I 682V 2 Jarokus, von Gottes und des Apostolischen Stuhles Gnaden Aürstöischof von Laiöach, allen Gläubige» seiner Diärese Heil und Legen von unserem Herrn und Heilande Jesus Christus! Eine Quelle des Glückes und vielfacher Freude, aber auch eine Quelle des Verderbens und vielfachen Leides kann die Familie ihren Angehörigen werden, und das nicht blos für die Zeit, sondern auch für die Ewigkeit. Bekannt ist ja das Sprichwort: „Jung gewohnt, und alt gethan"; oder, wie die hl. Schrift dasselbe ausdrückt: „Ein Sprichwort ist's: Hat ein Jüngling seinen Weg gewohnt, so weicht er nicht davon, wenn er alt geworden." (?rov. 22, 6.). Nun aber ist es die Familie, an die der Mensch, wie mit seinen leiblichen, so mit seinen geistigen Bedürfnissen vor allen Anderen gewiesen ist: der Vater, die Mutter, die, als seine ersten Lehrer und Vorbilder, in dem¬ selben gewissermaßen geistigerweise fortleben. Und wie eindringend, wie nachhaltig ist dieser Unterricht durch die Eltern! Da vereinigt sich die Auctorität und Liebe des Lehrenden mit der Empfäng¬ lichkeit und Dankbarkeit des Lernenden; da nicht blos das flüchtige Wort, sondern auch das lebendige Beispiel der Eltern auf Geist und Gemüth des Kindes auf das Mächtigste einwirken. Dieser Unter¬ richt hat noch nicht zu kämpfen mit Jrrthum und Vorurtheil, sondern offen noch steht die Bahn, und gläubig, niit vollstem Vertrauen, ja mit einer gewissen heiligen Ehrfurcht nimmt das unschuldige Kindesherz auf, was immer es von seinen Eltern hört, was immer es an ihnen sieht und beobachtet. „Es muß wahr, es muß gut sein; denn der Vater, die Mutter hat es gesagt oder gethan" — so denkt und urtheilt das Kind. Ist es daher zu wundern, daß das, was der Mensch in seinen ersten Jahren, was er in seiner Jugend, was er von Vater und Mutter gelernt hat und zu üben gewohnt ward, auch in seinem späteren Leben sich immer wieder und mit einer gewissen Ge¬ walt geltend macht? Wie der Vater, wie die Mutter, so mehr minder auch der Sohn, so die Tochter. Zucht und Ordnung, Gottesfurcht und Frömmigkeit in der Familie: und Zucht und Ordnung, Gottesfurcht und Frömmigkeit werden für gewöhnlich, und fremde ver¬ derbliche Einflüsse ausgenommen, auch auf die Kinder übergehen. So ist also die Familie von entscheidender Ein¬ flußnahme auf das spätere Los ihrer Angehörigen; 2 aber nicht nur auf das Los dieser, sondern auch aller derjenigen, welche mit ihr, und mit welchen sie in Wechselbeziehung steht. Gebt nns brave, gutgeordnete Familien, in denen Gottesfurcht und Frömmigkeit, gegenseitige Liebe und Dienstfertigkeit, Unterwürfigkeit und Gehorsam herrschen — nnd wie wird das nach¬ barliche Leben, wie das Leben in den Gemeinden, wie das gesellschaftliche Leben überhaupt bald ein ganz anderes sein, als wir es heutzutage so oft zu schauen bekommen! Wenn es nun aber soviel auf die Familie an¬ kommt, in der Jemand geboren ist und sein Jngend- lebeu zugebracht hat, was folgt daraus? Es folgt, daß also auf die Beschaffenheit der Familie vor allem gesehen werden muß. Und da fragt es sich mm: Wie sollen die Familien beschaffen sein, um eine Quelle des Segens für die Angehörigen zu bilden? Ich antworte und sage: Sie sollen ein lebendiges Abbild der heiligsten Familie sein, die es jemals auf Erden gegeben, ein Abbild Jesu, Mariä und Josephs. I. Schon bei Gründung der Familie soll den¬ jenigen, die in den hl. Ehestand treten wollen, Maria und Joseph ein Vorbild sein. In der That, wenn der Evangelist Maria mit Auszeichnung die „Jungfrau" nennt (Imo. 1, 27.); wenn der Engel sie begrüßt als die „Gnadenvolle", mit welcher der Herr, und die besondere Gnade gefunden vor Gott (ibick. l, 28. 30); wenn Maria, in Angst und heiliger Sorge um ihre Jungfräulichkeit, frägt: „Wie soll das geschehen, (daß ich Mutter werde), da ich keinen Mann erkenne" (idickam vor8. 34.); wenn ferner der hl. Joseph von Gott selbst als der „gerechte", heilige Mann gepriesen wird (Uattb. 1. 19.): so liegt in allem dem eine tiefe Lehre für das Verhalten aller derjenigen, welche die Ehe anstreben. Nicht die Sünde soll ihnen den Weg dazu bereiten, sie gewissermaßen zur Ehe zwingen; und die Absicht, sich zu ehelichen, soll nicht die Bande zarter Sittsamkeit zwischen ihnen lockern, oder gar durch die Sünde zerreißen. Im Gegeutheil, je gefähr¬ licher solche Zeiten für die Seele sein können, desto- mehr sollen sie sich halten an Gott, damit Gott auch sie halte und bewahre vor aller Sünde; desto treuer und gewissenhafter sollen sie wandeln in seiner heilig¬ sten Gegenwart; desto fleißiger sollen sie in den heili¬ gen Sacramenten suchen die Gnade Gottes, damit sie, von derselben gestärkt nnd begleitet, jederzeit: vor der Ehe nnd in der Ehe, ein heiliges, gerechtes und gottgefälliges Leben führen. Welch ein Schimmer zarter Tugendhaftigkeit ruht ausgebreitet über Braut¬ leuten, die so handeln, und welch eine Gewähr für eine gute und glückliche Ehe liegt in einem solchen Wandel! Mit welcher Achtung und, möchte ich sagen, Ehrfurcht empfangen sie sich gegenseitig vor dem Traualtar wie aus der Hand Gottes, dem sie jeder¬ zeit, und auch in ihrem Brautstande, gewissenhaft gedient und Treue gehalten haben! Wie werden sie demselben Gott zuliebe nun auch sich Treue halten in ihrem neuen Stande