, so wird an ihre einsichtsvollen Männer immer von neuem die Aufgabe herantreten, für den Sieg der Vernunft zu wirken. Bemerkenswerte Verhältnisse finden wir auch an den Grenzen der drei Literatursprachen, für die ebenfalls historische und politische Momente mehr mafsgebend waren als sprachliche Merkmale. Nach unseren heutigen linguistischen Kenntnissen wird auch niemand feste Grenzen zwischen nahe verwandten Sprachen oder gar Dialekten erwarten. In den drei nordwestlichen Komi- taten von Kroatien (im ehemaligen Provinzialkroatien) finden wir einen Dialekt, der nach der Mehrzahl der charakteristischen Merkmale mit dem Slowenischen, speziell mit seinen nordöstlichen Dialekten übereinstimmt. Alle hervorragenden Sprachforscher, von Kopitar und ?afa«k angefangen, und auch Ethnographen wie Czoernig haben daher diese Kroaten sprachlich zu den Slowenen geschlagen, und ihr interessanter Dialekt, der ver-hältnismäfsig keine geringe Litteratur entwickelt hat und bis 1835 als Schriftsprache üblich war, fand leider nicht einmal Aufnahme in das grofse Wörterbuch der kroatischen oder serbischen Sprache, das die südslawische Akademie der Wissenschaften in Agram herausgibt. Als jedoch 1830 die Frage einer gemeinsamen Schriftsprache aufgeworfen wurde, antwortete J. Derkos, ein junger Jurist, in seiner lateinischen Broschüre »Genius patriae« (Agram 1832) den Philologen ganz ruhig: Wir wollen eine gemeinsame Schriftsprache aus den Dialekten dieser drei Königreiche (d. h. Kroatien, Dalmatien und Slawonien); seit den Zeiten des Königs von Kroatien und Dalmatien, Peter Kresimir, verbindet uns »das festeste Band, eine brüderliche und eine gewisse mystische Liebe« (mysticus aliquis . . . amor), die alle Herzen umschlingt; mit Krain und Steiermark haben wir dagegen nichts gemeinsam. Das war die allgemeine Ansicht, die seit 1835 auch in die Praxis umgesetzt wurde, so dafs wir in Agram das interessante Beispiel einer Hauptstadt und eines geistigen Zentrums haben, das seinem ausgebildeten Dialekte entsagte, um eine höhere Kultureinheit schaffen zu können. Die geschichtlichen Bande waren in Kroatien so mächtig, dafs es den Slowenen nicht einfiel, die dortigen Dialektgenossen für sich reklamieren zu wollen. Anders gestalten sich die Verhältnisse zwischen Serben und Bulgaren. Aus den Bewohnern der südöstlichen Gebiete Serbiens hätten ebensogut Bulgaren gemacht werden können, wie aus den angrenzenden bulgarischen Sopen bis Sofia Serben. In der Tat war im türkischen Ferman über die Errichtung des bulgarischen Exarchats (1870) die Gründung eines Bistums sogar in Nis, also in der heutigen zweiten Hauptstadt Serbiens, in Aussicht genommen. In beiden Gebieten müssen jetzt die staatlichen Grenzen erst ihre Wirkung auf die Verkehrssprache ausüben und verbürgen auch eine friedliche Entwicklung. Anders ist es im Gebiete von Skopje (Uesküb), wo es den Serben erst nach langwierigen Bemühungen und heftigen Kämpfen gelungen ist, einen Bischof zu erringen (Bischof Firmiiijan wurde 1899 gewählt, aber erst im Frühjahr 1902 konsekriert), und überhaupt im nordwestlichen Makedonien9), durch welches sie den Weg zum Ägäischen Meere bei Saloniki finden möchten. Hier wird der Kampf mit der Kirche und Schule, mit Priestern und Lehrern, aber auch mit terroristischen Mitteln geführt. Sprachliche Momente und selbst historische verfangen hier wenig. Das alte bulgarische Reich und ebenso das alte Serbien haben Makedonien beherrscht und Spuren ihrer Kultur zurückgelassen, die Serben speziell auf dem Gebiete der Architektur und Litteratur mehr, weil sie erst am Ausgang des Mittelalters dort waren. Einzelne und nicht geringfügige »Serbismen« gehen in der Tat sehr weit, wenn auch die Mehrzahl der dialektischen Merkmale für die Bulgaren spricht. Doch das würde den Bulgaren wenig helfen, wenn sie nicht viel früher als die Serben eine wirksame Propaganda begonnen und sich nicht vor allem im Exarchat die kräftigste Stütze ihrer Nationalität errungen hätten, so dafs sie in einem autonomen Makedonien gewifs die Oberhand behalten würden, wie z. B. seinerzeit in Ostrumelien, das die Erwartungen der Diplomaten so gründlich getäuscht hat; käme es aber zu einer Teilung, so werden die Grenzen nicht Philologen, denen man das zumutet, oder die sich das einbilden, sondern Diplomaten und Strategen abstecken und sich dabei um dialektische Merkmale wahrscheinlich ebensowenig kümmern wie um wirtschaftliche Bedürfnisse, denen ihre Linien oft genug geradezu Hohn sprechen. Nach den bisherigen Ausführungen wird man es begreiflich finden, dafs sich die Angehörigen der drei südslawischen Literatursprachen, die im Vergleich zu den nordwestslawischen Sprachen und zum Russischen viele gemeinsame Züge haben, ohne grofse Schwierigkeiten verständigen können. Namentlich fällt ins Gewicht die grofse Übereinstimmung in der Lautlehre und im Wortschatz, welchen nur die allzu vielen Fremdwörter (deutsche, italienische, türkische, griechische u. a.) in der Volkssprache und die allzu stark festgehaltenen türkischen in der Litteratur sowie ungleichartige Neologismen zersetzen. Besonders nahe stehen die Slowenen den Kroaten und Serben, so dafs bei günstigeren Verhältnissen auch sie ihrer Schriftsprache hätten beitreten können, während sich die Bulgaren durch den Verlust der Deklination und des Infinitivs und durch den Zuwachs eines nachgesetzten Artikels (einzelne dieser Merkmale haben sie mit den Rumänen, Albanesen und Neugriechen gemeinsam) von den anderen mehr entfernt haben. Trotzdem verständigt man sich auch in Bulgarien leichter mit dem Serbokroatischen als mit dem Russischen, obgleich dieses auf die Ausbildung der modernen bulgarischen Schriftsprache hauptsächlich in der Terminologie grofsen Einflufs ausgeübt hat, in der Schule gelehrt wird und durch die östlichen bulgarischen Dialekte zu den übrigen Südslawen hinüberführt. Die Frage, ob eine gröfsere kulturelle Gemeinsamkeit zwischen den Südslawen in der Zukunft möglich wäre, mufs daher entschieden bejaht werden. Der von Schlötzer zuerst gebrauchte Name Südslawen ist ein rein geographischer Begriff, dem nicht immer der gleiche Inhalt beigelegt wird. Die Russen verstanden und verstehen noch unter Südslawen meist nur die Bulgaren und Serben, denen sie ihr älteres Schrifttum zu verdanken haben, während man in Böhmen damit meist die Slowenen, Kroaten und Serben bezeichnet. In diesem Sinne ist das Wort eigentlich auch bei den Kroaten aufzufassen, die am meisten für eine südslawische Idee tätig waren. Manchmal denkt man sogar nur an die Kroaten und Serben, um den beiden Namen auszuweichen. Jedenfalls empfiehlt es sich, an dem zutreffenden geographischen Begriff für alle Südslawen festzuhalten. Um die litterarischen Leistungen der Südslawen richtig zu würdigen, mufs man ein wenig auch die Verhältnisse und die Stärke der die Litteratur produzierenden und konsumierenden Völker10) kennen. Die Slowenen bewohnen die Hochgebirgslandschaften der Julischen Alpen, der Karawanken und der Sanntaler Alpen, das Hochplateau des Karstes, gröfsere Talgebiete der Drau, Save und des Jsonzo und einen kurzen Streifen der adriatischen Meeresküste. Ihr Mittelpunkt ist Krain (nach der Volkszählung von 1900 bekannten sich 94,2 °/o der Bevölkerung zur slowenischen »Umgangssprache«) mit Laibach als Kulturzentrum. Diesen Kern umgibt die slowenische Bevölkerung der südlichen Steiermark (31,2 °/o), Kärntens (25,l°/o, hauptsächlich im Südosten), von Görz (Gradiska ist überwiegend friaulisch-italienisch), des Gebietes von Triest (auch die Stadt zählt keine geringe Minorität) und des nördlichen Istrien. Mit den Bruchteilen im südwestlichen Ungarn, in Italien (Präfektur Udine) und im Auslande (über 100000 in Nordamerika, wo auch slowenische Tagesblätter erscheinen) kann man die Zahl der Slowenen auf IV2 Millionen beziffern, doch kommt für die Litteratur hauptsächlich die in Österreich konzentrierte Bevölkerung (ungefähr 1 300 000) in Betracht. Bis auf einige Hundert Protestanten in Kärnten und einige kalvinische Pfarren in Ungarn sind die Slowenen durchwegs römisch katholisch. Dagegen brachten sie es bis in die neueste Zeit zu keiner gröfseren kulturellen Einheit wegen der grofsen territorialen Zersplitterung, durch die sie auch heute im Fortschritt behindert werden, da ihnen z. B. für Kunst und Wissenschaft äufserst geringe oder gar keine Landes- und Staatssubventionen zur Verfügung stehen. Einen Adel haben die Slowenen nicht, ein Mittelstand ist namentlich aufserhalb Krains erst in Bildung begriffen; dagegen stehen ihre Volksmassen, entsprechend dem allgemeinen Gang der modernen Kultur von Westen nach Osten, am höchsten unter den Südslawen. Eine grofse Mannigfaltigkeit bezüglich der horizontalen und vertikalen Gliederung, des Klimas, der religiösen, kulturellen und politischen Verhältnisse zeigen die von Kroaten und Serben bewohnten Länder, deren stark entwickelter Partikularismus in der Vergangenheit und in der Gegenwart daher zum Teil eine natürliche Erklärung findet. In Österreich bevölkern die Kroaten und Serben den gröfseren Teil des mittleren und südlichen Istrien (42,6 °/o der Gesamtbevölkerung im Jahre 1900) und ganz Dalmatien (96,65 °/o); unter der St. Stefanskrone das autonome Kroatien und Slawonien (2 101 580 bei einer Gesamtbevölkerung von 2416304), aufserdem südliche Striche Ungarns, namentlich im Banat und in der Backa (639169 ohne die in den »anderen Nationalitäten« verborgenen katholischen Bunjevci und Öokci); ganz Bosnien und Herzegowina (1895: 1568092); Serbien (1905: 2,717444, wovon über 160000 Rumänen im Nordosten abzuziehen sind) und Montenegro (Florinskij erschliefst für 1906 235650); in der Türkei Alt-Serbien, doch bilden in diesem Wiegenlande des alten serbischen Staates orthodoxe Serben nur noch ein Viertel der Bevölkerung (die übrigen sind meist Albanesen, zum Teil slawische Mohammedaner), so- dann strittige Gebiete im nordwestlichen Makedonien (Florinskij erschliefst für 1906 in Alt-Serbien und Makedonien 424000) und das Vilajet Skutari (über 100 000). Mit Einschlufs der Bruchteile in anderen Ländern, wobei, wie bei den Slowenen, namentlich die häufig fluktuierenden Auswanderer in Amerika in Betracht kommen, bezifferte Florinskij auf Grund approximativer Berechnungen die Gesamtzahl der Kroaten und Serben für 1906 auf mehr als 9 Millionen Seelen. In bezug auf die Religion haben die Orthodoxen das Ubergewicht (nach Florinskij 55°/o), dann folgen die römischen Katholiken (mit 36°/o, dazu kommen aber nicht blofs 2000 Unierte in Kroatien, sondern schon 1900 in Kroatien allein 12871) und die Mohammedaner (ungefähr 9°/o). Katholisch sind Istrien, der grofsen Majorität nach Dalmatien (nur 16,2 % Orthodoxer), Kroatien und Slawonien (25,5 °;'o Orthodoxer). Höchst gering ist dagegen die Zahl der Katholiken im Banat, in der Backa, in Serbien und Montenegro. Das bunteste Bild bieten Bosnien und Herzegowina mit 43 °/o Orthodoxer, 35 °/o Mohammedaner und 22 o/o Katholiken. Aufser dieser durch ihre soziale Stellung und ihre Zahl (Florinskij erschliefst für 1906 ungefähr 668 000) mächtigen islamitischen Bevölkerung von Bosnien und Herzegowina gibt es noch gegen 100000 serbisch sprechende Mohammedaner in Alt-Serbien, die aber mit ihren albanesischen Glaubensgenossen gleiche religiöse, kulturelle und politische Ideale besitzen. Von der gröfsten Wichtigkeit ist die Tatsache, dafs ungefähr 64°/o der Kroaten und Serben im Rahmen der österreichischungarischen Monarchie leben und daher ihrem mächtigen Kultur-einflufs auf allen Gebieten ausgesetzt sind. In der Türkei gibt es (nach Florinskij) dagegen nur noch ungefähr 5°/o aller Serben und Kroaten. Trotz des teilweise stark ausgeprägten National-bewufstseins ist jedoch die Zahl der Bekenner der kroatischen oder serbischen Nationalität unbestimmbar, um so mehr als die Mehrzahl der Mohammedaner noch in ihrer religiösen Exklusivität verharrt, obgleich sich in Bosnien auch sie nicht blofs publizistisch, sondern auch litterarisch schon stark betätigen (meist in lateinischer Schrift), Das Kulturzentrum der Kroaten bildet Agram, wohin aber auch die Serben in Kroatien und Slawonien, für die der Patriarchensitz Karlowitz und die Klöster der Fruska Gora (der serbische Athos-Berg) geistige Mittelpunkte sind, immer mehr ihre Organisation verlegen. Eine wichtige Rolle spielten im neuesten geistigen Leben ihres ganzen Volkes die Serben in der südungarischen Donauecke mit Neusatz (serb. Novi Sad) als Mittelpunkt. Erst seit 1870 bildete sich Belgrad zum litterarischen Zentrum der Serben aus. Dalmatien hat sich trotz seiner ruhmvollen litterarischen und künstlerischen Vergangenheit noch zu keiner besonders bemerkenswerten Pflegestätte der Litteratur aufgeschwungen, obgleich es Kroaten und Serben bedeutende Talente lieferte. Montenegro hat zwar im 19. Jahrhundert zwei hervorragende Dichter aus dem fürstlichen Hause aufzuweisen, doch im allgemeinen sind die Verhältnisse einer Kunstlitteratur bis auf den heutigen Tag ungünstig. Eine verhältnismäfsig starke Pflege fanden dagegen Litteratur und Wissenschaft in Bosnien und Herzegowina, wo sich neben Sarajevo auch Mostar zu einem litterarischen Zentrum ausbildet. Trotzdem das Land, welches für die Entwicklung der gemeinsamen Schriftsprache der Kroaten und Serben schon seit Jahrhunderten von grofser Bedeutung war, erst 1878 der europäischen Zivilisation zugeführt worden ist, spielte es bereits in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts eine wichtige Rolle, indem es den endgültigen Sieg der phonetischen Orthographie, der momentan denkbar besten in allen Litteratursprachen, auf dem ganzen Sprachgebiet entschied. In dem von der Regierung herausgegebenen Organ (Glasnik) des Landesmuseums und in ihrer Zeitschrift für das Schulwesen (Skolski Vjesnik) wird die Gleichberechtigung der lateinischen und cyrillischen Schrift auf das peinlichste gewahrt, so dafs Artikel und selbst Notizen in beiden Alphabeten abwechseln. Dieses Verhältnis kann als vorbildlich für den weiteren Entwicklungsgang der Kultur bei den Kroaten und Serben genannt werden. Wenn die allgemeine Bildung gröfsere Verbreitung finden und die fortschreitende, die Gegensätze verwischende Kultur die litterarischen Erzeugnisse immer mehr zum Gemeingut aller Teile machen wird, so werden die geistig hochbegabten Kroaten und Serben, bei denen mit den künstlerischen Fähigkeiten allerdings auch die Fehler der Künstler einhergehen, eine bedeutende und gewifs die stärkste litterarische Einheit im slawischen Süden repräsentieren. Die Bulgaren, die Kernbevölkerung der östlichen Balkanhalbinsel, weisen ebenfalls keinen einheitlichen ethnischen Typus auf, obgleich sie religiös und kulturell viel weniger gespalten sind als die Serben und Kroaten und in ihrer Gesamtheit durch fünf Jahrhunderte unter der türkischen Herrschaft vereinigt waren. Die historische Vergangenheit und die geographische Beschaffenheit der dem alten Moesien, Thrakien und Makedonien entsprechenden Landschaften von Bulgarien und der Vilajete Adrianopel, Saloniki und Bitolj (Monastir) machen auch da mannigfache Unterschiede begreiflich. Die Zahl der Bulgaren, die in der älteren Periode der südslawischen Litteratur die bedeutendste Rolle spielten, war wegen der türkischen Verhältnisse lange ein wissenschaftliches Rätsel. Während Safafik sie im Jahre 1826 auf 600 000 bezifferte, sprach man einige Jahrzehnte später sogar von 7 oder 7V2 Millionen (letztere Zahl gaben die Bulgaren selbst in einer Petition an den Sultan 1856 an). Dafs diese Zahl sehr stark übertrieben war, lehrten die ersten Volkszählungen in dem seit 1878 befreiten und seit 1885 vereinigten Bulgarien und Ost-Rumelien. Im Jahre 1900 gab es im ganzen Fürstentum Bulgarien 2864735 Bulgaren bei einer Gesamtbevölkerung von 3 718 43810a) (darunter über eine halbe Million echter Türken meist im Osten, namentlich im Nordosten, dann Griechen an der Küste des Schwarzen Meeres), d. h. 77%, was allerdings schon einen bedeutenden Fortschritt gegenüber den 73°/o des Jahres 1888 bildet. Im Jahre 1905 wurden im Fürstentum bereits 3205004 Bulgaren bei einer Gesamtbevölkerung von 4 035 62310 b), also bereits 79,4 °/o, gezählt. Bulgarien können jedoch kaum drei Fünftel aller Bulgaren als ihr Vaterland bezeichnen, denn gegen zwei Millionen wohnen ihrer noch in der Türkei, in Rumänien (hauptsächlich in der Dobrudscha), in Rulsland (über 200 000 meist im südlichen Bessarabien und auch in der Krim) und sogar im ungarischen Banat (über 30 000). Doch kommt für die bulgarische Nationalität und Litteratur in Wirklichkeit nur die übergrofse Mehrzahl der slawischen Bevölkerung der Türkei in Betracht, die im bulgarischen Exarchat in Konstantinopel einen festen Stützpunkt hat, weil Bulgarien klüger handelte als Griechenland und sein religiöses Zentrum daselbst beliefs. Die Zahl der türkischen Bulgaren ist jedoch unergründlich. Im Gefolge Niederles erschlofs Florinskij für 1906 in (Türkisch-) Rumelien, Konstantinopel und in den anliegenden Teilen der europäischen Türkei 661200 Seelen, in Makedonien aber 1132000, Murko, Geschichte der südslawischen Litteraturen. 2 wobei er die nordwestlichen Gebiete den Serben zusprach. Die Zählung Hilmi Paschas im Jahre 1905 ergab jedoch blofs 557 734 Bulgaren, obgleich die Anzahl der Anhänger des bulgarischen Exarchats allein gewils grölser ist, nur 167 001 Serben bei einer Gesamtbevölkerung von 3171 690. Auf diese Weise würden die makedonischen Slawen nicht einmal ein Drittel der Bevölkerung bilden, während sie in Wirklichkeit in der Majorität sind und den Norden und die Mitte des Landes trotz der an Zahl starken, aber kulturell schwachen türkischen Minorität und der im Nordwesten sich ausbreitenden Albanesen sprachlich beherrschen11). Das gleiche gilt für die Griechen bezüglich der Ägäischen Küste, die aber auch die Bulgaren an zwei Punkten erreichen, und der an Griechenland anliegenden Gebiete; ihre Zahl wird aber von Türken und Griechen durch die dem griechischen Patriarchat noch angehörigen Bulgaren (»bulgarophone Hellenen« nennen sie griechische Propagandisten, wie Nikolaides, Makedonien, Berlin 1899), Aromunen (Walachen) und christlichen Albanesen vergröfsert (1905 nach Hilmi Pascha: 647962). Die im ganzen Lande zerstreuten Mohammedaner (1720007 ?) sind sprachlich nicht einheitlich. Für uns ist wichtig die Tatsache, dafs es an den Abhängen des Rodopegebirges in Makedonien und teilweise im Vilajet Adrianopel über 350000 bulgarisch sprechender Mohammedaner (»Pomaken«) gibt, die zwar religös und politisch fanatische Türken sind, von den Osmanen jedoch gering geschätzt werden (man nennt sie in Makedonien bezeichnenderweise »Zungenlose«) und sich dem modernen bulgarischen Kultur-einflufs, dem ein kleiner Bruchteil in Bulgarien (1900: 20644) schon heute unterliegt, auf die Dauer nicht werden entziehen können. Dafs aber auch unter den christlichen Slawen Makedoniens die endgültige Option der bulgarischen oder serbischen Nationalität in weiten Gebieten eine Frage der künftigen politischen Entwicklung des Landes ist, wurde schon angedeutet. Die sogar von einzelnen Bulgaren unter der Patronanz gewisser russischer Kreise gemachten Versuche der Bildung einer eigenen Nationalität und einer neuen Litteratursprache unter den makedonischen Slawen blieben erfolglos, und eine Wiederholung derselben würde auch in der Zukunft unbedingt ohne Resultat bleiben. Die Zahl aller Bulgaren hat immerhin schon 5 Millionen überschritten'(Florinskij erschliefst für 1906 ungefähr 5440000). Mit Ausschlufs der bereits erwähnten Mohammedaner sind die Bulgaren fast durchwegs orthodox; nur in Bulgarien zählte man 1900 27000 Katholiken, die meist um Philippopel und Nikopol gelagert sind. Katholisch sind auch die ungarischen Bulgaren. In jüngster Zeit haben die katholische und protestantische Propaganda nur geringe Resultate erzielt (nach Florinskij gibt es in Makedonien 4000 Unierte und 2000 Protestanten). Für die Litteratur kommt heute eigentlich doch nur Bulgarien in Betracht, denn selbst in Makedonien sind die Verhältnisse für sie noch wenig günstig. Mehr als in Serbien scheinen sich in Bulgarien aufser der Hauptstadt Sophia auch Philippopel und andere Provinzstädte zu geistigen Zentren auszubilden; in Makedonien spielt die Rolle eines solchen Saloniki. Die bisherigen Erfolge der Litteratur und Wissenschaft in Bulgarien zeigen, dafs seine tüchtige, arbeitsame und sparsame, wenn auch künstlerisch weniger veranlagte Bevölkerung einer schönen Zukunft auch in der Litteratur entgegensehen kann. II. Historische Notizen über die Einwanderung der Sfldslawen, ihre Staatengründungen, Christianisierung und ursprüngliche Kultur. Im Widerspruch mit einer alten südslawischen Tradition, die schon in die älteste russische und in andere slawische Chroniken des Mittelalters Eingang gefunden hat, können wir die Wiege der Slawen in historischer Zeit nicht an der Donau, sondern jenseits der Karpathen, im heutigen Russisch-Polen, Galizien und in der Bukowina mit den anliegenden Gebieten suchen. Vom Gesamtverband sich loslösend setzten sich nach dem Verfall des hunnischen Reiches, anderen Völkern folgend und von den nachstürmenden gedrängt, auch slawische Massen nach dem Süden in Bewegung, so dafs wir sie am Anfang des sechsten Jahrhunderts bereits im östlichen Siebenbürgen und in Rumänien finden; auch vereinzelte Ubergänge über die Donau seit dem zweiten Jahrhundert sind heute wahrscheinlich gemacht; slawische Söldner in oströmischen Heeren waren nicht selten. Die erste Invasion in das oströmische Reich wird beim Regierungsantritt 2* des Kaisers Justinian (527) verzeichnet, doch kamen die Slawen auf den Balkan schon am Anfang des 6. Jahrhunderts, wenn nicht am Ende des fünften. Ihre plündernden Scharen schwärmten über die ganze Halbinsel bis nach dem Peloponnes (Saloniki belagerten sie bereits 609, Konstantinopel 626), gelangten 548 an die adriatische Küste bis in die Nähe von Dyrrhachium (Durazzo) und bereiteten am Anfang des 7. Jahrhunderts unter dem Kaiser Phokas Salonae, deren Bevölkerung sich in den Palast Diokletians flüchtete und auf diese Weise Spalato gründete, sowie anderen Städten Dalmatiens den Untergang. So besiedelten die Slawen auch die von den Römern als deliciae mundi gefeierten fruchtbaren Küstenstrecken in der Zone der Olivengärten und Lorbeerwälder und umgaben durch Jahrhunderte die alten und neuen Seestädte, die durch Herkunft und Sprache von ihnen getrennt waren. Um die Mitte des siebenten Jahrhunderts war die slawische Kolonisation der Balkanhalbinsel vollendet. Noch früher bevölkerten Südslawen das Gebiet der Theifs und nach dem Abzug der Langobarden (568) Pannonien, Noricum, Istrien und einen Teil von Venetien; bereits 595 kämpften sie mit dem Bayernherzog Thassilo am Toblacherfeld in Tirol. Häufig treffen wir sie im Gefolge und unter der Herrschaft türkischer Reitervölker, speziell der Awaren seit der Mitte des sechsten Jahrhunderts, und der Bulgaren (diese überschritten die Donau 679), die gering an Zahl, aber vortreffliche Herrscher und Organisatoren waren. Ihnen dienten die Slawen als Fufstruppen, im Frieden aber als Ackerbauer. Diese slawischen Volksmassen führen durchwegs den schon aus ihrer Heimat für die südwestliche Gruppe bekannten Namen Slowenen, lateinisch Sclaveni, Sclavini, Sclavi, griechisch ^y.laßrjvoi, 2xlavt]voi, 2v.XaßtvoL, 2xlaßoi u. a., was einem slawischen Slovene, der jetzigen Gesamtbezeichnung für alle Slawen, entspricht. Dieser einheimische, allerdings noch nicht befriedigend erklärte Name jener Stämme, welche zuerst den byzantinischen und abendländischen Schriftstellern bekannt geworden sind, wurde also auch hier verallgemeinert, ebenso wie die erste für die Slawen auftauchende wahrscheinlich germanische Bezeichnung Venedi, Venethi, Winidi, welche auch noch in der deutschen Bezeichnung der slawischen Bewohner der Lausitz (Wenden) und der heutigen Slowenen (Winden, Windisch) fortlebt. Der Name Slowenen war im slawischen Süden allgemein, speziell auch für die bulgarischen und byzantinischen Slawen gebräuchlich und wurde erst allmählich durch die staatlichen Namen der Bulgaren, Serben und Kroaten12) verdrängt, blieb aber im Westen noch lange bekannt, namentlich in Dalmatien und Kroatien (entstellt ist er in Slavonien erhalten) und lebt noch heute bei den Slowenen fort (allerdings in der abgeleiteten Form Slovenci18)). Die bei Historikern noch statk verbreitete, auf Philologen (hauptsächlich Miklosich) zurückgehende Gegenüberstellung der karantanischen, pannonischen, dakischen und moesischen Slowenen einerseits und der Kroaten und Serben andererseits, welche sich nach Konstantin Porphyrogennetos erst im siebenten Jahrhundert wie ein Keil zwischen jene eingeschoben haben sollen, ist unhaltbar: die Byzantiner »mit ihrem System von Geschenken, Titeln und Besoldungen« hatten sich nach drei Jahrhunderten die politische Theorie zurechtgelegt, dafs die beiden Völker, die sie — fügen wir hinzu — gern gegen ihre mächtigen Gegner, die Bulgaren, ausspielten, ihre Wohnsitze als ein Geschenk des Kaisers Heraklius erhalten hätten u). Ein solcher Dualismus im slawischen Süden ist weder durch die Geschichte noch durch die Sprache zu rechtfertigen. Dabei mufs allerdings hervorgehoben werden, dafs die heute ununterbrochene Kette der ineinander übergehenden südslawischen Dialekte erst ein Werk der Jahrhunderte ist, da früher' zahlreiche fremde Elemente erst slawisiert werden mufsten. Die Südslawen nahmen nämlich Besitz von einem alten historischen Boden, der immer einen Kampfplatz verschiedener Rassen, Völker und Kulturen bildete. Sie kamen in die Gebiete der Thraker, Illyrier und Kelten, die von den Griechen und Römern noch nicht ganz verdrängt oder entnationalisiert worden waren; verschiedene germanische Völkerschaften, die den Slawen vorangegangen waren, liefsen ebenfalls ihre Spuren zurück. Mit mehreren türkischen Stämmen waren ihre Schicksale innig verknüpft. Trotz aller Wandlungen erhielten sich aber in diesen Ländern Ost- und West-Roms noch immer starke Reste der früher blühenden geistigen und materiellen römischen und griechischen Kultur, deren Ausstrahlungspunkte durch Staat und Kirche weiter wirksam waren. Am meisten haben die von den Slowenen besetzten Länder durch die nach Italien ziehenden Völker gelitten, doch auf dem Balkan blieb keine geringe Kultur bestehen, und selbst das Christentum erhielt sich latent, was uns die ruhige und meist ganz im stillen vor sich gegangene Bekehrung der dortigen Slawen begreiflich macht. Trotzdem teilten die Südslawen nicht die Schicksale der Germanen in Italien, Frankreich und Spanien. Nur diejenigen Stämme, die in geringer Zahl zu weit und zusammenhanglos im Westen in die Alpenländer und im Süden nach Griechenland schwärmten, gingen nach Zurücklassung zahlreicher slawischer Ortsnamen zum gröfsten Teil in verhältnismäfsig kurzer Zeit in Deutschen und Griechen, deren natürlicher Stärke noch der Staat und die Kirche mit ihrer höheren Kultur zustatten kamen, teilweise auch in den Albanesen auf; die übrigen hingegen behielten ihre Nationalität und sogen sogar zahlreiche eingesprengte Elemente auf, insbesondere die romanischen, welche von den italienischen Kolonisten oder von den romanisierten Völkerschaften abstammten. Die von den Slawen in die Gebirge zurückgedrängten Rumänen (Walachen, Maurowlachen, Morlakken, Zinzaren, Aromunen) waren als Wanderhirten im späten Mittelalter noch in vielen Balkangegenden stark verbreitet und gelangten selbst bis unter die Slowenen. Sogar die Lateiner (Latini) der ganz romanischen Städte von Dalmatien und Liburnien15), die lange ihre Stütze an Byzanz und seiner Flotte, dann an Venedig und Ungarn hatten, waren schon zu Anfang der Neuzeit im häuslichen Leben ganz slawisch, so dafs wir hier das einzige Beispiel des Vordringens der Slawen nach Westen in so später Zeit besitzen. Aufserordentlich interessant ist auch die Tatsache, dafs die Grenze der Slowenen in Friaul seit den Zeiten der Langobarden ungefähr dieselbe geblieben ist15 a). Diese Resultate haben die Südslawen nicht blofs ihrer Zahl, die in solchen Fällen allerdings stark ins Gewicht fällt, sondern auch der Tüchtigkeit ihrer Rasse und der grofsen Anpassungsfähigkeit an ihre höher stehende Umgebung zu verdanken. Römische Kultur hatte sie schon in ihren Sitzen jenseits der Karpathen teilweise durch ostgermanische Völker erreicht; insbesondere von den Gothen, die einige Zeit ihre Herren waren, eigneten sie sich schon dort vor allem eine höhere kriegerische Organisation und Bewaffnung an. Im Süden lernten sie manches direkt von den Romanen, was verschiedene romanische Fremdwörter beweisen, deren Vorhandensein man bisher zu wenig be- achtet oder direkt geleugnet hat (z. B. Klaic), anderes wieder durch germanische Vermittlung, hauptsächlich in den fränkischen Marken. Starke griechische Einflüsse sind namentlich im Südosten und seit der Christianisierung von Konstantinopel aus selbstverständlich. Dafs sie auch keine geringe Kultur in die neue Heimat mitbrachten, beweisen zahlreiche gemeinslawische Kulturwörter auf allen Gebieten 16). Sie liefsen sich bald als vorwiegend Ackerbau treibendes Volk dauernd nieder, und dies machte auch ihre Stärke aus. Selbst in der Darstellung eines modernen Geschichtschreibers17), der sich noch immer in der deutschen und italienischen Volksetymologie Slaven — Sklaven gefällt, spielen auch die Slowenen vor tausend Jahren neben ihren deutschen Herren in den östlichen Alpenländern, die »lieber der Jagd, dieser mehr kriegerischen Betätigung oblagen, sich auf die Bärenhaut legten und andere die Knechtarbeiten verrichten liefsen«, vom Kulturstandpunkte keine so schlechte Rolle als Salzbereiter, Bergknappen, Gärtner, Hopfenbauer und Bienenwirte18), als Holzknechte, Flöfser und Alpenhirten. Man wird unwillkürlich an Herders idyllische Schilderung der alten Slawen und an seine Verurteilung der deutschen Machthaber erinnert. Für die verhältnismäfsig hohe Kulturstufe der alten Südslawen zeugen auch die zahlreichen Fremdwörter der Magyaren, welche diese hauptsächlich in der Theifsgegend und in Pannonien entlehnten; denn nach Miklosichs19) noch wenig modifizierten Forschungen gibt es in der Tat »keine namhaftere Seite des sozialen, kirchlichen und staatlichen Lebens, in dessen vielfacher Beziehung und Verästelung sich die Slawen nicht als Lehrer der Magyaren erwiesen hätten«. Nicht minder zahlreich sind die slawischen Elemente im Rumänischen, dagegen naturgemäfs gering im Neugriechischen. Beachtenswert ist auch der slawische Einflufs auf die byzantinische Agrargesetzgebung. Gerühmt wird an den alten Slawen die grofse Lust an Gesang, Musik und Tanz (ihr Wort für Tanzen — aksl. pl^sati — haben sie jedoch den Gothen entlehnt), ihr argloser und offener Sinn, ebenso eine übertriebene Gastfreundschaft, die ja ein Merkmal aller patriarchalischen Völker ist. Die Reinheit und Treue ihrer Frauen, die häufig ihren Männern im Tode nachfolgten, wird bezeugt. Die Vorstellung von dem absolut friedlichen und sanften Charakter speziell der »grofsen, schlanken und durchwegs kräf- tigen« (Prokopios) Südslawen wird jedoch durch die Schilderung ihrer Plünderungszüge, ihrer Kriegslisten, ihrer geschickten Belagerung der gröfsten befestigten Städte und der von ihnen verübten Grausamkeiten auf dem Balkan und in den Alpenländern gründlich widerlegt, ebenso, durch die slawische Piratenherrschaft im südlichen Dalmatien und im ägäischen Meer. Auch die bald gegründeten südslawischen Staaten führten nicht wenig Kriege mit ihren Nachbarn und untereinander. Dieser kriegerische Geist lebte speziell bei den Serben und Kroaten fort und konnte durch die Verhältnisse noch verstärkt werden. Allerdings dürfen wir dabei nicht des Lobes vergessen, das Kaiser Maurikios der humanen Behandlung der Kriegsgefangenen durch die Slawen spendet: sie behielten dieselben nicht »in ewiger Knechtschaft wie andere Völker, sondern nur bis zu einer gewissen Zeit, in der sie ihnen dann anheimstellten, entweder sich loszukaufen und zu den Ihrigen zurückzukehren, oder aber bei ihnen als Freie und Freunde zu verbleiben«. In ärmlichen und weit voneinander gelegenen, meist an unzugänglichen Orten (an Flüssen, Sümpfen) gebauten Hütten wohnten die Slawen mit ihren geringen Bedürfnissen. Die Freiheit liebten sie über alles, vertrugen keine Herrscher und unterzogen alle Angelegenheiten »in behaglichen und unbehaglichen Lagen« einer gemeinsamen Beratung, lebten in Uneinigkeit und verbanden sich nur in Zeiten der Gefahr zu gemeinsamer Abwehr oder zu einem Angriffszuge. Den etwas bestechenden Vergleich dieser altslawischen Demokratie mit Anarchie darf man jedoch nur mit Vorbehalt hinnehmen, denn die Südslawen gründeten bald unter schwierigen Verhältnissen nicht gering zu schätzende Staaten. Wenn wir von dem wie ein Meteor auftauchenden westslawischen Staate des rätselhaften Samo (623—658), der aber seinen Mittelpunkt in Böhmen hatte, absehen, müssen wir allerdings hervorheben, dafs den ersten und mächtigsten südslawischen Staat ein südtürkischer — nicht finnischer — Volksstamm20), die Bulgaren, gegründet hat. Die Geschichte Rufslands hat also ein Gegenstück im slawischen Süden, nur stielte hier die Rolle der germanischen Waräger eine zahlreichere Adelskaste eines türkischen Volkes, das, von der mittleren Wolga — davon soll auch der Name Bulgaren (Wolgabewohner) herrühren — kommend, längere Zeit am Schwarzen Meere und an der Donau hauste, bis eine Horde, von Byzanz provoziert, in die Dobrudscha einfiel (679), dem oströmischen Reiche nach hartnäckigen Kämpfen das Land zwischen der Donau und dem Haemus samt dem grölsten Teil des heutigen Serbien und Altserbien entrifs, dann auch nach Thrakien und Makedonien, wo sich die Griechen nur noch am Meere hielten, endlich nach Albanien bis zur adriatischen Küste vordrang, ebenso die Slawen in Siebenbürgen und in der Theifsebene unterwarf und sogar die Franken diesseits der Donau zurückdrängte (827), dauernd allerdings nur aus Syrmien, dessen Gebirge Fruska Gora (= Frankenberg) noch heute an die Herrschaft Karls des Grofsen erinnern dürfte. Das aus zwei Volksklassen bestehende Herrschervolk ging im Laufe von mehr als zwei Jahrhunderten in den slawischen Volksmassen vollständig auf, ohne irgendwie (namentlich in der Sprache) nennenswerte Spuren zu hinterlassen; die Mitglieder der regierenden Familie führen schon in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts slawische Namen, und Symeon (893—927), unter dem die südslawische Litteratur ihre erste Blüte erlebte, war schon ein vollständiger Slawe; allerdings sind Anzeichen vorhanden, dafs die türkischen Bulgaren auch nach der Taufe im 9. und sogar noch im 10. Jahrhundert ein besonderes Volk blieben. Infolge der Christianisierung (864) kam Bulgarien ganz in die Kultursphäre von Byzanz und Symeon, der auch die bulgarische Grofsmacht zur höchsten Entfaltung brachte, wollte sogar das oströmische Reich beerben, denn nach der furchtbaren Niederlage der Griechen bei Achelous (917) legte er sich den stolzen Titel »Zar21) der Bulgaren« und 924 auch den eines »Autokrators der Rhomäer« (Griechen) bei. Dafür war aber während des Höhepunktes oströmischer Machtfülle unter der armenischen Dynastie die Zeit noch nicht gekommen. Überhaupt jagten die beiden gröfsten südslawischen Herrscher, Symeon und später der Serbenzar Dusan, diesem Phantom zu ihrem und der Südslawen Unheil nach, ähnlich wie die deutschen Kaiser der Fiktion des heiligen römischen Reiches deutscher Nation die grölsten Opfer brachten. Statt die Slawen der Balkanhalbinsel und die Pannoniens wenigstens zwischen der Drau und Sawe möglichst zu einigen, gab Symeon Byzanz sogar den Anlals, aufser den Magyaren und Petschenegen auch das grofsmährische Reich, die von Bulgarien noch un- abhängigen Serben, die er allerdings vernichtete (924), und die Kroaten, die hinwiederum ihn aufs Haupt schlugen (925), gegen sich in Bewegung zu setzen, so dafs er selbst den mit seinem Tode beginnenden Niedergang des bulgarischen Reiches einleitete. Verhängnisvoll war für die Südslawen der schon seit der Spaltung des römischen Reiches22) bestehende Gegensatz zwischen West- und Ost-Rom, der namentlich seit der Kaiserkrönung Karls des Grofsen zum Ausdruck kam, auf politischem Gebiete. Im Nordwesten hatte sich nämlich ein zweiter, zeitweise gleichfalls mächtiger Staat, der sich nach einigem Schwanken an Rom an-schlofs und sich seine westlichen Gegner, die Franken, zum Muster nahm, gebildet. Der erste Versuch, in Unter-Pannonien zwischen Drau und Save einen kroatischen Staat mit Sisek, dem Knotenpunkt des römischen Strafsennetzes, als Zentrum zu gründen, wurde trotz der Siege Ljudevits (818—823), dem sich auch viele Slowenen anschlössen, von den Franken mit Hilfe der dalmatinischen Kroaten vereitelt-, dagegen wurde um dieselbe Zeit am Adriatischen Meer, wo der römische Staatsbegriff infolge der früheren Christianisierung mehr Verbreitung gefunden hatte, zwischen Spalato und Zengg von dem Bundesgenossen der Franken, Borna, und unter fränkischer Oberhoheit (788 mufsten die Byzantiner den Franken ganz Istrien, Liburnien und Dalmatien mit Ausnahme der Städte abtreten) der Grund zu einem kroatischen Staate gelegt, dessen Herrscher in Klis (Clissa) bei Spalato, Bihac bei Trau, Nin (Nona) oder in Belgrad am Meere (Zara vecchia) residierten. In diesem Kroatien, das also auf dem Boden des alten Dalmatien entstand, bekämpften sich byzantinische, fränkische und römische Einflüsse bis in die zweite Hälfte des 9. Jahrhunderts. Sedeslav (878—879) war der letzte Fürst, der noch ganz zu Byzanz hielt, um endgültig mit dem fränkischen Reiche zu brechen. Mit dem Regierungsantritt Branimirs (879—890) vollzog sich aber ein gänzlicher Umschwung des wachsenden und bereits ganz unabhängigen Reiches zugunsten Roms und des Abendlandes. Tomislav (um 910—930), der die Magyaren nicht blofs von Dalmatien fernhielt, sondern auch über die Drau zurücktrieb, vereinigte das heutige Kroatien und Slawonien (ohne Syrmien) mit einem breiten adriatischen Küstengebiet von der Arsia (slawisch Rasa) in Istrien bis Antivari (vgl. Anm. 3a). Die Byzantiner veranlafsten sogar ihre Städte Spalato, Zara, Traü, Ossero, Arbe und Veglia, sich unter den Schutz ihres Bundesgenossen zu begeben (914), der die dalmatinischen Bischöfe wieder mit dem Papste aussöhnte. So konnte sich Tomislav um 925 nach dem Beispiel des von ihm geschlagenen Bulgarenzaren Symeon auch die Königskrone28) auf das Haupt setzen; doch scheint eine solche aus Rom erst Zvonimir (1076—1088) erhalten zu haben, der auch das Banner von Gregor VII. in Empfang nahm, d. h. sich als Vasallen des römischen Stuhles bekannte und ihn auch gegen Kaiser Heinrich IV. tatkräftigst unterstützte. Die südwestlichen Gebiete (im heutigen südlichen Dalmatien, in der Herzegowina und Montenegro) sagten sich jedoch von der Oberhoheit der kroatischen Könige los, und diese konnten überhaupt nie die Herrschaft über die ganze römische Provinz Dalmatien, die bis in das westliche Serbien und bis zur Har-Planina gereicht hatte, behaupten, was natur-gemäfs gewesen wäre; denn in Bosnien scheint ihre Macht vorübergehend zwar bis zur Drina, dauernd aber nicht über den Bosnaflufs vorgedrungen zu sein. Die Lage des kroatischen Staates war zugleich eine sehr schwierige. Das erstarkte oströmische Reich hinderte seine Entwicklung zu Wasser und zu Lande, die Venetianer, die sich als treue Diener (öovXoi) der Byzantiner auf ihre Erbschaft an der Adria vorbereiteten, taten das gleiche, die Einfälle der Sarazenen brachten den Kroaten Unglück auch dann, wenn sie zu ihrer Besiegung wesentlich beigetragen hatten; im Nordosten entwickelte sich aber der von den Magyaren innerhalb natürlicher Grenzen gegründete ungarische Staat bald zu einem mächtigen Faktor, der die Schicksale Kroatiens ebenso beeinflufste wie später die Serbiens und Bosniens. Auch der öfters sich bemerkbar machende Dualismus zwischen den Gebieten diesseits und jenseits des Velebitgebirges und der Save war dem Reiche nicht förderlich. Dazu kamen fortwährende innere Wirren, die durch den Kampf der lateinischen Bischöfe in den romanischen Städten und der kroatischen Nationalkirche mit ihrem ursprünglich griechisch-slawischen Ritus besonders stark genährt wurden, was gleichfalls dem Siege des Staatsgedankens über mächtige Persönlichkeiten und ganze Stämme wenig förderlich war. Äufsere und innere Schwierigkeiten trugen also dazu bei, dals nach dem Aussterben der nationalen Dynastie der ungarische König Koloman, der zuerst seinen auf Ehebündnisse gegründeten Rechten mit Gewalt, aber ohne Erfolg, Geltung verschaffen wollte, auf Grund eines Übereinkommens mit zwölf edlen Geschlechtern zum König von Kroatien und Dalmatien in Belgrad am Meere (Zara vecchia) gekrönt wurde (1102). Die staatliche Gemeinsamkeit zwischen Ungarn und Kroatien hatte verschiedene Formen (lange bildete Kroatien eine Secundogenitur der Arpadendynastie), aber immer hielten die Kroaten an dem Grundsatze fest, dafs sie sich der ungarischen Krone freiwillig angeschlossen (regna socia) haben. Der Name Kroatien verblieb auch weiter in erster Linie den Küstengebieten, während das Land zwischen Save und Drau Slavonia (Slovenska zemlja) hiefs, und wurde erst infolge der Türkenherrschaft auf die Reste Kroatiens mit Agram als Mittelpunkt übertragen. Zwischen Bulgarien und Kroatien finden wir Gebilde, aus denen der serbische Staat hervorgegangen ist. Der Stamm der Serben safs im Flufsgebiet der Tara, des Lim und Ibar (Altserbien und Novi pazar). Ihre Fürsten übernahmen in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts die Führung über die Dynasten in Zachlumien (Herzegowina), Travunien (bei Trebinje) und Dioklitia (später Zeta, Montenegro), die selbständig oder vorübergehend mehr oder weniger von Byzanz, Bulgarien oder Kroatien abhängig Avaren. Im 9. und 10. Jahrhundert wurden die Serben in Byzanz gegen Bulgarien ausgespielt, aber bereits im 11. traten sie defensiv und offensiv gegen das oströmische Reich auf. Der Schwerpunkt dieses serbischen Staates lag in Dioklitien, welches das südliche Dalmatien, Montenegro und die Umgebung von Skutari, also die römische Provinz Praevalis umfasste; die Fürsten Michael und sein Sohn Bodin, die bereits den Königstitel führten, residierten in Scodra (Skutari). Die Städte dieser Küstengebiete hatten gleichfalls romanische Bevölkerung, und der Einflufs der römischen Kultur und Kirche war auch weit im Innern mächtig; die katholischen Erzbischöfe von Antivari (slav. Bar) führen infolgedessen noch heute den Titel eines Primas von Serbien. Im 12. Jahrhundert brachten jedoch die Komnenen diese Gebiete wieder unter byzantinische Botmäfsigkeit, und so traten die Grofszupane der Serben des Binnenlandes in den Vordergrund. Nur die Slowenen brachten es zu keiner bemerkenswerten staatlichen Organisation. Allerdings lebten sie im 7. und 8. Jahrhundert selbständig unter einheimischen Fürsten und führten erfolgreiche Kriege, namentlich gegen die Langobarden in Friaul, zum Teil auch gegen die Bayern, doch riefen sie diese um die Mitte des 8. Jahrhunderts gegen die Awaren zu Hilfe, wechselten aber so nur die Herren und kamen mit ihnen unter die fränkische Oberhoheit (788). Gegen Ende des 8. Jahrhunderts befinden sich schon alle Gebiete der Slowenen unter fränkischer Herrschaft, allerdings noch immer mit einheimischen Fürsten, und teilen weiterhin die Schicksale der deutschen Alpenländer. Auch bei den pannonischen Slowenen entstand ein Fürstentum, dem es beschieden war, keine geringe Rolle in der Begründung der slawischen Liturgie und Litteratur zu spielen. Ein grofs-mährischer Flüchtling Pribina2i) (aus der Gegend von Neutra in Ungarn) erhielt nach Annahme des Christentums vom König Ludwig ein Lehen in Unterpannonien (847) und herrschte in einem grofsen Teile des heutigen südwestlichen Ungarn und in Steiermark bis Pettau, so dafs das Gebiet zwischen der Mur und Drau noch gröfstenteils zu diesem Fürstentum gehörte, dessen Mittelpunkt Mosaburg (heute Szalavar?) am Plattensee lag. In diesen steirischen Slowenen, in deren eigenartigem Dialekt namentlich Ortsnamen aus schönen, altslawischen Personennamen26) auffallen, und in den Slowenen und Kroaten im südwestlichen Ungarn sind noch die Reste jener pannonischen Slowenen erhalten, bei denen die bedeutendsten älteren Slawisten die Heimat der altkirchenslawischen Sprache suchten. Die übrigen sind an der Scheide des 9. und 10. Jahrhunderts von den Magyaren, die wie ein Keil die Nord- und Südslawen trennten, verdrängt oder im Laufe der Zeit aufgesogen worden, ebenso wie ihre dakischen Stammesbrüder jenseits der Donau bis nach Siebenbürgen. Der altslawischen Demokratie machten die neuen staatlichen Verhältnisse bald ein Ende. Dafs die Slowenen allmählich ganz dem mittelalterlichen Feudalismus verfielen, ist begreiflich; die neuen Feudalherren waren Deutsche, die einheimischen germanisierten sich im Laufe der Zeit. Auch bei den Kroaten fanden die fränkischen Institutionen Eingang: die ^upane, die alten Stammeshäuptlinge, werden Grafen ähnlich und bekleiden vor allem verschiedene Hofämter; neben dem höheren Adel finden wir auch einen niedrigeren, neben Freien auch Unfreie, ja sogar Sklaven. In Bulgarien, das ohnehin einen bereits slawisierten Adel hatte, wirkte das Beispiel der byzantinischen Autokratie und der grofsen Latifundien verderblich. Kein Wunder, dafs bei den Bulgaren die erste christliche Sekte der Slawen bereits im 10. Jahrhundert einen stark kommunistischen Einschlag erhielt. Byzantinische Autokratie und abendländischer Feudalismus fanden später auch in Serbien und Bosnien keine glückliche Nachahmung. Sogar die Zadruga (Hauskommunion, d. i. die Familiengütergemeinschaft unter einem Oberhaupte), die als ein Rest der patriarchalischen Zustände viel gepriesen wurde, wird von neuen Wirtschaftshistorikern26) auf die byzantinische Rauchsteuer zurückgeführt, welche Serbien und die Türkei übernahmen und so mehrere Familien dazu verleitet haben sollen, nur einen Herd zu besitzen. In Kroatien und Serbien wurde die Zadruga in der Tat noch im 18. und 19. Jahrhundert aus feudalen und militärischen Gründen (in der Militärgrenze selbst von den Franzosen!) als »nationale« Institution gefördert und ausgebildet. Dank ihrer Berührung mit der griechisch-römischen Welt gingen die Südslawen ihren zahlreicheren Brüdern im Norden auch in der Annahme des Christentums voran. Die römische Staatskirche lebte an der adriatischen Küste kräftig fort, aber auch im Innern der Balkanhalbinsel war sie nicht ganz erstorben, wenn sie auch ohne regelrechte Hierarchie blieb. Selbst in den Alpenländern hielt sich das Christentum lange, denn das Bistum Tiburnia in Kärnten fiel erst im Anfang des 7. Jahrhunderts. Unter solchen Umständen konnten seine Heilslehre und seine höhere Kultur ihre Wirksamkeit auch auf die Slawen ausüben, und die Christianisierung ging auf dem Balkan mit geringen Ausnahmen ganz friedlich vor sich. Verhängnisvoll gestaltete sie sich nur für die Slowenen, gegen welche die Bayernfürsten Religionskriege führten; hier bedeutete der Sieg des Christentums auch die endgültige Herrschaft der Bayern und Franken. Die Herzoge Gorazd (kam um 750 zur Herrschaft) und Hotimir (um 753) hatten als Geiseln in Bayern die Taufe empfangen und wirkten als eifrige Christen unter ihren Landsleuten. Dem Bistum Salzburg gebührt das gröfste Verdienst der Bekehrung der Slowenen; Bischof Virgilius schickte um 755 den Regionarbischof Modestus mit mehreren Priestern ins Land. Schon in einigen Jahrzehnten fand das Christentum allgemeine Verbreitung, und eine heidnische Reaktion wurde 772 endgültig unterdrückt. Nach Besiegung der Awaren durch die fränkischen Heere, mit denen auch die Slowenen und die Kroaten des Sawe- gebietes kämpften, sandte Salzburg, das wegen seiner wachsenden Bedeutung zum Erzbistum erhoben wurde (798), seine Missionäre auch nach Unter - Pannonien, so dafs sein Gebiet infolge einer Verfügung Karls des Grofsen bis zur Donau reichte, wahrscheinlich mit Einschlufs des Gebietes zwischen der Drau und der Sawe. In Mosaburg am Plattensee wurde die erste Kirche 850 geweiht. -Auch die Bistümer Passau und Freisingen waren unter den Slowenen tätig. Von Süden aber wirkte das Erzbistum Aquileia, allerdings mit keinem besonderen Erfolg, woran das Schisma in der dortigen Kirche und die häufigen Kriege gegen die Slowenen die Hauptschuld trugen. In Istrien gab es noch im Anfang des 9. Jahrhunderts Heiden, obwohl in den benachbarten Städten Bischöfe residierten27). Als Grenze zwischen den Erzbistümern Salzburg und Aquileia wurde 811 die Drau bestimmt. Die übliche Behauptung, dafs unter den Slawen zuerst die Kroaten das Christentum angenommen haben, ist nicht so sicher, wie man glauben könnte. Dafs die Regierung des Kaisers Heraklius, also die erste Hälfte des 7. Jahrhunderts, wie Konstantin Porphyrogennetos berichtet, dafür nicht in Betracht kommt, gilt als ausgemacht; sehr fraglich bleibt aber auch die zweite Hälfte desselben Jahrhunderts und sogar die erste des achten. Richtig ist nämlich in dem Bericht, dafs die Kroaten auf Wunsch Konstantinopels von römischen Priestern getauft wurden, auch eine Hierarchie erhielten (wenn auch keinen eigenen Erzbischof, wie der Kaiser erzählt) und bei der Annahme des Christentums sich schriftlich verpflichteten und dem heiligen Petrus den Eid schwuren, fremde Länder mit Waffengewalt nicht zu überfallen, wofür sie wieder vom Papste gegen andere Völker unter den Schutz Gottes und des heiligen Petrus gestellt wurden. Auf dieses Protektorat des heiligen Petrus berufen sich später auch die Päpste. Der geschichtliche Kern des ganzen Berichtes kann nur der sein, dafs ein Kaiser von Konstantinopel die oströmischen Besitzungen in Dalmatien vor den benachbarten Kroaten sichern wollte und sich dazu des Papstes und des Christentums bediente. Politische Motive spielten also auch bei der Taufe der Kroaten mit. Die näheren Umstände, namentlich der schriftliche Vertrag, setzen aber bereits eine höhere staatliche Organisation bei den Kroaten voraus, die doch erst für das Ende des 8. Jahrhunderts beglaubigt ist. Lehrreich ist auch das erwähnte lange Fortleben des Heidentums in Istrien. Als fromme christliche Fürsten, die Kirchen beschenkten, werden uns erst aus der Zeit der fränkischen Oberhoheit Mojslav um 839 und Trpimir 852 genannt. Der »Bischof von Kroatien« hatte ursprünglich wohl keinen festen Sitz, sondern zog mit seinen Fürsten und Königen, deren Kanzler er war, umher; gegen Ende des 9. Jahrhunderts finden wir in dieser Eigenschaft den Bischof von Nin (Nona), um die Mitte des 11. Jahrhunderts den Bischof von Knin. Die Mehrzahl der Bischöfe befand sich aber immer in den romanischen Küstenstädten, und die erzbischöfliche Gewalt über ganz Dalmatien und Kroatien (»bis zum Ufer der Donau«) beanspruchte schon um 852 die Kirche von Spalato, die um die Mitte des 7. Jahrhunderts als Erbin von Salonae in dem ehemaligen Jupitertempel ihren Mittelpunkt gefunden hatte. Aus diesem Verhältnis werden die heftigen Kämpfe um die slawische Liturgie im 10. und 11. Jahrhundert begreiflich. Der Niedergang der kroatischen Macht und das Erstarken serbischer Fürsten im Süden hatten im 11. Jahrhundert (um 1045) die Errichtung eines neuen Erzbistums Antivari zur Folge. Dadurch wurde aber die Eifersucht Ragusas geweckt, das am Ende des 11. Jahrhunderts ebenfalls einen Erzbischof erhielt (wobei jedoch wegen des Streites zwischen beiden Erzbistümern der Bischof von Cattaro dem Erzbischof von Bari in Apulien untergeordnet wurde!). Ein viertes Erzbistum errichtete Venedig in Zara 1154. Der italienische Regionalismus blühte also in Dalmatien frühzeitig auch auf kirchlichem Gebiete auf. Dazu verloren Antivari und Ragusa bald ihr Binnenland, teilweise sogar die Küste, da im 12. Jahrhundert die Herrschaft des oströmischen Reiches wiederhergestellt wurde und der serbische Staat infolgedessen seinen Schwerpunkt immer mehr nach Osten verlegte, wo er sich aus politischen Gründen dem geistlichen und kulturellen Einflufs von Byzanz unterordnete. Auf jeden Fall wurde auch ein grofser Teil der heutigen orthodoxen Serben von Rom aus bekehrt und längere Zeit beherrscht, was für die Frage von der Bildung der serbischen Nationalität sehr wichtig ist. Die oströmischen und bulgarischen Serben, also die Mehrzahl, erhielten allerdings das Christentum und seine Kultur gleich von Konstantinopel; sogar in der Nähe der Küste wurden die seeräuberischen Narentaner erst unter Basilios I. nach 878 von griechischen Priestern getauft. In die Gebiete von Zachlumien, Travunien und weiter nach dem Süden kann aber derselbe Kaiser nur griechische Priester zu ursprünglich römischen Christen gesendet haben. Zuletzt nahmen das Christentum die bereits mächtigen Bulgaren an, im Jahre 864 oder Anfang 865, also zu einer Zeit, als die Slawenapostel Cyrill und Method bereits in Mähren wirkten. Dafs der Bulgarenfürst Boris von Method selbst oder von seiner Schwester, die als Gefangene in Konstantinopel den christlichen Glauben angenommen hätte, bekehrt worden sei, gehört in das Reich der Fabel. Zwischen den beiden christlichen Kaisermächten und dem ebenfalls bereits christlichen grofsmährischen Reich konnten die Bulgaren nicht mehr lange Heiden bleiben, und Boris benützte den Friedensschlufs nach einem kaum glücklich begonnenen Kriege mit Byzanz als geeigneten Moment zur Taufe, bei der er den Namen seines kaiserlichen Pathen Michael annahm und von ihm ein kleines Gebiet am Fufs des Balkans als Taufgeschenk erhielt. Seinen Eintritt in die europäische Kulturgemeinschaft meldete er auch sogleich durch Boten nach Konstantinopel, Rom und Regensburg. Überhaupt verstand er es, diesen Schritt, der selbst dem Patriarchen Photios unerwartet kam, gehörig zu verwerten. Als ihm die Griechen nicht gleich eine eigene Hierarchie zugestehen wollten, trat er mit dem Papst Nikolaus I. in Verhandlung (866); dieser schob bei der Beantwortung der an ihn gestellten 106 Fragen die über das Recht, einen Patriarchen zu erhalten, bei Seite, sandte aber gleich zwei Bischöfe ins Land, die natürlich auch den römischen Ritus mitbrachten. Boris vertrieb die griechischen Priester und verlangte die Beförderung des zu ihm geschickten Bischofes Formosus zum Patriarchen. Dem Papste war jedoch der spätere langjährige Kandidat auf die Tiara, über den Stephan VI. das schmachvolle Totengericht abhielt, nicht genehm. Ebenso wurde von Hadrian II. der Diakon Marinus abgelehnt (869). Boris schickte seinerseits den ihm gesandten Erzbischof Silvester sogleich zurück. Als daraufhin sein Gesandter aus Rom unverrichteter Dinge zurückgekehrt war, mufste er sofort nach Konstantinopel reisen, wo einem Konzil die Frage vorgelegt wurde, ob die Bulgaren unter den Papst oder unter den Patriarchen von Konstantinopel gehören. Die Antwort der orientalischen Väter konnte nicht zweifelhaft sein, Murko, Geschichte der südslawischen Litteraturen. 3 und so schlofs sich Bulgarien zu Anfang des Jahres 870 definitiv Byzanz an, woher es nun mehrere Bischöfe und einen Erzbischof erhielt, dem bei allen Feierlichkeiten der erste Platz nach dem Patriarchen eingeräumt wurde. So verlor Rom in einem ohnehin kritischen Moment Bulgarien und dadurch auch die Serben (in weiterer Folge noch die Russen) durch Starrsinn in Personalfragen; es verstand weder den natürlichen Gegensatz zwischen Byzanz und dem aufsteigenden Bulgarien gerade im Interesse seiner Ansprüche auch auf das östliche Illyricum28), noch den günstigen Umschwung nach der Absetzung des Patriarchen Photios für die Einheit der christlichen Kirche auszunützen. Alle Versuche, den Balkan wieder zu gewinnen, blieben damals und in der Folgezeit vergeblich. Symeon wollte sich als Zar mit einem Erzbischof nicht mehr begnügen und erhob den Metropoliten von Preslav zum Patriarchen. Sein frommer, aber schwacher Sohn und Nachfolger Peter (927—968) — er gleicht Ludwig dem Frommen nach Karl dem Grofsen — erhielt für einen baldigen Friedens-schlufs nicht blofs eine byzantinische Prinzessin zur Frau, sondern auch die feierliche Anerkennung des bulgarischen Patriarchats. Dank diesem »politischen Meisterzug des oströmischen Kabinetts« (Geizer) blieb die bulgarische Nationalkirche endgültig in der orthodoxen Gemeinschaft, die ihr in der Folgezeit nicht immer Glück brachte. Die frühe Christianisierung der Südslawen trug dazu bei, dafs wir über ihre Mythologie noch weniger wissen als über die einzelner nordslawischer Stämme. Selbst jene Forscher, die im Aufbau eines slawischen Olymps nicht müfsig waren, geben zu, dafs die Südslawen einen eigenen Priesterstand und eigentliche Heiligtümer nicht hatten. Die einzige einschlägige Nachricht, die sich in erster Linie auf die Südslawen bezieht, lautet bei Prokopios (De bello gothico, III, c. 14): »Einen Gott, den Urheber des Blitzes, erkennen sie als alleinigen Herrn aller Dinge an und opfern ihm Ochsen und allerlei Opfertiere. Ein Schicksal (ei/xaQ^tvrjv) kennen sie gar nicht und schreiben ihm auch keine Macht über die Menschen zu. Aber wenn ihnen, sei es in einer Krankheit oder beim Auszug in den Krieg, der Tod bevorsteht, versprechen sie dem Gotte, wenn sie entkommen, für die Errettung sogleich ein Opfer zu bringen. Gerettet opfern sie dem Versprechen gemäfs, indem sie meinen, dafs sie ihre Errettung durch dieses Opfer erlangt haben. Sie verehren auch Flüsse und Nymphen und andere göttliche Wesen (daifxövia), denen allen sie Opfer darbringen, wobei sie auch Weissagungen vornehmen.