für Kunst, Wissenschaft und geselliges Leben. Nedigirt von Leopold Kordesch. ^ 84. Freitag am Z.8. Oktober , Ä844. Von dies« Zeitschrift erscheinen wöchentlich zwei Nummern, jedes Mal ein halber Bogen, und allmonatlich ein in Wien von Meisterhand in Kupfer gestochenes tolorirtes Costumcbild, illyrische Volkstrachten in Dovpclfigur enthaltend, in Großquart. Der Preis des Blattes ist in Laibach »an,, jährig S, halbjährig 3 fl. Durch die k. k. Post unter Louvert portofrei ganzjährig 8, halbjährig 4 fi. C. M., und wird halbjährig vorausbezahlt. Alle k. t. Postämter nehmen Pränumeration an. In Laibach pranumerirt man in der Buchhandlung des Herrn Georg Lerchera« Hauptplatze. Die Vision. Ich lag zur Ruh! — Still war's in weiter. Runde, Ich suchte Schlaf, allem mein Auge wacht,' So hört' ich denn die zehnte, eilftc Stunde. Nicht ferne war die stille Mitternacht. Auf stand ich, blickte nach der Friedhofsmauer, Das Playchen starr' ich an, wo Emm» ruht. Da überläuft es mich, wie kalter Schauer, Das Mark gerann, es stockt' in mir das Blut. Ein Luftbild sah ich durch die Gräber eilen, Nach mir unheimlich blicken immerdar. Auf Emma's Grab »m längsten es verweilen, Wie könnt' ich zweifeln, daß sie selbst es war? — Und als die Schreckensstunde der Gespenster Gleich schauerooll im Kirchcnthurm «erklang. Sah Emm» ich, wie sie bei einem Fenster Sich geisterartig in die Kirche schwang. Will etwa ihre Andacht sie »errichten. Beoor sie «ückkehrt in ihr Heimatland? Wer kennt, so dacht' ich mir, die schweren Pflichten, An welche Gott die Seelen diesseits band? An Geister war mein Glaube sonst geringe. Doch hing ich jetzt an Göthe's Spruche fest: Es gab' im Himmel und auf Erden Dinge, Wovon der Mensch sich gar nichts träumen laßt. »Vielleicht ist nahe der geliebte Todte, Wenn frostiges Erbeben uns durchdringt?'—z . Der Hauch des Nachtwind's ist vielleicht der Bote, Der uns den Kuß von seinen Lippen bringt?« — »Ist es vielleicht, daß er auf unser'« Reisen Als ein Gefährte hinter uns herzieht? — Sitzt er vielleicht, wen» wir beim Fcstmal speise». Ein unsichtbarer Gast, zu Tische mit?« — »Wahrhaftig, eine Nacht ist dieses Leben, Was uns Gewißheit bringt, das ist der Tod!« Derlei Gedanken Bulwer's* ) hingegeben Erwart' ich sehnsuchtsvoll das Morgenroth. Mi t Gott die arme Seele zu versöhnen. Wank' ich frühmorgens in das Gotteshaus, Allein, wer hätte d» wohl beten können? — Ich schalt mich derb als tollen Traumer «us. ") I n seinem Roman »Falkland,« 9. Band, Stuttgart 1839. Der falsche Wahn, dem ich ein schlechter Meister, Wem diente er zum Vorschub? Einem Dieb, Der d» bei meinem Glauben an die Geister Bequem sei« Handwerk in de» Kirche trieb. — Bernhard Tomschitsch. Die Hafenstadt Trieft. Historisch skizzirt von Union Iellouschek. priest, Hauptstadt und Freihafen des illy­ °rischen Küstenlandes, datirt seine Entste­ hung aus den Römerzeiten, wo es nach Plinius und Pomponius Mela, Tergeste oder Tergestum hieß, in welcher Bedeutung man die Her­leitung von Teregestum, nämlich die Deutung auf ihre dreimalige Zerstörung zu finden glaubt. Vielleicht ist aber deren Benennung auch slavischen Ursprunges von Terstvo, Kaufmannschaft. In dem von Titus Livius beschriebenen Kriege, welchen der römische Consul Marcu s Claudius nach der Vertreibung derGalliec aus dem Ge­biete von Aquileja, fünfhundertsiebenundsechzig Jahre nach Rom's Erbauung 'gegen die Istrier führte, welche sich der Pflanzung