UMGETAUFTE ORTSCHAFTEN IN PANNONIEN ANDREAS MÖCSY Universität, Budapest A m Lim es von Moesia Inferior, zw ischen Novae und D urostorum trä g t eine O rtschaft den N am en C andidiana (Itin. Ant. 223,2). D ieser N am e d ü rfte m it allem Recht auf das Cognom en C andidus zu rückgeführt w erden, h ä tte W. W elkow unlängst nicht den B ew eis erbracht,1 dass diese Station auf der T abula P eutingeriana den N am en N igrinianis fü h rt. Da die A ngaben der T abula im allgem einen auf ältere Q uellen als die des Itin erariu m A ntonini zurückgehen, ist N igrinianis d er ältere, C andidiana d er jüngere N am e des O rtes. W elkow b e ru ft sich h ierzu auf w eitere O rte des Donaulim es, die gleichfalls um getauft w orden sind: ad M alum (Tab. Peut.) — Bononia (Itin. A nt. 219, 2), das heutige V idin in Moesia S uperior bzw. D acia Ripensis, und M alata (Tab. Peut.) — Bononia (Itin. Ant. 243, 1) das heutige B anoštor in P annonia Inferior bzw. P annonia Secunda. Die G ründe dieser N am ens­ änderung sind klar. D er neue N am e ist inhaltlich das G egenteil des alten, der als unheilverheissende N am e abgeschafft w erden m usste. M an h a t die pannonische M alata im m er m it B ononia gleichgesetzt, w obei oft auf die D oppelnam igkeit w eiterer pannonischer O rtschaften hingew iesen w urde (z. B. Siscia-Segestiké). M alata w urde fü r den illyrischen, Bononia — die je auch der Nam e d er keltisch u m benannten etruskischen Felsina w ar (Bologna) — fü r den keltischen N am en von Banoštor gehalten. Da Inschriften, die T abula u n d d er G eographus R avennas M alata haben, w äh ren d andere Q uellen B ononia den Vorzug geben, schienen die beiden O rtsnam en gleichzeitig im G ebrauch gewesen zu sein. Es blieb unbem erkt, dass M alata n u r in den älte re n (einschliesslich die Vorlage d er T abula P eu tin g erian a und des Geogr. R avennas),1 2 B ononia dagegen n u r in den jü n g eren 3 Q uellen vorkom m t. Bononia geht daher auf eine spätantike N a­ m ensänderung zurück: M alata w urde als Nam e des H afenplatzes einer R e­ sidenzstadt (Sirm ium ) fü r ungeeignet, w eil unheilverheissend gehalten. T rifft diese A nnahm e zu, dann ist ein er nicht belanglosen historischen K om bination der Boden entzogen. Im N am en B ononia h at m an oft den 1 Klio 39 (1961) 221; A rheologija (Sofija) 1 (1959) 27 ff. 2 s. A. M ayer Die Sprache der alten Illyrier I (Sehr, der Balkankom m ission Linguist. Abt. XV W ien 1957) 217 f. 3 Cons. Constp. ad ann. 294 (Fasti Hydatiani) Chron. Min. I p. 230. Itin. Ant. 242. 243. Not. Occ. X X X II 33. 41. 44. Opt. Porphyr, carm . VI 25—26. Cod. Theod. XI 27, 2. Anm. Marc. XXI 9, 6; XX XI 11, 6. Beweis einer B oierherrsehaft in Südostpannonien erblickt.4 Boier und T au risk er h ätten in Syrm ien festen Fuss gefasst haben und von hier aus dakische Interessen gefährdet. Ist jedoch B ononia ein spätantiker Nam e, dann h a t sie offenbar nich ts m it den B oiern zu tun, ebensowenig, w ie die andere Bononia an d er u n teren D onau (Vidin). Wie ist es aber dann zu erklären, dass gerade dieser keltische Name fü r den neuen Nam en sogar zw eier donauländischer O rtschaften gew ählt w u rd e ? M an h ätte ja den »schlechten Namen« einfacher elim inieren können, w ie etw a M aluentum — B en even tu m ,5 oder Lissa m ansio — Bona m ansio in T hrakien.6 Bei der A usw ählung des N am ens B ononia haben also auch andere M om ente m it­ gespielt. Diese lassen sich vielleicht ergründen. D ass Bononia ein k eltischer O rtsnam e ist, b ra u c h t wohl nicht bew iesen w erden.7 M an w ird daher leicht begreifen können, dass in Gallien, w o ja das K