« Dafs die Südslawen kein Schicksal gekannt hätten, entspricht allerdings nicht dem heutigen allgemeinen Glauben an weibliche Wesen, die den Kindern das Schicksal in die Wiege legen, und den Personifikationen des Glückes, Unglückes und Schicksals. Prokopios kann also nur betont haben, dafs die Slawen keine blinden Fatalisten waren. Es ist aber auch ganz gut möglich, dafs die bis heute nicht versiegende glauben- und mythenzeugende Kraft diese Wesen erst später und nicht ohne Einflufs der griechisch-römischen Vorstellungen geschaffen hat. Als Donnergott, den der heilige Elias beerbt hat, ist Perun trotz aller Zweifel in jüngster Zeit auch für die Südslawen wahrscheinlich gemacht worden 29). In den Nymphen erkennen wir leicht die schönen, ewig jungen und weifsgekleideten, den Menschen meist freundlichen Vilen (auch Samovilen, Samodivi, Judi der Bulgaren), welche die südslawischen Quellen Flüsse, Seen, das Meer, Wälder, Gebirge und auch die Wolken bevölkern. Bei dem heutigen Stande der Wissenschaft müssen wir es uns versagen, über die religiösen Anschauungen, Sitten und Gebräuche der alten Slawen aus Volksliedern, Sagen, Märchen, Sprichwörtern, abergläubischen Gebräuchen, Zaubersprüchen und Rätseln weitgehende Schlüsse zu ziehen. Es wurde zwar mit Recht bemerkt, dafs der Südslawe, namentlich der Bulgare und auch der Serbe, bei der Ausübung seiner religiösen Bräuche mehr einen Heiden als einen Christen verrate 80), aber es ist auch eine Tatsache, dafs alle diese Gebräuche und Anschauungen auf das innigste mit dem Christentum, besonders mit seinem Festkalender zusammenhangen. Wenn wir nur bedenken, wie das Christentum, die gröfste Revolution in dem geistigen Leben aller europäischen Völker, das ganze Fühlen und Denken auch der Südslawen gründlich verändert, wie es auch ihm fremde Elemente namentlich durch die apokryphe Litteratur vermittelt hat; wie orientalische Stoffe und Motive direkt und durch Vermittlung des Westens zu allen Südslawen vorgedrungen sind, wie die abendländische Kultur längs der ganzen dalmatinischen Küste immer ein grofses Einfallstor gehabt hat, und wie mitteleuropäische Einflüsse auch vom Norden aus frühzeitig Eingang auf den Balkan 3* gefunden haben, so werden wir Bedenken tragen, in der traditionellen Litteratur gröfsere Reste der alten Mythologie, überhaupt den Abglanz alter Zeiten und den Ausdruck des reinen Nationalgeistes zu suchen. Deshalb werden wir auch die Volkspoesie, die bei der Mehrzahl der Südslawen noch kräftig fortlebt und selbst sehr alte Stoffe in offenkundig neueren Bearbeitungen bietet, nicht an die Spitze der Litteraturgeschichte stellen, wie das noch so häufig geschieht. III. Die Slawenapostel Cyrill und Method. Die Anfänge der kirchenslawischen Litteratur in Mähren und Pannonien. Auch bei den Slawen gehört das Schrifttum zu den Segnungen des Christentums. Die heidnischen Südslawen, auf die sich der Bericht des Mönches Hrabr aus dem Anfang des 10. Jahrhunderts bezieht, »zählten und wahrsagten nach Strichen und Einschnitten«; nach Annahme der Taufe fühlten sie aber das Bedürfnis, ihre Sprache »mit römischen und griechischen Buchstaben« zu schreiben. Griechische Inschriften besitzen wir in der Tat sogar aus der heidnischen Zeit der Bulgaren. Doch niemandem fiel es ein, die lateinische oder griechische Schrift den slawischen Lauten auzupassen, die Bibel zu übersetzen oder gar einen slawischen Dialekt zur Sprache der Kirche zu erheben, wodurch die beginnende Litteratur ihre stärkste Stütze erhielte. Trotzdem der Orient verschiedene liturgische Sprachen kannte, wollte man bezüglich der Slawen in Konstantinopel davon ebensowenig wissen wie in Rom. Merkwürdigerweise wurde diese Konzession zuerst Rom abgerungen, das aber daraus keinen dauernden Nutzen zu ziehen verstand. Das grolse Werk der Begründung einer slawischen Kirchen-und Litteratursprache ist ein Verdienst »der Slawenapostel« Cyrill und Method, die aber die Südslawen und Mährer nicht mehr zu bekehren brauchten, sondern nur ihr Christentum vertieften und befestigten; in den ältesten slawischen Quellen werden sie daher ganz richtig »Lehrer der Slawen« genannt. Obwohl sie die kirchen- slawische Litteratur in einem südslawischen Dialekt begründeten, wirkten sie persönlich nur teilweise auf südslawischem, meist aber auf nordslawischem Boden, so dafs sie gerade zu Beginn der Kirchenspaltung noch um alle slawischen Völker ein gemeinsames Band schlangen, mit welchem ihre Jünger und Nachfolger allerdings meist nur die Süd- und nordöstlichen Slawen festhalten konnten. Immerhin spielte die kirchenslawische Sprache die Rolle des mittelalterlichen Lateins bei allen orthodoxen slawischen Völkern (also der grofsen Mehrzahl) im ganzen geistigen Leben bis ins 19. Jahrhundert und lebt im Gottesdienste bei den orthodoxen Serben, Bulgaren und Russen, bei den mit Rom unierten Ruthenen, auch bei den kleinen Bruchteilen der unierten Bulgaren, Kroaten und sogar Magyaren, überdies bei einem Teil römisch-katholischer Kroaten am Adriatischen Meere noch heute fort, so dafs sie nach der lateinischen die am meisten verbreitete liturgische Sprache in der christlichen Welt ist. Eine grofse Rolle spielte die kirchenslawische Sprache auch im staatlichen und geistlichen Leben der Rumänen, eine weniger bedeutende bei Albanesen und Litauern. Der Grund zu diesen wichtigen Ereignissen und Folgen wurde im grofsmährischen Reiche gelegt, das auch die mit den nordwestslawischen Mährern eine ethnische Einheit bildenden Slowaken im nordwestlichen Ungarn und zum Teil auch die pannonischen Slowenen, also Südslawen, am rechten Donauufer umfafste. Fürst Rastislav, der bereits Christ war und seine Thronbesteigung (846) Ludwig dem Deutschen zu verdanken hatte, ertrug schwer seine Abhängigkeit vom fränkischen Reich und suchte sich auf jegliche Weise selbständig zu machen. Zu diesem Zwecke wünschte er sich auch eine von Salzburg und Passau unabhängige kirchliche Organisation, die ihm der Papst bei seinem Verhältnis zum fränkischen Reich nicht gewähren konnte. Deshalb wandte sich Rastislav nach Konstantinopel, wo er auch Schutz gegen seine Gegner Ludwig den Deutschen und Boris von Bulgarien, die bald darauf (864) ein förmliches Bündnis miteinander schlössen, erwarten durfte. Die slawischen Legenden der beiden Heiligen, deren von Dümmler und anderen Historikern hochgeschätzter Wert durch neuere Urkundenfunde nur gewonnen hat, motivieren die Sendung damit, dafs Rastislav den verschiedenen Lehren der Priester aus Italien, Griechenland und Deutschland, die den Sinn seiner einfachen Slawen verwirrten, durch Lehrer in ihrer Sprache ein Ende machen wollte, verraten aber auch, dafs er einen Bischof verlangte. Kaiser Michael III., der Trunkenbold, beziehungsweise sein Oheim und Regent Bardas und der Patriarch Photios, gaben aber eine solche Konzession nicht ohne weiteres aus den Händen und schickten zuerst nur eine in Byzanz häufig beliebte religiös-politische Mission nach Mähren (863 oder 864), für die sie allerdings die besten Kräfte auswählten: den frommen Priester Konstantin, der wegen seiner grofsen Gelehrsamkeit der Philosoph genannt wurde, und seinen Bruder, den diplomatischen Laienmönch Method. Konstantin, geboren 826/827, und sein älterer Bruder Method waren Söhne des zweithöchsten militärischen Würdenträgers (Drangar) aus der zweiten oströmischen Hauptstadt Thessalonike (Saloniki), wahrscheinlich Griechen oder höchstens gräzisierte Slawen, die sich aber ihre vortrefflichen Kenntnisse der slawischen Sprache in ihrer Vaterstadt, deren Bewohner nach der Legende alle rein slawisch sprachen81), oder sonstwo im byzantinischen Reich angeeignet haben; speziell Method verwaltete später längere Zeit ein nicht näher bekanntes slawisches »Fürstentum« (Thema?). Konstantin war mit dem 14. Lebensjahre an den Hof nach Konstantinopel gekommen, wo er im Hause des Logotheten die beste Erziehung genofs und die berühmtesten Lehrer, darunter Photios, hörte. Allen weltlichen Freuden war er abhold, und von den Würden, die ihm offen standen, befriedigte ihn nur die eines Lehrers der Philosophie82) auf der neu errichteten Hochschule. Dem Hofe erwies er bald Dienste im Kampfe gegen die Bilderfeinde und nahm an einer Mission an den Khalifen in Bagdad teil. Beachtenswert ist es, dafs er seinen Lehrer und Freund Photios tadelte, als dieser die Zweiseelenlehre vortrug, um die theologische Gelehrsamkeit des Patriarchen Ignatios auf eine Probe zu steller, denn das Volk dürfe nicht auf solche Weise verwirrt werden. Einige Zeit hielt er sich auf dem kleinasiatischen Mönchsberg Olymp, dem Zentrum des damaligen asketischen Lebens, auf. Ebendahin war Method, nachdem er dem Militär- und Verwaltungsdienst entsagt hatte, schon früher gekommen und wurde ohne Priesterweihe Hegumenos (Abt) des Klosters Polychronion. Um 860 gingen beide Brüder in einer Mission zu den Chazaren am Schwarzen Meere, wo sie jüdische und mohammedanische Glaubensapostel aus dem Felde schlagen und für Byzanz politische Freunde gewinnen sollten. Konstantin hatte dabei Gelegenheit, seine Sprachkenntnisse zu bewähren und zu erweitern, sonst aber doch nur durch seine theologische Gelehrsamkeit und Beredsamkeit zu glänzen. Wichtig war für ihren späteren Empfang in Rom die Auffindung der Reliquien des heiligen Klemens, der als Papst nach dem Chersones verbannt worden war (im Jahre 77) und dort den Märtyrertod gefunden hatte. Die beiden Brüder waren also für ihre Mission nach Mähren in jeder Hinsicht gut vorbereitet. Konstantin »stellte« auch gleich eine slawische Schrift »zusammen« und begann das Aprakos-Evangelium (Evangelistar = Sonntagsevangelien) zu übersetzen. Es ist nicht ausgeschlossen, dafs er sich schon früher mit solchen Plänen für die bereits bekehrten byzantinischen Slawen trug, aber die Zumutung, dafs er die mährische Mission selbst arrangiert habe, um dieselben aufserhalb Byzanz verwirklichen zu können, entspricht nicht seinem Charakter und den Verhältnissen, welche diese Sendung Rastislavs als eine spontane und ganz natürliche begreiflich machen. Die Brüder kamen also, abgesehen von den reichen Geschenken des byzantinischen Hofes für Rastislav, nicht mit leeren Händen nach Mähren, und das Volk konnte die Verkündigung des Wortes Gottes in der slawischen Sprache in der Tat mit grofser Freude aufnehmen; denn die in Betracht kommenden sprachlichen Verschiedenheiten waren im 9. Jahrhundert noch gering (die Mehrzahl der mährischen und die slowakischen Dialekte sind noch heute den Südslawen leicht verständlich). Cyrill und Method begnügten sich aber nicht blofs mit slawischen Predigten, ohne die ja die lateinisch-deutsche Geistlichkeit auch nicht auskommen konnte, sondern übersetzten bald das ganze Evangelium, die Apostelgeschichte, die Psalmen und andere für den Gottesdienst notwendige Bücher, speziell die Messe. Diese Neuerung, für welche auch einheimische Priester gewonnen werden konnten, stiefs auf den gröfsten Widerstand der lateinisch-deutschen Geistlichkeit. Disputationen mit den »Dreizünglern« und Pilatusjüngern , welche nur die auf dem Kreuze Christi vertretene lateinische, griechische und hebräische Sprache im Gottesdienst als zulässig erklärten, halfen da wenig, denn hinter ihnen stand die fränkische Grofsmacht. Überdies konnten die Brüder ihre Jünger nicht zu Priestern weihen. Zur Krönung ihres Werkes brauchten sie also eine Hierarchie und konnten sie nur in Konstantinopel oder Rom suchen. Mit der Macht der Tatsachen rechnend, konnten sie sich in Mähren nur für Rom entscheiden, wohin sie überdies eine Berufung von Nikolaus I. erhielten. Auf dem Wege nach Rom machten die Brüder bei dem pannonisch-slowenischen Fürsten Kocel halt, der sich für ihre slawischen Bücher begeisterte und darin 50 Jünger unterrichten liefs. In Venedig33) hatte Konstantin eine grofse Disputation mit Bischöfen, Priestern und Mönchen wegen der »dreizüngigen Häresie«. Er berief sich auf das Beispiel einer grofsen Reihe orientalischer Völker und auf verschiedene Stellen der Heiligen Schrift, welche den Gebrauch der slawischen Sprache im Gottesdienst rechtfertigen sollten. In Rom empfing die Brüder bereits Hadrian II. (bestieg den päpstlichen Thron am 14. Dezember 867) mit grolsen Ehren, die allerdings in erster Linie den mitgebrachten Reliquien des heiligen Klemens galten. Dieser Papst weihte Method und drei Jünger zu Priestern, zwei zu Lektoren und billigte offenkundig die grofsen Neuerungen der Brüder; denn er legte das »slawische Evangelium« auf den Altar des heiligen Petrus und liefs in verschiedenen Kirchen Roms in Anwesenheit der Kenner des orientalischen Ritus slawischen Gottesdienst abhalten. Die Namen der Kirchen und Personen stimmen so genau zu den historischen Tatsachen, dafs die Approbation der slawischen Liturgie keinem Zweifel unterliegt, selbst wenn das nur in der slawischen Methodlegende erhaltene, in das Jahr 869 zu verlegende Handschreiben an die Fürsten Rastislav, Svatopluk und Kocel nicht ganz echt sein sollte. Dafs es den Brüdern gelang, dem römischen Stuhle begreiflich zu machen, welche Wichtigkeit ihre Neuerung für die Gewinnung und Festhaltung der slawischen Völker habe, beweist vor allem die Errichtung eines pannonischen Erzbistums, die zu einem Konflikt mit den bayrischen Bischöfen und dem fränkischen Reich führen mufste. Das Werk der beiden Brüder erlitt jedoch einen grofsen Stöfs durch den allzufrühen Tod Konstantins (14. Februar 869 im 42. Lebensjahre), der kurz zuvor in ein Kloster eingetreten war und den Namen Cyrill angenommen hatte. Für das grofse Ansehen, das er in Rom genofs, spricht aufser dem Zeugnis seines Zeitgenossen Anastasius Bibliothecarius die Tatsache, dafs ihm beim Begräbnis in der Kirche des heiligen Klemens — die Peterskirche lehnte Method ab — päpstliche Ehren erwiesen wurden. Er war die Hauptperson; Method, dem vor allem die hohe Bildung des Bruders abging, konnte trotz seiner diplomatischen und organisatorischen Fähigkeiten namentlich den Gegnern nicht so imponieren. Immerhin setzte auch Method das begonnene Werk, das ihm Cyrill am Totenbette warm ans Herz gelegt hatte, mit Erfolg fort. Auf kurze Zeit kehrte er zum Fürsten Kocel am Plattensee zurück, der sich ihn als Erzbischof erbeten hatte. Die Idee, für Pannonien und Mähren das alte Bistum, das in Syrmium (heute Mitrovica) bis zur Zerstörung der Stadt durch die Awaren (582) als Sitz des Exarchen für Illyricum bestanden hatte, wiederherzustellen , ist natürlich nicht dem Kopfe des bescheidenen slowenischen Fürsten und fränkischen Vasallen entsprungen, sondern »der Stuhl des heiligen Andronikus« sollte einerseits den Rechtsgrund für diese neue kirchliche Organisation auf einem Boden bilden, der durch die Missionstätigkeit der bayrischen Bischöfe wiedergewonnen und, soweit Pannonien in Betracht kommt, von Karl dem Grofsen ausdrücklich dem Erzbistum Salzburg zugewiesen worden war; andererseits wollte Rom die Würde des Exarchen und apostolischen Vikars für Illyricum erneuern, um alle Donauslawen gegen die Ansprüche von Konstantinopel zu behaupten. Schwerwiegende Gründe und grofse Pläne waren also die Ursache, dafs Method von seiner kurzen, zweiten Romreise als Erzbischof von Pannonien und apostolischer Legat zurückkehrte. Wegen der Wirren in Mähren, wo Rastislav von seinem Neffen Svatopluk an die Deutschen ausgeliefert und auf dem Reichstage zu Regensburg zum Tode verurteilt, von König Ludwig aber zur Blendung begnadigt worden war, blieb Method am Plattensee , wo er nach dem ausdrücklichen Zeugnis seiner Gegner (Li-bellus de conversione Bagoar. et Carantanorum aus dem Jahre 870, nicht 873) den Gottesdienst (missas et evangelia ecclesiasti-cumque officium) in slawischer Sprache (noviter inventis sclavinis litteris) abhielt. Wenn wir auch das fragliche Sendschreiben Hadrians II. an die Fürsten Kocel, Rastislav und Svatopluk nicht hätten, so genügten die hohen Auszeichnungen Methods und dieses Zeugnis, um zu beweisen, dafs er in der Tat aus Rom »allen jenen slawischen Ländern« als »Lehrer« mit einer im 9. Jahrhundert auch im Abendlande noch zulässigen, aber in der späteren römischen Praxis unerhörten Konzession, die nur an die Bedingung geknüpft war, dafs bei der Messe das Evangelium zuerst lateinisch und dann slawisch gelesen werde, gesendet worden ist. Offenbar erblickte der römische Stuhl auch in der Billigung der slawischen Liturgie das richtige Mittel zur Verwirklichung seiner Ansprüche auf ganz Illyricum, welche Frage nach der Zerreilsung der kirchlichen Gemeinschaft zwischen West- und Ostrom durch den Patriarchen Photios (867) trotz des momentanen Rückschlages (869) besonders brennend geworden war und durch die Abschwenkung der Bulgaren (im Frühjahr 870) nach Konstantinopel erhöhte Bedeutung erlangt hatte. Methods Wirksamkeit in Pannonien dauerte jedoch auch diesmal nicht lange, denn bald wurde er von den benachbarten deutschen Bischöfen »in das Land der Suaben verschickt und dritthalb Jahre gefangen gehalten«. Diese unglaublich scheinende Nachricht seiner Legende fand eine glänzende Bestätigung durch neu aufgefundene Papstbriefe, welche diesen Kampf um den Besitzstand, um Zehente und andere Benefizien, in einem noch ärgeren Lichte darstellen. Der Erzbischof und Apostolische Legat, über den nur der Papst zu Gericht sitzen konnte, wurde vom Erzbischof von Salzburg und den Bischöfen von Passau und Freisingen (die Legende spricht noch von einem vierten) auf einer Synode abgeurteilt, geohrfeigt, mit einer Reitpeitsche bedroht, eingekerkert und von Rom abgeschnitten. Als Johannes VIII. (872—882) endlich davon Kenntnis erhalten hatte, sandte er den Legaten Paulus von Ancona nach Deutschland, welcher die päpstliche Autorität gegenüber den bayrischen Bischöfen und ihrem König mit allem Nachdruck zur Geltung brachte, die Rechte des Apostolischen Stuhles auf Pannonien — bezüglich Mährens konnte überhaupt kein Zweifel bestehen — als nicht verjährt erklärte und Method wieder in sein Amt einsetzte (873). Wenigstens seit dem Jahre 874 hielt sich Method hauptsächlich in Mähren auf, wo sich Fürst Svatopluk, einer der bedeutendsten westslawischen Herrscher, selbständig gemacht hatte, aber immerhin mit den Franken rechnete und einen gewissen Hang zum deutschen Wesen und zur abendländischen Kirche zeigte. Method stand auch nicht auf gutem Fufse mit ihm und seiner Umgebung, wobei seine sittliche Strenge keine geringe Rolle spielte. Da Method bei seiner Befreiung überdies irgendeine Einschränkung der slawischen Liturgie zur Pflicht gemacht worden zu sein scheint, so hatte er keine leichte Stellung und wurde 879 in Rom sogar der Häresie angeklagt. Johannes VIII., der grofse Diplomat, der gerade mit dem konstantinopolitanischen Konzil vom Jahre 879 unzufrieden war und von Byzanz die Übergabe der bulgarischen Kirche zu verlangen begann, konnte ihn leicht davon freisprechen, da die Lehre, dafs der heilige Geist vom Vater und dem Sohne (filioque) ausgehe, in Rom selbst noch kein Dogma bildete. In unzweideutiger Weise wurde auch die Frage der slawischen Liturgie gelöst; denn das denkwürdige päpstliche Schreiben an Svatopluk (880) belobte (iure laudamus) das Übersetzungswerk Konstantin des Philosophen und erlaubte ausdrücklich auch die slawische Messe (missas in eadem sclavinica lingua canere) abermals mit der Bedingung, dafs das Evangelium zuerst lateinisch gelesen werde. Demgegenüber erhielten auch die Gegner bedenkliche Konzessionen. Ihr Führer Wiching, dem auch die deutschen Zeitgenossen kein günstiges Zeugnis ausstellten, wurde Methods Suffragan in Neitra, Svatopluk und seine »Richter« erhielten aber das Privilegium, sich die Messe nach Wunsch auch lateinisch zelebrieren zu lassen. Intrigen, wie die Verbreitung eines gegen Method gerichteten gefälschten Papstbriefes, Klagen und dogmatische Streitigkeiten, die Svatopluk mit Recht aus der Fassung bringen konnten, blieben auf der Tagesordnung. Trotz aller Widerwärtigkeiten fand Method Mufse und Lust zur Fortsetzung des Werkes seines Bruders. Mit Hilfe zweier »schnellschreibender« Priester übersetzte er gröfsere Teile des Alten Testamentes (s. u.), einen Nomokanon (jenen in 50 Titeln, bestehend aus den kanonischen Regeln des Johannes Scholastikos und einem Anhang »Zakon sudnyj«, einem Auszug aus den Gesetzen Justinians in 87 Kapiteln), und ein Paterikon von bisher unbestimmten Umfang (nach Sobolevskij das römische), also die für das kirchliche Leben notwendigsten noch fehlenden Schriften. Seine Missionstätigkeit erstreckte sich auch auf Böhmen, obwohl die Taufe des Herzogs Bofivoj durch ihn zweifelhaft ist, und auf polnisches, Gebiet, da er »einen Fürsten an der Weichsel» zu bekehren suchte (mit der Begründung, er möge sich freiwillig. nicht als Gefangener auf fremdem Boden taufen lassen!). Bemerkenswert ist seine Reise nach Konstantinopel, die in seine letzten Lebensjahre fällt34). Kaiser Basilios I., der auf die Stärkung der Macht und des Ansehens des oströmischen Reiches in jeder Hinsicht bedacht war, wollte offenbar etwas über die in Vergessenheit geratene mährische Mission erfahren, lud Method zu sich, nahm mit Wohlgefallen die slawischen Bücher entgegen und behielt von seinen Jüngern einen Priester und einen Diakon zurück. Wahrscheinlich hatte auch er Verständnis für den politischen Wert der slawischen Übersetzungen, die speziell in den byzantinischen Grenzgebieten gute Dienste leisten konnten. Am 6. April 885 verschied Method und wurde in seiner Kathedrale, wahrscheinlich in Velehrad, dessen Lage'aber auch nicht sicher ist (vielleicht bei Ungarisch-Hradisch), bestattet. Es ist bezeichnend für die Verhältnisse in Mähren, dafs der Trauergottesdienst für ihn in lateinischer, griechischer und slawischer Sprache abgehalten wurde. Als seinen Nachfolger bestimmte er (natürlich konnte das nur ein Wunsch sein) den Mährer Gorazd, dem er auch die Kenntnis der lateinischen Sprache nachrühmt. Doch war für seine Jünger, deren Zahl mit 200 angegeben wird, kein Platz mehr in Mähren. Wiching eilte sofort nach Rom, um die Ernennung Gorazds zu hintertreiben. Es gelang ihm aber noch mehr. Stephan V. (VI.) verbot zweifellos für Mähren — das mufs betont werden — die slawische Liturgie85) (im Herbst 885 oder 886), und Svatopluk jagte die Methodianer aus dem Lande. Nach der unlängst aufgefundenen slawischen Legende des heiligen Naum wurden einige Jünger Methods sogar gemartert, andere an Juden als Sklaven verkauft und nach Venedig geschleppt; hier befreite sie der Gesandte Basilios I. und brachte sie nach Konstantinopel, wo ihnen die Priesterwürde wiedergegeben wurde (also vor Ende August 886). Auffällig ist die Inkonsequenz Roms in dem kurzen Zeitraum von fünf Jahren. Man mufs jedoch bedenken, dafs Stephan V. (885—891) nach Johannes VIII. (gestorben 882) bereits der dritte Papst war; bei so häufigem Regierungswechsel sind auch Programmänderungen begreiflich, wie Stephan V. in der Tat auch darin von Johannes VIII. abwich, dafs er das F i 1 i o q u e in das Symbol um aufnahm. Bei den leidenschaftlichen Kämpfen um die Tiara nahm man aber auch zu den unerlaubtesten Mitteln Zu- flucht. So ermöglichten es die Wirren am päpstlichen Hof, dafs die Anhänger des aus der bulgarischen Mission bekannten For-mosus den zweiten Teil des Registers Johannes' VIII. an sich rissen und die Dokumente der neunten Indiktion sogar vernichteten. Um so mehr waren daher auch Mystifikationen gegenüber StephanV. möglich, worin ja Wiching ein grofser Meister war. Die Hauptschuld dürfte aber auch für die Vorgänge in Rom Svatopluk treffen, der Wiching grofsgezogen hatte und ihm jetzt die Zügel ganz frei gab, während er Method bei seinen Lebzeiten nur zur Not respektierte, nach seinem Tode aber alle Rücksichten gegen seine Jünger beiseite schob und sein Werk vernichtete. Man findet es begreiflich, dafs er zu den nationalen und politischen Spaltungen in Mähren noch keine religiösen haben wollte und mit der fränkischen Grofsmacht rechnen mufste; aber allem Anscheine nach fielen doch seine persönlichen Neigungen und seine offenkundige Antipathie gegen Method mehr ins Gewicht. Da er seinen Oheim als Verräter beerbt hatte, fand er auch kein Gefallen an einer seiner bedeutendsten Taten, während Method gerade den Urheber seiner Mission in dankbarem Andenken behalten mufste. Offenbar mangelte ihm auch das Verständnis dafür, welch ein Bollwerk eine slawische Nationalkirche gegen das von ihm bekämpfte fränkisch - deutsche Reich werden konnte. Und man denke sich die weiteren Folgen, wenn sich ihr Organ als gemeinsame Schriftsprache aus Pannonien und Mähren nach allerg Seiten organisch weiter verbreitet hätte! Hier in Mitteleuropa würden die slawischen Völker auch nie den Zusammenhang mit der Kultur des Abendlandes verloren haben, und die slawische Kirchensprache wäre nie zur Schutzmauer des Stillstandes und Rückschrittes geworden, wie dies später in der Gemeinschaft mit der orthodoxen Kirche in der Tat der Fall war; jedoch bei weitem nicht im 9. und 10. Jahrhundert, denn gerade damals konnte die griechische Bildung trotz ihres Absterbens den Slawen mehr bieten als die fränkische. Das mährische Reich erfüllte vor seinem Untergange durch die Magyaren (906) eine welthistorische Mission; aber dieselbe wäre noch viel gröfser ausgefallen, wenn der Gedanke Rastislavs eine konsequente Durchführung erfahren hätte. So aber hatten die Slawen von seinem Fallenlassen grofsen politischen und kulturellen Schaden, den gröfsten aber Rom; denn die slawische Liturgie, die es auf seinem Gebiete aufkommen liefs und förderte, wurde zum stärksten und ausgiebigsten Kampfmittel gegen seinen Einflufs im ganzen weiten slawischen Osten. Konstantin dem Philosophen wird bereits von den Zeitgenossen (Conversio 870, Schreiben Johannes VIII. 880) die »Erfindung« einer slawischen Schrift zugeschrieben. Besonders beachtenswert ist das Zeugnis des Mönches Hrabr (aus dem Anfang des 10. Jahrhunderts), der die slawische Schrift gegenüber den Griechen auch in der Weise verteidigte, dafs er ihnen vorhielt, sie hätten lange Zeit mit phönizischen Buchstaben geschrieben und ihr Alphabet erst allmählich von vielen Männern erhalten, während Konstantin allein den Slawen sofort 38 Buchstaben nach dem Muster der griechischen geschaffen habe. Der Wirklichkeit steht nahe auch der Bericht der Legende, dafs Konstantin vor der Abreise nach Mähren die slawische Schrift »zusammengestellt« habe. Nun sind uns aber in ungefähr gleich alten Quellen zwei slawische Alphabete überliefert: das cyrillische, welches mit der griechischen Unzialschrift geradezu identisch ist, so dafs griechische und slawische Handschriften des 11. Jahrhunderts auf den ersten Blick voneinander- nicht unterschieden werden können, und das glagolitische (der Name kann bis ins 14. Jahrhundert hinauf verfolgt werden), das an Schriften des nahen Orients (Armenisch, Georgisch, Hebräisch) erinnert, sich aber bei näherer Betrachtung als eine konsequente Stilisierung der griechischen Minuskel- und Kursivschrift, die eben bei den Slawen schon vor Cyrill im täglichen Gebrauch stand, herausstellt. Für die zahlreichen, speziell slawischen Laute wurden Zeichen durch Veränderung und Kombinierung der griechischen hergestellt oder neue erfunden oder aus einem, vielleicht sogar aus mehreren orientalischen Alphabeten entlehnt, was bei dem hochgebildeten Konstantin nicht so unwahrscheinlich ist, wie man manchmal meint. Auf jeden Fall trug seine vollkommen phonetische Schrift36) den feinsten lautlichen Nuancen des von den Brüdern beherrschten Dialektes Rechnung. Von den beiden Alphabeten kann jedoch nur eines von ihnen herrühren. Heute darf es als vollkommen ausgemacht gelten, dafs das glagolitische das ältere und von Cyrill zurechtgelegte ist, nicht aber dasjenige, welches im Laufe der Jahrhunderte mit seinem Namen verknüpft und als ein heiliges Vermächtnis der Slawenapostel betrachtet wurde. Man kann sich vorstellen, mit welchen Schwierigkeiten sich diese Wahrheit, die zu den glänzendsten Resultaten der slawischen Philologie gehört, Bahn brechen mufste. Paläographische, sprachliche und historische Gründe sprechen dafür. Manche glagolitische Buchstaben sind ursprünglicher als die cyrillischen, einige stehen noch nach der linken Hand offen, nur der Zahlenwert der glagolitischen ist fortlaufend, der der cyrillischen dagegen durch Einschaltung griechischer Zahlzeichen unterbrochen; eine nicht unbeträchtliche Anzahl cyrillischer Handschriften ist aus glagolitischen abgeschrieben, was die Beibehaltung einzelner glagolitischer Buchstaben, Wörter und ganzer Stellen mit glagolitischer Schrift oder nur aus ihr erklärbare Schreibfehler beweisen, während wir für den umgekehrten Fall keinen Beleg haben; ebenso sind nur Palimpseste bekannt geworden, in denen die glagolitische Schrift mit cyrillischer bedeckt ist. Auch die Kunstgeschichte lieferte in der jüngsten Zeit Beweise, dafs manche cyrillische Initialen ihren Ursprung glagolitischen Mustern zu verdanken haben (typische Beispiele in dem ältesten cyrillischen Denkmal, Sava's Evangelistar, und in den Blättern Undoljskijs). In den meist erst in der zweiten Hälfte des ^.Jahrhunderts ans Licht geförderten älteren glagolitischen Handschriften finden wir altertümliche grammatikalische Formen und Wörter, speziell die sogenannten Pannonismen, welche in den cyrillischen Denkmälern mehr oder weniger beseitigt wurden. Wir besitzen weiter das Zeugnis des Klerikers Nikolaus von Arbe (aus dem Jahre 1222) für die Existenz eines glagolitischen Psalters in Salona (Spalato) aus dem Zeitalter des Methodius; selbst in Rufsland, wo gleichfalls glagolitische Handschriften abgeschrieben wurden, haben wir für das 11. Jahrhundert ein Zeugnis (1047 aus Novgorod), welches nur so vernünftig gedeutet werden kann, dafs die glagolitische Schrift damals als »cyrillisch« (kurilovica) angesehen wurde; in der Kathedrale von Novgorod wurden erst jüngst schön geschriebene glagolitische Graffitinschriften auf Freskogemälden entdeckt. Von keiner geringen Bedeutung ist auch die Erwägung, dafs wohl die Verdrängung der wirklich schwer zu begreifenden und schwer zu erlernenden glagolitischen Schrift durch die viel leichter fafsliche und bequemere cyrillische erklärt werden kann, nimmermehr aber die Entstehung der glagolitischen nach der cyrillischen, namentlich nicht in Bulgarien und Makedonien in der Berührungssphäre mit Byzanz, wo sich dieser Wechsel tatsächlich vollzogen hat. An dem wirklichen Erbe Konstantins hielten nur die dem byzantinischen Einfluls entrückten Kroaten an der adriatischen Küste fest. Die Gegner der slawischen Liturgie auf der Synode von Spalato 1059/60 wufsten noch, dafs ein gewifser Methodius, ein Häretiker, die »gotische« Schrift erfunden habe; man kann dabei unmöglich an die cyrillische denken, denn eine solche Unwissenheit darf man den dalmatinischen Prälaten nicht zumuten, dafs sie die offenkundige Ähnlichkeit derselben mit der griechischen nicht erkannt hätten, um so mehr, als sie gerade die Zulässigkeit der griechischen Sprache, die sie in den Städten und in den südlichen Gegenden kennen zu lernen Gelegenheit hatten, neben der lateinischen in der Liturgie betonten. Natürlich kann von einem wesentlichen Unterschied zwischen der runden »bulgarischen« und der eckigen »kroatischen« Glagolica keine Rede sein; denn diese hat im Zeitalter der Gotik nur die Entwicklung der neben ihr gebrauchten lateinischen Schrift durchgemacht, wie später auch die cyrillische dieselbe eckige, ungefällige Gestalt angenommen hat. Übrigens ist der allmähliche Übergang vom runden zum eckigen Typus und auch der geographische Zusammenhang mit Makedonien durch neuere Funde (Mihanovicsche Blätter, Grskovics Apostolus, Wiener Fragmente von Jagic) und durch die ältesten glagolitischen Inschriften auf kroatischem Boden sichergestellt worden. Auch gewisse Eigentümlichkeiten der alten Denkmäler aus Serbien und Bosnien und der bosnischen cyrillischen Schrift beruhen auf glagolitischer Tradition. Zu den schwierigsten und ungemein viel erörterten Fragen gehört auch die nach der Heimat der Sprache, in welcher Cyrill und Method das slawische Schrifttum begründet haben. Die Antwort darauf hat nicht blofs historisches Interesse, sondern auch eine grofse Bedeutung für die slawische und vergleichende Sprachwissenschaft, da die Kirchensprache in ihrer ursprünglichen Gestalt den Ausgangspunkt jedes Studiums der slawischen Sprachen bildet. Wegen ihres verhältnismäfsig hohen Alters und wegen der Ehrfurcht, die sie als Sprache des Gottesdienstes umgab, wurde sie einige Zeit sogar als die Mutter der slawischen Sprachen angesehen. Wir wissen heute bestimmt, dafs die Slawen apostel, trotzdem sie hauptsächlich in Mähren wirkten, eine ent- schieden südslawische Sprache schrieben, die vor den anderen Slawinen nur den Vorzug hat, dafs sie einige Jahrhunderte früher aufgezeichnet worden ist und ziemlich zahl- und umfangreiche Denkmale hinterlassen hat. Doch wo wurde diese reich entwickelte und festgefügte Sprache, beziehungsweise dieser Dialekt denn von einem solchen ist wie bei der Grundlage einer jeden Litteratursprache auszugehen, gesprochen? Man dachte zuerst an die Heimat der Slawenapostel; doch im 19. Jahrhundert wurde durch bedeutende Forscher, wie Kopitar, Safafik in seiner letzten Periode und Miklosich, die »pannonische Hypothese« zu grofsem Ansehen37) gebracht, der zufolge die ältesten slawischen Denkmäler die Sprache der pannonischen Slowenen wiedergeben, die dann Miklosich und Historiker wie E. Dümmler auch auf das linke Ufer der Donau (hauptsächlich in das Gebiet der Slowaken)88) verlegen mufsten. Die slawische Bevölkerung von Böhmen, Mähren und Nordwestungarn war jedoch gewifs schon im 9. Jahrhundert eine sprachliche und ethnische Einheit, und auch die für Pannonien vorgebrachten und glänzend verteidigten historischen und sprachlichen Gründe sind nicht stichhaltig. Die Slawenapostel, namentlich der Begründer des Schrifttums, Konstantin, hielten sich nur vorübergehend in Pannonien auf und brauchten dort von ihrem mitgebrachten Dialekt ebensowenig abzuweichen, wie in Mähren, wenn sie es überhaupt in der Laut- und Formenlehre so konsequent vermocht hätten, wie man nach ihrem einheitlichen Übersetzungswerk annehmen müfste. Die auf Grund der slawischen Fremdwörter im Magyarischen nach Pannonien verlegten sprachlichen Eigentümlichkeiten haben durch die Erwägung, dafs die Magyaren die meisten slawischen Elemente zum mindesten schon in der Theifsebene aufgenommen haben, und durch das Studium der heutigen bulgarischen Dialekte ihre Beweiskraft verloren; die lateinisch-deutschen Fremdwörter, die den wichtigsten Bestandteil der »Pannonismen« der alten slawischen Kirchensprache bilden, lehren aber nur, dafs Cyrill und Method so vernünftig waren, dafs sie die im Lande bereits eingebürgerte christliche Terminologie annahmen. Mähren und Pannonien sind also die Heimat der slawischen Liturgie, aber nicht ihrer Sprache; diese brachten vielmehr die Brüder aus Konstantinopel mit und übersetzten die wichtigsten Kirchenbücher schon vor ihrer Rom- Murko, Geschichte der südslawischen Litteraturen. 4 reise, also innerhalb dreier Jahre. Oblak89) glaubte in der Tat »alle charakteristischen phonetischen Züge des Altslowenischen gerade in dem Dialekte der östlichen Umgebung von Saloniki«, dessen Sprache die Brüder nach der Legende gesprochen haben sollen, gefunden zu haben; man denkt aber auch an andere makedonische und ostbulgarische oder gar an einen Donaudialekt. Auf jeden Fall hatten sich die Slawenapostel im byzantinischen Reiche irgendeinen Dialekt angeeignet, der auf dem Gebiete der heutigen bulgarischen Dialektengruppe gesprochen wurde. Ihre Kirchensprache heifst in den Quellen immer »slowenisch« (jgzyk'L sloventskt, lingua sclavina, sclavinisca, Sclavorum), daher der Ausdruck »altslowenisch«, der aber insofern Anstofs erregen kann, als früher die pannonische Hypothese und der Gedanke, dafs sie der heutigen slowenischen Sprache am nächsten stehe (vgl. die Reihenfolge in Miklosichs grammatischen und lexikalischen Werken), damit in Zusammenhang gebracht wurde. Unjiistorisch und noch mehr bedenklich ist der Ausdruck »altbulgarisch«, denn dieses war eine türkische Sprache. Am besten eignet sich daher die den tatsächlichen Verhältnissen Rechnung tragende Bezeichnung »altkirchenslawische «Sprache, um so mehr als sie die Grenzen des heutigen Bulgarischen weit überschritten und verschiedene Elemente namentlich in ihren Wortschatz aufgenommen hat. Die von den Legenden den Slawenaposteln zugeschriebenen Ubersetzungen der notwendigsten Bücher für das kirchliche Leben sind auf ihren Umfang hin durch philologische Untersuchungen noch nicht genügend sichergestellt. Man kann nicht behaupten, dafs das ganze Evangelium und der ganze Apostolus von ihnen herrühren. Bezüglich der Evangelien steht es nämlich fest, dafs die Bruchstücke aus dem Lectionarium (die ältesten erhaltenen Handschriften: glagolitisch Cod. Assemanianus, cyrillisch Savina Kniga und Ostromir) in die vollständige Übersetzung (glag. Cod. Zographensis und Marianus), die immerhin schon in Makedonien entstanden sein kann, eingeschaltet worden sind. Man verlegt jedoch selbst bezüglich des Psalters zwei Bearbeitungen schon nach Mähren und Pannonien. Auf Grund sprachlicher Merkmale wird auch die Apokalypse, die nur in Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts erhalten ist, der pannonischen Periode zugewiesen. Method wird die Übersetzung einer griechischen Polemik seines Bruders gegen die Juden zugeschrieben (Original und Ubersetzung unbekannt). Unrichtig ist aber auf jeden Fall die Nachricht der Legende, Method habe mit Hilfe zweier schnellschreibender Priester das ganze Alte Testament mit Ausnahme der Bücher der Makkabäer in sechs Monaten übersetzt. Abgesehen von der physischen Unmöglichkeit einer solchen Arbeit ist es überhaupt mehr als zweifelhaft, ob alle Bücher des Alten Testamentes selbst in den nächsten Jahrhunderten übersetzt worden sind; denn der Erzbischof Gennadij von Novgorod mufste bei der Zusammenstellung einer vollständigen Bibel (1499) nach vergeblichem Herumsuchen mehrere Bücher aus der lateinischen Vulgata übertragen lassen (Paralipomenon I. II., Esdrae I. II., Tobias, Judith, Esther c. 10 bis 16, Liber sapientiae, Makkabäer). Überdies ist auch die Sprache der alten Übersetzungen nicht einheitlich und gleich alt. Method kann daher nur Lektionen des Alten Testamentes aus verschiedenen Büchern, das sogenannte Paroemienbuch (slaw. parimejnik), übersetzt haben oder auch Hauptteile des Alten Testamentes, z. B. den Pentateuch oder die Propheten, für welche man (vor allem Evseev) sich auf den Umstand beruft, dafs die Übersetzung dem offiziellen antiochianisch-konstantinopolitanischen Lukianischen Text folgt. Es ist in der Tat richtig, dafs alles von Cyrill und Method Übersetzte die Lukianische Redaktion40) repräsentiert; aber der umgekehrte Schlufs, dafs alles Lukianische in der altkirchenslawischen Litteratur auf die Slawenapostel zurückgehe, geht offenbar zu weit. Übrigens bietet die ursprüngliche Übersetzung des Markus - Evangeliums auch griechische Lesungen alter aus Alexandria und dem Westen stammender Handschriften41). Abgesehen von nur geringen Freiheiten gaben die Brüder das Original genau wieder, wurden aber dem Geiste der slawischen Sprache, namentlich in der Syntax, gerecht, wodurch sie sich ungemein vorteilhaft von späteren Übersetzern unterscheiden, die sich so sklavisch an das griechische Original hielten, dafs sie z. B. auch den substantivierten,Infinitiv übersetzten, wobei den fehlenden Artikel das sächliche Relativpronomen ersetzen mufste. Bemerkenswert ist die Reinheit des Ausdruckes für christliche Begriffe, mit welchen im Gegensatz zu anderen alten Übersetzern (z. B. Ulfilas) keine heidnischen Reminiszenzen verknüpft sind. Zu diesem Zwecke behielten die Brüder aller- 4* dings griechische Wörter mehr als billig bei und nahmen auch mehrere in Pannonien und Mähren bereits nationalisierte lateinischdeutsche Ausdrücke auf. Diese Andeutungen bestätigen zur Genüge die selbstverständliche Nachricht der Legende, dafs die Slawenapostel aus dem Griechischen übersetzt haben. Man mufs das betonen, weil sich noch immer selbst gelehrte Männer finden, welche die Existenz innerer und äufserer Beweise für diese Behauptung leugnen42). Andererseits blieben die Slawenapostel und ihre Schüler auf mährisch-pannonischem Boden vom abendländischen Wesen nicht unberührt. Method empfahl auf dem Totenbette den Mährer Gorazd zu seinem Nachfolger, weil er in den lateinischen Büchern wohl bewandert war. Der Ubersetzer der Psalmen hat wahrscheinlich manchmal auch den lateinischen Text eingesehen48); in den Nomokanon ist eine Übersetzung der Merseburger lateinischen Bufsordnung, in das Euchologium Sinaiticum, wo wir den ältesten slawischen Text derselben finden, sogar ein althochdeutsches (St. Emmeramer) Gebet44) geraten. Diese Tatsachen bieten eine wichtige Ergänzung zu den lateinisch-deutschen Fremdwörtern, die man für die pannonische Herkunft der kirchenslawischen Sprache zu viel ins Treffen geführt hat. Ebenso kann die Entdeckung des russischen Kanonisten Pavlov45) nicht überraschen, dafs wir in zwei Scholien zum 28. Kanon des Konzils von Chal-kedon auch einen litterarischen Beweis für die Anerkennung des römischen Primates von Seiten Methods finden. Fraglich bleibt es, ob auf die Slawenapostel, speziell auf Method, bereits die Einführung des römischen Ritus zurückgeht. Aus Konstantinopel brachten die Brüder offenbar auch den orientalischen Ritus mit, der damals an und für sich speziell in Rom, an das sie sich ausschliefslich hielten (nicht etwa an das Patriarchat von Aquileja), keinen Anstofs erregen konnte. Die Bewilligung des slawischen Gottesdienstes wurde von Hadrian II. und Johannes VIII. nur an die Bedingung geknüpft, dafs das Evangelium zuerst lateinisch gelesen werde. In Mähren und Pannonien, wo man die lateinische Messe bereits gut kannte, waren jedoch weitere Konzessionen auch auf diesem besonders wichtigen Gebiete angebracht. Es ist charakteristisch, dafs in der Methodlegende für die Messe der lateinisch - deutsche Ausdruck mtsa, der noch heute bei Böhmen, Lausitzer Serben, Polen, Slowenen und teilweise Kroaten fortlebt, gebraucht wird und auch in den ältesten Bruchstücken eines römischen Missais vorkommt. Von diesen werden die glagolitischen Kiewer Fragmente jetzt (von Vondräk48)) bereits in die Mitte des 10. Jahrhunderts (Jagic möchte höchstens bis in den Anfang des 11. Jahrhunderts hinaufgehen) verlegt und stammen wegen ihrer ausgesprochenen Moravismen auf reiner altkirchenslawischer Grundlage entweder aus Mähren oder, wie Vondräk nachzuweisen sucht, von einem Grofsmährer, der, wie auch andere Jünger Methods, auf kroatischen Boden verschlagen worden sei. Unbedingt kroatischer Herkunft sind die Wiener Fragmente, die Jagic dem 12. Jahrhundert zuweist. Auf jeden Fall besitzen wir also sehr alte Zeugnisse für die Existenz des römischen Ritus auf westslawischem Boden, und es ist sehr wahrscheinlich, dafs diese den Verhältnissen Rechnung tragende Neuerung schon in Methods Zeiten im Bereiche Grofs-mährens und Pannoniens zustande gekommen ist. Aufser den Kiewer Fragmenten gibt es noch drei aus dem Lateinischen Ubersetzte Denkmäler (Reden des Papstes Gregor des Grofsen, Leben des heiligen Benedikt, Pseudoevangelium des Nicodemus), die der russische Forscher Sobolevskij47) nach Mähren verlegt, ebenso wie mehrere nach griechischen Originalen angefertigte Übersetzungen (I. und II. Buch der Könige, eine kurze Erklärung der Apokalypse des Andreas von Käsarea, Leben des heiligen Johannes des Mitleidigen, Erklärung der Liturgie, das bereits beim Nomo-kanon erwähnte Strafgesetzbuch [zakont sudnyj], eine Bufsordnung, einige Gebete) und originelle Schriften, wie z. B. die Legende Konstantins, Officien zu Ehren der heiligen Cyrill und Method usw. Doch können einige dieser Arbeiten von Schülern Methods oder ihren Nachfolgern erst am Adriatischen Meere oder in Makedonien angefertigt worden sein. Die verheifsungsvollen Anfänge der slawischen Litteratur in Mähren fanden durch Methods Tod ein jähes Ende, da seine Jünger den ärgsten Verfolgungen ausgesetzt und die hervorragendsten unter ihnen in roher Weise aus dem Lande gejagt wurden. Die slawische Liturgie fristete nur noch an einzelnen Orten, hauptsächlich in Ungarn und in Klöstern, ihr Dasein fort. Dementsprechend konnte selbst in Böhmen die heilige Ludmila ihren Enkel, den heiligen Wenzel, in »slawischen Büchern« unterrichten lassen, und Böhmens Patron bekam bald nach seinem Tode, also wahrscheinlich noch in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts, eine kirchenslawische Legende in glagolitischer Schrift, die dann ihren Weg nach Kroatien und Rufsland fand. Im 11. Jahrhundert hatte die slawische Liturgie noch bei den Benediktinern des Sazavaklosters eine Zufluchtsstätte, aber Mönchsstreitigkeiten bereiteten ihr auch hier ein Ende (1097). Beachtenswert ist der Umstand, dafs bei den Verhandlungen mit Rom um ein mährisches Erzbistum (898—900), die trotz der Vorstellungen des bayerischen Episkopates von Erfolg begleitet waren, des slawischen Ritus keine Erwähnung geschah, während er in der Stiftungsurkunde des Prager Bistums (ungefähr 972) noch ausdrücklich verboten wurde. Im Jahre 1080 wurde das Ansuchen des böhmischen Herzogs Vratislav II. um die slawische Liturgie von Gregor VII. rundweg abgelehnt; sie erfreute sich also immerhin noch 200 Jahre nach ihrer feierlichen Bewilligung keines geringen Ansehens auf mährisch-böhmischem Boden. Ob die slawische Liturgie durch Flüchtlinge aus Mähren und Ungarn auch auf das kleinpolnische Gebiet von Krakau gebracht wurde, ist nicht ausgemacht, aber sehr wahrscheinlich. IV. Die ältesten litterarischen Denkmäler der Slowenen. Im Zusammenhang mit dem grofsen Übersetzungswerk der Slawenapostel und ihrer Schüler in Pannonien und Mähren müssen auch die Anfänge eines Schrifttums mit sehr unbeholfener Anwendung des lateinischen Alphabetes bei den Slowenen im benachbarten Karantanien betrachtet werden. In den Freisinger Denkmälern (sie kamen 1803 aus dem Kloster Freising in die Münchner Bibliothek) sind uns eine Beichtformel, eine Ho-milie über die Beichte und ein Beichtgebet erhalten, die von den Paläographen in das 10. oder 11. Jahrhundert verlegt werden. Diese Abschriften stehen also den ältesten erhaltenen glagolitischen und cyrillischen Denkmälern an Alter durchaus nicht nach und repräsentieren die erste bekannte Aufzeichnung irgendeiner slawischen Sprache in lateinischer Schrift; ebenso sind sie die ältesten Denkmäler einer lebenden slawischen Sprache, da sie unbedingt auf slowenischem Boden geschrieben worden sind und verschiedene offenkundige Merkmale der heutigen slowenischen Sprache (namentlich j für altkirchenslawisch zd, urslawisch dj) zeigen. Inhaltlich erinnern sie an ähnliche althochdeutsche Denkmäler; für Teile des dritten ist im St. Emmeramer Gebete bereits die Quelle nachgewiesen worden. Deutschen Einflufs verrät auch die äufserst mangelhafte Graphik — im Vergleich damit lernt man das Werk Konstantins besonders hoch schätzen — und Rechtschreibung; das zweite und dritte Denkmal sind in der vorliegenden Gestalt auch von einem Deutschen niedergeschrieben worden. Da Freising mit den damaligen Slawenländern südlich der Donau, namentlich auch mit Kärnten und Krain, mancherlei wenigstens administrative Verbindungen hatte, so gab es für Freisinger Geistliche Veranlassung genug, sich gelegentlich auch für das Seelenheil ihrer, wenn auch in fremder Diözese lebenden Untergebenen zu bekümmern. Wir haben da ein interessantes Beispiel, wie deutsche Geistliche auch in slawischen Ländern den Bestimmungen Karls des Grofsen über die Pflege der Volkssprache im Sinne der Beschlüsse der Mainzer Synode (813) nach Möglichkeit Rechnung zu tragen suchten. Die Freisinger Denkmäler stehen allerdings bei den Slowenen und den übrigen westslawischen Völkern in alter Zeit so vereinzelt da, dafs man auch darin eine Bestätigung für die Behauptung, sie seien ohne das Werk der Slawenapostel undenkbar, suchen könnte; denn in ihrer Sprache, die wirklich nicht einheitlich ist, glaubte man ohnehin ältere Spuren kirchenslawischer Beeinflussung gefunden zu haben. Doch abgesehen davon, dafs dies mit guten Gründen bestritten wird, müssen wir auch den Umstand in Betracht ziehen, dafs die drei Denkmäler nicht blofs von verschiedenen Übersetzern, sondern auch aus verschiedenen Gebieten herrühren können, sogar aus solchen, die längst germanisiert worden sind (die Klöster Innichen und Kremsmünster wurden zum Zwecke der Bekehrung der Slowenen in den Jahren 769 und 777 gegründet!). In der Tat finden wir darin verschiedene sprachliche Eigentümlichkeiten, die ziemlich vereint heute nur im äufsersten nordwestlichen Sprachgebiet des Slowenischen, im Gailtale in Kärnten, erhalten sind. So erklären sich auch jene dialektischen Merkmale, die nach Böhmen und Mähren hinüberführen, während aus dem grofsmährischen Reiche hineingetragene Slowazismen andererseits oder Kroatismen in Wirklichkeit nicht nachzuweisen sind. Wichtig ist aber die Tatsache, dafs das zweite Denkmal zum Teil in einer altkirchenslawischen Homilie (am Tage eines Apostels oder Märtyrers überhaupt) des heiligen Kliment (Klemens) von Bulgarien, eines Schülers Methods, der seine Tätigkeit in Makedonien fortsetzte (s. u.), erhalten ist. Man könnte zugeben, dafs diese Homilie Kliments aus Pannonien oder sogar/aus Makedonien durch Vermittelung Kroatiens ihren Weg nach Karantanien gefunden habe, aber eine kritische Untersuchung der übereinstimmenden Bestandteile zeigt, dafs eine unbekannte Vorlage als Quelle beider angenommen werden mufs. In ähnlicher Weise wurden in die Bufsordnung des Euchologium sinaiticum, die ebenfalls Kliment nach griechischen Quellen zusammengestellt haben soll (Vondräk 48)), das althochdeutsche St. Emmeramer Gebet, das zum Teil auch im dritten Freisinger Denkmal vorkommt, und eine Übersetzung des lateinischen Merseburger Pönitenzials hineingearbeitet. So gelangten in die liturgische Litteratur der slawischen orthodoxen Kirchen Bruchstücke von Beichtformeln und Bufs-ordnungen, die unbedingt der abendländischen, speziell der deutschen Kirche angehören. Method oder wenigstens seine Jünger mufsten eben mit der in Pannonien und Mähren bereits vorgefundenen Beichtordnung rechnen; die Merseburger Bufsordnung ist wohl in ihrem Kreis übersetzt worden, die für das Volk bestimmten Beichtformeln und Gebete waren aber offenbar als ein Werk der lateinisch-deutschen Geistlichkeit schon im Umlauf. Gegenseitige Beeinflussung, ja sogar eine Konkurrenz der lateinisch-deutschen Geistlichkeit mit der slawischen sind dabei nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern sogar wahrscheinlich. Am nachhaltigsten war der deutsche Einflufs in Pannonien: in die ohnehin auch im heutigen Sinne slowenischen Gebiete um den Plattensee könnten die Vorlagen der Freisinger Denkmäler aus Karantanien gekommen und wieder in ihre Heimat zurückgekehrt sein. Auf jeden Fall gab es Denkmäler, wie sie uns Freising bewahrt hat, bereits in Methods Zeiten. V. Die altkirchenslawische Litteratur in Bulgarien. i. Übersicht. Die theologische Litteratur. Im Kampfe mit der lateinisch - deutschen Geistlichkeit in Pannonien und Mähren war die slawische Liturgie und mit ihr das slawische Schrifttum, dessen grofse, allerdings einseitigkirchliche Entfaltung in einer sehr kurzen Zeit Bewunderung hervorruft, unterlegen, fand aber im Süden der Sawe und Donau eine dauernde Zufluchtsstätte, wo ihm in dem kurz zuvor christianisierten, seinem Höhepunkt zueilenden bulgarischen Reich ein mächtiger Aufschwung beschieden war. Hieher flohen auf verschiedenen Wegen die meisten Jünger Methods, unter ihnen auch solche, deren Herkunft aus Pannonien erwähnt wird. Der bekannteste und auch bedeutendste von ihnen, Kliment (Klemens), gelangte mit einigen seiner Begleiter jedenfalls bald nach dem Tode Methods nach Belgrad, dessen Festungskommandant ihn an den Fürsten Michael-Boris (entsagte 888 der Regierung) schickte. Am Hofe von Preslav (an Stelle des römischen Marcianopolis), am nördlichen Abhänge des Balkans südlich von Sumen (Schumla), wurden die Flüchtlinge sehr freundlich aufgenommen ; aber für schwerwiegende kirchliche Neuerungen war dort, wo kurz zuvor eine heidnische Reaktion zum Teil noch türkisch - bulgarisch sprechender Adeliger äufserst blutig niedergeschlagen worden war und die junge griechische Hierarchie eifersüchtig ihre Rechte wahrte, noch kein günstiger Boden. Darin liegt wohl der Grund, dafs den Flüchtlingen der äufserste Südwesten des bulgarischen Reiches als Versuchsfeld angewiesen wurde. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dafs es Kliment, der Method von Jugend auf begleitete und selbst ein makedonischer Slawe gewesen sein dürfte, in die Nähe der Heimat der Slawenapostel und der einstigen Statthalterschaft Methods zog. Der Wirkungskreis Kliments erstreckte sich nicht einmal so sehr auf das westliche Makedonien, mit Ochrida als Mittelpunkt, als vielmehr auf das südliche Albanien (im Gebiete von Avlona, Argyrokastro und Berat), wo es noch verschiedene »Slavinien« gab, die aber bereits im 11. und 12. Jahrhundert für die slawische Nationalität verloren gegangen sind. Auch das Bistum von Drembica (Debi.rca ? westlich von Kißevo und nördlich von Ochrida) oder Velika, in dem Gebiete von Kutmieivica in der Nähe des Ochridasees, das Kliment als erster »slowenischer« Bischof vom Zaren Symeon (893) erhielt, wird mit gröfserer Wahrscheinlichkeit in den makedonisch-albanischen Grenzgebieten als an der Strumica gesucht. Nach einem äufserst erfolgreichen Wirken fand Kliment seine Ruhestätte (gest. 910) in Ochrida, das sich dann zum geistlichen Zentrum Makedoniens ausbildete. Sein Nachfolger wurde sein mährischer Leidensgenosse Naum, der aber über Venedig und Konstantinopel nach Makedonien gelangt war. In den Gebieten um die Seen von Ochrida und Prespa wurde das Werk der Slawenapostel von ihren unmittelbaren Jüngern auch auf litterarischem Gebiete fortgesetzt; hier wurden ihre Traditionen bezüglich der Schrift und Sprache und eines gewissen Zusammenhanges mit dem Abendlande am besten bewahrt: Makedonien zeichnet sich in der Folgezeit durch einen Konservatismus gegenüber Ostbulgarien aus. An diese Gegenden knüpften sich auch die meisten Erinnerungen an die von der bulgarischen Kirche hoch verehrten »siebenzähligen Heiligen« (sl. sedmocislenici, sedmopoßetni, oi ayioi f mctgid-uoi, d. s. Cyrill und Method, Kliment, Naum, Angelar, Gorazd der Mährer, den sich Method als Nachfolger gewünscht hat, und Sava), und ihr Kultus lebt auch bei den orthodoxen Albanesen fort. Eine wahre »Blütezeit« erlebte aber die kirchenslawische Litteratur speziell in Ostbulgarien im »goldenen Zeitalter« des Zaren Symeon (893—927). Dieser in Konstantinopel gebildete »Halbgrieche« (so nannten ihn nach dem Zeugnisse Liutprands, des Gesandten Otto I., die Griechen selbst), der von Kindheit an auch die Werke des Demosthenes und Aristoteles kennen gelernt hatte, wollte mit Byzanz auch auf dem religiös-geistigen Gebiet konkurrieren. Zu diesem Zwecke slawisierte er nicht blofs die bulgarische Kirche, der er einen unabhängigen Patriarchen gab, sondern organisierte eine lebhafte übersetzerische und kompilatorische Tätigkeit, griff selbst zur Feder und schmückte seine prachtvollen Paläste und Kirchen am Hofe in Preslav auch mit Buchersammlungen, weshalb er von einem zeitgenössischen bulgarischen Panegyristen ein »neuer Ptolemäus« genannt wird. Die wohltätigen Folgen dieser Glanzperiode erstreckten sich auf das ganze bulgarische Reich vom Schwarzen bis zum Adriatischen Meere, so dafs auch die Serben daran teilnahmen. Die festen Grundlagen dieser Zeit konnten durch die schwache Regierung seines Nachfolgers Peter, durch die Einverleibung Ostbulgariens in das byzantinische Reich (971) und durch die gänzliche Vernichtung des makedonisch-bulgarischen Reiches, das sich nach dem Tode Peters (968) vom Ostreich losgerissen hatte, durch Basilios II. den Bulgarentöter (1018), nicht erschüttert werden. Der grausame Sieger schenkte der bulgarischen Kirche mit dem Sitze in Ochrida ihre Autonomie und stellte im Westen sogar ihren territorialen Umfang aus dem 10. Jahrhundert wieder her (1020). Nach einer seiner Goldbullen zählten dazu Epiros und Albanien bis über Janina hinaus, ganz Makedonien, Nordthessalien, die Rhodope. Sophia, Btdyn (Widin) an der Donau, das Moravatal, Belgrad an der Sawemündung, Prizren, Ras und Lipljan am Amselfelde. Getrennt davon blieb die Metropolie von Durazzo unter der Oberhoheit des Patriarchen von Konstantinopel, ebenso wie Donaubulgarien (aufser Btdyn — Widin), wo dem Metropoliten von Drster (Silistria) fünf Bischöfe untergeordnet waren. Das Oberhaupt dieser »bulgarischen« Kirche hiefs allerdings nicht mehr Patriarch, sondern nur Erzbischof, der überdies bald aus den Griechen genommen wurde, weshalb die Kirche von Ochrida seit dem 12. Jahrhundert als ein Bollwerk des Hellenismus erscheint. So kam die slawische Kirchensprache, soweit sie überhaupt in Geltung war und blieb, in eine untergeordnete Stellung. Auf diese Weise wurde allmählich die Entwicklung des geistigen Lebens in slawischer Sprache bei den Bulgaren unterbunden, und mit dem 12. Jahrhundert endet auch die sprachliche Vollkommenheit jener Glanzzeit der altkirchenslawischen (altslowenischen, altbulgarischen) Litteratur aus Mähren, Pannonien und Bulgarien, an deren Werken die slawischen Glieder der orthodoxen Kirche noch heute zehren. Von den Veränderungen, die am Werk der Slawenapostel vorgenommen wurden, ist am wichtigsten die Vertauschung der glagolitischen Schrift mit der cyrillischen, d. h. mit dem griechischen Uncialalphabet, das durch glagolitische Zeichen für die spezifischen slawischen Laute bereichert wurde. Das überrascht nicht, denn wir finden in Bulgarien griechische Inschriften aus der Zeit der heidnischen Fürsten und noch eine grofse Grenzinschrift von 903 bis 904, also aus der Zeit Symeons; ebenso waren die griechischen Schriftzeichen den Boljaren (Adeligen), Kaufleuten und anderen Bulgaren allgemein bekannt. Wenn man noch bedenkt, dafs Symeon und seine Zeitgenossen auch ebenso herrliche Missale und andere Bücher haben wollten wie die Byzantiner, so wird man die allmähliche Ersetzung der fremdartigen glagolitischen Schnörkelschrift durch die allgemein bekannte monumentale griechische Uncialschrift naturgemäfs finden49). In Ostbulgarien mufs diese Reform schon im 10. Jahrhundert ganz die Oberherschaft erlangt haben, da sonst der ausschliefsliche Cyrillismus in Rufsland nicht begreifich wäre; doch in Makedonien ein-schliefslich des Athos blieb die glagolitische Schrift bis zum Ende des 12. Jahrhunderts in Gebrauch. Aus diesen Gegenden stammen die für die slawische Sprachwissenschaft wichtigsten glagolitischen50) Codices des 10. und 11. Jahrhunderts, die meist auf dem Athos (Zographensis, Marianus), auf dem Sinai (Psalter, Euchologium) und in Jerusalem (Assemanianus) gefunden worden sind und den Beweis für einen frühzeitigen Verkehr auch der slawischen Athosmönche mit Syrien liefern. Allerdings war neben der glagolitischen auch die cyrillische Schrift üblich, denn am Ostufer des Prespasees wurde eine solche Inschrift des Zaren Samuel aus dem Jahre 993 gefunden. Für epigraphische Zwecke war jedenfalls das Uncialalphabet brauchbarer als die eigenartig stilisierte Kursive, die aber längere Zeit als Bücherschrift geherrscht haben mag. Einen ähnlichen Dualismus zwischen Ostbulgarien und Makedonien beobachtet man auch in der Sprache der daselbst abgeschriebenen und neu übersetzten Denkmäler. Trotzdem die slawischen Abschreiber überall, selbst in Rufsland noch in späten Jahrhunderten, ungemein konservativ vorgingen, spricht man doch auf Grund genauer grammatischer und lexikalischer Untersuchungen mit Recht von zwei Redaktionen der altkirchenslawischen Sprachdenkmäler, einer pannonisch-mährischen und einer bulgarischen; dabei mufs man aber hauptsächlich an Ostbulgarien denken, wo namentlich viele griechische Wörter über setzt und verschiedene Pannonismen beseitigt wurden, während Makedonien ältere Laute und Formen sowie den ursprünglicheren Wortschatz besser bewahrte. Auffällig ist es, dafs man in Bulgarien nicht an dem offiziellen konstantinopolitanischen Bibeltext festhielt; denn bezüglich der Übersetzung der kommentierten Propheten ist nachgewiesen, dafs sie der alexandrinischen Redaktion (des Hesychios) folgt, während man in Mähren der Übersetzung des Paroemienbuches die lukianische Redaktion zugrunde legte. Der Grund dieser Abweichung ist nicht aufgeklärt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dafs man darin nur einen Ausdruck der Emanzipationsbestrebungen von Konstantinopel auch auf kirchlichem Gebiete sehen kann. Unter den namentlich bekannten Schriftstellern Makedoniens nimmt K1 i m e n t nicht blofs zeitlich, sondern auch seiner Bedeutung nach die erste Stelle ein. Aus den Beziehungen einiger seiner Schriften zu den Freisinger Denkmälern und zur Merseburger Bufsordnung wissen wir schon, dafs er nicht aus-schliefslich an griechischen Mustern hing. Seine zahlreichen Predigten auf verschiedene Festtage bilden sogar eine Seltenheit in der altkirchenslawischen Litteratur, denn sie sind keine Ubersetzungen, sondern mehr oder weniger selbständige Arbeiten, die daher auch durch ihre dem Leben entnommene Sprache hervorragen. Seine volkstümlichen Belehrungen bewegen sich im Gedankenkreis des Evangeliums und entsprechen den Bedürfnissen seiner jungen Herde; ihm verdanken wir auch den ältesten slawischen Ausfall gegen »teuflische Lieder, Tänze und Zaubereien«; in den panegyrischen Reden hält er sich aber an die Praxis der byzantinischen Prediger, deren Rhetorik, verstärkt durch lyrische Elemente, ihn nicht sehr verständlich macht. Kliment schreibt man immer mehr auch die beiden panno-nischen Legenden zu. Die Lebensbeschreibungen Cyrills und Methods sind ihrer Bedeutung würdige Leistungen, deren historische Glaubwürdigkeit im Laufe der Jahre nur gewonnen hat. Eine ursprünglich griechische Abfassung derselben ist wenig wahrscheinlich, ebenso die Abhängigkeit des Lebens Cyrills von römischen Quellen, obgleich sein Kultus von Rom ausging. Beide Legenden bewahren ein schönes Gleichgewicht zwischen Konstantinopel und Rom, das der Herkunft und der Wirksamkeit der Slawenapostel entspricht. Besonders die darin bewiesene Anhänglichkeit an den apostolischen Stuhl spricht dafür, dafs ihre Lebensbeschreibungen bald nach dem Tode der Apostel aus einem Kreise hervorgegangen sind, in dem ihre Traditionen noch wirk- sam waren. Der Form nach sind jedoch beide Legenden so verschieden, dafs sie meines Erachtens unmöglich von demselben Verfasser stammen können. Die ausführliche Vita Constantini folgt offenkundig den Mustern byzantinischer Hagiographie und enthält ganze theologische Traktate (Disputationen mit Sarazenen, Chazaren, Juden und mit der lateinischen Geistlichkeit in Venedig), während die Vita Methodii, die kaum ein Drittel der vorigen erreicht, einfach einen chronologischen Bericht mit einiger legendarischer Ausschmückung ohne theologische Gelehrsamkeit bietet. Gegen diese Tatsachen fallen meist an und für sich wenig beweisende Parallelstellen in wirklichen und angeblichen Schriften Kliments nicht ins Gewicht. Viel Wahrscheinlichkeit hat die Behauptung, dafs das Leben Konstantins Method selbst ver-fafst habe, weshalb darin auch so wenig von ihm die Rede ist. Methods Legende, die sich an die vorige unverkennbar anlehnt, kann dann allerdings mit grofser, aber noch nicht zur Gewifsheit erhobener Wahrscheinlichkeit Kliment zugesprochen werden, zum mindesten aber einem wohl in Makedonien wirkenden unmittelbaren Jünger Methods. Das gleiche gilt von einer Lobrede auf Cyrill und Method, die den beiden Legenden folgt (enthält auch Bruchstücke aus dem fraglichen Schreiben des Papstes Hadrian II.) und einer besonderen auf Cyrill, in der aber noch mehr als in der ersten die Rhetorik die Geschichte überwiegt, was allerdings für Kliment spricht. Von einem Zeitgenossen der unmittelbaren Schüler Kliments, einem Geistlichen der Diözese Devol im westlichen Makedonien, stammt eine kurze Biographie Naums, die in wichtigen Punkten von der jüngeren und griechisch geschriebenen ausführlichen Vita Clementis abweicht. Zum Kreise von Ochrida hatte Beziehungen, lebte aber weiter im Süden, wo sich die Slawen in abhängiger Stellung befanden, vielleicht in Saloniki, Konstantin Presbyter, später Bischof im Reiche Symeons, wahrscheinlich in Brggalnica (unweit Stru-mica). Auf Bitten Naums, des Gefährten Kliments, und den »Lehrern« (d. i. den Slawenaposteln; in einer Notiz wird er ein Schüler Methods genannt) folgend, schrieb er als Priester in einer Zeit, als die »Slowenen« noch zum Christentum »eilten«, unter dem Titel »Belehrendes Evangelium« Sonntagspredigten, die einzige derartige systematische Sammlung in altkirchenslawischer Sprache. Man pries ihn lange als selbständigen und verständnisvollen Kompilator; doch stellten sich seine Predigten, von Anfängen und Schlüssen abgesehen, als wörtliche Übersetzungen fertiger, abgekürzter griechischer Reden des Johannes Chrysostomos (37), des Isidoros von Pelusion (5) und anderer Kirchenväter heraus, so dafs auch er keine Ausnahme von der Regel bildet; nur eine Homilie ist ganz sein Eigentum. Ein dem Werk vorangehendes Gebet in zwölfsilbigen rhythmischen, durch ein Akrostichon verbundenen Versen zeigt uns einen der ersten Versuche einer slawischen Kunstpoesie an der Scheide des 9. und 10. Jahrhunderts. Da dieser Konstantin öfters mit Konstantin dem Philosophen, d. h. mit dem heiligen Cyrill und einem bulgarisch - serbischen Schriftsteller aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, verwechselt wird, so dürften noch einige andere Schriften, namentlich eine Vorrede zum Evangelium, ihm gehören. Es ist beachtenswert, dafs auch diesen beiden in Makedonien wirkenden Männern Aufgaben vom Zaren Symeon gestellt wurden; auf dessen Wunsch übersetzte Kliment noch vor seinem Tode den von Ostern bis Pfingsten reichenden Teil des Triodions (slaw. Triodb als Fem., der Fastenteil war — wie man meint — von einem nicht genannten Übersetzer vorhanden). Dieses liturgische Buch war allerdings ein Bedürfnis; die Übersetzung der polemischen Reden des heiligen Athanasios von Alexandrien gegen die Arianer durch den Bischof Konstantin (906) entspricht aber schon der Sucht Symeons, auch die byzantinische theologische Gelehrsamkeit in der Sprache seines Volkes zu besitzen. Im ostbulgarischen Kreise Symeons ist die hervorragendste Persönlichkeit Joann Exarch (Stellvertreter des Patriarchen oder Metropoliten) von Bulgarien, der sich durch die Sprache und den Inhalt seiner Werke deutlich von Kliment und noch mehr von den anderen »pannonischen« Denkmälern unterscheidet. Er vermittelte den bulgarischen Slawen gleich das Hauptwerk des Johannes von Damaskos, des gröfstenDogmatikers der griechischen Kirche. Seine Übersetzung des Slovo o pravfij vere (== 'Exdooig ay.oißt)g zfc ogd-odogov niozeutg) bietet allerdings nur den dritten, aber umfangreichsten Teil der Tlrjyrj yvoiaetog, und selbst von dessen 100 Kapiteln nur 48, die ihm eben zur Aufklärung des bulgarischen Volkes besonders wichtig erschienen. Allzufeine theologische Details, darunter auch eine Widerlegung der häretischen Nestorianer und Eutychiancr, liefs er fallen, fügte aber andererseits kurze Ergänzungen aus anderen griechischen Schriftstellern und seine eigenen hinzu. Seinen Hauptruhm bildet aber ein grofses Originalwerk, richtiger eine Kompilation, der Sestodnev (Hexaemeron), der Versuch einer theologisch - philosophischen Erklärung der Schöpfungsgeschichte. Er benützte dafür die einschlägigen Werke Basilios des Grofsen und des Severianos von Gabalas, zum Teil auch Theodoretos, Gregorios Theologos und Gregorios von Nyssa, aus denen manches einfach übersetzt, vieles aber kompiliert wurde. Am Anfange der sechsten »Rede« (slovo) finden wir eine begeisterte Schilderung des glänzenden bulgarischen Hofes in Preslav, seines Fürsten und des Gefolges, seiner Kirchen und Paläste. In der vierten Rede schmäht er die Manichäer, die im bulgarischen Geistesleben bald eine so grofse Rolle spielen sollten, und nebst anderen Ungläubigen auch noch heidnische »Slowenen« des Landes. Auch verschiedene Homilien werden ihm zugeschrieben, von denen zwei (auf die Himmelfahrt und Verklärung Christi) bisher als sein sicheres Eigentum erwiesen sind. Man rühmte die Werke des Exarchen wegen ihres grofsen Sprachreichtums und wegen seiner Ubersetzungskunst. Genauere Untersuchungen (A. Leskiens51)) haben jedoch gezeigt, dafs er nur sehr mäfsig Griechisch konnte und die Gedanken der Griechen oft in ungeheuerlicher Weise milsverstand, so dafs die "E/.doaig schon zur Zeit ihrer Entstehung nicht verstanden werden konnte. Nichtsdestoweniger war dieser Übersetzer ein grofser Wortkünstler; nur blieb er nicht konsequent in der Anwendung der einmal gewählten Ausdrücke. Das beobachtet man jedoch auch in seinen Evangelienzitaten, in denen er sich nicht an den überlieferten Text hält, was aber mit Recht als Beweis dafür angesehen wird (von Jagic), dafs der slawische Gottesdienst in Bulgarien noch keine festen Wurzeln gefafst hatte. Man mufs jedoch auch die grofsen Schwierigkeiten würdigen, mit denen eine überdies allzu wörtliche Übersetzung derartiger Werke der Byzantiner verbunden war. Joann selbst spricht sich darüber in einer Vorrede aus, die auch als selbständiger Artikel im Umlauf war und zu den ältesten Betrachtungen über das Verhältnis der slawischen Sprache zur griechischen gehört. Es ist köstlich, dafs ihm dabei sogar die Übersetzung der Lehre des Dionysios (Pseudo-)Areo-pagites, man solle mehr Gewicht auf den Sinn als auf die wirk- liehe Übereinstimmung legen, nicht gelungen ist. Man mufs jedoch mehr Fehler und Mifsverständnisse als man meint auf verständnislose Abschreiber und Herausgeber zurückführen. Grigorij Presbyter gehört zu jener Gruppe der Mitarbeiter Symeons, die mit der Vervollständigung der Bibel betraut wurden. Auf Befehl seines »bücherliebenden« Herrn übersetzte er ins »Slowenische« jene Bücher des Alten Testamentes, welche Bilder (obrazy) des Neuen Testamentes darstellen. Nach vielen mifs-glückten Versuchen wurde diese Notiz in einem grofsen Sammelwerk richtig auf die vorangehenden fünf Bücher Moses und jene Bücher des Alten Testamentes, welche für die christliche Typologie besondere Bedeutung haben (Jesus Sirach, Richter, Ruth), bezogen52). Derartige Oktateuche (vostmiknizije) gibt es in griechischen und slawischen Handschriften mehrere. Symeon selbst trug dazu bei, dafs der heilige Johannes Chrysostomos (slaw. Joannt Zlatoustt) mit seinen Predigten auch bei den Slawen eine dominierende Stellung gewann. Der »rechtgläubige Zar« bewunderte von allen Kirchenvätern diesen am meisten und hatte die Gewohnheit, bei der Lektüre aller seiner Werke Exzerpte zu machen, die er im Zlatostruj (Goldbach) vereinigte, wobei er sich aber grofse Beschränkung auferlegte, damit der Mensch »durch lange Lektüre nicht ermüdet und faul werde«. Ob die Übersetzung von einem Höfling oder gar von ihm selbst, wenigstens teilweise, herrührt, ist nicht ausgemacht. Übrigens brauchte er sich auch bei der Zusammenstellung seiner Kompilation keiner besonderen Mühe zu unterziehen, da ja ähnliche griechische Auszüge bereits vorhanden waren. In der kirchlichen Litteratur der orthodoxen slawischen Völker erfreute sich das Werk eines grofsen Ansehens und bildete namentlich bei den Russen das Muster für viele ähnliche Sammlungen aus verschiedenen Kirchenvätern. Den griechischen Katenen entspricht ganz der Izbornik (Codex mit Auswahl; Svjatoslavs aus dem Jahre 1073 (die Zweitälteste datierte slawische Handschrift), geschrieben für den erwähnten russischen Fürsten von Kiew68) nach einer Vorlage, die auf Befehl des Zaren Symeon von einem oder mehreren unbekannten Übersetzern um 900 oder bald darauf angefertigt worden ist. Eine Charakteristik derselben finden wir in der Überschrift »Sammlung aus vielen Vätern: Erklärungen un- Murko, Geschichte der südslawischen Litteraturen. 5 verständlicher Stellen des Evangeliums, Apostolos und anderer Bücher; kurz zusammengestellt zum Gedächtnis und für fertige Antwort«. Im Mittelpunkt dieser theologischen Kompilation stehen die »Fragen und Antworten« des Anastasios Sinaites; dazu kommen zahlreiche Auszüge aus den Kirchenvätern des Morgen-und Abendlandes von den ältesten Zeiten bis zu den Theologen des 8. Jahrhunderts54), aus den apostolischen Konstitutionen und Konzilienbeschlüssen, aus der Chronik des Eusebios und sogar aus den Grammatikern Michael Synkellos von Jerusalem und Georgios Choiroboskos, zum Schlufs noch ein Verzeichnis der römischen und byzantinischen Herrscher und Herrscherinnen (in der vorliegenden Fassung reicht dieser »kurze Chronograph« bis Konstantin und Zoe, das ist 913 bis 920). Unter den Kirchenvätern sind Dogmatiker ebensogut vertreten wie Exegeten, so dafs der Charakter dieser Katene nicht einheitlich ist. Auch diese Kompilation brauchte Symeon nicht wie »eine arbeitsame Biene von allen Blüten« (laut poetischer Vorrede) zusammenzutragen, wohl aber wählte er ein für seine Zeit modernes griechisches Original, das zum mindesten nicht über die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts zurückging (nach dem Bruchstück aus Michael Synkellos zu urteilen). Ein ganz entsprechendes ist bisher allerdings nicht gefunden worden. Auf Grund innerer, hauptsächlich sprachlicher Merkmale werden dem Übersetzerkreise Symeons noch andere bedeutende Leistungen zugeschrieben, wobei allerdings hervorgehoben werden mufs, dafs man zu weit geht, wenn man ihre Entstehungszeit auf die Regierungszeit Symeons beschränkt und nicht auch für die folgenden Jahrzehnte einigen Spielraum freiläfst. Im Vordergrunde stehen die Bestrebungen nach Erklärung und Vervollständigung der Bibel. Das hervorragendste Buch des Alten Testamentes, der Psalter, erhielt sogar zwei Kommentare. Die »glagolitische, südwestliche Schule« begnügte sich mit einem ganz dürftigen, gegen die Juden polemisierenden, der meist auch von der slawischen Überlieferung (Bologner Psalter, dem bulgarischen von 1337, in Rufsland später allgemein) dem heiligen Athanasios von Alexandria, in griechischen Handschriften, die der slawischen Übersetzung sehr nahe stehen, aber Hesychios von JerusalemK8) zugeschrieben wird, und liefs den ursprünglichen cyrillo-methodeischen Text ganz unverändert; in Ostbulgarien griff man jedoch zu dem schon mehr grammatisch-historischen Kommentar des Theodoretos aus der antiochenischen Schule, wobei der Text unter dem Einflüsse des Kommentars so verändert wurde, dafs die ursprüngliche Redaktion unter diesen Berichtigungen nur durchschimmert, weshalb man auch von einer Neuübersetzung des Psalters spricht. Eine vollständige und ganz neue Ubersetzung sogar unter Zugrundelegung einer anderen, der alexandrinischen Redaktion (des Hesychios), wurde allen Propheten mit ihren Kommentaren zuteil. Für das Buch Daniel ist nachgewiesen, dafs zu dieser neuen Übersetzung auch der Kommentar des Hippolytos von Rom hinzukam, dessen gelesenstes exegetisches Werk, das noch gegen Anfang des 2. Jahrhunderts angesetzt wird, ganz nur in dieser altslawischen Übersetzung erhalten ist. Es ist wohl kein Zufall, dafs vom Neuen Testament aufser den fünf ersten Paulusbriefen (Kommentar des angeblichen Oekumenios von Trikka) auch die Apokalypse einen Kommentar (des Andreas von Käsarea) erhielt. Im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Danielkommentar steht auch die Übersetzung der Schrift über den Antichrist von demselben Hippolytos und weiter die schon der ältesten russischen Chronik (»Nestor«) bekannte Übersetzung der Revelation des Methodios »von Patara«, der sibyllinischen Bücher von Byzanz. Man sieht, wie der von den Visionen Daniels ausgehende Gedanke eines der Vollendung des Reiches Gottes vorangehenden Kampfes und eines Gegenbildes des Messias auch die bulgarischen Slawen besonders interessierte, obgleich mit diesen Orakelbüchern speziell die Schicksale des byzantinischen Reiches und die oströmische Kaisersage in Verbindung gebracht wurden. Das war namentlich bei den apokryphen Visionen Daniels der Fall, die trotz ihres volkstümlichen Charakters bei den Südslawen weniger beliebt gewesen zu sein scheinen, als die für Mönchszellen berechnete Revelation des Methodios, weil jene nur einen politischen, diese aber einen politischen und religiösen Charakter trug. Da die byzantinische Kaisersage ihren Weg auch nach Deutschland gefunden hat, so kreuzten sich später bei den Slawen die ursprüngliche und die abgeleitete Fassung. Ganz im Geiste der Byzantiner wurden auch in Bulgarien die Kirchenväter des 4. bis 5. Jahrhunderts bevorzugt. Von den 5* asketischen Schriften des heiligen Basilios wurde die Epistel über die Jungfrauschaft übersetzt (erhalten in einer russischen Handschrift des 16. Jahrhunderts!). Von den 45 Reden des Gregorios von Nazianz (im Slawischen führt er gewöhnlich den Beinamen Bogoslov = Theologos) erhielt die kirchenslawische Litteratur 13 sehr früh, vielleicht noch in Mähren (die russische Handschrift des 11. Jahrhunderts zeigt noch glagolitische Spuren). Johannes Chrysostomos ist sogar durch die Auswahl einer ganzen Gruppe seiner Gelegenheitsreden vertreten und zwar der hervorragendsten, der 21 Homilien de statuis, die von einem der »sozialsten« Prediger der christlichen Kirche an das reizbare Volk der Antiochener gehalten wurden (387), als sie sich wegen neuer Steuern an den Standbildern des Kaisers und seiner Familie vergriffen. Für die jungen slawischen Christen bildete einen besonderen Gewinn die Ubersetzung der katechetischen Belehrungen des Kyrillos von Jerusalem, welcher die Hauptfragen des christlichen Glaubens und Lebens in populären Unterweisungen behandelte, die als schöne, verständliche und warme Herzensergüsse eines Seelsorgers gerühmt werden. Einzelne Homilien aus der ältesten Zeit finden wir in verschiedenen Sammelhandschriften, vor allem auch in so alten, wie es der Glagolita Clozianus und der wichtige cyrillische Codex von Suprasl (aus dem 11. Jahrhundert) sind; dieser enthält Homilien von Basilios dem Grofsen, Johannes Chrysostomos (20), Epiphanios aus Cypern (1) und auch schon eine des Patriarchen Photios. Bedeutungsvoller ist aber der Umstand, dafs dieses Denkmal, welches man aus dem Symeonischen Kreise hervorgehen läfst, Menäen (slav. mineja als Femininum singul.) für den Monat März (vom 14. bis 31.) bewahrt hat. Die Originale dieser Heiligenleben sind noch nicht alle aufgefunden worden, weshalb dieses Werk auch für die griechische Hagiographie von Bedeutung ist. Überdies dürfte es darnach keinem Zweifel unterliegen, dafs die junge slawische Kirche für ihre Bedürfnisse auch bezüglich der übrigen Monate Sorge getragen hat. Der Periode Symeons oder seines Nachfolgers Peter gehört Kyrill der Philosoph an (wegen seines Beinamens oft mit Konstantin-Cyrill verwechselt), dessen Sestodnev (Hexaemeron) Predigten auf die sechs Wochentage (mit Ausnahme des Sonntags) enthält (erhalten in einer russischen Handschrift des 15. Tahr- hunderts). Das Werk, das bisher wenigstens als Original gelten mufs, bietet auch Anspielungen auf zeitgemäfse Zustände und tadelt die Vielweiberei, häufige Ehescheidungen und Heiraten mit entlassenen Frauen (»wie es hier immer zu sein pflegt«, am Mittwoch); seinem Charakter nach steht Kyrill näher Joann dem Exarchen als Kliment. In dieselbe Ubergangsperiode, aber nach Makedonien ist mit gröfster Wahrscheinlichkeit der gegen die Griechen gerichtete Traktat des Mönches Hrabr über die slawische Schrift (o pismeneh-r,) zu verlegen. Mit dem Rüstzeug der damaligen byzantinischen Gelehrsamkeit bekämpft der Verfasser in sehr geschickter Weise die Ausfälle der Griechen gegen das slawische Alphabet und die slawischen Kirchenbücher. Da die »slowenische Sprache« mit griechischen Buchstaben nicht gut geschrieben werden könne, so schickte Gott in seiner Barmherzigkeit dem »Geschlecht der Slowenen« den heiligen Konstantin, den Philosophen, genannt Kyrill, welcher ihnen 38 Buchstaben teils nach griechischem Muster, teils der slawischen Sprache entsprechend schuf. Nach einer Parallele zwischen dem griechischen und slawischen Alphabet wird die gegnerische Behauptung, dafs nur die jüdische, römische und hellenische Schrift von Gott seien, nicht mit Stellen aus der Heiligen Schrift, wie in der Vita Constantini und in den Schreiben Hadrians II. und Johannes VIII., sondern mit der Behauptung widerlegt, dafs im Paradies und über die Sintflut hinaus syrisch gesprochen wurde, bis nach dem babylo-lonischen Turmbau die Sprachenverwirrung eintrat. Wie Sitten, Gebräuche und Gesetze, so verteilte Gott auch die Fähigkeiten an einzelne Völker. Den Ägyptern schenkte er die Geometrie, den Persern, Chaldäern und Assyriern die Astrologie, Magie, Medizin, Zauberkunde und jegliche menschlische Kunst, den Juden die heiligen Bücher, den Griechen Grammatik, Rhetorik und Philosophie. Zuvor hatten aber die Griechen keine Schrift, sondern schrieben mit phönizischen Buchstaben und erhielten ihr ganzes Alphabet allmählich von verschiedenen Männern. Ebenso übersetzten ihnen erst spät 70Männer die Heilige Schrift aus dem Hebräischen; den Slawen aber gab ein Mann die Schrift und übersetzte ihnen »die Bücher« in wenigen Jahren. Die slawische Schrift ist auch deshalb »heiliger und ehrwürdiger«, weil sie ein heiliger Mann geschaffen hat, während die griechische von Heiden stammt. Wenn eingewendet wird, die Übersetzung sei nicht gut geraten, weil sie noch verbessert werde, so geschah ähnliches auch bei den Griechen. Nach diesem interessanten Zeugnis für die philologisch ergründete Tatsache, dafs die Kirchenbücher in Bulgarien reformiert wurden, spielt der bulgarische Mönch noch den Trumpf aus, dafs die Griechen nicht wissen, wer ihnen die Schrift geschaffen und die Bücher übersetzt hat; bei den Slawen ist es aber allbekannt, dafs Konstantin und Method dieses Werk vollbracht haben, denn es leben noch Leute, die sie gesehen haben. Die Zeit wird richtig mit der Regierung des Kaisers Michael, des Fürsten Boris von Bulgarien, des Fürsten Rastic (Rastislav) von Mähren und des Fürsten Kocel am Plattensee bestimmt, doch die Jahreszahl ist strittig (855 oder 863)66). Der Zusatz über lebende Zeitgenossen der Slawenapostel — er steht allerdings nur in der ältesten Handschrift von 1348, doch ist seine Ausmerzung in den übrigen begreiflich — zeigt, dafs wir den Traktat nur noch in die ersten Jahrzehnte des 10. Jahrhunderts verlegen können. Die Bewahrung der cyrillo-methodischen Traditionen und der Umstand, dafs das Original unbedingt glagolitisch geschrieben war, sprechen für Makedonien und zwar für solche südliche Gebiete, die lebhafte Berührungen mit den Griechen hatten, und wahrscheinlich gar nicht unter bulgarischer Herrschaft -standen; es mufs jedoch zugegeben werden, dafs sich die griechische Gegnerschaft gegen die slawische Schrift und ihre Kirchenbücher auch unter dem Klerus am bulgarischen Hof in den ersten Regierungsjahren Symeons oder aber unter seinem Nachfolger Peter geltend machen konnte, als mit der ersten byzantinischen Prinzessin auf dem bulgarischen Thron der griechische Einflufs in der Residenz besonders mächtig wurde und die Griechen mit dem Patriarchen Damian, der auch ein Grieche war, an der Spitze die slawische Schrift und Liturgie für häretisch zu erklären anfingen. Wegen der Erinnerungen an Mähren und Pannonien und namentlich wegen der Koseform des Namens des mährischen Fürsten Rastislav vermutete man im Verfasser einen Westslawen, doch konnte ein solcher nicht über die entsprechende griechische Gelehrsamkeit verfügen, die in Frage stehende Namensform ist aber ohnehin nicht beweisend. Merkwürdig ist es, dafs man aus dem ganzen Traktat nicht ersehen kann, ob er die glagolitische oder cyrillische Schrift zum Gegen- stände hat; jedenfalls ist der Gedanke verkehrt, dafs darin die glagolitische Schrift gegen die Anhänger der jüngeren cyrillischen verteidigt wurde. Wie sehr die kirchliche Litteratur nach dem Tode Symeons in Verfall geriet, ersieht man schon daraus, dafs wir in einem Zeitraum von mehr als 150 Jahren nur drei Schriftsteller dem Namen nach kennen. In die Zeit des frommen, aber schwachen Peter (927—968) fällt die Entstehung der volkstümlichen , gegen den immer mehr byzantinisch werdenden Feudalstaat und gegen die pomphafte und prunksüchtige Kirche sich auflehnenden Sekte der Bogomilen (s. u.), die doch nicht ohne 1 itterarischen Widerspruch blieb. Von dem Presbyter Kozma sind uns 13 »Reden gegen die neu aufgetauchte Häresie der Bogomilen« überliefert. Abgesehen von den wertvollen Angaben über das eigentliche Thema bekommen wir auch interessante Zeugnisse über die Zustände unter der zeitgenössichen Geistlichkeit und über das Verhältnis der Kirche zum nationalen Leben. Der feurige Redner klagt nicht blofs über die Laster dieser Welt, sondern hält speziell den Bischöfen und Priestern keinen schmeichelhaften Spiegel vor die Augen. Sie leben nicht nach der Heiligen Schrift, suchen sich durch zügellose Sitten hervorzutun, kleiden sich reich, führen Pferdegespanne mit sich, halten Gastmähler ab, richten falsch, berauben und verfolgen die Schutzlosen. Sie sollten sich an den Kirchenvätern ein Beispiel nehmen, namentlich an Gregorios, Basilios und Joann Exarch. Die Erwähnung des Hauptvertreters des Zeitalters Symeons läfst uns besonders den grofsen Unterschied auf litterarischem Gebiete fühlen. Kozma ermahnt seine Zeitgenossen gar nicht, Bücher zu schreiben, sondern verlangt nur das Lesen der vorhandenen, die aber versperrt liegen, »dem Schimmel zum Frafs und den Würmern zur Nahrung«. »Und viele Menschen eilen lieber zu Spielen statt in die Kirche und ziehen Fabeln und Possen den Büchern vor. Was sind das für Christen, die unter Saitenklang und Klatschen und zu teuflischen Liedern Wein trinken und an Glücksgöttinnen (sresta) und Träume und an jegliche Lehre des Satans glauben!« Besondere Beachtung verdient die Tatsache, dafs der erste autokephale Erzbischof von Ochrida, Joann (seit 1020), der noch ein Bulgare war, für litterarische Arbeiten Verständnis hatte, denn er trug (man hat die betreffende Notiz häufig falsch auf Joann Exarch bezogen) einem Presbyter Joann auf, das Leben Antonius des Grofsen von Athanasios von Alexandria und das Leben des Märtyrers Pankratij Tavromenijskyj (von Tauromenium = Taormina) zu übersetzen. Man glaubt, dafs auf Anregung desselben Erz-bischofs noch andere litterarische Arbeiten zustandegekommen sind. Aus der Mitte des 12. Jahrhunderts kennen wir dem Namen nach Ilarion, Bischof von Meglen (gest. 1164), der nach einem Bericht des Patriarchen Evthymij von Trnovo (s. u.) Predigten gegen die in seinem Bistum angesiedelten Manichäer und Armenier hielt; wegen der Lehren einzelner Sekten stand er auch in Korrespondenz mit dem Kaiser Manuel I. Komnenos. Von einer gröfseren Anzahl anonymer Ubersetzungen, die noch unbedingt der altkirchenslawischen Periode angehören, fehlen nähere Bestimmungen über ihre Entstehungszeit. Ephräm der Syrer (slaw. Efrem Syrin), der bedeutendste Kirchenvater seines Landes, ist bei den Slawen durch eine Paränesis vertreten, die 106 Reden enthält. Von besonderer Wichtigkeit sind die Übersetzungen der Schriften des Methodios, Bischofs von Olympos (in Lykien), da einige (über den freien Willen, über die Auferstehung, an Sistelios, vom Aussatz) ganz, andere (über das Leben und die vernünftige Handlung, über die Unterscheidung der Speisen, von dem Blutegel) überhaupt nur in der altkirchenslawischen Fassung bekannt sind. Die erhaltenen griechischen Bruchstücke zeigen jedoch, dafs die slawischen Ubersetzer sich zwar sklavisch an den Wortlaut hielten, dabei aber dennoch, wie so häufig, ihre Vorlagen kürzten; dafs dabei nicht immer die Schwierigkeiten des Textes mafsgebend waren, zeigt die Übersetzung der Schrift »Über die Auferstehung«, bei der gegen das Ende ein immer mehr verkürzendes Verfahren beobachtet wird. Eine Übersetzung des Psalmenkommentars des Niketas (slaw. Nikita) von Heraklea (Thrakien) wird noch in das Jahrhundert (11.) seiner Entstehung verlegt. Asketik und Mystik, das Lieblingsgebiet der mönchischen Litteraten von Byzanz, auf dem sie mehr erfreuliche Leistungen als anderswo aufzuweisen haben, wurden den orthodoxen Südslawen durch Übersetzungen bedeutender Werke vermittelt. Des sinaitischen Anachoreten Johannes Klimax (slaw. Joann Lest-viönik) einfach und volkstümlich geschriebenes asketisches Werk Löstvica (Klimax mit Bezug auf die Jakobsleiter in 30 Abschnitten, entsprechend den 30 Jahren des verborgenen Lebens des Herrn), des Antiochos von Jerusalem (d. h. Antiochos, Mönch des Sabbasklosters bei Jerusalem) Pandekten der Heiligen Schrift, eigentlich nur ein Abrifs der Sittenlehren, welche die Mönchswelt interessieren konnten, und des Theodoros Studites (Todor Studit), des Regenerators des byzantinischen Mönchswesens im 9. Jahrhundert, »Malyj (kleiner) Katechizis«, von dessen 134 Ansprachen an die Mönche aber nur 124 in der slawischen Übersetzung bekannt sind, verbreiteten die byzantinischen Mönchsideale bei den Slawen. Das Typikon des Studionklosters in Konstantinopel, das auf Theodoros Studites zurückgeht, fand dadurch, dafs es zum Gemeingut der Athosklöster wurde, auch seinen Weg in die slawischen Klostergründungen auf dem Athos und im bulgarischen Reiche. Der grofsen Vorliebe für die Mönchswelt und ihre Askese entspricht auch die wohl noch in diese Periode zu stellende Übersetzung des Paterikons von Sinai oder Limonan. (= yleif.tiovÜQiov, der ursprüngliche Titel lautete ytei^iov) des Johannes Moschos, der an der Scheide des 6. und 7. Jahrhunderts die Klöster des Orients bereiste und in seinem Werke in bunter Mischung Erlebnisse, Charakterzüge und Aussprüche zahlreicher Mönche mitteilte. Die hagiographische Litteratur der Griechen ging zu den Slawen in die kurzen Auszüge der Prologe oder Synaxarien57) und in die umfangreicheren Menologien über. Griechische Originale der für die Lektüre bestimmten Menäen (russ. ßettji mineji), welche im 9. oder 10. Jahrhundert übersetzt wurden, sollen aus der Zeit vor Metaphrastes stammen; die leeren Tage wurden bereits auf südslawischem Boden unter dem Einflufs der Typika mit griechischen Heiligenleben ausgefüllt und das ganze Werk mit Artikeln historischen Inhaltes bereichert. Auch Übersetzungen der liturgischen Menäen wurden schon zu Ende des 10. oder in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts in Bulgarien oder auf dem Athos angefertigt, wobei ebenfalls die Redaktion des Klosters Studion in Konstantinopel zur Vorlage diente. In einer Übersetzung dieser Menäen für die Monate September, Oktober und November (erhalten in einer Moskauer Handschrift vom Jahre 1095—1097, herausgegeben von Jagic) sind hauptsächlich die Hymnendichter Theophanes und Joseph (nach Jagic der Hymnograph, nicht etwa der Bruder des Theo-doros Studites) vertreten (die slawischen Übersetzer liefsen übrigens die Namen der Dichter unbeachtet). Jedenfalls kam zu den Slawen nur die griechische Kirchendichtung aus der Zeit der Nachblüte und des Verfalls, als die alten Hymnen schon durch die Kanones verdrängt wurden. Doch selbst von dieser Poesie haben die orthodoxen slawischen Völker nur wenig erhalten, denn die Übersetzer, die sich keine Vorstellung von der Schwierigkeit ihres Werkes machten, hielten sich an das Original buchstabengetreu, ohne sich um den Sinn, den Rhythmus (übrigens blieb dieser auch modernen Philologen lange verborgen) und den poetischen Schmuck, wie es die Akrosticha waren, zu kümmern. Diese Arbeit, die ohne das griechische Original häufig unverständlich ist, bildet ein besonders klägliches Beispiel für den Stumpfsinn mancher altslawischer Übersetzer, der aber nicht blofs durch ihre Unfähigkeit, sondern auch durch die blinde Buchstabenverehrung im Geiste des byzantinischen Traditionalismus zu erklären ist. Eine grofse Menge griechischer Kirchenpoesie ist noch durch andere liturgische Bücher von den Slawen übernommen worden. Man hat auf die Qualität dieser Übersetzungen noch zu wenig geachtet, aber jedenfalls stehen sie nicht alle auf einer so tiefen Stufe. Dafs es unter den Slawen des 9. und 10. Jahrhunderts Männer gab, die auch für die Feinheiten der griechischen Hymnen Verständnis hatten, zeigen Nachahmungen derselben, von denen aber nur drei in älteren Aufzeichnungen (vor dem 14. Jahrhundert), über 20 aber in späteren russischen und teilweise serbischen Abschriften (aus dem 14. bis 17. Jahrhundert) auf uns gekommen und durch viele sprachliche Veränderungen, die in örtlichen und zeitlichen Unterschieden ihre Begründung haben, sehr entstellt worden sind. Immerhin kann man sich aus einer Rekonstruktion (durch Sobolevskij58)) der drei ersten eine Vorstellung von der ältesten slawischen Kirchenpoesie machen. Als Verfasser ist nur Konstantin Presbyter (s. S. 62) bekannt, der in einem Gebete vor seinem »Belehrenden Evangelium« Gott anfleht, er möge ihm den Heiligen Geist senden, damit er ihn bei der Erklärung der Worte des Evangeliums erleuchte; aus demselben Grunde wird weiter die heilige Dreifaltigkeit angerufen, mit deren Preis das Gedicht schliefst. In einem anonymen »alphabetischen Gebete«, das an Innigkeit und Schwung das vorige übertrifft, bittet ein Sünder Christus um Gnade und Beistand im Kampfe gegen die ihn umgebenden Gefahren und fällt gegen Ende ebenfalls der heiligen Dreifaltigkeit zu Füfsen. Beide Gebete sind in rhythmischen (akzentuierenden), zwölfsilbigen, mit einer Cäsur nach der fünften Silbe69) versehenen Versen ohne Reim und Refrain abgefafst, was doch ein Beweis dafür ist, dafs der politische Vers bei den Byzantinern schon im 9. und 10. Jahrhundert sehr bekannt war60). Im ersten Gedicht (es enthält in der vorliegenden Fassung 40 Zeilen) ist jeder Vers, im anderen (72 Verse) jeder zweite im Anlaut durch die Buchstaben des Alphabetes gebunden; gegen das Ende ist die Reihenfolge allerdings gestört, aber die ersten 25 Buchstaben zeigen deutlich, dafs das zweite Gebet in glagolitischer Schrift — ein neuer Beweis für ihr höheres Alter — abgefafst war, weil deren alphabetische Reihenfolge genau eingehalten ist; Konstantin hatte aber für sein Gebet zum mindesten ein glagolitisches Muster, da die Reihenfolge gerade dort gestört ist, wo man das Zeichen für erweichtes g, das dem cyrillischen Alphabet fehlt, erwartet. Derartige alphabetische Gedichte verschiedenen Inhalts gibt es noch gegen zwanzig. Das Lobgedicht auf den Zaren Symeon im Izbornik Svjatoslavs von 1073 unterscheidet sich von den beiden genannten durch einen mehr weltlichen Inhalt und jdurch den Mangel des Akrostichons. Das byzantinische Mönchswesen fand bald Eingang in Bulgarien. Schon sein erster christlicher Herrscher Boris-Michael zog sich ins Klosterleben zurück, sein Bruder Duks scheint das Beispiel befolgt zu haben, dessen Sohn Todor Duksov lebte (907) in dem von Symeon »an der Mündung des Flusses Tiöa« gegründeten Kloster und kopierte Bücher. Des mächtigen Reichsgründers Symeon Nachfolger, Zar Peter, errang sich einen Platz bereits unter Heiligen und Einsiedlern. Während seiner Regierungszeit tauchten auch schon aus dem Volke Eremiten auf, die in der Weltflucht und Askese hinter ihren orientalischen Mustern durchaus nicht zurückblieben. Der bedeutendste von ihnen, Joann Rylskyj (starb 946 im Alter von 70 Jahren), später der Schutzpatron Bulgariens, bekam im 12. Jahrhundert, als seine Gebeine noch in Sofia ruhten, eine naiv-volkstümliche Legende, die im Laufe der Jahre drei slawische und zwei griechische Um- arbeitungen erfuhr. Joann stammte aus dem Dorfe Skrino bei Sofia (südöstlich von Küstendil) und verlebte seine Jugend als armer Hirte. Als er sich nach dem Tode seiner Eltern in ein Kloster61) begab, nahm er von dem Ochsengespann, das er mit seinem Bruder besafs. einen Ochsen mit, der ihm aber vom nacheilenden Bruder entrissen wurde. Doch entsagte er bald der Welt so sehr, dafs er das Kloster mit der Einsamkeit auf den Höhen der Ryla-Planina vertauschte. Unter anderem lebte er hier dritthalb Jahre in einer Felsenhöhle und zuletzt sieben Jahre und vier Monate, dem Sturm und Wind, der Kälte und Hitze ausgesetzt, auf einer 40 Klafter hohen Felswand, »die oben breit war wie ein Schild«, so dafs ihn Zar Peter, der ihn besuchen wollte, nur von weitem sehen konnte. Im folgten drei ebenso berühmte Eremiten, die in den heutigen bulgarisch - serbischen Grenzgebieten, im nördlichen Makedonien, lebten: Prochor am Psinja-Flusse (bei Skopje), Gavril auf Lesnovo (bei Kratovo) und Joakim am Sarandopor. Erhalten ist nur eine Legende des letzteren in einer Fassung des 14. oder 15. Jahrhunderts, doch haben sich auch die darin bezeugten idyllisch - patriarchalischen Züge aus dem Leben der Balkanslawen innerhalb dieses Zeitabstandes wenig geändert. Für den heiligen Prochor bezeugt ein Offizium, dafs er auch zur Zeit des Joann Rylskyj oder bald nach ihm lebte und wirkte; die beiden letzten gehören dem 11. bis 12. Jahrhundert an. 2. Chroniken. Physiologus. Mangel wissenschaftlicher Litteratur. Verhältnismäfsig grofs ist die Zahl der altkirchenslawischen Übersetzungen der altchristlichen und byzantinischen theologischen Litteratur, vom weltlichen Wissen der Byzantiner gelangte jedoch sehr wenig in die Anfänge und Grundlagen des slawischen Schrifttums. Für den Geist, der die Träger der jungen slawischen Kultur beseelte, ist nichts so sehr bezeichnend, wie die Auswahl der übersetzten Geschichtswerke. Von den zahlreichen und bedeutenden Geschichtsschreibern, welche die gleichzeitigen Chronisten des ganzen Abendlandes weit überragen, ist kein einziger von den Slawen übersetzt worden, weder in dieser Periode noch später, als bei Bulgaren und Serben das Interesse für Geschichte wieder erwachte. Auch solche Historiker, welche direkt die Slawen behandelten, wie Konstantinos Porphyrogennetos62) und Leon Diakonos, oder wenigstens von ihren Kämpfen mit den Byzantinern berichteten, werden keiner Beachtung gewürdigt. Die besten Leistungen der byzantinischen Litteratur blieben den Slawen unbekannt! Dagegen fanden starken Anklang wie bei den orientalischen Völkern die kompilatorischen Arbeiten der Chronisten, die erst in der byzantinischen Epoche zu einer grofsen litterarischen Bedeutung gelangten und ihre Blütezeit im 9. Jahrhundert hatten. Weltchroniken, welche die Ereignisse von der Schöpfung bis auf ihre Zeit vom Standpunkte der kirchlichen Interessen und einer spießbürgerlichen Neugierde der Mönche und Volksmassen betrachteten, vermittelten neben der Bibel historische Kenntnisse auch den Slawen. Die xQovoygacfla (von der sagenhaften Geschichte der Ägypter bis 563, vielleicht 565 oder 573) des Johannes Malalas aus Antiochia in Syrien, »der erbärmliche Typus der byzantinischen Mönchschronik« (Krumbacher), steht auch hier an der Spitze, denn ihre Übersetzung fällt unbedingt in das Zeitalter Symeons, aber fraglich bleibt es, ob sie dem Grigorij Presbyter (s. S. 65.), mit dessen Oktateuch sie in einem Sammelwerk vereinigt vorkommt, zuzuschreiben ist. Bei den Bulgaren und Südslawen überhaupt ging das Werk wie so manches andere spurlos verloren, aber erhalten blieb es bei den Russen, denen es mindestens schon am Anfang des 12. Jahrhunderts (in der Ipatius - Chronik ein Auszug aus dem Jahre 1114) bekannt war, aber auch nur in zwei Kompilationen, die es wohl noch im Verein mit anderen und mit der Chronik des Georgios Hamartolos ganz verdrängten, wie auch das griechische Original durch spätere Kompilationen beiseite geschoben wurde. Der slawische Malalas besafs einige Zeit grofse Bedeutung auch für das Original, bis dessen erstes Buch ans Licht gefördert wurde, verlor sie aber auch seither nicht ganz. Zum gröfsten Ansehen brachte es bei den Slawen die Weltchronik des Georgios Hamartolos Monachos (dieser Beiname steht in slawischen Handschriften an zweiter Stelle), die ihnen von den bedeutenderen Werken dieser Art zeitlich am nächsten stand (von Adam bis auf den Tod des Kaisers Theophilos 842, Fortsetzungen gehen bis 928 und noch weiter) und Belehrung über allerlei Fragen bot, die auch ihre Gebildeten interessieren mufsten, so die über die Einführung der Götzenbilder, die Mythologie der Griechen, das Mönchswesen, die Entstehung und Verbreitung der bilderfeindlichen Ketzerei, den Glauben der Sarazenen usw. Das theologische Beiwerk und die besondere Hervorhebung des frommen Sinnes und der Freigiebigkeit der Kaiser müssen auch das Entzücken der slawischen Mönche hervorgerufen haben. Die slawische Übersetzung ist in älteren kirchenslawischen Handschriften bulgarischer (unter dem Titel Vremennikt) und in jüngeren serbischer Redaktion (Titel: Letovnikt) erhalten. Da aber bereits die älteste russische Chronik (»Nestijr«) das Werk unstreitig benützt hat, so müsste die Übersetzung mindestens in das 11. Jahrhundert verlegt werden. Man kann aber mit der gröfsten Wahrscheinlichkeit noch höher hinaufgehen, da dieselbe in russischen Kompilationen vorkommt, die neben Malalas auch andere Werke der Übesetzungslitteratur enthalten. Man wollte allerdings die ältere Übersetzung auch nach Rufsland verlegen, was zwar möglich, aber nach allen sonstigen Erfahrungen wenig wahrscheinlich wäre. Der Streit kann erst gelöst werden, wenn eine kritische Ausgabe vorliegen wird, denn sprachliche Merkmale werden genügende Anhaltspunkte bieten. Die unglaubliche Vernachlässigung dieses Werkes68), das den Anstofs zur russischen Annalistik gegeben hat und auch über das griechische Original manche Aufklärung (die slawische Übersetzung gehört der ersten kurzen griechischen Redaktion an, von der nur zwei oder drei Handschriften vorhanden sind) bringen kann, ist sehr zu bedauern. Schon im Izbornik Svjatoslavs vom Jahre 1073, der auf Symeon zurückgeht, finden wir einen Letopisi.ci, (Chronograph), der die römischen Kaiser von Augustus bis Konstantin und Zoe (920) aufzählte. Man könnte diese Kleinigkeit als die älteste uns bekannte Übersetzung eines chronologischen Kompendiums ansehen, doch der Historiker Racki setzt sie später als die des Malalas an, zu der sie vielleicht als Fortsetzung gedacht war. Dieses Bruchstück wird auf das xpovoypayt/w ovvrouov des Nikephoros (slav. Nikifor) Patriarches zurückgeführt. In einer russischen Handschrift des 13. Jahrhunderts hat sich mit Angabe des Namens Nikephoros eine kurze chronologische Übersicht von Adam bis Kaiser Michael III. (f 867) und darüber hinaus erhalten, nur dafs in dem weiteren Verlaufe auch Ereignisse der russischen Geschichte eingeflochten sind. Eine nicht näher bekannte Weltchronik unter dem Titel Istorikii steht auch am Schlufs des »Belehrenden Evangeliums« des symeonischen Übersetzers Konstantin. Von alten bulgarischen Chroniken ist bisher nichts ans Licht gefördert worden, aber es unterliegt keinem Zweifel, dafs sie vorhanden waren. Zar Kalojan berief sich beim Papste in den Jahren 1202 und 1204 auf alte einheimische Schriften und Bücher, um zu beweisen, dafs seine Vorgänger Symeon, Peter und Samuel die Krone aus Rom erhalten haben; im Jahre 1203 wurden solche Beweise aus dem Bulgarischen ins Griechische und daraus ins Lateinische übertragen. Einen Rest solcher chronologischer Aufzeichnungen kann man in der aus Rufsland bekannten Kompilation »Ellinskij Letopiseci,« älterer Redaktion finden, wo die Namen der altbulgarischen Fürsten und Reste ihrer Sprache erhalten sind. Die ebengenannte, in vier Redaktionen bekannte Kompilation, deren voller Titel übersetzt lautet: »Hellenischer und römischer Chronograph«, wurde von Racki ebenfalls nach Bulgarien verlegt und in jüngster Zeit von §achmatov als Bestandteil einer symeonischen ausführlichen Enzyklopädie erklärt, welche die Chroniken des Georgios und Malalas, biblische Bücher historischen (im Zusammenhang damit auch ganze Bruchstücke des Josephus Flavius) und poetischen Inhaltes, Apokryphen und Prosadichtungen, wie den Alexanderroman enthielt. Den Bestrebungen Symeons und dem enzyklopädischen 10. Jahrhundert der Byzantiner würde es in der Tat vollkommen entsprechen, wenn man die ganze Übersetzungslitteratur in einer Enzyklopädie von drei bis vier Bänden zu vereinigen gesucht hätte. Die wenig verbreitete Bibel und die Chronisten konnten aber die Wifsbegierde der frommen Gemüter nicht ganz befriedigen. Entsprechend der abendländischen Biblia pauperum brachte es daher im slawischen Mittelalter die historische Palejä (aus r) [nicht rä] nalaia, sc. diad-tjxt]) zu grofser Bedeutung, während sie bei den Byzantinern, die auch hier das Original lieferten, wenig verbreitet gewesen zu sein scheint (bekannt ist nur eine Handschrift des 15. Jahrhunderts). Diese Palejä stellt eine gekürzte biblische Geschichte vor, die mit apokryphen Erzählungen und mit allerlei Erklärungen, für die namentlich Texte aus kirchlichen Liedern herangezogen wurden, bereichert worden ist. Auch dieses Denkmal ist im slawischen Süden entstanden, nicht später als im 12. Jahrhundert. Ob auch die kommentierte (russisch Tolkovaja) Palejä mit ihrer antijüdischen Tendenz aus Bulgarien und aus einer griechischen Vorlage stammt, oder erst das Werk eines russischen Kompilators genannt werden mufs, ist nicht ausgemacht. Von der Art der historischen Kenntnisse waren auch die naturwissenschaftlichen, die den Slawen bereits um diese Zeit in ihrer Sprache vermittelt wurden. In Bulgarien oder Makedonien wurde aus dem Griechischen der Physiologus übersetzt, »das naturwissenschaftliche Haus- und Handbuch des Mittelalters, die Quelle all der wundersamen Geschichten von dem sich selbst aufopfernden Vogel Pelikan, von dem aus der Asche wiedererstehenden Phönix, von dem merkwürdigen Tiere Einhorn und anderen seltsamen Wesen», kurz, »eine Beschreibung von wirklichen und fabelhaften Tieren, Pflanzen und Steinen, die nach ihren wahren oder angeblichen Eigenschaften religiös-symbolisch gedeutet, d. h. als Typen für Christus, den Teufel, die Kirche oder den Menschen aufgestellt werden« (Krumbacher). Der letzte Teil, die Hermeneia, stempelte auch dieses Werk zu einem religiösen Belehrungs- und Erbauungsbuch, das aber nicht blofs die theologische Litteratur und die Kunst des Mittelalters befruchtete, sondern auch die Schule und die Wissenschaft beherrschte. Im Vergleich zum Abendlande war diese erste (später kam eine in Serbien dazu) Übersetzung des Werkes (in der ersten griechischen Redaktion) allerdings bei den Südslawen und bei den Russen wenig verbreitet. Von wissenschaftlicher Litteratur finden wir sonst nichts in Bulgarien, was nicht in den bisher genannten Ubersetzungen und Kompilationen, in den wenigen selbständigen Schriften und Vorreden Platz gefunden hat. Was von Medizin und Astronomie, richtiger Astrologie, noch in diese Zeit fällt, gehört eigentlich zur apokryphen (s. u.) Kleinlitteratur des Aberglaubens. Bezüglich der Rechtswissenschaft wäre hervorzuheben, dafs die Übersetzung des Nomokanons in 14 Titeln samt dem dazu gehörigen Syntagma, und zwar in der ersten (vorphotianischen) Ausgabe, vom Kanonisten Pavlov nach Rufsland ins 11. Jahrhundert verlegt wird, was aber aus sprachlichen Gründen immerhin zweifelhaft ist. Auf dem Gebiete der Geographie finden wir nicht einmal die Beschreibung einer Pilgerfahrt ins heilige Land, so dafs die jüngere russische Litteratur hier sowie in ihrer bedeutenden Annalistik der südslawischen überlegen ist. Besonders zu bedauern ist die Tatsache, dafs vom klassischen Altertum so gut wie gar nichts in den dauernden Besitz der Slawen übergegangen ist, wenn man von den zweifelhaften Nachrichten der Chronisten absieht. Einzelne Persönlichkeiten, wie der Zar Symeon und der Mönch Hrabr, standen allerdings auf der Höhe der damaligen griechischen Bildung, die sich ihre Basis bewahrte, obgleich auch in Byzanz die Kirchenväter, Martyrien und Heiligenlegenden eine dominierende Stellung einnahmen. Die Philosophie diente nur kirchlichen Interessen, und Aristoteles wurde auch bei den orthodoxen Slawen der Philosoph der Kirche, dessen Lehre durch die Übersetzung der Werke des Johannes von Damaskos und anderer Kirchenschriftsteller Verbreitung fand. Man darf jedoch das Bildungsniveau der Balkanslawen nicht blofs nach ihrer alten Litteratur beurteilen. Mit Byzanz gab es immer lebhafte Beziehungen freundlicher und feindlicher Natur; byzantinische Prinzessinnen brachten natürlich ihren Hofstaat mit, griechischer Klerus stand nach der Einführung des Christentums und später nach dem Untergang des bulgarischen Reiches an der Spitze der bulgarischen Kirche, auf dem Athos lebten die slawischen Mönche ganz im griechischen Milieu. Den auto-kephalen »bulgarischen« erzbischöflichen Stuhl von Ochrida hatte unter anderen griechischen Schriftstellern auch Theophylaktos von Bulgarien inne, einer der bedeutendsten Theologen des 11. Jahrhunderts und Schüler des Psellos, der gegen Aristoteles Plato zur Geltung brachte, sowie Leo von Achrida, der zur Zeit der definitiven Kirchenspaltung den litterarischen Kampf mit einem Schreiben an alle »fränkischen Bischöfe« eröffnete, und der Kanonist Demetrios Chomatianos; slawische Herden hüteten auch Männer wie Michael Italikos, Bischof von Philippopel, Niketas von Serrä (in Makedonien) u. a., die von dem Vorhandensein griechischer Bildungszentren auf slawischem Boden Zeugnis ablegen. Es sind sogar Briefe erhalten, die solche Wechselbeziehungen bestätigen. Unter den Adressaten des Patriarchen Nikolaos Mystikos finden wir auch den Zaren Symeon und erfahren, dafs die Griechen die Bulgaren als ihre Patenkinder betrachteten und deshalb von ihnen auch kindliche Unterwürfigkeit, nicht aber die Verfolgung Murko, Geschichte ^er südslawischen Litteraturen. 6 weitgehender politischer Pläne erwarteten. Dafs im 12. Jahrhundert Ilarion, Bischof von Meglen (Makedonien), mit dem Kaiser Manuel I. Komnenos in Korrespondenz stand, wurde schon erwähnt. 3. Die apokryphe Litteratur. Die Bogomüen. Die Litteratur, welche den jungen slawischen Christen der Balkanhalbinsel von dem absterbenden Byzanz vermittelt wurde, trug einen ausschliefslich religiösen Charakter. Die zahlreichen theologischen Schriften, voll von Spekulation und theologischen Spitzfindigkeiten, konnten aber ebensowenig wie anderswo die fromme Neugierde und das Gemüt eines Volkes befriedigen, das seinem nationalen Fühlen und Denken entsagen und eine ganz neue Welt von Vorstellungen in sich aufnehmen mufste. Die Bücher des Neuen und Alten Testamentes boten auf Schritt und Tritt Anlafs zu Fragen über frühere oder spätere Schicksale der Urväter, Patriarchen und Propheten, des Erlösers, der Muttergottes, der Apostel, Jünger und ersten Märtyrer; ebenso weckten biblische und andere kirchliche Bücher die Wifsbegierde betreffs der Erschaffung und des Unterganges der Welt, betreffs des Paradieses und der Hölle, der Widersacher Christi und des Lebens im Jenseits. Als eine geradezu notwendige Ergänzung finden wir daher auch bei den Slawen ein bis in das 19. Jahrhundert blühendes religiöses Epos in Prosaform, das überdies die Aufgabe hatte, die »teuflischen« Lieder des Volkes zu verdrängen. Ebenso mufste der frühere Glaube mit seinen Gebeten und Wahrsagungen, mit seinen Zauber- und Beschwörungsformeln einen Ersatz oder wenigstens eine christliche Form erhalten. Trotz aller Indizes und Verbote der »lügenhaften« (den Originalen entsprechend erscheinen häufig auch die Ausdrücke »geheime« und »verworfene«) Bücher kommt auch bei den Slawen eine ungemein reichhaltige und stark verbreitete apokryphe Litteratur vor, die ihnen vom Orient und Okzident vermittelt wurde und auf ihren gesamten Vorstellungskreis, auf ihre Lieder, Legenden, Sagen, Märchen und Sprichwörter, auf ihre Sitten und Gebräuche den gröfsten Einflufs ausübte. Verzeichnisse kanonischer und verbotener Bücher finden wir bereits an der Wiege der altkirchenslawischen Litteratur. Der Symeonsche Izbornik Svjatovslavs enthält ein allgemeines Verbot lügenhafter heidnischer Bücher und einen Johannes dem Evangelisten zugeschriebenen Index, der 13 Apokryphen des Alten und elf des Neuen Testamentes aufzählt. Von besonderer Wichtigkeit war für die slawischen Indizes das Taktikon (im griechischen Original noch unbekannt, in slawischen Handschriften häufig) des Mönches Nikon64) Cernogorec (vom Schwarzen Berge), das die Quelle für besonders zahlreiche, in Rufsland geschriebene Verzeichnisse verbotener Bücher zu sein scheint und mit gröfster Wahrscheinlichkeit ebenfalls dem slawischen Süden zugeschrieben wird. Zum mindesten war es bei den Russen schon im 12. und 13. Jahrhundert bekannt. Im 14. Jahrhundert finden wir bei ihnen in einem Nomokanon (Pogodins) als 60. (nicht authentischen) Artikel des Konzils von Laodikea ein Verzeichnis mit zweifellos bulgarischen Zusätzen, unter denen die scharfe Polemik gegen einen häretischen bulgarischen Popen Jeremija als den Verfasser einiger Apokryphen hervorragt. Zur grofsen und frühzeitigen Verbreitung der Apokryphen in kirchenslawischer Sprache trug in der Tat die Sekte der Bogo-milen bei, die unter dem Zaren Peter, also gegen die Mitte des 10. Jahrhunderts, in Bulgarien auftauchte, durch fünf Jahrhunderte die Geschichte der Balkanstaaten mächtig beeinflufste und auch im Abendlande bis zu den Pyrenäen und dem Niederrhein und selbst in England zahlreiche Anhänger fand (Manichäer, Pobli-kaner [aus Paulikianer], Patarener, Katharer, woraus das deutsche Ketzer, Albigenser usw.; sie selbst nannten sich Christen, gute Christen, bons hommes). Lange vor Hus wurde also aus dem Südosten zum ersten Male eine slawische religiöse Bewegung nach Westeuropa übertragen; allerdings handelt es sich auch hier hauptsächlich um die Vermittlung und Ausbildung fremder Lehren. Bulgarien war als nächster Nachbar von Byzanz unter den Balkanslawen am meisten dem Einflufs des asiatischen Orients ausgesetzt. Dazu wurden unter Konstantin Kopronymos (752) und Johannes Tzimiskes (970) als byzantinische Grenzwächter armenische und syrische Kolonisten in Thrakien angesiedelt, die ihren Mittelpunkt auf slawischem Boden um Philippopel hatten. So kamen wahrscheinlich schon mit dem Christentum Paulikianer, Euchiten und Messalianer nach Bulgarien, in dem es zur Zeit seiner Christianisierung von allerlei Glaubensaposteln wimmelte. Die tiefsten Spuren hinterliefsen die kleinasiatischen Paulikianer 6* (nicht Jünger des Apostels Paulus, wie sie später selbst vorgaben, sondern nach Paulus von Samosata benannt65)), die den Manichäismus, die üppigste Entfaltung des Gnostizismus, ins Land brachten. Durch verschiedene Zwischenglieder wurden also den Bulgaren im Verein mit christlichen Lehren auch persischer Dualismus, syrisch-phönizische Kosmologie, chaldäisch-babylonische Astrologie und Magie vermittelt. Nach einheimischen Berichten (Kozma s. S. 71., Synodik des Zaren Boril) begann unter dem Zaren Peter der Pope Bogumil (das ist Gottlieb, Kozma fügt hinzu: »in Wirklichkeit Bogu ne mil«, das ist Gott nicht lieb) die »manichäische Häresie« zu lehren. Inwieweit er selbst die nach ihm benannte Sekte der Bogomilen (sie selbst nannten sich Christen) organisierte, kann nicht ausgemacht werden, da sich ihre Lehre im fortwährenden Flufs befand und uns zum Teil nur aus byzantinischen und aus späteren lateinischen Quellen (über Bosnien, Dalmatien, Slawonien) bekannt ist66). Auch die Beziehungen zum byzantinischen Sektenwesen sind noch nicht genügend aufgeklärt, denn die Bogomilen hatten selbst in Konstantinopel zahlreiche Anhänger (bekannt seit 1111; aber ihr Haupt Basilios verbreitete die Lehre schon viele Jahre vorher). Wichtig sind die Nachrichten des-einheimischen Presbyters Kozma aus dem Ende des 10. Jahrhunderts. Danach führten die Häretiker ein sehr strenges und ernstes Leben; sie waren sanft und schweigsam, blafs vom Fasten (die Paulikianer ver warfen das Fasten!), sprachen nichts Überflüssiges, lachten nicht laut. Im Genufs waren sie mäfsig, da der von Gott abtrünnige Teufel oder Mammon, der Urheber alles Übels auf dieser Welt, den Menschen befohlen habe zu heiraten (bei den Paulikianern war die Ehe gestattet), Fleisch zu essen und Wein zu trinken (vgl. die gnostische Lehre der Enkratiten). Gott mit Beten und Wachen dienend, führten sie kein Faulenzerleben wie andere Menschen; ihre Andacht verrichteten sie in Häusern, wo sie sich durch vier Tage und Nächte einschlössen. Dabei beteten sie das Vaterunser, machten aber kein Kreuz, das Gott als Zeichen des Holzes, auf welches Christus von den Juden geschlagen wurde, verhafst sein müsse. Den üblichen Gottesdienst und die Hierarchie verwarfen sie ganz. Priester und Bischöfe schmähten sie als Pharisäer und beschuldigten sie des Müfsigganges, der Unkeusch-heit und Trunksucht. Sie hatten keine Priester, sondern lasen für sich die Worte des Herrn und der Apostel, »Bücher in den Händen tragend wie Schweine Goldringe in den Rüsseln und schlugen sich damit auf die Brust«. Das Alte Testament verwarfen sie ganz. Sie wollten nicht David und die Propheten hören, sondern das Evangelium, nicht nach dem Gesetze Moses, sondern nach dem der Apostel leben. Auch behaupteten sie, die himmlischen Dinge zu kennen und die Zukunft vorauszusehen, da sie die Geheimnisse und Tiefen der Bücher verstünden; und da sie alle kirchlichen Vorschriften verschmähten, so bildeten sie sich neue Lehren und verbreiteten verschiedene Fabeln. Man findet es begreiflich, dafs viele von diesen Grundsätzen beim Volke besonderen Anklang finden mufsten, namentlich wenn ihre Bekenner noch mit dem Schein des Martyriums umgeben wurden. Besonders charakteristisch sind aber folgende von Kozma berichteten Züge: »Sie lehren Ungehorsam gegen die Obrigkeit, verdammen die Reichen, verhöhnen die Ältesten, verunglimpfen die Bojaren, erklären jene, welche dem Zaren und seinen Beamten dienen, für schnöde vor Gott und wehren den Sklaven, für ihre Herren zu arbeiten.« Hier sehen wir deutliche Anklänge an die alte slawische Demokratie, einen Protest gegen den unter dem Zaren Peter ganz byzantinisierten bulgarischen Feudalstaat. Diese Abneigung gegen die weltliche und geistliche Obrigkeit mufste aber die Lehre der Bogomilen besonders im Laufe der Zeit populär machen, als der bulgarische Staat von Byzanz unterworfen und die bulgarische Kirche hellenisiert wurde. Es hatte seine guten Gründe, dafs der Schwerpunkt des Bogomilismus auf dem Balkan in Makedonien lag, wo überdies der Kern der slawischen Bevölkerung Bulgariens lebte. Interessant ist auch die Tatsache, dafs sich die Sekte schon am Ende des zehnten Jahrhunderts in zwei Kirchen spaltete: die bulgarische näherte sich mehr dem christlichen Standpunkte und lehrte die Existenz nur eines Wesens, des Guten, das ist Gottes, während sie im Satan kein vom Urbeginn bestehendes Wesen, sondern nur einen gefallenen Engel erblickte; die Dragovicer Kirche, die sich strenger an die paulikianische Lehre hielt und Gott und den Teufel als ursprünglich gleichwertige Wesen betrachtete, hatte ihren Hauptsitz wohl zwischen dem Vardar und dem Ochridasee, so dafs Makedonien auch auf diesem Gebiete eine konservative Richtung vertritt. Schon an der Scheide des 10. und 11. Jahrhunderts war die Lehre der Bogomilen über die serbischen Gebiete bis an die adriatische Küste von Albanien bis Cattaro vorgedrungen. In Serbien wurde sie jedoch unter dem Grofszupan Stefan Ne-manja (ungefähr 1171 bis 1195) ausgerottet, fand aber dafür besondere Zuflucht in der Herzegowina und namentlich in Bosnien, wo sie den Schutz der Bane und des Adels genofs und zeitweise geradezu die herrschende Religion mit besonders ausgeprägter Organisation bildete. Es ist merkwürdig, dafs die in ihren Anfängen so demokratische Lehre gerade die Machthaber für ihre Zwecke ausnützten, wie dies in Oberitalien und in gleicher Weise aus Antogonismus gegen das Papsttum geschah. Bei den lebhaften Beziehungen zwischen dem nordwestlichen Balkan und dem Norden Italiens ist übrigens auch eine Rückwirkung nicht ausgeschlossen, wofür schon der Name Patareni spricht. Im 13. Jahrhundert gelangte die Sekte nach Slawonien und Syrmien und selbst in Kroatien machte sie den Päpsten viel zu schaffen. Ob und wie weit sie nach Rufsland kam, steht nicht fest. Bezüglich der mehr oder weniger identischen abendländischen Sekten mufs hervorgehoben werden, dafs speziell die lombardischen und südfranzösischen einen regen Verkehr mit ihren Glaubensgenossen im byzantinischen Reich, in Bulgarien und Bosnien unterhielten und dafs auch ihren Gegnern die Herkunft der Häresie aus Bulgarien sehr gut bekannt war (vgl. Bulgarorum haeresis, Bulgari, Bugri, das französische Schmähwort bougre). Obgleich der Bogomilismus im geistigen Leben der Südslawen eine bedeutungsvolle Erscheinung bildet und namentlich durch seine Fernwirkung hervorragt, so mufs doch sein Einflufs auf die slawischen Balkanstaaten als sehr verhängnisvoll bezeichnet werden, denn er wirkte auf sie zersetzend, und die Anhänger einer ursprünglich nationalen Sekte wurden beim Vordringen der Türken zu Volksverrätern: sie begrüfsten namentlich in Bulgarien, wo sie vor einem orthodoxen Zaren, und in Bosnien, wo sie von einem katholischen König verfolgt wurden, die Eroberer als Befreier und nahmen dann gröfstenteils ihren Glauben an. Namentlich der Adel von Bosnien und Herzegowina hat meist bogo-milische Vorfahren. Die Reste der bulgarischen Bogomilen wurden im 17. Jahrhundert von katholischen Missionären bekehrt. Die katholischen »Paulikianer« sind heute um Svistov und Nikopol im nördlichen, um Philippopel im südlichen Bulgarien gruppiert87). Dafs die Bogomilen die Litteratur stark förderten, unterliegt keinem Zweifel. Ihr Gegner Kozma stellt ihnen ja das Zeugnis aus, dafs sie Bücher besonders verehrten und auf ihre Bücherweisheit aufserordentlich stolz waren. Aus Bosnien und Serbien bekannt gewordene Handschriften neutestamentlicher Bücher bogomilischer Herkunft aus dem 14. oder 15. Jahrhundert zeigen, dafs man an altertümlichen Texten festhielt und auf ihre genaue Abschrift grofse Sorgfalt verwendete. Wichtiger ist jedoch die litterarische Produktion der Bogomilen. Schon Kozma schreibt dem Gründer der Sekte die Erdichtung von Fabeln zu. Ein russischer Nomokanon (aus Novgorod) aus dem Jahre 1283 nennt als Verfasser von »lügenhaften Fabeln« einen Popen Jeremija, der im Pogodinschen Nomokanon aus dem 14. Jahrhundert direkt »bulgarischer Pope« heilst; spätere russisch-serbische Indizes nennen eine Sammlung alt- und neutestamentlicher Apokryphen, die »der bulgarische Pope Jeremija erlogen hat«. Von ähnlichen »bulgarischen Büchern« ist in einem russischen Prolog des 12. Jahrhunderts die Rede, und noch der Fürst Kurbskij, der Gegner Iwans des Schrecklichen, spricht von »bulgarischen oder richtiger Weiberfabeln«, wobei er deutlich apokryphe Schriften im Auge hat. Für den Ruf Bulgariens sind bezeichnend die Worte eines serbischen Homileten (nach einer Handschrift des 14. Jahrhunderts), der in seinem Eifer gegen den Aberglauben bemerkt: »Viele Länder habe ich durchwandert, aber nirgends sah ich so viele Hexen, Samovilen und Zauberinnen wie in Bulgarien.