einer römischen Colonie widersetzten, litt Ter­geste schon große Erschütterungen. Nachdem sich aber Cajus Sempronius Tuditanus, gleichfalls Consul der römischen Republik, 625 Jahre nach Rom's Erbauung, die Provinz Istrien unterwarf, erhob er Tergeste zu einer römischen Colonie, deren Bevölkerung der Senat im Jahre Roms 627, vor Chr. G. 127, durch Übersetzung mehrerer römi­schen Familien zur Verwaltung der Aemter vermehrte. Um dem unruhigen Volke des eroberten Istrien's Schranken zu setzen und den slavischen Völler» und Barbaren die Einfälle in Italien zu erschweren, wurde diese Colonie mit Truppen besetzt und befestiget. Gefundene Inschriften be­zeugen, daß die alten, zum Theil noch sichtbaren Mauern und Thürme von Julius Cäsar erbaut worden waren. I m Jahre Roms ?20, vor Chr. 34, wurde Tergeste, von 334 den Iapydiern zerstört, und im I . Chr. 108 wieder aufgebaut. I m I . Chr. 139 litten daselbst der heil. Primu s und sein Diacon Marcus — im I. Chr. 4SI die heiligen Diaconen Lazarus und Appollinaris — im I . Chr. 236 die heil. Jungfrauen Euphemia und Thecla und im I . 289 der heil. Iustus, den Martertod. Als Kaiser Constantin der Große nach der im I . 312 erfolgten Niederlage des Marentiu s Italien bereis'te, gehörte Trieft zu dem occidentalischen, nach der Theilung des römischen Kaiserthums seit39Z aber zu dem orientalischen Reiche, und seit der Mitte des sechsten Iahrhundertes zum Exarchate von Ravenna. Nacy vielen, von den Slaven und anderen Horden erlittenen Drangsalen fiel Trieft sammt der Pro­vinz Istrien den Herzogen von Friaul zu, wurde aber in dieser Abhängigkeit von den Saracenen verwüstet, bis es endlich vom Kaiser Lothar I. am 8. August 848 an den Bischof Johan n verschenkt ward. I m I . 888 stritten Triestiner unter Berengar, Herzoge von Friaul, einem Vetter Kaisers Car l III. , des Dicken, unweit Verona, gegen Guido , Herzog von Spoleto. I n den Zeiten des Mittelalters war das Schicksal dieser Stadt, welche oft unwillkürlich an den Unruhen der benachbarten Fürsten Theil nehmen mußte, sehr veränderlich. I m I . 953 stand sie unter der Herrschaft des Patriarchen von Aquileja, so­dann unter jener des Grafen von Görz; im 1.1150 unter der Herrschaft Heinrich's, Grafen von Görz. Im I. 4202 ergaben sich die Triester gezwungener Weise der krie­ ' gerischen Flotte des Heinrich Dandolo, Dogen von Ve­nedig; im I . 1206 huldigten sie schon dem mit Kärnten und Istrien belehnten Ludwig , Herzoge von Baiern, und erkannten wechselweise auch hie Patriarchen von Aquileja als ihre Schutzherren an. Vom Patriarchen Marquar d zu wenig geschützt sich fühlend, von Venedig dagegen fort­während geängstiget, begaben sich die Triester am 30. Sep­tember 1382 in den Schutz Leopold's HI. , des From­men, Herzogs von Oesterreich. Unter dem Schutze Oester­reich's erhob sich bald der Wohlstand dieser schönen Han­delsstadt immer mehr; Kaiser Car l VI . behandelte Triest mit besonderer Vorliebe; er erklärte den dortigen Hafen am 2.Iunii7i? zum Freihafen und bestätigte diese Er­klärung durch ein Patent vom 18. März 1719. Mari a Theresia bestätigte und erweiterte deren Freiheiten. Die Occupatio« dieser Stadt durch die Franzosen vom 16.Mai 1809 bis 18. Mai 1813 hatte zwar einen nachtheiligen Einfluß auf deren Handel und Wohlstand, aber der Frie­densschluß von Paris ääo. 30. Mai 1814 brachte voll­kommene Gewährleistung für deren Gedeihen und Wieder­aufblühen unter dem Schutze der humanen österreichischen Regierung. Die Bevölkerung betrug im Mittelalter nie über 400 Seelen, seit der Einverleibung mit den österreichischen Staaten stieg sie zusehends; im I . 