und sich gegenseitig erbauen, nachdem sie schon zuvor dem gegenseitigen Aergernisse so ernst aus dem Wege gegangen! Mit welcher Sorg¬ falt und Gewissenhaftigkeit werden sie — und das ist der Hauptzweck der Ehe — die Ihrigen für den Him¬ mel erziehen und so Gott neue Verehrer zuführeu, den sie selbst und schon vor ihrer Verbindung so auf¬ richtig verehrt! Gute Ehen, sagt man, werden im Himmel geschlossen. Wohlan, ihr alle, die ihr an diesen Stand denkt, wandelt so, wie Maria und Jo¬ seph gewandelt haben: Das Herz gerichtet himmel¬ wärts ! Doch da mnß ich etwas erwähnen, was mir- schwere Sorge und großen Kummer macht. Es ist das der beklagenswertste Umstand, daß nicht selten sogar junge Mädchen, im Verlangen nach der Ehe, die Heimat verlassen und ganz allein die weite Reise nach Amerika antreten, um dort sich deu Alaun ihres Ver¬ langens zu suchen. Ich spreche nicht von den leiblichen Gefahren einer solchen Reise; aber die Seele, die Seele, was mich diese oft alles für Gefahren und Versuchungen bestehen; und wie leicht legt sich that- sächlich tiefer, ekelhafter Schmutz um dieselbe. Wie leicht geschieht es, daß man nicht findet, was man sucht; und dann steht das arme Mädchen allein, ver¬ lassen und aller Mittel entblößt da — jeglicher Ver¬ führung preisgegeben! Wie leicht tritt au die Stelle einer wahren, christlichen Ehe eine bloße Civilehe, möglicherweise auch die Ehe vor dem Prüdicanten irgend einer Secte, deren es in Amerika soviele gibt. 3 Und selbst wenn eine wirkliche, kirchlich gütige Ehe zustande kommt, welche Gefahren auch dann noch? Was beginnt z. B. eine arme Frau, zumal mit Kindern, in einem ganz fremden Lande und ohne Kenntniß der Sprache, wenn ihr der Mann stirbt, oder wenn er sie, was leider auch vorkommt, in Ame¬ rika aber noch leichter vorkommt, leichtsinnig verläßt? Wie schwer ist es dorten ferner gar oft — und das möchte ich allen Amerikasüchtigen gesagt haben — ein gutchristliches Leben zu führen und die Kinder gut katholisch zu erziehen, sei es, weil weit und breit kein katholischer Priester, keine katholische Schule, sei es, weil wenigstens kein Priester da ist, der unsere Sprache verstünde. Es ist noch nicht lange her, daß ich von Jemandem aus unserer Diöcese die jammer¬ vollsten Briefe ans Amerika herüber erhielt, in denen bitter darüber geklagt wird, welch eine Pein es sei, in schwerer Gewissensnot!) und Bedrüngniß keinen Priester finden zu können, dem man beichten, dessen Rath man einholen könnte. Und die Folge von alle¬ dem ? Die Folge ist, daß gar mancher ganz gleichgültig und abgestumpft wird für Religion und religiöses Leben, und daß er mit der Zeit davon ganz abkommt. Glaubet nicht, daß ich ench diese und ähnliche Glau¬ bens- und Sittengefahren der Auswanderung nur so vormale. Sie sind nur allzuwahr, und man kann leider auch au manchem von dort Zurückgekehrten die traurige Wahrnehmung machen, daß er an seinem Glaubensleben schweren Schaden gelitten hat. Im Hinblicke ans alles das bitte ich denn und beschwöre ench, ihr jungen Leute, und die Mädchen noch ganz insbesondere: Greifet nicht vorschnell nach dem Wander- stabe, und setzet nicht durch leichtsinniges und unbe¬ dachtes Auswandern euer Seelenheil auf's Spiel. Ihr wollt euch durch die Ehe versorgeu. Aber wie maucker hat die ganze Wucht der Sorgen, des Kum¬ mers und Leides gerade erst in dieser seiner „Ver¬ sorgung" zu tragen bekommen. Endlich aber bleibt auch der besten und vortheilhaftesten Versorgung ge¬ genüber die Wahrheit des Wortes: „Was nützt es dem Menschen, wenn er auch die ganze Welt gewinnt, an seiner Seele aber Schaden leidet?" (Unttü. 16,26.) 2. Die hl. Familie muß ferner der bereits ge¬ gründeten Familie: den Eltern und ihren Kindern ein Vorbild sein, so zwar, daß in einem ge¬ wissen Grade von einer jeden derselben gesagt werden könne, sie sei eine heilige Familie. Da wollen wir aber vor Allem fragen: Warum wird denn die hl. Familie mit Vorzug und vor allen an¬ deren die heilige Familie genannt? Sie wird so genannt vor allem deshalb, weil sie den Heiligsten der Heiligen, weil sie Jesum, den Sohn Gottes selbst, in ihrer Mitte hatte. Das war nämlich der Plan und das Endziel, warum Gott die hl. Familie bestellte, daß durch sie Jesus Christus in diese Welt eingeführt würde ; d. h. daß er aus Maria der Jungfrau die menschliche Natur annähme und so ein Glied der großen Menschenfamilie und unser Bruder würde, uns in Allem gleich, die Sünde allein ausgenommen; und daß sowohl er, wie seine Mutter am hl. Joseph einen Vertreter, einen Schützer und Pfleger hätte. Jesus Christus war also der Mittelpunkt der hl. Familie: heilig er, und heilig über alle anderen Geschöpfe auch seine Mutter: heilig seine Mutter, und reinste Jungfrau vor, in und nach Jesu Geburt, und heilig und jungfräulich auch ihr Gemal, der hl. Joseph. So find wegen Jesus, dem Heiligsten, heilig auch feine Mutter und fein Pflege¬ vater; und dies ist der weitere Grund, warum die hl. Familie vorzugsweise die heilige genannt wird. In gleicher Weise, Geliebte im Herrn! muß Jesus Christus auch in unseren Familien den Mittel¬ punkt bilden. Sie alle sind ja berufen zur ewigen Seligkeit im Himmel, darum aber auch zur Heiligkeit auf Erdeu. Oder, saget mir, kauu es den Familien¬ angehörigen, wenn sie sich aufrichtig lieben, etwa ge¬ nügen, daß sie nur die kurze Spanne Zeit hier auf Erden mit einander vereinigt find? Verlangt nicht die Liebe der Eltern zu ihren Kindern, der Kinder zu ihren Eltern, die Liebe zwischen Vater nnd Mutter, zwischen Bruder und Schwester nach immerwährender, unzertrennlicher Verbindung? Bedenket nur, welch ein Schmerz, wenn eines durch den Tod aus der Mitte seiner Lieben hinweggerissen wird! Und doch begleitet diesen Schmerz die Hoffnung auf ein dereiustiges Wiedersehen. Was erst dann, wenn eine solche Hoff¬ nung nicht wäre; wenn es ein Wiedersehen nicht gäbe! Nein, des Herrn Wille ist, daß, die auf Erden ver¬ einigt waren, um sich uach kurzer Zeit wieder zu i* 4 verlassen, im Himmel vereinigt werden sollen, ohne jemals mehr von einander geschieden zu werden. Aber, Geliebte im Herrn! nur ein Weg — einer nicht zwar in die Ewigkeit, wohl aber in die selige Ewigkeit — ist uns gegeben. Ich sage: „in die selige Ewig¬ keit." Denn wer könnte sich, iver den Seinigen etwas anderes wünschen, als die Seligkeit? Schon hier auf Erden ist es schrecklich, mit einem schwer Leidenden zusammen leben zu müssen, ohne zu wissen, wie lange, und ohne ihm auch die mindeste Hilfe und Erleichterung bringen zu können; und es geschieht, daß selbst nahe Verwandte einander verlassen, um nicht noch länger den Anblick des Elends ertragen zu müssen. Nun aber erst ein ewiges Zusammensein, nicht in der Seligkeit des Himmels, sondern in der Verdammniß der Hölle, „nbi 86iupit6ruu8 tiorror in- lmbitat". „wo nur ewiger Schauer wohnt", wie die Schrift sagt! (-lob. 10, 22.). Nein, zur ewigen Selig¬ keit hat uns der Herr bestimmt; aber nur ein Weg führt dahin, und dieser ist Jesus Christus. Darum sagt Jesus: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; Niemand kommt zum Vater, außer durch mich." (-Ioan. 14, 6.). Der heilige Geist aber verkündet uns durch den Apostel Petrus: „In keinem Anderen ist Heil (als in Jesus). Denn kein anderer Name unter dem Himmel ist den Menschen gegeben, irr welchem wir gerettet werden sollen." (^vt. Jp. 4, 12.). Jesum müssen wir daher, wie Maria und Joseph, in un¬ serer Mitte, in unseren Familien haben. Der gleiche lebendige Glaube an Jesus und seine Kirche, die gleiche kindliche Hoffnung, die gleiche werkthätige Liebe muß uns heiligen und schon hier mit ihm verbinden, wenn wir dereinst in beseligender Anschauung auch im Himmel mit ihm, und durch ihn unter einander ver¬ bunden sein wollen. 3. Aber nicht nur im Hinblick auf das Jenseits, sondern auch für das Familienleben hier auf Erdeu ist es nothwendig, daß Jesus den Mittelpunkt der¬ selben bilde. — Das, was die Familie erst eigentlich zur Familie macht, und worin sozusagen das Leben der Familie besteht, ist die Liebe und Eintracht zwischen den Familienangehörigen. Gib Reichthum, soviel du willst, nimm aber Liebe und Eintracht — und du hast bei allem Glück eine unglückliche, trostlose Fa¬ milie. Dagegen laß' immerhin Armuth kommen und Entbehrung aller Art, gib aber Herzen, die sich gegenseitig verstehen, lieben und bemitleiden — und du hast bei allem Unglück eine Familie, die wenigstens des Glückes des Trostes nicht entbehrt. Wo Liebe und Eintracht fehlt zwischen Mann und Frau, zwischen Eltern und Kindern, da fehlt eben auch alles Familien¬ leben, und statt zusammenzuhalten, strebt alles viel¬ mehr auseinander, lockert mehr und mehr die Familien¬ bande, ja zerreißt sie nicht selten endlich ganz. Wessen bedarf es nun aber, damit Liebe und Eintracht herrsche in der Familie? Ich sage wiederum: Jesus muß in die Familie hinein; Jesus muß, wie in der heiligen Familie, so auch in unseren Familien den Mittelpunkt bilden. Namentlich aber ist es Jesus im heiligsten Sacrameute des Altars, wo sich alle Familienglieder heimisch fühlen und gerne zusammen¬ finden sollen. Denn wenn es die Liebe und Eintracht ist, die das Leben der Familie ausmacht, dann ist es wohl das Herz des Gottmenschen im Altarssacra- mente, das imstande ist, die Familienangehörigen alle eines Herzens und eines Sinnes zu machen. Zur ungetrübten Bewahrung der Liebe und Ein¬ tracht bedarf es unausgesetzten Befolgens der Worte des Apostels: .,^itor altorirw onsra portato", „Traget einer die Lasten des Andern, und so werdet ihr erfüllen das Gesetz Christi" (Oialat. 6, 2.), das Gesetz der gegenseitigen Liebe. Allein zu diesem gegenseitigen Tragen und Ertragen, zu diesem Mittragen und Mitdulden, hier der Schwächen und Gebrechen, dort der Schmerzen und Beschwerden, bedarf es weiters des Opfers, der Geduld, der Nachsicht, der Demuth, der Entsagung, der Ueberwindung seiner selbst, der Großmuth u. s. w. Und gerade in der Ehe, in der Familie, gibt es tausend Fälle, wo es immer und immer wieder, bald mehr, bald minder opfern und entsagen heißt, so zwar, daß darunter nicht selten die eheliche Treue in Brüche geht, oder daß manchmal vor lauter Opfer der eine Theil den andern ver¬ zweifelnd verläßt, nur um nicht noch länger unter dem Drucke des Opfers zu stehen. Nun aber: Ist es nicht gerade das gottmenschliche Herz Jesu im heiligsten Altarssacramente, wo wir alle die anf- gezühlteu Tugenden: das Opfer, die Demuth, die 5 Großmuth, kurz, die allseitigste Selbstentäußerung aus Liebe zum Nächsten