4 April 1931 XXXIV. Zahrgang. 6d)rittleitung: HMssionsfeminar St. Josef, eiltvangen, Württemberg. Verwaltung: ?Dlffion»baue ©rax, paulustorgafse 10. Österreich. Inhalt: Eine andere Herde 49. — Die Morgenröte des Christentums in Südafrika 51. — Das Gold-huhn 54 — Der ehrwürdige Diener Gottes Daniel Bomboni 56. — Unheimliche Brut 58. — Der Sohn des Freimaurers 59. — Abbildungen: Konvent- schule und Kirche in Lydcnburg 51. — Im Hinterhalt 53. — Auf der Goldmine in Noordkaap 56. — Ruhepause der Minenarbeiter 57. — Beim Zauberer 59. •— Das Zerreiben des Getreides 61. — Die Herrin des Hoses 63. Gebetserhörungen und -empfehlungen. Tausend Dank der kleinen hl. Theresia und den Armen Seelen für baldige Hilfe in einem schweren Kopflciden ,^tfiPto3wÄi«KS? £SS3JT«3!Si^Si£!?tDE^ von Srixen, Lrünn, <3raz, Leitmerit?, Lin), Olmütz, TDarburg, Crient, Driest und Wien und Druckerlaubnis des ©eneralobern. Left 4. April 1931. XXXIV. Jahrgang. Eine andere Herde. Die Sonne neigte sich zum Untergang. Eine Fülle von Schimmer und Farbe, Licht und Leben lag über den Himmelsraum ausgebreitet. Der goldene Glanz des versinkenden Feuerballs legte sich verklärend über die abendstille Natur. Purpurrote und violette Strahlen übergössen das friedliche Tal, wo am Ufer eines blinkenden Baches eine Schafherde ruhig dahingraste. Am Fuße eines Weidenbaumes, dessen Zweige in die glutenden Wellen niederhingen, saß der Hirtenknabe, ein Buch auf den Knien, worin er halblaut las. Peter, so hieß der Junge, erhielt seit Wochen Lateinunterricht im Pfarrhause. Ein süßes Licht erfüllte seine Seele, seitdem ihm der würdige Ortspfarrer gesagt hatte: „Peter, du könntest Priester werden, und ein guter Priester; willst du das? Jcki werde dir Unterricht geben." Mit opferfreudigstem Eifer hatte Peter das Studium begonnen. Seine Fortschritte in der Grammatik setzten den Herrn Pfarrer in Verwunderung. Noch niemals hatte er einen fleißigeren Schüler auf den Eintritt in das Gymnasium vorbereitet. Die Sonne war bereits hinter der westlichen Hügelkette verschwunden, und die Schatten der Dämmerung legten sich über die Flur. Peter merkte es kaum. Da hörte er seinen Namen rufen. Jenseits des Baches stand -in Mann, der ihm winkte und zu- rief: „Du sollst rasch nach Hause kommen, denn der liebe Gott hat dir ein kleines Schwesterchen geschickt." . . . Eiligst trieb der Knabe seine Herde zusammmen und kehrte heim. War das eine Überraschung, als er das neu angekommene Schwesterchen erblickte; ähnelte sie doch ganz einem der kleinen Engel, die auf dem Altargemälde der Pfarrkirche die Himmelskönigin umschweben. Eine emsige Tätigkeit entfaltete sich rings um die Wiege; denn man hatte beschlossen, sie noch am gleichen Abend zur Taufe zu tragen. „Innerhalb von 24 Stunden muß das Kind getauft werden", sagte die alte Großmutter mit feierlicher Miene. „Dadurch erlöst man, wie meine Mutter uns belehrte, eine arme Seele aus dem Fegefeuer." Die Verwandten stimmten zu, und bald war man zum Kirchgang bereit. Die geheimnisvollen und sinnreichen Taüfzeremonien stimmten Peter nachdenklich. Hatte er doch im Religionsunterricht gehört, daß es Millionen Kinder gibt, die nicht das Glück haben, die heilige Taufe zu empfangen, weil ihre Eltern Heiden sind. Seine Einbildungskraft ließ ihn Scharen solcher Kinder sehen, weit fort in fernen Landen, wo keine Kirche sich erhebt und kein Priester wohnt. Das traurige Los der Heidenkinder griff ihm ans Herz. Wie wäre es doch schön, wenn man sie taufen könnte, Stern der Neger 50 Heft 4 wenn auch sie Kinder Gottes und der katholischen Kirche würden! Und nicht nur die Kleinen, sondern auch deren Eltern! Immer tiefer grub sich der geweckte Geist des Jungen in diesen Gedanken. Der Pfarrer tauft zwei- oder dreimal im Monat ein Kind. Der Missionär tauft auch Erwachsene. Er tauft an den hohen Festen eine ganze Anzahl Kinder und große Leute. Noch neulich hatte er davon gelesen in den Missions-Heften und die Bilder von dem großen Tauffest gesehen . . . Diese Vorstellungen verfolgten den Hirtenknaben in den folgenden Tagen. Es drängte ihn, dem Pfarrer sein Herz zu eröffnen. Nach einer gut verlaufenen Lateinstunde rückte er zaghaft und beklommen mit seinem Anliegen heraus. Der liebe Pfarr-herr, der ihm soeben noch ein kleines Lob Mr seine fehlerfreie Aufgabe gespendet hatte, war sichtlich überrascht; denn sowohl ihm wie Peters Eltern stand ein ganz anderes Zukunftsbild vor Augen. „Was dir nicht einfällt", unterbrach er den Knaben. „Wie stellst du dir das Leben in den Heidenländern nur vor! Meinst du, die Heiden seien der Reihe nach aufgestellt, jung und alt, und da brauchte man nur hindurchzuschreiten und einen um den anderen zu taufen. Nein, mein Lieber, so ist das nicht. Der Missionär muß Abschied nehmen von Eltern und Elternhaus, von Geschwistern und Angehörigen, ohne zu wissen, ob er sie je wieder sieht. Er muß im fremden Lande eine andere Lebensweise führen, muß viele und schwere Opfer bringen und tausend Gefahren trotzen ... Du hast offenbar geträumt, als du die Missionskarten und die Bilder im ,Stern der Neger* betrachtet hast. Arbeit und Not, Krankheiten und Gefahren harren deiner und am Schlüsse erntest du noch Undank, Mißachtung und Verfolgung." Ruhig ließ Peter die lange Rede seines geistlichen Lehrers über sich ergehen und bemerkte dann mit kindlicher Offenheit: „Herr Pfarrer, ich habe alles verstanden, was Sie sagten. Dennoch möchte ich Missionär werden, dem Heilande und den Heidenseelen zuliebe." — Der Priester geriet in Staunen über eine so heldenhafte und hochherzige Gesinnung. Seine vorher ernsten Gesichtszüge wurden mild, fast weich. Und nach einer Weile stillen Nachsinnens sagte er mit bewegter Stimme und erhobenem Blicke: „Herr, du hast einen Fischer zum obersten Hirten der Kirche erwählt; du kannst auch einen Schäferknaben zum Apostolat unter den Heiden berufen." Wenn Peter in den folgenden Wochen seine Herde auf die Weide trieb, sah er sich in Gedanken oftmals schon als Hirte einer großen Schar Neubekehrter im dunklen Weltteil, von dem ihm der Pfarrer nun öfters an Hand von Karten und Büchern erzählte. Immer forschend, prüfend und beobachtend, ob Peters Entschluß noch derselbe sei. Nichts deutete auf eine Sinnesänderung des Knaben. Seine Andacht in der Kirche hatte sichtlich zugenommen, sein ganzes Betragen berechtigte zil den besten Hoffnungen. Die Zweifel und Bedenken der Eltern schwanden immer mehr. Sollten sie dem Jungen noch Hindernisse in den Weg legen, wenn Gott ihn zur Betreuung einer anderen Herde als der ihrigen bestimmt hatte? Wie könnten sie eine solche Handlungsweise verantworten! Meinte doch auch der Pfarrer: „Laßt ihn gehen! Alle An- zeichen sprechen für den Missionsberuf. Ich will an das Missionsseminar schreiben und ihn zur Aufnahme empfehlen. Ich hoffe, daß alles gut geht." Eine Woche später lagen der Brief des Seelsorgers und die Photographie Peters auf dem Schreibtisch des Rektors. Der Dreierausschuß, Rektor, Präfekt und Konsulent, faßte einstimmig den Beschluß, Peter in das Seminar aufzunehmen . . . Als das neue Schuljahr anbrach, trug der Schäferknabe die dunkelgrüne Mütze der Missionsseminaristen und besuchte mit ihnen das staatliche Gymnasium. Seine Geistesund Herzensveranlagung lassen tatsächlich nicht daran zweifeln, daß er zum Hirten einer anderen Herde berufen ist.