1719 betrug sie schon «000, bald vermehrte sie sich durch Einwanderungen aus allen Gegenden Europa's, selbst aus Asien, und durch Em­porheben der österreichischen Marine. Die Bevölkerung betrug schon im I . 1??? über 20.000, im I . 1793 30.000 und iw 1.1804 über 40.000 Seelen; sie verminderte sich zwar nach dem Einmärsche der Franzosen, so, daß man dort im I . 1812 nur etwas über 20.000, im 1.1815 aber 36.000 Einwohner zählte; im I . 1833 betrug die Zahl der Ein­wohner schon über 60.000 und nimmt seitdem immer mehr zu; gegenwärtig ist sie über 70.000. Das Bisthum zu Triest wurde schon in der Mitte des ersten Jahrhunderts durch den heiligen Hermago­ , ras, einen Schüler des heiligen Apostels Marcus, Grün­ders des Patriarchates von Aquileja, gestiftet. Der erste Bischof war der heil. Hyacinthus, im Jahre Zi vom heil. Hermagoras selbst eingesetzt und geweiht. Der jetzige Bischof, Herr Matthäus Raun ich er, geboren zu Waatsch in Kram, zum Bischöfe von Triest und Capo d'Istria vom Kaiser Franz I. am 18. September 1830 ernannt, am 30. Sept. 1831 vom Papste Gregor XVI . bestätigt und am e. Januar 1832 feierlich installirt, ist in der Reihe der 91. Bischof von Triest und. der 43. Bi­schof von Capo d'Istria. Fräulein Sidonie und Herr Garl. Humoristische Freskoskizze von Moschus. »Studentenlieb' und Lindenblüh' Blüht »Ile Weil, und zeitigt nie.« Altes Sprichwort. Zur Zeit, als die noble Welt am Daumen Ringe trug, ich weiß nicht mehr — in welchem Jahre des Heils — zu dieser Zeit ein Mal an einem schönen Tage waren die Lokalitäten eines sogenannten Gasthausgartens außer der Stadt von Gästen überfüllt. Eine Wagenremise, mehrere Waschbänke um einen Rohrbrunnen, fünf Tische im Hühner­hofe zwischen einem Düngerhaufen und einer kleinen Kröten­schwimmschule, endlich ein liegender Baumstrunk, von einem Birnbaum überschattet, aus dessen Laub die Raupen und Spinnen herabtropften, wie Manna in der Wüste — Alles war besetzt; sogar auf eine Kinderschaukel, die an der rück­wärtigen Wand des Gasthauses hing, waren drei dicke Bäuche hinaufgeklettert, um dort zu fetiren. Auf einem einsam stehenden, auf die Spitze eines Fußes gestellten Stuhle wiegte sich unferne den Wasch­bänken ein junger Mann, dessen Backen, Mund unö Kinn durch verschiedene Barte so verwachsen waren, daß sein Gesicht mit der brennenden Cigarre aussah, wie weiland Moses brennender Busch; ein spanisches Rohr mit vergoldet scheinendem Griffe hing rückwärts an der Lehne; in dem «inen Augenwinkel hielt der junge Mann ein Glas einge­klemmt, ein viereckiges Glas, das an einer vom Gilet aus schlaff über die Nase hängenden Schnur befestigt war, und die Miene, die er machen mußte, um dieses Glas mit den Muskeln am Auge festzuhalten, gab seinem Gesichte einen verschärften Ausdruck von wilder Leere und eleganter Ben­gelhaftigkeit. Folgte man der Richtung, welche das Augenglas des jungen Esau nahm, so- konnte man den Anblick zweier Mäd­chen nicht verfehlen, die vi«-»,-vi« von ihm ihren Kaffee genossen. Es waren dies Eulalia und Sidonie, Töchter 335 aus einem sehr guten Hause, die beide ihren Ring am Daumen trugen. Ih r Vater war einer der ältesten Greißler der nahen Hauptstadt, ein wegen seiner guten Maßerei allgemein geachteter Mann, der steif