« Demselben Popen Jeremija werden in der Tat auch »lügenhafte Gebete gegen Fieber« (gedacht als personifizierte Wesen) und »Nezit-e« (irgendwelche Krankheiten)68) zugeschrieben. Man sieht, dafs der Boden Bulgariens auch der Entstehung und Übernahme in dieses Gebiet einschlägiger Apokryphen besonders günstig war. Übrigens haben kompetente Forscher auch in den Legenden, Liedern und Sprichwörtern der Bulgaren und Serben, der Grofs- und Kleinrussen deutliche Niederschläge der manichäisch-bogomilischen Lehre nachgewiesen. Die Bogomilen erinnern also wegen ihrer besonderen Verdienste für die Entstehung und Verbreitung der kirchenslawischen Apokryphen an die reiche und mannigfaltige schriftstellerische Tätigkeit ihrer Stammväter, der Gnostiker, aus deren Kreise die meisten Apokryphen im 2. und 3. Jahrhunderte nach Christus hervorgegangen sind. Über die slawischen Übersetzer, Kompilatoren und eventuell auch Verfasser ist jedoch nichts Näheres bekannt, ja, wir können von den bekannten apokryphen Schriften fast gar keine direkt auf die Bogomilen zurückführen. Eine rätselhafte Persönlichkeit ist selbst der Pope Jeremija. Man hielt ihn lange Zeit für identisch mit dem Popen Bogumil, indem man seit Öafafik meinte, er habe nach der Sitte seiner Zeit und namentlich nach dem Brauch der Patarener einen doppelten Namen, einen einheimischen und einen kirchlichen geführt. Diese Ansicht ist entschieden falsch. Dafür kennen wir heute aus Handschriften, die von Kroaten (glagolitisch), Serben, Bulgaren und Russen stammen, genau eine ihm zugeschriebene Sammlung von Apokryphen, welche die Geschichte des Baumes, aus dem das Kreuz Christi gezimmert wurde, von Moses an behandelt und dabei auch Kapitel über Christus bringt: wie er als zehnjähriger Knabe das Haupt Adams fand und auf dem Wege nach Bethlehem mit dem Pfluge ackerte, wie ihn Probus, der Sohn des Kaisers Seleucus (?), des Nachfolgers des Augustus, als Gehilfen beim Steuereintreiben mitnahm, mit ihm badete und ihn Bruder nannte, wie Kaiser Abgar durch den Evangelisten Lukas ein Schreiben an ihn sandte und sein in ein Tuch abgedrücktes Bild erhielt, wie er im Tempel von Jerusalem zum Priester bestellt wurde. Die Geburt Christi erwähnt der Verfasser ganz kurz, da er darüber und über die Kindheit Jesu anderswo sprechen wollte. Wir haben es mit einer offenkundigen Kompilation und Bearbeitung von Apokryphen des Alten (über Moses, David, Salomon) und Neuen Testaments zu tun, die 1283 schon im nordrussischen Novgorod bekannt waren. Dafs Pop Jeremija eine ähnliche griechische Sammlung wenigstens zum Teil übersetzt habe, wäre nicht ausgeschlossen, aber entschieden zu weit geht die Annahme, er könnte sogar ein griechischer Schriftsteller gewesen sein; denn dann wäre es unbegreiflich, warum russische Indizes seine »Lügen« konsequent einem bulgarischem Popen zuschreiben, da man über die faktischen Verhältnisse in Rufsland genügend unterrichtet sein konnte. Richtig ist jedoch, dafs die Kompilation nichts spezifisch Bogomilisches enthält, eher das Gegenteil, da die Bogomilen Feinde des Kreuzes, der Priesterschaft und der weltlichen Obrigkeit waren. Man kann aber deshalb der bulgarischen Sekte die Verbreitung dieser Kompilation oder gar der Apokryphen überhaupt nicht absprechen. Die sagenhafte Geschichte des Kreuzes Christi konnte die Bogomilen recht gut interessieren (sie brauchten es deshalb nicht zu verehren); Priester in ihrer Art besafsen auch sie und konnten auch ihre Freude daran haben, dafs der Sohn eines »rechtgläubigen« Kaisers den jungen Christus Bruder nannte. Überdies wird dabei hervorgehoben, wie gut es sei, sich zu verbrüdern, was direkt an die noch heute bestehende Sitte der Wahlbruderschaft (pobratimstvo) erinnert, und der demokratischen Gesinnung der Bogomilen entsprach es geradezu, dafs Christus den Stand des Ackermannes ehrte. Es gibt auch andere Beispiele, welche zeigen, dafs die Bogomilen apokryphe Litteraturerzeugnisse für ihre Zwecke ausnützten, aber an ihnen, gar keine oder nur geringe Änderungen vornahmen69). Auch darauf mufs man hinweisen, dafs wir, wie bei jeder Sekte, aus leicht begreiflichen Gründen auch bei den Bogomilen verschiedene Widersprüche finden. Abgesehen von dem prinzipiellen Unterschied der beiden bogomilischen Kirchen, wissen wir z. B. von den bosnischen Bogomilen, dafs sie eine geregelte Hierarchie hatten, ihren Ältesten (ded oder did) als den Statthalter und Nachfolger Petri betrachteten und zugaben, dafs der römische Papst früher ihr Oberhaupt war, bis Papst Silvester vom Kaiser Konstantin weltliche Güter annahm und dadurch vom wahren Glauben abfiel; auch hatten sie kirchenartige Bethäuser, allerdings ohne Glocken, die sie für Teufelstrompeten hielten, und zierten ihre Handschriften (vgl. unten) mit vielen Illustrationen, welche Christus auf dem Kreuze, die Muttergottes, die Apostel, die Evangelisten usw. darstellen. Ein Beweis, dafs sich dem Ein-flufs der abendländischen Kunst im 14. bis 15. Jahrhundert auch die Bogomilen der Balkanhalbinsel nicht entziehen konnten. Von anderen Apokryphen kann man noch die Erzählung von den Bestandteilen Adams, die Vision des Esaias, den Wettkampf Salomons, der nach Veselovskij als Prototyp der Erzählung von Salomon und Kitovras (aus griech. Kevzavgog) diente, die Apokalypse des heiligen Paulus, den Streit Christi mit dem Teufel, die Offenbarung der Muttergottes über die Leiden in der Hölle, die kosmogonischen Partien der »Disputation der drei Heiligen« (Basilios des Grofsen, Johannes Chrysostomos, Gregorios Theologos) hauptsächlich wegen ihres Inhaltes in besondere Beziehung zu den Bogomilen bringen. Ungemein grofs ist das handschriftliche und auch schon vielfach gedruckte 70) Material der kirchenslawischen Apokryphen und der auf ihnen beruhenden mehr oder weniger volkstümlichen südslawischen, grofs- und kleinrussischen Fassungen und Bearbeitungen "). Was den Begriff der slawischen Apokryphen anbelangt, so stellte sich die Moskauer Schule Tichonravovs auf den rein formellen Standpunkt, indem sie die slawischen Indizes mit ihren Angaben über »lügenhafte« Bücher des Alten und Neuen Testamentes, über nicht kanonische Heiligenlegenden und falsche Gebete zum Ausgangspunkt nahm. Allerdings werden in denselben Verzeichnissen auch entschieden apokryphe Schriften, wie die Revelation des Methodios von »Patara«, Golubinaja Kniga und die Paleja mit ihren zahlreichen Apokryphen, zum Lesen empfohlen. Am meisten fällt aber die Tatsache ins Gewicht, dafs die slawischen Indizes ursprünglich ebenfalls aus dem Griechischen übersetzt wurden und daher manche Werke aufzählen, welche es in altslawischen Übersetzungen wahrscheinlich nie gab (z. B. Eldad und Modad, Moses Himmelfahrt, Psalmen Salomons, Vision des Elias u. a.), andererseits aber offenkundige kirchenslawische Apokryphen verschweigen (Nikodemus-Evangelium, die meisten Apostelakten). Den wirklichen Verhältnissen kommen daher diejenigen (Porfirjev, Franko u. a.) näher, für welche nicht das Denkmal im Vordergrunde steht, sondern die Erzählung oder das Motiv, das apokryph ist, d. h. in den kanonischen Schriften nicht vorkommt und durch die kirchliche Praxis nicht zugelassen wird. Hierzu werden nicht blofs Chroniken, Chronographen und namentlich die Paleja, sondern auch Menäen, Synaxare, Prologe und selbst Akathiste als Quellen herangezogen. Natürlich sind dabei Zweifel und mancherlei Willkür nicht ausgeschlossen, um so mehr, als die kirchliche Praxis nicht gleichmäfsig war. Die russischen Indizes klagen speziell über unwissende Geistliche, die nicht kanonische Schriften, Euchologien und Nomokanone führen; einer erwähnt solche Bücher, die man mit Vorsicht lesen müsse. Nach einer kleinrussischen handschriftlichen Notiz des 16. Jahrhunderts wurde das Nikodemus-Evangelium am Charsamstag auch in der Kirche gelesen. Diese Methode hat aber auch den Nachteil, dafs einzelne Denkmäler, die entschieden ein Ganzes bilden, zerstückelt werden, worunter namentlich die litterarhistorische und sprachliche Erforschung derselben leidet. Doch gehen alle slawischen Herausgeber und Forscher über den üblichen Kreis alt- und neutestamentlicher Apokryphen weit hinaus, so dafs sie auch Heiligenlegenden, Katechismen, Herrenbriefe, Naturphilosophie, Exorzismen, Gebete, allerlei Wahrsagungsbücher7 2), Amulette u. ä. in Betracht ziehen78). Von besonderer Wichtigkeit ist die Frage nach dem Alter und der Herkunft der kirchenslawischen Apokryphen, die wohl eine der wichtigsten Aufgaben der nächsten Zukunft auf diesem Gebiete werden sollte. Es unterliegt keinem Zweifel, dafs zu den ältesten Erzeugnissen altkirchenslawischer Litteratur auch Apokryphen gehören. Auf Grund verschiedener Erwägungen und namentlich des Alters der Handschriften dürfen wir in diese Periode verlegen: die Erzählung von Salomon und Kitovras, Bruchstücke der apostolischen Konstitutionen (Pseudoklementinen, gleichzeitig mit der Einführung des Christentums bei den Slawen), das Nikodemus-Evangelium (fällt vielleicht noch in die pannonisch-mährische Periode, behandelt die Leiden, die Auferstehung und Höllenfahrt Christi), das Protoevangelium Jakobs (Geburt und Jugend Mariä, die Geburt Christi, Flucht nach Ägypten), das Thomas-Evangelium (noch aus dem 11. Jahrhundert, über die Jugend Christi), die Erzählung des Persers Aphroditian74) (Prophezeiungen über Jesus), die Akten über Paulus und Thekla (11. Jahrhundert), die Akten des Johannes (Päeudo-Prochorus), die Apokalypse der Muttergottes (russ. Chozdenije Bogorodicy po mukam). Mit der Chronik des Malalas fanden Eingang apokryphe Erzählungen über Abraham und Melchisedek, die Testamente der zwölf Patriarchen. In der Chronik des Georgios Hamartolos gab es aufser einer Menge kleiner Erzählungen ziemlich umfangreiche über eine Disputation Abrahams mit ägyptischen Weisen, über die Beerdigung Adams in Jerusalem, Melchisedek, Moses Tod, Salomon und die Königin (Zarin) von »Jug«. Auch in Prologe und Menäen gerieten schon vor dem 12. Jahrhundert die Vision des Esaias, die Leiter Jakobs, die Paralipomena des Jeremias, die Revelation des Method von »Patara«, die Testamente der zwölf Patriarchen, die Erzählung des Agapios über das Paradies usw. Am meisten trugen aber zur Bewahrung und Popularisierung der Apokryphen die historische und kommentierte Paleja bei, von denen aber die letztere wahrscheinlich nur teilweise heranzuziehen ist (vgl. S. 80). Weiter deuten verschiedene Anzeichen darauf hin, dafs die apokryphe Litteratur in Serbien und Bulgarien auch im 13. bis 15. Jahrhundert mannigfache Bereicherung erhielt und mit der älteren ihren Weg nach Rufsland fand. Umgekehrt ist es aber auch sehr gut möglich, dafs apokryphe Schriften auch in Rufsland schon in der vormongolischen Periode von griechischen Geistlichen, später aber von russischen Mönchen auf dem Athos und in Konstantinopel übersetzt und dann zu den Südslawen verpflanzt wurden. Doch im allgemeinen steht es fest, dafs eine »riesige Majorität« der russischen Apokryphen auf südslawische Vorlagen zurückgeht (Pypin75)). Die apokryphe Litteratur bildete lange Zeit einen Stolz der slawischen Herausgeber und Litterarhistoriker, die darin ein altes nationales Gut erblickten. Heute steht es fest, dafs die kirchenslawischen Apokryphen aus alter Zeit und auch aus späteren Jahrhunderten einfache Übersetzungen sind, natürlich zum gröfsten Teil aus dem Griechischen. Auch hier ersetzen die slawischen Texte manchmal das Original, das gar nicht (Apokalypse Abrahams, Henochbuch als ein selbständiges Seitenstück der äthiopischen Fassung, eine Erzählung über die drei Jünglinge im Feuerofen, eine Erzählung des Aphroditian, eine Erzählung über die Taufe Christi) oder nur teilweise (Petrusakten) bekannt ist, bringen neue Redaktionen (Apokalypse des Paulus, der Streit Christi mit dem Teufel) oder zum mindesten neue Details (z. B. zu den Pseudoklementinen) und sind überhaupt wichtig für die Rekonstruktion der Vorlagen (so z. B. hat sie Lipsius für die Pseudoevangelien zu w.enig ausgenützt). Wie aber der slawische Orient vom slawischen Okzident nie ganz getrennt werden konnte, lehrt auch die apokryphe Litteratur. Das Nikodemus-Evangelium ist in seiner vollständigen Fassung-entschieden aus dem Lateinischen übersetzt worden (nur eine späte kurze Redaktion geht auf ein griechisches Original zurück), mag das nun bereits in Mähren (nach Sobolevskij) oder erst im Laufe des 10. oder 11. Jahrhunderts (im 12. gelangte es über Bulgarien bereits nach Rufsland) in einer Gegend geschehen sein, wo die glagolitische Litteratur herrschte, also wahrscheinlich bei den Kroaten, obgleich auch weitere südwestliche Gebiete nicht ausgeschlossen wären. Auch ein altes Gebet an den Teufel von westslawischer Herkunft ist nachgewiesen worden. Umgekehrt ist aber eine Reihe von Apokryphen (über die Bestandteile Adams, Apokalypse Abrahams, Geschichte des Kreuzbaumes, Apokalypse der Muttergottes, die Disputation der drei Heiligen, über die zwölf Freitage) auch in einer kroatisch - glagolitischen Handschrift aus dem Jahre 1468 bekannt geworden, ja, die viel umstrittene Kompilation des bulgarischen Popen Jeremija wurde von Jagic zuerst daraus ans Licht gezogen. Besondere Beachtung verdient auch eine cyrillische Handschrift von Apokryphen aus Ragusa vom Jahre 1520; überhaupt findet man in späteren serbischen und bulgarischen Handschriften häufig dialektische Merkmale, die auf Ragusa und seine Nachbarschaft hinweisen. So wird es begreiflich, dafs eine Fassung der Apokalypse des Paulus76) und einige noch nicht veröffentlichte Apokryphen der genannten Handschrift von Ragusa sogar auf italienischer Vorlage beruhen. Ein russischer Index (aus dem Jahre 1397) wirft vielleicht nicht umsonst den »Römern« (Rimljany) vor, dafs sie die Menschen »mit geheimen häretischen Büchern als angeblich alten verlocken«, und ein Moskauer Index des 16. Jahrhunderts stellt mit dem bulgarischen Popen Jeremija einen »Franken Isidor« (Sidor Frjazin«) in eine Reihe. Zu den orthodoxen Südslawen gelangten seit dem 16. Jahrhundert durch mehrere in der Volkssprache auch cyrillisch gedruckte Werke der bosnischen Franziskaner verschiedene apokryphe Motive aus dem Abendlande, die dann ihren Weg auch in die Volkspoesie gefunden haben. Besonders grofs war aber der Einflufs abendländischer Apokryphen lateinischer und deutscher Herkunft in polnischer Übersetzung oder Bearbeitung auf die Klein- oder Weifsrussen Polens, der sich dann auch in das Moskauer Reich fortpflanzte. Der byzantinischen Tradition zum Trotz fanden namentlich Passionsgeschichten und Dramen starke Verbreitung, und auch alle Umarbeitungen alter Apokryphen zeigen den gemeinsamen Zug, dafs sie Christus als Ideal männlicher Schönheit darstellen. Diese kurzen Ausführungen mögen genügen, um aufmerksam zu machen, wie mannigfaltig auch die kirchenslawischen Apokryphen sind, was bei der Erforschung ihrer Geschichte und ihres Einflusses auf die slawischen Volkslitteraturen immer in Betracht gezogen werden mufs. Wie wenig die Apokryphen auch an eine Zeitgrenze gebunden sind, lehrt die Tatsache, dafs wir auch südslawische Handschriften derselben noch aus dem 18. und dem Anfang des 19. Jahrhunderts haben, aus Montenegro noch eine aus dem Jahre 1836. Grofs- und Kleinrussen erbauten sich noch im 17. bis 18. Jahrhundert allgemein an den Apokryphen, als dieselben im Abendlande bereits den Gegenstand historischer Kritik bildeten. In der Ukraine führte diese Litteratur noch im 18. Jahrhundert ein kräftiges Dasein, in Galizien bis in die dreifsiger Jahre des 19. Jahrhunderts, und bei den ungarischen Ruthenen wird sie bis auf den heutigen Tag aus Handschriften gelesen (ein Beispiel für die Wirkungen entnationalisierender »Kulturpolitik«!). Der Umstand, dafs die apokryphe Litteratur auch bei den Serben und Bulgaren bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts handschriftlich verbreitet wurde und ihr hohes Ansehen bewahrte, macht ihren grofsen Einflufs auf die gesamte mündliche Litteratur begreiflich. Viele Sagen und Lieder, namentlich die'Legenden haben ihre Quelle in diesen alten, christlichen Erzeugnissen, so mancher unkirchliche Zug und Aberglaube, in dem man früher Reste einer nationalen Mythologie suchte, wurzelt in gnostischen und sonstigen häretischen Vorstellungen, die aus dem heidnischen Orient stammen. Von diesem Gesichtspunkte ist die Volkslitteratur der Südslawen noch zu wenig untersucht worden, namentlich von einheimischen Forschern. Viele schöne Volkslieder werden dadurch nichts verlieren, im Gegenteil, sie werden um so mehr von den künstlerischen Fähigkeiten ihrer Schöpfer aus dem Volke Zeugnis ablegen. Während im Abendlande das der gesamten christlichen Welt gemeinsame apokryphe Material frühzeitig eine künstlerische Bearbeitung im Epos und Drama (lateinisch und in den Nationalsprachen, auch in der böhmischen und polnischen) fand und unter anderem auch dem Meisterwerke Dantes als Grundlage diente, blieb der slawische Orient unter dem Einflufs von Byzanz auch hier zurück, bis sich endlich der künstlerische Geist im Volke selbst die Bahn brach und z. B. Marienlegenden schuf, die den besten Erzeugnissen bekannter Dichter würdig zur Seite stehen. Da aber auch hier der katholische Teil der Südslawen dieselben Apokryphen hatte, wenn auch meist in fremdsprachigem Gewände und in vollendeterer Form, so konnte es um so mehr, als sie wegen der Herrschaft der lateinischen Sprache erst spät die nationale Dichtung zu beeinflussen anfingen, auch auf diesem Gebiete zu keinem wesentlichen Unterschied kommen, ganz abgesehen von der innigen Berührung der Serben und Kroaten. Dafs die apokryphe Litteratur auch die Malerei und Bildhauerei bei den Südslawen stark beeinflufste, unterliegt keinem Zweifel (man vergleiche z. B. die Darstellungen der Hölle und des Paradieses in Kirchen und Klöstern), doch hat man diesem Gegenstand noch zu wenig Beachtung geschenkt. 4. Prosadichtungen. Die Leidenschaft der Byzantiner, Verse zu machen, eigneten sich die Slawen nicht an und übernahmen in dieser Zeit gar nichts, spater aber nur wenig von der kläglichen Profanpoesie ihrer Lehrer. Von Übersetzungen und einigen hübschen Nachahmungen der Kirchendichtung (s. S. 74—75) abgesehen, gab es daher in der altkirchenslawischen Litteratur keine Erzeugnisse in poetischer Form. Dafür fanden aber von den allen Völkern des Mittelalters gemeinsamen Prosadichtungen, die bei den Byzantinern meist in der Vulgärsprache verbreitet waren, einige ihren Weg auch zu den Slawen. Von den antiken Stoffen erhielten die Südslawen in dieser Periode die Sage vom trojanischen Kriege, allerdings nur in der Fassung der Chronik des Malalas. Dagegen wurden ihnen die Taten Alexanders des Grofsen, des gröfsten Welteroberers des Altertums, auch durch den RomandesPseudo-Kallisthe n e s verkündet; die Übersetzung desselben nach der rein griechischen Redaktion (B'), in der die Spuren seiner alexandrinisch-ägyptischen, aber immerhin hellenistischen Herkunft getilgt waren und der sagenhafte Alexander der Geschichte näher gebracht wurde, gehört zu den ältesten Denkmälern geschichtlichen Inhaltes in Bulgarien, mit denen sie wahrscheinlich in einer Enzyklopädie vereinigt war. Daraus erklärt sich auch der Umstand, dafs diese Übersetzung immer in Verbindung mit historischen Werken vorkommt und uns hauptsächlich durch die russischen Chronographen erhalten ist, in denen sie auch Erweiterungen meist auf Grund schriftlicher Quellen ") erfahren hat. Als später die Übersetzung einer neuen Redaktion, die sogenannte serbische Alesandrija, in welcher Alexander als Ideal eines christlichen Helden und romantischen Ritters erscheint, nach Rufsland kam, wurde sie als Roman betrachtet und in selbständigen Abschriften stark verbreitet, während die alte Übersetzung geradezu die Rolle eines geschichtlichen Denkmals in den genannten Kompilationen spielte. Das konnte um so leichter geschehen, als unser Übersetzer keine der üblichen Nationalisierungen des Werkes vorgenommen hatte. Er folgte wörtlich dem Original78), erkannte seine Fehler nicht und machte auch neue, indem er z. B. unverständliche griechische Wörter als Eigennamen auffafste. Sonderbar nimmt es sich aus, dafs er sogar den Namen Bukephalos »Rofs Ochsenkopf« (Koni, voluja glava) übersetzte, während er sonst manches griechische Wort übernahm; als Ganzes ist jedoch seine Leistung achtungswert. Für Byzanz und die Slawen ist es charakteristisch, dafs alle übrigen übersetzten Erzählungen orientalischer Herkunft sind. Im Vordergrunde steht Barlaam und Joasaph, »der berühmteste und beste geistliche Roman des Mittelalters«: (Krumbacher), der die Bekehrung eines indischen Prinzen Joasaph (Josaphat) durch den strengen Asketen und Einsiedler Barlaam zum christlichen Glauben und zum Einsiedlerleben schildert, im Grunde genommen aber nur eine mit dogmatischen Lehren vermehrte Umarbeitung der Lebensgeschichte des Buddha im christlichen Sinne bietet. Diese feurige Apologie der christlichen Askese und des Einsiedlerlebens pafste recht gut zum mönchischen Charakter der altkirchenslawischen Litteratur79). Ihre Übersetzung mufs aus philologischen Gründen sehr alt genannt werden, was auch russische Handschriften bezeugen, die sie »aus bulgarischen Büchern« schöpften. Ein alter Text, der auch über viele Streitfragen des griechischen Originals Licht verbreiten könnte, ist zwar noch nicht herausgegeben, aber dafs es auch von diesem Denkmal zwei Ubersetzungen gegeben habe, glaubt man schon zu wissen. Von den orientalischen Rahmenerzählungen (so nennt man eine Kette von Geschichten, die ineinander gearbeitet sind) kam zu den Slawen in alter Zeit80) nur der in die Hülle von Tierfabeln verarbeitete, aus Indien stammende Fürstenspiegel Stephanites und Ichnilates (slaw. Stefanit i Ihnilat, ursprünglich die Namen zweier Schakale, in der arabischen Bearbeitung Kaliiah und Dimnah). Dieses Buch, das wir in den Litteraturen aller Völker finden (verarbeitet im Pancatantra, Fabeln des Philosophen Bidpai, Directorium humanae vitae des Johannes von Capua usw.) vermittelte den Südslawen die auf der arabischen Fassung beruhende griechische Bearbeitung des Michael Seth, die im Jahre 1080 entstanden war. Schon daraus ersieht man, dafs die slawische Übersetzung höchstens dem 12. Jahrhundert angehören kann; vielleicht stammt sie aber erst aus dem 13. Jahrhundert, in dem sie schon handschriftlich nachgewiesen ist, und gehört dann in die serbische Litteraturperiode Makedoniens, was sehr gut zu anderen ähnlichen Übersetzungen und zu der Beobachtung passen würde, dafs die bulgarisch-russische Gruppe der Handschriften jünger sei als die serbische. Alle slawischen Texte81) weisen starke Kürzungen auf, die aber nicht gleich sind, so dafs erst der ursprüngliche Umfang der slawischen Übersetzung hergestellt werden müfste, bevor man ein definitives Urteil über das griechische Original, dessen zersplitterte Überlieferung ebenfalls beklagt wird, abgeben kann. Schon der erste slawische Herausgeber Danigic hat richtig bemerkt, dafs viele volkstümliche Erzählungen der Serben und Kroaten an diese ursprünglich indischen Geschichten erinnern; da es aber daneben noch andere ähnlicher Herkunft gibt, so müfsten solche auch auf mündlichem Wege zu ihnen gekommen sein. Dafs bei den Slawen orientalische Erzählungen sogar beliebter waren als bei den Griechen, zeigt die merkwürdige Tatsache, dafs die bei den Slawen stark verbreitete Geschichte vom »weisen Akyrios« (slawisch Akirij, später Akir) bisher in einer selbständigen griechischen Fassung nicht ans Licht gefördert, wohl aber als ein Teil der dem Planudes zugeschriebenen Biographie Aesops (Kap. 23—32) erkannt worden ist. Weiter stellte sich diese Geschichte als eine alte jüdische Sage vom Helden Achikar (arabisch Haikar in 1001 Nacht) heraus, die schon im Buche Tobit, das wahrscheinlich im zweiten oder dritten Jahrhundert v. Chr. geschrieben worden ist, vorkommt und auch in einer syrischen und arabischen Übersetzung bekannt ist. Diese Achikargeschichte wurde von einem Griechen auf Äsop übertragen, doch kennen wir nicht die Mittelglieder, die zur Äsop-biographie des sogenannten Planudes führen. Daher verdient die slawische Fassung82) noch immer besondere Beachtung und soll auch als Beispiel einer orientalischen Erzählung dienen. Der Inhalt Murko, Geschichte der südslawischen Litteraturen. 7 derselben ist kurz folgender: Akyrios (er erzählt selbst seine Geschichte), der in grofser Gunst stehende Ratgeber des Königs Sipagrip (Sanherib ?) von Assyrien, ist unglücklich, weil er keine Kinder hat, die ihn beweinen würden. Bei einem Feueropfer hört er die Stimme des Herrn, er solle seinen Neffen Anadan an Sohnes Statt annehmen. Mit der gröfsten Liebe und Sorgfalt erzieht er seinen Nachfolger, wozu ihn der König im voraus bestimmt hat, und gibt ihm viele Lehren, wie er sich als Höfling (oberstes Gebot: über alles, was er beim König oder in seinem Hause sieht, zu schweigen) und im Verkehr mit Menschen benehmen, wie er den Umgang mit Weisen pflegen, den Geist aus Büchern bereichern, die bösen Frauen fliehen und natürlich auch Gottesfurcht zeigen, Werke der christlichen Nächstenliebe üben und alles Vergängliche gering schätzen soll. Mit welchem orientalischen Bilderreichtum dabei einzelne Sprüche vorgetragen werden, möge ein zum Vergleich naheliegendes Beizpiel zeigen: »Besser ist ein Fufs vom Schaf in deiner eigenen, als die ganze Schulter in fremder Hand, besser ist ein Schäflein in der Nähe, als ein Ochs in der Ferne; besser ist ein Sperling in der Hand festgehalten, als tausend Vögel, die in der Luft herumfliegen; besser ist ein Gewand aus Hanfleinwand, das man hat, als ein Purpurgewand, das man nicht hat.« Bezeichnend für die orientalische Höflichkeit ist der Ratschlag: »Ruft dich jemand zum Gastmahl, so erscheine nicht auf den ersten Ruf; wenn er dich zum zweitenmal ruft, dann siehst du, dafs er dich hochschätzt, und du wirst mit Ehren bei ihm eintreten.« Ähnlich ist die Mahnung, auf einer Hochzeit nicht zu lange zu verweilen, damit man nicht vor dem Ende zur Tür hinausgewiesen werde. Von orientalischer Unaufrichtigkeit und Schlauheit zeigt der Spruch: »Wenn dein Nachbar sich dir feindselig zeigt, höre nicht auf, ihm mit Liebe zu begegnen, damit er nicht ohne dein Wissen einen Anschlag gegen dich ausführt.« Nach zahlreichen derartigen und anderen ethisch höher stehenden Unterweisungen tritt Anadan in den Dienst des Königs. Ohne irgendeine psychologische Begründung gräbt er sofort seinem Ziehvater eine Grube durch hochverräterische Briefe an den König von Ägypten. Akyrios wird zum Tode verurteilt und bittet sich voll Devotion nur die Gnade aus, dafs er in seinem Hause hingerichtet werde, wo aber ein alter Mann, der wirklich den Tod verdient hatte, an seine Stelle tritt, während Akyrios von einem Freunde in einem unterirdischen Gefängnis verborgen gehalten und mit Brot und Wasser gelabt wird. Als der ägyptische König Pharao vom Tode des weisen Akyrios hört, bedroht er den König Sinagrip, wenn er ihm nicht ein Schlofs »weder im Himmel noch auf der Erde« erbaut und einige Rätselfragen beantwortet. In der Not wird Akyrios hervorgeholt, der zwei Adler mit einem angebundenen K^fig auffliegen läfst, aus dem ein Kind herunterschreit: Bringet Kalk und Steine, die Arbeiter sind bereit! Pharao und seine Edelleute, die Akyrios noch schlägt, sind beschämt. Akyrios löst noch alle Rätselfragen (die vom Jahr, den zwölf Monaten und dreifsig Tagen und Nächten, war allerdings nicht schwer) und dreht auch einen »Strick aus Sand«, indem er ein Loch gegen die Sonne in die Wand bohrt und Sand hineinstreut. Der besiegte Pharao zahlt Tribut, Akyrios wird mit grofsen Ehren behandelt und hält dann seinem Adoptivsohn lange, jammervolle Strafreden. Die Geschichte vom weisen Akyrios wurde im 11. oder 12. Jahrhundert in Makedonien oder südlichen Bulgarien übersetzt und zwar »nicht direkt aus dem Griechischen, sondern unter Vermittlung des armenischen Textes« (A. Grigorjev8S)). Die zuerst glagolitisch niedergeschriebene Übersetzung verbreitete sich zu allen Balkanslawen, denn wir finden sie auch in einer kroatischglagolitischen Handschrift (1468) und in einer cyrillischen im katholischen Ragusa (1520); einer besonderen Popularität erfreute sich aber die an Sentenzen und Belehrungen reiche Erzählung in Rufsland, wo sie im Volkstone umgearbeitet noch im 17. bis 18. Jahrhundert fleifsig abgeschrieben wurde. Unbekannt ist bisher auch das griechische Original einiger Sagen, deren südslawische Fassung, die mit der gröfsten Wahrscheinlichkeit vorausgesetzt wird, ebenfalls noch nicht ans Licht gekommen ist, was aber, nach anderen Beispielen zu urteilen, wenig zu bedeuten hat. Aus dem salomonischen Sagenkreise gehören hierher die Erzählungen von Salomon und K i t o v r a s, deren schon bei den Apokryphen gedacht wurde. In einigen russischen Texten ist Kitovras ein mächtiger Dämon, den Salo-mons bester Bojar einfängt, indem er ihn durch List berauscht und einschläfert; gefesselt erklärt er Salomon nicht blofs Rätsel, sondern ist ihm auch beim Tempelbau bis zu dessen Vollendung behilflich. Zuletzt wird er von Salomon, der über seine Kraft Aufklärung wünscht, befreit und verschluckt den ihm gereichten 7 * Handring Salomons, worauf er seine Flügel ausbreitet, Salomon damit schlägt und bis ans Ende der Welt schleudert. Salomon, von Weisen aufgefunden, fürchtete immer Kitovras, vor dem er sich durch eine starke Leibwache in der Nacht schützte. In späteren Umgestaltungen der Sage ist Kitovras König in der Stadt Lukonja, wo er bei Tage über Menschen herrscht, in der Nacht sich aber in einen Kitovras (= Kentauros) verwandelt und Herr über Tiere ist. Als er von der Schönheit der Frau Salomons hört, läfst er sie durch einen Magier entführen. Salomon geht als armer Greis verkleidet in das Reich des Kitovras, wird erkannt und ergriffen, rettet sich aber vor dem Tode, indem er dreimal in sein Horn stöfst, worauf sein verborgenes Heer herbeieilt. Kitovras, die ungetreue Frau und ihre Helfershelfer werden gehängt, das Reich wird vernichtet. Der Raub der Frau wird auch in anderen Varianten erzählt. Nach Veselovskijs Untersuchungen, der auch das mittelalterliche deutsche Gedicht von Salomon und Morolf zum Vergleich heranzog, gab es ursprünglich eine slawische Erzählung, in der nach der Gefangennahme des Kitovras und nach seinem Wettstreit mit Salomon der Raub der Frau Salomons folgte. Ebenso vermittelten die Südslawen den Russen die Sage vom babylonischen Reich, dessen Krone und Insignien nach Byzanz und von da nach Rufsland gelangt sein sollen. In allgemeinen Zügen ist die Sage schon im 12. Jahrhundert in Rufsland nachgewiesen. Dafs auch die byzantinische Kaisersage durch die Übersetzung der Revelation des Methodios »von Patara« zu den Südslawen kam, wurde schon erwähnt. VI. Die slawische Kirchensprache bei den Kroaten an der adria-tischen Küste. Die ältesten Chroniken der Kroaten und Serben. Die slawische Liturgie hat offenbar schon zu Methods Zeiten auch am Adriatischen Meere festen Fufs gefafst, wo sie trotz der widerwärtigsten Schicksale bis auf den heutigen Tag als ein in der römischen Kirche einzig dastehendes Privilegium ein allerdings kümmerliches Dasein fristet. Im heutigen Kroatien zwischen Drau und Sawe hinterliefs Methods Tätigkeit keine Spuren, denn sie blieb, da er den Stuhl des heiligen Andronikus in Syrmien, das damals bulgarisch war, nur dem Titel nach inne hatte, auf das obere Pannonien und hauptsächlich auf das grofsmährische Reich beschränkt. Überdies war gerade in diesem Gebiete zur Zeit der Slawenapostel fränkischer Einflufs mächtig, so dafs auch die Flüchtlinge aus Mähren hier keine Zuflucht suchen konnten. Anders stand es im Wiegenlande des kroatischen Staates, im alten Dalmatien. Infolge besonderer Umstände war auch hier die slawische Liturgie vorübergehend eine Bundesgenossin Roms. In den dalmatinisch-liburnischen Küstengebieten, speziell in den bedeutenderen Städten, die noch durchwegs eine romanische Bevölkerung hatten, konnte das oströmische Reich durch die Flotte seine Herrschaft oder wenigstens seinen Einflufs am längsten aufrechterhalten, weshalb die dalmatinischen Bischöfe bei Beginn des Schismas zu Byzanz und zum Patriarchen Photios hielten. Bei den im Hinterlande wohnenden und herrschenden Kroaten trug jedoch nach dem letzten Rückfall unter Sedeslav (s. S. 26) gerade die Politik des Papstes Johannes VIII. einen glänzenden Sieg davon, da der kroatische Fürst Branimir 879 eine vollständige Schwenkung zu Rom vollzog. Während der Papst die dalmatinischen Bischöfe unter Androhung der Exkommunikation zur Rückkehr in den Schofs der römischen Kirche aufforderte, zeichnete er den kroatischen Bischof von Nin (Nona) mit der Einladung aus, zur Konsekration nach Rom zu kommen. Dieser begab sich 880 dahin und erneuerte die Unterwürfigkeitserklärung Branimirs. Unter den Gründen, die Johannes VIII. in demselben Jahre zu seiner feierlichen Anerkennung der slawischen Liturgie bestimmten, spielte gewifs auch die Rücksicht auf die Slawen Kroatiens eine grofse Rolle. Method selbst kann damals mit dem Bischof in Rom in Berührung getreten sein. Die Hin- und Rückreise machte er gewifs nicht über das fränkische Gebiet seiner Feinde, sondern über die Adria, so dafs auch hier Dalmatien, speziell aber Istrien, in Betracht kommt, ebenso bei seiner Reise nach Konstantinopel (ungefähr 882—884). Eine persönliche Einflußnahme Methods auf die Ausbreitung der slawischen Kirchensprache an der Adria ist daher sehr wahrscheinlich; nicht umsonst donnerten bald darauf die dalmatinischen Bischöfe gegen den »Häretiker« Method. In den südlichen Grenzgebieten breitete sich das Werk der Slawenapostel vom bul- garischen Reich aus und erfreute sich seit dem Kaiser Basilios wohl auch schon der Förderung von Byzanz, während nach Istrien und Liburnien tatsächlich auch Flüchtlinge aus Pannonien gekommen sein können. Eine noch nicht genügend aufgeklärte Rolle spielt bezüglich der slawischen Liturgie auch das Patriarchat Aquileja, das mit Hilfe von Byzanz namentlich unter den Slawen an Bedeutung zu gewinnen suchte. Speziell auf den Patriarchen Walpert (875-901) stützte sich Photios, um die südlichen Westslawen zu gewinnen. Auch in der Folgezeit erfreute sich die slawische Liturgie von Seiten des Patriarchats Aquileja zu mindestens einer besonderen Duldung, denn es ist kein Zufall, dafs sie sich in der katholischen Kirche nur auf dem Boden seines Primates erhalten hat. Von der grofsen Ausbreitung der slawischen Liturgie an der adriatischen Küste zeigt der im 10. und 11. Jahrhundert gegen sie geführte heftige Kampf. Rom und Byzanz hatten sich bald wieder ausgesöhnt und der Metropolit von Spalato wurde mit seinen Bischöfen abermals ein Sohn der römischen Kirche. Unter solchen Umständen konnte die Nebenbuhlerschaft des Bischofs von Kroatien, des natürlichen Beschützers der slawischen Liturgie, und des Metropoliten von Dalmatien nicht weiter bestehen, und die dalmatinischen Bischöfe, die nicht blofs auf ihre Städte beschränkt sein wollten, erklärten der kroatischen Nationalkirche den Krieg, wobei ihnen die slawische Liturgie als Kampfobjekt sehr zustatten kam. Johannes X. stellte sich auf die Seite der Bischöfe und hatte — vielleicht ohne seine Schuld — schon so wenig Kenntnis von den Anschauungen und Taten seines Vorgängers, Johannes VIII., dafs er in einem Schreiben an den Erzbischof von Spalato (925) über eine »andere Lehre« Methods, den er unter den heiligen Schriftstellern nicht finde, Klage führt und dem kroatischen König Tomislav in dem an ihn und den Fürsten Michael von Chulm (Herzegowina) gerichteten Schreiben (echt? vgl. 3») Vorwürfe macht, weil er am Gottesdienst in »barbarischer oder slawischer Sprache« Gefallen finde. Die wichtigsten Beschlüsse der Synode von Spalato, welche der Krönung Tomislavs folgte (925), dürfen daher nicht überraschen: der Bischof von Nona wurde dem Metropoliten von Spalato untergeordnet und es wurde bestimmt, dafs kein Bischof einen Priester mit slawischer Sprache ordinieren dürfe; eine Ausnahme wurde nur für Kleriker und Mönche gemacht und ebenso das Lesen slawischer Messen im Falle des Priestermangels, aber auch nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Papstes gestattet. Dieser Kanon (X) wurde unter grofsem Widerspruch der Minorität angenommen, deren Protest der Bischof von Nona in Rom persönlich Nachdruck verlieh. Johannes X. bestätigte in der Tat den Artikel nicht, doch wurde unter seinem Nachfolger Leo VI., infolge einer neuen Synode von Spalato (928), das Bistum Nona geopfert. So verlor die slawische Liturgie zwar ihre stärkste Stütze, wurde aber immerhin stillschweigend geduldet. Die scheinbar schwächliche Haltung Tomislavs und seiner Nachfolger ist nicht blofs durch die Willfährigkeit gegenüber Rom, dem verschiedene Belohnungen zu Gebote standen, sondern auch durch Opportunitätsrücksichten gegenüber den dalmatinischen Bischöfen zu erklären, denn die Könige mufsten die Herrschaft über ganz Dalmatien anstreben, was sie auch erreichten. Vom heutigen nationalen Standpunkt war ihr oft verurteiltes Mafshalten kein so grofses Unglück, vielmehr wurde dadurch, dafs keine allzu starke Mauer zwischen der slawischen und romanischen Bevölkerung aufgeführt wurde, die allmähliche Slawisierung der dalmatinischen Städte sehr gefördert, so dafs Dalmatien das einzige Beispiel eines Vordringens des slawischen Elementes im späteren Mittelalter nach Westen bildet. Die Gegnerschaft gegen die slawische Liturgie blieb natur-gemäfs bestehen und ihre Diener mufsten sich manche Zurücksetzung gefallen lassen. Die kritischeste Zeit kam jedoch für sie während der grofsen Kirchenreformen unter Gregor VII., der schon die Politik Nikolaus II. und Alexanders II. leitete. Unter Nikolaus II. folgte der Krönung des mächtigsten kroatischen Königs, Peter Kresimir, abermals eine feierliche Synode der Prälaten von Dalmatien und Kroatien in Spalato (1059/60), welche nach dem Berichte des Thomas Archidiakonus die vollständige Ausrottung der slawischen Liturgie beschlossen haben soll. Zur Begründung wurde angeführt, dafs die »gotische Schrift« ein gewisser Methodius, ein Häretiker, erfunden und in slawischer Sprache viele Lügen gegen den katholischen Glauben niedergeschrieben habe, weshalb er von der göttlichen Vorsehung mit einem plötzlichen Tod bestraft worden sei! Mag auch der leidenschaftliche Parteigänger der lateinischen Bischöfe manches übertreiben, doch die von ihm gemeldeten Beschlüsse sind wahrschein- lieh, denn sie entsprechen vollständig den Einheitsbestrebungen Roms, denen gleichzeitig die lateinische Liturgie des heiligen Ambrosius in der Kirche von Mailand und die ebenfalls lateinische mosarabische Liturgie in Spanien zum Opfer gefallen sind. Dazu kommt die Tatsache, dafs Gregor VII. dem böhmischen Fürsten Vratislav, in dessen Reich die slawische Liturgie noch im Sazava-kloster fortvegetierte, die Bitte um allgemeine Bewilligung derselben rundweg als vana temeritas abschlug (1080). Und dennoch wurde für die Kroaten auch um diese Zeit eine Ausnahme gemacht! Eine grofse Gärung im Volke und Unruhen (speziell auf Veglia) bestimmten offenbar Alexander II., dafs er die Beschlüsse der erwähnten Synode milderte (1061 oder 1062), denn er verbot aufser Priesterehen und der Bart- und Haarpflege nur die Ordination solcher Slawen, die nicht lateinisch lesen und schreiben gelernt haben (nisi latinas litteras didicerint)84), was den Dienern der slawischen Liturgie bei ihrer Isolierung nur nützlich sein konnte, für jene Zeit aber immerhin eine harte Mafs-regel bedeutete. Auch Gregor VII. wagte also an den Grenzen des byzantinischen Einflusses keine gefährlichen Experimente, vielmehr wurde unter seiner Regierung auf der Synode von Spalato (1075) sogar das Bistum Nona, das allerdings jetzt keine besondere Wichtigkeit hatte, feierlich wieder hergestellt. Trotz gegenteiliger Behauptungen ist daher der Gebrauch der slawischen Liturgie am Adriatischen Meere nach den vorliegenden Quellen nie verboten, aber bis zum 13. Jahrhundert auch nicht anerkannt worden, bildete daher nur ein Gewohnheitsrecht 85). Das beweist auch die erste ausdrückliche Anerkennung aus dem Jahre 1248 durch Innocenz IV. Der damalige Bischof von Zengg, Philipp, kam als Lateiner in einem Bistum, in welchem der slawische Gottesdienst allgemein üblich war, in grofse Verlegenheit und wandte sich an den Papst mit der Bitte, dieser Sitte in slawischen Landen (in Slavonia) folgen zu dürfen. Der grofse Kanonist erteilte ihm diese Bewilligung ohne Bedenken mit der Bestimmung sin illis dumtaxat partibus ubi de consuetudine observantur praemissa«. Innocenz IV., der wegen seiner Unionsbestrebungen mit den damaligen slawischen Herrschern Beziehungen anknüpfte, hätte gerade im Interesse seiner Sache auch eine weitergehende Verfügung treffen können; aber er hielt sie offenbar nicht für notwendig. Charakteristisch ist auch die Behandlung eines ähnlichen Gesuches der Benediktiner von Castelmuschio (slaw. Omisalj), das er einfach dem zuständigen Bischof von Veglia zur Erledigung abtrat (1252)86). Aus der erwähnten Korrespondenz erfährt man weiter, dafs die Anhänger der slawischen Liturgie bis zum 13. Jahrhundert bereits alles getan hatten, um sie in den Augen ihrer Gegner und Roms unbedenklich zu machen. Die genannten Benediktiner petitionieren um die Bewilligung des Gottesdienstes »in slawischer Schrift nach dem Ritus der römischen Kirche, wie ihn sie und ihre Vorgänger zu beobachten pflegten«. Der griechische Ritus, welcher mit dem Werk der Slawenapostel auch zu den Kroaten gekommen war, konnte in Dalmatien ursprünglich zwar keinen Anstois erregen, da er daselbst lange üblich war und noch die Synode von 1059 die griechische Sprache neben der lateinischen für zulässig erklärt hatte, doch im Laufe der Zeit war eine Anpassung der slawischen Liturgie an den römischen Ritus geboten. Übrigens waren derartige Bestrebungen sehr alt, da sie wahrscheinlich bis auf Methods Zeiten zurückgehen (S. 52—53). Dementsprechend wurden allmählich auch Änderungen an dem Texte der Kirchenbücher nach der Vulgata vorgenommen. Philologische Untersuchungen zeigen in der Tat, dafs die uns bekannte Redaktion der kroatisch-glagolitischen Kirchenbücher im 13. Jahrhundert bereits vorhanden war; auch die dialektischen Merkmale der serbokroatischen Sprache hatten schon bis zu dieser Zeit Eingang gefunden. Nichtsdestoweniger bewahrten auch diese Kirchenbücher das echte literarische Erbe der Slawenapostel. Ihre Bedeutung für textkritische und sprachgeschichtliche Untersuchungen ist allerdings noch nicht genügend gewürdigt worden. Die Gegner der slawischen glagolitischen Schrift, welche ihren Erfinder Method (!) als Ketzer erklärten, wurden sogar übertrumpft mit der Entdeckung der slawischen Priester, dieselbe stamme vom heiligen Hieronymus, dem grofsen, aus Dalmatien gebürtigen Kirchenvater, worauf schon Innocenz IV. mit einiger Skepsis Bezug nimmt. Dafs auch bei den Kroaten ursprünglich die runde Glagolica üblich war und erst allmählich einen eckigen Charakter annahm, ist schon erwähnt worden (S. 48). Die Inschrift der Kirche der heiligen Lucia bei Baska auf der Insel Veglia, die in das Jahr 1100 verlegt wird und das älteste Denk- mal der serbokroatischen Sprache repräsentiert, weist noch entschieden runde Buchstaben auf, doch macht sich der Einflufs der lateinischen Schrift, deren Stilentwicklung dann auch die »eckige kroatische« Glagolica folgte, schon durch die Herübernahme zweier lateinischer M (mit eckigem Charakter) neben dem glagolitischen Zeichen bemerkbar. Von den ältesten Denkmälern der altkirchenslawischen Sprache wird die Abschrift eines Evangeliums (Codex Marianus) aus dem 10. Jahrhundert und der Homilien des Glagolita Clozianus (aus dem 11. Jahrhundert) auf kroatischen Boden verlegt. Das letztere, wahrscheinlich auf der Insel Veglia geschriebene Denkmal ist jedoch in Bulgarien übersetzt worden (vgl. S. 68); dafs Beziehungen mit dem slawischen Süden über Makedonien und Bosnien vorhanden waren, beweisen verschiedene, einen Ubergangstypus repräsentierende Denkmäler (vgl. S. 48). Selbständige Übersetzungen sind uns erst aus der folgenden Periode bekannt. Aus dem Zeitalter der ältesten böhmischen, polnischen und russischen Chroniken stammt auch die älteste erhaltene südslawische des Presbyters von Dioklea (pop dukljanski, Presbyteri Diocleatis Regnum Slavorum), der sie um die Mitte des 12. Jahrhunderts für seine Mitbrüder des nach Antivari übertragenen Erzbistums Dioklea lateinisch schrieb. In dieser Chronik ist noch die Erinnerung an die kroatische Herrschaft im alten Dalmatien von Istrien bis Durazzo (Croatia alba, Weilskroatien auf dem Gebiete der Kirche von Salona, Croatia rubea, Rotkroatien, auf dem von Antivari) lebendig, wo sie im Süden auf überwiegend serbischen Gebiet mit der bulgarischen zusammenstiefs. Der erste allgemeine Teil (bis Kap. 19) über die Schicksale Dalmatiens seit dem Ende des 5. Jahrhunderts, voll von Gothomanie (libellus Gothorum quod latine Sclavorum dicitur regnum) und geschichtlich fast wertos, ist aus dem Slawischen (ex sclavonica littera) übersetzt, so dafs wir auch aus dem Westen der Balkanhalbinsel den Beweis für die Existenz slawischer Chroniken besitzen. Die Fortsetzung des Presbyters von Dioklea, welche nur das südliche Dalmatien und Rascien (d. i. das alte Serbien) zum Gegenstande hat, bringt auch viel Sagenhaftes, besitzt aber Wert für die Geschichte und Geographie dieser Gebiete im 11. und 12. Jahrhundert. Der Verfasser stützt sich hier auf »wahrhafte Berichte« der Väter (patres) und Ältesten (antiqui seniores), schildert in der Tat demokratische slawische Zustände und benützt für die Geschichte des vom bulgarischen Zaren Vladislav treulos ermordeten heiligen Vladimir, der über Montenegro und das nördliche Albanien herrschte, auch eine geschriebene Quelle (über gestorum), die man ebenfalls für slawisch hält, was aber nicht so sicher ist. In ähnlicher Weise wurde das ursprüngliche »Gothenbüchlein« für das mittlere und nördliche Dalmatien im 13. oder vielleicht zu Anfang des 14. Jahrhunderts ergänzt. Diese Chronik wurde in einer aus der Krajina bei Spalato stammenden kroatischen Fassung, deren Originalität aber fraglich ist, von dem berühmten Humanisten und kroatischen Dichter Marko Marulic frei ins Lateinische übersetzt (1510) und 1546 angeblich wortgetreu aus einem »alten« Exemplare in »kroatischer Schrift« abgeschrieben (von J. Kaletic in Omis). Es ist jedoch sehr fraglich, ob dabei an ein glagolitisches Original zu denken ist, denn unter kroatischer Schrift verstand man gerade in der betreffenden Gegend auch die cyrillische, wie das Statut von Poljica beweist; auf jeden Fall ist diese kroatische Chronik nicht altertümlich, vielmehr stimmt ihre Sprache zur Zeit ihrer Abschrift. Beachtenswert ist aber darin der patriotische Schmerz über den Untergang des kroatischen Staates und die Anschauung, dafs der heilige Konstanz, d. i. Konstantin - Cyrill, das kroatische Schrifttum begründet und die Kirchenbücher kroatisch übersetzt habe (im lateinischen Text: lingua sclavonica). Dieses Zeugnis beweist, dafs den Kroaten bis zum 16. Jahrhundert das Bewufstsein für die Herkunft ihrer Kirchensprache nicht verloren gegangen ist. Einen gröfseren Wert als für die Geschichte haben beide Chroniken für die Litteraturgeschichte, denn sie bieten uns die ältesten mündlichen Traditionen der Kroaten und Serben, so dafs man stellenweise epische Volkslieder vor sich zu haben meint; poetisch ausgeschmückt ist auch die schöne Episode von der Tochter des bulgarischen Zaren Samuel, Kosara, die sich in den von ihrem Vater eingekerkerten, bereits erwähnten Vladimir verliebt, dessen Freilassung erwirkt und seine Schicksale als Gattin teilt. Ebenso haben beide Chroniken ihre Sagengeschichte den dalmatinisch-ragusanischen Dichtern und Schriftstellern und einzelne Stoffe sogar neueren Poeten vermittelt. Wie sehr die allgemeine Litteratursprache des Abendlandes auch bei den dalmatinischen Slawen frühzeitig zur Geltung kam, zeigt die Tatsache, dafs alle erhaltenen Urkunden der kroatischen Fürsten und Könige auch aus der Zeit der nationalen Dynastie in lateinischer Sprache geschrieben sind. VII. SchluObetrachtungen über das altkirchenslawische Schrifttum. Erst südlich der Sawe und Donau hatte also die von Cyrill und Method in Mähren und Pannonien ausgestreute Saat reiche Früchte getragen, denn der von ihnen zur Kirchen- und Schriftsprache erhobene südslawische Dialekt fand im Laufe des 10. und 11. Jahrhunderts dauernde Ausbreitung fast bei allen Balkanslawen; nur die romanischen Städte des alten Dalmatien und teilweise auch ihre slawischen Gebiete, namentlich die des Erzbistums Ragusa, dem auch die Anhänger der römischen Kirche in Bosnien (samt der späteren Herzegowina) Untertan waren, entzogen sich diesem Einflufse; überdies machte die römische Kirche mit ihrem Latein erst im Laufe der Zeit auch Rückeroberungen. Noch wichtiger aber ist die Tatsache, dafs die slawische Liturgiesprache mit ihrer Litteratur mehr als 100 Jahre nach ihrer Begründung über Byzanz auch nach Rufsland gebracht wurde; noch lange bezogen die Russen die litterarischen Erzeugnisse der Bulgaren und Serben, umgekehrt sind aber russische seit dem 13. Jahrhundert auch im Süden, speziell in Serbien, nachweisbar; besonders durch die grofse Mönchsrepublik auf dem Athos, die eine Zentralbibliothek der orthodoxen Welt bildete, und durch die Klöster von Konstaninopel wurde ein solcher Wechselverkehr gefördert. So hatten ursprünglich Bulgaren, Serben, Russen und auch ein starker Teil der Kroaten dieselbe Schriftsprache, die aber bei ihrer grofsen Ausbreitung natur-gemäfs lokale Eigentümlichkeiten in den Lauten (hauptsächlich kommt die Vertretung der Nasale und der Halbvokale in Betracht), Formen und im Wortschatz annehmen mufste, so dafs wir schon seit dem 11. Jahrhundert kirchenslawische Handschriften bulgarischer, russischer, serbischer und kroatischer (hier bildet den Unterschied nur die Schrift) Redaktion und im Laufe der Zeit noch verschiedene Schreiberschulen innerhalb derselben unterscheiden können. Diese litterarische Einheit erhielt jedoch einen grofsen Rifs schon im 11. Jahrhundert, als die Kirchenspaltung zwischen Rom und Byzanz zur vollendeten Tatsache wurde. Äufserlich machte er sich schon dadurch bemerkbar, dafs nur die Kroaten an der ursprünglich slawischen, d. i. glagolitischen Schrift, deren Spuren wir noch lange auch in Serbien und Bosnien verfolgen können, festhielten (speziell in der Kirche) und nur teilweise den Ubergang zur cyrillischen mitmachten. Abgesehen von diesem Fortschritt wurde aber das Übergewicht von Byzanz auf allen übrigen Gebieten des kirchlichen, staatlichen und kulturellen Lebens geradezu verhängnisvoll, denn infolgedessen wurden auch die Südslawen und sogar die Kroaten und Serben durch zwei Kulturwelten gespalten und in den leidenschaftlichen Kampf zwischen Rom und Byzanz hineingezerrt. Von der Stellungnahme zu diesen Folgeerscheinungen wird auch die Würdigung der Bedeutung des altkirchenslawischen Schrifttums vielfach beeinflufst. Es unterliegt keinem Zweifel, dafs durch die slawische Kirchensprache die Ausbreitung und Stärkung der christlichen Zivilisation ungemein gefördert wurde. Durch sie erhielten die Südslawen einen bedeutenden Vorsprung vor den übrigen Balkanvölkern, den Albanesen, den Aromunen und Rumänen; an ihr fand ihre staatliche Unabhängigkeit'eine kräftige Stütze. Den Bemühungen der Slawenapostel und ihrer Jünger haben wir die verhältnismäfsig frühzeitige und ungemein umfangreiche Aufzeichnung einer slawischen Sprache zu verdanken, die den Ausgangspunkt jedes Studiums aller slawischen Sprachen bildet; die ersten kirchenslawisch - öechischen Glossen fallen in das 12. Jahrhundert, eigentliche Litteraturdenkmäler in den Nationalsprachen finden wir aber in Böhmen und Polen, also in Ländern, die so innig mit dem westeuropäischen Kulturleben zusammenhingen, erst im 13. Jahrhundert, d. h. drei bis vier Jahrhunderte später. Neben der lateinischen und griechischen Sprache ist vor der Reformation in ganz Europa nur die slawische auch in der Liturgie zur Geltung gekommen; an Alter und Bedeutung ihrer litterarischen Denkmäler steht sie zwar hinter den liturgischen Sprachen des Orients (wie syrisch, koptisch, armenisch, georgisch) zurück, doch keine derselben kann sich mit ihrer un- gemein starken Verbreitung und mit dem grofsen Umfang ihrer Litteratur messen, namentlich der übersetzten, die nicht blofs für textkritische Studien der griechischen Originale von Bedeutung ist, sondern uns manche sogar allein erhalten hat. Dieser Über-setzungslitteratur kann man auch trotz aller ihrer Schwächen die Bewunderung nicht versagen, wenn man bedenkt, wie lange die lateinische Kirche brauchte, um reden zu lernen, und wie hoch man z. B. Tertullian das Verdienst anrechnet, dafs er eine lateinische theologische Sprache geschaffen hat; für die theologischphilosophischen Silbenstechereien, das weitschweifige Pathos und den leeren, geschnörkelten Wortschwall der Byzantiner war es in der Tat nicht leicht den entsprechenden slawischen Ausdruck zu finden. Dagegen ist es verkehrt, von einem besonderen slawischen Kulturtypus neben dem griechischen und lateinischen des Mittel alters zu sprechen, dessen Schwäche man übrigens selbst zugeben mufs87), während es andere beklagen, dafs sogar die Kultur des Zeitalters Symeons keinen nationalen Charakter trug und deshalb dem Volke fremd blieb; die Slawen haben in Wirklichkeit einfach die durch fortwährende Orientalisierung entstellte griechische Kultur von Byzanz übernommen und in dieses Erbe nur wenig Neues nnd Beachtenswertes hineingetragen. Was aber den Byzantinismus anbelangt, so berufen wir uns auf einen solchen Kenner und Liebhaber der byzantinischen Bildung wie K. Krumbacher88), der sogar von ihrer Blütezeit im 12. Jahrhundert sagt, dafs sie an einem unheilbaren Übel krankte: »ihr fehlt die Frische des Lebens, die erhaltende, umgestaltende und stets Neues erzeugende Kraft der Natur; sie gleicht mehr einer sorgfältig hergerichteten Mumie als einem lebendigen Organismus«. Und selbst von dieser Mumie holten sich die jugendlichen Slawen nur Stücke einer ausschliefslich kirchlichen, speziell mönchischen Bildung. Das Unglück wurde aber noch dadurch vermehrt, dafs die grofse Mehrzahl selbst der gebildeten Südslawen, von den Russen gar nicht zu reden, den Zusammenhang sogar mit dieser Quelle verlor, weil die Kenntnis des Griechischen wenig verbreitet war; die geistigen Errungenschaften des Okzidentes blieben aber dem slawischen Orient ohnehin fremd, da die Byzantiner ihre Abneigung gegen die »Lateiner« auch ihm mitgeteilt haben. Wie ganz anders gestalteten sich die Verhältnisse im Abend- lande! Hier verlor man infolge der allgemeinen Verbreitung der lateinischen Sprache nie den Zusammenhang mit dem klassischen Altertum, sie ermöglichte eine Renaissance desselben schon im Mittelalter, brach gerade die kirchliche Exklusivität und legte im Zeitalter des Humanismus die Gründlagen zur gesamten modernen Kultur. Trotz der Alleinherrschaft des Lateins in der Kirche, im öffentlichen Leben und in der Wissenschaft erhielten die Sachsen schon vor, die Franken aber zur Zeit Cyrills religiöse Epen (Heliand, Otfrids Evangelienbuch) mit nationalen Zügen und im ganzen Abendlande erblühte die Lyrik und das romantische Epos des Rittertums. Der gröfsten Dichtung des Mittelalters, Dantes Divina Comedia, können wir nur Übersetzungen ihrer Elemente, der Apokryphen, entgegenhalten und uns als Philologen damit trösten, dafs die orientalischen Fassungen der Apokryphen und der Prosaerzählungen den ursprünglichen Charakter besser bewahrt haben. Noch anschaulicher wirken Beispiele aus der' Kunstgeschichte: man vergleiche nur eine Madonna Rafaels mit einer byzantinischen Ikone, wofür Motive, Behandlung und Technik durch Malbücher (russisch: podlinniki) geradezu kanonisch festgesetzt waren. Was die orthodoxen Slawen versäumten und was sie hätten leisten können, zeigt gerade auf einem kleinen südslawischen Gebiete, das in fortwährender Berührung mit Italien stand, die bedeutende dalmatinisch-ragusanische Litteratur der Renaissance. Wer nicht durch religiöse und nationale Vorurteile befangen oder durch allzugrofse, philologische Liebhaberei, die auf den Inhalt keine Rücksicht nimmt, geblendet ist, mufs gestehen, dafs die kirchenslawische Sprache allmählich aus einem Segen zum Fluch der orthodoxen Slawen wurde, denn im Laufe der Jahrhunderte war sie immer mehr ein Organ des Stillstandes und Rückganges, und jeder Fortschritt der Nationalsprachen und einer wirklichen slawischen Kultur auf Grundlage der allgemein europäischen wurde nur durch den Kampf gegen sie und durch ihre endgültige Zurückdrängung in die Kirche, durch die Emanzipation vom Orient und durch die Annäherung an den Okzident erreicht. Die Aufdeckung und Schilderung dieses Umwandlungsprozesses, der schon im mittelalterlichen Serbien besonders auf dem Gebiete der materiellen Kultur beginnt, spielt daher eine wichtige Rolle auch in der südslawischen Litteraturgeschichte. VIII. Die Litteratur des zweiten bulgarischen Reiches (Mittelbulgarische Periode). Am Ausgang des 12. Jahrhunderts erhielt die kirchenslawische Litteratur eine neue Stütze in den slavischen Balkanstaaten, denn Manuel I. Komnenos (1143—1180) war der letzte Kaiser von Byzanz, welcher den Versuch unternahm, die Balkanländer zu Provinzen seines Reiches zu machen und 1167 sogar Syrmien, Bosnien und Dalmatien bis auf Zara und die Inseln noch einmal dem oströmischen Reiche unterordnete; nach seinem Tode wurde jedoch die Mehrzahl der Balkanslawen für immer vom politischen Joch der Byzantiner befreit. Es ist begreiflich, dafs sich die Schwäche des seinem Untergange entgegengehenden byzantinischen Reiches anfangs am meisten jenes Volk zu nutze machte, das auf eine ruhmvolle staatliche und kulturelle Vergangenheit zurückblicken konnte. Abermals entstand (1186) ein bulgarisches Reich zwischen der Donau und dem Haemus, das seinen Mittelpunkt in Trnovo (Tirnowa), der Wiege der alten SiSmaniden, hatte. Aus dieser, an der Jantra herrlich gelegenen Stadt, stammten die Brüder Peter und Joann As€n, Nachkommen der alten Bulgarenzaren, die sich an die Spitze der durch die finanzielle Ausbeutungspolitik zur Empörung getriebenen Bulgaren und Wlachen (Rumänen) stellten. Peter wurde zum Zaren der Bulgaren und Griechen gekrönt, so dafs also schon im Titel die alten Eroberungspläne wieder auflebten. Natürlich wurde in Trnovo auch ein neuer von Konstantinopel ganz unabhängiger Erzbischof eingesetzt. Um beide Würden zu internationaler Anerkennung zu bringen, wollte man nach dem Beispiel der alten Zaren bald mit Rom in Verbindung treten, aber erst dem tüchtigen Feldherrn und Staatsmann Kalojan gelang es alle Hindernisse zu überwinden, so dafs er 1204 von einem päpstlichen Legaten gekrönt und sein Erzbischof Vasil zum Primas von Bulgarien geweiht wurde. Der Innocenz III. dafür bezahlte Preis einer Union mit Rom war nicht grofs, denn abgesehen davon, dafs Ritus und Dogmen davon unberührt blieben, wurden die feierlichen Gelöbnisse bald vergessen und ein Bündnis der Bulgaren mit Kaiser Vatatzes von Nikäa gegen die Lateiner von Konstantinopel hatte zur Folge, dafs 1235 der byzantinische Patriarch Germanos mit Zustimmung der Patriarchen von Jerusalem, Antiochia und Alexandria die feierliche Erhebung des Erzbischofs von Trnovo zum Patriarchen anerkannte. Die Diözese des neuen bulgarischen Patriarchen war nicht gering, denn nach früheren Eroberungen im Südwesten von Moesien wurden vom Zaren Joann As6n II. (1218—1241), unter dem das zweite bulgarische Reich die gröfste Blüte erreichte und alle drei Meere berührte, ganz Thrakien und Makedonien (nach der Schlacht von Klokotnica 1230) abermals bulgarisch. Auch Branicevo, Belgrad, Nis, Pristina und Skopje gehörten einige Zeit wieder zur bulgarischen Kirche; nur die autokephale Kirche von Ochrida, die ihre Rechte vor Konstantinopel dadurch behauptete, dafs sie vorgab, eine Gründung des Kaisers Justinian (Justiniana Prima) zu sein, wurde auch von den Bulgaren nicht angetastet, als sie zu Anfang des 13. Jahrhunderts zweimal unter ihre Herrschaft kam. Bulgarien erreichte, allerdings nur vorübergehend, fast einen Umfang, wie es ihn unter Symeon hatte; die Nachfolger AsSns II. konnten jedoch die thrakischen und makedonischen Eroberungen gegen Byzanz und namentlich gegen das aufsteigende Serbien nicht mehr halten. Neben äufseren Feinden schwächten Dynastiewechsel (1257, 1323), byzantische Intriguen in der Hauptstadt, Bürgerkriege, tatarische Fremdherrschaft, religiöse Wirren, schwache Herrscher und zuletzt eine Teilung das ohnehin eingeschrumpfte Reich. Als die Türken 1365 ihre Residenz aus Asien nach Adrianopel verlegten, gab es in Bulgarien drei uneinige christliche Herren. Der letzte Zar von Trnovo Joann Sisman III. wurde schon ein türkischer Vasall (seit 1375), da er von allen Seiten verlassen war, und mit der Erstürmung seiner Hauptstadt im Jahre 1393 ging der erste christliche Balkanstaat vollständig im Reiche der Osmanen auf. Nach der Schlacht von Nikopolis (1396), in welcher das Heer des ungarischen Königs Sigismund vernichtet wurde, verschwand auch der Rest Bulgariens, das Reich von Btdyn (Widdin), dessen letzter Zar Sracimir sofort89) (nicht 1398) weggeführt wurde. Die bulgarische Kirche lieferten die Türken dem Patriarchen von Konstantinopel aus; für das Reich von Btdyn war ihnen darin Joann Sracimir, der von seinem Bruder in Trnovo auch kirchlich unabhängig sein wollte, schon vorausgegangen (1381)! Murko, Geschichte der südslawischen Litteraturen. 