Seite 2. Das Gottscheer Trachtenfest. Nach mehrmonatlichen Vorbereitungsarbeiten wurde Sonntag den 12. August 1928 in der Stadt das Gottscheer Trachtenfest abgehalten und führte dasselbe zu einem durchschlagenden Erfolge. Die Seele des Unternehmens war Vavkensch Amo, ihr zur Seite standen die Herren Oberlehrer Perz, Dr. Krauland, Dr. Röthel und Dr. Arko sowie auch alle an der Ausführung Mitwirkenden. Alle, die sich am Feste akliv beteiligren, haben ihr Be¬ stes hergegeben und gebührt ihnen daher der Dank und die Anerkennung der gesamten Gottscheer Bevölkerung. Ein wunderschöner Sonntagsmorgen lächelie den Festteilnehmern entgegen, die bereits in den frühen Morgenstunden in die Stadt ge¬ eilt waren, um dem Empfange und dem festlichen Einzuge beizuwohnen. Da an diesem Sonntage das Begräbnis des Kroatenführers Stephan Ra- die staltfand, mußte das Vormittagsprogramm entfallen. Mehrere Herren und Damen in Gotl- scheer Tracht fuhren am Vormittage zur Bahn, um die einlreffenden Gäste zu begrüßen, worunter sich auch Herr Gebietsabgeordneter Pros. Jarc befand. Um 11 Uhr vormittags begann eine Heerschau von Trachten im Gasthause „Harde", wo sich inzwischen sämtliche Mitwirkenden ein¬ gefunden hatten, um mit den Gästen vom Lande in Berührung zu kommen. Um 1 Uhr nachmittags sammelten sich alle Tcachlenträger im Gasthause „Zur Sonne", um sich zum Festzuge zu formieren. Der Festzug von der Bevölkerung auf das freu¬ digste begrüßt, wurde von drei berittenen Gott- scheern angefübrt, worauf die Musikkapelle folgte. Himer der Musik aber schritten die Gottscheer und Gottscheerinnen in ihrer malerischen Tracht, wobei besonders die in Tracht einherschreitende Jugend ein liebliches Bild bot. Am Festplatze angelangt, strömte die den Festzug begleitende Bevölkerung aus den Schauplatz und die Zu¬ schauermenge betrug, gering geschätzt, 3200 Per¬ sonen, eine Masse somit, die die Stadt Gottschee bei einem Feste noch nie gesehen hat. An dieser großen Beteiligung ersah man aber auch, daß unsere Leute noch immer mit Anhänglichkeit an den alten Trachten, den Sitten und Gebräuchen ihrer Vorfahren lebhaften Anteil nehmen und sich die Zeiten von dazumal ins Gedächtnis zurück¬ rufen wollen. Auf dem Schauplatze, wo eigens hiezu eine Bühne hergerichtet war, fand hierauf die Vor- führung von vier Bildern aus dem Gottscheer Volksleben in vergangenen Zeiten statt. Bei dem ersten Bilde wurde man in eine altgott- scheerische Spinnstube versetzt, wo anmutige Gott¬ scheerinnen an den Spinnrädern die Fäden für die Lcinwanderzeugung zurcchtrichteten. Auch der Webstuhl und die übrigen Werkzeuge, des¬ gleichen ein Dörrofen fehlten nicht und gaben ein anschauliches Bild der alten Leinwanderzeu¬ gung. Die bei dieser Szene gesungenen Gott- scheerlieder versetzten den Zuschauer so recht in eine altgottscheerische Spinnstube. An diese Szene reihte sich die Werbung an und verdienen die hiebei handelnden Personen als: Herr Oberlehrer Perz als Brautvater, Frau Marie Vavken als Brautmutter, Frau Dr. Krauland als Braut, Herr Adolf Vavken als Bräutigam, sowie die Herren Georg Mille und Theodor Javorek als Werber für ihre vorzüglichen Darstellungen volles und uneingeschränktes Lob. Das zweite Bild brachte das Kranzleischbinden und wirkte in seiner gmen Wiedergabe herzerfreuend auf die vielen Zuschauer. Der Abschied der Braut von ihren Eltern, der in so natürlicher Weise wiedergegeben wurde, wirkte herzergreifend auf die Zuschauer und so mancher von diesen wischte sich die Tränen aus den Augen. Imponierend wirkte der Hochzeitszug, der mitten durch die Gäste führte und so den¬ selben Gelegenheit gab, sich die Trachten und. deren Träger