und fest behauptete, einer seiner Großältern habe schon zur Zeit der Völker­wanderung sein Haus besessen, und den Völkern, wie sie da vorüberwanderten, Schnaps und Türkenmehl verkauft. Eulalia , die ältere der beiden Schönen, war bereits in den hohen Sommer ihres Lebens vorgerückt; sie hatte einen sehr angenehmen Frühling genossen; wie eine reife Aehre blickte sie nun, gebeugt von Erfahrungen, auf ihre jüngere Schwester herab, deren blaue Augen wie zwei Korn­blumen darneben glänzten; der Garten ihres Lebens war abgeblüht; keinen ihrer Verehrer hatte sie ohne Sträußchen, keinen ohne Blume oder Kränzchen dahin ziehen lassen; nur die Dornen und die Disteln waren sämmtlich zurück­geblieben; ob sich vielleicht nun ein gesetzter und solider Mann fände, der da in diesen Disteln grasen möchte und sich behaglich fühlte! Aber Eulali a war es nicht, welche die Aufmerksam­keit des bärtigen Lion geweckt, sondern Sidonie , das blauäugige Kind mit den kastanienfarbigen Locken, de): üp­pigen Körperfülle und dem weißen, frischen Teint, dem noch jede Farbe, jeder Schnitt gut stand, und welches dem Spie­gel es längst auf's Wort geglaubt, daß es ein unwider­stehliches, reizendes Kind sei. — Sidonie hatte den Eindruck, den sie auf ihr vi«­»-vi» gemacht, längst bemerkt und nun war's um ihre Ruhe beim Kaffee geschehen! Bald hatte sie zum Brunnen zu laufen, oder den Kellner selbst zu holen, um ihren Wuchs, ihren schwebenden Gang zu zeigen; bald legte sie ihr Hals­tuch über den Tisch, um sich abzukühlen, das heißt, um ihren vollen Nacken, ihren tadellosen Hals glänzen zu las­sen; bald nahm sie zum Schein aus Schalkhaftigkeit das Tuch wieder um, um ein hinreißendes Erröthen an der Wange produziren zu können; dann kam ihr kleiner Fuß, darauf ein bloßer Arm zum Vorschein; bald wieder wurde mit der Schwester ein Discours begonnen, bei dem, es den Kopf zu schütteln und lächelnd die weißen Zähne zu zeigen, Veranlassung gab; auch etwas lauter, hochdeutscher und flötender wurde gesprochen; der Wohllaut der Stimme und ein sanft verklingender, gemüthlicher Ton sind ja so be­zaubernd ! Der junge Mann hatte äy' dieser Beweise nicht be­durft; schon bei der Hälfte seufzte er: .Genug, genug für dieses arme Herz!" Indessen hatte sich der Himmel plötzlich verfinstert; eine unheilschwangere Wolke, die früher Niemand bemerkt zu haben schien, breitete ihre weiten und immer weiteren dunkeln Fittige am Horizonte aus; nicht etwa am Himmel dieser jungen Liebe, nein, am natürlichen Firmamente, dem Plafond unserer Erde. — Zuerst tropfte es, dann regnete es; endlich goß es förmlich. Die wenigsten der Gäste hatten Regenschirme bei sich; Eulalia nicht, Sidonie auch nicht; man flüchtete ins Gasthaus, in die Wagenremise, in der Hoffnung, der Regen werde bald vorüber sein; vergebens! — Der Regen entwickelte vielmehr eine spartanische Ausdauer; links, rechts, nach allen Seiten nichts als Regen und Himmel! Die dicken Bäuche in der Schaukel schwammen be­reits im Wasser, ehe Jemand daran dachte, ihnen eine Leiter zu bringen, um herabzusteigen. Einige Frauen und Mädchen der Gastwelt wußten sich bald zu helfen. Die Einen zogen Schuhe und Strümpfe aus, schlugen den schönern Theil ihrer Kleider über den Kopf und liefen wie Gespenster nach Hause; Andere banden ihre Hüte und Hauben in Tücher, legten, als stünden sie am Grabe, allen irdischen Prunk von sich ab, machten einen Bündel daraus und ruderten damit en, ueZIi^ee