8 Für das geistige Leben der Bulgaren und orthodoxen Slawen überhaupt war der zweihundertjährige Bestand des zweiten bulgarischen Reiches von keiner geringen Bedeutung. Durch die nationale Hierarchie stieg vor allem das Ansehen und die Verbreitung der kirchenslawischen Sprache, die natürlich auch im staatlichen Leben wieder zur Herrschaft gelangte. Ihr festes Gefüge hatte jedoch durch die Unterbrechung des litterarischen and höheren sozialen Gebrauches gelitten, denn die Volkssprache, deren Entwicklung ja nicht stillstand, machte nun ihren Einflufs geltend; namentlich ging der regelrechte Gebrauch zweier Nasale, der die Denkmäler der altbulgarischen Periode auszeichnet, verloren; dieses und andere Merkmale sind charakteristisch für die »mittelbulgarische« Periode, deren Litteratur sich inhaltlich zuerst ganz in dem alten Geleise fortbewegte. Ein zweiter Symeon war ihr jedoch nicht beschieden, denn nicht einmal der ihm am meisten ähnliche Asen II. liefs kenntlichere Spuren zurück; erst in dem letzten unabhängigen und noch das ganze Reich beherrschenden Zaren Joann Alexander (1331 —1365 oder 1371), den der mönchische Schreiber des Psalters aus dem Jahre 1337 als Krieger mit Alexander dem Grofsen und als Glaubensbeschützer mit Konstantin vergleicht, erhielt sie einen mächtigen Förderer. Den stärksten geistigen Aufschwung erlebte das zweite bulgarische Reich überhaupt, als es schon seinem Ende entgegenging und bereits Vasall der Türken war, und lieferte in dem letzten Patriarchen von Trnovo, Euthymij, auch den bedeutendsten Schriftsteller der ganzen mittelbulgarischen Periode. Die beachtenswerten Strömungen der letzten Jahrzehnte waren jedoch eine Folge des innigsten Anschlusses an die zeitgenössischen Griechen, was für die nationale Kultur kein besonderes Glück war, unter den obwaltenden Umständen aber immerhin einen Fortschritt bedeutete. Die Bulgaren zeigen unter allen Balkanslawen auch während dieser ganzen Periode die stärkste kulturelle Abhängigkeit von Byzanz. Dies äufsert sich schon in der stärkeren Autokratie und in einer weitgehenden Zentralisation. Die Hauptstadt Trnovo war nicht blofs der Sitz des Zaren, Patriarchen und der Boljaren, sondern auch das einzige Kulturzentrum, denn in seiner Umgebung befanden sich auch die zahlreichen Klöster und das bulgarische Zographukloster auf dem Athos spielte im geistigen Leben der Bulgaren durchaus nicht jene dominierende Rolle wie das Chilandarkloster bei den Serben. Auch die nationalen Heiligtümer waren in Trnovo zentralisiert, denn schon der Wiederhersteller des Reiches, As€n I., liefs die Reliquien des heiligen Joann von Ryla aus Sofia dahin bringen, »der gröfseren Ehre und Befestigung des Zarenreiches wegen«, wie Euthymij in seiner Bearbeitung der Legende des Heiligen ganz richtig hervorgehoben hat; Kalojan erbeutete solche Palladien in thrakischen und makedonischen Städten und Asen II. holte sich die Reliquien der heiligen Paraskeva (slawisch Petka) mit Erlaubnis der Franken aus dem Küstenort Epivatas in der Nähe von Konstantinopel. Diese Ereignisse waren fü r die Litteratur bedeutungsvoll, weil sie den Anlafs zu den wenigen originellen Leistungen der einheimischen Schriftsteller boten. Noch dem letzten bulgarischen Teilfürsten Joann Sracimir von Btdyn verdanken wir drei solche Arbeiten, da er sich nach dem Falle von Trnovo von den Türken sofort die dortigen Reliquien der heiligen Philothea und Theophano erbat. Besonders charakteristisch ist in dieser Hinsicht das Schicksal der Reliquien der heiligen Paraskeva (Petka), die aus Trnovo auf kurze Zeit noch nach Widdin, dann zu den Serben nach Belgrad, wo die heilige Petka geradezu eine serbische Heilige wurde, 1521 nach Konstantinopel und 1641 nach Jassy wanderten, so dafs es eine weitverzweigte Paraskevalitteratur bei Griechen, Slawen und Rumänen gibt. Mit dem Niedergang Bulgariens stieg im Lande der Byzantinismus so wie in Serbien. Die Zaren wurden nach aufsen immer machtloser, die Zahl ihrer Epitheta aber immer gröfser und ihre Urkunden — es sind ihrer sehr wenig erhalten, in Bulgarien selbst nur eine einzige — bringen nach langen Einleitungen immer mehr hochtrabende Phrasen wie die der byzantinischen Kaiser. Am stärksten zeigt sich aber die Abhängigkeit auf religiös-geistigem Gebiet. Zwischen Byzanz und Bulgarien gab es ja immer einen regen Wechselverkehr in bezug auf religiöse Strömungen, was unter anderem auch die Geschichte des Bogomilismus lehrt. Dieser Zusammenhang wurde trotz aller politischen Feindschaften durch die Herrschaft der Lateiner in Konstantinopel, durch die unpopulären Unionsbestrebungen der Päpste und byzantinischen Kaiser und durch die Türkengefahr in den Kreisen der Geistlichkeit, in der Mönchswelt und in den 8* Volksmassen, deren Bildung besonders darniederlag, immer mehr befestigt. Bezeichnend ist die durchaus glaubwürdige Nachricht des Kaisers und Geschichtsschreibers Johannes Kantakuzenos, dafs bei der Ankunft seiner Gesandten im Jahre 1351 die Bürger von Trnovo in einstimmige Rufe ausbrachen, dafs man alles nach seinem Wunsche tun und mit ihm in jeder Hinsicht friedliche Beziehungen unterhalten müsse, denn sonst würde ihr Zar Alexander von den Türken vernichtet werden. Andererseits hatte man in Byzanz während der Siegeslaufbahn des serbischen Zaren Dugan allen Grund, um die Freundschaft der Bulgaren zu werben. Besonders wichtig war aber der Umstand, dafs die lebhaften religiösen Kämpfe des 14. Jahrhunderts im byzantinischen Reich mit dem vollständigen Siege des mystischen Hesychastentums endeten, für das auch in Bulgarien der Boden ungemein günstig war. In der Geschichte des Bogomilismus wurde schon erwähnt, wie stark diese Sekte im bulgarischen Volk verbreitet war und durch die griechische Herrschaft nur neue Nahrung erhielt. Im zweiten bulgarischen Reich liefs zwar Zar Boril auf einer Synode 1211 die hartnäckigen Bogomilen verbannen und über ihre Lehre das Anathema aussprechen, sonst herrschte aber im Lande eine grofse religiöse Toleranz, namentlich unter dem mächtigen Asen II. Als jedoch schwere Zeiten über Bulgarien hereinbrachen, genügte der Bogomilismus ebensowenig wie der geistliche Formalismus und die Konzentrierung der Aufmerksamkeit auf den äufserlichen Ritualismus der offiziellen Kirche; populär wurde der vom Athos ausgehende und aus dem Orient stammende Mystizismus, dessen Urheber und bedeutende Vertreter vorübergehend persönlich unter den Bulgaren wirkten. Der aus Kleinasien gebürtige Begründer des Hesychastentums auf dem Athos, der auf dem Sinai Mönch geworden war, Gregorios Sinaites, suchte gegen Ende seines Lebens Schutz vor Türken und Räubern bei dem Zaren Joann Alexander, der ein grofser Gönner der Mönche auf dem Berge Paroria (an der Grenze des byzantinischen und bulgarischen Reiches in der südlichen Umgebung von Jambol) war und sich seiner besonders annahm; aufser einem grofsen Turm baute er ihm eine ganze Klosterniederlassung, die er reich beschenkte, so dafs Gregorios infolge der Ungunst der Verhältnisse von seinem Ideal des Einsiedlerlebens, das er auf dem Sinai und auf Kreta geführt hatte, abkam. Für sich errichtete er in der Nähe allerdings eine besondere Zelle, um der abgeschiedenen Beschaulichkeit (Hesychia) und inbrünstigem Gebet zu leben. Bei weiterer Ausbildung seiner Lehre erschauten Athosmönche in den gesteigerten Zuständen der Verzückung, den Blick unbeweglich auf die Herzgrube gerichtet, die Strahlen der Glorie, welche Christus auf dem Berge Tabor umleuchtet hatte. Dieses ungeschaffene Licht, das eine göttliche Wirkung sei, bildete mehr die äufsere Formel für den Kampf zwischen dem Hauptwortführer der Hesychasten Gregorios Palamas, der gleichfalls aus Kleinasien stammte, und ihrem Gegner Barlaam, einem gelehrten Mönche aus Kalabrien. Von den tieferen Gründen hat den richtigsten A. Ehrhard90) hervorgehoben, dafs der Hesychastenstreit in letzter Linie den Kampf der abendländischen rationellen und nüchternen Scholastik mit der morgenländischen extravaganten, theosophischen Mystik darstellt. Es fällt jedoch auf, dafs es in dieser byzantinischen Mystik viele Analogien mit der abendländischen des 13. und 14. Jahrhunderts gibt, wobei Wechselbeziehungen nicht ausgeschlossen wären. Gregorios Sinaites lernte ja die höhere Beschaulichkeit (&stoQia) von Arsenios, einem Bewohner von Kreta, das damals den Venezianern gehörte, und sein frühester und nächster Schüler Gerasimos, der seine Lehre den Lateinern predigte und ihre Sprache vollständig beherrschte, war aus dem ebenfalls venezianischen Euböa gebürtig. Nicht umsonst beschuldigte aber Barlaam die Hesychasten des Bogomilismus, denn zwischen diesem und den byzantinischen Mystikern bestanden viel engere Beziehungen, als man bisher glaubte. Trotzdem errangen die Hesychasten einen vollständigen Sieg, weil Johannes Kantakuzenos ihren Einflufs und ihre Bedeutung für die Befestigung seiner Herrschaft ausnützte und weil ihr Gegner Barlaam als Vertreter der okzi-dentalen Richtung und Parteigänger einer Annäherung an den Papst den nationalistischen Kreisen verdächtig war. Es mufs jedoch betont werden, dafs er gerade seine Mission nach Avignon (bei dieser Gelegenheit unterrichtete er Petrarca in den Anfangsgründen der griechischen Sprache) als echter griechischer Patriot ausgeführt hat (1339). Ein vollständiges Ubergewicht erlangte das Hesychastentum auch in Bulgarien, allerdings nicht ohne Widerstand. Der bedeutendste Schüler, den Gregorios Sinaites unter den Bulgaren und Serben in den Bergen von Paroria hatte, war der Mönch Theodosij, gebürtig aus Trnovo. Er führte ein unstetes Leben in verschiedenen bulgarischen Klöstern, wie sein Lehrer, bis er bei diesem fand, was er suchte. Gregorios hatte auch an ihm Gefallen und schickte ihn zum Zaren Joann Alexander, als er sich dessen Schutz erbat. Nach dem Tode des Gregorios nahm er die Wahl zum Oberhaupte seiner Gemeinde nicht an, zog sich nach Sliven zurück, wanderte nach Thessalonike, auf den Athos und nach Konstantinopel, verweilte in Mesembria und liefs sich zuletzt auf dem Berge von Emona (jetzt Kap Eminö) hoch über den Fluten des Pontus nieder. Von Seeräubern vertrieben, fand er mit Zustimmung des Zaren Joann Alexander eine sichere Zufluchtsstätte auf dem Berge von Kilifarovo unweit Trnovo, wo er bald viele Schüler, nicht blofs aus Bulgarien, sondern auch aus Serbien, Ugrien und Wlachien versammelte. Gegen Ende des Jahres 1356 begab er sich gegen den Willen seines Patriarchen nach Konstantinopel, um sich »den Segen des Patriarchen Kallistos zu holen«; wahrscheinlich zog ihn aber sein Freund aus den Schülerjahren bei Gregorios Sinaites auf Paroria selbst dahin, am ihn als Werkzeug gegen die Selbständigkeit des bulgarischen Patriarchats zu benützen. Als nämlich die kirchlichen Fragen des 14. Jahrhunderts in Konstantinopel geregelt waren, warf der unnachgibige, herrschsüchtige Patriarch Kallistos die alte Frage des Verhältnisses des Patriarchats von Trnovo zu dem von Konstantinopel auf, mufste aber vorsichtig zu Werke gehen, um in der Zeit des Kampfes mit Serbien nicht den Zaren Joann Alexander zu verletzen und um eine Loslösung des bulgarischen Patriarchats von der orthodoxen Kirchengemeinschaft zu verhüten, wie eine solche der Serben gerade unter ihm stattgefunden hat. Auch Erinnerungen an den Schutz, den der Zar der Mönchsgemeinde auf Paroria gewährt hatte, mufsten eine mäfsigende Wirkung ausüben. Dafs der Mönch Theodosij, ein Antagonist des damaligen Trnovoer Patriarchen (Theodosij II.), der richtige Mann dafür war, zeigt seine nur in einer slawischen Übersetzung91) bekannte Biographie, die ihm Kallistos gewidmet hat. Theodosij wird darin im Gegensatz zu dem angeblich unwissenden, aber auf der Höhe seiner Aufgabe stehenden nationalen Patriarchen als der einzige Bekämpfer der Häresien in Bulgarien hingestellt und als Anhänger der Suprematie- bestrebungen des Patriachen von Konstantinopel verherrlicht. Am wichtigsten ist aber die Tatsache, dafs Theodosijs Hauptschüler, Euthymij, nicht blofs die Leitung seiner Gemeinde übernahm, sondern auch den Patriarchenstuhl bestieg (um 1375?). Und so wurde in der vom letzten bulgarischen Patriarchea übersetzten Anleitung zur richtigen Verrichtung der Liturgie des Johannes Chrysostomos tatsächlich der Patriarch von Konstantinopel, dessen einige Zeit gar nicht gedacht wurde, an erster Stelle genannt und sogar die übrigen orientalischen Patriarchen gingen dem von Trnovo voran. Mit dem Siege des Hesychastentums erreichte also auch der griechische Einflufs in Bulgarien den Höhepunkt92), was speziell in der litterarischen Wirksamkeit Euthymijs und der ganzen Schule von Trnovo sehr stark hervortritt. Der mit der Mystik verquickte Glaube an Visionen und Prophezeiungen förderte auch die Entwicklung der Dämonologie und des Zauberwesens, wofür in Bulgarien ohnehin der Boden besonders günstig war. In der Übersetzungslitteratur finden wir häufig Artikel dämonologischen Charakters, aber auch in den einheimischen Legenden nimmt der obligate Kampf der Heiligen mit dem Teufel einen besonders breiten Raum ein. Der Zauberei und Weissagerei wird auch ein gewisser Theodorit beschuldigt, der die vom Mönch Theodosij viel bekämpften Lehren des Barlaam und Akyndinos aus Konstantinopel nach Trnovo brachte. Ob gerade er auch die heidnische Philosophie, namentlich den Neu-platonismus, verbreitet habe, ist fraglich, aber verschiedene Spuren des Interesses für das klassische Altertum sind bemerkbar. Natürlich suchten auch die einheimischen Bogomilen im trüben zu fischen, wurden aber durch ebenfalls byzantinische Sendlinge eines entarteten Bogomilismus übertrumpft. Vom Athos kamen Lazar und Kyrill Bosota nach Trnovo. Lazar ging in Adamstracht herum und predigte die Kastrierung der Kinder, Kyrill verhöhnte die Heiligenbilder und das Kreuz und bekämpfte die Ehe. Als einen von den beiden verschiedenen Häretiker erwähnt Kallistos einen unwissenden Menschen Theodosij, der sich Mönchskleider anlegte und fastend herumvagierte. Durch seine Predigten über die Nutzlosigkeit der Ehe scharte er eine grofse Menge Frauen und Jünglinge und wenige Männer um sich; er kleidete sie alle in Mönchskutten, zog mit ihnen herum, entkleidete sich ganz und hiefs auch andere dasselbe tun. Am Abend versammelten sie sich in einem Häuschen und feierten Orgien. Mit diesen Sekten, die wie der Mystizismus offenkundige Analogien in Westeuropa (Adamiten!) haben, beschäftigte sich ein Konzil in Trnovo unter dem Vorsitz des Zaren und des Patriarchen um 1350, und ein zweites 1359/60, das auch die Rechte der Juden einschränkte, die im Vertrauen auf ihre schöne Stammesgenossin, der zuliebe der Zar Joann Alexander seine erste Frau ins Kloster gesteckt hatte, allzukühn das Haupt erhoben. Daneben gab es noch eine judaisierende Sekte, die vielleicht noch mit einer solchen in Thessalonike in den dreifsiger Jahren des 14. Jahrhunderts im Zusammenhange steht. Die beiden Konzile brachen jedoch durchaus nicht die Macht der Sekten, namentlich die der Bogomilen nicht, mit denen Euthymij neue Glaubenskämpfe zu bestehen hatte. Das einseitige Interesse an religiösen Fragen endete also in Bulgarien mit einem wahren Chaos. Byzanz hatte daran seinen redlichen Anteil, bot aber in seiner Mystik auch ein Mittel, um dasselbe in geordnetere Bahnen zu leiten. Selbst das geistige Leben Bulgariens zeigt, dafs im 14. Jahrhundert den Orient dieselben Fragen bewegten wie. den Okzident. Man kann also nicht von einem absoluten Stillstand in Byzanz um diese Zeit sprechen, mufs sich aber allerdings hüten, namentlich im bulgarischen Mystizismus einen Fortschritt in der Richtung des Individualismus, der in Westeuropa zur Renaissance und Reformation führte, zu erblicken, denn im Mystizismus gab es an und für sich auch rückschrittliche Elemente und die slawische Rückständigkeit brachte es noch mit sich, dafs selbst den führenden bulgarischen Geistern solche Äufserungen des in Byzanz sich offenbarenden Individualismus, wie der Kultus des persönlichen Ruhmes, der Freundschaft und der Liebe zur Natur, unbekannt blieben und dafs ihr Mystizismus eine einseitig asketische Richtung annahm. Bulgarien konnte aber selbst diese Früchte seines engeren geistigen Anschlusses an Byzanz nicht einmal zur Reife bringen und noch weniger ge-niefsen. Mehr Vorteil hatten davon Serbien, die Walachei mit Siebenbürgen, Moldau und namentlich Rufsland, wohin unmittelbare Schüler des Gregorios Sinaites und der Bulgaren Theodosij und Euthymij die neuen religiös-geistigen Strömungen verpflanzten. So beendete der heilige Romil93), nach Theodosij der bedeutendste bulgarische Schüler des Gregorios Sinaites, ein Mystiker von echt slawischer Weichheit, sein Leben im Kloster Ravanica in Serbien M). Obgleich die Entwicklung der kirchenslawischen Litteratur zuerst in Bulgarien unterbunden wurde und die bei den Bulgaren am längsten dauernde Ära der Türken- und Griechenherrschaft der Erhaltung des bulgarischen Schrifttums besonders ungünstig war, so besitzen wir doch aus der mittelbulgarischen Periode keine geringe Anzahl von Denkmälern, die mehr oder weniger treue Abschriften der alten Litteraturerzeugnisse, Modernisierungen derselben, zahlreiche neue Übersetzungen (aus dem Griechischen) und wenige Originalarbeiten fast durchwegs kirchlichen Charakters enthalten. Man kann bei deren Betrachtung die nicht blofs für Philologen interessante Beobachtung machen, dafs die grofse Mehrzahl in den südwestlichen Gebieten > also in Makedonien, geschrieben worden ist und dafs ihre sprachlichen und Schreibereigentümlichkeiten bis nach dem Zographukloster auf dem Athos und nach Donaubulgarien übertragen wurden. Das erklärt sich dadurch, dafs das erste bulgarische Reich am längsten in Westbulgarien dauerte, dafs die autokephale bulgarische Kirche in Ochrida trotz der,baldigen Gräzisierung ihrer höheren Hierarchie der slawischen Kirchensprache nicht entbehren konnte, dafs Makedonien die kompaktesten slawischen Volksmassen aufwies und seit den Anfängen seines slawischen Schrifttums mehr konservativ, anderseits aber mehr national blieb. Wichtig sind auch andere Tatsachen: die Schreiberschule von Ochrida führt allmählich zur serbischen Redaktion der kirchenslawischen Schriftdenkmäler hinüber und die von Zletovo oder Kratovo ist im philologischen Sinne eigentlich schon serbisch; eine Wechselwirkung zwischen dem bulgarischen und serbischen Element beginnt seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts vor den serbischen Eroberungen in Makedonien; mit der serbischen Herrschaft erlangt auch in der Litteratur das serbische Element das Übergewicht und bewahrt es am längsten. So erklärt sich das merkwürdige Mifs-verhältnis zwischen Denkmälern bulgarischer und serbischer Redaktion in den bulgarischen Bibliotheken (am schreiendsten ist es in der Synodalbibliothek in Sofia, die 107 Handschriften serbischer, 28 bulgarischer und 19 russischer Redaktion enthält) und lehrt zugleich, wie schwer und geradezu unmöglich es ist, nicht blofs Abschriften, sondern auch neue Ubersetzungen dieser Periode den Bulgaren oder Serben zuzuweisen, wenn dabei noch die bulgarisch-serbischen Grenz- und Streitgebiete in Betracht kommen. Für die alten Zeiten hat aber diese Einteilung nach der ganzen Sachlage überhaupt wenig Sinn, um so mehr als fast alle litterarischen Erzeugnisse zum Gemeingut beider Völker wurden. In Gstbulgarien knüpfte man in der Schreibweise mehr an die altbulgarische Periode an, aber am stärksten prägte das Reich von Trnovo seinen Charakter der mittelbulgarischen Litteratur erst im 14. Jahrhundert auf, besonders unter Joann Alexander und seinem Nachfolger Joann Sisman, die Schriftsteller und Schreiber protegierten, Übersetzungen bestellten und auch für eine künstlerische Ausstattung der Handschriften sorgten. Vorstellungen von der bulgarischen Kunst macht man sich hauptsächlich nach Werken, die für Joann Alexander geschrieben wurden: ein Psalter von 1337 enthält bunte Ornamente, die vatikanische Handschrift einer Übersetzung der Chronik des Manasses (nach 1345 geschrieben) und ein Tetrevangelium in London (1356) bieten aber zahlreiche Miniaturen, darunter besonders viele zur bulgarischen Geschichte. Am Hofe dieses Fürsten findet man auch die letzten Nachklänge des okzidentalen teratologischen Stiles, der im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts über Serbien nach Trnovo gelangte und in der zweiten Hälfte teilweise die nationale Teratologie in Makedonien verdrängte95), das demnach von Ostbulgarien früher in der Kunst beeinflufst wurde als in seinem Schrifttum. Besonderes Gewicht legte man schon unter Joann Alexander auf die sprachliche Richtigkeit der Texte. In der Orthographie ging man möglichst weit im Archaisieren, aber ohne tieferes Verständnis für die Feinheiten der »alten guten« Vorlagen, sonst klammerte man sich aber ganz an die griechischen Originale, so dafs es sogar zu Neuübersetzungen (eine neue »Übersetzung« des Evangeliums wird schon unter Joann Alexander erwähnt), richtiger zu einer Revision der Kirchenbücher kam; dabei war man nicht blofs auf die Übereinstimmung des Sinnes bedacht, sondern musterte auch die slawische Sprache nach der griechischen, in der man eine »Mutter« sah, sogar bezüglich der Grammatik, von der sklavischen Nachahmung der überschwenglichen Rhetorik gar nicht zu reden. Natürlich zeigt sich auch in den Originalleistungen die gröfste Abhängigkeit von den Byzantinern. Den Höhepunkt erreichte die ganze Richtung in Euthymij, dem letzten Patriarchen von Trnovo, und in der nach seinem Sitz benannten Schule. Da Euthymij einer der vielseitigsten bulgarischen Schriftsteller ist und die mittelbulgarische Periode verkörpert, so empfiehlt es sich, seine Persönlichkeit und sein Wirken im Zusammenhang zu betrachten und an die Spitze der speziellen Darstellung dieses litterarischen Zeitabschnittes zu stellen. Euthymij war ein Schüler des Theodosij, der ihm die Leitung der von ihm gegründeten neuen Klostergemeinschaft in der Nähe von Trnovo übergab und ihn auch nach Konstantinopel mitnahm, so dafs er Gelegenheit hatte, zur dortigen kirchlichen Hierarchie in Beziehungen zu treten. Nach dem Tode des Theodosij (zwischen 1367—1368) ging er nach dem Athos, um in der Athanasioslaura, in der sich fast alle bedeutenderen Hesychasten (Gregorios Sinaites, Gregorios Palamas, der Patriarch Philotheos) aufhielten, dann in einem dem Kloster Zographu gehörigen Turm Seiina (gr. 2elrjvov) frommen Übungen und gelehrten Studien zu leben. Von hier wurde er von dem 1370 aus Avignon zurückkehrenden Kaiser Johannes Palaiologos, angeblich weil er ihm als ein Mönch mit verborgenen Schätzen denunziert worden sei, nach Lemnos verbannt. Begnadigt kam er noch einmal nach Konstantinopel, liefs sich aber durch verschiedene Anerbietungen nicht zurückhalten, sondern ging nach Trnovo, in dessen nördlicher Umgebung er sich »fern vom städtischen und jeglichen anderen Gewühle« eine Höhle zum Aufenthalt wählte. Infolge Zuzugs zahlreicher Mönche entstand hier ein angesehenes Dreifaltigkeitskloster, in dem sich Euthymij vor allem der Verbesserung der slawischen Kirchenbücher widmete und die auf den Inhalt und die Form gerichteten Reformbestrebungen seinen Schülern mitteilte. Seinem grofsen Ruf hatte er die Wahl zum Patriarchen zu verdanken, die nicht früher als im Jahre 1375 und nicht später als im Jahre 1378 stattfand. In dieser hohen Stellung setzte er die Verbesserung der Kirchenbücher fort und führte sie, vom Zaren unterstützt, zum mindesten im Trnovoer Reich mit Erfolg durch (unwissenden Mönchen in Trnovo und auf dem Athos wurde das Abschreiben der Bücher verboten), hob die kirchliche Disziplin und bekämpfte die noch immer mächtigen und rührigen Bogomilen und die Irrlehren des Nestorios, Akindynos und Barlaam, sowie den Ikono-klasmus, den ein gewisser Piron aus Konstantinopel brachte und unter Mitwirkung eines Trnovoer Pseudomönches, Theodosij Fudul, verbreitete. Von allen Seiten strömten ihm Schüler zu, die dann seine Schriften und Lehren auch in die Nachbarländer trugen. Nach der türkischen Eroberung von Trnovo, an dessen Verteidigung er in Abwesenheit des Zaren in hervorragender Weise Anteil nahm, wurde er zum Tode verurteilt, dann aber nach Makedonien verbannt. Herzzerreifsend war sein Abschied jenseits des Balkans von den nach Kleinasien weggeführten vornehmen Männern und Frauen. Trost spendend und Glaubenstreue predigend starb der letzte bulgarische Patriarch unbekannt wann und wo. Über Euthymijs Revision der Kirchenbücher besitzen wir nur allgemeine Nachrichten. Jedenfalls besorgte er sofort die des Neuen Testamentes und des Psalters, wahrscheinlich aber auch die des Triodions, Oktoechos und Typikons. Seinem Lobredner Camblak zufolge wollte er Texte herstellen, welche den griechischen in sachlicher und stilistischer Beziehung besser entsprächen, denn nach der Meinung desselben Lobredners lieferten die ersten (!) Übersetzer teils infolge mangelhafter Vertrautheit mit der griechischen Sprache und Wissenschaft, teils infolge der Unzulänglichkeit der eigenen Sprache Bücher, die in bezug auf Bedeutung und Sinn der Worte mit den griechischen nicht übereinstimmten und auch nicht die erwünschte Glätte und stilistische Vollendung besafsen, überdies wegen der in ihnen zahlreich enthaltenen Irrtümer und Widersprüche mit christlichen Dogmen Anlafs zu Häresien boten. Euthymijs in mancher Hinsicht ge-wifs berechtigte Bücherrevision ist noch nicht philologisch untersucht worden, aber jedenfalls kann er sich in bezug auf die Sprache mit den ältesten Übersetzern in keiner Weise messen, denn er ahmte die griechische Sprache sklavisch nach und nahm ebenso aus der griechischen Schrift unnötige Zeichen in seine Orthographie auf. Noch in einer bulgarischen Handschrift von 1277 finden wir zwei Troparien, die zeigen, dafs diese Lieder ursprünglich viel besser waren als die späteren sklavischen Nachbildungen. Wir können nicht sagen, dafs uns alle Werke des Euthymij bekannt wären, ja einige Originalarbeiten sind gewifs verloren gegangen. Unzweifelhaft sind sein Eigentum die Übersetzungen der vom Patriarchen von Konstantinopel Philoteos verfafsten Anleitung zur richtigen Verrichtung der Liturgie des Johannes Chrysostomos, der Liturgie des Apostels Jakob und einer An- zahl von Gebeten, deren gröfster Teil auch den hesychastischen Patriarchen Philoteos zum Verfasser hat. Fraglich ist es, ob ihm die Übersetzungen der Liturgien des Johannes Chrysostomos, Basilios des Grofsen und der Vorgeweihten gehören. Die Zeitgenossen bewunderten hauptsächlich die beiden Arten der bisher erwähnten Arbeiten Euthymijs auf liturgischem Gebiete, für uns begründen aber seinen Ruf die von ihm selbständig verfafsten Schriften: je vier Lebensbeschreibungen, Lobreden und Episteln und eine Akoluthie zu Ehren der heiligen Teophano, Gemahlin des Kaisers Leo VI. Die Leben des Joann von Ryla, Ilarions, des Bischofs von Meglen, der heiligen Paraskeva-Petka und der heiligen Philothea, sowie die ihnen sehr ähnlichen Lobreden auf Konstantin und Helene, Kyriake (slaw. Nedelja), Michael von Potuka und Johannes, Bischof Von Polybotum, haben alle das Gemeinsame, dafs sie nur Bearbeitungen älterer slawischer und griechischer Werke nach dem Geschmacke der Zeitgenossen, wenigstens teilweise des Zaren selbst sind, denn einige gehen auf seinen ausdrücklichen Wunsch zurück. Alle Legenden, die beiden oben zuletzt genannten Lobreden und die einzige überlieferte Akoluthie sind überdies Heiligen gewidmet, deren Reliquien die Zaren nach Trnovo gebracht hatten. Im Vergleich zu den einfachen, meist leicht verständlichen und volkstümlichen Legenden der Prologe, aus denen Euthymij schöpfte, zeichnen sich seine durch rhetorische Amplifikationen und»Wortflechtereien t aus, denn mehr als Metaphrastes nahm er sich die zeitgenössischen griechischen Hagiographen, namentlich den Patriarchen Kallistos, zum Muster. Gewisse Vorzüge, wie psychologische Schilderungen und den Sinn für Naturbeschreibungen, eignete er sich von ihnen leider nicht an, doch finden wir auch bei ihm neue Züge: seinen Quellen gegenüber bekundet er einen gewissen Kritizismus, nur geht er mit ihnen gar zu frei um, indem er Kanonisches ohne Bedenken durch Apokryphes vervollständigt, die Tatsachen bald übergeht, bald ergänzt, bald modifiziert, nicht selten deshalb, um einen effektvolleren Ausgang zu erreichen und um auch auf die Gefühle der Leser stärker einzuwirken; die Erlebnisse seiner Helden pafst er dem allgemeinen Schema der hagiographischen Litteratur an, so dafs viele individuelle Züge und charakteristische Einzelheiten verloren gehen; das Hesychastentum, namentlich dämonologische Elemente, trägt er stets stark hinein und offen- bart gewisse Tendenzen in bezug auf das staatliche und das religiöse Leben Bulgariens, wobei es auffällt, dafs er eine bedingungslose Unterwerfung des Zaren unter die Gebote der Kirche fordert. Euthymij war ein würdiger Schüler der Griechen; seine hagiographischen Arbeiten stehen hoch über den serbischen Lebensbeschreibungen des 14. Jahrhunderts, denn er verstand es, sein Material aus der Heiligen Schrift, namentlich die zahlreichen Zitate, richtig zu verwenden, während es die Serben ohne Zusammenhang aufeinander häuften. Seine Gelehrsamkeit verrät allerdings wenig Selbständigkeit, denn die polemischen Reden, die er Ilarion von Meglen gegen die Bogomilen in den Mund legt, sind einfach der Panoplia des Euthymios Zigabenos entlehnt. Mit den Kunstgriffen der byzantinischen Rhetorik war Euthymij wohl vertraut. Seine Lebensbeschreibungen haben historischen und noch viel mehr litterarischen Wert, denn sie waren eine Neuigkeit nicht blofs für Bulgarien, sondern auch für Serbien und Rufsland. Die gebildeten Zeitgenossen des Euthymij begnügten sich nicht mehr mit der einfachen Erzählung eines Heiligenlebens, sondern verlangten eine künstlerische, von volkstümlichen Ausdrücken freie und rhetorische Darstellung, denn unter dem Einflüsse des Studiums der griechischen Litteratur wollten auch sie sich an schön klingenden Worten und Phrasen berauschen. Die Episteln Euthymijs behandeln Fragen des kirchlichen Lebens. So bekämpft er im Sendschreiben an den ugrowlachischen Metropoliten Anthim die dritte Ehe. Besonders interessant sind die Episteln an den späteren Erzbischof von Rufsland, Kiprian, der noch als Mönch auf dem Athos weilte. Unter anderem erfahren wir daraus, welchen Wert Euthymij auf die Bewahrung der kirchlichen Satzungen und Traditionen legte, was uns seine orthographische Reform und Verbesserung der Kirchenbücher erklärt, und finden da eine vollständige Unterweisung eines Mönches im Hesychastent um, aus der man ersieht, dafs sich der byzantinische Mystizismus des 14. Jahrhunderts immer mehr dem Asketismus näherte. Die Episteln sind auch dadurch beachtenswert, dafs sie die stärkste Abhängigkeit von den griechischen Sprachmustern aufweisen. Schlimmer als ihr schwerfälliger, von ungeschickt gebildeten Neologismen strotzender Stil ist die so sklavische Nachahmung der griechischen Syntax, dafs man in Euthymijs selbständigen Episteln geradezu Interlinearversionen aus dem Griechischen vor sich zu haben meint. Ein Nachahmer des Euthymij.war Joasaf, Metropolit von Btdyn, dessen um 1395 verfasste Lobrede auf die heilige Philothea eine Kompilation aus dem Leben derselben Heiligen und dem der heiligen Paraskeve des Trnovoer Patriarchen ist, hinter dem er in der Kunst der Darstellung bedeutend zurücksteht; wertvoll ist seine Schilderung der Einnahme von Trnovo durch die Türken, obgleich das schicksalschwere Ereignis in ihm keine besonders tiefen Gefühle wachrief. Ein ganz anderer Mann ist in dieser Hinsicht Euthymijs bedeutendster Schüler Grigorij Ca m blak, ein Trnovoer, der in der Lobrede auf seinen Meister vor Schmerz und Bitterkeit förmlich aufschreit und auch sonst patriotische Töne in der Art des folgenden anschlägt: »Denn was kann schlimmer als die Verbannung und schmerzhafter als die Trennung von den Verwandten sein, die uns durch die Erinnerung an das Vaterland und die Unsrigen das Herz stets mit einem Stachel durchbohrt«. Weniger Lob können wir Camblak wegen der Darstellung des Lebens Euthymijs spenden. Sie ist oft matt, zu allgemein und auch ungenau, denn wegen des grofsen Altersunterschiedes hatte er später in der Fremde, in der Moldau oder wahrscheinlich erst in Kiew, zu wenig lebendige Erinnerungen an seinen Verwandten und war dadurch behindert, dafs er sich zu stark an des Kallistos Biographie des Theodosij hielt und häufig einen Parallelismus zwischen dem Leben des Lehrers und Schülers konstruierte. Die Übersetzung dieser Biographie rührt jedoch nicht von ihm her, sondern von einem anderen Schüler des Euthymij. Ebenso gehört das Leben des heiligen Romil, des bedeutenden bulgarischen Schülers des Gregorios Sinaites, einem anderen Grigorij96) an, nicht unserem Camblak, dessen fruchtbare litterarische Wirksamkeit eigentlich nach Serbien, Rumänien und Rufsland (kam 1406 nach Kiew, 1415 — 19 Metropolit daselbst) fällt. Seinen Schriften wird nachgerühmt, dafs er mehr Interesse für die Natur hatte, als sein Lehrer Euthymij. Ein Freund des letzteren war auch der Kiewer, später Moskauer Metropolit Kiprian (gest. 1406), der die neuen geistigen Strömungen aus dem slawischen Süden zuerst nach Rufsland verpflanzte. Nach Serbien gelangte als der bedeutendste Vertreter der Trnovoer Schule der Biograph und Grammatiker Konstantin von Kostenec (s. u.). Ihre Orthographie kam am stärksten in dem slawischen Schrifttum Rumäniens zur Geltung. Die übrige Litteratur der mittelbulgarischen Periode besteht mit geringen Ausnahmen aus Übersetzungen, die wiederum fast ausschliefslich theologischen Schriften gewidmet sind, denn wenn schon in Byzanz um diese Zeit die theologischen Interessen im Vordergrunde standen, so war das in Bulgarien noch mehr der Fall. Übrigens ist es in vielen Fällen sehr schwer zu bestimmen, was in Bulgarien und um diese Zeit wirklich übersetzt worden ist; schon unter Joann Alexander bearbeiteten und verbesserten nämlich viele Schreiber ältere Vorlagen, Euthymij und seiner Schule gingen aber in der Modernisierung noch weiter, da sie nicht einmal mit dem unter dem genannten Mäzen geschriebenen Werken zufrieden waren und in den neuen Abschriften wenigstens ihre orthographischen und sprachlichen Reformen angebracht wissen wollten. Solche Modernisierungen werden aber öfters als neue Ubersetzungen ausgegeben97), bei denen wohl in den meisten Fällen das griechische Original nicht von neuem eingesehen wurde, wie das für einige bezeugt ist, z. B. für Johannes Klimax vom Mönche Daniel im 14. Jahrhundert; aufser-dem soll die Chronik des Hamartolos eine Verbesserung erfahren haben, die Fragen und Antworten des Athanasios und die »geistliche Wiese« (= Leimonarion) des Moschos sollen aber neu übersetzt worden sein. Mit Sicherheit kann man behaupten, dafs die Mehrzahl der Übersetzungen und auch der Abschriften bedeutender Werke ins 14. Jahrhundert fällt. Für den Geschmack und die Bedürfnisse der Zeit sind besonders charakteristisch die für Joann Alexander 1345 vom Popen Filip und 1348 vom Popen Lavrentij geschriebenen Sammelhandschriften mit Artikeln und Werken (15 und 10) theologischen, historischen und belehrenden Inhaltes. Besonders stark sind darin dogmatische und exegetische Artikel und Erzählungen über die sieben ersten Konzilien enthalten, aus denen man sich über die Häresien, die Bulgarien beunruhigten (auch die Lateiner gehen nicht leer aus), unterrichten konnte. Einem gröfseren Wissensdurst entsprechen kosmogonische und escha-tologische Aufsätze. Dafs der Zar und seine Umgebung auch historische Interessen hatten, zeigt eine Abschrift des Traktates des Mönches Hrabr über die slawische Schrift (im Kodex vom Jahre 1348) und eine sehr gewandte Übersetzung der Chronik des Konstantin Manasses (im Kodex von 1345). Diese versifizierte Chronik, die wie andere poetische Erzeugnisse von den Slawen in Prosa wiedergegeben wurde, ist das einzige historische Werk, das sicher unter Joann Alexander übersetzt worden ist. Besonderes Lob verdient der Übersetzer, weil er die Lücken der bulgarischen Geschichte mit Notizen zu den entsprechenden Jahren von der Einwanderung der Bulgaren bis zum Untergang des ersten bulgarischen Reiches auszufüllen suchte. In diese mittelbulgarische Periode gehört auch die Übersetzung der Weltchronik Symeons »des Metaphrasten und Logotheten« (wahrscheinlich identisch mit Symeon Metaphrastes, dem Bearbeiter der Hagiographien) in jener Fassung, die bereits eine Fortsetzung (von 948—967) durch Auszüge aus Zonaras erfahren hat. Was die theologische Übersetzungslitteratur im allgemeinen betrifft, so bemerken wir eine grofse Verbreitung von Erzählungen aus den Paterika, von Traktaten und kleineren Artikeln asketischen und mystischen Charakters. Besonderer Vorliebe erfreuten sich solche Asketen und Mystiker wie Johannes Klimax, Isaak der Syrer, Symeon Neos Theologos und natürlich Gregorios Sinaites; auch mit Dionysios Areopagites, der ältesten Autorität der Mystik, war Euthymij sehr gut vertraut. Diese Litteratur hängt natürlich mit der Ausbreitung des Mystizismus in Bulgarien im 14. Jahrhundert zusammen, dem wir auch Erzählungen dämono-logischen Charakters, Visionen und Weissagungen zu verdanken haben. Von Übersetzern ist nur noch bekannt der Hieromonach Dionysij, der mit Euthymij bei Theodosij weilte, ein ausgezeichneter Kenner des Griechischen und Slawischen war und die Heilige Schrift griechisch und slawisch fast auswendig wufste. Er übersetzte den »Reden« (darunter sechs gegen die Juden) des Johannes Chrysostomos enthaltenden »Margarit«. Von anderen Übersetzungen sind zu nennen: das Hexaemeron des Severianos von Gabala (slaw. Gevalskyj)98), die Panoplia, das dogmatische Hauptwerk des Euthymios Zigabenos"), die Schriften solcher Mystiker wie Symeon Neos Theologos, Niketas Stethatos, Gregorios Sinaites, Philotheos Sinaites usw. Hurko, Geschichte der südslawischen Litteraturen. 9 In der hagiographischen Litteratur, die sich einer besonderen Vorliebe im 14. Jahrhunderte erfreute, wurden solche Legenden bevorzugt, die von Daemonologie durchdrungen sind oder dem Zeitgeschmack durch Einleitungen, Schlüsse, Zitate aus der Heiligen Schrift, Reden der Heiligen und durch ihre Rhetorik überhaupt entsprachen (z. B. Leben des Symeon Demens, der Theodora, Juliana, Theodosios des Grofsen). Eine einheimische »Erzählung« erhielten die von den Lateinern auf dem Athos verbrannten Zographos-Mönche (10. Oktober 1276). Unter den übersetzten Legenden befinden sich auch apokryphe, wie ein Leben der Muttergottes und des heiligen Barbaros. Auffällig viel apokryphes Material enthält die für Anna, die Gemahlin des Zaren Joann Sracimir von Bi.dyn, 1360 geschriebene Sammelhandschrift, die nur auf Frauen bezügliche Legenden und Lobreden bringt. Apokryph sind eigentlich auch die neuen einheimischen Legenden dieser Periode über den Tod Cyrills, über die Erfindung des bulgarischen Alphabets (Legende von Thessa-lonike), und über das Lehramt Kliments (Ochridaer Legende). Wenn der Pop Jeremija, der Kompilator verschiedener Apokryphen, ins 13. Jahrhundert verlegt wird, so ist das nur eine Vermutung; ebenso werden die Übersetzungen gewisser Apokryphen, wie die Fragen des Johannes des Theologen, die Pro-phetie des Jeremias oder die Erzählung von Lot, auf Grund der handschriftlichen Überlieferung für diese Periode angesetzt. In einer Vision des Propheten Esaias finden wir ein Gemisch von Ereignissen aus der bulgarischen und byzantinischen, teilweise auch römischen Geschichte; das griechische Original derselben hat offenbar auch Zusätze aus bulgarischen, nationalen Traditionen erfahren. Auffällig schwach sind neue Übersetzungen aus der weltlichen Litteratur vertreten, denn aufser den bereits erwähnten Chroniken Symeon des Logotheten und des Manasses ist überhaupt nichts Nennenswertes zu erwähnen. Der »Pseudo-Zonaras« genannte Nomokanon gehört nicht hierher. Bulgarien spielte nur die Vermittlerrolle beim Übergang der Sammlung des heiligen Sava von Serbien nach Rufsland. Dagegen sind zwei Originalleistungen auf historischem Gebiete erhalten. Das gegen die Häresien gerichtete Synodikon des Zaren Boril, das 1211 aus dem Griechischen übersetzt wurde, erhielt zur Zeit der Synoden Joann Alexanders und im 15. Jahrhundert starke Zusätze, in denen Namen bulgarischer Zaren, Zarinnen, Patriarchen, Bischöfe und Bojaren, die sich für den orthodoxen Glauben verdient gemacht haben, dem ewigen Gedächtnis überliefert werden. Das ganze Denkmal ist für die Litteraturgeschichte wichtig, denn die erste datierte Übersetzung des Trnover Reiches ist mit Rücksicht auf die Kompliziertheit des griechischen Originals sehr geschickt, und die späteren annalistischen Notizen und Kompilationen weisen auf einen hohen Stand der bulgarischen Litteratur hin. Beachtenswert ist im originalen Teil die grofse Zurückhaltung gegenüber den einheimischen Häretikern, den Bogomilen, denn nur die dogmatischen, nicht aber die ethischen Unterschiede von denselben werden angemerkt. Eine hervorragende Arbeit ist das Bruchstück einer Chronik, die mit dem Auftreten der Osmanen in Asien im Jahre 1296 beginnt und später bis auf Mohammed I. (1413) fortgeführt wurde, wobei namentlich die für die Südslawen verhängnisvolle Zeit von 1371—1409 eine gelungene Darstellung erfahren hat. Der Verfasser, wahrscheinlich eine hochstehende Persönlichkeit der bulgarischen Hierarchie, erzählt einfach, ohne rhetorischen Ballast und vor allem objektiv; in dieser Hinsicht kann er den zeitgenössischen byzantinischen Chronisten an die Seite gestellt werden. In der poetischen Prosalitteratur ist eine merkwürdige Erscheinung die in der vatikanischen Handschrift der Übersetzung des Manasses überlieferte romantische Trojasage, die aus einer abendländischen Quelle ohne Zweifel bei den Kroaten an der Adria übersetzt worden und bereits unter Joann Alexander auf bisher unbekanntem Wege, aber wahrscheinlich über Serbien nach Bulgarien gelangt ist. Einheimische Übersetzungen poetischer Schriften sind für diese ganze Periode in Ostbulgarien nicht nachweisbar; dagegen gehören mehrere nach Makedonien, die von Bulgaren herrühren können, aber am besten mit den übrigen aus der serbischen Periode Makedoniens im Zusammenhang besprochen werden sollen. Vereinzelt steht der Versuch einer südslawischen Erzählung von der Einnahme Trojas da, in die eine chaotische Vermengung verschiedener Motive eingeschaltet ist. Der Verfasser derselben benützte byzantinische Quellen: den Trojaroman, den Digenis Akritas, die Erzählung von der Gilo oder Giluda und 9 * den Kreis der Salomonsagen, doch in einer Weise, dafs man in ihm unmöglich einen schriftgelehrten Griechen erblicken kann. Da in der serbisch überlieferten Redaktion offenbare Spuren einiger Bulgarismen bemerkt werden, so schliefst man daraus, dafs der Autor dieser Kompilation wahrscheinlich ein Bulgare war. Hierher gehört vielleicht noch ein Leben Äsops (slaw. Josop), der von einem »Ksathio« als Sklave gekauft wird, im Dienste seines Herrn allerlei Streiche vollführt, den »Zaren« Digin und seine Frau sehr gering einschätzt, dafür aber von diesem zu seinem Haus- und Hofmeister bestellt und zuletzt durch zwei Neffen, die er glänzend versorgt hatte, in den Tod geschleppt wird, wobei er ihnen eine Strafrede hält. Die aufserordentliche Kürze dieser letzten Episode (in nicht einmal sechs Zeilen), die doch einen Niederschlag der ganzen Geschichte vom weisen Akyrios bildet, und die Kontamination mit dem Helden des byzantinischen Nationalepos, Basilios Digenis Akritas (s. Serbien), der willkürlich zu einem »Zaren« erhöht wird100), zeigen, dafs wir es wohl mit einer bulgarischen Nacherzählung und Bearbeitung von Geschichten zu tun haben, die sich an Asops Namen knüpften und Maximos Planudes das Material zu seiner Lebensgeschichte des auf diese Weise auch bei den Südslawen populär gewordenen Fabeldichters lieferten. Diese bulgarische Fassung kann jedoch schon aus einer Zeit stammen, als die Litteratur nicht mehr in den Händen von Schriftgelehrten lag; immerhin war sie schon im 16. Jahrhundert in Rumänien bekannt. Dasselbe Alter weist auch die Übersetzung einer byzantinischen Umarbeitung der Oedipossage im christlichen Geiste auf. Von den byzantinischen Florilegien wurden die dem Johannes von Damaskos zugeschriebenen Sacra Parallela, d. h. aus der Heiligen Schrift und aus Kirchenvätern gesammelte Sentenzen, nicht früher als im 13. und nicht später als im 14. Jahrhundert in Bulgarien übersetzt, wobei ein verkürzter und späterer griechischer Text als Quelle diente. In die Epoche des Euthymij fällt eine wörtliche, geradezu sklavische Übersetzung einer der wichtigsten byzantinischen Sammlungen der Spruchweisheit, der Melissa des Mönches Antonios; doch erfreute sich diese Übersetzung im Vergleich zur russischen keines besonderen Ansehens im slawischen Süden (s. unter Serbien). IX. Serbien als Mittelpunkt der kirchenslawischen Litteratur am Ausgange des Mittelalters. i. Geschichtliche Bemerkungen und allgemeine Charakteristik. Am Ende des 12. Jahrhunderts erhielt die kirchenslawische Litteratur einen neuen Mittelpunkt in Serbien, das am Ausgange des Mittelalters auch die politische Vormacht der Balkanhalbinsel bildete, denn das gleichzeitig erneuerte und noch in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts vorherrschende bulgarische Reich wurde durch die Schlacht bei Velbuzd (Küstendil 1330) von dem viel stabileren, durch eine konsequente und energische dynastische Politik geführten Serbien in seine Grenzen zurückgewiesen. Überdies wurde Bulgarien schon 1393 (die Reste 1396) von den Türken vollständig vernichtet, während Serbien selbst nach der verhängnisvollen Schlacht auf dem Kosovo polje (Amselfeld 1389) als türkischer und dann auch als ungarischer Vasallenstaat (seit 1403) der Litteratur und Kunst noch eine hervorragende Zufluchtsstätte bot. Diese Umstände erklären die Tatsache, dafs vom 13. bis 15. Jahrhundert auch die litterarische Führung auf Serbien überging. Als die Komnenen im 12. Jahrhundert auf kurze Zeit die Herrschaft von Byzanz in den slawisch-albanischen Grenzgebieten am Adriatischen Meere wieder hergestellt hatten, waren die kleinen serbischen Dynasten gezwungen, den Schwerpunkt ihrer Bestrebungen in das Innere der Balkanhalbinsel zu verlegen, wo sie in den hohen Gebirgszügen der byzantinischen Macht mehr entrückt waren und, den alten Strafsenzügen südlich und nördlich vom heutigen Montenegro folgend, ihre Blicke auf den Osten richteten, ohne den Westen aus dem Auge zu verlieren. Den fortwährenden Kämpfen der Teilfürsten um die Oberherrschaft machte ein Nachkomme der Grofszupanendynastie von Ras, Stefan Neman ja (Zupan als kleiner Teilfürst seit 1159, Grofs-zupan ungefähr 1171—1195, starb als Mönch Symeon auf dem Athos 1200) ein Ende; der Stammvater der Dynastie der Ne-manjici ist auch der eigentliche Begründer des serbischen Staates, der in Ras (daher Rascien, heute Novipazar), wo sich die die Adria und Bosnien mit den östlichen und südlichen Balkangebieten verbindenden Strafsenzüge kreuzten, seinen Mittelpunkt hatte und sich naturgemäls über Altserbien nach dem Südosten ausdehnte. Doch machte schon Nemanja auch der griechischen Herrschaft in Dioklitien ein Ende und besetzte an der Küste Cattaro, Antivari, Dulcigno und Skutari, denen er eine grofse Autonomie beliefs. In den erstgenannten einst bulgarischen und später gröfsten-teils wieder byzantinischen Gebieten, die allerdings nur einen orthodoxen Bischof in Ras hatten, sich aber in steter Verbindung mit Saloniki und den Athosklöstern befanden, mufste der in seinem Geburtsorte Ribnica (bei Podgorica in Montengro) katholisch getaufte Nemanja orthodox werden (liefs sich angeblich im 30. Lebensjahre noch einmal taufen) und die Orthodoxie zur Staatsreligion erheben, um so mehr, als er als byzantinischer Vasall auf den Thron gekommen war (ganz unabhängig wurde er erst nach dem Tode des Kaiser Manuel I. 1180) und seinem Reiche Ziele vorzeichnete, die nur auf Kosten des dahinsiechenden Ost-Rom und des ebenfalls orthodoxen Bulgarien erreicht werden konnten, für ein katholisches Serbien neben Kroatien, Ungarn und Venedig aber ohnehin kein rechter Platz vorhanden war. Nemanja verstand es sogar, eine Niederlage, die ihm die Byzantiner bald nach seiner freundlichen Begrüfsung der Kreuzfahrer unter Friedrich Barbarossa beibrachten, 1190 durch eine Heirat seines Sohnes und Nachfolgers Stefan (1196 bis 1228) mit einer Tochter des Alexios Komnenos zur Befestigung seines Werkes und des byzantinischen Einflusses auszunützen. Seinem Nachfolger kam die Eroberung von Konstantinopel durch die Lateiner (1204) besonders zustatten. Die Orthodoxie stand jedoch noch nicht ganz fest im Lande, denn sein Bruder Vukan, der ihm anfänglich die westlichen Gebiete streitig machte, befand sich ganz auf der Seite des Okzidents, und Stefan selbst machte eine Schwenkung zu Rom, als er eine Nichte des Dogen Enrico Dandolo heiratete und sich die Königskrone vom Papste Honorius III. erbat (der erste Versuch scheiterte 1202 an dem Protest Ungarns), mit der er von einem päpstlichen Legaten 1217 gekrönt101) wurde (daher der Erstgekrönte; denn die serbischen Herrscher von Dioklitien führten nur vorübergehend den Königstitel); spätere Nachrichten und Kombinationen über eine nochmalige Krönung durch Sava sind wenig wahrscheinlich, namentlich kann aber von einer aus Nikäa gesandten Krone keine Rede sein. Dieser Rückfall war jedoch von kurzer Dauer, wenn er überhaupt ernst gemeint war. Stefans jüngster Bruder Sava, der sich auf dem Athos ganz den Geist der dortigen Mönche angeeignet und selbst seinen Vater Stefan Nemanja, der bereits in dem von ihm gebauten Kloster Studenica (1191 bis 1192) Mönch geworden war (1195), dahin gezogen hatte (1197), holte nämlich mit Umgehung des autokephalen Erzbischofs von Ochrida, des bekannten Kanonisten Demetrios Chomatianos, der dagegen im Mai 1220 scharf protestierte, für sich selbst die Würde eines autokephalen Erzbischofs von Serbien (»aller serbischen und maritimen Länder«) aus Nikäa. Hier fügten sich der befreundete Kaiser Theodoras Laskaris, mit dem Stefan der Erstgekrönte schon früher Verhandlungen augeknüpft hatte, und der Patriarch (es kann nicht Germanos, sondern Manuel I. gewesen sein) in das unvermeidliche Schicksal schon wegen ihrer Konkurrenten in Epiros und erwiesen dadurch der Orthodoxie in der Tat einen grofsen Dienst. Schon früher (1197—1198) hatten Nemanja und Sava auf dem Athos (slaw. Sveta Gora) das von Seeräubern zerstörte Kloster Chilandar wiederhergestellt, eines der malerischesten des Heiligen Berges, das bis in die Türkenzeit den geistigen Mittelpunkt des serbischen Volkes bildete. Im Lande selbst vollendete nun Sava Nemanjas Werk als tüchtiger Organisator auf kirchlichem Gebiete und drückte erst dadurch dem serbischen Reich, seiner Kultur und speziell auch der Litteratur den eigentlichen Charakter auf, obgleich starke abendländische Einflüsse auf allen Gebieten immer mächtig blieben. Auch Stefan der Erstgekrönte liefs sich noch auf dem Totenbette zum Mönche scheren. Dieser Zug zum Mönch-tum fand in der Dynastie der Nemanjici noch öfters Nachahmung. Das Leben Nemanjas und seiner Söhne ist überhaupt vorbildlich für den Gang der serbischen Geschichte und für die Entwicklung der serbischen Kultur. Die orientalische Kirche und die byzantinische Kultur brachten sie zur Herrschaft; sie bauten eifrig Kirchen und Klöster, vernichteten den Bogomilismus mit Feuer und Schwert und drängten den Katholizismus auch in ihren westlichen Gebieten zurück, abgesehen von den autonomen Städten des Adriatischen Meeres102), verstanden es aber trotzdem, ihrem jungen Staate durch freundschaftliche Beziehungen auch im Abendlande Ansehen zu verschaffen und sogar die Päpste durch leere Versprechungen in den Dienst ihrer Politik zu stellen, worin sie in ihren Nachfolgern gelehrige Schüler fanden, namentlich in Dusan, Serbiens gröfstem Herrscher. Charakteristisch ist auch die Tatsache, dafs Nemanja und sein Sohn als Mönche die Namen der beiden syrischen Hauptheiligen Symeon und Sabbas annahmen, also ihre Blicke über Byzanz hinaus nach der Wiege des Christentums richteten und West-Rom nicht einfach mit Ost-Rom vertauschen wollten. Darin folgten sie übrigens alten makedonischen Traditionen (wichtige glagolitische Denkmäler wurden uns nicht zufällig durch das Sinaikloster und durch Jerusalem überliefert). Sava baute (nach den Worten seines Nachfolgers Nikodim aus dem Jahre 1319) auch seine Kathedrale (in Zi6a) nach »dem Muster der Kirche des ruhmvollen Sion und des heiligen Sabbas von Jerusalem« und leitete durch seine Pilgerfahrten nach dem Heiligen Lande die lebhaften Beziehungen der Serben zu Jerusalem, wo König Milutin ein serbisches Kloster der Erzengel Michael und Gabriel gründete (1315), und zum Sinaikloster ein. Seinem Beispiele folgend, führte 1319 Erzbischof Nikodim das gottesdienstliche Typikon von Jerusalem ein, das dann seinen Weg auch nach Rufsland fand. Auf diese Weise konnte die altertümliche Kultur und Kunst des Orients durch Vermittlung der Klöster unmittelbar, ohne Berührung von Byzanz, noch spät zu den Südslawen vordringen (vgl. das syrische Vorbild der von J. Strzy-gowski veröffentlichten Miniaturen des serbischen Psalters der Münchener Bibliothek aus dem 15. Jahrhundert). Im' Zusammenhange damit steht auch die Tatsache, dafs in den serbischen Handschriften bis ins 16. Jahrhundert und sogar in den ersten Drucken neben der byzantinischen Weltära häufig die alexandri-nische (versetzt die Inkarnation Christi in das Jahr 5501) vorkommt, die aufserhalb Afrikas eine grofse Rolle in der historischen Litteratur der Syrer spielte. Als sich Stefan zum Könige krönen liefs, besafs Serbien bereits Lipljan, Prizren und sogar Polog im Süden der Sar-Planina, also in Makedonien, wohin hauptsächlich die Blicke der späteren serbischen Herrscher gerichtet waren. In dieser Richtung lagen im heutigen Altserbien und in den benachbarten serbischen und albanesischen Gebieten auch die vom heiligen Sava ge- gründeten ersten acht Bistümer. An der Adria bekamen sie Prevlaka bei Cattaro für die Zeta (wurde am Ausgang des Mittelalters nach Cetinje übertragen) und für Zachlumien Ston (ital. Stagno) auf der Halbinsel Sabioncello, das dann ins Innere übertragen wurde (die Halbinsel wurde von Dusan und dem Ban von Bosnien 1333 an Ragusa verkauft) und im 18. Jahrhundert seinen Sitz in Mostar erhielt. Dagegen ist es falsch, die Bistümer'■'von Belgrad und von Branicevo im nordöstlichen Serbien auf Sava zurückzuführen, denn sie stammen schon aus der