3 a i b a ch e r. W o ch e n b l a tt zum Nutzen und Vergnügen. Nro, 21. Freytag den 26. May. 18 »5- Trauriges Lebensende Ludwigs XVI. (Beschluß.) ^^ieß waren dis letzten Worts, die er in seiner Wohnung sprach. An der Treppe begegnete er den Thurmwachter Mathey, und sagte ihm, „Mathey! ich war vorgestern etwas lebhaft gegen euch; seyd mir „deßhalb nicht böse." Mathey antwortete nichts. Ludwig gieng mit festem Schritte über den Hos; so oft er seine Blicke gegen den Ort zurückwandte, in dem seine Familie eingesperrt war, machte er eine krampfhafte Bewegung, als ob er seine ganze Kraft zusammen nehmen müßte, um nicht z u erliegen. Endlich stieg er in den Wagen , der dem Maire gehörte; sein Beichtvater setzte sich nchen ihn; gegenüber saßen ein Lieutenant von der Gensd'armerie und ein Marechal des Logis. Während sechs Stunoen mußten alle Häuser bey Todesstrafe verschlossen bleiben; Paris glich einsr Wüste. Der ganze Weg vom Temple bis auf den Play Ludwig XV. war mit einer doppelten Reihe VYN Truppen besetzt; auf dem Carrousel« Platz :,nd in der Nähe waren Kanonen aufgepflanzt. Ungefähr hunderttausend Mann waren unter den Waffen. Achtzigtausend Schlachtopfer waren es, die ein anderes Gchlacht-opfer zum Altar des Todes führten. Schrecken und Angst mahlte sich auf allen Gesichtern ; man sah einige Thränen stießen; aber dieß war auch das einzige Zeichen von Theilnahme, das der unglückliche Monarch auf seinem Wege und bey einem beyspiellosen Mißgeschick erhielt "). Ludwig XVi. war fast zwey Stunden unterwegs. Als er aufdem Revolu-tions -Platze angekommen war, empfahl er seinen Beichwuter den Gensd'arnnn, und als sie nicht gleich antwortstm, sag-„te der König: Ich ersuche euch, dafür „zu wachen, daß ihm nach meinem Tode *) Es war beschlossen worden, daß jedermann, der um Gnade schreyen würde, auf ccr Stelle ins Gefängniß geworfen werden , daß die Frauen zu Hause bleiben, und alle Fenster rerschlosse« werden «ollten. Santerre hatte überdieß dem Gemeinde-Nath angekündigt, daß, wenn das Volk sich irgendwo gruppenweise versammeln sollte, man es sogleich auseinander sprengen würde. k '„nichts geschehe." Ludwig bestieg das 5,Schaffott, das für ihn der Triumphbogen wurde, durch den er zur Glorie em-gieng. Er zog selbst seinen Rock aus, und nahm seine Halsbinde ab. Die drey Henker, die das Urtheil vollziehen sollten, deuteten ihm an daß man ihm die Hände binden, und die Haare abtthneidcn müsse; „Mir die Hände binden ! sagte er etwas lebhaft, O ! ich bin meiner gewiß;" gleich daraufbesann er sich aber, und sprach: „Thut, was euch beliebt; es ist das letzte Opfer." Dann trat er an den Rand des Blutgerüstes, und sprach mit lauter und fester Stimme folgende Worte z „Ich sterbe unschuldig an allen Ver-„brechen, die man mir zur Last legt; ich „verzeihe meinen Feinden; ich bitte Gott, „ihnen zu verzeihen, wis ich, und das 5,Blut, das man nun vergießen wird , nicht „an der Französischen Natiou zu rächen. „Und du, unglückliches Volk....." Bey diesen Wort n schriö Santerre dem Henker zu: „Thu deine Schuldigkeit.^ ^ Zugleich gab er ein Zeichen, und das Wirbeln all r Trommeln hinderte Ludwig weiter zu reden. Die drey Henker ergriffen ihr Schlachtopfer, und brachten es unter das mörderische Eisen. Sein Beichtvater sagte ihm noch die erhabenen und tröstenden Worte: „Sohn des heiligenLudwigs steige zum Himmel empor!" In demselben Augenblicke siel das Beil; sein Haupt wurde vom Körper getrennt und dem Volke gezeigt. ..." Solchergestalt, fügt die Gazette de France hinzu, ward der Königsmord vollbracht, um dessentwillen wir heute die göttliche Barmherzigkeit anstehen NeueErfindung, Schuhe zu verfertigen. Herr Brnnell, der Erfinder der vor-trefflichen Säge? und anderer Maschinen in Portsmouth und Woolwich, hat kürzlich in London eine Fabrik