nach der Stadt; noch Andere nahmen von der Wirthin und dem weiblichen Dienstpersonale alte Schuhe zu Leihe, um die ihrigen zu schonen und zu besserer Sicherheit, daß sie die Schuhe wieder bringen, blieben sie die Zeche schuldig. Dem jungen, bärtigen Manne war der Regen nichts, als ein tausendfach vom Himmel fallender Fingerzeig des Glückes; er bekam für gutes Trinkgeld, vielleicht für alles Geld, das er bei sich trug, und gegen Verpfändung des spanischen Rohrs, ein großes Familien-Paraplue von Wachs­leinwand, ein wahres Kirchendach mit einem Stiele, und trug den beiden Schönen seine Begleitung und seinen Schutz an. Er, der Schutz nämlich, wurde angenommen; Eulalia an der einen, Sidonie an der andern Seite, hingen sich an den bärtigen Mann, und so zogen sie von bannen, vom Winde getrieben, wie ein Dreimaster mit vlä-­hendem Segel. — Am andern Tage fühlte Sisonie , daß der Regen­schirm sie wohl gegen das Wasser, aber nicht gegen das Feuer — ich meine das Feuer der Liebe — geschützt habe, mit ihrem linken Arm hatte sich ihr Herz an den jungen Mann gehängt; ihren Arm zog sie zwar wieder zurücki ihr Herz aber war an dem bärtigen Begleiter hängen ge­blieben; es ist ja jetzt Mode, vorzüglich Männer mit rau­her Außenseite zu lieben! — Eulali a aber hatte von dem Wetter nichts als nasse Füße und einen Katarrh davongetragen, welchen sie, so wie ihr Herz, gerne wieder an Mann gebracht haben würde, wenn sich ein Liebhaber dazu gefunden hätte. Bei Sidoni e blieb es natürlich nicht mit der gestri­gen Zusammenkunft stehen; die Liebenden hatten sich ver­standen; der junge Mann ließ etwas von Ritterstand, einem Doktorhute und einem großen Vermögen durchblitzen; welch' eine lachende Prise für ein Mädchen! ein Ritter, der einen Doktorhut aufhat, und die Säcke voll Geld! — (Beschluß folgt.) Feldblumen. Streite nicht mit einem Choleriker, eine Minute tonnte dich und ihn unglücklich machen; wäge die Worte bei einem Melan­choliker ab, er trägt Jahre lang nach; verlasse dich nie auf das Versprechen eines Phlegmatikers, er schiebt gerne auf morgen 336 auf: vertraue kein Geheimniß einem Sanguiniker, in der nächsten Soiree gibt er dasselbe als Anekdote zum Besten. Man kann mehr denken als sprechen, mehr sprechen als schrei­ ben, mehr schreiben als thun. Ueber Leute, welche gerne über den Nebenmenschen die Nase . rümpfen, ließe sich wohl dies am meisten thun. Einige sprechen schlechter als sie handeln; Andere handeln schlechter als sie, sprechen. Es gibt Personen, welche im Schauspielhause vor Empfind­ samkeit in Thränen zerstießen; aber in der eigenen Wohnung quälen dieselben ihre nächste Umgebung durch beißende Reden zu den bittersten Zähren. Jene, die gerne absprechen, sind in der Regel einseitig ge­ bildet. Wir Alle suchen die eigenen Fehler außer unserem so theuern Ich. Fr. Fischbacher. Feuilleton des Mannigfaltigen. (Tod durch eine Grille.) In Viberstein bei Aarau ver­lor kürzlich ein Landmann auf eine fürchterliche Art sein Leben. Er hatte auf dem Felde geschlafen und dort war ihm eine Feld­grille ins Ohr gekrochen; denMann litt fürchterlich, bekam Krämpfe, ward wahnsinnig und sprang in die Aar. Er wurde zwar her­ausgezogen, starb aber bald darauf. Der Arme hinterließ eine zahlreiche Familie. Bei der Sektion fand man das Insekt tief im Ohre, nahe am Gehirn, was auch der Grund sein mag, daß der Unglückliche auf der Stelle den Verstand verlor. (Heute mir, morgen dir!) Ein Schauspieler, her gern ins Glas blickte, hatte in seiner Rolle zu seiner ungetreuen Frau zu sagen: »Ha! Falsche! nun kenn' ich dich bis auf den Grund!