68010 Text von J. Weyl. Wai}tx mnt Aljami Stranlj, k. k. Hofball-Musikdireetor. Op. 342. -%-iS-L- Introduction. Es .griff uns hiibsch tief in die Tasche, Die Stadterweiterungs-Commission, Dnd wie ein Ph6nix aus der Asche Entstand Neu-VVien fur uns zum Lohn, Dass wir dariiber harmlos scherzen Wird uns gewiss sehr gern verzieh’n, Man weiss, es geht uns nicht vom Herzen, Denn jeder Wiener liebt sein Wien. 1. Walzer. Mein liebes Wien. du alte Stadt. Die man so schon jetzt aufgeputzt hat, Neu verjiingt, und hiibsch kokett, Bist du jetzt wie ein Dockerl so nett! Du hast uns wuhl viel Geld gekost, Doch nur Papier, das war unser Trost. Wegg’sprengt habii wir die Bastei Und noch so mancherlei, Der Himmel stand uns gnadig bei, Wir sind jetzt endlich frei. Es tiinte der ersehnte edle Wahlspruch: Es werde Licht. Ja! hell im rosigen Schein Lacht die Sonne herein Und ihr Strahi zeigt uns klar. Vieles, was lange sehr dunkel uns war. Und in kiirzester Zeit.' Wurden wir hiibsch g'scheidt. Unsere Meisfrin. die Noth, Hat eine rasche Method’. Die Zeit ist um, d’rum fort zur Frist, Was Eule heisst und Fledermaus ist. Wien ist von Ruinen leer, Hier gibt’s fur euch zum Nisten nichts mehr, Wir haben schon zu lang gepflegt Manch boses Ei. Das ihr uns gelegt. Jetzt strahlt heli der Sonne Glut DTum keimt uns frischer Muth, Nur fort mit dir, der bosen Brut, Dann wird noch Alles gut. 2. Walzer. Streng parlamentarisch muss Alles jetzt sein, Gross oder Klein, Jeder redt d’rein, Seitdem Dualismus wir eingefiihrt nun hab'n Herrschen die Ungarn und zahl’n thun die Schwab’n. VVer sicli auf der Bors hat verdient a Million, Wird gleich Baron. Moses zum Holm, Am Ring steh’n die Burgen der Ritter schon dicht, Adelsdiplom ist der Coursbericht. Muss das nicht d' Aristokraten pikiren? O nein, die spekuliren Selbst schon mit Werthpapieren. Dreh'n sich die Ahnen im Grab denn nicht um? ’s jetzige Ritterthum fragt da den Kukuk dTum, Wann sein Herr Urahn auch. Da liegt auf’n Bauch. Nicht wahr. die Tram\vay florirt tiiglich mehr? Ja, doch die Actionar, die lamentiren sehr. ’s ist ja nicht moglich bei solchem Verkehr! D' Rosser gehn hin und her, D' Wagen sind selten leer, Aber wer Tramway kauft, D' Haar sich ausrauft, Und kaum steht ein Haus neu erbaut auf’n Fleck, Sein schon fiinf Stock im Augenblick \veg, Man hat’s fur zwolf Kaufleut aus Lemberg ’ aufg’hob’n, Und ein Fotograf wohnt aufn Dachboden ob’n. 3. Walzer. Und in Neu-Wien das schon’re Geschlecht, Na das beniitzt die Freiheit erst recht, Ob Jung, ob alt ein Fraulein jetzt sei, Ist ganz einerlei, ftihlt jede sich frei, Es sieht schon, wer Toilette studirt, Das Damen emanzipirt! Von falscher Scham ist gar keine Špur, Man kauft sich beim Fortmiiller d’ Frisur, Je theurer der Chignon kommt zu steh’n, Je mehr kaufen’s den, und finden ihn schon, ’s fallt keiner ein darnach zu fragen, Wer friiher ihr Haar hat tragen. Wann kohlschwarz Kine war Duroh volle zwanzig Jahr, Fallt’s ihr auf einmal ein ’s ist schon Blondin’ zu sein, 's trifft schon ara niichsten Tag Ihr’n Freund beinah der Schlag. Als dann der arme Tropf Erblickt ihr’n holden Kopf Mit zinnoberrothem Schopf. Was das Kostum betrifft, wird Ein’m bang Heut trag’ns ein’ Schlepp gleich zehn Ellen lang Und morgen gehn’s. wieder kurz g’schiirzt umher, Als ob unser Wien Neu-Peking schon wiir, Und Maschen, wie ein Miihlstein so gross, Trag’ns riickwarts, das steht famos! 4. Walzer. Es geht in Neu-Wien schon kein Mensch mehr zu Fuss Und wann er ruuss, macht's ihm Verdruss. Die Bettler sogar sind jetzt auch schon so g’scheidt, Fahr’n jetzt. wann’s betteln, und so spar'ns viel Zeit. Die Krautlerin winkt gleich an Omnibus her, Der Kondukteur, die Butten schvver, Schupft sie gemiithlich hinauf auf das Dach Hilft der Frau Nani beim Einsteig’n hint’ nach. Es ersehien in Neu-Wien rasch der Zeitgeist mit’n Hobel. Wo man hinsehaut, ist’s nobel. Selbst das Volk tagt beim Zobel Und uns fehlt Auf der Welt Gar nichts mehr als viel Gaste, Die uns bringen das Beste, Was fehlt. Namlich Geld. Ja, viel Geld bring’ uns her. Wer als Gast gibt uns d’ Ehr. Denn uns ist’s nicht Chimare, Wir erbau’n ihm Altare, j Denn Geld hab’n wir keins, Gott sei Dank Bank an Bank Sich in Wien etabliren. Wo das Geld wir verlieren, Aber krieg’n thun wir kein’s. So sind wir Neu-Wiener Und bleib’n, will’s Gott so, Ali’ weil froh Hundert Jahr no.' Und wann' uns auch Vieles jetzt anders ersehien, ’s gibt nur a Kaiserstadt. ’s gibt nur a Wien! Verlag der Musik-Capelle des 79. Infant.-Regiments. Druck von K. Eger in Laibach.