tern der Mger. Deutscher Klaubensbote. « « herausgegeben von der Gesellschaft der „Söhne des bist, herzens Zesu". « « Erscheint monatlich 32 Seiten stark. — Preis ganzjährig 3 K = 3 Mk. —4 Frcs. Wr. 6. Juni 1902. V. Iayrg. Inhalt: Seite Todesnachricht..............................161 Bum Kerz Jesu-Monat.........................162 Aie Hlaubensboten des deutschen Vollics: Hl. Bonifazius......................... 163 Aciseerinnerungen ans chltsndan. Von $. Geyer.................................170 Aut Wüstensaum................. . . . 174 Ans dem Wissianslevcn: Die Gründung einer Missionsstation. — Durch Kreuz zum Licht. — Die Ernte ist reif, aber der Arbeiter sind wenige. — Die Verehrung des hl. Petrus bei den Negern. . . . 176 Mnndschau in den Missionen: Europa. Asien. — Amerika. — Afrika. . . . 182 Seite Pie Patlcl'patme...........................185 Verschiedenes: Nene Rechtschreibung — Entthronte afrikanische Herrscher. — Der Krug geht zuin Brunnen, bis er bricht. — Gegen giftige Schlangen. — Pest und Ratten in Aegypten. — Ein mächtiger Schimpanse. — Tunesische Kriegs-Fantasie. — Jagdvcrgniigcn am mittleren Nil. Abbildungen: Zum Herz Jesn-Monat. — Hl. Bonifazius. — Aegyptische Wasserfrau. — Sphinx und Pyramide. Die Dattelpalme. Missionshaus Mühla nt! bei Brixen (Mol). j /2 aUm S ^bittet das Gefertigte von seinen Jreun Will ÜVllvvIvnil! den utld 6önnern entbehrliche Bücher, < wenn auch älteren Datums, besonders < ascetischen und theologischen Inhaltes. missionshaus Itiiiblawi bei Brixcn. mP Aeltere Jahrgänge öes „Stern ber Neger" stub noch erhältlich unb zwar: Zweiter Jahrgang (1899), bas zweite für sich abgeschlossene Halbjahr ä i K„ dritter Jahrgang (1906) ä 2 K, vierter Jahrgang (1901) ä 2.50 K. Alle Jahrgänge zusammen bezogen kosten nur 5 Kronen 5 Mark. Behufs Erleichterung in der Versendung ersuchen wir die verehrlichen Ab-nehmer höflichst, bei allen Anfragen, Geldsendungen u. s. w. stets die gjg5T gedruckte Schleifnummer und Adressenänderungen etc. stets bis zum 20. des Monats angeben zu wollen. Kerzt'iche Bitte an unsere verehrt'. Leser! Wir bitten unsere Freunde, uns neue Abnehmer gewinnen zu wollen. Durch Bestellung des „Stern der Neger" wird ein hervorragend katholisches Werk unterstützt und zugleich ein österreichisches und deutsches Unternehmen, nämlich die Entwicklung unseres Missionshauses, gefördert, worin Kinder unserer Heimat und Söhne unseres Vaterlandes zu Missionären ausgebildet werden. Diejenigen unserer verehrten Leser und Wohltäter, wetche von den vergriffenen Nummern 1 bis 5 inct. des 2. Jahrganges des „Stern der Neger" überzühtige Exemplare beschen, ertauben wir uns herzlichst zu bitten, uns diesetben um Gotteslohn und der guten Sache wegen gütigst zukommen taffen zu wollen, da wir an deren Desttz ein lebhaftes Interesse haben und selbe mit dem größten Danke entgegennehmen. Korrespondenz 6er Expedition. Eingegangene Geldsendungen. (Vom 26. April bis 26. Mai 1902.) Unsern geehrten Abonnenten zur gefl. Kenntnisnahme, dass wir der Einfachheit halber milde Gaben re. für unser Missionshaus nur mehr an dieser Stelle quittieren werden. Tür das Missionshaus j Kronen Aus Salzburg ...............................104.— Aus Vorarlberg.......................... 557.— Anna Miese, Düsseldorf...................... 5.86 Maria Psaier, Villnös........................ 2,— Kath. P. in A., Tirol................... 6.— Ungenannt in B.............................. 2.30 Christian Zech, Bludcnz......................20.— 20.— 1.— 60.