bulgarischen Periode (s. S. 59, 113), und später bildeten die Gebiete an der Save (Macva) und an der Donau lange ein Streitobjekt zwischen Ungarn103) und Serbien. Für die Wiege der serbischen Kultur ist bezeichnend auch die Lage der ältesten serbischen Klöster (abgesehen vom Chilandar): des heiligen Nikolaus im Tale der Toplica (mündet südlich von Nis in die Morava): Gjurgjevi Stupovi bei Novipazar, eine Gründung Nemanjas ebenso wie Studenica, nördlich davon am Ibar; Zica, Sitz der ersten Erz-bischöfe104), eine Gründung Stefans des Erstgekrönten in der Nähe der Mündung des Ibar in die westliche Morava (im südwestlichen Serbien); Mileseva (gegründet von Vladislav, der 1234 König geworden war und 1237 bereits den Leichnam des heiligen Sava dahin bringen liefs) in der Nähe des heutigen Prijepolje; Decani, erbaut von Stefan Decanski 1327—1335, in Altserbien zwischen Ipek und Djakova. Zum Unterschied von den bulgarischen Herrschern hatten die serbischen Könige und Zaren gleich vielen Okzidentalen keine feste Residenz, sondern lebten abwechselnd in den Lustschlössern des Amselfeldes oder in den Städten Skutari, Ras, Prizren, Pristina, und nach der Eroberung von Makedonien in Skopje (Üsküb) und Prilep. Serbien hatte also keine solchen Kulturzentren, wie es Byzanz oder Preslav und Trnovo waren. Zum Unterschied von Bulgarien war seine geistige und künstlerische Tätigkeit auf dem Athos konzentriert, was seiner Kultur einen spezifisch mönchischen Charakter verlieh, der mit den sonstigen Verhältnissen des Landes nicht im Einklang stand. Das eigentliche Wachstum des serbischen Reiches begann erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts, entwickelte sich aber nicht der geographischen Lage entsprechend nach dem Norden und Nordwesten, denn hier waren die politischen Verhältnisse nicht günstig, wohl aber in den fruchtbaren Ebenen Makedoniens. Schon während der Regierungszeit Stefan Uros II., genannt Milutin (1282—1321), gewann Serbien den entscheidenden Ein-flufs auf die Schicksale der Balkanhalbinsel; unter Stefan Uros III. (1321—1331) gewann es bulgarische Gebiete (1330 führte die Grenze bereits zwischen Küstendil und Radomir), im Süden beherrschte es das nördliche Makedonien; endlich eroberte Stefan Dusan (mit dem Beinamen Silni = der Starke, 1331—1355) ganz Makedonien bis auf Saloniki, Albanien, Thessalien, Epirus und Akarnanien, liefs sich 1346 in Skopje (Üsküb) zum Zaren (Kaiser) der Rhomäer (Griechen) und Serben krönen (auch die Bulgaren und Albanesen führte er im Titel), erhob den Erzbischof von Pec (Ipek) zum Patriarchen ebenfalls der Serben und Griechen (nur das Erzbistum Ochrida behielt seine Rechte bei), weshalb er vom Patriarchen von Konstantinopel mit dem Bann belegt wurde, und starb während der Vorbereitungen zu einem Zuge nach Konstantinopel, dessen Erbe das Ziel aller seiner Bestrebungen bildete. In diesem halbgriechischen Reich, in dem die Serben immerhin die Hauptmacht bildeten, ahmte Dusan, der sich mit Konstantin dem Grofsen verglich, ganz die byzantinischen Einrichtungen nach, was sich namentlich auch in der Verteilung byzantinischer Titel äufserte. Diese Primaten wollten aber auch die Macht, und so verfiel Dusans Reich, dem er keine feste innere Organisation gegeben hatte, gleich nach seinem Tode der Anarchie. Sein neunzehnjähriger Sohn Uros wurde von den Statthaltern verdrängt und starb 1371105). Mit ihm endete die Dynastie der Nemanjici, ebenso die Königs- beziehungsweise Zarenwürde, die nach der Auffassung der gelehrten Kreise des 14. Jahrhunderts mit Gottes und des heiligen Sava Segen an sie geknüpft war. So verlor Serbien seine feste Stütze, als es dieselbe am meisten benötigte; denn zur Zeit der grölsten inneren Wirren trat der tatkräftige Murat auf, der den Plan fafste, das byzantinische Reich durch das türkische zu ersetzen. Zwischen der griechischen und serbischen Kirche erfolgte 1375 eine Aussöhnung, wobei im serbischen Patriarchentitel die Griechen ausgelassen wurden. Die slawischen Gebiete von Dusans Reich zerfielen in drei Gruppen. Die erste bildeten die makedonischen Fürstentümer, die schon in der Schlacht von Cernomen an der Marica (1371) von den Türken vernichtet wurden; die neuen Herren duldeten aber noch immer drei Vasallen auf einige Zeit, darunter den im Volksliede und in der Sage viel gefeierten südslawischen Nationalhelden Kraljevic (= Königssohn, historisch führte er den Titel König) Marko, dessen Feste Prilep im nordwestlichen Makedonien lag, bis zu seinem Tode in der Schlacht von Rovine (1394), wo er auf Seiten der Türken gegen die Rumänen der Walachei kämpfte. Ebenso wurden die Türken schon früh oberste Herren und schlechte Nachbarn der Gebiete der Zeta (Skutari wurde 1393—1395 türkisch, vorübergehend 1396—1479 venetianisch). Das serbische Reich erhielt sich aber in seinen natürlichen Grenzen von den Höhen der Sar-Planina und der Crna Gora bei Usküb bis zur Save und Donau. Die Residenz des vom Volksliede meist als Zar gefeierten Fürsten Lazar war Krusevac, und von seinen Bauten ragt das Kloster Ravanica (1381) hervor. Der Hauptstofs wurde den Serben durch die Schlacht von Kosovo pol je (Amselfeld 1389) versetzt, in der Fürst Lazar fiel. -Seine Nachkommen und die des Vuk Brankovic, der im Volkslied unrichtig die Rolle des Verräters spielt, stritten um reiche und nicht geringe Gebiete herum, bis 1412 eine Wiedervereinigung derselben stattfand, und verstanden es, die inneren Wirren der Türkei immerhin so weit auszunützen, dafs sie Serbien in seinen Grenzen vor der Kosovoschlacht wiederherstellten. Sogar die Zeta mit den Städten Antivari und Budua wurde wiedergewonnen (1423), während die Venezianer Cattaro, Pastrovici, Dulcigno und Skutari behielten. Dieses Reich, das sich im Vasallenverhältnis zur Türkei und die letzten vierzig Jahre auch zu Ungarn befand, hatte in Stefan Lazarevic und in Georg Brankovic noch zwei Herrscher aufzuweisen, die sich unter schwierigen Verhältnissen bedeutende Verdienste um die Litteratur erwarben. Namentlich ragt der von den Zeitgenossen sogar mit Ptolemäus verglichene Stefan Lazarevic (1389—1427) hervor, der sich den Titel eines Despoten aus Konstantinopel holte (1402), eifrig Handschriften sammelte, sich Schreiber und Illustratoren vom Athos kommen liefs, neue Ubersetzungen veranlafste und in den von ihm gebauten Klöstern Manasija (1407—1418) an der Resava und in Kalenic beachtenswerte Denkmäler der Architektur und Malerei der Nachwelt überlieferte. Die Handschriften der Resavaschule erfreuten sich noch im 17. Jahrhundert eines besonderen Rufes. Stefan verlegte die Residenz nach Belgrad (um 1405), Georg baute sich als solche Smederevo (Belgrad wurde ungarischer Besitz und blieb es bis 1521), so dafs der Mittelpunkt Serbiens endlich an die Donau gelangte. Nach der Schlacht von Varna (1444) Und nach der Einnahme von Konstantinopel (1453) wurde auch Serbien eine türkische Provinz (1459). Ein halbes Jahrhundert lang (bis 1503) dauerte der Despotentitel noch in Ungarn fort, wohin sich zu wiederholten Malen zahlreiche Serben flüchteten. Nach der Schlacht von Mohäcs (1526) gelangten sie auch hier unter die türkische Herrschaft; die meisten Erzeugnisse der serbischen Litteratur fanden in den Klöstern (manche sind direkte Kopien der in Serbien, z. B. Ravanica) der Fruska Gora in Syrmien (im östlichen Slawonien), wo im Laufe der Zeit ein serbischer Athos entstand, ihre Unterkunft. Der byzantinische Einflufs machte sich in Serbien, dessen Geschichte hauptsächlich die politischen Beziehungen zu Byzanz ausmachen, sehr stark geltend. Die staatliche, kirchliche, militärische und administrative Organisation, den Glauben, die Litteratur, die Bildung und eine Menge Elemente der materiellen Kultur nahm das serbische Volk aus Byzanz entweder ganz herüber oder propfte sie seinen nationalen Institutionen und Eigentümlichkeiten auf. Natürlich blieben auch die Schattenseiten des Byzantinismus nicht aus. Speziell auf den Fürstenhöfen, »wo alle Finessen der byzantinischen Hofintrige und des Verrats, versteckt unter der Maske der Frömmigkeit, eingedrungen waren; es fanden Eingang die Eigenschaften des byzantinischen Despotismus, des grofsen sowohl, der darnach strebte, ein grofses Reich zu schaffen und hierzu jedes Mittel für erlaubt hielt, als auch des kleinen, dessen Ideal die feudale Unabhängigkeit in der Provinz war« (Pypin106). Der Einflufs von Byzanz war jedoch nicht ausschliefslich, namentlich auf dem Gebiete der materiellen Kultur nicht. Serbien besafs seit Nemanja eine gröfseres Küstengebiet am Adriatischen Meer von der Mündung des Drin bis etwas nördlich von der Narenta (natürlich mit Ausschlufs von Ragusa und seines Territoriums) , namentlich die Hafenstadt Cattaro (eigentlich eine Republik unter serbischer Oberhoheit, ungefähr 1186—1371) und wurde erst im 14. Jahrhundert durch die Bosnier aus Chulm vertrieben; lebhafte Beziehungen unterhielt es zu Dalmatien, namentlich aber zu Ragusa, das seine Konsuln und Priester (in der Lieblingsresidenz DuSans Prizren gab es zwei katholische Kirchen), Kaufleute (solche gab es auch sonst aus Dalmatien und Italien), Zoll- und Bergwerkspächter, überhaupt starke Kolonien im Lande hatte und ihm selbst Finanzminister lieferte107); lebhaft waren auch die Beziehungen zu Venedig und Italien überhaupt , ebenso zu Ungarn; das Land selbst beherbergte auch zahlreiche »sächsische Bergleute«, allerlei fremde Söldner und sogar abendländische Prinzessinnen. Alle diese Umstände machen es begreiflich, dafs okzidentale Einflüsse in Serbien immer mächtig waren. Am auffälligsten äufsern sie sich in der Kunst. So fielen namentlich den russischen Forschern die aus dem Ende des 12. Jahrhunderts stammenden Illustrationen des Evangelistars Miroslavs, des Fürsten von Chulm (anstofsend an Dalmatien), als »etwas Aufsergewöhnliches« im Schofse der orthodoxen Slawenwelt auf; die byzantinische Komposition ist da, aber es fehlt der damit verbundene byzantinische Stil, die byzantinische Manier 108). Im Vergleiche zur Pracht seiner romanischen Ornamentik, die übrigens auch nationale Elemente enthalten soll109), unterscheidet sich die bulgarische durch Roheit und technische Ungeschicklichkeit, sucht aber auf rein byzantinischer Grundlage etwas Neues zu schaffen. Noch augenscheinlicher ist die Vereinigung byzantinischer und romanischer Elemente auf dem Gebiete der kirchlichen Architektur, was dadurch begreiflich wird, dafs die Baumeister meistens Dalmatiner waren, unter denen wir selbst einen Franziskaner Vid aus Cattaro finden, der das Kloster Deöani baute. In der Periode der Nemanjici überwiegt der romanische Stil (vgl. die Kirchen von Studenica, Arilje, Gradac, Deßani, auch Zica; andere sind mehr oder weniger verfallen, wie Mileseva), während in dem auf das Donaustromgebiet eingeschränkten Serbien seit der Mitte des 14. Jahrhunderts die Rückkehr zum reinen Byzantinismus erfolgt, wobei aber noch immer die äufsere Dekoration den romanischen Stil verrät. Kirchen dieser Art (in Krusevac, Smederevo, Kalenic, Ravanica, Ljubostinja, Rudenica) gleichen einander so sehr, dafs sie ein einziger Meister nach demselben Schema gebaut haben könnte no). Auf dem Gebiete der Kunst wurde also erst das unselbständige und absterbende Serbien ganz byzantinisch beziehungsweise orientalischin). Auch in der Litteratur bemerken wir um diese Zeit einen noch engeren Anschlufs an den byzantinischen Geist der Erstarrung, der sich sogar auf sprachlichem und orthographischem Gebiete offenbart, denn die von Bulgarien aus angeregten Reformen der Resavaschule waren nur eine schlecht angebrachte unserbische Altertümelei. Besonders auffällig ist aber die Nachahmung der gleichzeitigen potenzierten byzantinischen Rhetorik mit ihrer reich verschnörkelten und ebenso inhaltsleeren Phrasendrechslerei (der dafür übliche russische Ausdruck slovopletenie, »Wortflech-terei«, ist sehr bezeichnend). Das von seinen westlichen Gebieten losgelöste, zwischen Türken und Ungarn eingekeilte Serbien klammerte sich begreiflicherweise an seine Eigenart, die es, wie schon zuvor Bulgarien, auf eine engere geistigreligiöse Verbindung mit Byzanz hinwies, wo unter den Palaiologen ohnehin theologische Neigungen im Vordergrunde standen. Übrigens begann dieser Prozefs einer verstärkten Byzantinisierung Serbiens schon mit den Eroberungen Dugans, der überdies das serbische Element auch auf dem Athos stärker zur Geltung brachte, so dafs die kirchenslawische Litteratur daselbst schon im 14. Jahrhundert fast ausschliefslich einen serbischen Charakter hatte; infolge der inneren serbischen Wirren und der Türkennot suchten noch mehr Serben Zuflucht in den Athosklöstern, so dafs das russische Pantelejmonkloster, das schon Dusan unter seinen Schutz genommen hatte, und die griechischen des heiligen Paulus, Dochiariu und Grigoriu (nach manchen auch Philoteu), allmählich serbisiert wurden. Diese engeren Beziehungen zum Athos, wo das gegen die »Lateiner« polemisierende Hesychastentum blüte, mufsten ihre Wirkungen auch auf Serbien ausüben. Man sieht schon daraus, wie verkehrt es ist zu glauben, dafs die künstlerischen und litterarischen Bestrebungen der letzten Despoten eine »Renaissance', im europäischen Sinne zur Folge gehabt hätten, wenn der serbische Staat nicht von den Türken vernichtet worden wäre112); wer aber die Reaktion zum Byzantinismus als »Renaissance« hinstellen will, treibt zum mindesten einen Mifsbrauch mit dem Worte. Ob okzidentale Elemente in ähnlicher Weise auch in der schriftlichen und mündlichen Litteratur vorhanden sind, hat man bisher wenig beachtet. In den Volksliedern, Sagen und kleinen Erzählungen sind sie jedoch offenkundig. Ebenso wurden abendlandische Bearbeitungen bekannter Sagenstoffe (Alexander, Tro- janerkrieg) und sogar Ritterromane in den westlichen Gebieten der Serben und Kroaten übersetzt (s. u.). Die ältere Übersetzungs-litteratur kommt in dieser Frage wenig in Betracht, denn sie wurde einfach aus Makedonien und Bulgarien fertig übernommen und ihre Sprache den serbischen dialektischen Merkmalen entsprechend (die wichtigsten sind u und e für die nasalen Vokale a und o, i, als Zeichen für einen Halbvokal) verhältnismäfsig nur wenig modifiziert. Die serbische Redaktion altkirchenslawischer Denkmäler (die Evangelistare Miroslavs, ungefähr 1179 geschrieben, und Vukans zwischen 1202 bis 1203) weisen noch Reste der Nasale auf, und noch später erinnern graphische Eigentümlichkeiten (speziell 6 für ja) an die Schreiberschule von Ochrida (auch sie gebrauchte i. allein) und an ihren glagolitischen Ui'sprung. Ganz verkehrt ist es, die Anfänge der »serbischen Redaktion« auf bekannte Litteraten, etwa auf den heiligen Sava, den Begründer des serbischen kirchlichen und geistigen Lebens, zurückzuführen. Des Unterschiedes zwischen der »serbischen« und »bulgarischen« Redaktion der Litteraturdenkmäler war man sich indes bewufst, denn öfters finden wir Notizen über »Übersetzungen aus der bulgarischen Sprache« oder aus »bulgarischen Exemplaren«, doch war die Mühe der Schreiber dabei nicht besonders grofs, mögen sie noch so sehr über die Schwierigkeiten ihrer Arbeit klagen 11S). Manche Schreiber hielten sich aber selbst im 14. Jahrhundert noch treu an ihre Vorlage. So schrieb 1330 im Kloster Lesnovo Stanislav ein Synaxarion überwiegend bulgarischer (die ersten 68 Blätter serbischer!), zwei Jahre darauf aber ein Menäum serbischer Redaktion (im Auftrag des Wojewoden Oliver) an demselben Orte ab. Durch die serbischen Eroberungen wurde auch die serbische Büchersprache nach Makedonien getragen, so dafs dieses Land nach seiner bulgarischen Periode auch eine serbische hatte; allerdings ist dieser Typus nicht immer streng durchgeführt, weshalb man auch von einem »makedonischen Mischtypus114)« spricht, der aber schon in dem Chilandarer Typikon des heiligen Sava (s. u.) zu finden ist. Wie auch der serbische Name Verbreitung fand, zeigt z. B. die Tatsache, dafs der Metropolit Jakob von Seres .(von Du*an 1345 erobert), also im südöstlichen Makedonien, im Jahre 1360 mehrere Bücher nach dem Sinaikloster an »alle Brüder, die Serben samt den Griechen«, mit der Bitte sandte, sie mögen dieselben in Ewigkeit aufbewahren115). Sogar für den »bulgarischen« Erzbischof von Ochrida wurde 1466 in Kratovo einNomokanon in »serbischer Sprache« (pisaniemt srbtskago ezyka) geschrieben116), da die Hauptkirche nur ein griechisches Exemplar hatte, und noch im 16. und 17. Jahrhundert wurde Ochrida meist in das »serbische Land» verlegt, was auch dadurch zu erklären ist, dafs zu Anfang der Türkenherrschaft die serbische Kirche der von Ochrida unterworfen war (nach 1459 bis 1557). Die Hauptmasse der serbischen Litteratur bilden Übersetzungen, aber selbst unter diesen sind Originalarbeiten nicht besonders zahlreich. Selbständige Leistungen hat Serbien nur auf dem Gebiete der Hagiographie, in den Lebensbeschreibungen seiner Herrscher und Erzbischöfe, die aber ihrem Charakter nach eigentlich auch zur Hagiographie gehören, in der Annalistik, Grammatik und Gesetzgebung aufzuweisen. Die Prosa ist fast Alleinherrscherin, denn selbst poetische Leistungen der Byzantiner werden ihres künstlerischen Gewandes entkleidet. 2. Die liturgische und theologische Übersetzungslitteratur. Von den Abschriften der Bücher der Heiligen Schrift haben einige wegen ihrer altertümlichen Merkmale philologische Bedeutung. So geht noch ein im Jahre 1346 für Branko Mlade-novic, den Vater des Vuk Brankovic, in Boraö geschriebener Psalter (samt Zugehör) mittelbar auf eine glagolitische Quelle zurück. Sehr auffällig ist die grofse Seltenheit alttestamentlicher Bücher m). Um so beachtenswerter ist daher die Tatsache, dafs das Buch Salomon von einem Mönche Gavriil in Chilandar (1412) und die vier Bücher der Könige für den Despoten Stefan Lazarevic aus dem Griechischen in der Redaktion Lukians übersetzt (1416) und bald darauf von einem Dosithej bei Ljubostinja abgeschrieben (1418) worden sind. Auf liturgischem Gebiete übersetzte (1319) der Erzbischof Nikodim das Typikon des heiligen Sabbas von Jerusalem aus dem Griechischen (s. S. 135). Nach diesem Typikon wurden dann auch die Synaxarien (kurze Legendenmenaen) und Prologe eingerichtet. Dabei ist wichtig die Tatsache, dafs den Serben schon seit dem 13. Jahrhundert russische Heilige bekannt waren, wobei die Bulgaren und die Athosklöster118) die Vermittler spielten. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts wurden auch die Menaen neu übersetzt und bildeten in dieser besseren Übersetzung die Grundlage der ersten Drucke in Rufsland. Eine umfangreiche theologische Litteratur haben die Serben zum gröfsten Teil aus der altkirchenslawischen und auch schon aus der mittelbulgarischen Periode übernommen; orthographische, formelle, lexikalische und stilistische Änderungen und Verbesserungen wurden dabei den alten Übersetzungen zuteil, namentlich ausgiebig von Seiten der Resavaschule. Manchmal werden von den Schreibern mehrere Texte und sogar das griechische Original119) verglichen, aber im allgemeinen bewahrten auch die von den Schreibern gerühmten »neuen« Exemplare ziemlich treu das alte Erbgut. Ganz besonders mufs man aber die Schreibernotizen über »Übersetzungen« kritisch prüfen. So sind unter den Übersetzern manchmal die griechischen aus einer anderen Sprache120) zu verstehen, häufig sind aber nur Verbesserungen gemeint. So will der Pope Gavriil in Chilandar den Kommentar des Olympiodoros zum Buche Job übersetzt haben (1412), aber er vervollständigte nur die frühere gekürzte »unverständliche« Übersetzung aus einem griechischen Exemplar. Besondere Sorgfalt und leider nicht richtig angebrachte Mühe verwendete der Despot Georg Brankovic auf die Lestvica des Johannes Klimax, von der er sich aus Konstantinopel und vom Athos »verschiedene griechische und serbische Exemplare« kommen liefs, und dazu noch »hundertjährige« schriftkundige Mönche vom Athos berief, die unter dem Vorsitz des Metropoliten Sabatij von Branicevo die gewünschte vollkommene Redaktion herzustellen hatten. In einer Sichtung, Würdigung und Verwertung des reichen altserbischen handschriftlichen Materials, namentlich der Sammel-kodizes, aus denen speziell für die theologische Litteratur viel zu holen wäre, ist man noch nicht über die Anfänge hinausgekommen. Deshalb ist es besonders schwer, die Frage zu beantworten, inwieweit die kirchenslawische Litteratur durch Übersetzungen in Serbien bereichert worden ist. Naturgemäfs ist die dogmatische und polemische Litteratur der Hesychasten (vertreten sind Gregorios Sinaites, Gregorios Palamas, Neilos Kabasilas, Metropolit Murko, Geschichte der südslawischen Literaturen. 10 von Thessalonike, mehrere Artikel gegen Barlaam) hinzugekommen und häufig mit älteren asketisch-mystischen Schriften vereinigt worden. Wir sind zwar über die religiösen Strömungen in Serbien wenig unterrichtet, aber immerhin sind einige charakteristische Tatsachen bekannt. Schüler des Gregorios Sinaites waren auf dem Athos und Paroria auch serbische Mönche 121); der Hauptwortführer der Hesychasten, Gregorios Palamas, den natürlich auch die serbischen Athosmönche unterstützten, stand in Beziehungen zu Dusan und wurde von »Serben und Dalmatinern« aus türkischer Gefangenschaft befreit. Doch mufs bezüglich der serbischen Texte der Hesychastenschriften betont werden, dafs Serben auch Schüler der Bulgaren Theodosij und Euthymij waren, dafs ihre bulgarischen Schüler auch nach Serbien kamen (der heilige Romil nach Ravanica), und dafs daher auch hier wenigstens teilweise bulgarische Übersetzungen zugrunde liegen können. Das gleiche gilt auch von der in älteren serbischen Handschriften nicht häufig vertretenen Litteratur gegen die Lateiner, die ja im 13. Jahrhundert von den Byzantinern besonders gepflegt wurde und im 14. Jahrhundert anläfslich der Unionsbestrebungen, die auch in Serbien sehr unpopulär waren, ihren Höhepunkt erreichte. Im allgemeinen kann über die altserbische theologische Litteratur gesagt werden, dafs sie ihrer Herkunft gemäls einen ganz mönchischen, namentlich asketischen Charakter trägt. Man findet zwar bedeutende Werke der Dogmatik und Exegese vertreten (z. B. des Antiochos Pandekten, eine Abschrift des »belehrenden Evangeliums« des Bulgaren Konstantin aus dem Jahre 1286, der Paraenesis Ephräm des Syrers 1337 in Decani, der Theologie des Johannes von Damaskos zwischen 1354 bis 1375), aber den Löwenanteil tragen in allen handschriftlichen Sammlungen die Asketik und Mystik122), die Hagiographie und die geistliche Beredtsamkeit davon. Auf den ersten drei Gebieten ist eine starke Bevorzugung der Mönche von Syrien12S), speziell des Sabbasklosters, des Berges Sinai124) und des Athos augenscheinlich. Unter den Homileten sind zahlreiche ältere und jüngere (bis auf Gennadios, den ersten Patriarchen von Konstantinopel in der Türkenzeit) Namen sehr häufig vertreten, doch eine alle weit überragende Stellung nimmt auch in der altserbischen Litteratur Johannes Chrysostomos ein: seine Reden sind in mehreren gröfseren Handschriften (darunter datierte aus den Jahren 1286, 1344125) und in zahlreichen Sammelkodizes vorhanden. Die Fastenreden wurden 1451 auf dem Athos »aus der Sprache von Hellas in unsere slowenische abgeschrieben!;, aber es ist fraglich, ob damit eine neue Ubersetzung gemeint ist. Von den griechischen Auszügen des Chrysostomos werden ausdrücklich »Apanfismata« des Symeon Metaphrastes12e) genannt. Die Ho-milien über die Genesis, die ja einen vollständigen Kommentar derselben bilden, wurden als Sestodnevnik (Hexaemeron) unter Stefan Lazarevic auf dem Athos (im Pauluskloster) übersetztm) (1426) und fanden grofse Verbreitung in der orthodoxen Slawenwelt. Dadurch wurde der Sestodnev des Joann Exarch von Bulgarien beiseite geschoben; derselbe wurde zwar auch bei den Serben abgeschrieben (auf Athos 1263 von Theodor Gramatik für den Biographen Domentijan), war aber für sie wie für die Russen offenbar zu hoch. Unter demselben Namen fiestodnevnik waren auch Reden Basilios des Grofsen (6) und Basilios des Jüngeren, des Erzbischofs von Kaesarea (9 Reden), im Umlauf. 3. Übersetzungen auf dem Gebiete der weltlichen Litteratur. Von der weltlichen Litteratur der Byzantiner haben auch die Serben wenig Übernommen, obgleich bei ihnen ein geringer Fortschritt zu verzeichnen ist. Am stärksten war auch bei ihnen das Interesse für die Chroniken, was namentlich seit dem 14. Jahrhundert begreiflich wird, als das serbische Reich grofse Eroberungen in byzantinischen Gebieten machte. Die bei den Slawen am meisten verbreitete Mönchschronik des Georgios Hamartolos wurde bei den Serben noch einmal übersetzt (immerhin verraten die Handschriften noch nicht aufgeklärte »mittelbulgarische Spuren«), und diese unter dem Titel Letovnik einhergehende Übersetzung beruht nach der Behauptung russischer Forscher auf einem ganz verschiedenen griechischen Original. Unter solchen Umständen haben wir den interessanten Fall vor uns, dafs die alte bulgarische und neue serbische Übersetzung bei den Serben gleichzeitig verbreitet waren; denn im Jahre 1386 wurde im Chilandarkloster ein alter Letopisec und 1387 in seiner Nähe am Athos, im Pauluskloster, ein Letovnik abgeschrieben. Für die Wirkungen der Chronik des Georgios Hamartolos ist es bezeichnend, dafs bei den Serben die ältesten ein- 10* heimischen Annalen an sie angeschlossen wurden. Jedenfalls im 14. Jahrhundert (nur die Jahreszahl 1334 ist sehr zweifelhaft) wurde die Chronik des Johannes Zonaras übersetzt, die in bezug auf den reichlichen Stoff und die selbständige Bearbeitung der Quellen zu den besseren Leistungen dieses Zweiges der byzantinischen Litteratur gehört. Interessant ist es, dafs der Übersetzer (oder wenigstens einige Abschreiber) die alten Daker mit den Serben identifizierte, Decebalus als »serbischen Herrn« bezeichnete und Licinius zu einem »Serben der Herkunft nach« stempelte, dagegegen unter den nach Morea vorgedrungenen Sklavini (= 2xha/$T]voi) den alten einheimischen Namen der Slawen nicht erkannte. Für den Stand der serbischen Bildung zu Anfang des 15. Jahrhunderts sind beachtenswert die Klagen eines Athosmönches Grigorij (aus dem Jahre 1408), der vom Despoten Stefan Lazarevic eine Übersetzung des Zonaras zum Abschreiben erhielt, aber bemerkte, ihr Text sei infolge »vieler Abschriften«, oder weil sie von »rohen Bauern« abgeschrieben wurde, ganz verdorben; er wollte ihn daher verbessern, fand aber weder Herodot noch Xenophon, weder Arrian noch Dio noch die Werke des Eusebios Pamphilos, Theodoretos und Niketas vor, um aus ihnen als Quellen des Zonaras das Richtige zu schöpfen. Er mufste sich daher auf Georgios Hamartolos beschränken und mit Zuhilfenahme seines Textes, welcher mit dem des Zonaras ohnehin sehr nahe verwandt wäre, die Übersetzung des Zonaras korrigieren. Die starken Kürzungen, beziehungsweise Auslassungen, die gewifs erst in Serbien vorgenommen worden sind, scheinen jedoch nicht auf diesen Grigorij zurückzugehen. Über Geographie und Astronomie wurden den Serben sogar bessere Kenntnisse vermittelt, als sie im allgemeinen in Byzanz üblich waren, denn eine aus dem Ende des 15. Jahrhunderts mit Bildern überlieferte Schrift128) bringt Wissenswertes über die Erde und die Himmelskörper ohne kirchliche Ausdeutungen und Polemik gegen die alten Systeme (die Kugelgestalt der Erde wird ausdrücklich verteidigt). Etwas älter und von den späteren russischen Hausarzneibüchern abweichend ist eine medizinische Schrift129), die deutlich ihre griechische Herkunft verrät und viele Anklänge an Hippokrates bietet. Horoskope und ähnliche Produkte des Aberglaubens sind stark vertreten. Naturwissen- schaftliche Kenntnisse vermittelte ein neu Übersetzter Physio-1 o g u s, neben dem die alte bulgarische Übersetzung auch bei den Serben erhalten blieb. In der Übernahme byzantinischer Rechtsbücher spielt Serbien eine wichtige Rolle unter den orthodoxen Slawen. Der heilige Sava begnügte sich nicht mit dem aus den Zeiten Methods stammenden Nomokanon, sondern führte in Serbien eine Synopsis der Kanones mit den Erklärungen des Aristenos und Zonaras und das Gesetzbuch des Kaisers Basilios I. vom Jahre 879, das Prochiron (Gradskyj zakon = o ngoxeigos vöiuog), ein. Diesen Nomokanon, der eine weitere Verschmelzung des kirchlichen und weltlichen Rechtes bedeutete, konnte Sava in Thessalonike in einer Übersetzung vom Ende des 12. oder vom Anfange des 13. Jahrhunderts bereits vorgefunden haben, wahrscheinlich ist es jedoch, dafs er selbst die Übersetzung anfertigen liefs, denn die Bulgarismen beziehungsweise Makedonismen einiger Handschriften sprechen durchaus nicht dagegen, da sie allen Anfängen der serbischen Litteratur eigen sind. Im 14. Jahrhundert wurde irgendwo in Serbien auch eine neue Übersetzung wenigstens einiger Kanones der apostolischen Väter und der Konzilien nach dem vollständigen Text, teilweise mit dem Kommentar des Zonaras, übersetzt. Savas Nomokanon kam bald nach Bulgarien (1262 wurde daselbst eine Abschrift für Kiew angefertigt) und nach Rufsland (Kormcaja von Rjazant 1284), wo er noch heute als 48. Stück der kirchlichen Gesetzessammlung gedruckt wird. Unter dem Zaren Dusan wurde ein alphabetisch geordnetes Handbuch des Kirchenrechtes, das Syntagma des Mönches Matthaios Blastares aus Thessalonike bald nach 1335 übersetzt (vorhanden in einer vollständigen und einer abgekürzten Redaktion). Auf Dusans Initiative wird auch eine kürzere Redaktion des Gesetzes des Kaisers Justinian zurückgeführt. Aufserdem gehen mit seinem Gesetzbuch (s. u.) mehr als zehn Bestimmungen aus dem »Agrargesetz« einher. Überdies gibt es eine in das 14. Jahrhundert fallende Kompilation, die mittelbar aus der Ekloga, aus dem Prochiron und dem Handbuch (E7cavaywyi]) Basilios' I. geschöpft ist und einheimische Einschübe aufweist. Bezüglich der aus Byzanz geholten poetischen Erzeugnisse ist es in einigen Fällen schwer zu bestimmen, ob sie gerade hierher gehören; aber es unterliegt keinem Zweifel, dafs die meisten seit dem 14. Jahrhundert und hauptsächlich in den makedonisch - serbischen Grenzgebieten übersetzt worden sind. Für diese Lokalisierung sprechen sprachliche, in späteren Abschriften häufig nur durchschimmernde Merkmale und der Umstand, dafs in diese Periode eine stärkere Berührung mit dem griechischen Element fällt, ohne welche besonders die am meisten vertretenen Übersetzungen aus der vulgär-griechischen Litteratur unverständlich wären. Gemeinsam ist ihnen auch das Merkmal, dafs die Versdichtungen in freien Prosabearbeitungen wiedergegeben wurden; zum mindesten gilt das für diejenigen Fälle, in denen man bisher darauf geachtet hat. Von der älteren hellenisierenden Profanpoesie ist nur das umfangreichste Werk des GeorgiosPisides, das Hexaemeron, ein philosophisch-theologisches Lehrgedicht über die Erschaffung der Welt mit zahllosen Beziehungen auf die Zeitgeschichte (erste Hälfte des 7. Jahrhunderts), bekannt. Von den jüngeren fand Beachtung die an die Scheide des 11. und 12. Jahrhunderts fallende Dioptra (slaw. Zrtcalo = Spiegel), ein den Streit zwischen Seele und Leib behandelndes Erbauungsgedicht (in fünf Büchern, also samt den »Klagen«) des Mönches Philippos Soli-tarius. Etwas Unbekanntes ist eine dogmatische Panoplia, »Verse des Georgios Pamphilos« (Chilandar Nr. 216). Mehr Anklang fanden die vulgär - griechischen Vers- und Prosadichtungen. Das trockene, für byzantinische Zustände jedoch sehr bezeichnende Lehrgedicht Spaneas, in welchem Alexios, der Sohn des Kaisers Johannes Komnenos, seinen Neffen unterweist (vor 1142), ist in einer schlecht überlieferten kirchenslawischen, auf Makedonien hinweisenden Übersetzung und in einer freien serbischen Bearbeitung erhalten, in der die poetische Färbung ganz vernichtet ist, so dafs sie den Eindruck eines ganz schmucklosen prosaischen Auszuges macht, der aber schon in einem griechischen Original vorhanden gewesen sein kann. Vielleicht schon in die altbulgarische, wahrscheinlich aber erst in diese Periode130) ist eine Übersetzung des byzantinischen Nationalepos Basilios Digenis Akritas zu verlegen, über die sichere Angaben unmöglich sind, weil sie nur in einer späten russischen Bearbeitung (Taten des schönen Devgenij) erhalten ist. Es bleibt daher auch fraglich, inwiefern das vorauszusetzende südslawische Original von den bisher bekannten griechischen Fassungen abwich. Im Vergleich zur byzantinischen Epopöe, welche die Kämpfe des Akriten (Grenzwächter) Digenis mit den Sarazenen und Apelaten (Raubrittern) zum Gegenstande hat, sind in der slawischen Fassung die historischen und genealogischen Tatsachen stark verwischt, dafür aber viele märchenhafte Züge eingeführt; das erotische Element tritt so sehr zurück, dafs nichts übrig bleibt, was über die Grenzen der ehelichen Liebe hinausgeht; dafür wurde aber das christliche Element in den nicht zwischen Sarazenen und Griechen, sondern zwischen Muselmanen und Christen stattfindenden Kämpfen sehr verstärkt. Mit den slawischen Lenorensagen hat der Akritenkreis nichts zu tun. Auch der Porikologos (das ist Obstbuch), eine kleine Prosaerzählung, in der vor einer Versammlung von Baumfrüchten der Traube Prozefs gemacht wird, liegt in einer geschickt nationalisierten Übersetzung vor, deren Titel »Martyrium des seligen Grozdij« (Grozd = Traube ist im Slawischen männlichen Geschlechtes) sehr ernst klingt, im Texte aber um so gemütlicher aussieht, als die Parodie des verwickelten byzantinischen Ämterapparates etwas eingeschränkt worden ist. Hauptsächlich nach Makedonien führen uns im Vergleich zu früheren Zeiten besonders zahl- und umfangreiche Sammlungen von Sentenzen, die nicht blofs aus der Bibel und den Kirchenvätern, sondern auch aus der antiken Litteratur geschöpft waren, so dafs wir darin einigen Ersatz für den gänzlichen Mangel an philosophischen Werken finden. Vor allem sind zu nennen die Sentenzen des griechischen Komödiendichters Menander, deren Übersetzung einer griechischen Vorlage entstammt, die alphabetisch nach den Anfangsbuchstaben der Verse geordnet war. Dafs ein derartiges Werk in verschiedenen Redaktionen vorkam, zeigt auch hier die ins 13., vielleicht schon in das Ende des 12. Jahrhunderts fallende slawische Übersetzung, die ungefähr hundert im Griechischen bisher nicht aufgefundene Verse enthält. Von Menander selbst war allerdings schon im Original wenig übrig geblieben; noch mehr wurde aber die ganze herübergenommene antike Weisheit durch den Übersetzer verwischt, welcher der Wiedergabe feinerer philosophischer Begriffe oder poetischer Redewendungen nicht gewachsen war; namentlich fehlten ihm Worte für abstrakte Begriffe, so dafs er oft einen einzigen Ausdruck für drei oder vier griechische anwendet. Unter dem Titel »Filosofija« sind in einer aus Makedonien stammenden Handschrift eines Popen Dragolj und auch sonst prosaische F1 o r i 1 e g i e n überliefert, deren Herkunft und Zusammensetzung ein schwieriges Kapitel der Litteraturgeschichte des orthodoxen Slawentums bildet. Auf jeden Fall lehrt die Kompilation des Popen Dragolj, dafs schon im slawischen Süden zum Teil sehr alte Übersetzungen verschiedener Florilegien das Material zu neuen derartigen Werken lieferten. Auch Sammlungen von Sprüchen Sirachs (die älteste in dem sogenannten Sbornik Svjatoslavs von 1076) und Salomos zeigen, dafs die slawische Litteratur nicht blofs durch Übersetzungen, sondern auch durch Neuschöpfungen, allerdings nach dem Muster der byzantinischen Florilegien, bereichert wurde. Stark verbreitet war im slawischen Süden auch eines der bedeutendsten byzantinischen Florilegien, die aus dem 11. Jahrhundert stammende Melissa (slaw. Pöela) des Mönches Antonios; doch ist ihre Übersetzung im südlichen Rufsland in vormongolischer Zeit angefertigt worden und kam nicht später als im 14. Jahrhundert, wahrscheinlich durch bulgarische Medien, zu den Serben. Auffällig ist die Übersetzung des Florilegiums eines der heidnischen Philosophie so nahestehenden Schriftstellers wie Euagrios, der gar nicht heilig oder hochehrwürdig, sondern direkt der Philosoph genannt wird. Speranskij13 *) sieht darin einen Reflex des Interesses für die alte Philosophie, das für die religiösen Strömungen Bulgariens im 14. Jahrhundert charakteristisch ist. Da das Werk jedoch in einer einzigen und rein serbischen Handschrift erhalten ist, so kann es sehr gut in die serbische Periode Makedoniens fallen, wohin die byzantinische Frührenaissance auch ihre Wellen schlug. Allerdings fiel die durch dieses und andere Florilegien ausgestreute Saat des klassischen Altertums weder bei den Südslawen noch bei den Russen auf fruchtbaren Boden, denn hier bildeten die Florilegien keine Schulbücher wie in Byzanz, sondern standen in einer Reihe mit der üblichen Lektüre der Legenden, Apokryphen und orientalischen Erzählungen. Die Erinnerung an das klassische Altertum ist in der slawischen Uberlieferung der Sentenzen auch dadurch verwischt worden, dafs die Namen ihrer Urheber durch allgemeine Ausdrücke, wie »ein Philosoph« oder »jemand sagte«, ersetzt oder gänzlich fallen gelassen wurden. So ging der charakteristische Unterschied zwischen gelehrten Zitaten und den Sprichwörtern überhaupt allmählich verloren. Dazu kamen ausgesprochene Sprichwörter der mittelalterlichen Griechen durch homiletische Werke, in denen sie ja zu allegorischen theologischen Deutungen allzu stark herangezogen wurden, durch Sammlungen wie die des Maximos Planudes und natürlich auch auf mündlichem Wege zu den Slawen. Für die Russen wurde das schon an sicheren, wenn auch nicht besonders zahlreichen Beispielen nachgewiesen182), für die Südslawen ist es bei den innigen Beziehungen zu Byzanz selbstverständlich. Nur darf man beim Vergleichen der mittel-und neugriechischen Sprichwörter mit der Volksweisheit der Südslawen die Ähnlichkeit in der Form nicht überschätzen. Krumbachers133) Einteilung der Sprichwörter in zwei verschiedene Gruppen, eine griechisch-orientalische, in welcher die anekdotische, auf den einzelnen Fall zugeschnittene Form vorherrscht, und eine abendländische, welche die betreffende Wahrheit in Form eines allgemeinen Satzes enthält, hat sich überhaupt nicht bewährt, da die anekdotische, auf den einzelnen Fall bezogene Ausdrucksweise bei allen Völkern die ursprüngliche gewesen und erst allmählich der allgemeinen Sentenz gewichen ist184). Dieser Weg war schon dem klassischen Sammler der traditionellen Litteratur der Serben, Vuk St. Karadzic, klar, der in der Vorrede zu seinen »Serbischen Volkssprichwörtern«185) den Unterschied zwischen »echten Sprichwörtern« und »vielen kleinen Erzählungen« genau beobachtet und darauf hingewiesen hat, dafs die Sprichwörter aus solchen Erzählungen entstanden sind. Unbekannt sind die griechischen Originale einiger in serbischer Redaktion vorkommender Erzählungen. Durch ihre Schönheit ragt hervor die von der Wirtin Theophano, die eine historische Grundlage besitzt, und die Verschwörung des Johannes Tzimiskes und anderer Unzufriedener gegen den Kaiser Nikephoros II. Phokas (963—969) schildert, aber ganz im Tone des Volksmärchens und alles Unglück Theophano, der Frau des Phokas, zuschreibend. Auffällig stark sind auch hier orientalische Stoffe vertreten, namentlich jüdische, deren wir in einer noch Bulgarismen verratenden Handschrift, die ebenfalls aus Makedonien stammen können, gleich drei finden. Nach einer aus einer »Chronik« geschöpften »Geschichte vom treuen Dienst« diente »einem Manne Nevrod (Nimrod ?) im Lande Evus« ein Mann durch fünfzig Jahre ohne den versprochenen Lohn. Da ging er zu einem Magier in einer Wüstenhöhle, um für sich, eine sitzengebliebene Jungfrau, sieben Männer und eine grofse Eiche am Wege, die ähnliche Schmerzen hatten, Rat zu holen. Weil sie alle ihre Fehler aufrichtig beichteten, so brachte ihnen dies Glück. Einen ähnlichen moralisierenden Inhalt hat »die Frage eines Königs Jus (das ist Joas186)), der in Israel und Samaria herrschte, an einen Philosophen Josip« (Josef). Der genannte Nachfolger Ahabs meinte, dafs von allen Verbrechen nur der Mord oder die Vertreibung eines Königs — in der Geschichte Israels gab es dafür genug Beispiele — ohne Begründung sei. Josef widerlegt ihn mit dem Hinweis auf Saul und Ahab und erzählt ihm zur Bekräftigung eine Fabel, wie sich der Bär, Wolf und Eber im Land teilten und den Kater, Fuchs und Igel in Dienst nahmen, dann aber, trotzdem sie die stärkeren Tiere waren, durch die Schlauheit des Fuchses umkamen, weil auch sie sich vom Neid, dem Ursprung alles Übels, leiten Helsen. Die Fabel, die an das serbische Volksmärchen vom Bären, Schwein und Fuchs sehr stark erinnert, ist ein interessanter Beitrag zur Geschichte von der Herkunft des Zyklus vom Reineke Fuchs. Die »Erzählung aus alten Büchern von Asa, König in Juda, dem fünften nach David«, bringt eine vollständige Genealogie dieses Weiberfeindes, der drei die Frauen verherrlichende Verse aus dem Gottesdienst entfernen liefs und dafür hart büfsen mufste. Diese Erzählung, die eine offenkundig ältere und viel schönere Redaktion — solcher Fälle gibt es mehrere — der abendländischen Sage vom Kaiser Jovinianus in den Gesta Romanorum repräsentiert, gehört eigentlich zu der bei den Serben sehr stark verbreiteten apokryphen Litteratur, da sie an einer Person des Alten Testamentes haftet und sich direkt als »vom König selbst geschrieben« hinstellt. Auch für die lange nur aus der russischen Litteratur bekannten »Zwölf Träume des Königs (von Jericho) Sakys« (auch Sahinsah, Sahaisa, Tankis), die ihm der Weise Mamer deutet, wurde die (von A. N. Veselovskij vermutete) Vorlage in zwei altserbischen Handschriften gefunden, von denen eine auf eine bulgarische zurückgeht. Alle diese Geschichten zeigen, dafs der »weise Akyrios« nicht vereinzelt in der kirchenslawischen Litteratur dasteht; auch braucht wenigstens für alle nicht eine griechische Quelle vorausgesetzt zu werden, denn auch auf diesem Gebiete konnten sich die Athosmönche ihre Vorlagen direkt aus Palästina oder vom Sinai holen, ja einzelne Übersetzungen können makedonische und serbische Mönche sogar aus anderen Sprachen angefertigt haben. Noch näher liegt aber die Möglichkeit einer Vermittelung durch die am Balkan angesiedelten Juden. 4. Originalleistungen auf dem Gebiete der geistlichen und weltlichen Litteratur. Nicht umsonst schweigen die serbischen Quellen von der Vergangenheit Serbiens vor Stefan Nemanja, die ihnen als heidnisch und häretisch erschien; erst der konsolidierte und orthodoxe serbische Staat brachte dem Lande Herrscher und Heilige, die man nicht blofs in kirchlichen Lobreden und Gesängen, sondern auch in Biographien feierte, welche allerdings meist für Menäen und andere Kirchenbücher bestimmt waren. Auf diesem Gebiete finden wir daher originelle Leistungen, die sich natürlich auch an die byzantinischen Muster anschlössen, und sogar ausgeprägte litterarische Persönlichkeiten. Nemanjas beide Söhne, die sein Werk auf staatlichem und kirchlichem Gebiete vollendeten, sind auch die ersten serbischen Schriftsteller. Der Zeit und auch Bedeutung nach gebührt der Vorrang dem jüngsten Sprossen des Begründers der Dynastie der Nemanjici, dem heiligen Sava (nach 1171 — 1236). Der schwärmerische Jüngling Rastko, der von einem Mönche des russischen Pantelejmonklosters von dem Leben auf dem Athos gehört hatte, entfloh im 17. Lebensjahre in das genannte Kloster, das er dann mit Watopädi vertauschte, wohin ihm nach fünf Jahren auch sein Vater bereits als Mönch mit einigen seiner Mitarbeiter folgte. Mit ihren eigenen Mitteln und der erbetenen Unterstützung Stefans des Erstgekrönten stellten sie das zerfallene Kloster Chilandar als serbische Lawra (nahm dem Range nach die vierte Stelle unter den Athosklöstern ein), für die Sava das kaiserliche Privilegium persönlich in Konstantinopel 1198 erwirkte, wieder her; sie sollte nicht blofs zur Aufklärung ihres Vaterlandes, sondern auch zur Verbreitung des wahren Glaubens in seinem (überwiegend katholischen) »Westen« dienen, was einen Lieblingsgedanken Savas auf dem Athos bildete. Das asketische Leben daselbst konnte ihn jedoch nicht dauernd fesseln, um so mehr, als die Athosklöster vorübergehend unter die Herrschaft des Papstes gerieten. Im Jahre 1207 folgte er dem Rufe seiner Brüder, er möge ihre Thronstreitigkeiten schlichten, und brachte den »unversehrten Leichnam« seines Vaters nach Studenica, wo er als Igumen nicht blofs das Klosterleben hob, sondern auch seinem regierenden Bruder mit Rat und Tat zur Seite stand. Anläfslich der Heirat Stefans mit einer Venetianerin begab er sich wieder nach dem Athos, kehrte aber aus Nikäa als autokephaler Erzbischof Serbiens zurück (um 1220) und widmete in seiner Residenz Zica alle seine Kräfte der Hebung der Orthodoxie und der Organisation der serbischen Kirche. Im Jahre 1229 unternahm er eine Pilgerreise nach Palästina und besuchte nach Niederlegung seiner hohen Würde (1233), die ihm unter den streitenden Neffen zur Last wurde, wieder das Heilige Land, Alexandria und die ägyptischen Wüsten, zog nach abermaligem Aufenthalt in Jerusalem über Babylon auf den Sinai, kehrte über Jerusalem, Antiochia, Armenien und Anatolien nach Europa zurück und starb in der bulgarischen Residenz Trnovo (14. Januar 1236). Im folgenden Jahre wurden seine Reliquien nach Mileseva gebracht, doch wurde dieses Heiligtum der südöstlichen Herzegowina am Ende des 16. Jahrhunderts von den Türken geraubt und vor Belgrad verbrannt. Savas Bedeutung für die serbische Kultur liegt in seiner kirchlichen Organisationstätigkeit, seine Verdienste als Schriftsteller wurden jedoch lange überschätzt, seine Hauptleistungen allerdings auch unterschätzt. Zuerst (1199) schrieb Sava ein im Original erhaltenes Typikon für die zu Chilandar gehörige Einsiedlerzelle des heiligen Sava von Jerusalem in »Kareje« (Karyäs, serbische Übersetzung: Orahovica), das wahrscheinlich eine Übersetzung ist, wie die Typika der Klöster Chilandar und Studenica. Sava holte sich das Original für diese aus dem gut organisierten Kloster der Muttergottes der Wohltäterin (Oeotoxo v zrjg Evegyhiäog) in Konstantinopel, in dem er abzusteigen pflegte, und liefs absichtlich nur den zweiten, auf das Klosterleben bezüglichen Teil übersetzen, da ein eigentliches Typikon mit der gottesdienstlichen Ordnung offenbar bereits in einer Übersetzung vorhanden war. Der Übersetzer war seiner Aufgabe nicht gewachsen, er verwechselte gleichlautende Worte, kannte die altkirchenslawische Sprache nicht gut und brachte volkstümliche Elemente hinein, aber nicht rein serbische, sondern bulgarische oder makedonische. Ein gröfserer Einschub (im I. Kap.) mit Zitaten aus dem Evangelium und dem Apostolos sowie die Korrekturen sind wahrscheinlich Savas Werk und würden beweisen, dafs er mit dem Kirchenslawischen ziemlich gut vertraut war. Der spätere Text von Studenica soll dem griechischen Originale sogar näher stehen. Das bezieht sich aber nur auf die übersetzten Bestandteile, denn das Typikon von Studenica erhielt im Vergleich zu seiner ursprünglichen Zusammensetzung eine wesentliche Bereicherung durch die Biographie seines Ktitors, des heiligen Symeon, der schon ein Jahr nach seinem Tode auf dem Athos kanonisiert worden war. Sava unterzog sich damals der Aufgabe, das nicht bekannte Officium für seinen Gedenktag zu schreiben, und widmete ihm auch zwei kurze Kapitel .(II., III.) in dem Typikon von Chilandar, die er in dem von Studenica erweiterte. Diese Biographie wurde später als selbständige Lektüre abgetrennt, doch sind die Spuren des ursprünglichen Zusammenhanges nicht verwischt. Wahrscheinlich bildete auch die Stiftungsurkunde von Studenica ursprünglich ein Kapitel seiner Klosterregel, wie das in den byzantinischen Stiftungstypiken der Fall war. Sava beschrieb (wahrscheinlich bald nach 1207 und vor 1215) sehr kurz das gottgefällige »Leben« des Mönches Symeon, nicht des verdienstvollen Herrschers Stefan Nemanja, über den nur nebenbei einige Nachrichten abfallen; doch kamen darin auch seine kindlichen Gefühle stark zur Geltung, wie überhaupt seine ganze Darstellung trotz biblischer Zitate und Vergleiche natürlich, schlicht und gar nicht legendarisch ist; die vor anderen Biographien sie auszeichnenden genauen chronologischen Daten sind jedoch als spätere Zusätze wertlos18T). Auf Originalität machte der erste serbische Schriftsteller keinen besonderen Anspruch, denn er nahm eine Stelle aus seinem Typikon von Kareje, zwei Drittel des Textes der Goldbulle von Chilandar (1198 — 1199) und mehrere Stellen und Phrasen aus dem Typikon von Chilandar und mittelbar aus seinem griechischen Originale herüber. Die sonstige Rolle Savas in der serbischen Litteratur charakterisiert die Nachricht, dafs er sich »viele Gesetzbücher und solche über die Verbesserung des Glaubens« vor der Besitznahme seines Erzbistums in Thessalonike abschrieb. Bekannt ist sein »Nomokanon« mit der Übersetzung des Prochiron (S. 149). Die nicht besonders reichhaltige serbische Epistolographie leitete ebenfalls Sava mit einem Sendschreiben aus Jerusalem an den Igumen von Studenica Spiridon ein, dem er verschiedene Andenken aus dem Heiligen Lande übersendete und seine Reise nach Alexandria und dem Sinai ankündigte. Bald nach Sava schrieb (Ende 1214 oder Anfang 1215) Stefan der Erstgekrönte das Leben188) desselben Mönches Symeon, aber auch »des früheren Unterweisers und Lehrers, des Herrn und Selbstherrschers seines ganzen serbischen Vaterlandes und des Küstengebietes«. Dementsprechend bietet uns der älteste Sohn und Nachfolger auf dem Throne eine wirkliche und inhaltsreiche, allerdings ganz kirchlich gefärbte Biographie, die auch einfach und klar geschrieben ist, aber der weniger gelehrte Laie steht hinter seinem geistlichen Bruder weit zurück, indem er seinem Vater schon zahlreiche »Wunder und Gnaden«, die ihm namentlich in den Kämpfen gegen seine Feinde zustatten gekommen seien, zuschreibt und noch hinzufügt, dieselben seien ebensowenig zu zählen »wie die Sterne am Himmel und der Sand am Meere«, während Sava noch kein einziges Wunder erwähnt. Die ihm zugeschriebenen kanonischen und liturgischen Fragen an Demetrios Chomatianios, Erzbischof von Ochrida, rühren jedoch nicht von ihm, sondern sicher von seinem Sohne Radoslav her (K. Jirecek). Dem Hieromonach des Chilandarklosters Domentijan, der von seinem Schützling Theodor Gramatik als grofser Bücherliebhaber gefeiert wird, verdanken wir zwei ausführliche Biographien, die des heiligen Sava (1253 wahrscheinlicher als 1243) und des heiligen Symeon »früher Nemanja des Ersten, des Erneuerers des serbischen Vaterlandes« (1264). In beiden schrieb er Stefan den Erstgekrönten gründlich aus, in der zweiten auch sich selbst. Bezeichnend ist für diesen Musterkompilator das Verfahren in der Biographie Nemanjas: im Verhältnis zu Stefan bringt er gar nichts Neues, im Gegenteil, er drängt alles Tatsächliche in den Hintergrund oder läfst es ganz fallen; dafür häuft er aber noch mehr Wunder an, erhebt seinen irdischen Helden überhaupt zu einem himmlischen Wesen und erweitert seine Vorlage fast um das Dreifache durch biblische und theologische Zitate sowie durch einen besonderen Reichtum an künstlich gedrechselten und gewundenen Phrasen. Im Zusammen- hang mit dem ganzen Entwicklungsgang der serbischen Geschichte steht auch die Tatsache, dafs Domentijan die Herkunft und die katholische Taufe Nemanjas verschweigt, an der noch Sava und Stefan keinen Anstois genommen hatten. Die serbischen Biographien ahmen also auch darin ihre griechischen Muster nach, dafs sie sich fortschreitend vom geschichtlichen Boden entfernen, dafür aber als Hagiographen immer mehr legendarisch und rhetorisch werden. Von diesem Gesichtspunkte ist auch das Verhältnis Domen-tijans zu dem weiter unbekannten Mönch Theodosij zu betrachten, der lange ins 14. Jahrhundert verlegt wurde, obgleich er seine »Geschichte139)« oder sein »Leben140)« des heiligen Sava nach den Mitteilungen »seiner ehrwürdigen Schüler, die mit ihm fasteten, pilgerten und wirkten«, schrieb. In seiner "Würdigung wurde man ihm allmählich gerecht, aber noch immer glaubt man, er habe Domentijan abgeschrieben, da beide in der Reihenfolge und dem Inhalt ihrer Erzählung, von wenigen Stellen abgesehen, übereinstimmen, während das Umgekehrte der Fall ist. Beide charakterisieren sich selbst am besten, denn nach Theodosij haben die Athosmönche Sava beauftragt, das »Leben«, nach Domentijan die »Wunder« (Öudotvorenija) des heiligen Symeon zu schreiben. Genaue Vergleiche zeigen, dals Theodosij Sava näher steht, selbständig und in der Tat viel mehr historisch (die Glaubwürdigkeit aller seiner Nachrichten ist eine andere Frage), sachlich und natürlich ist, Domentijan dagegen legendarisch, hyperbolisch und rhetorisch, durch welche Eigenschaften auch sein »Leben« Savas stark angeschwollen ist, dabei aber an Deutlichkeit und Präzision viel verloren hat. Überdies führt Theodosij eine ungemein poetische Sprache und verdient insofern in der Tat ein Romancier des 13. Jahrhunderts genannt zu werden. Die beiden Athosmönche waren Konkurrenten, und es ist wohl kein Zufall, dafs Domentijan nur die Biographie des heiligen Sava in seiner Einzelzelle Kareje schrieb, wo er nach ihrem Typikon immer hätte bleiben sollen, und ebenso charakteristisch ist die Tatsache, dafs Domentijan seine beiden Werke an den König Stefan UroS nach Serbien sandte. Domentijans Biographien waren für den serbischen Hof bestimmt, Savas Biographie des Theodosij behagte mehr den Mönchen (vgl. Stefans und Savas Biographie Nemanjas). Es ist begreiflich und macht den mönchischen Abschreibern (Serben und Russen) sogar Ehre, dafs sie Theodosijs Biographie des heiligen Sava der des Domentijan vorzogen und letztere sogar in Vergessenheit geraten liefsen, allerdings häufig unter dem Namen Domentijans (noch in der Ausgabe von Danißiö, Belgrad 1860). Beide Werke haben wegen der Schilderungen der Pilgerfahrten Savas eine Bedeutung für die Palästinalitteratur, die sonst in dem alten Schrifttum der Südslawen nicht vertreten ist. Unter solchen Umständen ist es wenig wahrscheinlich, dafs Theodosij auch einen kurzen Auszug aus Domentijans Leben des heiligen Symeon verfafst habe. Solche Auszüge waren überhaupt keine Seltenheit. So gibt es auch ein Leben des heiligen Symeon und Sava nach Domentijan (nicht jünger als 16. Jahrhundert), das Savas zweite Orientreise als eine Fahrt nach Rom hinstellt, wo er zum sechsten Patriarchen »von Serbien und der Nachbarländer Ungarn, der Lateiner und Bosniens« geweiht worden sei. Diese Fabel ist aufserordentlich charakteristisch für Serbiens Beziehungen zu Rom. Dagegen gehören Theodosij ohne Zweifel andere ebenfalls populäre, für die Physiognomie eines altserbischen Schriftstellers charakteristische Werke: ein Kanon für den heiligen Symeon (Nemanja), ein Kanon für den heiligen Sava, ein Hymnus und ein Panegyrikos für beide Heilige. Dagegen schrieb offenbar ein anderer Athosmönch, Theodosije, die Legende des heiligen Peter Koriski (von Korisa), dessen Einsiedlerleben auf den Bergen um Prizren in die Zeit Dusans fallen soll. Durch die vielen Visionen, insbesonders durch die sich in einem fort wiederholenden Teufelserscheinungen erinnert diese Legende in der Tat an die hagio-graphische Litteratur der bulgarischen Hesychasten, doch hat Peter selbst zu ihnen gar keine Beziehungen gehabt. Theodosij unternahm vom Athos eine Wallfahrt zu den Reliquien des Heiligen, um sich Nachrichten über ihn zu holen, und widmete ihm auch einen Kanon und Hymnen. Das umfangreichste Werk der altserbischen Litteratur sind die »panegyrischen Lebensbeschreibungen der serbischen Könige und Erzbischöfe« (die Titel Carostavnik = Kaiserchronik und Rodoslov = Genealogie rühren von späteren Abschreibern her) des letzten Erzbischofs (sein Nachfolger wurde Patriarch von Serbien) Daniii (Danilo) II. (1323—1338), eines adeligen Spröfslings, der sich zuerst als Igumen des Chilandarklosters, dann als Bischof und Ratgeber der Könige Milutin und Stefan Decanski in hervorragender Weise betätigte. Auch dieser Staatsmann schrieb — wahrscheinlich auf dem Athos — nur kirchliche Lobreden auf die angeblich nur der Frömmigkeit lebenden, Kirchen und Klöster beschenkenden serbischen Herrscher seit Stefan Uro§ I. (1243—1276), dessen Gemahlin Jelena, eine »fränkische» Prinzessin, ausnahmsweise auch eine Biographie erhalten hat, obwohl sie eine eifrige Katholikin war. Er wollte an Sava und Stefan den Erstgekrönten anknüpfen, aber dieser und seine Söhne gingen leer aus, da ihm über sie offenbar kein Material zur Verfügung stand. Vollständig ist dagegen die Reihe der auf Sava folgenden Erzbischöfe, denen auch viel mehr Raum gewidmet wird. Die ersten Regierungsjahre Dusans (bis 1337) und auch schon das Leben seines Vaters beschrieb ein Schüler Daniiis, den er öfters als seinen »Herren« bezeichnet. Eigentliche Fortsetzer fand nur der geistliche Teil, der nicht blofs eine ausführliche Biographie Daniiis selbst, sondern auch einige Notizen über die ersten drei Patriarchen (bis 1376) enthält. Wie andere Werke hat auch dieses historischen Wert nur in Ermangelung besserer Quellen. Dafs es immerhin besser ist als sein Ruf, zeigt die Biographie des Königs Stefan Decanski von Grigorij Camblak (Samblak, Dzamblak), einem aus der Schule des Euthymij hervorgegangenen Bulgaren (geb. 1364?), der als Igumen des Klosters Decani (heute auf albanesischem Gebiet) dessen Gründer mit echt byzantinischer Rhetorik pries (1407—1408), dabei aber auch eine recht hübsche Beschreibung der Gegend von Decani und eine äufserst interessante Schilderung des Baues der dortigen Kirche lieferte, sonst aber bezüglich der historischen Daten hinter Daniii beziehungsweise seinem Schüler zurücksteht. Seine Feindseligkeit gegen den Zaren Stefan Dusan ist nicht auf »nationale Tradition« zurückzuführen, sondern auf die Haltung der Athos-mönche, die sich in der serbischen Patriarchatsfrage auf die Seite ihres Oberhauptes in Konstantinopel stellten. Auffällig konfus sind seine Nachrichten über die religiösen Streitigkeiten in Konstantinopel, um so mehr, als er schon 1389 auf dem Athos und in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre des 14. Jahrhunderts in der Hauptstadt selbst weilte, so dafs er sich bessere Vorstellungen von Barlaam holen und auch von seinem Hauptgegner Palamas, den er Murko, Geschichte der südslawischen Litteraturen. 