wie in einem Brennpunkt vereinigt und wie verkörpert finden? Darum sage ich: Gerade Jesus im heiligsten Altarssacramente ist es, der alle die vielfältigen Opfer zu versüßen vermag, die es der Liebe und Eintracht zulieb in der Familie so häufig bringen heißt. Was war es denn, was der hl. Familie ihre Opfer versüßte? Denn auch die hl. Familie hatte Opfer zu bringen, nicht zwar, um dadurch die gegen¬ seitige Liebe und Eintracht aufrechtzuerhalten, wohl aber in anderer Hinsicht. Bei der Sündenlosigkeit und Gnadenfülle Mariä, bei der Gerechtigkeit und Heiligkeit Josephs konnte nämlich die Liebe und Ein¬ tracht zwischen ihnen auch nicht im leisesten erschüttert werden; das war vollends ausgeschlossen. Aber Opfer in anderer Hinsicht gab es auch in dieser heiligsten Verbindung genug. Das so tiefe Herabgekommensein des königlichen Geschlechtes David's, dem Joseph und Maria angehörten, und die Folgen davon: das totale Verkannt- und Mißachtetsein, die drückendste Armuth und Hilflosigkeit waren schwere Opfer. Daß dem Herrn des Himmels und der Erde, und seiner jungfräulichen Mutter bei seinem Einzug in diese Welt nichts an¬ deres zur Verfügung gestellt werden konnte, als ein elender Stall, war ein schweres Opfer. Die schreck¬ liche Prophezeiung Simeons bei der Darstellung Jesu im Tempel, die Flucht nach Aegypten, der Verlust des zwölfjährigen Jesus — alles das waren große Kreuze und schwere Opfer, die der hl. Familie auf¬ erlegt waren. Und was war es, was alle diese Opfer versüßte? was den hl. Joseph im Stalle zu Bethlehem und auf der Flucht nach Aegypten bei Maria und ihrem Kurde ausharren machte? was ihm, dem Spröß- ling aus Königsgeschlecht, die Zimmermannshacke in die Hand drückte und muthig, ja freudig schwingen hieß für die hl. Familie? was Mariä die ganz unbegreifliche Kraft verlieh, das geistige Schwert in ihrem Herzen zu tragen, welches der greise Simeon ihr hineingestoßen, und das, je näher die Erfüllung der Prophezeihnng kam, desto grausamer in ihrer Seele wühlte? Was stärkte sie beide in diesen Opfern? Jesus war es, der Augapfel Mariä und Josephs; die Liebe zu Jesus; der Hinblick auf die noch viel größeren Opfer, die Jesus durch seine Menschwerdung auf sich genommen und ununterbrochen gebracht hat, von der Wiege bis zum Grabe. So, Geliebte im Herrn! können auch unsere Opfer nur durch Jesus versüßt werden. Und darum sage ich nochmals: Jesus muß in die Familie hinein. Dorten, wo Jesus gewissermaßen das Herz der Fa¬ milie ist; zumal, wo ihn die Familienangehörigen durch die hl. Commnnion gerne auch im eigenen Herzen beherbergen, ihn schauend in seiner Liebe und nachahmend in seiner grenzenlosen Selbstentüußernng — dorten ist wirklich glückliches Familienleben. Denn ein Herz und eine Seele mit Christus, find sie ein Herz und eine Seele auch unter einander. 4. Wie Liebe und Treue, Friede und Eintracht nur dort auf die Dauer, und allen irdischen Wechsel¬ fällen zum Trotz, zu gewärtigen ist, wo Jesus kein Fremdling in der Familie, so auch nur dort die gewissenhafte Erfüllung der wichtigsten Pflicht, die die Eltern haben. Diese Pflicht ist d i e ch r i st l i ch e Erziehung der Kinder. Solche Eltern wissen nämlich, daß ihnen die Kinder nicht so sehr gegeben, als nur anvertraut sind, wie den Knechten im Evan¬ gelium die Talente; anvertraut dazu, daß sie damit doppelten Gewinn erzielen. Durch die christliche Er¬ ziehung ihrer Kinder sollen sie sich nämlich in ihnen gewissermaßen verdoppeln, und auch aus ihnen machen, was sie selbst sein sollen: glaubenstüchtige, gewissen¬ hafte Christen, die treu zu Jesus uud seiner Kirche halten. Das ist die Pflicht uud Aufgabe der Eltern. Wie die Bestimmung der hl. Familie die war, daß durch sie Christus in diese Welt eingeführt wurde, so ist auch die Aufgabe jeder Familie diese, daß durch sie Christus in das unschuldige Kindesherz, in diese Welt im Kleinen, eingeführt werde. Dieser ernsten und hochwichtigen Aufgabe wird aber nur jene Familie gerecht werden, in welcher Christus lebt durch lebendigen Glauben und that- krästige Liebe. Oder wird man dort, wo man gleich- giltig ist gegen Christus und seine Kirche; wo Vater uud Mutter selbst nicht glauben oder den Glauben nicht üben — wird mau dort, wo alles erstarrt ist in eisiger Külte, Wärme entzünden uud frisches, freu¬ diges Leben erwecken? 6 Wie ganz anders in einer gläubigen Familie, wo der Glaube uicht blos im Verstände sitzt, sondern hinabsteigt in's Herz, und hiuaustritt Osts Leben. Da kennt und hört man die liebevolle Einladung Christi: „Lasset die Kinder zu mir kommen, und wehret es ihnen nicht" (Nuro. 10, 14). Und man wehrt den Kleinen nicht nur nicht, sondern fuhrt sie freudig dem Heilande zu, indem man selbst und sobald nur möglich sie unterrichtet im hl. Glauben, und wacht über die Beobachtung der Gebote Gottes und der Kirche; indem man sie auhält zum Gebete, und nach dem Beispiele Mariä und Josephs sie mitnimmt in das Hans Gottes; indem man schon von zartester Jugend an sie erfüllt mit Hochachtung und Liebe gegen die Kirche und ihre Diener, und sie anleitet, deren Wort, wie es der Wille und Auftrag Christi, gläubig aufzunehmen, ihren Mahnungen willig zu folgen, und die Sakramente mit Eifer und heiliger Ehrfurcht aus ihrer Hand zu empfangen. — In solchen Familien kennt man aber auch den Drohruf des Herrn: „Wehe dem Menschen, durch welchen Aergerniß kommt" (Nuttb. 