— An viele ergeht die gleiche Einladung. Folgen ihr alle wie Peter, der Schäferknabe? Die Morgenröte des Christentums in Südafrika. Von Br. August Gogol. Nachdem Portugal sich durch den Sieg Westküste Afrikas aus. In den Jahren bei Aljubarrota (1385) vom König von Ka- 1418 bis 1460 entdeckten diese Forschungs-stilien unabhängig gemacht hatte, entwickelte geschwader Madeira, Senegambien und die es sich unter König Johann I. zu einer be- Inseln des Grünen Vorgebirges, deutenden Seemacht. Es verblieb ihm aber 1481 bestieg Johann II. den Dhron Pvr-ein grimmiger Feind, die Mauren Nord- tugals. Ein würdiger Nachfolger der Uberafrikas, zu deren Bekämpfung Heer auf Heer lieferungen Heinrichs des Seefahrers, be-über die Meerenge gesandt wurde, bis es ge- schloß er, den kühnen Versuch zu machen, lang, das Gibraltar gegenüber gelegene einen Seeweg nach dem indischen Osten zu Ceuta zu erobern (1415). finden. Der Gedanke der Möglichkeit einer Konventschule und Kirche in Lydenburg. In diesem erbitterten Kampfe hatte sich Prinz Heinrich, der Seefahrer genannt, besonders hervorgetan. Als Großmeister des zur ^ Bekämpfung des Islams gestifteten Christusordens setzte er sich nach der Eroberung Ceutas die Aufgabe, die südlich von Mauretanien gelegenen Länder zu erforschen, um einerseits den mohammedanischen Erbfeind womöglich von Süden zu fassen, anderseits jene heidnischen Völker für den christlichen Glauben zu gewinnen. Deshalb rüstete er Jahr für Jahr aus den Mitteln des Christusordens zwei oder drei Schiffe zur Erforschung der südlichen Umseglung des afrikanischen Erdteiles war nicht ganz neu; wußte doch schon Herodot von einer Umschiffunq „Lybiens" durch phönizische Händler zu berichten. Bald nach seiner Thronbesteigung (1482) schickte der König ein Forschungsgeschwader unter dem Befehle Diego Cams aus. Er beauftragte Mesen, statt der bisher üblichen hölzernen Kreuze Steinsäulen mit Steinkreuzen, Padraos genannt, mitzunehmen, um sie an den von ihm entdeckten Orten aufzurichten. Cam erreichte die Kongomündung. Auf einer zwei Jahre später stattgefundenen Reise kam er bis zu dem von ihm benannten Kreuzkap, wenig nördlich von der heutigen Walfischbucht. Der von ihm dort errichtete Padrao verblieb über vierhundert Jahre an seinem Platze, bis er 1893 in ein Kieler Museum übertragen wurde. Da Cam nach damaligem frommem Brauche wahrscheinlich wenigstens einen Priester an Bord hatte, ist anzunehmen, daß das Vorgebirge des Kreuzes der erste Ort in Südafrika ist, an dem das Opfer des Neuen Bundes dargebracht wurde. Am 1. August 1487 lief die denkwürdige Flotte unter Bartholomäus Diaz aus dem Tejo aus, der es bestimmt sein sollte, zum ersten Male das Vorgebirge der Guten Hoffnung zu umschiffen. Diaz führte nur zwei Schiffe von je 50 Tonnen Gehalt, den „San Christofao" unter seinem persönlichen Befehl und den „San Pantaleao" unter Jogo do Infante. Die Flotte erreichte eine Bucht, die Diaz „Angra Pequena", die Kleine Bucht, nannte, wo er ein Marmorkreuz errichtete und damit im Namen des Welterlösers für seinen König Besitz vom Lande ergriff. Es ist die heutige Lüderitzbucht. Diaz' nächster Ankerplatz war die „Angra das Voltas", wahrscheinlich die Mündung des Oranjeflusses. Von dort ab setzte stürmisches Wetter ein, das die Schiffe dreizehn Tage lang auf hoher See vorwärtsjagte. Als der Sturm sich gelegt hatte, segelte Diaz erst in östlicher und dann in nördlicher Richtung weiter und erreichte am 3. Februar 1488 eine Bucht, die er zu Ehren des Tagesheiligen „Bucht des hl. Blasius" nannte. Sie war Jahrhunderte hindurch unter der verstümmelten Form von „Sam Braz" bekannt, bis die Buren den Namen in das heutige „Mossel Baai" umwandelten. In östlicher Richtung weitersegelnd, erreichte Diaz eine Insel, die er St. Cruz nannte. Der nächste Landungsplatz war die Mündung des Rio do Infante, der entweder der Kowie oder der Keiskamma-Fluß ist. Inzwischen waren die Schiffsvorräte nahezu evschöpft, die Besatzungen krank oder doch körperlich heruntergekommen. Der Wagemut der Leute ließ nach. Auch mochten sie die weltgeschichtliche Bedeutung ihrer Fahrt nicht voll erfassen. Genug, sie wollten nicht mehr weiter vorangehen. Diaz erreichte nur, daß man noch drei Tage nach Osten vordringe. Nach Ablauf dieser Frist war er gegen seinen Willen gezwungen, die Heimkehr anzutreten. Auf der Rückfahrt sichtete Diaz das bedeutungsvolle Vorgebirge, zu dessen Füßen zwei Weltmeere brandend zusammentreffen, das er „Cabo tormentoso", das stürmische Kap, nannte. Anläßlich der glücklichen Heimkehr der kleinen Flotte aber änderte König Johann den Namen in „Vorgebirge der Guten Hoffnung". Das also war die erste Umseglung Afrikas seitens Europäer. 1495 bestieg Manuel der Große den portugiesischen Thron, der das Forschungswerk seiner Vorgänger fortsetzte. Er ließ ein Geschwader von vier Schiffen von je 125 Tonnen Gehalt ausrüsten, dessen Oberbefehl Vasco da Gama haben sollte, der den Auftrag erhielt, um das Kap Der Guten Hoffnung herum nach Indien zu segeln. Bartholomäus Diaz wurde bestimmt, die Fahrzeuge auszuwählen und instand zu setzen; auch sollte er sie bis zur Goldküste begleiten. Am 8. Juli 1497 lief die Flotte aus und warf am 7. November Anker in der neu-entdeckten Bucht von St. Helena. Vasco da Gama umsegelte das Hoffnuugskap und lief die Blasiusbucht an. Am Ehristtag entdeckte er die Wste von Natal, die er zu Ehren der Geburt des Weltheilands benannte. Nach einem fünftägigen Aufenthalt in der De-lagoabucht und kurzen Rasten zu Quilimane und Mosambique, wo große, blühende Niederlassungen arabischer Händler vorgefunden wurden, überquerte Vasco da Gama den Indischen Ozean und entdeckte Kalekut an der Küste Malabar in Vorderindien. Am 10. Juli 1499 lief er wieder im Hasen von Lissabon ein. Nach seiner Rückkehr beschloß der König, eine größere Flotte von dreizehn Schiffen auszusenden, deren Oberbefehl Pedro Alvarez Cabral zufiel; unter den Kapitänen der einzelnen Segler befand sich auch Bartholomäus Diaz; das Geschwader war begleitet von siebzehn Priestern. Am 9. März 1500 wurde die Fahrt angetreten, die merkwürdigerweise zur Entdeckung eines Erdteiles (Südamerikas) führen sollte. Da sie in der Nähe der Kapverdischen Inseln sehr stürmische See fanden, schlugen die Schiffe südwestliche Richtung ein und erreichten nach Monatsfrist neues Land, das Eabxal Santa Cruz nannte, das aber bald nach dem dort gefundenen Brasilholz Brasilien genannt wurde. Von dort setzte er die Fahrt nach der Südspitze Afrikas fort. Allein nach vier Tagen erhob sich ein Sturm, in dem vier der Schiffe untergingen, darunter das des Bartholomäus' Diaz. Die übrigen Fahrzeuge wurden in alle Winde zerstreut. Unter den größten dienstes in Südafrika angesehen werden kann. Von da ab unterhielten die Portugiesen regelmäßigen Schiffsverkehr mit dem fernen Indien, wo sie die Küste Malabar, die Halbinsel Malakka, die Insel Ceylon, die großen Sunda-Jnseln und die Molukken unterwarfen oder in den Kreis ihrer Handelsinteressen zogen. Der Mittelpunkt des Im Hinterhalt. Mühen erreichte Cabral die ostafrikanische Küste mit sechs Schiffen, die ihrer Masten, Rahen und Segel beraubt waren. Ehe noch Cabral nach Lissabon zurückge-kehrt war, lief eine neue Flotte von drei Schiffen ans (am 5. März 1501), die die Insel Conception entdeckte und am 7. Juli 1501 in der Bucht Sam Braz Anker warf. Da der Befehlshaber Joao da Nova gezwungen war, sich da längere Zeit aufzuhalten, um seine undicht gewordenen Schiffe ausbessern zu lassen, baute der fromme Mann eine Kapelle, die mit Fug und Recht als der erste Ort öffentlichen Gottes- portugiesisch-indischen Kolonialreiches war Goa. Nach einem unglücklichen Zusammenstoß mit den Hottentotten der Tafelbucht im Jahre 1510, bei dem der Vizekönig D' Almeida mit 65 seiner Leute getötet wurde, setzten die Portugiesen nur selten mehr ihren Fuß auf südafrikanischen Boden. Wenn