— 50.— 3,— 1,— 2,— 3,— 10.— 151.31 .... 214.— durch Frau Baronin Franz Christanell, Innsbruck Susanna Merancr, Bozen. . . Anton Fischbacher, Kirchenthal . Ungenannte Wohltäterin in Kuchl Alois Schrutck, Wien . . . Agatha Häfele, Hohenems . . Karl Beinhakl, Losenstcin . . B. Längle, Pfarrer, Laterns K. Gabt, Pfarrer, Bartholomäberg Aus Salzburg..................... Aus Tirol ....................... D., Nonnenhorn am Maier, Pfarrer a. Bodensee . Senderell, Dekan, St. Gallcnkirch . Joh. Gottstein, Pfarrer, Groß-Aupa Schwingshackl, fb. Hofkaplan, Brixen Eminenz Kardinal Dr. Anton Gruscha, Fürsterzbischof, Wien Ungenannt, Brixen . . Josefine Lanz, Höchst a. Rh. Joh. Mering, Münster . M. Schmidmayr, Haag . Kronen 352.05 3,— 7,— 7,— 200.— 1,— 2,— 3.52 10.— Tür deiilge Messen: H. Nehrer, Pfarrverweser, Brunnen . . 46.90 Baronin Bnol, Kältern............... 20.— Kaplan Hummel, Ravensburg .... 52.76 E. Fröhlich, Ahrweiler.............. 7.04 H. Schwer, Steele...................28.15 M. Schmidmapr, Haag................. 10.— Amalie Lazarini: 1 weißes Paramenten-Verein Innsbruck durch Frau Baronin Amalie Lazarini: 1 weißes Meßkleid, 1 Cingulum, 1 Palla, 2 Humeralien, 2 Korporalien, 6 Purificatorien, 6 Lavabotüchlein. — Frau Bering, Brixen, sandte Hausutensilien. — Marian. Damen-Kongregation v. d. Unbefl. Empfängnis, Wien, sandte 4 Chorröcke. Allen unseren Wohlthätern sagen wir ein herzliches „Vergelts Gott" und bitten um weitere Unterstützung dieses Missionshauses. „Die Kirofer tut heiligen Land, „Äks das Jahrhundert int Beginne stand." Bericht über die beiden Volkswallfahrtcn des Jahres 1901. Im Aufträge des Palästina-Pilger-Vereines verfaßt von P. Melchior Lechner ord. fr. min., Lektor der Theologie und Provinzial-Dcfi-nitor zu Innsbruck. Eigenthum und Verlag des Palästina-Pilger-Vereins zu Brixen. Druck von Dr. Giamara & Findl, Innsbruck. Das Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Hochwürdigst-Durchlauchtigstcn Herrn Erzherzog Eugen gewidmete Werk ist ein Gedenkbuch für die Teilnehmer unserer Wallfahrten 1901, aber auch eine Opfergabe des Verfassers und des Pilger-Vereines, um durch die Schilderung echter „Volkswallfahrten" allüberall Pilgerzügc anzuregen, die auch den breiten minderbemittelten Schichten des Volkes den Besuch der heiligsten Stätten auf Erden ermöglichen sollen. Das „Pilgerbuch des Jahres 1901" ist ein wahres Volkslehrbuch im besten Sinne des Wortes und reiht sich in würdigster Weise dem „Pilgerbuche des Jahres 1898 an", ja übertrifft dasselbe durch Reichhaltigkeit und glänzende Illustrierung wie Ausstattung. Das Pilgcrbuch ist 27 Druckbogen stark, mit 170 vollständig neuen Illustrationen ausgestattet, in großem Formate, auf sehr schönem Papier mit vorzüglichen Lettern gedruckt und mit künstlerischem, reich vergoldeten oder versilberten Einbande und Schuber versehen. Das volkstümliche Werk eignet sich dem Inhalte und der Ausstattung nach ebenso zu Festgeschenken und Prämiengabcn, wie zur Massenverbreitung durch katholische Vereine. Da das Werk in großer Auflage erscheint, mit keinem Schriftstcllerhonorar belastet ist und ein materieller Gewinn nicht angestrebt wird, sind folgende Bezugsbedingungen crinöglicht: 1. Die Teilnehmer der beiden Vereins-Wallfahrten des Jahres 1901 erhalten je ein Exemplar gratis; 2. Bonn „Palästin-Pilger-Vereine zu Brixen in Südtirol" mittels Postanweisung bestellt und vorausgezahlt, wird das Buch innerhalb der Monarchie und Deutschland um 3 Kronen ö. W. — 2 Mark 60 Pfennige, nach den