18, 7,), und darum hat man stets ein sorgsames Ange auf die Jugend und wacht auf das ängstlichste darüber, daß ihr ja kein Aergerniß gegeben werde, weder von Vater und Mutter, noch von älteren Geschwistern; weder von Einheimischen, noch von Fremden; weder zuhause, noch außer dem Hause; weder durch Wort, noch durch Werk: nicht durch glaubenslose oder unsittliche Reden; nicht durch schlechte Zeituugen, Schriften und Bücher; nicht durch Spott und Schimpf auf Kirche und Priester; nicht durch Zank und Streit; nicht durch Fluchen und Schelten; nicht durch Trunkenheit und Ausgelassenheit; nicht durch Verführung und Anleitung zur Sünde. Da kommt es nicht vor, wie leider heutzutage in fovielen Familien, daß die Eltern selbst, durch ihre Reden und ihre Beispiele, niederreißen, was in der Religionslehre aufgebaut wird: daß sie das Kind zur Uebertretung des Fastengebotes nöthigen ; daß sie es von der Erfüllung des Gebotes der Sonntags¬ und Feiertagsheiligung abhalten; daß sie ihm den Empfang der hl. Sacramente, und das sogar in der österlichen Zeit, auf alle mögliche Weise erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen u. s. w. Da sind vielmehr die Eltern die ersten, die durch eigenes Bei¬ spiel bekräftigen, was der Religionslehrer in der Schule und Kirche lehrt. Indem sie sich bemühen, in ihrem Verhalten ein lebendiges Abbild Christi zu sein, gemäß den Worten des Apostels: „Ich lebe, doch nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir" (6ulut. 2, 20), pflanzen sie eben dadurch auch in das Herz ihrer Kinder Christum den Herrn ein und pflegen ihn, daß er geistigerweise: durch zunehmenden Glauben und wachsende Liebe, in ihnen gedeihe und erstarke zu „einem vollkommenen Mann", wie der Apostel sagt. (Lpbtzs. 4, 13.) Und so handelnd sind sie Eltern in höherem Sinne, indem sie ihren Kindern nicht blos das vergängliche, irdische, sondern das ewige, himmlische Leben vermitteln. Von den frommen Hirten erzählt uns die hl. Schrift: „Sie kamen eilend (nach Bethlehem), und fanden Maria und Joseph, und das Kindlein" (Uno. 2, 16.); und von den heiligen drei Königen: „Sie fanden das Kind mit Maria" Muttd. 2, l l.). So mögen wir's denn auch in jeder Familie finden: die Eltern mit ihren Kindern, die Kinder mit ihren Eltern; mit anderen Worten: die Eltern bekümmert um das Wohl ihrer Kinder, die Kinder sich freuend des Schutzes ihrer Eltern. Aber nicht blos irdische, sondern höhere, überirdische Liebe, wie sie ausfließt aus der Liebe zu Jesus, möge sie alle verbinden. Die Liebe der Eltern gegen ihre Kinder sei ein Ab¬ glanz der Liebe Mariä und Josephs zu Jesus, die Liebe der Kinder gegen ihre Eltern ein Abglanz der Liebe Jesu zu Maria und Joseph. — Geschieht es aber, daß ein Kind auf Abwege geräth und sich zu verlieren beginnt, o dann mögen die Eltern nicht ruhen noch rasten, bis sie es wiedergefunden und auf den rechten Weg zurückgebracht haben. Als der zwölfjährige Jesus seinen Eltern verlorenging, wußten diese, daß er, weil ja wahrer Gott, an seiner Seele keinen Schaden leiden könne. Thatsächlich fanden sie ihn denn auch an heiliger Stätte, im Tempel des Herrn. Und dennoch, mit welchem Schmerz und Kummer suchten sie ihn! (Uno. 2, 44. soqn.) Ebenso, ja noch vielmehr müssen die Eltern suchen und beten, bis sie ihr, nicht nur leiblich, sondern geistig verlornes Kind wiedergefunden und dem Herrn ge- 7 Wonnen haben. Auf solche Weise zeigen sie, daß sie wirklich christliche Eltern sind, Ellern, die mehr den geistlichen, als den leiblichen Tod ihres Kindes fürchten! 5. Wie zur christlichen Erziehung der Kinder, so ist uns die hl. Familie auch ein Wegweiser zur Uebung des christlichen Gehorsams. Es ist das eine Tu¬ gend, auf welcher das Glück und die Wohlfarth einer jeden noch so großen, aber auch einer jeden noch so kleinen Gesellschaft, und folglich auch der Familie beruht. In unseren Zeiten, wo es vom weltlichen Gesetze verschiedentlich als ein Recht erklärt wird, ungehorsam zu sein und Gott nicht zu geben, was Gottes ist, wo sich aber die Consequenzen dessen gar sehr auch auf anderen, als den blos kirchlichen Ge¬ bieten geltend machen; wo die weltliche Macht und Autorität allerdings oft groß dasteht, wenn es sich um die wehrlose Kirche handelt, aber klein, wenn dem Geiste der Unbotmühigkeit, der Zersetzung und Auflehnung Einhalt geboten werden soll; wo an Stelle der gesetzmäßigen Autorität nachgerade der Terrorismus zu treten droht — in diesen unseren Zeiten ist es wahrlich nicht erforderlich, die Wichtigkeit und Nothwendigkeit des Gehorsams noch zu beweisen. Nur wo Gehorsam, dort auch Zucht und Ordnung; ohne Gehorsam aber überall nur Auflösung und Zerfall! Diese Tugend des Gehorsams nun lehrt uns die hl. Familie, und in derselben wiederum ganz besonders Jesus Christus. Als Joseph uud Maria sich wegeu der vom Kaiser Augustus anbefohlenen Volkszählung ungeachtet der ärgsten Beschwerden und der ungünstigsten Jahreszeit nach Bethlehem ver¬ fügten; als Maria bei der Darstellung Jesu im Tempel sich dem mosaischen Gesetze der Reinigung unterwarf; als Joseph auf Geheiß des Engels sogleich, mitten in der Nacht, und ohne zu