Sontiochelys ein neuer Typus von Lurchsehildkröten ( Pie urod ira) aus der Fisehsehieferzone der unteren Karstkreide des Monte Santo bei Görz. Von G. Stäche. (Separat-Abdruck aus denVerhandhiHf/en der k. k. geolog. Reiclimnxtalt, Um, Nr, 13.) Wien, 1905. m Selbstverläge des Autors, Gesellschafts-Buehdruckerei Brüder Holliuek III. Erergsr.ra,Be S. Hepar at-Abdruck aus den Verhandlungen der k. k. yeoloc/. Reichsanstalt, 1905, Nr. 13.) G. Stäche. Sontiochelys, ein neuer Typus von Lureh-schildkröten {PI euro dira) aus der Fischs chief erzo n e der unteren Kar st kreide des Monte Santo bei Görz. Die im Interesse der Herstellung der geologischen Spezialkarten-blätter Görz und Triest im Maßstabe 1:75.000 auch im Frühjahre dieses Jahres fortgesetzten Studien waren vorzugsweise der Aufsuchung von neuen paläontologischen Anhaltspunkten für die Feststellung einer kartographisch durchführbaren stratigraphisclien Gliederung der Karstkreide gewidmet. Einige günstige Resultate hat dabei sowohl die Untersuchung einer Reihe von älteren und neuen Steinbrüchen als auch die speziellere Einsichtnahme in das noch nicht zur Veröffentlichung gelangte paläontologische Material des Landesmuseums in Görz geliefert. Aus dem Charakter der Fisciifaunen allein ließ sich das speziellere Altersniveau der Plattenkalkzonen, aus denen guterhaltene oder wenigstens bestimmbare Fischreste der kretazischen Schichtenreihe des Küstenlandes und Dalmatiens von Spezialforschern untersucht, beschrieben und abgebildet worden sind, nur annäherungsweise bestimmen. Dies ist aus dem Vergleiche der Resultate zu entnehmen, zu welchen Fr. Bas s ani (1883) und C. Kr amb erger-Gorjan o vie (1895) in ihren die Fischfaunen der Karstkreide des Küstenlandes und Dalmatiens behandelnden Spezialarbeiten gelangt sind. Im wesentlichen hält sich die Altersbestimmung der Fischfaunen der Hauptfundregionen (Komen und Mrzlek am Monte Santo im Görzer Küstenland und Lesina in Dalmatien) innerhalb der Altersstufen, welche ich bereits im Jahre 1859 nach dem ersten Besuche des Gebietes von Komen alternativ als wahrscheinliche Grenzen nach oben und unten annehmen zu können glaubte. K. k. geol. Keichsanstalt. 1905. Nr. 13. Verhandlungen. 42 286 Verhandlungen. [2] Hermann y. Meyer1) beginnt seine Studie über „Acteosaurus Totnmasinü aus dem schwarzen Kreideschiefer von Komen am Karste" mit einer meine Ansicht über das Alter dieser Schichten betreffenden Bemerkung. Es geht daraus hervor, daß ich für die bei Komen entwickelte Schichtenreihe die Zugehörigkeit zur untersten Turonstufe oder die Einbeziehung in die obere Neokomstufe in Betracht genommen hatte. Über diese Unsicherheit war ich auch im Jahre 18892) noch nicht ganz hinweggekommen, da ich zu jener Zeit einerseits zwar durch die Ergebnisse der Arbeiten B a ss an i's3) in der Ansicht bestärkt worden war, daß das Niveau der fischführenden Schichten von Komen (Piano di Cornea) eher der obersten Stufe der unteren Kreide (dem Aptien) gleichzustellen sei als einer jüngeren Stufe, anderseits aber einige Beobachtungen eine nähere Verbindung derselben mit einer höheren dem Cenomanien entsprechenden Schichtengruppe erkennen ließen. Der Parallelstellung mit dem Cenoman hat nun Kramb erg er-Gorj anovic*) den Vorzug eingeräumt sowohl für die die Fischfauna von Komen und Mrzlek beherbergenden Schichten als auch für die hellen Plattenkalke mit der Fischfauna von Lesina. Überdies weicht derselbe auch in bezug auf die Stellung der Fischfaunen des Libanon von der von Bas s ani