für Vaterland, Kunst, Wissenschaft und geselliges Leben. Redigirt von Johann Hl«d»ik. Dinstag den 2<>. Mai.___________FOAO. Von vieser Zeitschrift erscheinen wöchentlich zwei Nummern. Dinüaa und Samüaq. Der Preis des Nlaltes ist im Comptoir ganzjährig 3 ft. halbjährig i fl. 30 tr. Durch die Post ganzjährig Ä fi., halbjährig 2 fl. C. M. Der Seidenbau zuPliuna ' nächst Neucilli. Von Dr. Nudolph Puss. "^-^ie Herrschaft Neucilli, eine der wichtigsten in Steier-mark, einst Eigenthuin der Miglio's und Gaisruk, seit 1835 des Herrn Hausmann, bietet des Merkwürdigen und Sehenswerthen so vieles, daß ein Aufenthalt von einigen Tagen kaum hinreichen würde, um die großartige Spiritus, und N Humbrennerei, die weitläufigen Steinkchlenwerke, die Urwälder lc. zu beschauen. Für heute widmen wir uns're Aufmerksamkeit der Seidenzucht auf dem zur Herrschaft Neucilli gehörigen Pliunahofe, — dem großartigsten Etablissement dieser Gattung in Steiermark. Eine halbe Stunde von dem prachtvollen Schlosse Neucilli entfernt, jenseits des Losnik-Baches, schimmert vom sanften Hügel der l847 in eleganter Form, 2 Stock hoch, mit 7 Fenstern Länge und 4 Fenstern Tiefe, neu hergestellte und durch den Seidenbau-Director Hrn. Persoglio dem Zwecke entsprechend eingerichtete Pliunahof — einer jener 40 pittoresken Punkte, welche im August des !847gcr Jahres der Wiener-Maler Kalliwoda in der Umgebung von Neucilli der Aufnahme würdigte. Durch kostbare Maulbeerpfianzungeii, aus Romaner-Stämmen bestehend, zwischen denen über 14.000 Nebenstöcke, meist Burgunder, gepflanzt sind, steigen wir die freundlichen Hohen hinan. Bloß zum Niollen der neuen Plantagen waren hier I847 über 400 Menschen beschäftigt. In Begleitung des unermüdeten H,„. Belkovic, Privat-Secretär des Inhabers, verfügen wir «ns zum Director Pe rsogli o und durchwandern mit diesen beiden energischen Männern die Visoki-, See-, Dr. Hauptmanns- und Vogeltese-Plantagen, uns erfreuend an der Kraft und dem üppigen Wüchse der Maulbeerbäume. Betreten wir das Gebäude selbst, so sehen wir im ersten Stockwerke einen ll«5> langen Saal, im zweiten zwei Säle, je von 15" Länge und 8« Breite, einen vierten unter dem Dache; der Raupenzucht entsprechend ist die Filanda (Spinnerei) rings'von Glaswänden umgeben und hat 18 Kessel. Außer der Erzielung einer zwelten Brüt von Seidenwürmern, in demselben Sommer l847, brachte es Hr. Persoglio auf eine Erzeugung von 200 Pfund reiner, trefflicher Seide, die nach Italien verkauft wurde. Die Brüt der hiesigen Seidenwürmerzucht stammt unmittelbar aus der Brianza, jenem Hügellande der Lombardei, das, nur 12 Quadratmeilen groß, von 157.400 Menschen bewohnt wird, und eine der fruchtbarsten Gegenden der Welt, ähnlich den Windischbücheln in Audeimark, reich an Wein und Maulbeer-Plantagen ist. Man findet in der Brianza allein 3.000.000 Maulbeerbäume. Volksfeier der Nutheneu l zur Feier der Aushebung des UnterthämgkeitsverhlUtuißes, am 15. Mai 1849. Zum Andenken an die Aufhebung des Unterthänigkeits-Verhältnisses und der Frohne, dann zum Gedächtniß der verliehenen constitutionellen Freiheiten, hat in Lemberg die ruthe-nische National-Hauptversammlung am l5. d. M., als am Jahrestage obiger Aufhebung, mit Genehmigung des Hrn. Landeschefs ein großartiges Nationalfest veranstaltet. Mit Anbruch des Tages verkündeten Kanonensalven den Beginn der Feier. Von allen Seiten zogen Landgemeinden im Festkleide, mir Blumen und blaugelben Bändern geschmückt, unt.'r Vortritt ihres Pfarrers und Ortsvorstandes, in die Stadt und sammelten sich allmalig auf dem ausgedehnten St. Georgs-Platze, ihrer Kathedrale gegenüber, wo ein geschmackvolles Zelt aufgerichtet war, von dessen Giebel um ein