murren, sich auf¬ machte, Jesum uud feine Mutter Maria nahm und sie nach Aegypten brachte; als er dann, wieder auf Geheiß des Engels, aus Aegypten zurückkehrte und nach Nazareth ging — was war das alles Anderes, als Gehorsam, mit den größten Mühen und Be¬ schwerden verbundener Gehorsam gegen Gott, wie gegen die geistliche und weltliche Obrigkeit? — Und indem Joseph und Maria zur Feier des Osterfestes alljährlich nach Jerusalem gingen, obwohl sie Jesum, deu Sohn Gottes, in ihrer Mitte hatten und daher täglich aus Gottes Munde selbst Gottes Wort hörten, und durch das, was sie Jesu thateu, in eigentlichem Sinne Gott selbst dienten — was war das anderes, als ein eindringliches Beispiel für uns, wie auch nur im Geiste des Gehorsams der Sonntags- und Feier¬ tagsheiligung nachkommen sollen? — Und jenes große Wort, das Maria gesprochen: ..6666 onoilR Domini", „sieh', ich bin die Magd des Herrn" — was zeigt es uns anderes, als jene Gesinnung demuthvollsten Gehorsams, die Maria in all' ihrem Thun und Lassen begleitete? — Vor allem aber haben wir an Jesus Christus das höchste Beispiel allseitigen Gehorsams. Sein ganzes Leben war ja nichts anderes, als ein ununterbrochenes, mit vollster Hingebung und Freude geübtes Abhüngigsein vom Willen seines himmlischen Vaters. Als er eintritt in diese Welt, opfert er sich ihm in Gehorsam auf und ruft ihm entgegen: „Siehe, da komme ich; — am Anfänge des Buches steht geschrieben über mich, daß ich thue, o Gott! deinen Willen." (Uebi-. tO, 7.). Und als er in's Leiden ging, um auszutreten aus dieser Welt, betet er wieder: „nicht mein, sondern dein Wille geschehe" (Uns. ^2, 42.). „Jesus erniedrigte sich selbst, und ward gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuze". (?llil. 2, 8. 9.). Aber er war gehorsam nicht blos Gott, seinem himmlischen Vater, sondern auch Menschen, er war unterthan seinen Eltern (Uno. 2, 51.). Diese seine Unterthünigkeit und sein Gehorsam gegen die Eltern war ein vollkommener; es war ja der Ge¬ horsam des Gottmenschen. Es war daher nicht ein blos äußerlicher Gehorsam, und nicht blos gezwungen, sondern innerlich, aufrichtig und wahr, mit Ueber- einstimmung des Verstandes und Willens. Es war auch uicht ein blos gelegentlicher Gehorsam, sondern die ganze Sinnesrichtung und das ganze Fühlen und Denken des Herrn galt dem Gehorsam. „Meine Speise ist (so sprach er selbst von sich), daß ich thue den Willen dessen, welcher mich gesandt hat, daß ich vollende sein Werk" (ckoan. 4. 34.). Endlich war Jesus unterthan nicht blos den heiligsten unter deu Menschen, seinen Eltern, sondern auch armen Sündern und Ungläubigen. Selbst als er von Pilatus zum Tode verurtheilt wird, an- 8 erkennt er in ihm die Gewalt von Oben, wenngleich sie wider alles Recht und Gesetz ausgeübt wird. (Oonl. .Ioan. 19, IO. 11.) Welch' ein Gehorsam also leuchtet uns ans der heiligen Familie entgegen, und wiesehr sollten auch wir uns zur Uebung des Gehorsams verpflichtet fühlen: des Gehorsams gegen Gott, des Gehorsams gegen Eltern und Vorgesetzte, gegen geistliche und weltliche Obrigkeiten. Lernen wir denn Gehorsam von Joseph und Maria, vor allem aber von Jesus dem Gehorsamsten. So werden wir Ruhe uud Zu¬ friedenheit finden in unseren Seelen und in unseren Familien, und manche traurige Erfahrung, manche bittere Enttäuschung bleibt uns erspart. Denn auch vom Gehorsam gilt, was von der Mutter des Ge¬ horsams, nämlich von der Demuth: „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden." (Llattk. 23, 12.) 6. Noch eine Tugend müssen wir von der hl. Fa¬ milie lernen, und das ist die Hochschätzung und Liebe zur Arbeit. — Arbeit ist dem Menschen noth- wendig zu seiner geistigen und leiblichen Entwicklung, zu seinem zeitlichen und ewigen Wohl. Ohne Arbeit und Thätigkeit bemächtigt sich ein gewisser Stumpfsinn des Menschen, oder aber er wird eine Beute des Lasters, wie schon das bekannte Sprichwort sagt: „Der Müßiggang ist aller Laster Anfang." Die Liebe zur Arbeit ist daher von der größten Wichtigkeit, wie für den einzelnen Menschen, so für die Familie, so für die ganze Gesellschaft. Allein es ist ein Unterschied zwischen Arbeit und Arbeit. Auch das unvernünftige Thier arbeitet und plagt sich; allein es weiß nicht, warum; und mit seinem Leben ist ihm auch die Frucht aller Arbeit genommen. Nicht so ist es mit dem Menschen. Er¬ schaffen wie er ist zu einem ewigen, übernatürlichen Ziel, soll ihm die Arbeit auch ein Mittel sein, zu demselben zu gelangen. Darum wollte Christus, der aus Liebe zu uns Knechtsgestalt angenommen, die Arbeit durch sein göttliches Beispiel auch übernatür¬ licher Weise adeln und heiligen, indem sich auch er, der Herr aller Dinge, dem Gesetze der Arbeit unter¬ warf und uns zugleich zeigte, in welcher Gesinnung wir arbeiten sollen. Nach dem Sündenfalle unserer Stammeltern ist die Arbeit vor allem Buße; und der da gekommen, um geuugzuthun für die Sünden der ganzen Welt, wollte auch diese Buße aus sich nehmen uud so uns lehren, daß auch unsere Arbeiten Bttßgesinnung begleiten soll. Arbeit und Thätigkeit ist auch ein Schutzdamm gegen die Süude und eine reiche Gelegenheit zu den verschiedensten Tugenden; und der da gekommen, die Sünde zu bekämpfen und Wegweiser zu sein zum Guten, wollte uns auch durch