es ihnen möglich war, segelten sie ohne Unterbrechung von St. Helena nach der ostafrikanischen Küste, wo sie zu Sofala, Mosam-bique und Mouomotapa Militär- und Handelsstationen anlegten. (Fortsetzung folgt.) Das Goldhuhn. Eine Jugenderinnerung von Rochus S o b 1 bn d). (Schluß.» Tat es also. Ein über das andre Mal schob ich mich an scharf ausgeäugte Punkte, .katzenhaft glitt ich hinzu, mit angehaltenem Atem griff ich nach dem vermeintlichen Huhn. Es war jedesmal eine bittere Täuschung und Enttäuschung. Ein Holz-stuck, ein Laubbüschel, ein Erdknollen, in den ich tastend fuhr. Doch! Nun war keine Affung möglich. Trotz der Dunkelheit sah ich's genau: Ein Bauinstamm »var umgestürzt, hatte im Falle die Wurzel hochgerissen. In dieser Erdhöhlung saß in sich gekauert mein Huhn. Deutlich sah ich den Schopf sich bewegen, deutlich hörte ich ein dumpfes Glucksen. Wie ein Schatten huschte ich hinzu. Hurra, Viktoria! Fest hielt ich den Ausreißer in den Händen. Da er nunmehr keine Fessel an den Fängen trug, da es nunmehr ernstlich finster ward, da ich bereits ehrlich müde und schläfrig war, stürmte ich ungesäumt heimzu. Ohne mich umzusehen, ohne nach meinem wiedergewonnenen Schatz und Schützling, der merkwürdig gewachsen zu sein schien, zu gucken. Niemand war im Hausflur, in der Stube, als ich eintrat. Ich steckte 'also rasch das Huhn zu den andern, die erschrocken aufgackerten, in die Steige. Dann stieg ich selber, alles Hungers ungeachtet, auf meine Bodenkainmer, ins Nest. Auf Ehre, ich war zu müde und schläfrig. Oder waren es das böse Gewissen, böse Ahnungen, die ein Zusammentreffen mit den Angehörigen lieber vermieden? Ich ruhte, schlief und träumte gut. Träumte natürlich von meinem Federstoß, den ich schneidig am Hute trug. Da flog eine goldgelbe Henne an und rupfte mir die Zierde meines Filzes ab. Ich griff rasch danach, konnte sie aber nicht erhaschen, obzwar sie stets dicht um meinen Nacken huschte. Ich spürte geradezu das Streicheln des Flaumes an Ohr und Wange. Ich erwachte. Vor mir stand schalkhaft, ja ein bißchen boshaft lachend mein Schwesterlein Gundel. Das hatte eine Feder in der Hand. Auf den ersten Blick erkannte ich die breite, gelbrot gestreifte Schweiffeder der Auerhenne. Ich hatte nicht Lust, mir darüber lange Gedanken zu machen. Als ich rasch, wieder einzuschlummern, mich aufs andere Ohr legte, fuhr der Quälgeist mit der Feder fort und tätschelte und kitzelte nach meiner Schläfe. „Laß mich, Ganserl, dummes!" schrie ich grob. Sie lachte fein: „Nicht, bevor du mir erzählt hast. Alles genau erzählt hast." Ich gab keine Antwort. Gundel wich nicht. Sie rückte ganz nahe. Neigte ihren Kopf dicht über meinen, daß die Flechten ihres Haares an mein Ohrläppchen strichen. Dabei raunte und kicherte sie mir unablässig ins Ohr: „Hat 'der Honig geschineckt? Hat die Keuschmutter gelacht? Einen guten Spaß hat sie angestellt: Die schönste Goldhenne hat sie ausgesucht. Schade, daß sie lauter — Auerhennenfedern am Leibe hat . . ." Da ging mir ein gewaltiges Lichtlein auf. Allein ich wußte nicht, sollte ich stolz sein oder inich schämen über den Tausch, den ich in der Dunkelheit unwillentlich gemacht. Jedenfalls war ich trotzig: Der boshaften Quälerin gestehe ich nichts. Zornig schlug ich die Decke zurück. Blitzschnell fuhr ich nach den Haaren der Missetäterin. Sie schrie auf, obzwar ich ihren Schopf nicht erreicht hatte. Ein Lichtschein fiel über mein zerrüttetes Bett. Ein schwerer Schritt polterte über die Holztreppe und hielt plötzlich an. Nun hörte ich Gundel noch immer fassungslos flüstern: „über und über voll Blut." Eine Gestalt trat gedämpften Schrittes heran. Ich ahnte, wußte, wer sich über mich beugte, allein ich sah nicht auf. Schlug auch die Decke nicht über, sondern ruhte starr, mit angehaltenem Atem und geschlossenen Augen regungslos. Ich hatte selbst das Empfinden, daß ich einigermaßen dem Leichnam eines junggefallenen Helden, eines arg verstümmelten Märtyrerjünglings gleichen müsse. Hesl 4 Stern der Neger 55 Zwei Stimmen lispelten. Die eine scharf und dünn, Gundels: „Er muß auf alle Bäume gekraxelt sein oder auf alle Wurzeln gefallen." Und eine ruhige, tiefe: „Lassen wir ihn jetzt schlafen. Morgen soll er uns alles erzählen, der Schlingel, der Taugenichts", und nach einer kleinen Pause „der arme". Morgens erhob ich mich frühzeitig und schlich mich aus dem Hause. Unterwegs wusch ich mich an einem Brunnen. Dann begab ich mich zur Schule. Hungrig und verängstigt. Gab es für mich eine große Überraschung. Die Schulkameraden umringten mich, fragten mich, beglückwünschten mich. Die Schrammen und Striemen in meinem Gesicht beguckten sie in ehrfürchtiger Scheu, ^n den Pausen bereitete man mir Ovationen. Ich war der Held der Klasse und des Tages. Freund Nestler gelobte mit gehobener Stimme, er werde künftig das öde Kegelspiel unterlassen. Gleichfalls nur mehr durch Wald und Wildnis streichen. Vielleicht, vielleicht . . . Und der Schrieb! und der Ofner und die anderen verwunderten sich nur immerzu und fragten zum siebenten Male: „Sag, wie hast du denn das nur angestellt, lebendigen Leibes eine Auerhenne zu fangen?" ' Als ich nach Hause kam, setzte mir die Mutter eine mächtige Schüssel Pfannensterz, meine erklärte Lieblingsspeise, auf den Tisch. Dann sagte sie schmunzelnd: „So, jetzt iß und dann erzähle, du Schlingel!" Ich aß den Pfannensterz bis aus das letzte Brösel, dann beichtete ich alles bis aufs letzte Tüpfelchen. Ich schleckte den Löffel sorgsam ab, legte ihn in die Lade und schloß: „Vergelt's Gott, Mutter, und jetzt laß mich nur noch die Auerhenne sehn, die ich nach Hause gebracht hab'." Mutter lächelte und führte mich zur Hühnersteige. Darin saß, ich traute meinen Augen kaum, eine prächtige, goldgefiederte Legehenne. Ich fragte bestürzt, was die Hexerei zu bedeuten habe. Mutter schmunzelte nur und ging hinweg. Dafür kain Schwester Gundel angewirbelt. Sie zwisperte: „Siehst, ich hab halt doch Zeit gehabt." Ich sah darein, alles eher denn geistreich. „Was gehabt?" fragte ich gedehnt. Sie tätschelte mir nach dem offenen Mund. „Schleckerpatzl. Jetzt hab' ich den Honig doch gegessen. Und den Bleistift und das Messer hab' ich auch noch." Ging mir ein zweites Lichtl auf. Die war von der Mutter zur Großtante gesandt worden, Aufklärung zu erholen. £>citte gleich Ersatz mitgebracht. Anbei hatte sie den weiten Umweg zur Schule gemacht, um meinen Schulkameraden die Neuigkeit brühwarm zu hinterbringen. Weiß nicht, aus Bosheit oder Stolz. Ich faßte mich rasch. „Was verlangst jetzt für das Messer?" Sie fuhr eilig in die Tasche. „Das geb' ich nicht um tausend . . ." sie zog die Hand langsam wieder zurück, „jeß, jetzt hab' ich's verloren." „Das ist die Strafe dafür!" sagte ich streng. Sie huschte davon und wieder zurück. „Und das der Lohn. Die hab' ich auf dem Weg gefunden." Dabei hielt sie mir ein Büschel Auerhahn-stoßfedern vor die verblüffte Nase. In banger Ahnung lies ich nach meinem Filzhütlein. Sie hatte mich nicht betrogen: Es war leer. Ich kann mir bis heute nicht erklären, nicht, wieso ich das stolze Zierstück verlor, das war bei der wilden Jagd mehr als begreiflich. Aber wieso ich den Verlust so lange nicht bemerkt hatte. Es würde eine eigene Geschichte zu erzählen sein über die Verhandlungen, Versprechungen und Bemühungen, die es kostete, bis ich das hauchleichte Dinglein, das doch mein Eins und Alles darstellte, glücklich wieder im Besitze hatte. Nur soviel: Gegen Abend hin trug ich auf Wunsch der Mutter, die Schrammen kühn im Gesicht, die Feder keck am Hütlein, die fürsorglich gefesselte Auerhenne zum Herrn Förster. Der gab mir ein kleines Trinkgeld und eine große Belehrung über die Hoheitsrechte des Jagdherrn und die Schonung des Wildbestandes durch die heranwachsende — insonderheit schulbesuchende Jugend. 