vertretenen Ansicht ganz wesentlich ab. Um einer Entscheidung in der Frage der genaueren Alters-horizontierung der Fischschiefer aller innerhalb der küstenländischen Karstkreide bisher bekannt gewordenen Fundorte näher zu kommen, habe ich nun auch der Aufsuchung von Begleitfossilien der verschiedenen lokalen Fischfaunen Zeit und Aufmerksamkeit in erhöhtem Grade zugewendet. Zunächst sollen hier nur jene in dieser Richtung erzielten Resultate Erwähuung finden, welche sich auf die Hauptfundorte des Monte Santo- Gebietes bei Görz beziehen. Interessante und für die Altersfrage benutzbare Funde wurden von mir sowohl in dem noch nicht bearbeiteten Material des Landesmuseums von Görz konstatiert als auch bei Gelegenheit des Besuches der älteren, nicht mehr im Betriebe befindlichen sowie der in neuerer Zeit eröffneten Steinbrüche im Komplex der schwarzen Plattenkalke des Monte Santo gewonnen. Abgesehen von einigen neuen Fischformen (vorwiegend Clupeiden), ist das Vorkommen von Reptilienresten und unter diesen besonders die Vertretung der Testudinata, — die Repräsentation der Crustacea durch eine zu den Decapocla Macrura gehörende Form, das Vorkommen von zumeist der Gattung Nerinea angehörenden G as tropo den sowie das vereinzelte Auftreten von Landpflanzen (Palaeocy-paris sp.) von Bedeutung. ') Palaeontographica, Bd. VII (Kassel 1859—1861). — Paläontographische Studien, 4. Lieferung, I860, pag. 223. 2) Die liburnische Stufe und ihre Grenzhorizonte, Abt. I, pag. 41. 3) Descrizione di Pisci fossili di Lesina etc. Denkschr. d. kais. AUad. d. Wiss. Wien 1882, Bd. XLV, pag. 88 [288]. 4) De piscìbus fossilibus Comeni, Mrzleci, Lesinae et M. Libanonis. 1895, pag. 55. [3] Bericht vom 30. September. G. Stäche. 287 Unter diesen Resten nimmt der knöcherne Rückenpanzer der neuen Schildkröte wegen seines fast vollständigen und guten Erhaltungszustandes und seines Baues besonderes Interesse in Anspruch und soll noch Gegenstand einer ausführlicheren Beschreibung werden; Hier jedoch werde ich mich darauf beschränken, eine die Neuheit der Gattung und deren Zugehörigkeit zur Unterordnung der Pleurodira erweisende vorläufige Anzeige zu veröffentlichen. Der von mir aus einer im Görzer Museum seit dem Jahre 1986 verwahrten Platte des schwarzen Kalkes der unteren Karstkreide herauspräparierte Rückenpanzer war ursprünglich nur in dem mittleren Abschnitte des Discus abwärts vom Nuchale freigelegt und es traten die in der Neuralzone aneinandergrenzenden Costalplattenpaare 2 bis 5 bereits hinreichend deutlich hervor. Die oberen und unteren Partien der Scheibe sowie die Umrandungszone waren nicht sichtbar. Immerhin ließen sich bereits als besondere Merkmale, — das Fehlen von Neural-platten, das Vorhandensein einer Mittelfurche und die schwache Wölbung des Panzers erkennen. Die den größeren Teil des Carapax verhüllende Gesteinskruste erwies sich gegen die Marginatone zu als stärker und minder leicht ablösbar. Während der zahlreichen Regentage der diesjährigen Frühlingszeit konnte die etwas mühsame präparative Vorarbeit jedoch mit gutem Frfolge durchgeführt werden. Der Gattungsname für die durch diesen nahezu vollständigen Rückenpanzer ausreichend charakterisierte Lurchschildkröte der unteren Karstkreide wurde mit Verwendung der alten lateinischen Bezeichnung des Isonzo „Sontius" gebildet, in dessen Nähe die Hauptfundstätte der von K ramberge r beschriebenen Fische des Mrzlek-gebietes mit den alten Steinbrüchen gelegen ist. Aus diesen stammen die meisten obenerwähnten neuen