sein eigenes Beispiel einladen zur Arbeit, und dadurch zur Tugend. Aus diesen übernatürlichen Gründen wühlte sich Jesus eine arme Familie, in der er zur Welt kommen und leben wollte, eine Familie, in welcher die Arbeit nicht etwa blos zum Vergnügen, sondern aus Noth- dnrft verrichtet werden mußte: gewöhnliche und äußer¬ liche, nicht geistreiche Arbeit; niedrige und gemeine, nicht angesehene Arbeit; harte und anstrengende Arbeit. Ja, auch die hl. Familie wußte und verkostete es gar wohl, was es heißt, sich sein Brod im Schweiße seines Angesichtes verdienen. Darum mußte Alles arbeiten. Es arbeitete Joseph, der „Zimmermann". Es arbeitete Maria, wie jede Mutter und Frau eines armen Handwerksmannes arbeiten und für Kind und Haus sorgen muß. Es arbeitete Jesus, „der Sohn des Zimmermanns" (Llattb. 13, 66.), oder „der Zimmermann", wie er beim Evangelisten Marcus (6, 3.) geradezu genannt wird. Und welche Tugenden übte die heilige Familie bei der Arbeit? Sie dachte dabei nicht blos an das tägliche Brod, an das irdische Leben. Ihre Blicke waren aufwärts gerichtet zu Gott, dem himmlischen Vater, und ihre Arbeiten waren zugleich ein Dienst Gottes. Zeugen der unendlichen Entsagung und Selbst¬ erniedrigung Jesu, murrten Joseph und Maria nicht nur nicht gegen Gott, daß er sie in Armuth leben ließ und auf harte Arbeit anwies, sondern sie fügten sich willig und mit demüthiger Anbetung in seine heiligsten Anordnungen und Zulassungen, um so zu¬ gleich den himmlischen Vater, sowie seinen Sohn zu ehren, der da reich war, aber unseretwegen arm ge¬ worden ist, damit wir durch seine Armuth reich würden, wie der Apostel sagt. (II. Oor. 8, 9.) — Die Arbeiten Jesu aber bildeten geradezu einen Theil 9 seiner Erlösuugsthätigkeit für uns. Ja, sie waren uns geweiht; sie waren bestimmt, uns die Arbeit erträglicher und leichter zu machen; durch den Hin¬ weis auf sein Beispiel uns zu trösten, zu ermuthigen, zu erheben; uns zu zeigen, daß nicht die irdischen Güter es sind, die des Menschen Glück und Würde begründen, sondern die himmlischen, und so uns empfänglicher zu machen für diese. Lernen wir, Geliebte im Herrn! von der hei¬ ligen Familie, wie auch wir die Arbeit schätzen, mit welchen Gesinnungen auch wir sie verrichten und die damit verbundenen Mühen und Anstrengungen tragen sollen, damit sie uns fruchtbar seien nicht blos für die Zeit, sondern auch für die Ewigkeit. Und wenn uns das Los der Arbeit, das wir alle, der eine in dieser, der andere in jener Richtung, der eine mehr, der andere minder, zu tragen haben, manchmal zu schwer scheint; wenn es uns mit Unmuth erfüllt und schier zu erdrücken droht — o so vergessen wir nicht, daß Christus der Herr bei der harten Arbeit unserer Er¬ lösung nicht einfach Schweißtropfen, sondern blutige Schweißtropfen zu vergießen hatte; daß nicht blos harte Schwielen seine Hände bedeckten, sondern grau¬ same Nägel ihm Hände und Füße durchbohrten; und daß statt kühlenden Wassers Galle und Essig sein Trank, sein Ruhebett aber das Kreuz war! Ich habe euch gezeigt, wieviel es aus die Fa¬ milie ankommt, der Jemand angehört. Ich habe euch ferner dargethan, daß die hl. Familie es ist, die alle anderen Familien zu ihrem Vorbilde nehmen sollen. Betrachten wir uns denn gewissermaßen als Angehö¬ rige der hl. Familie, und benehmen wir uns stets so, daß wir ihrer auch würdig seien. Möge den Familienvätern der hl. Joseph ein Vorbild väterlicher Wachsamkeit und Fürsorge, den Müttern die seligste Jungfrau Maria ein Beispiel aufrichtiger Liebe, frommer Züchtigkeit, demüthiger Unterwerfung uud vollkommener Treue, den Kindern endlich Jesus ein Muster des Gehorsams sein, das sie bewundern, ver¬ ehren und nachahmen. Mögen die Reichen an der hl. Familie erkennen, daß die Tugend weit höher zn schätzen ist, als Reichthnm. Mögen endlich auch die Armen sich trösten im Hinblick auf Maria und Joseph, die gleich ihnen zu kämpfen hatten mit den Mühen und Sorgen um's tägliche BrodA) Es erübrigt mir jetzt nur noch eines, euch auf¬ merksam zu machen ans einen Verein, der sich eigens zur Verehrung der hl. Familie gebildet hat. Derselbe heißt: „Der allgemeine fromme Verein von der hl. Familie", und hat „den schönen Zweck, die christ¬ lichen Familien enger an die hl. Familie anzuschließen, oder vielmehr ihr dieselben ganz zu weihen, damit auch Jesus, Maria und Joseph die ihnen so geweihten Familien gleichsam wie ihr Eigenthum beschützen und liebevoll pflegen." (I. v.) Der hl. Vater hat diesen Verein mit vielen Ablässen und geistlichen Gnaden ausgestattet, uud wiederholt auf das Angelegentlichste empfohlen. Indem ihr Näheres über den mehrerwähnten Verein durch eure Herren Seelsorger erfahren werdet, sage ich heute nur soviel, daß es mir eine große Freude wäre, wenn sich auch in unserer Diöcese recht viele Familien fänden, die demselben beitreten uud die Tugeudeu der hl. Familie zum Gegenstände ihrer ganz besonderen Verehrung, Liebe und Nachahmung machen wollten; und deshalb bitte ich euch auch ganz ausdrücklich darum. Es kanu ja nichts gedacht werden, „was einen heilsameren und kräftigeren Einfluß auf christliche Familien ausübte, als das Beispiel der hl. Familie, das alle häuslichen Tugenden in höchster Vollendung umfaßt." (I. e.) Und so schließe ich, indem ich euch nochmals die Nachahmung der hl. Familie an's Herz lege, und euch dem Schutze derselben empfehle. Der Segen des allmächtigen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des hl. Geistes komme über euch und bleibe immerdar bei euch. Amen. ') Lcwk. Ursvs Uson. XUI. »Xsurmsm kugit« ääo. 14. lun. 1892. äs SLora iamilis. Laibach, am Sonntag Septuagesima, den 21. Jänner 1894. s Z üpüßllö ) Fürstbischof. 