56 Stern der Neger Heft 4 Der ehrwürdige Diener Gottes Daniel Comboni. (Fortsetzung.) 3. E r st e F a h r t i n s H e i d e n l a n d. Am 10. September 1857 verließ das Schiff, das Comboni und seine Reisegefährten nach Ägypten bringen sollte, den Hafen von Triest. In zuvorkommendster Weise hatte ihnen der Guardian des Triester Franziskaner-Klosters nicht nur gastliche Aufnahme gewährt, sondern auch eine kostenfreie Fahrt zu den heiligen Stätten in Jerusalem und die furchtbaren Strapazen der Reise, die Knappheit der Mittel verlangten üoti_ den zentralafrikanischen Glaubensboten jener Zeit eine wahrhaft heldenmütige Opferbereitschaft. Der kühne Gedanke, die Fackel des Glaubens in das Innere Afrikas zu tragen, war von zwei unternehmungsfreudigen und gelehrten Männern ausgegangen: dem Mal- Auf der Goldmine in Noordkacip. Bethlehem angeboten. Hocherfreut benützte der Diener Gottes die günstige Gelegenheit zu einem Abstecher in das Land des Erlösers. Zwei Nächte verbrachte er betend und betrachtend im Grabesdom zu Jerusalem und las dort zweimal die heilige Messe. Auch in Bethlehem durchwachte er eine Nacht im Gebete. Der Besuch des Gelobten Landes hinterließ in der Seele des jungen Missionärs unvergeßliche Eindrücke und stärkte ihn für die Kämpfe, Opfer und Leiden, die seiner im dunklen Weltteil harrten. Die Schwierigkeiten, denen er entgegenging, waren in der Tat sehr groß. Das mörderische Klima, die Wildheit der Eingeborenen, die Feindseligkeit der Mohammedaner, teser-Domherrn Annetto Casolani und dem [ Jesuitenmissionär Maximilian Ryllo. Das j vereinte Bemühen beider erfahrener Männer bewog die Propagandakardinäle in ihrer Sitzung vom 26. Dezember 1845 zur Errichtung des Apostolischen Vikariates Zentralafrika, und Papst Gregor XVI. bestätigte diese Entschließung durch Breve vom 3. April 1846. Infolgedessen wurde Casolani zum Oberhirten der neu zu gründenden Mission ernannt und empfing am 4. Mai 1846 die Bifchofsweihe. Zu Teilnehmern dieser ersten Missionskarawane in die oberen Nilländer bestimmte die Propaganda die beiden Jesuiten P. Ryllo und P. Pedemonte, den Österreicher Dr. Ignaz Knoblecher und Heft 4 ©tern bet Neger 57 Angelus Vinco aus betn Institut Mazza in Verona. Im Frühjahr 1847 trafen die Missionare in Alexandrien ein. Daselbst übergab Bischof Casolani die Leitung des Unternehmens dem orientkundigen P. Ryllo und zog in seine Heimat zurück, wo er 1858 starb. Unter Überwindung zahlloser Hindernisse brachte P. Ryllo die kleine Schar nach Khartum, das am Zusammenfluß des Weißen Europa zu sichern durch Gründung des Wiener Marienvereines für Afrika und durch Erwirkung dös kaiserlich österreichischen Protektorates über die gesamte Mission. Als Comboni am 8. Jänner 1858 zum ersten Male in Khartum eintraf, hatten die südlichen Missionsposten Gondokoro und Heiligkreuz gleichfalls schon Opfer an Glaubensboten gefordert. Die Neuangekommenen i’«Mira F?\ Ruhepause der Minenarbeiter. und Blauen Nil liegt. Es war am 11. Februar 1848. Schon wenige Monate später erlag P. Ryllo dem entsetzlichen Klima. Seinem Nachfolger int Amte des Provikars, Dr. Knoblecher, gelang es, die Missions-tätigkeit bis weit nach Süden auszudehnen und unter den Stämmen der Dinka und Bari Misstonsmittelpunkte zu gründen. Noch wichtiger und wertvoller war es, daß es ihm auch gelang, dem kostspieligen Unternehmen das notwendige finanzielle Rückgrat in erhielten darum den Auftrag, die verwaisten Stationen zu besetzen. Bereits am 21. Jänner verließen sie mit der Missionssegelbarke „Stella Matutina" (Morgenstern) Khartunt und kamen nach 25tägiger Fahrt nilauf-wärts am 14. Februar 1858 in Heiligkreuz an. Die von Khartum aus zurückgelegte Strecke betrug 1464 Kilometer. Die nächste Aufgabe der neuen Missionäre war die Erlernung der Dinkasprache und die gleichzeitige Erforschung des Gebietes. Unheimliche Brut. Von Br. August Cago l. (3. Fortsetzung.) Ein Farmer im Oranje-Freistaat hat eine eigene Art, Schildvipern zu vertilgen. Diese Tiere hatten sich in den Ritzen einer Steinmauer seines Stalles häuslich niedergelassen, in denen sie immer verschwanden, ehe man ihnen beikommen konnte. Da stellte der Farmer denn zwei Untertassen mit Branntwein auf den Stallboden; am Morgen fand er richtig zwei Kobras neben ihnen; sie waren „sternhagelvoll". Als er sie mit einem Stecken berührte, bewegten sie trunken die Schwänze und schluckten wie Betrunkene einer höheren Ordnung. Sie konnten ohne Schwierigkeit erschlagen werden; seither wendet der Farmer mit Erfolg diese Weise an. De: Kobra verwandt ist der Ringhals oder die Speischlange, die ihren Namen dunklen Ringen um den Hals verdankt. Sie heißt auch Speischlange, weil sie die Fähigkeit besitzt, den Inhalt ihrer Giftdrüsen auf einige Entfernung hin in feinem Strahle auszustoßen. Wenn dieser Giftspeichel ins Auge dringt, kann Blindheit entstehen. Der Ringhals stellt sich häufig tot, um der Verfolgung zu entgehen oder um einen geeigneten Augeirblick zu erneutem Angriff abzuwarten. Zur Familie der Vipern gehört die Puffotter, die sich in gereiztem Zustand aufbläht, woher der Name kommt. Diese Schlange ernährt sich vorzugsweise von Mäusen und Ratten und gerät auf ihrer Nahrungssuche häufig in menschliche Behausungen, eine Gewohnheit, die sie besonders gefährlich macht. Man sagt, daß 98 vom Hundert aller Schlangenbisse auf ihre Rechnung kommen. Die Puffotter wird etwa IM Meter lang. Ihr Gift ist von langsamerer Wirkung als das der Mgmba oder Kobra, doch ist es gleich tödlich. Es wirkt hauptsächlich auf das Blut, indem es die roten Blutkörperchen zersetzt und gleichzeitig die Wände der Blutgefäße ausdehnt und rissig macht, wodurch Blutungen in den Geweben und Leibeshöhlen entstehen. Opfer von Pusfotter-bissen können noch zwei bis drei Tage leben, ehe sie den Wirkungen der innerlichen Blutungen erliegen, doch sterben sie gewöhnlich nach zwölf Stünden. Zu Malmesbury in der Kap-Provinz wachte ein kleines Mädchen in der Nacht auf und erzählte der älteren Schwester, es habe ihr geträumt, eine Schlange habe sie gebissen. Diese sah, wie eine Schlange aus dem Zimmer glitt, und vermutete sogleich, der Traum sei Wirklichkeit gewesen. Sie benachrichtigte unverzüglich die Eltern, die sofort den Arzt holten. Trotz seiner Bemühungen starb das Kind am Morgen als Opfer des Puffotterbisses. Ein Mann fuhr auf einem Fahrrad einen ziemlich abschüssigen Weg hinab. Plötzlich sab er zwei Schlangen vor sich, die auf dem schmalen Wege spielten. Es war weder möglich, seitwärts auszuweichen, noch auch das Rad vor ihnen zum Stillstand zu bringen. Voranzufahren bot die wenig verlockende Aussicht, die gefährlichen Tiere in die Radspeichen und Pedale zu bringen. Kurz entschlossen hob der Radfahrer die Beine in die Höhe und fuhr auf die Schlangen los, dabei tviebmähig die Glocke mit aller Kraft läutend. War es nun der schrille Ton der Glocke oder war es die unheimliche Erscheinung des dahersausenden Radfahrers, genug, die Schlangen stoben im letzten Augenblick auseinander und der Mann konnte zwischen ihnen durchfahren. Schlangengift ist tückisch und wird allen Lebewesen gefährlich; selbst Pflanzen sterben ab, wenn es in ihre Saftwege gerät. Schlangen selbst sind nicht gefeit dagegen, doch bedarf es einer beträchtlichen Menge, um sie zu töten. So gerieten in einem Tiergarten eine Kobra und sine Mamba aneinander, die sich gegenseitig viele Bisse beibrachten. Nach 20 Minuten verendete