Funde (Reste von Reptilien, Krusta-zeen und Gastropoden) sowie auch die Platte mit dem Rückenpanzer der neuen Gattung Sontiochelys. Der als Palaeocyparis bestimmte kleine Pflanzenrest stammt jedoch aus einem der neueren Steinbrüche der Südostgehänge des Monte Santo, wo ihn im Vorjahre Prof. F. S ei dl entdeckte und mir freundlichst zur Verfügung stellte. Die nebenstehende Linearskizze des Carapax im Umrisse der Gesamtform und der einzelnen fast durchaus deutlich voneinander abgegrenzten Teile in Verbindung mit der namentlichen Anführung derselben nach der 1895 von Zittel angenommenen und der neueren Nomenklatur dürfte für die vorläufige Charakterisierung und Begründung der neuen Gattung ausreichen. Eine genaue Beschreibung und Abbildung dieses Hauptstückes neuartiger Funde aus der nördlichen Fischschieferzone des Küstenlandes steht in Vorbereitung. Haut-Ossifikationen oder Knochenplaiten. 1. Neuralia: Neural- oder Vertebralplatten fehlen vollständig, abgesehen von der mit Scd bezeichneten medianen Supra-kaudalplatte, welche als Postneuralplatte dem ganzen Knocheiistücke 42* 288 Verhandlungen. [4] entspricht, das bei mit Neuralplatten ausgestatteten Formen zwischen dem letzten regelmäßigen Neurale und dem Rande eingeschaltet liegt. An Stelle der die recht- und linkseitigen Costalplatten trennenden Neuralplatten tritt hier(JV-jV) nur eine Neuralnahtlinie, welche stärkere winklige Biegungen an den Verbindungspunkten mit den Costalnaht- Sontiochelys hot." g'enus. Skizze desJRückenschildes (Carapax) linear '/2 der natürlichen Größe. Allgemeine Korm des Umrisses breit herzförmig. Hauptdurchmesser oder Länge 214 mm. — Querdurchmesser oder größte Breite 182 mm, die Linie des Längsdurchmessers etwa 18—20 mm oberhalb der unteren Hälfte des Schiides kreuzend. Wölbung sehr flach, in der Mitte durch seichte Längsfurche unterbrochen. linien zeigt. Die Neuralnaht verläuft in einer seicliten (etwa lü—14 mm) breiten Neuralfurche und liegt zwischen den Höhenlinien der mittleren Wölbungszone des Knochenpanzers etwa 2—3 mm vertieft. Zu beiden Seiten der Neuralnaht ist auf der Skizze die beiläufige Begrenzung der neuralen Furchenzone durch eine schwächere Linie angedeutet. [5] Bericht vom 30. September. G. Stäche. 289 2. Pleuralia: Ct bis C8, die Costal- oder Rippenplatten zeigen in Ausbuchtungen auf die distalen Rippen abflachend übergreifende und mit diesen eng verwachsene Seitenränder. Ihre Form im Umrisse sowie ihre Ab- und Zunahme nach Höhe und Breite ist in der Skizze jederseits ziemlich genau wiedergegeben. /?! bis K7, die vorstehenden, mit ihren verjüngten Enden unter die entsprechenden Randplatten auslaufenden Rippenfortsätze sind verhältnismäßig breit und plattgedrückt bei ihrem Hervortreten unter den Costalplatten. In den Zwischenräumen zwischen den Rippenenden und den entsprechenden randlichen Abschnitten des Diskus und der Marginatone, die in der Skizze mit Kreuzschraffierung markiert erscheinen, ist nur Gesteinsmasse zu beobachten. Das Rückenschild des einzigen, aber zur Begründung der Gattung Sontiochelys mit hinreichenden Merkmalen ausgestatteten Exemplars bildet demnach keinen vollkommen geschlossenen Panzer. Das dem Costalplattenpaar (C8) entsprechende Rippenendenpaar (8) kommt nicht zum Vorschein, weil die Platten CH schon im mittleren Dritteil ihrer Seitenränder unmittelbar an die Randplatten Mw stoßen und davon nur durch eine Nahtlinie getrennt erscheinen. 