und Trägerinnen näher anzusehen. Den Abschluß bildete die Hochzeitstafel, bei der es einerseits recht lustig, andererseits wieder sehr traurig zuging. Herzerfrischend wirkte hiebei das gelungene Auftreten der Frau Regine Vavken, die mit ihren originellen Einfällen die Lacher bald auf ihrer Seite hatte. Auch der Hochzeits¬ leiter Herr Antvn Zurl versah sein schweres Amt mit Würde und Verständnis. Erwähnt sei, daß bei den einzelnen Szenen nur in der Gott¬ scheer Mundart gesprochen und auch nur mund¬ artliche, darauf bezughabende Gottscheer Lieder — insgesamt zehn — gesungen wurden. Die Hochzeitsgesellschaft begab sich nach aufgehobener Hochzeitstafel aus den Tanzboden, wo die ein¬ zelnen Paare den Tanz und gleichzeitig auch den überwiegenden Zahl der Gottscheer noch sehr le¬ bendig ist, haben doch viele noch die Erinnerung an liebe Anverwandte, die die Tracht getragen oder sie bei festlichen Gelegenheiten angelegt haben. Und damit hat sie auch für das noch lebende Geschlecht etwas Persönliches, ja darüber hinaus etwas Verehrungswürdiges an sich. Jeder wird die Tracht wie ein Kleinod hüten und wird mit Stolz und Liebe anlegen, was diejenigen, die ihm das Liebste gewesen sind, getragen, und was den Blick zurücklenkt auf die Geschlechter, die mit Blut und Schweiß das Land bedeckten, das deswegen jedem Gottscheer heilig und teuer ist. Und weil dem so ist, deswegen sollte jeder in der Tracht dasselbe Volksgut sehen, das ihm auch sein Gottscheer Dialekt ist. Auch hier gilt: „Was du ererbt von deinen Vätern, erwerb es, um es zu besitzen". Jawohl, erwerb es, d. h., werde dir seines hohen, sittlichen, volkserhaltenden Wertes bewußt, indem es dich von anderen scheidet und dafür umso inniger mit deinem Landsmann, mit deinem Bruder und selbstredend auch mit deiner Schwester verbindet. Wenn sich nun auch nicht das Rad der Zeit rückwärts drehen und die Tracht wieder als Kleidung im gewöhnlichen Leben einführen läßt, so würde ich' euch, liebe Gottscheer, einen Vorschlag zu bedenken geben. Würde sich, vom Trachtenfest abgesehen, nicht ein Tag im Jahr ausfindig machen lassen, der für euch alle von besonderer, erhabener Bedeutung ist? Ich glaube doch. Würde sich nun dessen Bedeutung nicht noch dadurch erhöhen, daß man dem Festtag rein äußerlich einen besonderen Reiz und eine größere Weihe gibt, indem map ein Kleid anlegt, das durch die Geschichte geweiht ist? Deswegen schlage ich euch vor, zur Kirchweih eure Tracht hervor¬ zuholen und sie anzulegen. So ist es z. V. im Banat, und die Banater sind stolz auf ihre Tracht und diesen Brauch und hängen fest an ihm. Das gäbe dann ein echtes deutsches Volksfest, und mancher inzwischen in Vergessenheit geratener Brauch und manches Lied würden wieder neu aufleben und einen Schutzwall um das Land ziehen und es stärken in dem heutigen schweren Kulturkampf. Jedenfalls h^ben alle die, die sich um das Zustandekommen dieses Trachtenfestes in dieser oder jener Form bemüht haben, den Dank des Gottscheerlandcs verdient, und es wäre zu wünschen, daß jedes Jahr ein solches oder ähnliches Fest volkstümlicher Art brächte. Zum Schluß sei noch erwähnt, daß die vor¬ züglich gelungene Aufführung des Festspieles den Gästen einen liefen Einblick in das Volksleben und in die Seele der Gottscheer gewährt hat. Und wenn ich noch des Festzuges gedenke, so war dieser r.cht zahlreich, und niemand konnte sich des tiefen Eindruckes, den er auf den Zu¬ schauer machte, erwehren. Jahrgang X. 'Goiischeer Zeitung — Ni. 25. Seite 3. Wt-ik-cis ciis l-lsl^sfk-si-i, ciis risel^ cisk' SoI^icrstit-IVlSt^OclS VVsseiis w_>sck->. Oss dscisiu- tst: Z^dsr^s siriwsic^sri mit ri^orgsris SirirV»Ä> s