11 gar nicht erwähnt, etwas hören konnte. Camblak kam auf Anregung des Kiewer Metropoliten Kiprijan, eines durch langjährigen Aufenthalt auf dem Athos serbisierten Bulgaren, über Moldau nach Südrufsland, wo er eine äufserst lebhafte, viel gefeierte schriftstellerische und rednerische Tätigkeit entwickelte und als Metropolit von Kiew (1414—1418) von Konstantinopel heftig bekämpft wurde. Diesen beiden Männern gebührt hauptsächlich das viel gerühmte, aber zweifelhafte Verdienst, dafs sie die in Orthographie und Sprache archaisierenden und inhaltlich sich an die zeitgenössischen Produkte der Byzantiner eng anschliefsenden Leistungen der Südslawen nach Rufsland brachten und eine Reaktion gegen die sich daselbst entwickelnde volkstümliche Richtung hervorriefen. Nach Daniii bemerken wir in der serbischen Geschichtschreibung eine gröfsere Lücke. Namentlich auffällig ist es, dafs eine so hervorragende und mächtige Persönlichkeit wie Stefan Dusan nicht einmal einen Lobredner fand; ein neuer Beweis, dafs die Mönchswelt, namentlich die des Athos, seine eigenmächtige Gründung des serbischen Patriarchats nicht billigte. Dagegen wird nach der Aussöhnung der serbischen Kirche mit der griechischen Fürst Lazar, der in der Kosovoschlacht (1389) ein tragisches Ende fand, in Gedächtnis- und Lobreden als Märtyrer der Nation gefeiert, so dafs wenigstens dieser gewaltigen Katastrophe, die im Volkslied so stark fortlebt, auch in der Litteratur Erwähnung geschieht. Die bedeutendste historische Leistung der Südslawen steht am Ende der altserbischen Litteraturperiode und verherrlicht den Despoten Stefan Lazarevic (1389—1427), der sith der Litteratur am meisten von allen serbischen Herrschern annahm und sie im Lande selbst pflegen liefs. Im Mittelpunkt der litterarischen Bewegung an seinem Hofe dürfte Konstantin von Kostenec (Küstendil in Westbulgarien? ein Dorf Kostenec noch jetzt bei den Maricaquellen), wegen seiner Gelehrsamkeit wie der gleichnamige erste Slawenapostel der Philosoph genannt, gestanden haben; er war ein bulgarischer Flüchtling, der sich die slawische und griechische Bücherweisheit von einem gewissen Andronik aus der »Romanija« (d. i. Thrakien um Philippopel und Stara Zagora), einem Schüler des Euthymij, und durch längeren Aufenthalt auf dem Athos, in Konstantinopel und sogar in Jerusalem angeeignet hatte. Sein Hauptwerk ist die Biographie des Stefan Lazarevic, die er nach dem Tode seines nicht kanonisierten Gönners im Auftrag des Patriarchen und einiger Magnaten schrieb (1431 —1432). Hier haben wir eine wirklich historische Arbeit vor uns, in deren Einleitung wir sogar eine Geographie Serbiens und eine allerdings sehr bedenkliche Genealogie seines Herrscherhauses, das auf den Kaiser Konstantin zurückgeführt wird, antreffen. Im Vordergrunde seiner Schilderung stehen die türkischen Verhältnisse, während Stefans Beziehungen zu den westlichen Nachbarländern nur flüchtig dargestellt werden; doch gerade dadurch wird das Werk besonders wichtig, weil die Zeit von 1360 —1420 in der byzantinischen Geschichte am dunkelsten ist. Viele Einzelheiten, z. B. das begeisterte Loh Belgrads, die häufigen chronologischen Angaben, die Zuverlässigkeit der Erzählung, das Bestreben, überall die Wahrheit wiederzugeben, sind Vorzüge, derentwegen Historiker (K. Jireöek, St. Stanojevic) das Werk so hoch stellen. Leider macht es sein schwulstiger Stil geradezu ungenielsbar, denn Konstantin eignete sich nicht nur die Gelehrsamkeit (er zitiert Thukydides, Aristoteles, Plato usw.), sondern auch die besonders gekünstelte Sprache des absterbenden Byzanz an, so dafs er auch bezüglich der Unverständlichkeit die höchste Stufe der serbischen Geschichtschreibung erreicht hat. Unter den serbischen Kirchenfürsten fand den letzten Biographen der Patriarch Jefrem (Patriarch 1375, starb 1399). Lobreden erhielten noch die letzten Despoten auf ungarischem Boden: Stefan Gjorgjevic und seine Frau Angjelina sowie ihre Söhne Erzbischof Maksim (f 1516) und Ioan Despot (f 1503). Bis zum Ende fanden also nur die Sprossen des Herrschergeschlechtes Beachtung, die schweren Schicksalsschläge, die das ganze serbische Volk trafen, erweckten aber keinen Widerhall in der Litteratur. Dafs die panegyrische Litteratur der Serben mit geringen Ausnahmen nicht hoch steht, braucht keiner weiteren Erwägungen. Schlimmer als ihre mönchische Exklusivität, ihr Mangel an historischem Sinn und ihre Phrasenhaftigkeit, die übrigens in der allzu grofsen Abhängigkeit von den zeitgenössischen Byzantinern ihre Erklärung findet, ist jedoch eine unglaubliche Heuchelei. So meint der russische Kirchenhistoriker Golubinskij, dafs man von den Serben eine im höchsten Grade ungünstige Vorstellung 11* bekommen müfste, wenn man den Charakter des ganzen Volkes nach dem Werke des Biographen der serbischen Herrscher Daniii beurteilte. Solche entsetzliche Rhetorik, ja noch mehr solche grenzenlose Schmeichelei und Lügenhaftigkeit findet man sogar bei keinem Byzantiner, die darin doch Meister waren. Nicht minder entsetzt ist über die serbischen Panegyristen der »slawophile« Russe Hilferding, der bei einem sogar folgende Äufserungen fand: »diesem gottesfürchtigen König Uros, der seinen geliebten Sohn geblendet hatte«, oder: »dieser fromme König Uros III. begann Hafs zu hegen gegen seinen geliebten Sohn« usw. Dieses Pharisäertum gehört in der Tat zu den schlimmsten Auswüchsen des Byzantinismus bei den Slawen. Meist anonym sind auch die zahlreichen Offizien für die serbischen Heiligen, denn »es gab fast keinen bedeutenden Menschen« in der serbischen Geschichte, »der nicht unter die Heiligen versetzt worden wäre, nicht seinen Gedenktag in der Kirche erhalten und seine Stelle im Kalender gefunden hätte« (St. Novakovic). Diese liturgischen Stücke wurden später in besonderen Handschriften und Drucken, »Srbljak« genannt, gesammelt ; durch sie blieb das Andenken an die serbischen Fürsten in der Kirche und im Volke lebendig. Grofser Verbreitung erfreuten sich bei den Serben auch die Heiligenlegenden der Schule von Trnovo und der älteren bulgarischen Periode, deren Erzeugnisse mehrfach modernisiert wurden. Etwas spät finden wir bei den Serben auch einheimische Chroniken (letopisi, rodoslovi). Abschreiber oder Exzerptoren byzantinischer Chronisten fühlten sich verpflichtet, an die Weltchronik auch Nachrichten »über das serbische Land« anzu-schliefsen, gingen aber nie über Stefan Nemanja hinauf; denn für die Mönche begann die serbische Geschichte erst mit dem Herrscher, dem sie vor allem nachrühmen, dafs er die Orthodoxie befestigt habe14 x). In den nicht besonders umfangreichen serbischen Chroniken, deren über dreifsig bekannt geworden sind, herrscht eine grofse Mannigfaltigkeit, denn schon ihr allgemeiner mit Adam beginnender Teil ist mehr oder minder gekürzt oder fehlt auch ganz; ebenso ist der serbische Teil in ausführlichen Fassungen vorhanden, in denen der fromme Sinn der Herrscher ge- feiert und doch noch manches über ihre Regierung gesagt wird, oder in kürzeren, die sich auf annalistische Notizen beschränken. Die ältesten Chroniken reichen bis zu dem Jahre 1371 und 1391, sind also wohl noch im 14. Jahrhundert entstanden; die »jüngeren« aber, die gleich zu Beginn dadurch charakterisiert sind, dafs sie eine Genealogie Nemanjas enthalten, die bis auf Konstantin den Grofsen zurückgeht (er gab dem dalmatinischen »Serben Likinije« [Licinius] seine Schwester Konstantija zur Frau), müssen in ihren Anfängen auch schon in die erste Hälfte oder in den Beginn des 15. Jahrhunderts verlegt werden (ein Embryo ist für 1416 nachgewiesen), was sehr gut zu den gelehrten Bestrebungen unter dem Despoten Stefan Lazarevic pafst. In seinem dynastischen Interesse waren ja auch die Genealogie und der Nachweis seiner Abstammung von Nemanja in weiblicher Linie gelegen. Beide Redaktionen erfuhren Umarbeitungen und Fortsetzungen, die in manchen Handschriften bis ins 18. Jahrhundert reichen. Als Quellen der serbischen Annalen gelten die panegyrischen Biographien (namentlich die des Theodosij), Typika, in denen die Erinnerungstage für den Ktitor (Stifter des Klosters, der Kirche), für den Herrscher oder Erzbischof mit kurzen Notizen eingetragen waren, Totenbücher, Schreibernotizen vieler Werke, offizielle Akten und auch mündliche Überlieferungen. In gröfseren Kompilationen fanden auch allerlei andere Artikel Aufnahme, und namentlich wurden »verschiedene Chroniken« ausgeschrieben. Auf jeden Fall gab es derartige Arbeiten schon im slawischen Süden; doch ist es nicht wahrscheinlich, dafs der russische Chronograph vom Jahre 1512, der eine Weltchronik bis zum Fall von Konstantinopel und Nachrichten aus der russischen, bulgarischen und serbischen Geschichte enthält, auf eine direkte serbische Quelle zurückgeht, vielmehr stammen seine späten (aus dem 17. Jahrhundert) und gekürzten (in 100, auch 121 Kapiteln statt 208) serbischen Fassungen aus Rufsland. Die serbischen Chroniken sind weder litterarisch noch historisch wertvoll und können namentlich keinen Vergleich mit den herrlichen russischen Annalen aushalten. Dafs sie über nebensächliche Dinge berichten, dagegen wichtige Ereignisse übergehen, haben sie mit ihren byzantinischen Mustern gemein. Immerhin ist auch durch sie manche sonst unbekannte Nachricht auf uns gekommen. In der geschriebenen Litteratur erhielten sie einiges historisches Interesse wach, so dafs wenigstens manche Kreise nicht allein auf die poetische Geschichte des Volfcsepos angewiesen waren, das übrigens die jüngsten Chronikenhandschriften (namentlich die von Tronosa) schon beeinflufst hat. Die erste kirchenslawische, wirklich grammatische Schrift, »die acht Redeteile«, die man fälschlich als eine Übersetzung des Joann Exarch dem Johannes von Damaskos zuschrieb, führt ins 14. Jahrhundert und ist wohl in die makedonischen bulgarischserbischen Grenzgebiete oder auf den Athos zu verlegen. Auf jeden Fall gehört auch dieses seinem Titel nur teilweise entsprechende Werk, das sich dann in Rufsland einer besonderen Verbreitung erfreute (1586 wurde es in Wilria als »Grammatik der slawischen Sprache« gedruckt) und die Grundlage zu der noch heute teilweise üblichen grammatischen Terminologie legte, den Südslawen an. Wahrscheinlich ist es eine Kompilaton von Scholien, nicht die Übersetzung eines bestimmten griechischen Werkes, aber die Nachahmung der Griechen ist eine sklavische, und gelegentliche Abweichungen sind ganz konfus. Auch die bedeutendste grammatische Leistung der Südslawen verdanken wir Konstantin von Kostenec, dem Biographen des Stefan Lazarevic. Er schrieb seinen Traktat über die Schrift (Skazanie o pismeneh) am serbischen Hofe nicht vor 1423, als er noch viele Gegner hatte. Er wollte den Serben und Bulgaren eine »Grammatik« nach Art der »Erotemata« des Manuel Moschopulos liefern und im Interesse einer Verbesserung der Kirchenbücher die Unterschiede zwischen der bulgarischen und serbischen Graphik nivellieren, was er am besten dadurch zu erreichen hoffte, dafs er die bedingungslose Nachahmung der Griechen zum obersten Prinzip U2) erhob. Dazu berief er sich auf die »alten Bücher«, worunter er die Redaktion von Trnovo verstand, so dafs wir in seinem Traktat die Grundsätze der archaisierenden Reformbestrebungen des Patriarchen Euthymij, auf denen auch die Wirksamkeit der vielgerühmten Resavaschule beruhte, erhalten haben. Die richtige kirchenslawische (»slowenische«) Sprache suchte er aber nicht bei den Bulgaren oder Serben, sondern die Slawenapostel hätten »die feinste und schönste russische Sprache« gewählt. Konstantin imponierte also die von einem grofsen Volke getragene russische (speziell Süd- oder kleinrussische) Aussprache des Kirchenslawischen, die er auf dem Athos, in Konstantinopel und in Jerusalem kennen lernen konnte, ebenso wie drei Jahrhunderte später den kroatischen Reformatoren der glagolitischen römisch-katholischen Kirchenbücher. Neben den ausführlichen und kleinlichen Erörterungen Uber Buchstaben, Akzente und andere aus dem Griechischen entlehnte zwecklose Zeichen finden wir auch Bemerkungen über Schulzustände und Gebräuche in Serbien, wie z. B. über das Blutessen und die »unchristliche Sitte« der Wahlbruderschaft (pobratimstvo). Unglaublich ist es, wie schlecht Konstantin, der auf seine byzantinische Weisheit so stolz war, aus dem Griechischen übersetzte; man mufs jedoch hervorheben, dafs ihm die Nachahmung des byzantinischen Purismus des 14. Jahrhunderts auch die Aufgabe erschwerte, da er Vulgarismen vermied und für die schwierigsten Begriffe wo möglich slawische Termini schaffen wollte, die allerdings wieder den griechischen sklavisch nachgebildet wurden. Sein Werk erfreute sich bei den Zeitgenossen und Epigonen eines grofsen Ansehens, um so mehr, als ein ähnlicher Gelehrter in den folgenden Jahrhunderten weder im slawischen Süden noch in Rufsland auftreten konnte. Im Gefolge Konstantins schrieb 1469 VladislavGramatik im Kloster von Äegligovo bei Skopje eine Sammelhandschrift, deren Inhalt (unter den theologischen Artikeln Polemik gegen die Lateiner und die Lehren des Barlaam und Akindynos, Schriften des Gregorios Palamas, Werke des Euthymij, Artikel über die Slawenapostel) und Orthographie für die Schule des Trnover Patriarchen Euthymij charakteristisch sind. Man darf in Vladislav keinen gewöhnlichen Abschreiber sehen, denn durch zahlreiche und verständnisvolle Randnotizen verrät er, dafs er ein gelehrter, mit der griechischen und slawischen Litteratur wohl vertrauter Mann war. Mit der Übernahme kirchlich-weltlicher Gesetze der Byzantiner konnte sich Serbien nicht auf die Dauer begnügen. Vom Zaren Stefan Dusan, dessen Regierung durch solche Übersetzungen wie die des Syntagma des Blastares hervorragt, stammt auch ein auf den Reichstag von 1349 erlassenes (und wahrscheinlich 1354 ebenso ergänztes) Gesetzbuch, das die bedeutendste Leistung der Südslawen auf diesem Gebiet repräsentiert. Die Notwendigkeit eines solchen Gesetzbuches stellte sich namentlich nach den Eroberungen grofser byzantinischer Gebiete heraus, denn zwischen dem Recht beider Reiche gab es grofse prinzipielle Gegensätze. Im christlichen Kaisertum von Konstantinopel kannte man keine schroffen Klassenunterschiede; Serbien war dagegen ein Adelsstaat mit fest gegliederten Ständen. Die feudale Investitur desVlastelin durch Schlachtrofs und Waffen vom Landesfürsten, die Zusammensetzung von Richterkollegien nur aus Standesgenossen, Kompositionen in Geld für Verbrechen, Ordalien mit heifsem Wasser und glühendem Eisen, die der byzantinischen Staatsverfassung ganz fremden Reichstage des Adels und Klerus und manche andere Einrichtungen bringen das altserbische Rechtsleben mehr den mittel- und nordeuropäischen Volksrechten näher. Es ist daher kein Wunder, dafs bei der Abfassung des serbischen Gesetzbuches »nicht so sehr die systematisch angelegten Nomo-kanones samt dem darin enthaltenen weltlichen Recht der Byzantiner als die Statuten der Städte des adriatischen Küstenlandes« zum Muster dienten (K. Jirecek). Dafs aber dieses Gesetzbuch andererseits als eine Ergänzung der byzantinischen Rechtsbücher zu betrachten ist, beweist sein Inhalt. Das bürgerliche Recht fehlt darin fast ganz, etwas besser vertreten ist das Sachenrecht mit Berücksichtigung der eigentümlichen Verhältnisse des serbischen Adelsstaates; dafür aber dominiert das öffentliche Recht148), ferner eine Reihe von Sätzen des Kirchenrechtes und schliefslich das Strafrecht. Manche Bestimmungen sind sehr alten Landesgesetzen, königlichen Befehlen, Reichstagsbeschlüssen und Rechtsgewohnheiten entnommen, andere stammen aus Mitteleuropa. Dafs aus den griechischen Rechtsbüchern wenig geschöpft wurde, zeigt auch die geringe Zahl griechischer juridischer Termini. Das Denkmal ist historisch und juridisch bedeutungsvoll, litterarisch steht es indes nicht hoch, denn sein Stil erinnert allzusehr an griechische Muster. Der als Mäzen und durch seine Biographie bekannte Despot Stefan Lazarevic, der viele griechische Schriften übersetzt haben soll, ist auch als selbständiger Schriftsteller aufgetreten. Nach dem Muster byzantinischer Orakelsprüche schrieb er (1415) eine »Prophezeiung«, die aus verschiedenen historischen Allusionen zusammengestellt, aber so dunkel ist, dafs man unmöglich etwas Sicheres daraus gewinnen kann. Eine Lobrede auf die Liebe (Slovo ljubve), die er wahrscheinlich während seiner Abwesenheit aus Serbien 1402 geschrieben hat, zeugt von litterarischer Bildung und wiederholt den Titel in einer Akros-tichis (krajegranese). Ein einzig dastehendes Denkmal der älteren serbischen Litteratur ist eine regelrechte Todtenklage für den Despoten Gjurgje (Georg) Brankovic (1427—1456); ein ihm nahestehender Geistlicher gibt seinem Schmerz und seiner Trauer vor dem noch unbegrabenen Leichnam in ungemein poetischer Weise innigen Ausdruck. Verse kann man in diesen wenigen poetischen Leistungen nicht nachweisen. Dafs den Serben der Zwölfsilber ohne poetischen Schmuck (auch ohne Zäsur nach der fünften Silbe) bekannt war, zeigen die aus dem Jahre 1475 stammenden »Stisi 144)t des Schreibers eines liturgischen Buches, der es in einem Gebet Gott, im anderen der Muttergottes weiht, zuletzt über seine schlechte Vorlage Klage führt und eine genaue Zeitangabe gibt. Strophengesänge, aus Sprüchen der Heiligen zusammengesetzt, die SafaMk146) in einer von ihm zwischen 1390—1408 angesetzten Prager Museumhandschrift sah, sind noch nicht bekannt geworden. X. Bosnien. Ein besonderes politisches Leben unter Banen (bis 1377) und Königen führte zwischen Serbien, Kroatien und Ungarn Bosnien146), das im Westen und Osten Eroberungszügen seiner Nachbarn oft ausgesetzt war, aber immer nur mit teilweisem Erfolg, während umgekehrt auch ihre Bestandteile bosnischen Besitz bildeten; so hat Stefan Tvrtko, Bosniens gröfster Herrscher (1353 — 1391), sogar Dalmatien samt Inseln vorübergehend Bosnien angegliedert (1390). Die serbischen Quellen, die von dem Wirkungsgebiet des »Sammlers des serbischen Landes», Stefan Nemanja, berichten, schweigen von Bosnien, Hum und Trebinje. Sava gründete zwar für »Zachlumien« ein Bistum, im eigentlichen Bosnien gab es aber nicht einmal einen orthodoxen Bischof, und selbst später residierte er bis zum 15. Jahrhundert in Dabar (heute Banja) an der Mündung des unteren Lim in die Drina; erst unter den Türken wurde dieses Bistum nach Sarajevo übertragen. Der römischen Kirche147) machten jedoch die Herrschaft die zahl- reichen Bogomilen streitig, die sich seit dem Ende des 12. Jahrhunderts des Schutzes der Bane und Könige erfreuten oder sie selbst wie auch den Adel zu ihren Mitgliedern zählten. Da jedoch Bosnien seit dem 12. Jahrhundert mehr oder weniger in der Machtsphäre der ungarisch-kroatischen Könige lag, die als Anhänger der Päpste möglichst viel vom byzantinischen Besitz und Einflufs auf dem Balkan an sich reifsen wollten, oder direkt in einem Vasallenverhältnis zu ihnen stand, so mufsten seine Herrscher diesen Umständen öfters Rechnung tragen. Ein Gegenstück zu Stefan Nemanja bietet der Ban Stefan Kotromanic, der als Orthodoxer geboren wurde, die Bogomilen beschützte und zuletzt den katholischen Glauben annahm147») (1340). Kämpfe gegen die »Schismatiker und Häretiker« füllen daher stark die bosnische Geschichte aus, ja gegen die Patarener (Bogomilen) wurden von den ungarisch - kroatischen Königen sogar Kreuzzüge unternommen, die allerdings meist nur als Vorwand zur Einmischnng in die bosnischen Angelegenheiten dienten und daher den von den Päpsten gewünschten Erfolg nicht haben konnten. Solange sich katholische Truppen im Lande befanden, bekannten sich die Bogomilen als Katholiken, um sofort wieder umzufallen, so dafs die pata-renische Sekte eigentlich bis zum 15. Jahrhundert die Staatsreligion bildete, welche Rolle dem Katholizismus erst unter den letzten Königen, die gegen die Türken den Schutz der abendländischen Christenheit anriefen, beschieden war (seit 1446). Bosniens unrühmlicher Untergang (1463) wurde auch dadurch nicht aufgehalten. Die Herzegowina, die sich erst 1435 selbständig gemacht hatte, wurde 1482 147b) von den Türken erobert. Mathias Corvinus jagte die Türken noch einmal aus dem nordwestlichen Bosnien hinaus, dessen Festung Jajce dann zwei Jahre nach der Schlacht von Mohäcs bereits unter dem Habsburger Ferdinand I. verloren ging (1528). Merkwürdig ist es, wie auch die bosnischen Herrscher ihre Blicke nach dem Südosten richteten. So liefs sich der Katholik Stefan Tvrtko, ein Nachkomme der Nemanjici in weiblicher Linie, zum König von Bosnien und Serbien in Mileseva, wo sich das Grab des heiligen Sava befand, mit der »doppelten« Krone seiner »Ahnen« krönen (1377), führte die byzantinischen Hofämter auch in Bosnien ein und änderte sogar den Charakter seiner Urkunden, indem er den bombastischen Stil der serbischen Herrscher nachzuahmen begannus). In ähnlicher Weise legte sich Stefan Kosaca, ein eifriger Patarener, um sich populär zu machen, den Titel eines Herzogs (herceg) vom heiligen Sava bei (vor 17. Oktober 1448)U9), so dafs seit dieser Zeit Chulm und Südbosnien Herzegowina genannt wird. Sowie Bosnien politisch einen Pufferstaat zwischen Orient und Okzident bildete, so kreuzten sich dort auch in kultureller Hinsicht römische und byzantinische Einflüsse. Zum Unterschied von Serbien, wo man sich an die Weltschöpfungsära der griechischen Kirche hielt, bediente man sich in Bosnien der Zeitrechnung der römischen Kirche, d. h. von Christi Geburt an gerechnet; dagegen bewahrten selbst die Katholiken, unter denen schon seit dem 14. Jahrhundert die Franziskaner, die ihre Klöster meist in den Bergstädten hatten, eine eifrige Tätigkeit entfalteten, die cyrillische Schrift, welche auch das Grab Katharinas, der Stiefmutter des letzten bosnischen Königs, in Rom geschmückt haben soll 15°). Auch in den Urkunden der Fürsten und Adeligen macht sich, soweit sie nicht lateinisch waren, der Zusammenhang mit der griechisch-slawischen Welt bemerkbar, ja die älteste erhaltene cyrillische Urkunde aus dem Jahre 1189, ein Privilegium für die Handelsrepublik Ragusa (doppelsprachig, Original lateinisch), haben wir dem bosnischen Ban Kulin zu verdanken. Doch zeigt schon sie Eigentümlichkeiten, die vermuten lassen, dafs sich der Cyrillismus in Bosnien bis nach Makedonien hinab im engsten Anschlufs an den älteren Glagolitismus ausgebildet hat und von dem Cyrillismus in Serbien und Bulgarien in manchen charakteristischen Punkten verschieden war. Die Bewahrung einer altertümlichen Orthographie und eigentümliche Schriftzüge, die sich ebenfalls auf alter Grundlage unter dem Einflüsse der lateinischen Schrift (vgl. namentlich die Ligaturen) weiter ausbildeten 151), charakterisieren die eigentümliche Abart der »bosnischen Cirilica«, die sogar in Dalmatien bis zum Ende des 18. Jahrhunderts bekannt und auch in den österreichischen Grenzgebieten, speziell bei den Uskoken (Flüchtlingen) üblich war. Die serbisch - bulgarische kirchenslawische Schrift trifft man in bosnischen Kloster- und Kircheninschriften erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts an. Eigene litterarische Denkmäler hat Bosnien nicht hinterlassen, was vor allem durch die grofse kulturelle Abhängigkeit vom Abendlande zu erklären ist: die Katholiken zehrten an seiner lateinischen Litteratur, die Bogomilen begnügten sich aber für ihre Bedürfnisse mit dem kirchenslawischen Erbe. Merkwürdig konservativ sind die Handschriften der bosnischen Bogomilen nicht blofs in der Graphik (in einigen gibt •es auch noch keine Zeichen über den Vokalen), sondern auch im Text, dagegen fortschrittlich in ihrem künstlerischen Schmuck. So verrät offenkundige glagolitische Herkunft das Evangelium von Nikolja (am linken Moravaufer in Serbien), das von einem Patarener Hval herrührt. Derselbe Hval, »der Christ«, schrieb 1404 für Hrvoje, den Herzog von Spalato und Wojwoden von Bosnien (einige Zeit auch Statthalter von Dalmatien und Kroatien), das ganze Neue Testament und vom Alten die Psalmen (aufbewahrt in Bologna). Diese Zusammensetzung entspricht den geschichtlichen Nachrichten von der Stellung der bosnischen Patarener zur Heiligen Schrift. An die Psalmen reihen sich noch einige Lieder an, darunter ein apokryphes über Davids Kampf mit Goliath, und die zehn Gebote, welche den Lehren der Sekte nicht widersprachen. Man sieht daraus, dafs sich die bosnischen Patarener schon auf dem Wege zur Anerkennung einiger Bücher des Alten Testamentes befanden, was bei ihren abendländischen Glaubensgenossen in viel höherem Mafse der Fall war. Vor den Evangelien steht eine aus dem Griechischen angefertigte Übersetzung einer apokryphen Einleitung des Dorotheus, Bischof von Tyrus, und eine zweite, dem heiligen Epiphanios, Bischof von Cypern, zugeschriebene, die eine apokryphe Apostelgeschichte enthält. Zwei apokryphe Artikel leiten auch die Paulusbriefe ein. Diese Kleinigkeiten zeigen, dafs die Bogomilen in der Tat zu den Verbreitern der apokryphen Litteratur gehörten. Auffällig sind in dem Kodex von Bologna zahlreiche nicht schlechte Abbildungen des Erlösers, der Muttergottes und der Heiligen, welche den Beweis liefern, dafs Patarener wie Hrvoje und sein Schreiber unter leicht begreiflichem westeuropäischen Kultur-einflufs Verständnis für künstlerische Darstellungen hatten, wobei sie der Bilderverehrung noch immer abgeneigt sein konnten. Eine Abschrift der in der kirchenslawischen Litteratur sehr seltenen Apokalypse wurde noch unter dem vorletzten bosnischen, bereits katholischen König Tomas von dem »Christen« Radoslav für den »Christen« Gojsak angefertigt. Selbständigkeit zeigt Bosnien in seinen slawischen Urkunden, die zum Unterschied von Serbien wenig Abhängigkeit vom Kirchenslawischen zeigen, die Volkssprache sogar in den Lauten stark zum Aisdruck bringen und sich namentlich durch ihren schönen volkstümlichen Stil auszeichnen. In dieser Hinsicht übertrifft Bosnien bis zu einem gewissen Grade sogar Ragusa, das mit den serbischen und bosnischen Herrschern auch in cyrillischer Schrift korrespondierte, denn dessen slawische Kanzler waren anfangs ihrem Amte nicht gewachsen und schrieben erst seit der Mitte des 14. Jahrhunderts korrekt eine volkstümliche Sprache, die aber im Binnenlande erlernte Elemente, namentlich auch Reminiszenzen und Muster des orthodoxen Serbien aufweist. Geradezu eine Spezialität Bosniens sind seine ungemein zahlreichen, häufig mit Grabinschriften versehenen Denkmäler, deren man schon vor Jahren rund 22000 zählte! Wie die älteste Urkunde, stammt auch die älteste Inschrift (in Visoko) vom Ban Kulin aus den Jahren 1203—1204152). Die Blütezeit der altbosnischen Denkmäler umfafst das 14. Jahrhundert und reicht im 15. bis zur Eroberung des Landes durch die Türken. Auch die Inschriften ragen durch ihre schöne Volkssprache mit ausgesprochenem Lokalkolorit hervor. Besonders bemerkenswert sind auch ihre künstlerisch zwar nicht hochstehenden, aber eigenartigen Skulpturen; in der Tracht verraten sie deutlich westeuropäischen Einflufs, der aus Italien über Dalmatien und Ragusa nach Bosnien gelangte; aber kein einziges Grabdenkmal enthält eine symbolische oder allegorische Andeutung, welche die religiösen Anschauungen über das Dasein nach dem Tode zum Ausdruck brächte. Hier wird nur das Leben in seinen lebhaftesten und fröhlichsten Momenten — Jagden, Turnieren, Tänzen — dargestellt. Ebenso sind in den Inschriften nur Begebenheiten aus dem Leben, aber niemals Wehklagen über den Verstorbenen angebracht. Man könnte glauben, dafs diese westeuropäischen Empfindungen und Begriffe so entgegengesetzten Anschauungen speziell der Sekte der Bogomilen angehören, deren Bekennern ja der Tod besonders willkommen war, zumal das Kreuz auf diesen Denkmälern selten ist, aber Kenner versichern, dafs sowohl Bogomilen als auch Katholiken und Orthodoxe daran gleichen Anteil haben. Man sieht, wie schwach das Christentum das Volksleben durchdrungen hat, und kann darin auch einen Grund suchen, warum der Islam unter den Balkanslawen gerade in Bosnien die gröfsten Eroberungen machte. Es mufs erwähnt werden, dafs solche Grabdenkmäler auch in den angrenzenden Gebieten, bis nach Albanien und Kosovopolje, sowie in Serbien am rechten Drinaufer vorkommen, aber noch nicht so erforscht sind, wie die entschieden viel zahlreicheren bosnischen; dagegen sind sie in Bosnien selbst in den einst zu Kroatien gehörigen nordwestliehen Gebieten, wo einige glagolitische Inschriften gefunden wurden, sehr selten. XI. Die kirchenslawische Litteratur der Kroaten an der Adria. In die Zeit vom 13. bis 15. Jahrhundert fällt auch die Blütezeit der kirchenslawischen Litteratur bei jenem Teil der Kroaten, die in dem adriatischen Küstengebiete das Erbe der Slawenapostel unter den ungünstigsten Umständen bewahrt und 1248 die ausdrückliche Anerkennung der slawischen Liturgie, aber bereits nach römischem Ritus erlangt haben. Den Mittelpunkt des kroatischen Glagolitismus haben wir auf den Quarnerischen Inseln, in Istrien und im kroatischen Küstenland zu suchen; auch im nördlichen Dalmatien war er noch stark vertreten und seine Ausläufer führen bis in das Gebiet von Makarska und auf die Insel Curzola. In Kroatien bildete ursprünglich die Kulpa seine Grenze; dafür umfafste er aber auch einige Gebiete im nordwestlichen Bosnien. Erst später, namentlich im 16. und 17. Jahrhundert^ kamen wohl hauptsächlich infolge der durch die Türken verursachten Wanderungen zahlreiche Vertreter des Glagolitismus weiter in das Innere von Kroatien und sogar in die slowenischen Gebiete von Triest und Görz und nach Krain. Auch in der südwestlichen Spitze von Ungarn, in Strigovo, das mit dalmatinischen Orten um die Ehre stritt, die Heimat des heiligen Hieronymus zu sein, gründete Graf Friedrich von Cilli, der mächtig in die Geschichte der südslawischen Länder eingriff, ein Kloster zu Ehren des angeblichen Erfinders der glagolitischen Schrift. Besonders interessant ist die Tatsache, dafs dieser römischslawische Ritus, der in den meisten kroatischen Diözesen nur eine untergeordnete Rolle spielte, sogar nach Böhmen und Polen verpflanzt ward. Die Luxemburger nahmen unter die Mittel zur Förderung ihrer Pläne in Friaul auch den Schutz der slawischen Liturgie auf; Kaiser Karl IV., der öfters starke slawische Neigungen hatte, erwirkte sich von seinem Lehrer Klemens VI. sogar die Erlaubnis, den slawischen Gottesdienst in Böhmen yor-läufig an einem Orte einführen zu dürfen (1346), und gründete (1347) das Emauskloster in Prag, das er mit reichen Mitteln ausstattete — 1356 bestimmte er eine besondere jährliche Summe für das Abschreiben glagolitischer Bücher — und zuerst mit kroatischen Benediktinern bevölkerte. Das Kloster ging jedoch schon in den Hussitenkriegen zugrunde. Von Prag holten sich (1390) diese Spezialität, die den alten polnischen Historiker Dlugosz mit slawischem Stolz erfüllt, auch der König Ladislaus Jagiello und seine Gemahlin Hedwig, aber auch in Krakau hielten sich die Mönche mit slawischer Liturgie nicht lange über 1470. Ganz verkehrt ist die Meinung kroatischer Litterarhistoriker (z. B. 1. Broz), dafs sich in Böhmen und Polen unter dem Einflüsse der Kirchensprache hätte eine reiche Litteratur entwickeln können, denn mit der Volkssprache und der lateinischen Schrift konnte zu dieser Zeit die Kirchensprache in keine Konkurrenz mehr treten, am allerwenigsten in Böhmen, das schon eine stark geflegte volkstümliche Literatursprache besafs; moderne böhmische Litterarhistoriker (wie J. VISek) erwähnen daher diese Episode gar nicht. Es mufs hervorgehoben werden, dafs selbst bei dem in Rede stehenden Teil der Kroaten neben der herrschenden glagolitischen Schrift auch die cyrillische nicht unbekannt blieb. So gibt es glagolitische Sprachdenkmäler mit cyrillischen Notizen und cyrillische mit glagolitischen Randglossen. Für den bereits bekannten Hrvoje, den Herzog von Spalato (s. S. 172), wurde auch ein reich illustriertes katholisches glagolitisches Mefsbuch abgeschrieben, so dafs dieser bosnisch-dalmatinische Machthaber gegen das Ende seines Lebens sein patarenisches Glaubensbekenntnis abgeschworen haben mufs. Auf der Insel Brazza wurde in dem Benediktinerkloster von Povlje eine ungefähr aus dem Jahre 1185 stammende cyrillische Inschrift entdeckt, und eine derartige dortige Urkunde aus demselben Jahre (sie war also vier Jahre älter als die älteste erhaltene cyrillische) hinterliefs uns ein Kanonikus von Spalato in einer Abschrift aus dem Jahre 1250. Das Statut der südlich von Spalato gelegenen Poljica wurde ebenfalls cyrillisch geschrieben, in seinem Text wird aber ausdrücklich der lateinischen Sprache die kroatische entgegengestellt. Alle diese Beispiele machen es begreiflich, dafs ein Austausch litterarischer Denkmäler zwischen den Südslawen auch nach der definitiven Kirchenspaltung des 11. Jahrhunderts nicht ganz aufgehört hat. Erst aus dem 14. Jahrhundert sind schon Spuren auch des Gebrauches der lateinischen Schrift nachzuweisen, die dann seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stark an Ausdehnung gewinnt. Der slawische Ritus und mit ihm die Kirchensprache hatten einen besonderen Rückhalt an den Benediktinern, was deren Traditionen entspricht, und an den Franziskanern, namentlich an den Terziariern, die dem niederen Volke, das meist die Glago-litengemeinden bildete, auch im Osten der Adria besonders nahe standen. Zum Unterschied von der orthodoxen Slawenwelt finden wir jedoch unter den Schreibern glagolitischer Denkmäler sehr häufig weltliche Geistliche vertreten, ja sogar Laien (vgl. das in Wien aufbewahrte Missale des Knez Novak von Krbava, Palastritters des Königs Ludwig von Ungarn, aus dem Jahre 1368). Von den kroatischen glagolitischen Denkmälern brachte es das Rheimser Evangelium zu grofsem Ruhm. Einige südwestrussische cyrillische Evangelienlektionen aus dem 12. Jahrhundert, die dem heiligen Prokop gehört haben sollen, wurden 1395 in Prag durch einen gröfseren glagolitischen Teil ergänzt und kamen 1451 anläfslich der Verhandlungen über einen Anschlufs der Böhmen an die orientalische Kirche nach Konstantinopel, wo sie 1574 der Kardinal von Lothringen kaufte und dann der Kirche von Rheims schenkte. Auf diesen mit Gold, Edelsteinen und Reliquien reich ausgestatteten geheimnisvollen »Texte du sacre* leisteten die französischen Könige den Krönungseid. Deshalb brachte es das philologisch unbedeutende Denkmal im 19. Jahrhundert zu zwei kostbaren Ausgaben der Franzosen. Grofsen Wert besitzen dagegen die Handschriften und ältesten Drucke der Missale (gedruckt zuerst in Venedig 1483, also acht Jahre nach dem ersten lateinischen) und Breviarien, denn diese nach dem Ritus der römischen Kirche zusammengestellten Bücher enthalten grofse Teile des Neuen und Alten Testamentes und Lektionen aus Kirchenvätern in Übersetzungen, die unbedingt auf das griechische Original158) und auf die Zeiten Cyrills und Methods zurückgehen. Man kann solche altertümliche Bestandteile, die allmählich und nur oberflächlich, überdies nicht durchwegs der Vulgata angepafst wurden, sehr leicht von denjenigen unterscheiden, deren nicht besonders gelungene Übersetzung aus dem Lateinischen angefertigt werden mufste. So ist z. B. der ganz erhaltene Psalter älter und ursprünglicher als der altkirchenslawische Sinaipsalter. Besonders wichtig sind die Bruchstücke aus dem alttestamentliche Lektionen enthaltenden Parömienbuch, denn hier haben die Kroaten die Übersetzung der Slawenapostel besser bewahrt als die Serben, Bulgaren und Russen. Überdies finden wir in Missalen und Breviarien Bruchstücke, die in der bulgarischen Redaktion überhaupt nicht erhalten sind. Ebenso altertümlich -sind die in Breviarien überlieferten Legenden, unter denen die des heiligen Wenzel von Böhmen hervorragt. Die apokryphe Litteratur liefert schöne Beweise, dafs der Zusammenhang der Kroaten mit den orthodoxen Bulgaren und Serben infolge der religiösen Gegensätze nicht ganz unterbrochen worden ist. So bewahrt eine glagolitische Handschrift aus dem Jahre 1468 die ganze dem bulgarischen Popen Jeremija (s. S. 87—89) zugeschriebene Kompilation von Apokryphen, die angeblich auch ihm angehörigen Fragen über die Bestandteile Adams, sodann eine Erzählung von Adams Tod und eine das griechische Original am besten wiedergebende Höllenfahrt der Muttergottes. Im Laibacher Breviar wurden am Tage der Geburt Christi zu lesende Bruchstücke des Protoevangeliums Jacobi entdeckt, die gleichfalls der griechischen Vorlage näher stehen als andere südslawische Fassungen. Die einheimische, meist aus Übersetzungen aus dem Lateinischen oder Italienischen und aus Kompilationen bestehende geistliche Litteratur ist nicht besonders zahlreich, da sie nur für die »einfachen« Leute, welche die Schriften (natürlich die lateinischen) nicht verstanden, bestimmt war. Vertreten sind Legenden, Visionen, Traktate, Moralisationen, ganz scholastische Predigten, Gebete, Erklärungen der Messe, Belehrungen über die geistlichen Funktionen und Sendschreiben, darunter auch zwei apokryphe Episteln über die Tugenden und Wunder des heiligen Hieronymus, der also auf allen Gebieten den Stolz der Glago-liten bildete. Eines besonderen Ansehens erfreute sich auch der heilige Gregor, dem »Fragen« zugeschrieben werden, welche an die aus dem Griechischen übersetzte »Unterredung der drei Murko, Geschichte der südslawischen Litteraturen. 12 Heiligen« oder an die abendländischen Joca monachorum erinnern. Übersetzungen der Ordensregeln des heiligen Benedikt für das Kloster Rogovo bei Zara vecchia (sehr alt!) und des heiligen Franziskus sowie Satzungen für Bruderschaften entsprachen den religiösen Verhältnissen. Beachtenswert sind die schönen, in den Aufzeichnungen der Bruderschaften überlieferten nationalenNamen, die mit altserbischen des Südostens identisch sind (z. B. Vlkasin). Die Sprache aller dieser Denkmäler zeigt kein einheitliches Gepräge, bald ist sie mehr volkstümlich und dialektisch gefärbt, bald mehr kirchenslawisch, doch führt sie uns auch in diesem Falle meist in die nordwestlichen Gebiete der quarnerischen Inseln und des gegenüberliegenden Festlandes. Merkwürdig nehmen sich neben sehr alten kirchenslawischen Ausdrücken ganz moderne italienische Fremdwörter aus. Der Zusammenhang mit Byzanz äufsert sich noch in ganz allgemein gebrauchten Wörtern wie koludar (xcdoyeQog, Mönch), daraus koludrica (Nonne), molstir (neben älterem monistir und monastir [uovaaT/jQtov]). Wenig oder gar nicht vom Kirchenslawischen beeinflufst ist die Sprache der Rechtsdenkmäler und Urkunden, in denen seit der Begründung der Kirchensprache zum ersten Male wieder ein südslawischer Volksdialekt (der »cakavische«) in der schriftlichen Aufzeichnung ganz zur Geltung kam. Für die Geschichte der serbokroatischen Sprache sind daher diese Denkmäler viel wichtiger als die gleichzeitigen serbischen. Nicht gering ist ihre Bedeutung auch für die Kulturgeschichte, denn sie bewegen sich nicht in den Höhen des staatlichen Lebens, sondern in den Tiefen des Volkes. Schon in den lateinischen und italienischen Statuten der dalmatinischen Städte, die sich die Rechtsbücher der italienischen zum Muster nahmen, gibt es viele volkstümliche Elemente und slawische Worte; besonders wichtig aber sind die slawisch geschriebenen Rechtsdenkmäler. Das älteste ist das Statut von Vinodol, das ein schönes Beispiel bietet, wie das Volk selbst sein Gewohnheitsrecht kodifiziert. Im Jahre 1288 versammelten sich die Ältesten von Vinodol und aus dem kroatischen Küstenland von Rjecina bis zur Grenze von Zengg (Senj), »um alle guten, alten, erprobten Gesetze in Vinodol, an die sie sich selbst erinnern konnten, oder die sie von ihren Vätern und Grofsvätern gehört hatten, schriftlich niederzulegen«. Ähnlich ist das Statut von Vrbnik und bis zu einem gewissen Grade der ganzen Insel Veglia aus dem Jahre 1388, das später verschiedene Ergänzungen erfuhr, namentlich unter venetianischer Herrschaft. Auch für andere Orte derselben Insel, die dem in der kroatischen Geschichte berühmten Geschlechte der Frankopane gehörte, sind solche glagolitische Gesetzbücher nachgewiesen. Auf dem istrischen Festlande hatten sie auch Orte unter österreichischer Herrschaft, wie Kastav (it. Castua), Veprinac (in der Nähe von Abbazia) und Trsat (bei Fiume). Am ausführlichsten ist das cyrillisch geschriebene Statut von Poljica, einer grofsen Gemeinde südlich von Spalato, das durch seine schöne und volkstümliche juridische Sprache und oft dramatische Darstellung der Rechtsfälle hervorragt; sein älterer Teil stammt aus dem Jahre 1440. Die Urkunden sind meist privatrechtlicher Natur, gewähren daher einen guten Einblick in das Volksleben und sind auch deshalb interessant, weil ihre Ausstellungsorte am besten das bereits genannte Geltungsgebiet des Glagolitismus begrenzen. Die stärkste Stütze hatte er an den Conti (slaw. Knezi) Frankopan, den Besitzern von Veglia, die schon seit 1193 auch im kroatischen Küstenlande und in der Krbava festen Fufs gefafst hatten. Für die in Istrien herrschenden Verhältnisse ist charakteristisch die Tatsache, dafs eine ausführliche und für die Topographie wichtige Grenzbestimmung aus dem Jahre 1275 lateinisch, kroatisch und für die »Herren« deutsch niedergeschrieben wurde. Ein noch ungeschriebenes Kapitel der kroatischen Literaturgeschichte bildet die erste südslawische Kunstpoesie nach abendländischem Muster. In glagolitischen Handschriften des 14. und 15. Jahrhunderts sind nämlich viele, aber bisher nur zum Teil bekannte geistliche Lieder meist in der reinen Volkssprache überfiefert, die in ganz Dalmatien Verbreitung fanden und schon im 15. Jahrhundert auch in lateinischer Schrift abgeschrieben wurden (so auf Curzola). Erzählende Lieder wie eine Legende vom heiligen Georg sind selten, stark vertreten ist jedoch die religiöse Lyrik durch Weihnachtslieder, Betrachtungen über Christi Leiden, Marienklagen, mystische Ergüsse sich nach inniger Verbindung mit Jesus sehnender Seelen und Hymnen auf Heilige, endlich Grabgesänge, die besonders deutlich zeigen, dafs diese Poesie hauptsächlich den Bedürfnissen der Bruderschaften diente. Bezeichnend für die Herkunft dieser Lieder ist ein Gedicht über die Schlechtigkeit dieser Welt, das nament- 12* lieh die hohe (von den Kardinälen angefangen) und niedere Geistlichkeit zur Zielscheibe hat und meint: »Viele von ihnen würden, wenn sie in der Welt stünden, Vieh weiden, in Weingärten arbeiten und ackern, jetzt haben sie aber einen allzu dicken Bauch umgürtet, dem sie, jung und alt, wie Gott dienen«. Man sieht auch, dafs die religiöse Lyrik von Umbrien durch die Franziskaner in Dalmatien Eingang fand. Dem entspricht schon die regellose Form mancher Gesänge; doch gewöhnlich finden wir vollendete Achtsilber, seltener Zwölf- und Zehnsilber mit Reimpaaren und hier und da mit Strophengliederung. Zwölfsilber mit paarweisen Binnen- und Endreimen, die später in der dalmatinisch - ragusa-nischen Kunstdichtung dominieren, finden wir in einer Katharinenlegende, die im 15. Jahrhundert bereits in lateinischer Schrift für die Nonnen des Marienklosters in Zara geschrieben wurde. Was die prosaische Übersetzungslitteratur anbelangt, so sei daran erinnert, dafs auch die Kroaten die aus Makedonien oder Bulgarien stammende alte Übertragung der Geschichte vom weisen Akyrios bewahrt haben. In derselben Handschrift vom Jahre 1468 wurden neben dieser orientalischen Weisheit auch die »Bücher des weisen Kato« überliefert. Sie haben jedoch mit dessen »moralischen Disticha«, aus denen die mittelalterliche Jugend so viele Jahrhunderte die Anfangsgründe der Grammatik, Poesie und Moral kennen lernte (sie wurden bald darauf von Marulic und dann von M. Buresic übersetzt; das Werk des letzteren wurde 1562 auch gedruckt), wenig gemeinsam, sondern repräsentieren ein Konglomerat verschiedener moralphilosophischer Sentenzen, die meist aus anderen Quellen, aus der Bibel, hauptsächlich aus den Sprüchen Salomons und aus Kirchenvätern stammen. Unter anderen moralphilosophischen Werken ragte der grofse Lucidarius hervor. Diese Enzyklopädie geistlichen und weltlichen Wissens wurde aus dem Böhmischen übersetzt, bildet also eine Frucht der Berufung kroatischer Mönche nach Prag. Der Gesichtskreis des Übersetzers, dessen Sprache auf das mittlere Istrien hinweist, war nicht grofs, denn er identifiziert den Olymp mit der U) Nach einer Mitteilung des Prof. B. Conev. Das verhältnis-mäfsig starke Anwachsen der Bulgaren erklärt sich durch die grofse Auswanderung der Türken und Griechen, durch die Assimilationskraft des jungen Staatswesens und wohl auch durch Fehler der Statistik. ") Unter der grofsen Anzahl mehr oder weniger tendenziöser Schriften über Makedonien ist das beste Werk Vasil KanCov's »Makedonija, Etnografija i statistika« (Sofija 1900). Lehrreich sind die beigelegten ethnographischen Karten, welche zeigen, dafs der ehemalige bulgarische Schulinspektor in Makedonien die dortigen nichtslawischen Elemente viel zahlreicher und genauer eingezeichnet hat als alle seine westeuropäischen Vorgänger. Das sowie seine genauen, daher kontrollierbaren statistischen Tabellen sprechen entschieden dafür, dafs er der Wahrheit möglichst nahe gekommen ist; befangen ist er hauptsächlich den Serben gegenüber, deren Existenz in Makedonien er geradezu leugnet. Seine Zählung ergab für das Ende des 19. Jahr- hunderts 1032533 christlicher und 148803 mohammedanischer Bulgaren, 400 (!) beziehungsweise 300 Serben, 214329 und 14373 Griechen, 77 267 und 3500 Walachen (der Spezialforscher G. W e i g a n d, der die rumänische Propaganda in Makedonien als Geldverschwendung bezeichnet, in seinem Werk »Die Aromunen« [Leipzig 1895] dagegen nur 62 405 Seelen) bei einer Gesamtbevölkerung von 2258224, darunter 1370949 Christen, 819235 Mohammedaner. 12) Die ebenfalls unerklärten einheimischen Namen Serben (Srbi) und Kroaten (Hrvati) bezeichneten ursprünglich einzelne Stämme und kommen auch in nordslawischen Ländern vor: Serben nennen sich die slawischen Bewohner der Lausitz, Kroaten gab es in Böhmen und Polen. 13) Auch dieser Name wiederholt sich bei den im Aussterben begriffenen Slowinzen an der Ostsee (im Kreise Stolp der Provinz Pommern). 14) K. JireCek, Die Romanen in den Städten Dalmatiens I, 31. 15) Ihr eigenartiger romanischer Dialekt, über den uns teilweise romanische Fremdwörter im Serbokroatischen aufklären, ist meist im Mittelalter, ganz aber erst im 19. Jahrhundert (mit dem Vegliotischen) zugrunde gegangen. Die italienische Sprache ist in die dalmatinischen Städte durch die Venezianer importiert worden. Vgl. Bartoli, Das Dalmatische I, 174 f. (in Schriften der Balkankommission. Ling. Abt. IV). 16 a) Fr. Kos, Gradivo za zgodovino Slovencev I, S. XLI. 16) Dieses Resultat bleibt bestehen, wenn wir auch aus der linguistischen Paläontologie nicht so weitgehende Schlüsse ziehen wie ehemals. 17) J. Sepp, Ansiedelung kriegsgefangener Slaven oder Sklaven in Altbayern und ihre letzten Spuren. München 1897. ls) Es ist interessant, folgende Tatsachen, die von einer tausendjährigen Tradition Zeugnis ablegen, nebeneinander zu stellen: den alten bayerischen Klöstern wurden immer slawische Bienenzüchter zugewiesen, und die Bestimmungen des österreichischen bürgerlichen Gesetzbuches über die Bienen (§§ 383, 384) gehen auf den Krainer Anton Jansa zurück, der unter Maria Theresia die Bienenzucht im Wiener Augarten lehrte. 19) Die slawischen Elemente im Magyarischen. 2. Auflage von Dr. L. Wagner. Wien and Teschen 1884. 20) Vgl. die kritische Darstellung der ganzen Frage von I. D. Sis-manov im Sbornik des bulgarischen Ministeriums für Volksaufklärung, Bd. XVI und XVII, S. 505-753. 21) Die ältere Gestalt des Wortes cari ist cösari. und identisch mit dem deutschen Kaiser, so dafs beide von Cäsar abstammen, wie die gemeinslawische Bezeichnung für König (in den südslawischen Sprachen kralj) auf Karl den Grofsen zurückgeht. 22) Dalmatien und Pannonien fielen Rom, der übrige Balkan Konstantinopel zu. 28) Der Königstitel wurde von Byzanz nicht anerkannt. Murko, Geschichte der südslawischen Litteraturen. 14 24) Falsch ist die auch von slawischen Historikern gebrauchte Form Priwina, die auf der üblichen deutschen Verwechslung des slawischen b mit w beruht. Vgl. in alten Urkundenbüchern häufig vorkommende Namen wie Pribidrug, Pribigoj, Pribil, Pribimir, Pribislav (RaCki, Documenta, S. 529), Priba (mulier, SmiCiklas, Codex diplom. regni Croatiae, Dalmatiae et Slavoniae II, 300, 319), Priban, Pribe, Pribic, Pribinja (o. c. 157, 296), Pribis u. a. 2B) Vgl. Branoslavci, Bratislavci, Dragotinci (im 19. Jahrhundert wurde für Karl = Carolus wieder Dragotin gebildet!), Godomerci, Ivanjkovci, Radomerje, RadomersCak (Geburtsort Miklosichs), Rado-slavci u. ä. 26) J. Peisker, Die serbische Zadruga, Zeitschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte VII; Slovo o zädruze (Prag 1899). Die Ansicht wurde von Rechtshistorikern, wie O. Balzer, K. Ka.dlec u. a., stark bekämpft. 21) Fr. Kos o. c. XLIX. 28) Unter Kaiser Diokletian wurde aus Mösien, Dakien, Dardanien, Makedonien, Thessalien, Achaja, Epirus und Prävalis eine Provinz Illyricum gebildet, die bis zum Anfang des 7. Jahrhunderts vegetierte und in kirchlicher Bedeutung noch länger erhalten blieb. 29) Von J. Ivanov in den Izvestija otd. russk. jaz. VIII, 4, 140—174. 80) Ivanov, a. a. O. 161. 31) Dafs die nationalen Verhältnisse den heutigen vor und in Saloniki entsprachen, ist auch sonst geschichtlich bezeugt. 32) Nach M. Bezobrazov war er mehr Aristoteliker als Platoniker (Izvestija otd. russk. jaz. III, 2, 1072—1079). 33) Man vermutete, dafs Cyrill und Method zuerst im benachbarten Süden Anschlufs suchten, und dachte an das Patriarchat Venedig. Patriarchen von »Venedig« gab es um diese Zeit noch zwei, in Grado und Aquileja. In Betracht käme aber nur der letztere; in der Tat verteidigte Maxentius noch einige Jahrzehnte vor den Slawenaposteln seine Rechte auf ganz Pannonien und Norikum gegen das Salzburger Erzbistum, und Theodemar (850—871) neigte zu Konstantinopel, doch mufste für ihn gerade die slawische Liturgie einen Stein des Anstofses bilden, den also nur der Papst beseitigen konnte. Vgl. Gruden im Katol. Obzornik (Laibach) IX, 9—20. 34) Viele Historiker haben diese Reise sonderbar gefunden oder ganz verschwiegen. Bei den damaligen guten Beziehungen zwischen Rom und Byzanz war sie jedoch unbedenklich und scheint sogar mit Wissen des Papstes unternommen worden zu sein (cum, Deo duce, re-versus fueris schrieb Johannes VIII." an ihn 881, X. Kaiend. Aprilis). Dafs Method seinem Vaterlande treu blieb, bewies er auch auf dem Totenbette, indem er zuerst »den Kaiser« segnete. 36) Das betreffende Schreiben an Svatopluk ist wahrscheinlich unecht, aber eine dem Inhalt nach identische Instruktion für eine Gesandtschaft an die Slawen kann keine Fälschung sein. 36) Sie ist daher lehrreich für die Aussprache des Griechischen um die Mitte des 9. Jahrhunderts. 31) Die letzte Fassung gab ihr Miklosich in der Einleitung zu seiner »Altslovenischen Formenlehre in Paradigmen», Wien 1874. 38) Wattenbach rechnete sogar die'Mährer zu den Südslawen. "9) Ljubljanski Zvon 1895, S. 309. Vgl. die Darstellung der ganzen Frage in des Verfassers Monographie * Vatroslav Oblak» (Wien 1902), S. 41—54. 40) Nach Voskresenskijs Untersuchungen (in den Moskauer ötenija B. 176) stehen für die Evangelien nach Tischendorfs Ausgabe des Neuen Testaments (8. Aufl.) am nächsten die Cod. EFGHKMSUV1IT. 41) Nach Tischendorf isBDLA. 42) Vgl. W. Szczesniak Mag. Theol., Obrzqdek stowianski w Polsce (Warschau 1904), S. 45. 43) Die Resultate der Untersuchungen von M. Valjavec hat Fr. Pastrnek stark in Frage gestellt im Archiv für slaw. Phil. XXV, 366 ff. 41) Aufgedeckt von V. Vondräk im Archiv f. slaw. Phil. XVI, 124—125. 45) Vizantijskij Vremennik IV, 145, 150 ff. 46) O puvodu Kijevskych Listä (Prag 1904), 46. ") Russkij Filol. Vestnik XLIII, 150 ff. 48) Studie z oboru cfrkevnßslovanskeho pisemnictvf, 23 ff. 4S) Zufolge unrichtiger Auffassung einer Stelle in der griechischen Vita Clementis wollte und will man noch die Erfindung einer »deutlicheren Schrift« Kliment zuschreiben, aber mit Unrecht. 60) Man gibt diese und auch spätere glagolitische Handschriften heute meist cyrillisch heraus, denn sonst würden sie selbst Philologen wenig lesen. 61) Archiv f. slaw. Phil. XXVI, 1-10. 5S) Von I. E. Evseev, Izvfistija otd. russk. jaz. VIII 3, 356—366. 6S) Demselben Svjatoslav wird noch ein »Sbornik« (Sammelband) vom Jahre 1076 zugeschrieben, der 48 kleinere, meist moralisch-be-lehrende Artikel enthält; nach Golubinskij (Istorija russkoj cerkvi, Moskauer Ctenija, Bd. 199, S. 919) ist jedoch die Nachschrift einer dem 11.—12. Jahrhundert angehörigen Handschrift gefälscht. Beachtenswert ist darin ein dogmatisches Florilegium unter dem Titel Stoslovec eines gewissen Gennadios, der bald Erzbischof, bald Patriarch von Konstantinopel genannt wird. Speranskij (ötenija, Bd. 213, S. 506, 514) denkt an den im Jahre 471 gestorbenen Erzbischof; doch kennen wir kein solches Werk desselben noch eines anderen Schriftstellers. 54) Vgl. das Verzeichnis im Archiv für slaw. Philol. VIII, 357—358. 55) Vgl. V. Jagic, Ein unedierter griechischer Psalmenkommentar, Denkschriften der Akademie der Wissenschaften, Wien, phil. hist. Kl., 52. Bd. "6) Es kommt darauf an, ob man nach der gewöhnlichen byzantinischen Ära zählt, welche 5508 Jahre von der Erschaffung der Welt rechnet, oder nach der mit 5500 Jahren, die hier wahrscheinlicher ist, da sie mit den Ereignissen besser im Einklang steht. ") Wie die im Slawischen übliche Bezeichnung Prolog für das griechische Synaxarion aufgekommen sei, ist dem russischen Kirchenhistoriker Golubinskij (Ctenija, Bd. 199, S. 914) zufolge noch nicht aufgeklärt. "8) Sbornik des bulgarischen Ministeriums für Volksaufklärung, Bd. XVI und XVII, 314-325. 59) Die regelmäfsige Betonung auf der vorletzten Silbe bleibt für mich allerdings fraglich: ego, tobe, tebe sind nicht wahrscheinlich. 60) Vgl. K. Krumbacher, Gesch. der byz. Litt.2, 650, 792—793. 61) Man braucht die Nachricht nicht zu bezweifeln (Novakovic, Prvi osnovi slovenske knjiZevnosti, 103), da es Klöster in Bulgarien faktisch schon gab. 62) Bezüglich des wichtigsten in Betracht kommenden Werkes »über die Staatsverwaltung« ist ein Vorwurf allerdings nicht gerechtfertigt, da dasselbe ein Geheimbuch des Kaiserpalastes war und auch von keinem Byzantiner zitiert wird. Vgl. Byz. Zeitschr. 17, 165 (von K. JireCek hervorgehoben). ба) Jagic führte darüber Klage schon im Jahre 1877 (Archiv f. slaw. Phil. II, 9). M) Gemeint ist Nikon des Klosters Raithu auf der sinaitischen Halbinsel, doch die slawischen Handschriften seiner »Pandekten« (veröffentlicht im Sbornik der russischen Akademie, Bd. XII) und des »Taktikons« verlegen ihn nach Palästina, denn sein Beiname entspricht h i« bgei Mat Qtii der Pariser Hs. 122 (Krumbacher, Gesch. d. byz. Lit.2, 155-156). бб) Vgl. Byz. Zeitschr. 9, 199. 66) Einen Auszug aus der gründlichen Abhandlung F. RaCki's über diesen Gegenstand (Rad der südslawischen Akademie, Bd. X, in Bd. VII und VIII behandelt er die Geschichte der Bogomilen) bietet C. JireCek, Geschichte der Bulgaren, S. 177—184. 67) Vgl. die Abhandlung von L. Miletic im bulgarischen Sbornik za narodni umotvorenija, Bd. XIX, 1—369. 8S) In Stagno in Dalmatien ist »neiitak« in der Bedeutung »Versucher, Teufel, Quälgeist«, der in jemanden hineinfährt, erhalten. Glasnik des Landesmuseums für Bosnien und Herzegowina, Bd. VIII, S. 539. «9) Vgl. auch zwei derartige abendländische Bearbeitungen der Vision des Esaias in Döllingers Beiträgen zur Sektengeschichte des Mittelalters II, 166 ff, 208 ff. 10) Vgl. D. Bonwetschs Zusammenstellung in Harnacks Geschichte der altchristlichen Litteratur I, 902—917. Hierbei mufs hervorgehoben werden, dafs Bonwetsch gerade südslawische Kataloge und Publikationen unbekannt blieben. So sind z. B. nur durch den bulgarischen Sbornik za narodni umotvorenija zahlreiche Apokryphen ans Licht gekommen, die man bis dahin in südslawischer Fassung gar nicht kannte, namentlich solche über Personen des Alten Testamentes (Melchisedek, Loth, Isaak, Ismael, Samuel, David, Salomon), so dafs man nicht mehr in die Versuchung kommen kann, von einer Vernachlässigung alttestament-licher Apokryphen bei den Südslawen zu sprechen, was mit Rücksicht auf die Bogomilen möglich wäre. Als Ergänzung zu Bonwetsch ist noch immer zu beachten: E. Kozak, Bibliographische Übersicht der biblisch-apokryphen Litteratur bei den Slawen, Jahrbücher f. protest. Theologie XVIII, I. 1892. Zu den Sammlungen slawischer Apokryphen von Pypin, Tichonravov und Porfirjev kam hinzu: I. Franko, Apo-krify i legendy z ukrai'nskych rukopysiv, herausgegeben von der §ev-Eenko-Gesellschaft der Wissenschaften in Lemberg [u. a T. Pamjatki . . . = Monumenta linguae necnon litterarum-ukraino-russicarum (rutheni-carum)], Bd. I (1896) Alttestamentliche Apokryphen, Bd. II (1899) Apokryphe Evangelien, Bd. III (1902) Apokryphe Apostelakten (die erste systematische slawische Sammlung), Bd. IV (1906) Eschatologische Apokryphen. Abgesehen von neuen, aus ruthenischen Handschriften (hauptsächlich aus Galizien und Ungarn) geschöpften Materialien bringt das Werk wertvolle Einleitungen über die einschlägigen Fragen sowie Varianten und Anmerkungen zu den Texten. Bd. III bringt an der Spitze eine Inhaltsangabe der bisherigen Publikation in deutscher Sprache. 71) Bei Franko fällt namentlich der Reichtum neuer, populärer Bearbeitungen der alten Apökryphen auf. 72) Die entsprechenden Benennungen und herausgegebenen Texte sind meist russisch: Koljadnik oder Koledarnik = griech. xalaviriniov, Gromnik (Donnerbuch) = ßQovroXoyiov, Lunnik (Mondbuch) = o£).j]vo) V. N. SCepkin, Bolonskaja psaltyrt, 44—47, 56—85. 96) Er nennt sich einen Schüler Romils und schrieb sein Werk als Einsiedler am Fufse des Athos, im Orte »Melana« (Lj. Stojanovic, Katalog narodne biblioteke, 103). !n) So soll einer Schreibernotiz zufolge ein Mönch Joann in der Laura des heiligen Athanasios auf dem Athos mit Hilfe von vier anderen Mönchen eine Reihe längst vorhandener Bücher aus dem Griechischen ins Bulgarische übersetzt haben, darunter das Evangelium, den Praxapostolos, die Liturgie, den Psalter, die Theologie des Johannes von Damaskos, Johannes Klimax, Isaak den Syrer, des Anti-ochos Pandekten. Es ist nicht ausgemacht, ob sich diese Notiz auf die Zeit vor oder nach Euthymij bezieht, denn im ersten Falle hätten wir darin einen Beweis, dafs der Anstois zu seiner Reform vom Athos kam. Dafür spricht wohl die serbische Handschrift eines Triodions, das zwei Mönche 1374 auf dem Sinai schrieben, denn als Vorlage diente ihnen »ein echtes Athos-Exemplar, ein neues Exemplar in bulgarischer Sprache« (Stojanovic, Stari srpski zapisi i natpisi I. 47). Jedenfalls spielten die Athosklöster in der Verbreitung der neuen bulgarischen Redaktion eine wichtige Rolle. 9a) Hier scheinen zwei Übersetzungen vorzuliegen: eine der Bruchstücke für Joann Alexander und eine des ganzen Werkes. ") Wahrscheinlich hierher gehörig, da sie im 15. Jahrhundert auf dem Athos von einem Bulgaren für den serbischen Despoten Stefan Lazarevic abgeschrieben worden ist. 10°) Das braucht nicht auf eine Verwechselung des griechischen BaoClsiog Jiyerrjs mit BaOilevs zurückzugehen. ,01) Im Königstitel wurden bis zum 14. Jahrhundert mit den graeci-sierten Namen »Dioklitija, Travunija, Zahlumje« usw. besonders aufgezählt, später als zemlje pomorske (terrae maritimae) zusammen-gefafst. ,02) Obgleich das katholische Element unter der slawischen und albanesischen Bevölkerung des Landes nicht besonders zahlreich war, hatte Serbien am Ende des 12. Jahrhunderts doch zwölf und am Ende des 13. Jahrhunderts nicht weniger als 15 katholische Bistümer (Golu-binskij, OCerk istorii pravoslavnych cerkvej, 525). 103) Die Könige von Ungarn legten sich schon seit 1202 den Titel rex Serviae oder Rassiae bei. 104) Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts in Pec (Ipek), da ZiCa um 1254 zerstört wurde. 106) Das Volkslied und die Tradition überhaupt lassen ihn durch Mörderhand (Vukasin) sterben. tos i3er letzte Despot Jovan starb 1503 und den Titel eines Despoten erhielt der kroatische Würdenträger Ivan Berislavie. Fr. Racki, Knji-Bevnik II, 488. 106) Geschichte der slaw. Litteraturen I, 194. 1C1) Die überall wiederholte, auf Cerva zurückgehende Nachricht, Dusan habe 1351 nach Ragusa 20 Jünglinge zur Ausbildung gesendet, ist aus den Quellen nicht belegt und wird von K. Jirecek überhaupt als unglaubwürdig erklärt, weil damals in Ragusa noch nicht viel zu lernen war und die Ragusaner einen längeren Aufenthalt von Fremden auch ungern sahen. 