vergoldetes Kieuz mehrere Fahnen in den k. k. Reichs- und ruthenischen Landesfarben flatterten. Um 10 Uhr begann der Gottesdienst, welchem sämmtliche Civil- und Militäraucoritäten, dann die anwesende k. russische Generalität und eine unübersehbare Volksmenge beiwohnten, darunter viele tausend Landleute aus allen ruthenischen Kreisen. Nach einer kraftvollen, den Zweck der Feierlichkeit vom 170 religiösen Standpunkte beleuchtenden Predigt, welche mit einem begeisterten Aufruf an das Volk zum Festhalten an der Regierung und mit einer jubelnden Acclamation des Publikums endete, fand die Abhaltung der Messe unter Assistenz eines zahlreichen Clerus Statt, worauf eine große Menge metallener Kreuze, als Denkzeichen dieses Nationalfestes geweiht, unter das Volk vertheilt wurden. Nun setzte sich die Masse, unter Begleitung der Militärmusik und unter Glockengeläute, in Bewegung nach der Wohnung des Gouverneurs. Auf einem, von 6 Paar geschmückten Ochsen gezogenen, in eine Decke aus Stoffen in den Nationalfarben gehüllten Wagen, wurden ein großer Laib Brot, dann Honig und Salz geführt, um nach uralter Landessttte diese Gaben dem Lan-deschef, als dem Repräsentanten der Regierung, zu überreichen. Dieser empfing, im Veiseyn dn Civil- und Militär-Behörden, dann der kais. russ. Generalität, die Deputation des ruthenischen Volkes, bestehend aus Abgeordneten der National-Haupt-Versammlung, des gr. kach. (ruthen.) Clerus und aus Gemeinde-Deputirten, sämmtl. ruthenischer Kreise. Von zwei Mitgliedern dieser Deputation wurden einfache, aber durch Biedersinn und Loyalität ergreifende Ansprachen gehalten, in denen sich die Bitte kundgab, die allgemein im ruthenischen Volke wurzelnden Gefühle unbegränzter Treue und Dankbarkeit zur allerhöchsten Kenntniß Sr. Majestät des Kaisers zu bringen. Wahrhaft rührend erschien es hierbei, wie jeder Einzelne der übrigen Deputirten sich bemühte, die Versicherungen der loyalen Gesinnung für seinen Kaiser zu bekräftigen; Thränen glänzten in den Augen dieser ehrwürdigen Greise, als sichere Bürgschaft, daß ihre Becheuerungen aus voller Seele kamen. Der Hr. Gouverneur ergriff diesen Anlaß, um der Deputation die unermeßlichen Wohlthaten der ihnen von Seiner Majestät allergnäoigst verliehenen constitutionellen Berechtigungen auf faßliche Weise auseinander zu setzen und ihnen zu Gemüthe zu führen, wie es nunmehr ihre heiligste Pflicht geworden sey, die wohlwollenden Absichten der Negierung ihrerseits durch Gehorsam und Willfährigkeit zu unterstützen und die tadellose Haltung zu bewahren, wodurch sich das brave Volk der Ruthenen bisher so rühmlich hervorgethan.— Hierauf ward von den Depurirten im Saal und von der Menge unten ein Danklied angestimmt; jauchzendes „Lebe-hoch!" für Seine Majestät den Kaiser scholl aus Tausenden von Kehlen weithin, und als der Hr. Landeschef ein »Hurrah!" auf die biedere ruthenische Nation ausbrachte, fand dasselbe ein enthusiastisches Echo in allen Herzen. — Nachmittags begann das eigentliche Volksfest im Ex-jesuitengarten; allenthalben wechselten Musik, Tanz und Belustigungen jeder Art; gegen Abend wurde in der dasigen Arena von Dilettanten eine dramatische Vorstellung im rulhe-nischen Dialecte gegeben, deren Gegenstand: die Verhältnisse des Landmannes vor und nach Aufhebung der Frohne, sehr gut gewählt war, und auch durch wahrheitgetreue Scenen aus dem Leben und durch manchen schlagenden Witz zur allgemeinen Erheiterung wesentlich beitrug. — Mit Einbruch der Nacht ward der Garten glänzend beleuchtet, am Kiosk erschienen acht sinnreiche Transparente von trefflicher Zeichnung, theils auf die einstige Selbststän-digkeic der Ruthenen, dann auf ihre Knechtung, und endlich