die Mamba, und die Kobra begann sogleich, sie zu verschlingen. Nach einer halben Stunde war die Mamba halb verschluckt, als auch die Kobra infolge des empfangenen Manrbagiftes einging. Schlangengift ist wirksamer, wenn das Tier hungrig ist, und am wirksamsten zur Zeit der Winterruhe. Viele Leute glauben, daß es ratsam und heilsam sei, nach einem Bisse durch eine giftige Schlange reichlich Schnaps zu trinken. Alkohol schadet aber mehr, als er nützt. Kleine Mengen schon bewirken, daß das Schlangengift schneller vom Körper aufgesaugt wird, während größere Mengen dem Gifte selbst Vorschub leisten, indem sie die Herztätigkeit schwächen, die anstatt dessen der Stärkung bedürfte. Daß der Glaube an die Heilkraft des Alkohols gegen Schlangenbisse nicht auszutilgen ist, kommt davon her, daß auch viele giftlose Schlangen gern beißen; ihr Biß aber hat keine Folgen, und ein Schnapsrausch bringt die Menschen gewöhnlich auch nicht um. Ein erfahrener Arzt sagt: „Wer von einer giftigen Schlange gebissen wurde, verhalte sich ruhig. Man sauge die Wunde nicht aus, denn die Schleimhäute des Mundes können Gift aufnehmen. Wenn die Bißstelle es erlaubt, lege man eine Aderpresse an zwischen Wunde und Herz. Nach 10 Minuten löse man diese auf 20 Sekunden und lege sie dann wieder an und wiederhole das eine Stunde lang, indem man den unterbrochenen Blutlauf auf eine halbe und dann auf eine ganze Minute wieder eintreten läßt. Leute, die in Gegenden sich begeben, die von giftigen Schlangen belästigt sind, sollten mit Heilserum gegen Schlangenbisse versehen sein. Wenn sie das nicht haben können, sollten sie wenigstens übermangansaures Kali mit sich führen. Dies ist seit langem als wirk- fames 2JZittel gegen Schlangenbisse erprobt, wenn es in Kristallform in die Wunde gerieben oder in starker Losung angewendet wird." Ein Farmer behandelte einen von einer giftigen Schlange gebissenen Eingeborenen auf folgende Weise. Zunächst legte er eine Aderpresse oberhalb der Wunde (am Sein) an; dann rieb er die Wunde mit übermangansaurem Kali ein. Hierauf lies; er den Leidenden sich hinlegen und machte mit scharfem Messer einen tiefen Schlitz in die Wunde. Dann nahm er zwei gut gereinigte Flaschen und spülte eine wiederholt mit fast kochendem Wasser aus, bis die Flasche selbst ganz heiß geworden war. Den heißen Flaschenmünd stülpte er dann über die Umgebung der Wunde, drückte ihn fest an und veranlaßte so Ansaugung und Ausziehen des Giftes aus der Wunde. Als die erste Flasche sich abgekühlt hatte, wurde die zweite, inzwischen heißgemachte Flasche angewendet. Diese Behandlung dauerte eine Stunde lang. Das Ergebnis war sehr zufriedenstellend; denn der Gebissene erholte sich schnell wieder. (Fortsetzung folgt.) Beim Zauberer. Der Sohn des Freimaurers. Von Anna Sagfer.* (Fortsetzung.) Er hatte vorgehabt, noch ein paar Tage M warten, e!he er iben Vater in sein Vorhaben einweihte. Aber er fühlte, diese Hochspannung ertrug er nicht länger. Er mußte sich mit dem Vater klar werden, bald. Es war Nachmittag. Jnstizrat Werner saß in seinem Arbeitszimmer und dachte angestrengt über einen komplizierten Rechtsfall nach, als sein Sohn hereintrat. Frau Werner hatte den Gatten vorbereiten wollen. Herbert hatte lächelnd abge- wehrt: „Der erste Sturm soll über mein Haupt allein kommen." „Störe ich, Vater?" begann Herbert. „Du störst mich nie, mein Junge. Kommst mir gerade recht. Ich habe da einen Fall ... Aber warum so offiziell?" Mit Vaterstolz betrachtete er seinen Einzigen und wünschte sich im stillen Glück zu solch einem Sohne. Nur seine Einstellung in bezug auf Religion, Kirche und dergleichen blöde überflüssigkeiten will ihm * Verlag der Bonifatius-Druckerei in Paderborn. Preis der Buchausgabe 9Rf. 5-—. Im gleichen Verlag erichien von der gleichen Verfasserin die biblische Erzählung „Hareth, der Aussätzige". Preis Mk. 4-—. weniger passen für einen Mann seiner Stellung und seines Namens. Aber das wird sich geben, wenn er mal die Augen gründlich aufmacht. Er ist nun mal Idealist und ein wenig Schwärmer. Das hat er von der Mutter. Es steht ihm diese Eigenart ja eigentlich nicht schlecht, sie paßt zu ihm . . . Schweigend saß Herbert dem Vater gegenüber. Der sah ihn forschend und besorgt an. „Was hast du nur, mein Sohn? Machst Augen wie sieben Wochen Advent. Bist mir so ganz anders heimgekommen, als ich's gedacht." „Hast du ein wenig Zeit für mich, Vater?" „Das weißt du doch. Bin froh, daß ich dich mal wieder habe." „Ich wollte einmal mit dir über eine Sache sprechen, Vater, die — meine Zukunft angeht. Das Examen liegt nun hinter mir . . . und ich möchte ..." Er stockte, weil ihm die Stinune heiser wurde. Unruhig stand er auf und stellte sich mit dem Rücken gegen das Fenster. „Zum Donnerwetter, was ist beim in dich gefahren? Bist doch wohl nicht bange vor deinem Vater? Hast du ein Duell . . . oder Schulden? Oder willst gar heiraten? . . . Eine Primadonna aus dem Münchener Hoftheater vielleicht?" Werner lachte belustigt über seinen grotesken Einfall. Dann aber wurde er unruhig. Sollte der Junge wirklich ander-wärtig Feuer gefangen haben und die Rücksicht aus Ruth ihn behindern . . .? Nun, da gab's doch Auswege, so leid es ihm selbst täte. Herbert gab sich einen Ruck und sprach fest: „Vater, ich möchte Priester werden." Die Würfel waren gefallen. Totenstille — unheimlich. Es war, als setzte dem Justizrat für Sekunden der Atem aus. Mit vorgebeugtem Oberkörper starrte er zu seinem Sohne hinüber. Eine zielsichere Entschlossenheit war über Herbert gekommen, als der Alp von seiner Seele war. Nun aber brach das Unwetter über ihn herein. Mit vor ungeheurer Erregung heiserer Stimme fuhr Werner auf, noch mühsam beherrscht: „Hast du den Verstand verloren —, oder habe ich nicht recht gehört?" „Es ist mir Ernst, lieber Vater, ich möchte wirklich Priester — Missionär werden und bitte dich um deine Erlaubnis." „Misst — o — när?" donnerte Werner, wie von einem Wetterstrahl getroffen, und warf den Stuhl, worauf er saß, polternd zurück. „Missio — o — när? Ich frage noch einmal, bist du toll geworden? Oder willst d» dir einen greulichen Scherz mit mir erlauben?" „Ich bitte dich, Vater . . ." „Nichts zu bitten! Mein Einziger, mein Stolz, mein Erbe, für den ich seit Jahrzehnten arbeite . . . Kuttenmönch?" Er lachte, ein hartes, unheimliches Lachen. „Unld dafür willst du meinen Segen? Köstliche Idee! Wo du die nur her hast?" „Von Gott", entgegnen Herbert mit ernster Bestimmtheit. Seine Ruhe, obschon sie nur äußerlich war, machte den Vater noch aufgebrachter. „Vater, ich bitte dich, höre meine Gründe. Gott ruft mich. Es ist mein Beruf, und . . ." „Kein Wort mehr!" rief der Justizrat in maßlosem Zorn. „Glaubst du, wenn du verrückt geworden bist, sei ich es auch? Gott? — Hirnprodukt! Beruf? — Was du willst und erstrebst und erreichst, das ist dein Beruf und dein Gott. Wenn diese Idee nicht so absurd wäre, sollte man darüber lachen. Aber ich sage dir: Wenn du Eltern und Heimat behalten willst, dann räumst du augenblicklich auf mit diesen Narrheiten!" „Wenn du mich nur einmal ruhig anhören wolltest, Vater. Es ist eine Notwendigkeit in mir ... Es tut auch mir leid, euch Hoffnungen zerstören zu muffen." „So, es tut dir leid?" Scharfe Ironie lag in Werners Stimme. „Nur, daß dir die Kaf-fern und Kannibalen und dergleichen Gewürm lieber sind als deine Eltern, denen du alles bist" — seine Stimme schwankte einen Augenblick — „und auch lieber als die Liebe eines jungen, vertrauenden Menschenkindes." Verhalten hatte er das letzte gesprochen. Durchdringend sah er feinen Sohn an, um die Wirkung zu erforschen. Herbert fühlte