eltische gang und gäbe w ar, beim U m taufen von einer O rtschaft fü r den neuen N am en B ononia gew ählt w urde. A uf L ateinisch die Assoziation m it B onum hervorrufend, w ar sie auch der B evölkerung keltischer Z unge nicht frem d. So w urde G esoriacum (Boulogne-sur-M er) aus einem beson­ deren A nlass in B ononia um getauft: sich von G alerius flüchtend tra f d er junge K onstantin d. Gr. seinen V ater apud Bononiam quam Galli prius G e­ soriacum vocabant,8 vgl. au f d er Tabula Peutingeriana:G esogiaco (sic) quod nunc Bononia. Dass der N am enw echsel nicht frü h e r als anlässlich des h isto ­ rischen T reffens geschah, folgt aus dem w enige Ja h re frü h er verfassten In certi Panegyricus,9 wo die S tadt noch G esoriacum heisst. Das T reffen bei G esoriacum w ar fü r das w eitere Schicksal K onstantins entscheidend. Es ist d ah er leicht begreiflich, dass zum bonum om en des Nam ens Bononia noch eine besondere konstantinische Note kam , die zu r V erbreitung des N am ens auch im D onaugebiet b eitru g .1 0 Und als m an einem »besseren« N am en fü r den H afenplatz der konstantinischen R esidenzstadt Sirm ium suchte, kam vielleicht auch die A nalogie hinzu, dass G esoriacum -Bononia ebenfalls ein H afenplatz war. U m getaufte sp ätantike O rtschaften sind nich t selten in Pannonien. Von den n ich t w enigen Iovia u n d H erculia abgesehen sei hier noch auf zwei L agerorte hingewiesen, wo die N am ensänderung ebenfalls auf abergläu­ bische B edenken zurückgeht: um getauft w urden Ulcisia Castra (Szentendre) 4 z. B. A. G raf Ü bersicht der antiken G eographie von Pannonien (Diss. Pann. I 5 Budapest 1936) 20 m it w eiterer L iteratur, in neuerer Zeit z. B. I. Deg- medžić R ad vojvođanskih m uzeja 8 (1959) 43, vgl. auch E. Swoboda C arnuntum (4 G raz 1964) 227 bsw. 5 Hülsen PW -RE III (1899) 273, w eitere Beispiele E. Riess PW-RE X V III (1942) 376 f. 6 Itn. Ant. 236, 2 vgl. Itin. Burdig. 567, 11. Lissa klang ähnlich w ie gr. Yiaar i und lat. lis. 7 vgl. A. Holder A lt-C eltischer Sprachschatz I 480—488. 8 Exc. Val. 2, 4. 9 Incerti paneg. Constantio Caes. (VIII Baehrens) 6, 1. 14, 4. 1 0 Dass bereits zum Ja h r 294. (Chron. Min. I p. 230) der Name Bononia gebraucht wird, darf nicht überraschen. Dem Zusam m ensteller der Chronik w ar dieser Nam e geläufig; Bononia gehört ja zu den O rtschaften Pannoniens, die in der spätantiken L iteratur am öftesten genannt w urden. auf Castra Constantia1 1 u n d Lugio (Dunaszekcsö) auf Florentia.1 2 Beim N am en U lcisia w ar die A ssoziation m it ulcero, ulciscor und bei Lugio die A ssoziation m it lugeo, lugubris auf d er H and. D as »rachesüchtige« L ager ist d u rch den N am enw echsel »fest«, »standhaft«, das »trauernde« L ager »blühend« geworden. Ein g en au er V ergleich der Itin erarien w ird w ohl auch in anderen Provinzen eine stattliche Zahl abergläubischer N am ensände­ rungen nachw eisen können. POVZETEK Preimenovani kraji v Panoniji K ot m arsikje, so bili tu d i v Panoniji k raji z dvem a imenoma. Med njim i izstopa skupina drugotnih imen, ki so nastala iz praznoverja, tako M alata p re­ im enovana v Bononio, Lugio v Florentia, Ulcisia castra v Castra Constantia. Poslednji dve ni težko razjasniti. Ni pa takoj razvidno, zakaj je bilo izbrano keltsko krajevno ime Bononia nam esto poprejšnjega Malata. Izbira im ena je bila očitno v zvezi z galskim m estom Gesoriacum-Bononia, ki je imelo posebno vlogo v zgodovini konstantinske dinastije. 1 1 So in der N otitia: Occ. X X X III 34, und auf CIL III 15172. Ulcisia fehlt in der Notitia. 1 2 So Not. Occ. X X X III 43. 44. 53. 58. Lugio fehlt in der Notitia.