auf die nunmehrige Wiederbefreiung anspielend, theils Momente aus dem Volksleben im Bilde darstellend. Auch die gegenüber liegende Caserne des ncuerrichteten nationellen Bergschützen-Corps war mit einem passenden Transparente geziert, und aus ihrem Innern klangen die Töne ruthenischer Kriegs-lieder. Ein 'brillantes Feuerwerk beendigte das Fest, bei welchem durchaus die musterhafteste Ordnung herrschte, was nächst dem trefflichen Geiste dieses Landvolkes zumeist dem persönlichen Einwirken seiner Geistlichkeit zugeschrieben werden muß, die ihre Aufgabe als Festordner zur allgemeinen Zufriedenheit gelöst hat. Die letzte Lehre. (Uovcllette von Jos. Dabnigg.) (S ch I u ß.) Doch die Tage des Glückes sind oft sehr kurz, So ' war es auch hier. Der ganze Hof geriet!) eines Tages plötzlich in Verwirrung. Das kostbare Bildnis; der fürstlichen Braut war entwendet. So ging es von Mund zu Munde. Die Höflinge geriethen darüber in Angst und Schrecken, denn der Fürst hatte dem Frevler den Tod durch Henkershand geschworen, dem Denuncianten aber eine wahrhaft fürstliche Belohnung zugesichert. „Wer mag wohl Seiner Durchlaucht das kostbare Liebespfand entzogen haben?" fragte nach einigen Tagen Au-relia ihren Gatten. Der Minister lächelte bei dieser Frage, wie er sonst nie zu lächeln pfiegte. Die Gräfinn erbebte. Das sonderbare Benehmen ihres Gatten machte sie erzittern. Der Graf bemerkte ihre Beklommenheit und lächelte noch bedeutungsvoller. »Mann, du erschreckst mich. Dein Gesicht scheint zu sprechen, daß du etwas mehr von diesem Gegenstande weißt!" »Mein Gesicht lügt nicht. Unter uns, Aurelia — doch du mußt schwelgen und du wirst es--------Das flägliche Bildniß habe — ich entwendet, und solches um ein hohes Geld verkauft." »Unglücklicher! Fürchtest du nicht den Tod durch Henkershand?" rief die beinahe Vernichtete, ihren Gatten mit banger Angst umklammernd. »Sey unbesorgt'. Niemand erfährt es," siel der Graf seiner Gemahlinn in die Rede, stieß die Erbebende ziemlich unsanft von sich, und verließ mir stolzem Schritte das Gemach. Das war hart. Nicht genug, daß die Arme auf alle Freuden der ehegattlichen Liebe verzichten mußte, sollte sie nun auch die öffentliche Achtung verlieren. Tief ergriffen erhob sie sich in aller Größe eines beleidigten Weibes. Ein furchtbarer Vorsatz schien seiner Ausführung nahe. Carl trat in das Gemach. Er wird der Vertraute des ganzen Geheim- 171 msses, und nach einigen Augenblicken trieb Haß und Verach-tung die Wüthende in das Gemach des Fürsten. Bald darauf saß der Graf, verrathen von seiner eigenen Gattin, im tiefsten Gefängnisse. Alles staunte bei dieser Nachricht. Dem kalten, alles so klug berechnenden Manne, dem ersten Günstlinge des Fürsten hätte Niemand diese That zugemuthet. Man zweifelte an der Wahrheit, weil man sich den Zweck nicht erklär^ konnte. Die peinliche Untersuchung begann, und d,er Verhörte hatte zur allgemeinen Verwunderung ohne allOUmschweife die That eingestanden. Er war verurtheilt, durch Henkershand zu sterben. Vor der Publication des Todes-Urtheiles erbat er sich noch die Gnade, mit seinem Vermögen frei verfügen zu dürfen. Diese Gnade war ihm zugestanden. War die That des Gerichteten unbegreiflich, so musite seine letzte Willensmeinung noch eine größere Verwunderung erregen, in Folge welcher ein Theil seiner unwürdigen Ehegattin, der andere seinem Ziehsohne, und der dritte Theil seines Vermögens jenem — welcher an ihm das Todesurtheil vollziehen wird, zuzufallen habe. Dieser letzte Umstand setzte Carl in nicht geringes Erstaunen. Die Gräsin und ihr Ziehsohn suchten angstvoll ein Mittel, um nicht das bedeutende Vermögen mit einem — Henker zu theilen. Keines wollte