« I n seinem Pathos und in der Exaltation aber versprach er sich und schrie: »Ha, Flasche! nun kenn' ich dich bis auf den Grund!« was ein unmäßiges Gelächter verursachte. Die Schauspielerin, welche seine Frau vorstellte, konnte es nicht unterlassen, ihn wäh­rend des Zwischenaktes darum arg aufzuziehen; doch die rächende Nemesis schlief nicht. Als sie darauf in der Scene zu sagen hatte: »Gott im Himmel! gib mir Kraft zum Tragen!« sprach sie feier­lichst und zum unauslöschlichen Gelächter aller Versammelten: »Gott im Himmel! gib mir Tafft zum Kragen!« (Edle Handlung eines Geistlichen.) Das »Vaterland« erzählt nach einem Journal von Dijon Folgendes: Ein Geistlicher aus dem Kirchspiel Nancy, welcher am Bord eines Dampfschiffes sah, daß eine Feuersbrunst das Dorf Epervane verheerte, war kaum zu Chalons angelangt, als er die am Hafen befindlichen Leute zusammennahm und an den Schauplatz des Unglücks eilte, der nicht weit von dort entfernt war. I n der Eile und unter der Menge verliert er seinen Hut; dort angekommen, arbeitet er für Zehn, findet einen Abgebrannten, welcher weint, gibt ihm seine Börse, und kehrt um 9 Uhr Abends zurück ohne Hut und ohne einen Sou in der Tasche. Glücklicherweise hatte er den Platz bis an den Ort seiner Bestimmung vorausbezahlt-— Wirk­lich eine Handlung, würdig eines wahren Dieners der Kirche! (Branntwein-Begräbnis.) In Gutenberg (Oberlausitz) wurde vor Kurzem der Branntwein förmlich begraben. Nachdem nämlich in jener Gegend fast alle Einwohner dem Mäßigkeits­vereine beigetreten sind, ward ein Fäßchen Branntwein in Pro­zession mit Musik und fliegenden Fahnen nach dem Galgen getra­gen und unter demselben verscharrt. (Appetitliche Fabrikation der Gigarren.) Eine geist­reiche und glaubwürdige Frau, die Gräfin Mulin , die auf der Insel Cuba geboren ist und jetzt in Paris lebt, bestätigt es als Augeuzeugin, daß die schmutzigen Neger die Cigarren auf ihren nackten, eckelhaften Schenkeln rollen, und findet es erklärlich, wenn so viele Cigarrenraucher Geschwüre am und im Munde bekommen­ (Lehrerversammlung.) I n Magdeburg waren am 2- Ok­tober d- I . etwa 500 Lehrer versammelt, Männer von allerlei Schulen und aus allen Gegenden, besonders aus den Marken und Thüringen- Die' Hauptgegenstände der Besprechung waren der Lehrerberuf und der Geist einer Lehrervcrsammlung, wie er sein müsse. (Kriechen ist dem Wachsthum förderlich.) Unter allen größeren Thieren beginnt das Krokodil! am kleinsten. Es kriecht aus einem Ei, nicht größer, als das einer gewöhnlichen Gans und doch wird es 50 Fuß lang und darüber. Eben so fängt so mancher Mensch klein an, um desto größer zu werden. Es ist auffallend, daß beide sich so gut auf's Kriechen verstehen; es muß daher dem Wachsthum äußerst dienlich sein. ^ Vaterländische Schaubühne. Samstag am 12. Oktober: »Konig Enzio«, Dr»m» in 5 Akten von Raupach. Ein bekanntes historisches Stück von weniger interessantem Stoffe, als gelungener Diktion. Der sehr beschäftigte, fleißige Herr Engclbrecht, den Konig. Der Darsteller löste seine Aufgabe ,ur «ollsten Zufriedenheit, und wurde mit Luci» (Dlle. Hoppe) in der Scene und am Schluße stürmisch gerufen. Herr Ziegler war »l« Philipp» eminent, was wir an ihm ge> wohnt sind. Der Pictro aexli H,3ineIIi des Herrn Rauch löste sich