108) Vgl. Archiv f. slaw. Phil. XXI, 302 ff. 109) BoZ. Nikolajevic, Delo (Belgrad) 1906, Nov. no) BoZ. Nikolajevic, O srpskoj erkvenoj arhitekturi u sre-dnjem veku. Beograd 1905. M. Valtrovic, Pogled na staru srpsku erkvenu arhitekturu. Glas der serb. Akademie, H. XVII. m) So fällt das Kloster Kalenic direkt durch seine arabischmohammedanische Dekoration auf. Stefan Lazarevic kämpfte ja als Bundesgenosse Bajasids in Kleinasien. 112) Vgl. C. Mijatovic, Despot Gjuragj Brankovic I (1880), S. 119. Solchen Anschauungen huldigt sogar der kroatische Historiker Fr. Racki in einem überhaupt verzeichneten Bild der serbischen Litteratur zur Zeit der Kosovoschlacht im Rad der südslawischen Akademie, Bd. XCVII, 66 ff. 1,a) Auch die Klagen über die UnVerständlichkeit russischer Vorlagen stellen den mönchischen Schreibern kein gutes Zeugnis aus, sind aber immerhin begreiflicher. lu) Interessant ist es, dafs bei der Zeitbestimmung eines solchen Kodex aus Lesnovo »im Lande Zletovo« im Jahre 1353 der Zar von Bulgarien, Joann Alexander, und der »heilige« Zar von Serbien, Stefan, zugleich genannt werden (Stojanovic, Stari srpski zapisi i natpisi I, 38). Die Stelle zeigt zugleich, wie der in den Formeln der Byzantiner aus der heidnischen spätrömischen Zeit stammende Kaiserkultus auch bei den Serben noch fortlebte (nach K. JireCek). m) Stojanovic, o. c. I, S. 42. 116) Ib. S. 98. m) Bis auf den Psalter hat die noch immer reichhaltige Bibliothek von Chilandar (472 Handschriften) kein einziges alttestamentliches Buch aufbewahrt; die Belgrader Akademie besitzt die Abschrift des Alten Testamentes von einem Russen erst aus dem Jahre 1717. Die ersten acht Bücher des Alten Testamentes und die Bücher der Könige aus dem 16. Jahrhundert besitzt immerhin das Paulus-Kloster auf dem Athos. 11S) Bezeichnend für die Herkunft wenigstens der meisten russischen Athosmönche ist der Umstand, dafs der Name Glöb in süd- oder kleinrussischer Aussprache (sogar ch für g) und das weiche s als s (rustskoju) in dem bulgarisch-serbischen Synaxarion von 1330 wiedergegeben wird. 119) Interessant ist eine Klage aus dem Jahre 1370, dafs viele Bücher wegen Unkenntnis der griechischen Sprache verdorben worden seien. 120) Z. B. die Mönche des Sabbasklosters Patrikios und Abramios, welche die Fastenreden des Syrers Isaak übertragen haben (eine serbische Hs. aus dem Jahre 1355 in Chilandar). 121) Darunter wird ein späterer »serbischer« Bischof Jakob angeführt, doch bezieht sich ZtQß/wv sehr wahrscheinlich auf die südmakedonische Stadt r« Ztoßi«, türk. Selfidze (Drinov). '"2) Die Werke des Dionysios Pseudoareopagites, der ältesten Autorität der Mystik, samt den Erklärungen des Maximos hat ein Mönch, Isaija der Serbe, 1371 auf Anregung des Metropoliten Theodosij von Seres übersetzt. 123) Z. B. Isaak der Syrer, Dorotheos, Archimandrit in Palästina, Antiochos, Mönch des Sabbasklosters, Petros von Damaskos u. a. 124) Z. B. Anastasios, Mönch vom Berge Sinai, Johannes, Abt daselbst, Johannes, Mönch des Marienklosters daselbst, Johannes, Abt von Raithu, usw. 126) Chilandar Nr. 21, wird falsch dem heiligen Sava zugeschrieben. ,26) Vgl. Krumbacher, Gesch. d. byz. Litt.2, 202. m) Als Übersetzer werden die Mönche Benedikt und Jakov genannt, aber nach einer Moskauer Synodalhandschrift (Nr. 61) wurde die Übersetzung »aus der helladischen Sprache in unsere slowenische Sprache« für den Popen Benedikt vom Mönche Jakov geschrieben, nach der anderen (Nr. 62) vom Popen Benedikt »aus der griechischen Sprache in die serbische«; andere Handschriften bieten gar keinen Namen (Karlowitz aus dem Jahre 1451, Chilandar Nr. 81 aus dem Jahre 1457—1458). 128) Starine (Agram), Bd. XVI, 41—57 (hg. von St. Novakovic). 129) Starine X, 81-126 (hg. von V. Jagic). 13°) Der Mangel südslawischer Handschriften spricht nicht dagegen, denn es sind sogar viel jüngere südslawische Ubersetzungen nur durch die Russen überliefert. 131) Moskauer Ctenija, B. 213 (1905, 2.), 518—519. 132) Iv. Timosenko, Vizantijskijaposlovicy i slavjanskija paralleli k nim. Russkij filol. Vestnik, Jahrg. 1894 und 1895. 13a) Mittelgriechische Sprichwörter. Sitzungsberichte der bayer. Akademie der Wissenschaften, philosoph.-philol. Kl., 1893. 13<) Über D. C. Hesselings Nachweis s. Byzant. Zeitschr. XII, 646. 136) V. S. Karadzic, Srpske narodne poslovice, Biograd 1900, S. XI—XIII. Die in Rede stehenden Bemerkungen wurden von Karadzic schon im Jahre 1836 zum erstenmal gedruckt. 136) Ein »Traum des Königs Joas« kommt in einer mittelbulgarischen und in russischen Handschriften vor (Radeenko, Otcet o zanjatijach, 77). m) Schon von Pavlovic bemerkt. Glasnik der serb. gel. Gesellschaft, Bd. 47, 286 ff. (K. Jire&k). 138) Im Original: Zitije i ZizLni, was offenbar dem griechischen ßlos xal nokntia entspricht. "») Povßst in der Handschrift von P. Srerkovir. 14°) Im Original: Zitic i podvizi = Leben und Taten (im Mönchsstande). 1iJ) Die zweite.Taufe Nemanjas erklärt ein Schreiber des 17. Jahrhunderts dahin, dafs dieser »ein Orthodoxer, aber noch nicht getauft war«! (Spomcnik XXXVIII, 124.) 142) Die Byzantiner ahmte er auch darin nach, dafs er aus den Anfangsbuchstaben der einzelnen Kapitel ein Akrostichon bildete, das die Widmung des Werkes an den Despoten Stefan zum Ausdruck bringt. 143) Auf Dusan scheint auch die Trennung von Administration und Justiz im alten Serbien zurückzugehen. ,44) Veröffentlicht von Lj. Stojanovic, Stari srpski zapisi i natpisi I, 108. ,4B) Geschichte der südslawischen Litteratur III, 221—224. 146) Bosona als oberes Stromgebiet des Bosnaflusses wird im 10. Jahrhundert von Konstantin Porphyrogennetos erwähnt, in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts schon das Bistum ecclesiaBosoniensis. 147) Ihre Schwäche lag auch darin, dafs um das bosnische Bistum die Erzbischöfe von Dioclea-Antivari, Ragusa und Spalato herumstritten, bis es 1247 Kalocsa in Ungarn untergeordnet wurde! Das Bistum selbst wurde aus Brdo (heute BlaZuj bei Sarajevo) nach Dja-kovo in Slawonien übertragen (vor 1252). 141 a) K. Jirecek meint, dafs er nur dem Namen nach katholisch war, wie alle älteren Bane. ,41b) Gewöhnlich wird 1483 angegeben, aber Castelnuovo fiel schon Ende Januar 1482 (nach K. JireCek). 14S) L. v. Thallöczy, Glasnik des bosnisch-herzegow. Museums, XVIII, 471. Vgl. namentlich die erste Urkunde, die er als König an die Ragusaner schrieb (Miklosich, Monumenta serbica, 186—190) mit den früheren. 149) A. Ivic, Letopis Matice srpske, Kn. 230, S. 80. 16°) Die oft veröffentlichte (s. Miklosich, Monumenta serbica, 519) und viel besprochene Inschrift wird von Hil. Ruvarac (Wissenschaftliche Mitteilungen aus Bosnien und Herzegowina III, 379) für ein Falsifikat erklärt. 161) Vgl. die cyrillische Schrift in den westrussischen Gebieten, welche die Reform Peters des Grofsen vorbereitete. 152) C. Truhelka, Wiss. Mitteilungen aus Bosnien und Herzegowina VII, 215—220. 153) In Missalen gibt es noch Stellen, wo der Chor auf der einen Seite griechisch, auf der anderen slawisch singt. ,64) Hier wurde bereits in lateinischer Schrift auch eine Übersetzung der Reali di Francia niedergeschrieben, so dafs also Buovo zweimal zu den Südslawen gelangte. 165)'Vgl. Ilarion Ruvarac, Montenegrina2, Zemun 1899; Jov. N. Tomic, Glas der serbischen Akademie, Bd. 58, 60, 62. 1B6) Es scheint, dafs in Serbien die Türken den alten Adel unter gewissen Bedingungen fortbestehen liefsen. Vgl. St. Novakovic, Glas der serbischen Akademie, Bd. 42, S. 41. T. SmiCiklas, Poviest hrvatska II, 95. "") Nada (Sarajevo) I, 126 ff. 1B0) Teilweise veröffentlicht in den Star ine der Agramer Akademie, Bd. X, XI, XII. lco) Es ist bezeichnend, dafs H Geizer in seiner Schrift »Das Patriarchat von Achrida« (Leipzig 1902) die ganze Episode gar nicht erwähnt. 161) G1 a s n i k des bosnisch-herzegowinischen Landesmuseums XIII, 34, Lj. Stojanovic, Stari srpski zapisi i natpisi I, S. 124. 162) K. JireCek in der Rezension der genannten Schrift Geizers, Byzant. Zeitschr. 13, S. 198 ff, 710. Vgl. auch die Rezension von J. Radonic, Archiv, f. slaw. Philol. XXV, 468 ff. ,63) N. Jorga (Geschichte des rumänischen Volkes I, 337, 398) gibt zu, dafs die Kirche der Walachei und Moldau nach der Union von Florenz (1439) Konstantinopel verlassen und sich Ochrida untergeordnet habe, obwohl einige Urkunden darüber offenkundige Fälschungen sind. ,(i4) Vgl. Stipan Zlatovic, Franovci dr2ave presvet. Odkupitelja (Zagreb 1888), 62—65, 69; Ilarion Ruvarac, O Perkim patrijarsima (U Zadru 1888), 78-79. I66) Jastrebov, Spomenik der serbischen Akademie, Bd. 36, S. 96. 166) Vgl. C. JireCek, Geschichte der Bulgaren, 370—371. 167) A. J. Jacimirskij, Grigorij Camblak, S. 20—24. ,6S) Vgl. A. J. Jacimirskij, Slavjanskija i russkija rukopisi ru-mynskich bibliotek, Sbornik der II. Abt. der russischen Akademie, Bd. 79. 169) A. I. Sobolevskij, Perevodnaja literatura moskovskoj Rusi XIV—XVII vekov, Sbornik (wie oben), Bd. 74, Nr. 1, S. 14. 17°) Belege für diese Angaben bei Lj. Stojanovic, Stari srpski zapisi i natpisi II, S. 163, I, 177, 185, 197. m) Starine IV, 19-24. 172) Srpski etnografski zbornik, Bd. IV, S. XLV-XLVII, XXVI, XXXV-XXXVI. "3) Vgl. des Verfassers Ausführungen über den Tisch bei den Südslawen, Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien, Bd. XXXVI, 113 ff. m) Falsch ist die Namensform KuripesiC, da sie offenkundig auf die Zusammenrückung eines Imperativs und Nomens (Kuri + pe£, also Ofenheizer) zurückgeht. 175) K. Dieterich, Geschichte der byzantinischen und neugriechischen Litteratur (Bd. IV dieser Sammlung), 153 ff. 176) Die wichtigsten in Betracht kommenden Fragen sind berührt in des Verfassers Rezension »Die serbokroatische Volkspoesie in der deutschen Litteratur« im Archiv f. slaw. Philol. XXVIII, 351—385. Die wichtigsten bibliographischen Hilfsmittel. i. Litteraturgeschichte. Die Litteraturgeschichte steht bei den Südslawen nicht auf der Höhe der Zeit. Es gibt nicht einmal eine einheimische, modernen Anforderungen entsprechende Gesamtdarstellung irgendeiner südslawischen Litteratur, wie sie bei den Nordslawen mehrfach vorhanden ist. Auch gute Monographien über einzelne Perioden und Schriftsteller sind nicht genügend vorhanden. Am meisten haben auf diesem Gebiete die Russen geleistet, die ja die litterarischen Erzeugnisse der Südslawen besser aufbewahrt haben als sie selbst. Die erste Litteraturgeschichte der Slowenen (nach den Materialien von M. tfop), Kroaten und Serben schrieb nach der bio- und bibliographischen Methode der böhmische Slawist Paul Jos. Safari k während seines Aufenthaltes unter den Serben (bis 1833). Dieses gründliche Werk ist leider erst nach seinem Tode erschienen unter dem Titel: Geschichte der südslawischen Litteratur, 3 Bde., Prag 1864—1865. Auch für die ältere Periode hat das Werk wegen seiner nach dem Inhalt geordneten Angaben über die glagolitischen und cyrillischen Drucke und namentlich über die serbischen Handschriften seinen Wert nicht verloren. Die mährisch-pannonischen und bulgarischen Grundlagen der »Litteraturgeschichte des kroatischen und serbischen Volkes« berücksichtigt V. Jagic, Historija knji2evnosti naroda hrvatskoga i srbskoga, I. (und einziger) Bd., Agram 1867 (in russischer Übersetzung von Petrovskij, Kazant 1871). Für seine Zeit vortreffliche Paralleldarstellungen der bulgarischen, serbokroatischen und slowenischen Litteratur gab der Russe A. N. Pypin in der im Verein mit dem Polen W. D. Spasowicz herausgegebenen »Geschichte der slawischen L i 11 e r a t u r e n« (Istorija slavjanskich literatur), 2. Aufl., I. Bd. (Petersburg 1879), die deutsche Ubersetzung von Trau gott Pech (Leipzig 1880). Die Vorfragen über das slawische Altertum und die slawische traditionelle Litteratur behandelte im Sinne der romantischen historischen Schule Gregor Krek, Einleitung in die slawische Litteraturgeschichte, 2. Aufl., Graz 1887 (wirkungsvoller war die erste Auflage, Graz 1874); von diesem Werke sind alle späteren südslawischen Litteraturgeschichten abhängig. Die beste bulgarische Litteraturgeschichte ist ein Schulbuch: A. Teodorov, Bilgarska literatura, Philippopel 18%, 2. abgekürzte und verbesserte Auflage, 1901; für wissenschaftliche Zwecke ist die erste wegen der Litteraturangaben mehr zu empfehlen. Die serbokroatische Litteratur erfuhr eine vortreffliche Darstellung in einem von seinem gelehrten Verfasser leider im Stich gelassenen Schulbuch: Stojan Novakovic, Istorija srpske knji-2evnosti, 2. umgearbeitete Auflage, Belgrad 1871. Einen grofsen Rückschritt bedeutet ein wegen seiner bibliographischen Angaben zu beachtendes Schulbuch: Jovan GrCic, Istorija srpske knjiSevnosti, Neusatz 1903. Der bio- und bibliographischen Methode folgt noch stark Dr. Duro Surmin in seiner illustrierten Povjest knjiZevnosti hrvatske i srpske, Agram 1898. Für die in dieser Periode wenig in Betracht kommende slowenische Litteratur existiert eine ausführliche, aber nicht immer verläfsliche Materialiensammlung von Dr. K. Glaser, Zgodovina slovenskega slovstva, 4 Bde., Laibach 1894—1898. Übersichtlicher ist ein Schulbuch für die beiden oberen Mittelschulklassen: Dr. Jakob Sket, Slovenska slovstvena citanka, 2. Aufl., Wien 1906. Für die mit der südslawischen im innigsten Zusammenhang stehende russische Litteratur ist das beste, auch Litteraturangaben bietende Werk von A. N. Pypin, Istoriia russkoj literatury, 4 Bde., Petersburg 1898—1899, 2. noch vom Verf. besorgte Aufl. 1902-1903. Ein unentbehrliches Handbuch ist Karl Krumbachers Geschichte der byzantinischen Litteratur, 2. Auflage bearbeitet unter Mitwirkung von A. Ehrhard und H. Geizer, München 1897. Dem Werke wäre nur zu wünschen, dafs die auch schon jetzt besonders verdienstlichen slawischen Litteraturangaben bei einer neuen Auflage eine Vervollständigung aus den russischen und namentlich aus den südslawischen Publikationen erfahren möchten. Zur leichteren Orientierung dient die auch wegen ihrer Wertschätzung des Byzantinismus von Krumbacher abweichende Geschichte der byzantinischen und neugriechischen Litteratur von Dr. Karl Dieterich, Leipzig 1902 (IV. Bd. dieser Sammlung). 2. Kataloge der Handschriften und alten Drucke. Agram. Bibliothek der südslawischen Akademie der Wissenschaften, nur teilweise beschrieben von N. RuäiCic, Stari srpski rukopisi u knji2nici jugoslovenske akademije, Spomenik der serbischen Akademie, XXXVIII. Bd., 129 ff. Belgrad. Nationalbibliothek: Ljub. Stojanovic, Katalog narodne biblioteke, IV. Rukopisi i stare stampane knjige. Belgrad 1903. — Bibliothek der serbischen Akademie: Ljub. Stojanovic, Katalog rukopisa i starih stampanik knjiga. Zbirka srpske kraljevske akademije. Belgrad 1901. Bosnien und Herzegowina. Bibliotheken der serbischen Klöster und Kirchen: M. M. Vukicevic, Iz starih Srbulja, Glasnik des Landesmuseums für Bosnien und Herzegowina XIII (1901). Athos. Chilandar: Sava Chilandarec (d. i. Sava Mönch von Chi-landar, ein gebürtiger Böhme), Rukopisy a starotisky Chilandarsk<5, Prag 1896. Für das Paulus-Kloster bleibt in Kraft die Beschreibung der slavoserbischen Bücherschätze von Chilandar und des heiligen Paulus vom russischen Archimandriten Leonid in den Moskauer Ötenija 1875, I, wieder abgedruckt im Glasnik der serbischen gelehrten Gesellschaft, XLIV. Bd., Belgrad 1887. Bulgarien. Sofija. Nationalbibliothek: Svet. Vulovic, Opis slo-venskih rukopisa sofijske biblioteke, Spomenik der serbischen Akademie, XXXVII. Bd., 1—49. — Synodalbibliothek: E. Sprostranov, Opis na rakopisite pri sv. Sinod, Sofija 1900. Rila-Kloster: E. Sprostranov, Opis na r;)kopisite v bibliotekata pri Rilskija manastir, Sofija 1902 (in PeriodiCesko spisanie 64). Rumänien. Vgl. S. 193 und S. 219 Anmerkung 168. R u f s 1 a n d. Die zahlreichen Kataloge und Beschreibungen aller Bibliotheken, da es wohl keine gibt, welche nicht südslawische Werke, wenn schon nicht Handschriften besäfse. Besonders kommen in Betracht die Synodalbibliothek, die des Rumjancovschen Museums und A. I. Chludovs in Moskau, der Troickaja Sergievskaja Lavra bei Moskau, der kaiserl. öffentl. Bibliothek in Petersburg, der geistlichen Akademie in Kiew und der Universität in Odessa. Beschreibungen oder Notizen über slawische Handschriften besitzen wir noch von folgenden Bibliotheken: Oxford: P. A. Syrku, Bemerkungen in den Izv^Üja der Abteilung für russische Sprache und Litteratur der kaiserlichen Akademie in St. Petersburg, Bd. VII, 4, 325-345. Paris. Nationalbibliothek: N. Dufic, Starine der Agramer Akademie XVI, 116-127. Prag, Museum des Königreiches Böhmen, die Handschriften Paul Jos. Safanks, besch. von M. N. Speranskij, Moskauer Ötenija, 168. Bd. Rom, Vaticana, V. Jagic, Analecta Romana, Archiv f. slaw. Philol. XXV, 1-17. Die slawischen Handschriften von Berlin, Prag, Wien (besitzt einen handschriftlichen Katalog von Fr. Miklosich), Laib ach, Agram und der beiden Bibliotheken von Belgrad von Gr.Voskre-senskij im Sbornik der Abteilung für russische Sprache und Litteratur der kaiserl. Akademie, XXXI. Bd., Petersburg 1882. Jerusalem. N. Krasnosekcev, Slavjanskija rukopisi patriarsej biblio-teki v Ierusalime. Kazani. 1889. Sehr zu bedauern ist der Mangel eines oder mehrerer Kataloge des Patriarchats von Karlowitz und der Klöster derFruska Gora in Syrmien (Slawonien), welche die meisten serbischen Hand- Schriften bewahrt haben. Es wäre eine dieser Stätten der serbischen Kultur würdige Aufgabe, wenn sie die wissenschaftliche Welt auf ihre Schätze aufmerksam machten. Ein wichtiges Hilfsmittel für die Übersicht der serbischen Handschriften und alten Drucke ist die von Ljub. Stojanovic herausgegebene Sammlung der Schreibernotizen (und Inschriften): Stari srpski zapisi i natpisi, 3 Bde., Belgrad 1902—1905. 3. Bibliographie. Periodische Publikationen und Zeitschriften. Der älteren Litteratur kommen meist nur mittelbar zustatten folgende bibliographische Werke: Franc Simonie, Slovenska bibliografija. I. del: Knjige (1550—1900). Laibach 1903—1905. Ergänzungen im Zbornik Slovenske Matice in Laibach. Ivan Kukuljevic Sakcinski, Bibliografia hrvatska I. Agram 1860. — Dodatak (Nachtrag) 1863. Stojan Novakovic, Srpska bibliografija za noviju knjiZevnost (1761 bis 1867). Belgrad 1869. Ergänzungen vom Jahre 1868—1884 (mit Unterbrechungen) im Glasnik der serbischen gelehrten Gesellschaft, später im Spomenik der Akademie. A. Teodorov, Blgarski knigopis I (1641—1877) im IX. Bande des Sbornik za narodni umotvorenija, Sofija 1893. Ergänzungen im PeriodiCesko spisanie. Für die jüngsten und laufenden Erscheinungen gibt es keine regelmäfsige und systematische Bibliographie, da eine solche weder die slawistischen Fachorgane (Archiv für slawische Philologie, Izvestija otdelenija russkago jazyka i slovesnosti der kaiserlichen Akademie in Petersburg, Russkij Filologiceskij Vestnik in Warschau) noch die südslawischen Zeitschriften pflegen. Auch kritische Anzeigen und Referate sind bei den Südslawen allzu sehr zersplittert und häufig nur in belletristisch-belehrenden Zeitschriften zu finden, so dafs ein kritisches Zentralorgan, in dem die einzelnen Sprachen und die beiden Schriften gleichberechtigt sein könnten, ein dringendes Bedürfnis der Zukunft ist. Die slawische Philologie verfügt auch über keine Jahresberichte. Die Enzyklopädie der slawischen Philologie, deren Ausgabe soeben die Akademie in Petersburg begonnen hat, wird zunächst den grammatischen Disziplinen zugute kommen. Von bibliographischen Publikationen sind zu nennen: Fr. Pastrnek, Bibliographische Übersicht über die slawische Philologie 1876—1891. Supplementband zum Archiv f. slaw. Philologie, Bd. XIII. Berlin 1892. — Eine Übersicht des philologischen Inhaltes der serbokroatischen Publikationen in den Jahren 1891, 1892, 1893, 1894 gibt M. Resetar im Archiv f. slaw. Phil. XV, XVI, XVIII. — Eine bibliographische Übersicht der Litteratur der Südslawen im Jahre 1895 von P. D. Draganov in den Izvfstija otd. russkago jaz. i slov. 1, 2, 206-293; I, 4, 744—778. — Eine Charakteristik der wichtigsten südslawischen Zeitschriften bis zum Jahre 1898 gibt V. Jagic, Bibliographische Übersicht der slawischen Zeitschriften philologischen, litteraturgeschichtlichen und ethnographischen Inhalts, Archiv f slaw. Phil., XX. Bd., 625 ff. Für die Jahre 1900 und 1901 erschienen plötzlich zwei biblio graphische Publikationen, gingen aber beide wieder ein: Slavjanovedenie I (berücksichtigt nur die periodischen Publikationen), II (systematisches Verzeichnis der Arbeiten auf dem Gebiete der Sprachwissenschaft, Litteratur, Ethnographie und Geschichte), herausgegeben von der Redaktion der Izvgstija der russ. Abt. der Akademie, Petersburg 1901, 1903. VSstnik slovansk6 filologie a staroZitnostf, herausg. von L. Niederle, F. Pastrnek, J. Polivka, J. Zubaty, I, II. Prag 1901, 1902. Verdient vor den russischen Publikationen einen Vorzug namentlich wegen der kurzen Referate und kritischen Bemerkungen. Für die ältere Litteratur füllen den Mangel einer systematischen slawistischen Bibliographie zum gröfsten Teil die beiden Fachorgane der Byzantinisten aus: byzantinische Zeitschrift, herausgeg. von Karl Krumbacher, Leipzig 1892-1908 (17 Bde.). Vizantijskij Vremennik, herausgeg. von der kaiserl. Akademie der Wissenschaften unter der Redaktion von E. Regel, Petersburg 1894-1907 (13 Bde.). Die älteste periodische Publikation der Serben und Südslawen überhaupt, Letopis Matice Srpske (Jahrbuch der Matica Srpska, seit 1825 in Budapest, seit 1864 in Neusatz), bringt im Bd. 185 (Neusatz 1896) eine Bibliographie der Bände 1—184. Seit jener Zeit bringt die reformierte Zeitschrift die besten kritischen Anzeigen, Referate und bibliographische Notizen über serbische Litteratur und Geschichte. Zum G1 a s n i k srpskoga uCenog drustva (der serbischen gelehrten Gesellschaft) in Belgrad bringt ein Generalregister der letzte, 75. Band, Belgrad 1891. Von der an ihre Stelle getretenen serbischen königlichen Akademie (Srpska kraljevska akademija) kommen seit 1887 hauptsächlich Glas (Sitzungsberichte), Spomenik (Denkschriften), Zbornik za istoriju, jezik i knjiievnost srpskog naroda (Sammelband für Geschichte, Sprache und Litteratur des serbischen Volkes) und Srpski etnografski Zbornik in Betracht; über ihre Tätigkeit berichtet Godisnjak (Jahrbuch). Von anderen periodischen Publikationen ist wichtig: Godisnjica Nikole öupica in Belgrad, 1877 bis 1908 (27 Bde.). Für Referate kommt vor allem in Betracht Srpski KnjiZevni Glasnik in Belgrad. Bei den Kroaten arbeiteten Arkiv za povSstnicu jugoslavensku (Archiv f. südslaw. Geschichte), Agram, 12 Bde. (1852 ff.), und die Zeitschrift Knji2evnik, 3 Bde., Agram 1864—1866, der südslawischen Akademie der Wissenschaften (Jugoslavenska akademija znanosti i umjetnosti) in Agram vor; von ihren periodischen Publikationen (seit 1867) gehören hierher: Rad (Sitzungsberichte), Star ine (Texte der älteren Litteratur der Südslawen), Monumenta historico-iuridica Slavorum meridionalium, Monumenta spectantia histo.-riam Slavorum meriodionalium und Zbornik za narodni 2ivot i obiCaje juZnih Slavena (für volkstümliches Leben und die Bräuche der Südslawen); einen Tätigkeitsbericht bringt Ljetopis seit 18/7. Diebeste kroatische Zeitschrift Savremenik in Agram. Über Bosnien und Herzegowina bringt wertvolle Materialien und Abhandlungen das Organ des Landesmuseums: Glasnik ze-maljskog muzeja za Bosnu i Hercegovinu, Sarajevo, 1889—1908. Die wichtigeren Artikel daraus erscheinen in deutscher Sprache: Wissen' schaftliche Mitteilungen aus Bosnien und der Herzegowina, Wien, Holder, bisher 10 Bde. Bei den Bulgaren wurde die erste überwiegend wissenschaftliche Zeitschrift Periodiöesko Spisanie 1870-1876 in Braila (Rumänien) herausgegeben und 1882 in Sofija als Organ der Bulgarischen litterarischen Gesellschaft erneuert. Eine Fülle von Materialien und Abhandlungen bringt Sbornik za narodni umotvorenijai nauka i kniZnina (für Volkserzeugnisse, Wissenschaft und Litteratur), in Sofija, von dem 18 Bände (bis 1901) als Organ des Ministeriums für Volksaufklärung (ein Generalregister im Band 16/17), seitdem drei gleichfalls als Organ der Litterarischen Gesellschaft. Von ihrer Tätigkeit berichtet Letopis na btlgarskoto knifevno druSestvo v Sofija. Die Gründung einer Akademie steht demnächst bevor. Von den Zeitschriften erfreut sich Blgarska Sbirka des längsten Daseins. Die wissenschaftliche Tätigkeit in slowenischer Sprache ist konzentriert im Letopis (von 1865), seit 1899 Zbornik der Slo-venska Matica in Laibach. Dazu kommen in Betracht Izvestja muzejskega drustva za Kranjsko (neben dem gleichlautenden deutschen Organ »Mitteilungen des Musealvereins in Krains von 1908 an Carniola) in Laibach und Üasopis za zgodovino in narodo-pisje (Zeitschrift für Geschichte und Ethnographie) in Marburg. Die älteste (seit 1881) und angesehenste Zeitschrift ist Ljubljanski Z von in Laibach, aufserdem Cas, Dom in Svet und Slovan. Murko, Geschichte der südslawischen Litteraturen. 15 Zusätze und Verbesserungen. S. 13 Z. 14 anstatt Schlötzer 1. Schlözer. S. 14 Z. 2 v. u. Nach Cvijics Mitteilungen gibt es im Vilajet Kosovo (na Kosovu) über ein Drittel Serben; 'wenn man nach Häusern zählt, allerdings weniger, da die Serben zum Unterschiede von den Albanesen in Hauskommunionen (Zadruga) leben. Unter den Albanesen gibt es ein Drittel entnationalisierter Serben. S. 64 Z. 7 anstatt Gabalas 1. Gabala. S. 97 Z. 4 » Michael Seth 1. Symeon (vgl. Krumbacher, Gesch. der bvz. Lit.a 615, 896). S. 127 Z. 7 v. u. anstatt 1415-1419 1. 1414-1418 (vgl. S. 162 und VI). S. 128 Z. 23 mufs es heifsen: die dem Athanasios unterschobenen Fragen und Antworten. S. 132 Z. 12 v. u. anstatt Oedipossage 1. Oedipussage. S. 138 Z. 10 » » » Murat 1. Murad. S. 185 Z. 14 » » » ganz gut 1. vielleicht (K. JireCek). S. 188 Z. 9 » » » Mechmed 1. Mehmed. S. 199 Z. 10 • » • infiziert 1. beeinflufst. S. 208 Anm. 9. Von Cvijics Arbeiten werden Osnove-za geo-grafiju i geologiju Makedonije i Stare Srbije (2 Bde., Belgrad 1906 = Grundlagen für die Geographie und Geologie Makedoniens und Altserbiens) demnächst deutsch erscheinen. S. 211 Anm. 49 anstatt in der griechischen 1. in der kürzeren griechischen. S. 216 Anm. 110 hinzuzufügen: P. Pokryskin, Pravoslavnaja cerkov-naja architektura XII—XVIII. stol. v nynesnem Serbskom korolevstve. S. Petersburg 1906. Personen- und Sachregister. (Mit Ausschluß von S. 220-225.) Die Anordnung ist auch innerhalb der Schlagi ivorte möglichst alphabetisch. Die Buchstabenreihe berücksichtigt die slawischen Zeichen, so dafs z. B. ü, s, i als Ganzes nachfolgen. Bei der Unterscheidung von I und J ergibt sich die Inkonsequenz, dafs griechische Namen wie Johannes nach der lateinischen und slawischen Aussprache eingereiht sind. Die Hauptstellen sind durch Fettdruck hervorgehoben; nur ausnahmsweise ist manchmal angemerkt, dafs ein Name auf derselben Seite öfter vorkommt. Abgarsage 88. Abraham 91 (2), 93. Abramios, Mönch des Sabbasklosters 217. Achikar 97: vgl. Akyrios. Achrida s. Ochrida. Achtsilber 180. Adamiten 120. Adams Beerdigung in Jerusalem 91; Bestandteile 93. Adrianopel 113. Ägypter 69. Ära s. Zeitrechnung. Äsop 97, 132. Agapios über das Paradies 91. Agarener (Türken) 187, 195. Agram 11, 15, 28, 200. Akathiste 90. Akrostichis, -on 74, 75, 169, 218. Akindynos, Gegner der Hesy-chasten 119, 123, 167. Akritas s. Digenis. Akten des Johannes (Pseudo-Prochorus) 91; über Paulus und Thekla 91. Akyrios, Akir, der weise, 97, 132, 154, 180. Albanesen 14, 18, 22, 37, 58, 109, 138, 192. Albanien 57, 107, 136, 174, 207. Albigenser 83. Alexander der Grofse 95, 114. Alexander IL, Papst 103, 104. Alexander III., Papst 214. Alexander VI., Papst 186. Alexanderroman 79, 95, 97, 142, 182. Alexandrinische Redaktion der Propheten 61, 67. Alexej MichajloviC, Zar von Moskau 197. Alexios, Sohn des Kaisers Johannes Komnenos 150. Alphabet, slawisches 69; cyrillisches und glagolitisches 46—48; s. Schrift. Altbulgarisch 50,59; s. Altkirchenslawisch. Altfranzösisches Nationalepos 200. Altertum, klassisches 81,111, 119, 152. Altes Testament 43, 51, 85, 144, 172, 177, 213, 216; vgl. Paleja, Paroemienbuch. Altkirchenslawische Litteratur in Bulgarien 57 ff.; ihre Glanzzeit 59; ihr mönchischer Charakter 72, 77, 96; ohne poetische Erzeugnisse 95; Würdigung derselben 108—111; Übersetzungen der theologischen Litteratur 76. Altkirchenslawische Sprache 29, (Heimat) 48-50, 62,, 106, 114, 156, 157, 166. Alt-Serbien 5, 14, 15, 25, 28, 134, 136, 137, 191, 208. Altslowenisch 50, 59; s. Altkirchenslawisch. Ambrosius, der hl. 104. Amselfeld s. Kosovopolje. Anastasios Sinaites, Theologe 66. Anastasios, Mönch vom Berge Sinai 217. Anastasius Bibliothecarius 41. Andreas von Käsarea, Exeget 53, 67- Andronik aus der »Romanija«, Schüler des Euthymij 162. Andronikus, der hl., von Syr-mium 41, 101. Angelar, Schüler Methods 58. Angjelina, serbische Despotin in Ungarn 163. Anna, Gemahlin des Zaren Joann Sracimir von Btdyn 130. Annalen, serbische 165, 198. Anthim, ugrowlachischer Metropolit 126. Antiochos, Mönch des Sabbas-klosters bei Jerusalem 73, 196, 217. Antivari 28; Erzbistum 32, 106, 134, 139. Antonios, Mönch, Verfasser der »Melissa« 152. Antonios IV, Patriarch von Kon-stantfiiopel 214. Apokalypse 50,172; Abrahams 92, 93; (Höllenfahrt) der Muttergottes 91, 93 177; des hl. Paulus 84. Apokryphen 79, 82 ff, 88, 90-95, 99, 111, 130, 152, 154, 172, 177, 196,198, 213; alttestament-liche 88, 213; Begriff der slawischen 90; beeinflussen die Kunst der Südslawen 95; apokryphe Apostelakten90; Apostelgeschichte 172; Kleinlitteratur des Aberglaubens 80, 87, 148; Legenden 130; Übersetzungen in Serbien, Bulgarien, Rufsland 92. Aphroditian, des Persers Erzählung 91, 92. Apostelgeschichte, Apostolus 39, Aquileja, Patriarchat 31, 52, 102, 210. Arabische Fremdwörter der Südslawen 199. Architektur, kirchliche, in Serbien 141. Arilje in Serbien 141. Arianer 63. Aristenos, Kommentator des Nomo-kanons 149. Aristoteles 58, 81, 163, 210. Armenier 72. Arrian(os) 148. Aromunen (Walachen) 18, 22,109, 209. Asen, Peter und Joann, Begründer des zweiten bulgarischen Reiches 112. AsSn I. 115. Asön II. 114, 115, 116. Asketik 72, 126, 129, 146. Assyrier 69. Astrologie 80, 84. Astronomie bei den Bulgaren 80; bei den Serben 148. Athanasios von Alexandria 63, 66, 72. Athos, Berg (slaw. Sveta Gora) 60, 108, 123, 133, 134, 135, 142, 145, 146, 147, 148, 155, 156, 157, 193, 194, 197, 215; Mittelpunkt der serbischen Kultur 137; Rückgang des slawischen Elementes 197; seine russischen Mönche Kleinrussen 216; Ser-bisierung seiner Klöster 142; Verkehr seiner slawischen Mönche mit Syrien 60; Zentralbibliothek der orthodoxen' Welt 108. Awaren 20, 29, 30. Babylonisches Reich, Sage vom 100. Balkan-Halbinsel 20, 21,138,155, 187; -Staaten 185, 192. Barlaam und Joasaph 96. Barlaam, Gegner der Hesychasten 117, 119, 123, 146, 161, 167. Balzer O. 210. Bar s. Antivari. Bardas 38. Bari in Apulien 32. Barletius, Biograph des Skander-beg 198. Bartoli 209 Basilios I, Kaiser 44, 102, 149. Basüios II, Bulgaroktonos 59. — der Grofse 64, 68, 147. — der Jüngere 147. — Haupt der Bogomilen in Konstantinopel 84. Bayern 29, 209. Belgrad 16, 57,113, 139, 163,196, 216. Belgrad am Meere (Zara vecchia) 26. Bessarabien 17, 192. Benedikt, der hl. 53, 178. Benedikt und Jakob, Athosmönche 217. Benediktiner, kroatische 175, 176. Berislavic, Ivan, kroatischer Würdenträger als serbischer Despot 216. Bezobrazov, M. 210. Biblia pauperum 79. Bidpai, der Philosoph 97. Bienenzüchter, slawische 209. Bihac bei Trau 26. Bischof in Dabar 169; Ras 134; von Cattaro 32; Kroatien 101, 102; Nona 102; Veglia 105; Zengg 104. Bistum in Belgrad 137; Bosnien (katholisches) 218; BraniCevo 1'37; Djakovo 218; Freisingen 31; Nis 11; Nona 104; Passau 31; Prevlaka (Cetinje) 137; Salzburg 30; Sarajevo 169; Ston (Mostar) 137; Tiburnia 30; Zach-lumien 169; von Drembica, Velika 58. Bistümer, die ersten serbischen 137.; katholische in Serbien 215. Blastares, Matthaios 149. Blutessen 167. Blutrache 199. Bodin, Fürst in Skutari 28. Bogdan, makedonischer Teilfürst 201. Bogomilen, Bogomilismus 6, 71, 83-87, 115, 116, 117, 119, 120, 123, 126, 131, 135, 170, 172, 173, 187, 213. Bogumil, Pope 84, 88. Bologna 66, 172. Bonwetsch, D. 212. Boril (Boris III.), Zar von Bulgarien 84, 116. Boris (Michael), Bulgarenfürst 33, 37, 57, 70, 75. Borivoj, Herzog von Böhmen 43. Borna, kroatischer Fürst 26. Bosnien 2, 4, 5, 6, 8, 16, 27, 31, 169-174, 186, 188, 218; patareni-sche, zuletzt katholische Staatsreligion 86, 170; römische Kirche in B. 108. Bosnische (cyrillische) Schrift 4, 171; Sprache 5; Franziskaner 93. bougre, französisches Schmähwort 88. Bova, Bovo (= Buovo d'Antona) 183, 184, 218. BraniCevo 113, 137, 145. Branimir, Fürst von Kroatien 26, 101. Brankovic, Georg, Pseudodespot 198; Vuk 139,144,202; Branko-vici 191; s. Georg. Brautraub 199. Bretonischer Zyklus 181. Breviarien, glagolitische 176, 177. Broz, I. 175. Bruderschaften bei den Kroaten 178', 179. Buchdruckerkunst bei den Südslawen 195—196; in der Walachei 195. Buddha 96. Budim (Ofen), König von (Ungarn) 202. Budua 139. bugarstica, langzeiliges Heldengedicht 204. Bulgaren 1, 13, 16-18, 208; die ursprünglichen 20, 21, südtürkischer Herkunft 24; kulturell am stärksten von Byzanz abhängig 114; Zar der B..25, 112, 138 Bulgarien 17, 19, 70; Patriarch von 34, 58, (in Trnovo) 113, 118; Primas von 112. Bulgarische Chroniken 79, 131; Glagolica 48; Kunst 122, 141; Nationalkirche 34, 58, in Ochrida 59, 121, 135, von" Trnovo 113; Volksdialekte 198; »bulgarische Bücher« für Apokryphen 87; s. Redaktion, Dialekte. Bulgarisches Exarchat 11, 17; Reich, erstes 24—26, 57, zweites 112ff., makedonisch-bulgarisches 59. Bulgarisch-serbische Grenzgebiete 76, 121; Streitfrage 11-12. Bulgarismen, Makedonismen der serbischen Litteratur 149, 153. Bunjevci 3, 14, 192. Buresic, M. 180. Bufsordnung 53; s. Merseburger. Byzanz 34, 110, 114, 120, 136, 137, 140, 178; Übergewicht bei den Südslawen 109, Zusammenhang der Kroaten mit B. 185. Byzantinische Autokratie 29; Florilegien 132; Frührenaissance 152; Hofämfer in Bosnien 170; Kaisersage 100; Rechtsbücher 149, 168; Titel in Serbien 138. Byzantinischer Einflufs in Bulgarien 58, 60, 70, 81; in Serbien 140, 142; auf die Südslawen 206; Mystizismus 126; Traditionalismus 74. Byzantinisches Mönchswesen in Bulgarien 75. Byzantinismus 110, 149, 164, 185; sein stärkster Einflufs im untergehenden Bulgarien und Serbien 114 ff., 117 ff., 122, 124, 141 bis 142. Bi.dyn (Widdin), Reich von 113; Eparchie 214. Camblak, Grigorij 124, 127, 161, 194. Carostavnik (Kaiserchronik) 160; s. Daniii. carB (Zar) aus Caesar 209. Castriota, Georg 198; s. Skander-beg. Cattaro 32, 134, 139. Castelmuschio (slaw. Omisalj) 105. Cerva Tubero 205, 216. cesari. s. cari.. Cetinje, Buchdruckerei in 195, 196. Chaldäer 69. Chansons de geste 181. Chazaren 38. Chilandar, serbisches Athoskloster 115, 135, 137, 144, 147, 155, 197, 216, 217. Choiroboskos, Georgios 66. Christen — Bogomilen 84, 172. Christentum, schwach in Bosnien 173, Christianisierung der Südslawen 30 ff. Christi Streit mit dem Teufel 89, 92. Chronik, älteste russische^ Nestor«) 67, 78; des Presbyters von Dio-klea (pop dukljanski) 106—107; mittelbulgarische 131. Chroniken 76ff.,90,131,147-148, 164, 165, 166, 198. Chronisten des Abendlandes 76. Chronograph 66, 78, 90; der russische 194; hellenischer und römischer 79; s. Letopisi.ci., Chulm (Herzegowina) 102, 171. Cilli, Graf Friedrich von 174. Clemens I., der hl., Papst 39, 40, 41, 48. Clemens VI., Papst 175. Clemens, der hl., Erzbischof von Ochrida s. Kliment; Vita Giemen tis 62, 211. Codex Assemanianus 50, 60; Marianus 60, 106; von Bologna (Psalter) 66, 172; von Suprasl 68; Zographensis 50, 60. Conev, B. 208. Constantin s. Cyrill; Vita Con-stantini 62, 69. Courtoisie (dvorsJina) 181. Crnojevic, Georg, montenegrinischer Wojwode 195. Croatia alba, rubea 106. Cvijic, J. 8, 199, 208. Cyrill (Konstantin) 62, 68, 111, 130; Cyrill und Method, die Slawenapostel 33, 36 ff., 48. 49, 51, 53, 55, 58, 61, 62, 105, 108, 109, 167, 176, 210; ihre Ubersetzungen 39; Bewahrung der cyrillomethodischen Traditionen in Makedonien 58, 60, 66, 70. Cyrillismus in Rufsland 60; in Bosnien 171. Cyrillisches Alphabet (Schrift) 3, 46 ff., 59, 70, 109; in Bosnien 4, 48, 171; bei den Kroaten 3—4, 109, 175; in den westrussischen Gebieten 218; als Scheidewand 10. Czoernig 11. öakavischer Dialekt 178. Dabar, orthodoxes Bistum von Bosnien 169. Dämonologie 119, 125, 130. Daker mit den Serben identifiziert 148. Dakische Slowenen 21. Dalmatien 21, 26, 27, 101, 103, 106, 207; Metropolit von 102. Dalmatinisch-ragusanische Litteratur der Renaissance Iii. Dalmatiner als Baumeister in Serbien 141. Damaskin Studit 198. Damaskine, bulgarische Sammelwerke 198. Damian, Patriarch von Bulgarien 70. Dandolo, Enrico 134. DaniCic 97, 160, 214. Daniel, Mönch 128. Daniels apokryphe Visionen 67. Daniii (Danilo) II., Erzbischof von Serbien 160, 162. Dante 94, 111. David 88. 213. DeCani, Kloster 137, 141, 161. ded, did, Ältester der Bogomilen in Bosnien 89. DemetriosChomatianos, Erzbischof von Ochrida 81, 135, 158- Demokratie, slawische 24, 29, 107. Demosthenes 58. Derkos, I. 11. Despot, Titel der letzten serbischen Herrscher 139, 140. Devgenij s. Digenis. Dialekt in Provinzialkroatien 11; —e, bulgarische 49,50; serbischbulgarische 11—12; mährische und slowakische 39; in Bosnien und Herzegowina, in Bulgarien 192. Dichter, bosnische, in persischer und türkischer Sprache 189. Dietrich, K. 219. Digenis Akritas 131, 132, 150. Dio (Cassius) 148. Dioklea 5, 106. Diokletian 210; sein Palast 20. Dioklitien (Zeta, Montenegro) 28, 134, 215; vgl. Dioklea. Dionysij, Hieromonach 129. Dionysios Areopagites 64, 129. Dioptra (slaw. Zrccalo) 150. Disputation der drei Heiligen 89, 93, 177. Djakovo, Bistum 218. Döczy, Peter (DojCin Petar) 202. Domentijan, serbischer Biograph 147,158—159, 160; Auszüge aus 160. Dorotheos, Archimandrit in Palästina 217. Dorotheus, Bischof von Tyrus 172. DragoviEer Kirche der Bogomilen 85. Dragolj, Pope, serb. Kompilator 152. Dreizüngler 39; »dreizüngige Häresie« 40. Drembica (Debtrca?), Bistum 58. Drster (Silistria), Metropolit von 59. Dualismus, südslawischer, geschichtlich und sprachlich unbegründet 21; zwischen Ostbulgarien und Makedonien 59 ff., 66; persischer bei den Südslawen 84. Duks, Bruder des Fürsten Boris 75. Dulcigno 134, 139. Dundal s. Tundalus. Durazzo, Metropolit von 59, 106. Dusan, Stefan. Zar von Serbien 25, 136,137, 138, 140, 142, 146, 149, 161, 162, 167, 201, 216, 218. Dümmler, E. 37, 49. Ehrhard, A. 117. Eid ad und Modad 90. Elias, Vision des 90. Emauskloster in Prag 175. Emmeramer Gebet 52, 55, 56. Enkratiten 84. Eparchie Bidyn 214. Ephräm der Syrer 72, 146. Epigraphische Denkmäler in Bosnien 173. Epiphanias, Bischof von Cypern 68, 172. Epistolographie, serbische 158. Epopöe, keine, bei den Südslawen 201. Epos, nationales byzantinisches 150; religiöses in Prosaform 82, 204; epische Volkslieder in der Chronik des Presbyters von Dioklea 107; episches Zeitalter der Südslawen 200 ff. Eremiten in Bulgarien 75. Erzählung über die drei Jünglinge im Feuerofen 92; über die Taufe Christi 92; vom indischen Reich 183; von Asa, König in Juda 154; von den Bestandteilen Adams 89; von der Einnahme Trojas 131; von der Gilo oder Giluda 131; von der Kosovoschlacht 198; von der Wirtin Theophano 153; —en orientalischer Herkunft 96; vom Falle Konstantinopels 198. Erzbischof von Bari 32; auto-kephaler, von Ochrida 135, 144; von Serbien 156; von Pec (Ipek) 138, 189; von Trnovo 112. Erzbistum Antivari 32; Dioklea 106; grofsmährisches 54; panno-nisches 40, 41; Ragusa 108; Salzburg 31, 210; Syrmium 41; autokepnales »bulgarisches«, von Ochrida 113, 138, 189, 190; von Serbien 135. Esais, Vision des 89, 91. Euasrrios 152. Euchiten 83. Eutychianer 64. Euchologium Sinaiticum 52, 56, 60 ;Euchologien, nichtkanonische 90. Eugen, Prinz von Savoyen 191. Eusebios, Chronik des 66. Eusebios Pamphilos 148. Euthymij, Patriach von Trnovo 72, 114,115,119, 120,122, 123-127, 128, 129, 132, 146, 161, 162, 166, 167, 194, 214, 215. Euthymios Zigabenos 126, 129. Evangelium, slawisches 39, 41, 50, 196; von Nikolja 172. Evseev, I. E. 51, 211. Exarchat, bulgarisches 11, 16; für Illyricum 41. Fabel vom Bär, Wolf und Eber 154. Ferdinand I., Kaiser 6, 170, 186, 188. Feudalismus in den slawischen Balkanstaaten 185; abendländischer bei den Slowenen 29; in Bosnien 181, 188, 204; in Kroatien und Dalmatien 181; in Serbien 168. Feudalstaat, bulgarischer byzan-tinisierter 85. Fez, nationale Kopfbedeckung 200. Filioque 43, 44. Filip, Pop 128. Firmiiijan, Bischof von Üsküb 12. Flavius, Josephus 79. Florilegien 151—153; Florilegium eines Gennadios 211. Florinskij, T. D. 14, 15, 17, 18, 19, 208. Formosus, Papst 33, 45. Fränkisch-deutsches Reich 45. Frage eines Königs Jus (Joas) 154; —n über die Bestandteile Adams 177. Fragen und Antworten des »Atha-nasios« 128. Fragmente, Kiewer 53; Wiener 53 Franken 30; türkische Bezeichnung der Europäer 200. Franko, I., 90, 213. Frankopan-e, Besitzer von Veglia 179. Franziskaner als Stützen der slawischen Liturgie an der Adria 176; bosnische 93, 171; dalmatinische 180. Franziskus, der hl. 178. Frauendienst 181, 184. Freiheitskämpfe der Montenegriner und Serben in der Volks-poesie 204. Freisingen, Bistum 31, 55. Freisinger Denkmäler 54 ff., 61. Fremdwörter in den südslawischen Sprachen 12; romanische, bei den Südslawen 22; türkische (persische, arabische) 199—200; lateinisch-deutsche im Slawischen 49, 52; slawische im Magyarischen 23, 49, im Neugriechischen, Rumänischen 23. Friaul 28, 205. Friedrich Barbarossa 134. Friedrich, Graf von Cilli 174. Fruska Gora 25; der serbische Athosberg 15, 140, 197. G, erweichtes, fehlt im cyrillischen Alphabet 75. Gavril, Eremit auf Lesnovo 76. Gavriil, Mönch in Chilandar 144, 145. Gebet an den Teufel 92. Geizer, H. 34, 219. Gennadij Erzbischof von Nov-gorod 51. Gennadios, Erzbischof (Patriarch?) von K.pel 211. Gennadios II., Patriarch von K.pel 146. Geographie bei den Serben 148. Georg Brankovic, Despot von Serbien 139, 145, 169, 202; vgl. Brankovic. Georgios Hamartolos 77, 79, 91, 128,. 147, 148, 213. Georgische Sprache 109. Gerasimos aus Euböa 117. Germanismen 181, 183. Germanos II., Patriarch von K.pel 113, 135. Geschichte des Kreuzbaumes 88, 89, 93; vom treuen Dienst 153. Gesetzbuch des Zaren Dusan 167-168. Gesetzbücher, glagolitische, bei den Kroaten 179. Gesta Rrananorum 154. Gjorgjevic, Stefan, Despot 163. Gjurgjevi Stupovi, Kloster bei Novipazar 137. Glagohca, bulgarische und kroatische 48; runde und eckige 105. Glagolita Clozianus 68. Glagoliten 214. Glagolitische Denkmäler 136; Gesetzbücher 179, Inschriften 174, römisch - katholische Kirchenbücher 167, 177; Litteratur der Kroaten 92, Charakteristik der einheimischen 177; Schrift ( Alphabet) 3, 46, 47, 54, 59, 60, 70, 75, 105, 109, 143, 175, 183; Tradition in Serbien und Bosnien 48. Glagolitismus, kroatischer 171, 174, 179; in slowenischen Gebieten 174. Gleb, russischer Heiliger bei den Südslawen 216. Glücksgöttinnen 71; vgl. Mythologie. Gnostiker 88. Gnostizismus 84, 94. Gojsak, der »Christ« 172. Golubinaja Kniga 90. Golubinskij, russ. Kirchenhistoriker 133, 211, 212, 215. G o r a z d, slowenischer Herzog 30; Schüler Methods 44, 58. Gorazda, Kloster 196. »Gotische« Schrift 48, 103. Gothomanie 106. Gottesdienst, slawischer 37, 39, 40, 44, 48, 52, 64, 102, 104, 175; s. Liturgie. Grammatik bei den Südslawen 166. _ GraCanica 196. Gradac in Altserbien 141. Grado, Patriarch von 210 Gregor der Grofse, Papst 53, 177. Gregor VII., Papst 27, 54, 103, 104. Gregorios von Nazianz (Theologos) 64, 68; von Nyssa 64. Gregorios Sinaites, Asketiker 116, 117, 118, 120, 123, 129, 145, 146. Grenzer (Militär-) 4. Grenzwächter, orthodoxe, in der Türkei 192. Griechen 17, 18, 69, 70; auf dem autokephalen bulgarischen erzbischöflichen Stuhl in Ochrida 81, 190; besafsen wenig Assimilationskraft 191; im Titel der Zaren von Bulgarien 25, 112, des Zaren Dusan 138; Griechenjoch der türkischen Slawen 121, 189, 190. Griechisch, Grundlage der slawischen Übersetzungen 52; Aussprache des Griechischen im 9. Jahrh. 211; sklawische Nachahmung des 51, 124, 126; Unkenntnis 217. Griechische Schrift in Bulgarien 46, 59—60, 69. Grigorij. Athosmönch 148. — bulgarischer Schriftsteller 127. Grigorij, Presbyter 65, 77. Grigorjev, A. 99. Grofsmährisches Reich 25, 33, 37, 55, 57; seine Mission 45. Grofsveziere aus Bosnien und Kroatien 188. GrofsZupane der Serben 28, 133. Grgurovic Vuk, Despot 202. Grskovics Apostolus 48. Gruden 210. Gundulic Trojan, Buchdrucker in Belgrad 196- Gutenberg 196. Hadrian II., Papst 33, 40, 52, 59. Hagiographie 43, 53, 54, 61-62, 68, 73, 75-76, 125-126, 127, 128, 130, 146, 157, 158 ff. Haikar 97; vgl. Akyrios. Hajduken, —epik 203. Halbvokale (i, b) 108, 143. Harnack, Kirchenhistoriker 212. Haus, volkstümliches, der Kroaten und Serben 8. Hausarzneibücher 148. Hauskommunion s. Zadruga. Häresien in Bulgarien 118, 119, 128. Hedwig, Königin von Polen 175. Heidnisches bei Bulgaren und Serben 35. Heilige, die siebenzähligen 58, serbische 164. Heimat der altkirchenslawischen Sprache 48 ff. Heinrich IV., deutscher Kaiser 27. Heldendichtung, südslawische 201 ff. Helena 181. Heliand 111. Henochbuch 92. Heraklius, Kaiser 21, 31. Herceg (Herzog) vom hl. Sava 171; davon Hercegovina s. Herzegowina. Herder 23. Herodot 148. Herzegowina 14, 28,170,171,186; s. Bosnien. Hesseling, D. C. 217. Hesychasten, —tum in Bulgarien 116-119, 123, 125, 126; in Serbien 142, 145, 146, 215. Hesychia 117. Hesychios von Alexandria 61, 67. — von Jerusaleip 66. Hexaemeron s. sestodnev. Hieronymus, der hl. 105, 174, 177. Hilferding, russischer Historiker 164. Hilmi Pascha 18. Hippokrates 148. Hippolytos von Rom 67 (zweimal). Historia de preliis 183. Hofämter, byzantinische in Bosnien 170. Hohe Pforte 189. Honorius III., Papst 134. Horoskope 148. Hotimir, slowenischer Herzog 30. Höllenfahrt (s. Apokalypse) der Mutter Gottes 177. Hrabr, Mönch 36, 46, 69—71, 81, 129. Hrelja oder Relja "derGeflügelte«, Protosevastos 201. Hrvoje, Herzog von Spalato 172, 175. Hunyadi, Johann 202. Hus 83. Hval, »der Christ« 1.72. Hymnen, griechische in slawischen Nachahmungen 74. Ichnilates s. Stephanites. Ignatios, Patriarch v. K.pel 38. Ilarion, Bischof von Meglen 72, 82, 125, 126. Illyricum 34, 40, 210. Illyrier 21. illyrisch, ilirski 1, 7. Index der Apokryphen 82, 87, 88, 90, 93. Indisches Reich, Erzählung vom 183. Innichen, Kloster 55. Innozenz III., Papst 112, 214. Innozenz IV., Papst 104, 105. Inschriften in Bosnien 173. Ioas, König s. Frage, Traum. Ipatius-Chronik 77. Ipek s. Pec. Isaak 213. - der Syrer 129, 217. Isaija der Serbe, Mönch 217. Isidoras von Pelusion 63. Islam 174, 185, 187, 188, 190, 195, 199, 201. Ismael 213. Isolte (sl. iZota) 184. Isonzo 13. Istorikii, eine Weltchronik 79. Istrien 20: Topographie von 179. Istrin, V. M. 213. Italikos, Michael, Bichof 81. Ivan, Despot 163. Ivanov, J. 210. Ivic, A. 281. Iwan der Schreckliche 87. Izbornik Svjatoslavs 65, 78, 152. Jacimirskii, A. J. 219. Jagic, V. 48, 53, 64, 73, 74, 93, 212, 214, 217. Jajce 186. Jakob aus Kamena Reka 196. — Bischof rtuv Ztoßitov 217. — des Apostels, Liturgie 124. — Metropolit von Seres 143. Jakobs-Leiter 91; -Protoevange- lium 91, 177. Jakov aus Sofia 196. Jaksic, Brüder (Motiv des Bruderzwistes) 202. Janitscharen 188. Janitscharenkorps, hatte slawische Verkehrssprache 188. Janko voievoda (lohann Hunyadi) 202. , Jankovic, Stojan 202. Jastrebov 219. Jansa, Anton 209. Jefrem, serbischer Patriarch 163. Jelena, Gemahlin TJros I. 161. Jeremija, Pop 83, 87, 88, 93, 130, 177. Jeremias, Prophet 182. — Prophetie des 130. Jerusalem 136 Jire&k, K. 158, 163, 168, 207, 208, 212, 214, 215, 216, 217, 219. Joakim am Sarandopor, Eremit 76. Ioan(n) Aleksander. Zar von Bulgarien 114, 116, 118, 120, 122, 128, 129, 131, 182, 215, 216. Joann Asen II., Zar von Bulgarien 113. Joann, Erzbischof von Ochrida 71. — Exarch von Bulgarien 63—65, 69, 71, 72, 147, 166. — Mönch der Athanasioslaura 215. — Presbyter 72. Joann Rylskyj (von Ryla), Schutzpatron Bulgariens 75, 76, 115, 125, 191. Joann Sracimir, Zar von Btdyn 113, 115, 130. Joann Sisman III., Zar von Trnovo 113, 122. Joasaf. Metropolit vou Btdyn 127. Joasaph (Josaphat) 96, 213; vgl. Barlaam. Joca monachorum 178. Johannes VIII. Papst 42, 43, 44, 45, 46, 52, 69 101, 102. Johannes X., Papst 102, 103. Johannes, Abt vom Berge Sinai 217. — Abt von Raithu 217. — Bischof von Polybotum 125. Johannes Chrysostomos 63, 65, 68, 119, 146, 147; seine Liturgie 124, 125, 129. — der Mitleidige 53 — der Theologe 130. — Evangelist 83. Johannes Kantakuzenos 116, 117, 201. Johannes Klimax 72, 129. — s. Malalas, Moschos. Johannes Palaiologos, Kaiser 123. Johannes Presbyters Epistel 183. Johannes Scholastikos 43. Johannes Tzimiskes 83, 153. Johannes von Capua 97. — von Damaskos 63, 81, 132, 146, 166 — s. Zonaras. Johannes-Akten 91. Jongleure in Bosnien 204. Jorga, N. 219. Josephos, der Hymnograph 74. Jovan, Erzbischof von Pec 189. Jovianus, Kaiser 154. Juden 69, 120, 129, 155; judai-sierende Sekte in Bulgarien 170. Jugovici 201. TurkeviC, M. 208. Justinian, Kaiser 20, 43, 113, 149. Justiniana Prima, Erzbistum 113, Kadlec, K. 210. Kaiser, derselben Herkunft wie slaw. cesari. 209 Kaisersage 67, 100 Kalenic, Kloster 139, 141, 216. Kalilah und Dimnah 96. Kallipolis 185. Kallistos I., Patriarch von K.pel 118, 119, 125, 127. Kalocsa, Erzbistum 218. Kaloian. Zar von Bulgarien 79, 112, 115. KanCov Vasil 208. Kanones der apostolischen Väter und Konzilien 149. Karadzic, Vuk Stef. 153, 200, 217. Karagjorgje, Befreier Serbiens 204. Karantanische Slowenen 21. Karl der Gr. 26, 31, 41, 55. Karl IV., Kaiser 175. Kastav, Statut von 179. Katharer 83. Katharina von Bosnien 171. Katharinenlegenden 180. Katholiken 2; in Bulgarien 19; in Bosnien 170, 172; unter der Jurisdiktion der Patriarchen von K.pel und Pec 190. Katholizismus in Serbien 135, 215; in Bosnien 169 ff. Katenen 65 ff. Kato, Bücher des weisen 180. Kelten 21. Kiewer Fragmente 53. Kilifarovo, Klosterberg bei Trnovo 118. Kiprian. russischer Metropolit 126, 127, 162, 194, 195. Kirche, der Walachei und Moldau 219; griechische 190; auto-kephale, von Ochrida 113. Kirchenbücher, slawische, in Bulgarien 70; Revision derselben 122, 123 124, 126 Kirchendichtung, —poesie, griechische 74; altslawische 63, 74 bis 75. Kirchenspaltung zwischen Rom und Byzanz 109, 176. Kirchen- und Literatursprache, altslowenische, altbulgarische 50; ihre Ausbreitung 108 7109; mit serbischer Färbung bei den Bulgaren 198. Kirchenslawische Litteratur, zuerst in Bulgarien unterbunden 121, der Kroaten 174 ff., in Mähren und Pannonien 36, in einem südslawischen Dialekt 37, in Serbien 144 ff., in Bosnien 172; Sprache 108, 114, 166. Klaic, V. .23, 207. Kleinrussische Fassungen der Apokryphen 90. Klemens s. Clemens und Kliment. Klephten 203. Kliment, der hl., Bischof in Makedonien 56, 57,'58, 61-62, 63, 69; s. Clemens. Klis (Clissa) 26. Klokotnica, Schlacht von 113. Knin, Bischof von 32. Kobilic, Kobilovic (Obilic) Milos 204, 205. Kocel, slowenischer Fürst am Plattensee 40, 41, 70. Koloman, König von Ungarn 27. koludar, koludrica, kroatische Bezeichnungen für Mönch und Nonne aus dem Griechischen 178. Komnenen 133. König von Budim (Ofen) 202; —e von Ungarn 215. Konstantia, Schwester des Kaisers Konstantin 165. Konstantin der Gr. 89, 114, 138, 163,165; Konstantin und Helene 125. Konstantin Kopronymos 83. Konstantin Porphyrogennetos 6, 21, 31, 77, 218. Konstantin, der Philosoph (= hl. Cvrill) 38, 40, 46, 48, 49, 53, 55,62 (Vita), 63, 68, 69, 70, 107; s. Cyrill und Method. Konstantin Presbyter, später Bischof 62—63, 74, 146. Konstantin von Kostenec 128, 162 bis 163, 166-167, 193. Konstantinopel 20, 134, 138, 140, 186, 194; Erzählungen vom Falle K.pels und vom Bau der Sophienkirche 198. Konzil von Laodikea 83; Trnovo 120. Kopitar 11, 49. Koptische Sprache 109. KormCaja (Nomokanon) von Rja-zam» 149. Kos, Fr. 209. KosaCa, Stefan, Herzog von Chulm und Südbosnien (Herzegowina) Kosara, Tochter des Zaren Samuel 107. Kosmologie 84. Kosovo polje (Amselfeld), Schlacht auf dem (1389) 133, 139, 162, 185, 198, 201, 205; (1448) 202. Kotromanovic s. Stefan. Kozak, E. 213. Kozma, Presbyter 71, 84—85, 87. Krakau 54, 175 (slaw. Liturgie). Kralj (König) aus dem Namen Karl d. Gr. 209. Kralj Matjaz s. Mathias Corvinus. Kraljevic Marko s. Marko. Kratovo, Schreiberschule von 121; s. Zletovo. Krbava, kroatisches Komi tat 176, 179, 186. Kremsmünster, Kloster 55. Kresimir s. Peter. Kreuzbaum, Geschichte des 93. Kreuzfahrer 181. Krizanic, Jurij 204. Krim 192. Kroaten (Hrvati) 1, 6; staatlicher Name 21; ihre Taufe 31; ihr Bischof 32; ihre kirchenslawische Litteratur 105 ff, 174 ff.; ihr Name in Böhmen und Polen 209; Zusammenhang mit den Bulgaren 177, mit Byzanz 178. Kroatien 4, 7, 11, 14, 26—28, 32, 100, 186, 187; Bischof von Kroatien 102; Grofskroatien 10. Kroatisch für Kirchenslawisch 107. Kroatische Glagolica 48; Königskrone 5; Nationalkirche 27; Benediktiner in Prag 175. Kroatischer Glagolitismus 100 ff, 174ff.; Staat 6, 10, 26, 107. Kroatisches Schrifttum 107. Kroatismen, angebliche, in den Freisinger Denkmälern 56. Kroatoserbisch 1. Kroatisch oder Serbisch 1, 207. Kroaten und Serben 1 ff, 14 ff, 24, 95, 97, 109. Krumbacher, K. 77, 80. 96, 110, 153, 212, 214. Kruse vac 139, 141. Kulin, Ban von Bosnien 171, 173. Kultur, griechische, orientalisiert 110; byzantinische 185,209; vgl. Byzanz usw. — höfische, bei den Kroaten und Serben 181. Kulturkreise unter den Südslawen 8-9. Kulturpolitik, entnationalisierende 94. Kulturtypus, slawischer 110. Kunst, bulgarische 122; in Serbien 141. Kunstdichtung, Kunstpoesie, erste Versuche einer slawischen 63, 74—-75; Mangel einer weltlichen nach byzantinischem Muster in Bulgarien 95, in Serbien 144, 150, 169; erste südslawische nach abendländischem Muster 179, 180, 205. Kurbskij, Fürst 87. KuripefiiC, Balkanreisender 205, falsch KuripesiC 219. Kyriake (slaw. Nedelja) 125. Kyrill Bosota, bulgarischer Adamit 119. Kyrillos von Jerusalem 68. Ladislaus Jagiello, König von Polen 175 Laibach 13, 177. Lambrecht, der Pfaffe 182. Langobarden 20, 22, 28. Lanzelot 183. Lateiner (slaw. Latini) 22, 110, 112, 128, 142, 146, 167, 185. Lateinische Schrift 3, 54 (ältestes slawisches Denkmal in), 109,171, 176, 179, 218. Lateinische Sprache im alten Kroatien 108. Lateinisch-deutsche Geistlichkeit in Mähren und Pannonien 39, 42, 55, 57. Lavrentij, Pop 128. Lazar, Fürst von Serbien 139, 162, 201, 202. — bulgarischer Adamit 119. Lazarevic s. Stefan. Legende vom hl. Georg 179, hl. Wenzel 53. — von Ochrida, von Thessalonike 130. Legenden, pannonische 61; apokryphe 130; serbisch - makedonische 152. Lenorensagen, slawische 151. Leo VI., Papst 103. Leo von Achrida 81. Leon Diakonos 77. Leskien, A., 64. Lesnovo, Kloster 143. Letopiseci 78, 147, 194; s. Chronograph. Letovnik 147. Libro de Alejandro 182. Lieder, teuflische 61, 71. Lika, Sandschak 190. Likinije(Licinius), »der Serbe« 165. Lipsius 92. Litauen 197. Litauer 37. Litteratur, dalmatinisch - ragusa-nische Iii; gegen die Lateiner 146; einheimische glagolitische der Kroaten charakterisiert 177; übernahmen die Serben von den Bulgaren 145. Litteratursprachen, südslawische 1 ff., 10 ff. Liturgie, lateinische des Ambrosius 104; des Basilios des Grofsen, der Vorgeweihten 125; des Apostels Jakob 124; des Johannes Chrysostomos 124, 125, 129; mosarabische 104; slawische 5, 29, 32, 41 ff., 49, 53, 54, 190; nach römischem Ritus 52, diese bei den Kroaten 101 ff., 105, 174, in Prag und Krakau 175, in slowenischen Gebieten 174. Ljubostinja 141, 144. Ljudevit, kroatischer Fürst 26. Liutprand, Gesandter Otto I. 58> Loth 213. Lucidarius, der grofse 180. Lucius, dalmatinischer Historiker 207.. Ludmila, die hl. 53. Ludwig der Deutsche 37. — der Fromme 34. Lukianische Redaktion des A. T. 51, 61, 144. Luther 185. Lyrik, religiöse, altkroatische 179; aus Umbrien 180. MaSva 137. Mähren 42, 49, 50. Mährische Mission, religiöspolitische, aus Byzanz 38, 44. Mährisches Erzbistum 54, Reich 25 j s. Grofsmährisch. Magie 84. Magyaren 25, 27, 29, 45; slawische Fremdwörter derselben 23, 49. Ma^yarismen 182. Makarij, serbischer Erzbischof 189. Makarij(e), Mönch, serbischer Buchdrucker 193, 195. Makedonien 15, 17, 18, 58, 60, 70, 76, 85, 113, 136, 137, 138, 151, 152, 187, 208; konservativ 85, 121, vgl. Cyrill und Method (Traditionen); serbische Periode 131, 143, 150, 151 ff. Makedonisch-bulgarisches Reich 59. Makedonisch - serbische Grenzgebiete 150. Makedonische Teilfürsten 201; Traditionen 136. Makedonismen in der serbischen Litteratur 149. Maksim, serbischer Erzbischof 163. Malalas, Johannes, Chronist 77, 78, 79, PI. Malbücher 111. Manasija, Kloster in Serbien 139. Manasses, Konstantin, Chronist 122, 129, 130, 131, 182. Manichäer 64, 72, 83, 84, Manuel I. Komnenos, Kaiser 72, 82, 112, 134. Manuel I., Patriarch von K.pel 135. Mara Brankovic 191. Margarit 129. Maria Theresia 209. Marianus s. Codex. Marienklagen 179. Marienlegenden 94. Marinus, Diakon 33. Marko Kraljevic 139, 201, 204, 205. Markus-Evangelium 51. Martolosi, orthodoxe Grenzwächter in der Türkei 192. Marulic, M. 107, 180. Mathias Corvinus, König von Ungarn 170, 202, 205. MatjaZ Kralj = Mathias Corvinus 205. Maurikios, Kaiser 24. Maurowlachen 22; s. Morlakken. Maxentius, Patriarch von Aquileja 210. Maxim, Mönch 197. Maximilian, Kaiser 186, 188. Mehmedbeg 188. Medizin 80. Melchisedek 91, 213. Melissa (slaw. P&la) 132, 152; s. Antonios. Menander 151. Menäen 68, 73, 90, 145, 197. Menologien 73. Meretris, russ. Name aus it. mere- trice 184; s. Militrisa. Merseburger Bufsordnung 52, 56, 61. Messalianer 83. Messe, slawische 39, 41, 42, 43, 52; s. mtsa. Messias 67. Metaphrastes s. Symeon. Method(ius), der hl. 41-44, 45, 47, 48, 50, 51, 52, 53, 56, 62, 100, 101, 102, 105; Methodius, ein Häretiker 101, 103, 105; Vita Methodii 62; Methods Nomo-kanon 149. Methodios, Bischof von Olympos 72. Methodios »von Patara« 67, 90, 91, 100. Michael III., Kaiser 38, 70. Michael, Fürst in Skutari 28, 33. — Fürst von Chulm (Zachlumien) 102, 207. Michael s. Italikos. Michael Synkellos 66. Michael von Potuka 125. Mihanovic, A. 48. Miiatovic, C. 216. Miklosich 2, 21, 23, 49, 50, 182, 210, 211, 218. Mileseva, Kloster bei Prijepolje 137, 141, 156, 170, 189, 196. MiletiC, L., 212. Militärgrenze 4, 30. Militrisa s. Meretris. Milos s. Obilic. Milutin, König von Serbien 161. mineja(i) s. Menäen. Miroslaw, Fürst von Chulm 14 sein Evangelistar 143. Missale, glagolitisches 175, 176 s. Kiewer, Wiener Fragmente Mittelbulgarische Periode 112 ff 114, 193., Mladenovic Branko 144. Mönchswesen, byzantinisches, in Bulgarien 75. Mönchischer Charakter der altkirchenslawischen Litteratur 96, der altserbischen 146. Moesien 17, 113. Moesische Slowenen 21. Mohammed I., Sultan 131. Mohammedaner 2, 3, 5, 14, 15, 18, 203, 204. Mohammeds Leben 198. Mohammedanisch-slawische Volks-tyrik 199. Mojslav, kroatischer Fürst 32. Moldau 120, 193; vgl. Walachei. molstir (monastir), byzantinische Bezeichnung des Klosters bei den Kroaten 178. Momcilo, Wojwode 201. Montenegro 8, 14, 28 (alter Name Zeta), 107, 186, 204. Moravismen 53. Morlakken 22. Mosaburg 29. Mosarabische Liturgie 104. Moschos, Johannes, Hagiograph, 73, 128. Moschopulos, Manuel, Grammatiker 166. Moses 88, Himmelfahrt 90, Tod 91. Moskau 195 (drittes Rom), 197. Mostar 16. Motive, orientalische 35; wandernde 201. Mrksina crkva 196. Murad I., Sultan 138, 202. Murko, M. 207, 214, 219. Mystik, Mystiker, Mystizismus 116, 117, 119, 120, 126, 129, 146. Mythologie der Südslawen 34 ff., 94. mtsa = Messe 52. Nasale (a