3. Periph er alia: Unter den Umrandungsplatten ist Nu, die große Nuchal-oder Nackenplatte oben in der Mitte mit breiter seichter Einbuchtung versehen, nach unten gegen den Anfang der Neuralnaht kurz zugespitzt. MY bis Mw. die paarigen Marginal- oder Randplatten. Das Paar M-y ist merklich größer (breiter) als die jY-Plattenpaare 2—7, während 8, 9 und 10 wieder an Breite zunehmen. Das Plattenpaar 10 grenzt unmittelbar an CR, Scd und Py und erscheint nur durch schwache Nahtlinien davon abgesondert. PII, das P y gal e oder die Marginalschlußplatte ist ziemlich groß und war anscheinend abgerundet zugespitzt. Das durch Punktierung angedeutete kleine Endstück ist abgebrochen. Außer dem kleinen Schlußfragment des Pygale fehlt auch das über die Abbruchlinie der ganzen Gesteinsplatte reichende mittlere Segment der linkseitigen Marginatone sowie die rechtseitige Marginal-platte M2. Auf dieses Segment des Randes reichte der untere Teil der vierten, die ganze fünfte und sechste sowie der größere obere Teil der siebenten Platte. Die unten am Rande des Schildes jederseits zwischen der Marginalplatte 10 und der Pygalplatte herausragenden Knochenreste (x—x) dürften eher als Bruchstücke der Femura zu betrachten sein, als Tibiareste repräsentieren. Von anderen Teilen des inneren Knochengerüstes sowie auch von Schädelknochen konnten irgendwelche Reste oder Abdruckspuren bisher nicht nachgewiesen werden. Auf der Oberfläche des Carapax erhalten gebliebene Abdrücke der Hautschilder oder Scuta. I% bis 1%, die 5 sechsseitigen Vertebralscuta, sowie die entsprechenden (8) ungleichseitigen Lateralscuta Lst bis Ls4 auf jeder Seite des Mittelschildes haben die Umrißfornien ihrer Innenseite 290 Verhandlungen. [6] durch zarte, aber ziemlich deutlich erkennbare Furchlinien auf den Costalplattenflächen eingezeichnet hinterlassen. Diese Form der Erhaltung von Scutalgrenzlinien auf guterhaltenen fossilen Knochenpanzerresten ist nicht selten, während Reste des lederartigen oder verhornten Hautüberzuges des Carapax oder des Schildpatts selbst meist ganz zerstört wurden, fast nie erhalten geblieben sind und auch hier fehlen. Auch Spuren von Grenzlinien der kleinen Marginalscuta samt Cervicale und Caudale sind auf dem peripherischen Plattenringe dieses Carapax von Sontiochelys nicht sicher nachweisbar. Von besonderem Interesse und wahrscheinlich von größerer Wichtigkeit als systematisches Merkmal sind die in der Skizze kaum angedeuteten, nur unvollständig wiedergegebenen parallelen feinen Zierlinien, die sich auf der Oberfläche des Carapax zu beiden Seiten der Costalplattengrenzlinien sowie auch auf der unteren Zuspitzung der Nuchalplatte erhalten haben. Vom Bauchpanzer (Plastron) ist innerhalb der diesen Rückenpanzer beherbergenden Gesteinsplatte keinerlei Spur vorhanden. Unter den von mir im Steinbruche von Mrzlek gemachten neuen Funden befindet sich jedoch ein Rest, welcher sich wahrscheinlich als Abteil eines Schildkrötenplastrons wird erweisen lassen. Es dürfte jedoch kaum möglich sein, irgendwelche nähere Beziehungen dieses Restes zu dem wohlerhaltenen Rückenpanzer von Sontiochelys ausfindig zu machen. Die Fischfauna sowie die Gastropoden des Plattenkalkkomplexes am SW- und SO-Gehänge des Monte Santo zeigen den marinen Charakter der ganzen Ablagerung an. Durch die Reptilienreste sowie durch den eingeschwemmten kleinen Rest, von Palaeocyparis wird jedoch zugleich ein Hinweis auf die Nähe einer Strandzone mit Flußmündung geliefert. Um sich ein Bild der Verteilung von Land und Meer während der älteren Kreideperiede im oberen Isonzogebiete machen zu