sich darbieten. Car l's höchster Grad der Entartung sollte helfen, wenn sein Plan nur genehmiget werde. Ei- trug solchen dem Criminal-Präsidenten vor, und dieser zu einer Entscheidung in diesem Falle nicht berufen, hatte solchen seinem obersten Herrn, dem Fürsten vorgelegt. Der Fürst stutzte, als er die Bitte des gräflichen Ziehsohnes vernommen. Er war nachdenkend geworden. »Herr Präsident, mir scheint wir beide werden geäfft," sprach der Fürst nach einigen Augenblicken des langen Stillschweigens. «Ein furchtbares Spiel wird gespielt, wozu wir die Karten mischen." Der Präsident verstand vom Ganzen kein Wort. »Ich genehmige das Ansuchen," sprach der Fürst nach einer kleinen Pause, indem er das ihm vorgelegte Bittgesuch überreichte, welches er eben eigenhändig unterzeichnet hatte. »Sollte sich etwas Besonderes vor dem Trauerspiele ereignen, so ist solches mir anzuzeigen." Somit war der Präsident entlassen. Der Tag der Hinrichtung war endlich erschienen. Neugierige aus allen Ständen strömten herbei, einen Mann sterben zu sehe,,, dessen schmachvollen Tod ein so unerhörter Umstand herbeigeführt hatte. Der Verunheilre kam. Sein Schritt war fest, seine Gesichtszüge kalt und ruhig, ohne alle Furcht vor der nahen Todesstunde. Seine Haltung, sein Benehmen waren unveränderlich wie im Leben geblieben Ein Gebieter und Herrscher, als hätte er noch die Zügel des Staates in der Hand, war er in Ketten auch zu schauen, als er das Schaffet betrat. Ein neues Staunen hatte alle Anwesenden erfaßt. Ein galanter Jüngling, den rochen Mantel auseinander schlagend, war zu dem Unglücklichen getreten. Dieser sollte bei ihm die Scharfrichterstelle versehen, denn seine Hand war mit dem Henkerbeile bewaffnet. Der dazu Getretene, mit dem mitleidlosen Handwerke Betraute, war — Carl, des Grafen Ziehsohn. »Schrecklich! Du also willst die Hand an das Leben deines Nährvaters legen?" sagte nach einem kalten und durchbohrenden Blicke der Verurtheilte, als er desselben ansichtig wurde. Der Angesprochene, unvermögend ein Wort zu reden, schlug beschämt die Augen zu Boden. »Vergib mir Vater!" — nahm er ferner das Wort, seinen Blick zum Himmel erhebend, und zu den Anwesenden gewendet, begann er zu erzählen: »Mit dem väterlichen Testamente bekam ich auch eine Lehre. Es war die letzte, die ich von meinem Vater empfing." „„Weiche niemals von der geraden Fahr-»»straße ab, vertraue deiner allfalligen Gattin „»niemals alle Geheimnisse., und spende an Un-»»be kannte nie große Wohlthaten,"" hieß es am Schlüsse seiner letzten Willensmeinung. Ich lächelte darüber, und betrachtete diesen Anhang als eine Caprice des launigen Alters, damit den Willen der Jugend zu zähmen. Ich handelte Dagegen, wurde daher ausgeplündert, von meinem Weibe verrathen, und der, den ich mit Wohlthaten überhäufte, achtet höher die irdischen Güter, als das Haupt seines Wohlthäters; denn er steht hier, bereit, mir das Leben zu nehmen. Daß der sterbenden Aeltern letzte Worte, Klänge aus dem bessern Leben, ein Vermachtniß sind, welches den Kindern ewig theuer seyn soll, braucht kaum eines Beweises. Mein Frevel werde bestraft! — Ueberreicht dieses Schreiben Seiner Durchlaucht," sprach ^ ferner zu seinen nächsten Begleitern. »Es enthält die nähern Aufschlüsse über den Vorgang, und saget ihm, daß ich kein Dieb war, und daß ich ohne Groll von hinnen scheide; denn ich habe das Bewußtseyn, eine feste Lehre in dem Staate meines durchlauchtigsten Fürsten begründet zu haben. — Jetzt, Henker, vollziehe dein Amt!" So sprechend kniete er nieder und legre sein Haupt auf den Block. Ein lautes »Halt!" ertönte. Der sprachlose Haufe der beinahe vor Schrecken erstarrten Zuseher athmete kaum. Langsam