errichtet, auf welcher Schuhe vermittelst Maschinen gemacht werden' Diese Maschinen sind sehr einfach und so bequem, daß, nach den Worten des Erfinders, Ein M nsch , wenn er nur erst mit der Maschine ums zugehen weiß; im Stande ist, den Tag übec acht Paar starke Schuhe zu verfertigen. Die Sohlen werden an das Oberleder mit eisernen Nägeln oder einer gewissen Art von Nieten befestigt. Bey den Schuhen für die Armee ist die ganze Sohle mit dergleichen Nieten beschlagen, weswegen sie sehr lange getragen werden. Ueber-dieß sind diese Schuhe wasserfest. Mchce-re der angesehensten Reisenden haben diese Fabrik besucht, und sich durch die Versuche, die vor ihnen gemacht worden, sowohl von der Vortrefflichkeit als Dichtigkeit der Arbeit selbst überzeugt; denn, das Waffer, das in die Schuhe gegossen ward, drang auch nach einer geran-men Zeit nicht im geringsten durch. Unnöthige Vorsichten einer alten Jungfer. Zu Taunton in England starb vor einigen Monathen eine 82jährige Jungfer, Namens Hannah Murton. Sie hatte einmal geschworen, aber als sie schon alt war: kein Mann sollte sie weder im Leben noch im Tode berühren. Im Leben konnte sie selbst dafür sorgen; aber wie nach ihrem Tode? Um ihrem Gelübde treu zn bleiben, hatte sie sich vor 10 Jahren einen Sarg angeschafft: so oft sie nun krank wurde, legte sie sich hinein, damit gleich nach ihrem Tode die ganze Sache abgethan wäre. War sie gesund; so diente der Sarg zum Kleiderschranks und zur Vorrathskammer. N a t u k s p i e l e. Zu D - Amts D — am Rhein wurde im Monathe Februar dieses Jahrs ein Kalb geboren, dessen Kops ganz menschlich gebildet, mit glattem Gesichte, starkem Barte, der übrige Theil bis zur Mitte des Leibes ganz Kind, der Hintertheil aber wie eine Kuh gestaltet war. Seiner Lebenskraft nach würde es gewachsen seyn, allein aus Aberglauben schnitt der Eigenthümer ihm gleich den Hals ab. Der Händedruck. Ein grosser sehr reicher Herr, der, so oft er mich sah , aus mich losgelaufen kam, und mir mit allen zehn Fingern die Hand drückte, rief jedesmal dabey aus: "Ach! mein Freund! ach! mein theurer Freund'l "und ich glaubte, er sey mir nicht abgeneigt. Eines Tages erwartete ich Geld, er-? hielt aber keines, und da ich doch durchaus Geld brauchte, so gieng ich zu dem Freunde, der mir so stark die Hand drückte. Ich rede ihn an und erzähle ihm ohne viele Komplimente meine Umstände; stelle ihm meine Lage vor und bitte ihn um seinen Beystand. Er hört mir ruh'g zu, blickt mich an und sagt kein Wort. Wie? rief ich aus. Haben Sie keine Lust, mir beyzustehen ? Ich? Und warum? Weil Sie der beste und geliebteste meiner Freunde sind. In diesem Falle beklage ich Sie. Ist's möglich? Kommen Sie nicht allemal ans mich los, wenn wir einander auf der Brücke, auf der Stcaße oder dem Spatzierwege begegnen? ^ Ja , weil Sie mir eine Menge Neuig' keitsn, Abenteuer und Anekdoten erzählen , die ich gern anhöre. Wirklich! aber dieser zärtliche Händedruck? Ach! -— zärtlich - ich wünsche es; aber wissen Sie, daß dieß eine Krankheit ist, ja ich leide an Nervenübeln, an zu großer Reitzbarkeit, an Nervenzuckungen; wenn ich daher etwas ergreife, so fasse ich es an, als ob ich es nie wieder fahren lassen wollte. Das ist rührend und sehr empfmds sam! - Ich ging. An einem schönen Morgen kleide ich mich geschmackvoll an, und gehe an einen Ort, wo eine Anstellung zu erhalten war. Wir waren zwey Personen, die nach einer und derselben Stelle geitzten, allein ich hatte den Vortheil voraus, daß ich mit dem Herrn, der hierbey alles vermochte , aus einem Lande war- Er hatte mich mit besonderer Güte aufgenommen, und ich hatte von ihm die schmeichelhaft testen Versicherungen erhalten. Er hatte sich nach meiner "Familie, nach meinem Vermögen, nach meiner Ecziehung erkundigt, und es hatte das Ansetzen, als ob