können, ist damit nur eine erste Andeutung gegeben. Es dürfte schwer halten, schon in kurzer Zeit ausreichend zahlreiche Beobachtungen und Funde zu machen, um die Strandlinie einer altkretazischen Isonzobucht in einigermaßen annehmbarer Form festzulegen. In Hinsicht auf solche fossile und lebende Schildkrötentypen, welche in irgend einer Richturg mit der neuen Gattung in Beziehung gebracht werden könnten, mögen vorläufig die folgenden Bemerkungen genügen. Aus der Unterordnung der Crijptodira läßt die der Familie „Thalassemydidae" Rütimeyer (in Zittels Grundzügen, pag. 680) unterstellte Gattung Idiochelys II. v. Meyer immerhin gewisse analoge Merkmale erkennen. Die Neuralplatten sind nur unvollkommen und in geringerer Zahl ausgebildet, also scheinbar verkümmert oder in noch zurück gebliebenen Entwicklungsstadien, und zwar auffallender noch bei Idiochelys Waynerorum H. v. Meyer als bei Idiochelys Fitzinyeri II. v. [7] Bericht vom 30. September. G. Stäche. 29 Ï Meyer. (Zur Fauna der Vorwelt. Frankfurt a. M. 1856, Schildkröten, pag. 121—142, Taf. XVII 2—XIX.) Bei der Abbildung von Idioclielys Wagmronim (li e. Taf. XVIII, Fig. 1) fehlen die Neuralplatten 4—8. Auch bei den in Rütimeyers Abhandlung „Die fossilen Schildkröten von Solothurn und der übrigen Juraformation" (Neue Denkschriften etc., Zürich 1.873) mit Idioclielys Fitzin.geri II. v. M. vereinigten Exemplaren von Chelonemys plana Jourdan und Chelonemys ovata Jourdan (Taf. XV) ist die Ausbildung der Neuralplatten unregelmäßig und unvollständig. Wie sich in dieser Beziehung etwa die bei Zittel (1. c. pag. 683) unter den Pleurodira aufgeführte älteste fossile Schildkröte Psammo-clielys Querist. (Proganoclielys Baitr) ein Ausguß des Rückenpanzers aus dem Keupersandsteine von Württemberg verhalten hat, festzustellen, dürfte auch in dem Falle von Interesse sein, als sich herausstellen sollte, daß das Fehlen von Neuralplatten ganz allgemein nur als ein jugendliches Entwicklungsstadium, nicht aber fallweise auch als ein Gruppen- oder Gattungsmerkmal aufgefaßt werden dürfe. Diesbezüglich werden Si e ben rock s neuere und für die Publikation in Vorbereitung befindliche Forschungsergebnisse auch für die Beurteilung fossiler Formen große Bedeutung gewinnen und. ich hoffe, denselben bei der in Aussicht genommenen ausführlichen Bearbeitung der neuen Gattung Sontiöchelys bereits eingehender Rechnung tragen zu können. Es wird mir dies durch den persönlichen Verkehr mit diesem ausgezeichneten Spezialforscher, dem ich die Anregung zur Beschäftigung auch mit dieser Frage verdanke, sowie durch das Studium der bezüglichen Sammlung des kais. naturhistorischen Hofmuseums wesentlich erleichtert werden. Immerhin möchte ich schon vorläufig die Ansicht aussprechen, daß der Nachweis des Mangels von Neuralplatten bei Jugendstadien von im Alter zu vollkommener Ausbildung der Neuralia gelangenden lebenden Formen die Möglichkeit nicht ausschließt, daß unter den lebenden Pleurodiren auch solche Typen vorkommen, welche aus dem jugendlichen Entwickluiigsstadium nicht herauskommen und Merkmale desselben auch im Alter beibehalten. In diesem Falle würde der Mangel an Neuralplatten ein Gruppen- oder Gattungsmerkmal geworden sein und könnte auch bei fossilen Formen unter besonderen Gesichtspunkten als ein solches aufgefaßt werden. Die Beziehungen zu erörtern, welche sich zwischen fossilen Vertretern der Pleurodira der Jura- und Kreideformation Europas zur Gattung Sontiöchelys etwa dürften ausfindig machen lassen, muß der in