einen harten Schmerz, als er den Vater so schwer getroffen sah. Ein heftiges Verlangen packte ihn, zu ihm zu gehen und ihn zu beschwören,: „Vergiß, was recht Pfaffenart. Wer gebrochene Herzen, fa ich sagte! Es ist nicht wahr! Sei wieder gut." über Leichen geht ihr 2Be$ einer eingebil- Aber nur jetzt nicht schwach werden. Sonst beten Pflicht, die brutal jebem Menschen- war alles verloren. Und so preßte er die gefühl Hohn spricht . . . Armer Junge, bist Zähne zusammen und sah dem Vater ruhig den Kutten in die Hände gefallen. Bist ins Auge. Konnte es aber nicht hindern, daß ihnen ein dankbares Objekt mit deiner seine Stimme zitterte: Schwärmernatur und — deines Vaters „Auch das darf mich nicht halten, Vater. Bankkonto." Das Zerreiben des Getreides. Glaub' es mir, ihr alle seid mir nie teurer Herbert wollte auffahren bei dieser Ver-gewesen als jetzt. Auch ich habe schwer gerun- dächtigung. Aber er bezwang sich. Er konnte gen, bis ich zur Klarheit gekommen bin, den Schmerz des Vaters nur zu gut tier* . . . tue es noch. Aber wenn Gott ruft, stehen. Der Schlag war zu urplötzlich ae- müssen alle andern Stimmen schweigen . . . kommen, und die ungeheure Erregung machte auch hie der Natur." ihn hart. „So—o? Ist das euer Christentum der „Gott weiß, kein Wort sprach ich bisber Liebe? Ist das die Nutzanwendung aus dem mit einem Welt- oder Ordenspriester über sogenannten vierten Gebot? Aber das ist so die Sache. Es hat immer in mir gelegen, ich habe es nur nicht ersannt. Erst als Karl Helmut — du kennst ihn ja von unserm Lichterfest am See ■— er ist Missionär geworden." „Wa—as? Helmut mit seinem glänzenden Rednertalent — in der Kutte? Kostbar! Ein Stück dunkeln Mittelalters hat sich dock in unsere helle Zeit hineingerettet. Es ist eine Schande! Wie gesagt, das Kapern haben diese Maulwürfe von jeher verstanden. Und die Besten sind ihnen immer gut genug." „Ja, Vater, da hast du recht. Die Kirchengeschichte beweist es. Aber warum sind es meistens die Besten. Das setzt doch voraus, daß es das höchste Ideal ist, das sie erwählen. Die Natur im Menschen drängt nicht aus solche Wege." „Bleib mir mit solch abgeernteten Argumenten vom Halse", fuhr Werner auf. „Jeder Narr wird seine Torheiten mit solchen begründen wollen. Beidenke, auch dein Vater hat Ideale gehabt und erreicht, aber sein Weg ging nicht über zertretene Herzen und zerbrochene Hoffnungen. Das vierte Gebot aber hat er auch ohne Pfafsenmoral besser gehandhabt als du." „Vater!" „Ich will nichts mehr hören!" Eine furchtbare Gewißheit stieg in Herbert auf. Sollte der Vater doch zu jenem unseligen Geheimbunde gehören, der in radikalster Form die Vernichtung jedes geoffenbarten Christentums auf seine Fahnen geschrieben hat. . .? Bekannte der Vater sich in irgendeiner Form zu dieser Gemeinschaft, dann war an eine Verständigung nicht zu denken. Logenmitglied und der Sohn Ordenspriester, das vertrüge sich wie Gott und Luzifer. Dann durfte der Vater ja nicht einmal nachgeben, oder schwere Konflikte, vielleicht sogar Boykott seitens der Loge drohten ihm. Herbert kannte die unbeugsame Konsequenz des Bundes. Ein Seufzer stieß in ihm hoch. Sein herrlicher Vater, trotz seiner antichristlichen Gesinnung für ihn die Verkörperung edler Männlichkeit, dessen Geradheit und Gerechtigkeitssinn allbekannt waren, — Freimaurer?! Seit seinen Kindertagen hat er ein dunkles Empfinden, als ob trotz äußeren besten Einvernehmens zwischen den Eltern etwas nicht stimme. Woher sonst die merkwürdige Schwermut, die stets auf der Mutter lag? An seinem Erstkommuniontage hatte sie verweinte Augen. Der Vater hatte eine dringende Abhaltung vorgeschützt, hatte wohl an dem häuslichen Festmahl aber nicht an dem kirchlichen Liebesmahl teilgenommen. Und als er ins Jesuitenkolleg gewollt hatte, welch einen Sturm hatte es abgesetzt! Der Vater war Sieger geblieben. Und als Ruth nach Balkenburg zu den Ursulinen ging, war's dasselbe. Da aber hatte die Mutter gesiegt. Auch des finsteren Gesichtes erinnerte sich Herbert, als er dem Vater seinen Beitritt zur „Burgundia" mitgeteilt hatte. „Warum denn zu denen?" hatte er ärgerlich geäußert. „Fürchtest du eine Schramme?" „Das nicht, Vater, aber die Mensur widerstrebt mir, schon darum, weil sie gegen die kirchliche Auffassung ist." „Du großes Kind!" Unendlich ironisch hatte der Vater es gesagt. Und dann der intime Verkehr mit dem schwarzen Campalla, dem italienischen Vetter, der die „blaue Villa" in der Nähe bewohnte! Solange Herbert denken konnte, war ihm der Romane mit dem nachtdüstern Blick und dem glatten, immer lächelnden Wesen unheimlich. Die Verkörperung eines Dämons schien er ihm. Trotz der verwandtschaftlichen Beziehungen kam er nur selten ins Wernersche Haus, aber Herbert wußte, daß er und der Vater sich oft außerhalb trafen und dann und wann gemeinsame Reisen im In- und Auslande machten. Über diesen Reisen lag etwas Geheimnisvolles. Weder die Mutter noch Ruth erwähnten sie je, und er aus einer gewissen unbehaglichen Scheu heraus auch nicht. Dann die geheimen Zusammenkünfte, die in gewissen Abständen in der blauen Villa stattfanden! Einige Male war Herbert um Mitternacht in der Nähe herumgestreift. Eine unerklärliche Angst um den Vater hatte ihn hinausgetrieben unld auch die Unrast und leidvolle Sorge, die er an solchen Tagen an der Mutter merkte. Aber nie hatte er den Vater den Weg zur blauen Villa hin- noch zurückgehen sehen. Nie hatte er ergründen können, ob er jenem dunklen Bunde wirklich Stern der Neger 63 Heft 4 und wahrhaftig sein „Credo" zugeschworen hatte. In diesen letzten Augenblicken, wo, wie nie zuvor, der Haß gegen alles Christliche jeden Nerv und jede Miene des Vaters vulkanartig durchbebte, wurde der jahrelange Verdacht ihm zur Gewißheit. Herbert strich sich über die Stirn, die quälenden Gedanken zu verscheuchen. Der Justizrat saß finster da, den Kopf in die Hand gestützt, wie einer, der ganz zerschmettert ist. „Vater!" Werner fuhr herum. „Nun, hast du dich zur Vernunft besonnen?" „Ich bitte dich, Vater, laß uns morgen ruhig darüber sprechen. Es ist dir zu unerwartet gekommen." „Ich habe mein letztes Wort aesprochen", stieß er aus, sprang auf und stürmte hinaus. Herbert staitd noch einige Augenblicke und lauschte ihm nach. Ihm war, als schwebe er halt- und heimatlos zwischen zwei Welten, entwurzelt aus der einen und halbfremd noch in der andern. Die Stille um ihn war, wie sie nach grollenden Wetterschlägen lautlos und unheimlich über Menschen kommt. Er hatte das Gefühl, als hätte er schou jetzt kein Recht mehr in diesen Wänden und darum wollten sie ihn erdrücken. Er ging und schlug den Weg zum Buchenwalde ein. Er wußte, Mutter und Ruth warteten mit Spannung auf das Ergebnis der Unterredung. Aber er konnte ihnen jetzt nicht entgegentreten. Er mußte hinaus, brauchte Höhenluft für sein aufgewühltes Innere. Droben auf freier Bergeshöhe würde er den Hauch der Gottesnähe spüren und freier atmen können. Je höher er stieg, um so mehr fiel alles Beengende, Hemmende von ihm ab. Durch seine Seele ging ein tiefes Atemholen. n „Wer hier oben sich eine Hütte bauen könnte!" dachte er. „Und nie mehr hinunter brauchte." Er ließ sich auf einem umgestürzten Baumstamm nieder. Da hörte er plötzlich über sich ein mächtiges Flügelschlagen. Er war einem Adlerhorst zu nahe gekommen. Nun schwebte der herrische König der Einsamkeit mit empörtem Geschrei über ihm, dem Störenfried, der es wagte, seine Höhenruhe zu entweihen. Herbert sah dem mächtigen Luftbeherrscher nach, wie er höher und höher stieg zur blauen Atherhelle. Adler! Gab es nicht Adlerseelen zu allen Zeiten? Die auf staubbefreiten