Ländern des Weltpostvereines um 4 Francs portofrei versendet;' 3. Im Buchhandel bezogen, stellt sich der Preis eines Exemplars auf 4 Kronen ö. W.; 4. Wir empfehlen dringend die Bestellung eines Postpaketes mit 6 Exemplaren. Im Interesse der Pilgerung nach dem hl. Lande bitten wir um thunlichstc Verbreitung unseres Pilgerbuches in katholischen Kreisen und rechnen darauf, daß jeder Pilger und jede Pilgcrin ca. drei Abnehmer des Werkes gewinnt. sp jpg fl. Aegers* WtsO -- L; H I Auch-, Kunst-, Pllpier- niti Miisikulien - Hunilnug, Brixcn a. E. empfiehlt ihr xM" großes WücherLager aus allen Zweigen der besseren Literatur. Liturgische Merke, Prachtbilder, Kartenwerke. gebet- und jfndacbtsbücber in gewöhnlichen und feinen Einbänden. Heiligenbilder in verschiedenen Größen. Schulbücher, Lehrmittel, schulen für Musikinstrumente. Großes WuliKalrenlager. |ig|pr Uebernahme nnd schnelle Erledigung von jlbSNNementZ auf Zeitschriften und Eieferungs - CüerHe. Kataloge und Answahl-sendnngen bitte zn verlangen. Ansichts- u. 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Mai wurde in der Hauskapelle der Seelengottesdienst für den heimgegangenen Missionsbischof gehalten. Bischof Roveggio war ein musterhafter Ordensmann, ein wahrer «Sohn des hist. Herzens», ein frommer Bischof, ein seeleneifriger Apostel und starb als Märtyrer seines apostolischen Berufes und erhabenen Amtes und als Soldat Jesu Christi auf dem Kampfplätze. Wir zweifeln nicht, dass er die Krone der Apostel und Märtyrer bereits empfangen habe. Eine Lebensbeschreibung mit Würdigung der hervorragenden Verdienste des verstorbenen Prälaten um die Mission von Central-Äfrika folgt in nächster Nummer. R. I. P. liebliche Monat der jungfräulichen Maien-königin ist zu Ende. Sein Grundton ist ^-3 jener geistige Zauber, der in dem reinen Blütenkranze der Natur, in dem würzigen Hauche der Lenzesluft, iu dem milden Lichte der Sonne und dem tiefen Blau des Himmels seine natürlichen Sinnbilder findet. Jetzt wechselt unten das saftgrüne Gewand der Fluren, oben die ätherische Hülle des Firmamentes. Allenthalben regt und bewegt es sich ungestüm, ein neues Leben und Weben offenbart sich. Die schlummernde Knospe des Maies bricht flammend hervor in der feurigen Junirose. Die goldenen Ströme des Lichtes wallen und wogen reiner und Mnzender hernieder und übergießen alles mit einer männlich-kräftigen Anmut. Die Liebe, welche vor kurzem noch in verschleierten, ungeklärten Gefühlen das glaubensinnige Herz erfüllte, schwingt sich nun selbstbewußt auf zur lebenspendenden Geistersonne. Hier, in deren Brennpunkt, wird sie so recht inne, was es heißt, für Gott, in Gott, mit Gott leben und wirken. Ein unergründliches Gottesherz ist es ja, an dem das armselige Menschenkind ruhen darf, voll des heiligen Schreckens. Ein unendlich liebenswürdiges Menschenherz ist es ja, das für alle Nöten und Leiden, für alle Widerwärtig-keiten und Kümmernisse nicht nur mitleidige, tröstende Worte hat, sondern auch Kraft und Licht, Mut und Ausdauer verleiht, die stete Mühsal des irdischen Daseins fruchtbringend bis ans Ende zu tragen. Jeder, der Mensch ist, muß seine Last tragen, muß für die dürstende Seele aus dieser Quelle die Wasser des Lebens schöpfen. Das Kind findet hier den Freund, der es so zärtlich liebt; der Jüngling, die Jungfrau lernen hier, welche Bildung ihr unerfahrenes, oft so stürmisch bewegtes Herz verlangt. Eltern und Vorgesetzte und alle die andern, welche den Ernst des Lebens 'zu würdigen verstehen, heben hier jene reichen Schätze, deren sie in der Zeit und Ewigkeit benötigen. Jesu-Herz, ein Gottesherz; Jesu-Herz ein Menschenherz; -Jesu-Herz ein Bruderherz. Allen ist es Alles. Alle will es entflammen für sich. Alle will es beseligen. „Von der Herzgegend des Menschcn-sohnes auswärts und von der Herzgegend abwärts sah ich Feuerglanz entstrahlen in der Runde." (Ezech. 