er wirklich Antheil an mir nähme, worüber ich entzückt war. Er begleitete mich bis an die Thüre seines Vorzimmers und drückte mir die Hand aufdie freundschaftlichste Weiss von der Welt, und ich verlasse ihn voll Hoffnungen. Aus der Treppe begegne ich meinem Nebenbuhler, er hatte ein Papier in der Hand, ich frage ihn, ob es ein Aufsatz sey; er erwiedert mir, es sey eine Bestallung. Ich bitte ihn , sich mir zu erklären ; er thut es und zeigt mir einen Brief von der Hand meines Beschützers, worin ihm dieser Treulose die Erhaltung des Amtes zusagt, um das ich mich beworben hatte. Tief gekränkt gehe ich zu der jungen Hortensia, dem Gegenstande meiner Liebe. Sie saß mit einigen Freunden bey Tische. Da ich zuletzt kam, so will ich mich unten hinsetzen , um memand zu stören , allem sie ruft mich, und gibt em Zeichen, daß man mein Couvert zwischen chr und ihrem Nachbar decke. Ich gehorche, und setze mich ihr zur Rechten. Wchrend isder ißt oder vielmehr alles eifrig hinunter schlingt, berühre ich mit meinem Arme den Ihrigen. Bald fühle ichj ihre Hand, die die Meinige ergreift und sie leidenschaftlich drückt. Ich befand mich im sechsten Himmel. In diesem Augenblicke fällt mir etwas auf den Fuß. ^ch glaube es fey entweder ein Stuckchen Kuchen oder ein Stöpsel, und bücke mich niaschinenartig, um ihn aufzuheben; allem wie aroß war mein Erstaunen, als ich sah, daß es ein Briefwar, ja em Bnef. Von wem ? Von meinem Nachbar zur Linken. Er batteiw aeschickt m dieServiette zubrmgen oewu i,d:e unstreSchöne aufdenSchoße liebhatte. Durch ein falsche Bewegung war er herabacfaUen, ""d >o kam ich hmter die Mtrique, welche meiner Liebe einen schreVn^ klagte i doch km Wort, ^as Me! war emmal aescheh n, hier war keine Rettung; ich durste di jenige nicht länger lieben die so lanqe der Gegenstand memer heißesten WüH gewesen war, ich konnte sie mcht mehr achten und nicht mehr langer bey "hr bleiben. Ich ergriff einen Vorwaud, ^em ich em Geschäft vorgab. an das ich «ichtgedachthätte. Ich entferne Mich, eile fort, und höre noch im Vorzimmer, daß man voll Freude auf meine Gesundheit ^Durch diese Reihe von traurigen Erfah-runaen habe ich wohl einsehen lernen, wie viel die Freundschaftsbezeugungen bey den meisten Menschen zu sagen haben , und welchen Werth man auf den Handedruck zu setzen hat. Der Spiegelsaal. Die Gräuel der Verwüstung, welche der Krieg seitdem Febcuar 1813 dem sonst so glücklichen Sachsen zuführte, betrafen unter andern auch das Rittergut G.... beyB...., besonders das schöne herrschaftliche Schloß. Alles ward hierruinirt und geplündert, vom Dachsparren bis zum Weinkeller. Nichts schüzte gegen die bewaffnete und muthwillige Faust der Soldaten , weder Verstecken, noch Vergraben, noch Verriegeln. Nur an einem großen Saale, dessen Wände durchaus mit vene-tianischem Spiegelglase belegt waren, gieng der Dämon der Zerstörung schonend vors über — und das gieng also zu -. Der Saal lag etwas versteckt und war auch verriegelt. Die Zerstörer u. Plünderer — über 30 -welche ihn entdeckten, rissen erst an der Thür, und guckten, als diese nicht gleich aufsprang, hinein, dmch em Fenster des Conidor's, an welchen derSpiegelsaalgrenz» te. Em fiüchtiger Blick auf seine Herrlichkeit reizte nur noch mchr zum Eintritt. Die ganze Schaar stemmte sich an dis Thiir — sie brach ein ^ mit ihr in den Saal die wilde Horde. — Aber, nicht Einer legte Hand an das gräßliche Wirk der Zerstörung. Alle standen wie bezaubert, still , und sahen bald Einer den Andern an , bald ihre holdm B'Uder m tzm Sp iegeln. ^. Oe?8t wii — dxci6^.iem^uc io1 ! gings von Munde zu Munde, und - sollte man's glauben — damit aieng auch das Gesin-del wieder zur Thür hinaus, ohne nur den m indesten Schaden angerichtet zu ha? b?n. Auflösung des m Nro. 19. enthalteneu Logogryphs Pfeiler.