Schwingen auswärtsstrebten, hinaus über die Menschen und Dinge des Alltags, näher und näher den Sphären, wo nur mehr der Geist atmet und herrscht und in allen Tiefen Stille ist? Wie er so dasaß, den Blick in die Ferne gerichtet, tauchten sie im Lichtkreise des Horizontes auf, die Großen versunkener Zeiten, lf Dic Herrin des Hofes. die Bahnbrecher neuer geistiger Epochen, die Säulen des Gottesreiches, die Leuchten der Klöster und Kanzeln, die gewaltigen Heroen der Einsamkeit, die Gottsucher in Hermelin und Diadem. So verschieden ihre Bahnen waren, Entsager waren sie alle. Warum zagt er nun, die fesselnden Bande mit einem mutigen Entschluß zu brechen? — Als er vom Berge hinabstieg, lag eine ruhige Entschlossenheit auf seinen Zügen. Die Unsicherheit war von ihm gefallen. Er trat, heimgehend, zu einem Dankgebet in die Franziskanerkirche. Die stille Gestalt, die hinter einem Pfeiler verborgen kniete, sah er nicht. Auch Ruth hatte in ihrem Entsagungsweh nach dem Frieden der Gottesnähe verlangt. Der erste jähe Anprall war zwar überwunden, aber es war alles in ihr wie tot. Da sah sie Herbert durch die Seitenhalle schreiten und zum Gebete niederknien. Der Anblick bewegte sie tief. Das Wort eines Geistesmannes ging ihr durch den Sinn: „Es ist etwas Großes um den Mann in der Schlacht; aber noch größer ist es, ihn im Gebete zu sehen." Bisher hatte sie dieses Geheimnis nur als Licht empfunden, das warm und hell und froh und dankbar macht. Jetzt war es über ihr wie eine ganz schwere Düsternis, unter der auch nicht das kleinste Lichtlein hellte. Sie fühlte, was auch Herbert in dieser Stunde empfand: Über ihnen beiden schwebte ein hohes Geheimnis: Gott. Als Herbert hinausging, bemerkte er Ruth. Er wartete auf sie. Sie drückten sich schweigend die Hände. Zu sprechen vermochten sie nicht. Zu großes Erleben lag zwischen ihnen. — Am Abend, als Herbert ins Kloster hinabging, seinen väterlichen Freund, Pater Gerhard, zu besuchen, ging Frau Werner zu ihrem Gatten, um mit ihm über Herberts Angelegenheit zu sprechen. Unheilvoll flammte es in des Justizrats Augen auf, als Frau Mathilde hereintrat. „Kann mir schon denken, was du hast. Fang nur erst gar nicht an." „Aber Kurt, laß uns doch einmal vernünftig über die Sache reden. Bedenk', auch andere haben eine Überzeugung, die du verstehen oder doch achten dürftest. Herbert ist in dem Alter . . ." „. . . ist in dem Alter, in dem er zu jeder Dummheit fähig ist", unterbrach er sie heftig. „Er ist ein Schwärmer, das wußte ich. Doch daß er den Kutten nachlief, das ist zu stark, das konnte ich von einem Werner nicht ahnen. Als kleiner Knirps steckte er schon immer drunten bei den Mönchen. Das habe ich nun von meiner Duldsamkeit. Und du hast das übrige getan mit deinem ewigen Kirchenlaufen und Wallfahren. Ich hätte eher dazwischenfahren sollen. Nun ist es zu spät. Es ist zum Rasendwerden!" „Wenn es nun aber sein Beruf ist! Du willst doch auch sein Glück." „Gerade weil ich sein Glück will, will ich ihn vor dieser ungeheuren Torheit bewahren. Und so viel solltest du mich doch kennen, um zu wissen, wie ich über diese Art von Glück denke. Ein Mann, der nicht so viel Mut besitzt, mit so närrischen Anwandlungen fertig zu werden, ist in meinen Augen kein Mann. Und ich Tor dachte, daß er ein ganzer, ein Werner sei." Frau Mathilde fühlte mehr und mehr die tiefe Kluft zwischen ihren beiden Weltanschauungen, die sich bei jedem Wort vertiefte. Herbert war nach Herz und Seele ihr Kind. Das mochte ihr Manu mit Bitterkeit fühlen. „Kurt, erinnerst du dich noch, wie oft du gesagt hast und unsere Bekannten auch, daß Herbert unter Dutzenden seiner Kollegen eine rühmliche Ausnahme bilde? Hast du nie darüber nachgedacht, worauf sich dieses fein edles Menschentum gründet? Nur auf das Fundament einer echt christlichen Weltanschauung. Möchtest du denn, daß er so wäre wie — ich brauche dir keine Namen zu nennen." „Bist dem Jungen ein vorzüglicher Anwalt", spottete Werner. „Er hat dir ja von jeher alles getreulich nachgebetet. Die Früchte ernte nun ich, ich, der für ihn gearbeitet, ihn in ein warmes Nest zu setzen." In äußerster Erregung stürmte er aus und ab. Frau Mathilde seufzte. Es war alles umsonst. „Soll mich nicht wundern, wenn das Mädel auch eines Tages kommt und zu den Nonnen will. Die hat der Junge ja auch auf dem Gewissen. Ein zweites Mal wirft die sich nicht weg. Dafür mußt du sie kennen." „Das tut sie auch nicht, Onkel. — Aber bei euch bleiben, so lange ihr wollt, — das tut sie gern." Beide wandten sich überrascht zur Tür. Dort stand ernst und ruhig — Ruth, tiefe Glut im Antlitz. Ihr Klopfen war überhört worden, und so vernahm sie des Onkels letzte Worte noch. Sie trat zu ihm und legte bittend die Hand aus seinen Arni. Eigentümer, joerauegcoer um> Verleget: Kongregation Der Missionare oOpne Des 1,eiligsten Äerzens yelu. Verantwortliche: Redakteur für Österreich: P. Alois Wilfling. F. S. C., Generaiassistent, Missionshaus Ära,: für Deutschland: ?. Leinrich WohnhaaS. F. S. C.. Missionsseminar St. Josef. Ellwaiigen-Zagft. Württemberg. — UniversitiitS-Bllchdruckerei „Styria*, Graz, Bücherbesprechungen. Verlag Herder & Co., Freiburg im Breisgau, Baden. St. Franz Xaver, der tapfere Mann. Von Sophie zu E l tz. Noch ein paar Worte über den neuesten Band von Sophie zu Eltz (gebunden 3 Mk. und 3.50 Mark). Sankt Franz Xaver heißt im Titel mit Recht „der tapfere Mann". Er war ein Ritter Christi im Ordenskleide der Gesellschaft Jesu. Er hat mit der Waffe des Kreuzes und des Wortes allein ganze Länder für Christus und seine Lehre erobert. Voller Staunen und Spannung folgen wir ihm auf seinen Missionsreisen: wie er da zuerst auf einer Perlenfischerinsel an der indischen Küste landet und wie er mit einer Schelle in der Hand durch die Dörfer geht und den Kindern von Gott erzählt, weil die Erwachsenen sich nicht um ihn kümmern. Aber die Kinder erzählen wieder ihren Eltern, wie schön der gute fremde Mann zu sprechen weiß, und da kommen auch die Elter», hören zu, staunen, denken nach und folgen dem Rufe des Gottesmannes: 10.000 in ein paar Wochen! Und wobin Franz Xaver auch kommen mag — wir begleiten ihn in dem Buche von Land zu Land: überall, auch bei den wilden Bewohnern entlegenster Inseln, sehen wir Gottes Hand über seinem Werke, so oaß es wunderbar gedeiht. Der tapfere heilige Franz Xaver war der größte aller Missionäre, und hier wird sein tatenreiches Leben in fesselnden Abschnitten mit schönen Bildern unsern Kindern so anschaulich erzählt, daß sie es alle mit vieler Freude lesen werden. Leidensgeschichte unseres Herrn Jesu Christi. Jakob (Brünings, s. J. Neubearbeitet von Bernhard van Allen, 8. J., 5. Auflage 12° (XII und 364 Seiten; 1 Bild). 1930, Herder. Mk. 4.— ; in Leinwand Mk. 5.40. Das Buch wird-vielen Katholiken in der Welt und vielen Ordensleuten — besonders zur Lesung in der Fastenzeit — willkommen sein. Es behandelt das Leiden Christi in Betrachtungen, die gerade um ihrer schlichten, warmen Sprache willen ergreifen. P. Erönings hat das Gediegenste gesammelt, was das katholische Schriftum bewahrt hat über das Leiden Christi, über die bedingenden und auslösenden Zusammenhänge, die unmittelbaren Auswirkungen, die als Ankläger, Zuträger, Richter, Schergen, Zuschauer und — Mitleidende beteiligten Hauptpersonen. Das Buch wird in seiner neuen gefälligen Ausstattung vielen Katholiken zu Herzen sprechen. Der Monat Mariä. Peter Johann V e ck x, S. J. Neubearbeitet von Bernhard van Allen, S. J. 19. Auslage. Mit vier Tiefdruckbildern. 