1, 27.) 4 / / \ m ■■ ^wwwwwwwwwwvwwwwvwwwwwwwwwvwwvyvv W\V\\\V\V\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\V\\\\x\xaY Die Glaubensbolen H t. Z3 T. Der bl. Bonifazius dir zur mission in Deutschland. 1. Krste Mission. ier Momente sind es hauptsächlich, die bei der Beurteilung eines Menschen neben dessen individuellen Eigenschaften in Betracht gezogen werden müssen. — Die eigentümliche Natur seines Landes und Volkes, deren unmittelbar vorangegangene Geschichte, die Erziehung in Familie und Schule und die Verfassung seiner Umwelt. Die glücklichen Tage Ludwigs XIV. und das schreckliche Ende seines Enkels bewahrheiten dies augenscheinlich. Wenn der junge Papinius im Augenblicke des Selbstmordes seine Mutter verdammt und der Senat sie verbannt, damit sie nicht auch (Tac. arm. 6, 49) ihren jüngeren Sohn zugrunde richte, so ist das ein furchtbarer Beweis für unsere Behauptung. Hätte Heinrich IV. andere Lehrer gehabt, er wäre vielleicht ein Heiliger geworden und die Erfahrung einer Völkergeschichte spricht sich in den Worten ans: „Sag mir, mit wem du umgehst und ich sage dir, wer du bist." Freilich können wir bei dem Zwecke, den wir uns gesetzt, nicht immer den ganzen Inhalt dieser Mo-niente offen darlegen; wir werden ihn öfter nur in großen Zügen umgrenzen können, aber zur richtigen Würdigung unseres Gegenstandes vollkommen ausreichend. Die Wiege des großen Apostels der Deutschen stand zu Crediodunum in dem angelsächsischen Königreiche Wessex zn einer Zeit, wo die junge Sonne des christlichen Glaubens nach furchtbaren Stürmen und gewittervollen Tagen mit ungewohnter Pracht die unheilschwangeren Wolken des Heidentums und der Häresie überstrahlte und in ihr Nichts auflöste. In der Tat hatte die Geschichte des Katholizismus n?£ deutschen Volkes. nifazius. auf der „Insel der Heiligen" in den ersten sechs Jahrhunderten eine verhältnismäßig große Anzahl der wildesten Kämpfe zu verzeichnen. Schon in apostolischen Zeiten entstanden, konnte die britische Kirche im Sturme der allgemeinen Christeuverfolgungen zahlreiche Blutzeugen aufweisen. Gegen Ende des vierten Jahrhunderts war fast die ganze Insel christlich und einheitlich verbunden. Die pelagianische Irrlehre sprengte aber dieses Band wieder. Unglücklicherweise mußten die Römer zur selben Zeit ihre Truppen aus England zurückziehen und den aus dem Norden des Festlandes hereinbrechenden germanischen Stämmen entgegenwerfeu. So konnten die heidnischen Pikten und Schotten über die wehrlosen Briten herfallen. Zu schwach, um sich selbst zu helfen, riefen sie die gefürchteten Sachsen und Angeln ins Land. Aber diese selbst legten ihnen das Sklavenjoch auf, als sie die Schotten vertrieben hatten. Durch ihren rücksichtslosen heidnischen Fanatismus uud ihre greuliche Sitteuverderbtheit richteten sie alles Kirchlich-Religiöse zugrunde. 