nähere Aussicht genommenen Spezialbeschreibung dieser neuen Gattung in gleicher Weise vorbehalten bleiben, wie der Nachweis solcher Merkmale, welchen der neuartige kretazische Typus, abgesehen von dem gänzlichen Fehlen der Neuralplatten etwa mit einigen durch den gleichen Mangel charakterisierten Typen der südlichen Hemisphäre noch überdies gemeinsam hat. Es hat vorläufig den Anschein, als ob das Aufsuchen von Merkmalen, welche auf verwandtschaftliche Beziehungen hindeuten, bei den lebenden australischen Gattungen Chelodina Fitzinger, Emydura Bonaparte, Elseya Gray sowie bei der in Südamerika (Brasilien) heimischen 292 Verhandlungen. [8] Gattung Platemys Wagler, speziell bei der schon 1892 beschriebenen Platemys platycephala Sehneider mehr Aussicht auf Erfolg haben wird, als der Vergleich mit jenen fossilen Formen des Jura in Europa, welche zugleich Merkmale der Gryptodira und Pleurodira zeigen und von Lydekker den Namen Amphiehelydia erhalten haben. Ebenso werden die Beziehungen von Sontiochelys zu den von C. A. Andrews1) 1901 und 1903 bekannt gemachten Pleurodiren aus den Ablagerungen des ägyptischen Eocän Stereogenys libyca und Ore-meri sowie zu der in A. v. Re in ach s Arbeit2) „Schildkröten-reste des ägyptischen Tertiär", pag. 40, besonders wegen ihrer außerordentlichen Flachheit mit Stereogenys Oromeri Andr. verglichenen Spezies Stereog. podocnemoicles in Betracht genommen werden. Ohne Zweifel ist der Rückenpanzer meiner Sontiochelys cretacea als einer der besterhaltenen und bemerkenswertesten unter den bisher bekannt gewordenen fossilen Resten aus der Gruppe der Pleurodira geeignet, sowohl bei den zoologischen Spezialforschern als auch unter den Paläontologen Beachtung zu finden. Für den Geologen hat die Auffindung neuer Typen in bestimmten Horizonten der stratigraphischen Stufenreihe eines Studiengebietes erhöhtes Interesse, wenn die nächstverwandten Vergleichsobjekte innerhalb der Faunen oder Floren der Jetztzeit sehr entfernten geographischen Verbreitungsgebieten angehören und für diesselben charakteristisch sind Unser Küstenland hat nun in Sontiochelys cretacea nicht nur eine neue Beziehung seiner fossilen Faunen zu der Fauna der südlichen Hemisphäre überhaupt, gefunden, sondern es läßt sich faunistisch auch überdies durch zur Neuralplattenbildung gleichfalls noch nicht vorgeschrittene Pleurodieernformen mit Südamerika und Australien in Verbindung bringen. In der unteren Karstkreide ist es eine Lurch-schildkröte, in der obersten Karstkreide eine Rhizopodenform (Bradya tergestina)3), deren Ähnlichkeit mit einem eigenartigen und seltenen Typus aus der Tierwelt der südlichen Hemisphäre zu wichtigen aber noch schwer lösbaren Fragen anregt. Das Landesmuseum in Görz besitzt außer den von Kramberger beschriebenen Exemplaren der Fischfauna und dem hier bekannt gemachten Rückenpanzer von Sontiochelys aus der unteren Kreide des Monte Santo auch von anderen Fundstellen noch eine größere Anzahl von Petrefacten, deren Untersuchung und Bestimmung in den Erläuterungen zu dem Blatte Görz der geologischen Spezialkarte besondere Erwähnung finden wird. Ich benütze jedoch schon jetzt die dargebotene Gelegenheit, um dem geehrten Gustos dieses Museums, Herrn J. M atte uz für das mir stetig erwiesene Entgegenkommen meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. ') Geological Magazine 1901 und Annales and Magazine 1903. -) Senckenbergische Gesellschaft. 29. Bd., Heft 1, 17 Taf., S. 1 —60. Frankfurt a. M. 1903. 3) Siehe Verhandl. 1905, Nr. 5.