24" (X und 174 Seiten). In Leinwand Mk. 2.20. Beckx bietet in seiner neuen Bearbeitung das, was von vielen Seiten gewünscht wird: kurze, packende Betrachtungen über das Leben der Gottesmutter. Die Gedanken sind kräftig und anregend, das ganze Leben Mariens wird verwertet auf Grundlage der Heiligen Schrift und kirchlichen Überlieferung, die Anwendungen sind ungesucht und zeitgemäß, fast alle Gebete sind von der Kirche mit Ablässen versehen. Die treffenden Beispiele aus dem Leben unserer großen Heiligen oder aus der Kirchengeschichte'leiten in recht anschaulicher Weise zur praktischen Nachahmung der Tugenden der hehren Gottesmutter an. So bietet das Buch in seinen knappen Betrachtungen, den krästigen Gebeten und den kurzen Lebensbeschreibungen der Heiligen für jeden Tag des Maimonates eine Fülle von gediegenem Stoff und reiche Abwechslung. Das Buch eignet sich nicht nur für den privaten Gebrauch, sondern paßt auch durch seine geschickte Anordnung vorzüglich für die gemeinsame Maiandacht. Der Druck ist klar, übersichtlich und angenehm, die äußere Ausstattung recht gefällig. So dürfte das bewährte Maibuch von P. Beckx, das jetzt zum neunzehnten Male als Verkündiger der Tugenden und Vorzüge Mariens in die deutschen Gaue hinausgeht, ein Lieblingsbuch des. katholischen Volkes werden. Verlag „Ars sacra“ Josef Müller, München 23, Werneckstr. 9, Das weiße Paradies. Von Pieter van der Meer de W a l ch e r e n. Einführung von Otto Karrer. Vorwort von Jacques Maritain. Übertragen aus dem Holländischen. 8° (160 Seiten, 23 Tiesdruckbilder). Halbleder Mk. 6.50, 8 10.85, Fr. 8.15. Es ist ein wirkliches Weihnachtsgeschenk, das uns der „Ars sacra^-Verlag mit dem „Weißen Paradies" beschert hat. Schon früher ist das Werk in holländischer Sprache erschienen. Ich wüßte nichts, was dem heutigen zerrissenen, ganz ms Außere verlorenen und versklavten Menschen so wohl und so not täte, als diese lebendige Einführung in die innere Welt, in die Welt des dreieinigen Gottes. Wir bekommen eine kurze, klare Darstellung der Geschichte dieses innersten Lebens in unserer heiligen Kirche, des Kartäuserordens, und eine farbenprächtige, stimmungsvolle Schilderung.der Kartause in der Slbweiz, in der schönen Valsainte. Das Kron-und Herzstück des Werkes sind die tiefen, gewaltigen Gedanken, die ein Kartäuser ausspricht, wahre Perlen innerer Erfahrung und göttlicher Enadenoffenbarung Wie immer bei „Ars sacra", ist das Buch künstlerisch wertvoll ausgestattet. Möchte es vielen ein Führer werden hinein in die Herrlichkeit und Seligkeit des dreieinigen Gottes! Bruder Konrad von Parzham. Von Prof. Leo Samberger. Das Bild (Kupfertiefdruck) erscheint im obigen Verlag in drei verschiedenen Größen zu 30 Pfennig, 1 Mark und 3 Mark. Als Heiligenbildchcn kostet es zu 100 Stück Mk. 3.50. ' Man hört und lieft heute so viel von Wunderheilungen, die auf den seliggesprochenen Bruder Konrad von Parzham in Altötting zurückzuführen sind, daß wohl jeder erfahren möchte, wie dieser Bruder eigentlich ausgesehen hat. Unseres Wissens gibt es nur ein einziges authentisches Dokuinent von ihm, eine Photographie, die ihn auf dem Totenbett zeigt. Was sonst noch an bildlichen Darstellungen des Bruders existiert, ist unzulänglich. Es ist deshalb zu begrüßen, daß der bekannte „Ars sacra"-Verlag in München einen der größten lebenden Meister der Porträtkunst, Professor Leo Samberger, beauftragt hat, ein Porträt des Bruders Konrad zu schaffen. Samberger hat schon öfter Bildnisse von langst Verstorbenen gezeichnet, sie sozusagen aus dem Geiste neu geboren. Durch solches Nachempfinden, übrigens im vorliegenden Fall aus verwandter religiöser Einstellung heraus, ist auch das Bruder-Konrad-Porträt entstanden. Es zeigt den Seligen im Zustand der Kontemplation. Die Hände sind gefaltet, die Augen verklärt zum Himmel gerichtet, die Lippen scheinen das Wort des hl. Franziskus „Mein Gott, mein Alles" zu murmeln. Man hat den Eindruck' "ui so kann Bruder Konrad ausgesehen haben. Eine Frau, die ihn gekannt hatte, erschrak fast, als sie das Bildnis sah. Es war ihr, als hätte sie eine Erscheinung. Solche Zeugnisse sagen genug. Jedenfalls haben wir hier endlich das lange erwartete Bruder-Konrad-Bildnis, das nicht nur graphisch-künstlerisch eine Meisterleistung ist, sondern auch an Ausdruck und Beseeltheit das Äußerste gibt. Die technische Wiedergabe ist ausgezeichnet. Ein kleiner Held. Lebensgeschichte eines Enaden-kindes von Otto Theodor Müller. Oktav (200 Seiten Text und 13 Bilder in Kupfertiefdruck). Ganzleinen Mk. 4.—, Frk. 5.—, 8 6.65. Kartoniert Mk. 2.50, Frk. 3.65, 8 4.85. IVA Jahre alt ist der Held dieses Buches geworden. In den wenigen Jahren seit seinem Hingang (1925) ist er bereits der Liebling der Kin- derwelt in den katholischen Ländern geworden. Auffallende Eebetserhörungen haben bereits zur Einleitung des Seligsprechungsprozesses geführt. Man redet von einer Mission des Enadenkindes für die Jugend und stellt ihn neben Theresia vom Kinde Jesu. Diese Anziehungskraft wird wohl begreiflich, wenn man die ausführliche, wohlbelegte Biographie liest, die hier vorliegt. Während eine kleine Ausgabe für die Kinder selber bestimmt ist, wendet sich diese an Erwachsene, besonders Eltern, Priester, Erzieher, die Dann reiche Anregung für sich selbst und ihr Erziehungswerk finden werden. Guido patzt als Vorbild für die Kleinen. Er tritt als ihresgleichen unter sie, mit ihren Schwächen und Vorzügen, drolligen Einfällen, die zum Lachen reizen, kindlichen Spielen, Liebhabereien, kleinen Listen und ist dabei ein gottbegnadetes, man darf schon sagen heiliges Kind, dessen Innigkeit zum göttlichen Kinderfreund die Herzen rühren und begeistern mutz. Man staunt über die Reife eines kindlichen Verständnisses in religiösen Dingen, aber noch mehr über die Großmut einer jungen Seele, deren Quellpunkt die Liebe zu Jesus ist. Insbesondere für die Kinderkommunion im Geiste Pius X. ist in Klein-Guido ein Apostel erstanden, der mehr überzeugt als lange theoretische Abhandlungen. Familienliturgie. Von Josef Leb. 12° (32Seiten Text und " 8 Bilder in Kupfertiefdruck). m. -.40, 8 -.65, Frk. —.50. In diesem Büchlein „Familienliturgie" wird ein kurzer, praktischer Wegweiser für das Leben der Familie mit der Kirche während des ganzen Kirchenjahres geboten. Die Darstellung ist einfach und praktisch, aus dem Leben einer christlichen Familie herausgewachsen. Die Erneuerung des christlichen Geistes der Gesellschaft kann nur in der Familie beginnen und in Dieser nur, indem die Familie sozusagen wieder in die Kirche hineingestellt wird. Es gibt kein besseres Mittel zur Erziehung der Kinder in kirchlicher Gesinnung als dieses tägliche Leben mit der Kirche. Hier beginnt die Katholische Aktion, und ohne diesen Beginn wird sie nicht zur Entwicklung kommen. ■>as Büchlein ist ein ausgezeichneter Behelf im Brautunterricht, eine sehr geeignete Hochzeitsgabe an Neuvermählte und ein vorzügliches Mit-tel der Verbindung der Familie mit der Pfarrei. £>ie jeoiiröeäSMlgerfoitöersüge Der 31. und der 32. Österreichischen Sodalen- und Volkswallfahrl gehen am 15. Mai und 5. August 1931 von Wien, Linz, Salzburg und Innsbruck ab. Aufenthaltsstationen' Einsiedeln, Luzern, Basel, Paray-le-Monial, Revers, Paris, Lisieux, Biarritz Lourdes, Toulouse, Marseille. Nizza, Monaco. Mailand, Padua, Venedig, Villach und Salzburg. Prospekte über das >7tägige, bequem eingeteilte Neiseprogramm sind erhältlich durch das Marianische Lourdes-koinitee per Adresse Rudolf Zeilberger, Steyr, Ob.-Öst., Enge 7. Sehr frühzeitige Anmeldung ist empfehlenswert, da die Plätze dieser Sonderzüge zunieist schon einige Monate vor Abfahrt vergriffen sind. Universttäls-Buchdruckerei „Styria", ffiroj.