9titr in dem unzugänglichen Westen erhielt sich ein Teil der Bevölkerung unverdorben an Glaube und Sitten. So lag die Sache, als der von Papst Gregor dem Großen abgesandte Benediktinermönch Augustinus mit 40 Genossen die Bekehrung des Landes bei den Angelsachsen wieder aufnahm. Der angelsächsische Charakter, welcher die Fehler und Laster der andern germanischen Stämme im höchsten Maße gesteigert besaß, machte die Mission doppelt schwer. Der Himmel hatte jedoch bereits vorgearbeitet, indem die Königin christlich war und bedeutenden Einfluß besaß. Von hier aus verbreitete sich rasch das Christentum über die sieben Königreiche; allerdings erfolgte hie und da wieder 164 Die Glaubensboten des deutschen Volkes. ein mächtiger Vorstoß des Heidentums, aber um 680 war die ganze Insel bekehrt und es entfaltete sich nun allenthalben in den Klöstern wie beim Weltklerus eine Regsamkeit, die ihresgleichen nicht hat. Wenn hier das Wort Tertnllians von der stillen Ausübung des Christentums nicht recht angewendet werden kann, so lag dies schießlich weniger in den äußern Verhältnissen als in dem germanischen Charakter selbst. Mit Recht bemerkt Arndt, daß der kräftige, lebensvolle und saftreiche Wildling, Gerniane genannt, der rechte Stock war, dem der göttliche Keim für die edelsten Früchte eingeimpft werden kannte. Die erhabene religiöse Begeisterung, welche damals das ganze englische Volk ergriff, glich dem Erwachen der Natur im Frühling, wo nach dem Siege über den Winter das alte Leben, die alte Liebe in neuer Form sich erschließt, wo der schlummernde Gedanke in der ckühnen Tat feste Gestalt annimmt und die im Herzen treibende Kraft selbstlos der Schwäche zu Hilfe kommt. In einer solchen Zeit des Sturmes und Dranges, wo die Seele der Nation von den Idealen des Jünglings erfüllt war, erblickte Bonifazius das Licht der Welt. Vaterstadt, Geburtsjahr und Namen der Eltern finden sich in den ältesten Lebensbeschreibungen nicht angegeben. Solche Nebensächlichkeiten waren den Verfassern angesichts des tatenreichen Lebens des großen Mannes der Erwähnung nicht wert. Aus verschiedenen Umständen schließt man jedoch, er möchte gegen 680 in dem heutigen Kirton, im Südwesten der Insel, geboren sein. In seinen Adern rollte adeliges Blut. Die Mutter ließ sich von Anfang an die religiöse Erziehung des Knaben, der in der heiligen Taufe den Namen Winfried erhalten hatte, aufs sorgfältigste angelegen sein. So kam es, daß der spätere Apostel schon in frühester Jugend eine auffallende Bescheidenheit, Bedächtigkeit und Gewissenhaftigkeit an den Tag legte. Darum hatte auch der Vater gerade auf ihn die größten Hoffnungen gesetzt. Winfried sollte durch eine hohe weltliche Stellung den Glanz des Hauses vermehren. Aber des Menschen Wege sind nicht Gottes Wege. Der kleine Winfried, dem das Gebet die liebste Erholung war, verspürte schon frühzeitig den Drang nach der hl. Stille des Klosters. Mönche, die in Stadt und Land seelsorgerliche Aushilfe leisteten, hatten auch die Gastfreundschaft der Eltern des Heiligen in Anspruch genommen und mit dem Knaben von Gott und göttlichen Dingen gesprochen. Die milde Salbung dieser frommen Gespräche und das heiligheitere Benehmen der Ordensleute ließen den Wunsch des Kleinen, in das Kloster zu gehen, verstärkt aufleben, so daß er dem Vater in aller Offen- heit seine Hcrzcnsstimmung aussprach. Begreiflicherweise war dieser entschieden dagegen, da ja Winfried damit alle seine Pläne durchkreuzen wollte. Allein alles Mahnen und Drohen, Versprechen und Bitten war umsonst: der Knabe blieb fest. Da entschied der Himmel selbst, indem er den Vater durch eine schwere Krankheit an den Rand des Grabes führte, wo er die Halb- und Hohlheit alles Irdischen und die Berechtigung der Wünsche seines Kindes erkannte. So durfte denn Winfried ins Kloster ziehen. In feierlicher