folgten die Blicke von dem nahen blutigen Schauspiele nach der Gegend hin, woher das mächtige Wort erklungen. Wohl war es ein mächtiges Wort. Es war das Gnadenwort des tief ergriffenen Fürsten, der aus Neugierde ungekannt unter den Zuschauern bisher gestanden, und begleitet von seinem Adjutanten herbeigeeilt kam, sobald er vom Ganzen unterrichtet war. Sprachlos winkte er dem Begnadigten, von dem furchtbaren Gerüste herab zu kommen. Dieser wankte über die Stufen herab und sank vor dem Erhabenen in den Staub. »Erlauchter Herr, vergebet meinen Frevel! Heilig sind der Sterbenden letzte Lehren. Der Ewige selbst hat sein Siegel darauf gedrückt!" ruft er nach einer heiligen Stille begeistert aus, indem er seine Rechte zum Himmel erhoben. Sanft hob der Erlauchte den Knienden auf, und drückte ihn in die Arme. »Groß war dein Wagestück, doch köstlich 172 ist der Preis deiner Erfahrung; er möge hundertfältige Früchte tragen. Aber nie mehr wage du ein so verwegenes Spiel; denn selig sind Jene, welche nicht sehen und doch glauben," sprach der Fürst sanft vei weisend und freier aufachmend, als wäre seine Brust um eine blutige That leichter geworden. Alles jauchzte laut auf, und kein Auge blieb thränenleer. Im ganzen Fürstemhume aber blieb bis auf den heu-tigen Tag nichts heiliger, als die letzte Lehre der sterbenden Aeltern. Feuilleton. Sine wunderbare Scene von Magnetismus — erzählt der Seelandschaftsmaler A. Melbye, deren Augen und Ohrenzeuge er selber war, bei dem Arzte Marcillet. Der Nachtwandler, so erzählt er, war der berüchtigte Al ex is Didier. Es war das erste Mal in meinem Lcben, w) ich einer magnetischen Cur beiwohnte. Ich nahte mich dem Nachtwandler, um von ihm zu erfahren, was auf einem geschriebenen Blatte stand, das ich in der Hand hielt. Als der Arzt die Anstrengung sah, welche die Beantwortung dieser Frage bei dem Nachtwandler verursachte, bat er mich, meine Frage auf einen Gegenstand anderer Art zu richten. Ich gehorchte diesem Rathe und zog aus meinem Portefeuille ein kleines Messer heraus, wie es die Wundärzte haben, und womit ich gewöhnlich meine Federn schneide. Dieses reichte ich dem Nachtwandler mit der Frage hin, aus welchem Lande dieses Messer stamme. Alexis zog das Messer aus dem Futteral und versetzte sich damit eine leichte Wunde in die linke Hand. »Sie haben sich verwundet?" sprach ich. — »Hat nichis zu bedeuten," antwortete er, ..das Messer ist ja nicht vergiftet." Dann fügte er hinzu: »Das Messer stammt von Norden." Der Name des Landes, nach dem ich ihn fragte, schien ihn für den Augenblick wenig zu interessiren; er fuhr fort: »Das Messer hat dazu gedient, um die Haut abzuschinden, die Glieder abzuschneiden, es hat gecödtet, getödiet viele, beinahe zwanzig Menschen." Und mit dem Ausdrucke des Abscheues fuhr er mit dem Messer nach dem Halse an der Seite, wo das rechte Ohr ist, und machte damit eine Bewegung von rückwärts nach vorne, um den Akt des Mordens nachzuahmen, indem er sagte: »Hier vorzüglich!" Der Erfolg, welchen seine Worte und Bewegungen bei den Anwesenden verursachten, ist nicht zu beschreiben. Was mich betrifft, ich fühlte es, wie ich erbleichte. Aller Augen waren auf mich gerichtet, und ich war ganz erdrückt, um mich so auszusprechen, von dem tausendfältigen Anblick der Anwesenden. Aleris fuhr fort: »Das Messer stammt von Jemanden aus Ihrer Familie..