2 FsstE für die Laißacher 8ie Nachsichten, welche hinsichtlich des Fasten¬ gebotes in der Laibacher Diöcese bisher zugestanden waren, bleiben infolge neuerlicher, auf 5 Jahre er- theilter Genehmigung des Apostolischen Stuhles 660. 25. October 18d9 auch für das Jahr 1894 in Geltung. Es haben demnach die Gläubigen der Laibacher Diöcese in Betreff dieses Kirchengebotes in diesem Jahre Nachstehendes zu beobachten: I. Eigentliche Fasttage oder Äbbrnchstage, an welchen nnr einmalige Sättigung erlaubt ist, sind folgende: 1. Alle Tage der vierzigtägigen Fastenzeit, aus¬ genommen die Sonntage. 2. Die Mittwoche, Freitage und Samstage der vier Quatemberzeiten. 3. Die Mittwoche und Freitage der Adventzeit. 4. Die Vorabende vor Pfingsten, Petri und Pauli, Mariä Himmelfahrt, Allerheiligen, Unbefleckte Empfängniß und Weihnachten. II. Fbstinenstage, h. solche, an welchen der Genuß von Fleischspeisen verboten ist, sind folgende: 1. Alle Freitage des ganzen Jahres. 2. Der Aschermittwoch, die vier Quatember¬ mittwoche und Quatembersamstage. 3. Die drei letzten Tage der Charwoche. 4. Die Vorabende vor Pfingsten, vor Petri und Pauli, Mariä Himmelfahrt, Allerheiligen, Unbefleckte Empfängniß und Weihnachten. III. Weitere Dispensen vom Gebote, stch des Fleilchestens M enthalten, sind folgende: 1. Für die ganze Diöcese, so oft ein gebotener kirchlicher Feiertag auf einen der früher genannten Abstinenztage fällt. öcese im Jahre 1894. 2. Für einzelne Orte, so oft daselbst ein Jahrmarkt auf einen der genannten Abstinenztage fällt. (Viele Pfarren bestehen aus mehreren von einander entfernten Orten; da gilt die Dispense nicht für die ganze Pfarre, sondern nur für jene Orte, wo des Marktes wegen das Zusammenströmen von Menschen stattfindet.) 3. Für einzelne Personen: a) Mit Ausnahme des Aschermittwochs, der drei letzten Tage der Charwoche und der Vorabende vor Pfingsten und Weihnachten werden an allen übrigen Tagen dispensiert: die Arbeiter in Fabriken und in Kohlen- und anderen Bergwerken; die Reisenden, welche in Gasthäusern essen, auch andere, falls sie z. B. in Städten oder anderen ge¬ schlossenen Orten in Gasthäusern ihre Beköstigung haben. b) Mit Ausnahme des Charfreitags werden an allen übrigen Tagen dispensiert: die Eisenbahn-Conducteurs; die Reisenden, falls sie auf Bahnstationen speisen; diejenigen, welche sich zur Herstellung der Ge¬ sundheit in Bädern aufhalten, mit ihren daselbst befindlichen Angehörigen und ihrer Dienerschaft. o) Vom Verbote des Fleischgenusses, wenn ihnen Fastenspeisen nicht ausreichend zu Gebote stehen, find gänzlich dispensiert: jene, welche wegen großer Armuth essen müssen, was immer sie bekommen; auch die Uebrigen, welche in einer Familie leben, wo Fastenspeisen nicht aufgetischt werden. Sie sollen jedoch trachten, sich, wenn möglich, wenigstens am Charfreitage des Fleischgenusses zu enthalten. 11 IV. An allen jenen Fasttagen des Jahres, an denen nur einmalige Sättigung erlaubt ist, und in der ganzen Fastenzeit, auch an den Sonntagen, ist der Genuß von Fisch-und Fleischspeisen bei einer und derselben Mahlzeit nicht erlaubt. Man muß sich entweder des Fleisches oder des Fisches enthalten. V. Sich Abbruch zu thun sind nicht verpflichtet: die Kranken, ferners jene, welche schwere körperliche Arbeiten verrichten, endlich die noch nicht das einnndzwanzigste Lebensjahr erfüllt oder das sechzigste Jahr bereits überschritten haben. Diejenigen, welche nicht zum Abbruch verpflichtet sind, dürfen an jenen Abbruchstagen, an denen der Fleischgenuß nicht gänzlich verboten ist, Fleisch essen, so ost sie im Laufe des Tages Nahrung zu sich nehmen, während hingegen die zum Abbruche Ver¬ pflichteten an denselben nur Mittags und Abends Fleisch genießen dürfen, sich am Abende aber den schuldigen Abbruch thun müssen. Die Herren Pfarrer und Beichtväter sind ermächtiget, in einzelnen Fällen einer wirk¬ lichen Nothwendigkeit noch weitergehende Dispensen vom Verbote des Fleischgenusses zu ertheilen, insbesondere zu gestatten, dass zur Bereitung von Fastenspeisen, mit Ausnahme des Charfreitages und der Quatember¬ freitage, statt der Butter oder des R i n d s ch m al - zes auch Schweine- oder überhaupt Thier- fett gebraucht werden dürfe. Wer eine bleibende Dispense zu bedürfen glaubt, hat sich diesfalls an das fürstbischöfliche Ordinariat zu wenden. Die vorstehenden Bestimmungen sind nicht auch fürOrdenspersoneu maßgebend; dieselben richten sich nach ihren eigenen Regeln. Alle Gläubigen, welche sich der hiemit gewährten Nachsichten bedienen, haben an jedem Tage der v ie r- zig tägig en Fasten, — auch an Sonntagen, — an welchen sie dies thun, fünfmal das „Vater Unser" und „Ge grüß et seist du Maria" zu Ehren des bitteren Leidens Jesu Christi zu beten. Jedoch steht es ihnen frei, an dessen Statt ein ent¬ sprechendes Almosen zu geben. ----- 2»