fast ganz in Pathos und Affektion auf. Wozu das? Ruhe und Natürlichkeit sind. Grundstützcn der wahre» Schauspielkunst. Die übrigen Mitbeschäftigtc» »er» darben nichts. »Der Zerrissene« uo» Nestroy, diese in Wien und auch anderwärts mit großem Eclat gegebene- neue Posse, die wir Sonntag am 13. dieses zu sehen bekamen, wollte durchaus nicht durchgreifen. Eine Posse, die wir fast in allen deutschen Blättern loben horten, eine Posse, die der Sage nach von Humor, Wiß nnd Laune strotzen sollte, eine Posse, welche allüberall die Feuer« probe der Kritik bestanden, eine Posse, auf die sich hier Alles freute, die am besagten Abend »lle Räume unseres Schauspielhauses fast überfüllte, gefiel hier nicht -sie gefiel nicht! — Der Grund dieses Nichtgefallens ist jetzt gleichsam ein Rebus in der Stadt. Unsere Meinung aber ist folgende: Der »Zer. rissene« konnte zumeist »us dem Grunde nicht ansprechen, weil er zu — zerrissen war. Denn als noch vor Verlauf von zwei Stunden der Vor. hang zum letzten Male gefallen war, fragte man sich allgemein gegenseitig, ob das Stück schon zu Ende sei. , Warum der Schlosser Gluthhammer und Kathi uo« Verfasser nicht wenigstens jedes mit einer Arie bedacht worden sind? — denn wir bekamen, außer zwei kurzen Couplets, die Lips zu singe« hatte, nichts zu höre«. — Herr Sommer gab den Kapitalisten Lips. Er bemühte sich redlich, das Publikum zu erwarmen, aber es wollte ihm nicht recht gelingen. — Er hatte das Schicksal der namensverwandten Jahreszeit von heuer. Herr Halle r war als Gluthhammer recht ergötzlich, besonders in der Raufscene mit Lips und in der ersten Scene mit Krautkopf. Mad. Schrit t gab die Kathi höchst »nmuthig. Schade, daß sie nichts zu singen hatte. Herr Zieglc« bewies als -Pächter Krautkopf seine Vielseitigkeit. Die übrigen Porthieen sind unbedeutend. Montag »m ij : »Steffen Langer aus Glogau« von Charlotte Bilch»Pfeiffer . Diese Vorstellung gehört zu den »m beifälligsten aufge­nommenen. Es wurde von allen Theilen der Gesellschaft mit Lust und Liebe gespielt. Herr Engelbrecht kann die Parthie des Steffen zu seinen besten rechnen; es war eine Freude, ihn zu sehen, so wie Herrn Ziegler , der den energischen Kaiser charaktertrcu und wahr zu zeichne« wußte. Dlle. Hoppe war als Klärche« verdienstlich, wie immer, und M»d. Ziegler eine wackere Martha. Herr Schrit t »ls Michel Buren konnte nicht durchgreifen. Die Rolle ist doch dankbar genug, dachten wir? — Dlle. Holm au gab die V»r. scha recht brav. Ih r rusischcs Costume war vollkommen nationell. Der Haushofmeister wurde durch ein neues Mitglied, den Herrn Kistler, re> pr»sentir5 Wir enthalten uns bei diesem ersten Debüt alles Urtheils. Dinstag am 15. sahen wir Kotzebue's »Menschenhaß und Reue«. Nicht leicht kann ein Schauspiel bekannter sein, »ls dieses, «bschon es ohne Zweifel zu den langweiligsten des berühmten Verfasser« gehört. Wir wollen nicht in die nähern Details dieses alten Rührstückes eingehen und blos sagen, daß die Besetzung desselben entsprechend und die Ausführung ziemlich gerun­det genannt werden kann; möge es ruhen im Frieden! — Leopold Kordesch. >VuIinung8- Veränderung. ver llesei^te «oi^t Inei-mit ei-xelx-uzt an, äaz« er «oine Woluiunx au« äor Vorzwnt Ili-aI.Hu in äie Nnsen^«!:, »äer ei^entliek aul «len 8t. ^Knlisplatii, Hau« Ki>. 104, 2. stock, NoäkKteur äer »OHlnioIik.« Auflösung der Gharade in 3lro. 83. Scharfsinn. Laibach. Druck und Verlag des Josef Blasnik.