—"—»Nein," sagte ich. — »Aber von einem Freunde?" — »Ja," gab ich zur Antwort, und fragte schnell: wo sich dieser Mörder gegenwärtig aufhalte. —»Er ist todt!" war die Antwort des Nachtwandlers, »hingerichtet, aber nicht durch die Guillotine, man hat ihm den Kopf mit einem Beile gespalten... Ja, sonderbar," fuhr Aleris fort, »und doch hat er nie seine Schandthaten bereut. Und dabei handelte er aus Ueberzeugung, religiöser Ueberzeugung; er glaubte Recht gethan, eine Pflicht erfüllt zu haben! Er gestand seine Frevel, und dabei gestand er, wenn man ihn in Freiheit ließe, er würde auf gleiche Weise fortsetzen____" Ich wiederholte meine Fragen, wie das Land heiße, wo die Schandthaten verübt wurden. Er gab zur Antwort: »Das Land ist vom Meere umgeben — hat große Gebirge, bedeckt mit Schnee," Nach einer Weile rief er dann plötzlich: »Es ist Norwegen!" Ich verzichte darauf, den Erfolg zu beschreiben, den diese Worte hervorriefen. Man drängte sich um mich herum, um mich mit Fragen zu bestürmen, um die erzählten Thatsachen in der Wahrheit begründet zu sehen. Jeder wollte das furchtbare Messer mit eigenen Augen schauen; denn die wunderbaren Weissagungen waren vollkommen in ihrer Art. Man bat mich, die Geschichte von dem Messer zu erzählen; aber es war hier nichts zu erzählen, denn die Sachen verhielten sich so, wie sie der Nachtwandler vorgebracht hatte. Ich fügte nur noch hinzu, daß dieses unglückselige Werkzeug mir vor zwei Jahren von einem meiner innigsten Freunde in Copen^ Hagen gegeben wurde als ein Curiosum, welches eine so große Rolle in dem blutigen Drama gespielt hat. Der Schauplatz der Mordthaten war wirklich Norwegen, wie der Nachtwandler gesagt hat, im Anfange dieses Jahrhunderts. Geistesgegenwart — Vou dem Mechaniker Mal-zel erzählt man einen Zug von Geistesgegenwart, der ihn im October v. I. vor Plünderung rettete. Er besitzt nämlich einen mechanischen Trompeter in Cürassier-Umform. Die-ser bläs't alle Cavallerie-Fanfaren, wie ein lebender Trompeter. Als die Plünderer über die Stiege zu seiner Wohnung heraufstürmten, schob er den Trompeter an's offene Fenster, zog die Maschine auf, und wie die Truppe in's Zimmer drang, drückte er an der Vorrichtung und der Trompeter blies zur Attaque. Die Eindringenden meinten, der Trompeter rufe seine Cameraden zu Hilfe und jagten mir solcher Hast davon, daß sie gewiß die besten Reiter nicht hatten einholen können. Papierkorb des Amüsanten. Ein Ttaats-Examen. Lehrer: »Sage mir, Peter Ochs, was nennt man absolut?" Schüler: »MeinenVa-ter." L. »Nun ja, ich weiß wohl, das; dein Vater ein Gutgesinnter ist, aber du mußt mir eine Definition des Begriffes geben. Entwickle diesen Begriff z. B. aus seinem Gegensatze. Was ist der Gegensatz von — S ch. Der Gegensatz von meinem Vater ist meine Mutter!" L. »Also ist deine Mutter republikanisch?^ Sch. „Und ob? Sie schickt uns ,a auch zweimal des Tags Rüben stehlen." L. »Etwa gar auf mein Feld?" Sch. »Ach nein, auf das Feld des Hrn. Pfarrers." L. »Darum, lieber Peter, wirst du dich nur irren. Auch deine Mutter scheint gutgesinnt zu seyn." Bureau-Scene: Pracrikant Dünnbein: „Erlauben Herr Rechnungsrath, daß ich mich wegen dieses Actenstückes erkundige!" Nechnungsrath (schweigt). Pracr. „Erlauben Hr. Nechnungsrath —" Nechnunas r. (schweigt). Pract. »Hr. Nechnungsrath erlauben^—"^ Rechnungsr. »Ich habe jetzt keine Zeit. Wenden Sie sich an den Herrn Officialen." Pracr. »Der Herr Official schleicht sich gerade fort, Herr Rechnungsiach." Rechnungsr. „So? Ist denn nichts zum Arbeiten da? Wenn Alles fortgeht, oder gar dasteht, die Hände auf den Rücken legt und schaut, da werden wir nicht weit kommen!" Pract. »Erlauben also, Hr. Nechnungsrath, daß ich —" Rechnungsr. »Ich habe jetzt keine Zeit, kommen sie ein ander Mal. »Pract. »Wie, Hr. Rech-nungsrath befehlen."^ Rechnungsr. (allein) »Der Ziegel-decker da d'rüben auf dem Dache stürzt gewiß noch heute herunter, denn eine solche Verwegenheit ist mir noch gar nie vorgekommen." Verleger: IgnazAloisKleinmayr.