Weise hatte der Vater die Anverwandten davon in Kenntnis gesetzt, die dann den Knaben anwiesen, wie er um seine Aufnahme bitten solle. Der sechsjährige Winfried trug dem Abte Wolfart zu Adescan ca st re (Exeter) sein Anliegen in so kindlich-naiver, rührender Weise vor, daß dieser ihm gerne die Bitte gewährtes) So war der Kleine gegen alle Verführung der Welt geschützt und in der richtigsten Schule, um sich zu seinem späteren Berufe vorzubereiten. Die erhabenen Eigenschaften, welche wir au dem Glaubensboten Bonifazius bewundern, wurden hier in die Seele des jungen Novizen gepflanzt und gehegt. Der kleine Winfried bot ein Muster von Gewissenhaftigkeit selbst im Geringfügigsten und ein Beispiel lebendiger.Ausdauer in dem angestrengten Streben nach Vollkommenheit und Wissenschaft, so daß er durch seine kluge Benutzung der Zeit allgemeine Bewunderung fand. Inzwischen war der Knabe 14 Jahre alt , geworden. Die Probezeit für den Ordcnsstand war zurückgelegt und die Vorstudien beendigt. Damals war die Klosterschule Nhutscclle in der Grafschaft Southampton unter der Leitung des ebenso frommen als gelehrten Abtes Wynbercht in ganz England berühmt geworden. Winfried durfte sie mit Erlaubnis seines Abtes zur'Ausbildung in den höheren Studienfächern besuchen. Auch hier zeichnete er sich durch Liebenswürdigkeit, Fleiß und Frömmigkeit aus, so daß sein reichbegabter Geist glänzend zu Tage trat und er sich die Herzen aller gewann. Grammatik, Rhetorik und namentlich Poetik waren unter den weltlichen Wissenschaften seine Licblingsfächer, in welchen er für seine Zeit best Es war in jener Zeit nichts Ungewöhnliches, das; man schon Kinder in die Orden ausnahm. Die Regel des hl. Benedikt gestattete dies. Meistens waren diese Kinder einfach durch den Willen der Eltern zmN Klosterberufe bestilnnit. Dieses Bersahren war nun allerdings kirchlich nicht zu rechtfertigen, aber die heidnische Ansicht von dem unbeschränkten Verfügen der Eltern über ihre Kinder war eben noch nicht völlig abgestreift. Selbst ein Hraban suchte sie noch auss Heftigste zu verteidigen. W. BonMw$. deutendes leistete. Ueber alles jedoch ging ihm das Studium der hl. Schrift, die er nach jeder Richtung durchforschte und förmlich in sich aufnahm, so daß ihm ihre Anwendung im gewöhnlichen Umgang geradeso wie in Predigten und Briefen zur zweiten Natur wurde. Gleichwohl unterließ er niemals die Uebung der klösterlichen Tugenden und Abtötungen. So war er in jeder Hinsicht ein Muster und von seinen Vorgesetzten für würdig erachtet, unter den jüngeren Mönchen als Lehrer zu wirken. Sein Geschick und Taktgefühl im Unterricht und in der Erziehung zogen Scharen neuer Schüler herbei. Selbst die Mönche anderer Klöster ließen sich seine Vorträge abschreiben. Die zahlreichen Schüler, welche ihm später nach Deutschland folgten, bewiesen deutlich genug, daß diese Begeisterung für den Lehrer aus den tiefsten Tiefen des Herzens ihre Nahrung sog. Die heilige Priesterweihe empfing er nach den damaligen Kirchensatzungen erst im 30. Lebensjahr. Sie konnte sein Ansehen nur noch erhöhen, das selbst bei den Königen der Insel viel galt, wie aus dem Folgenden hervorgeht. Es ist wohl selbstverständlich, daß mit der formellen Bekehrung zuni Christentum auch bei dem besten Willen der jungen Christen keineswegs der alte heidnische Bann vollständig gebrochen war. Als daher der König Ina (688 — 725) von Wessex unter Mitwirkung der Bischöfe ein neues Gesetz im strengkirchlichen Sinne durchführen wollte, entstand eine Empörung. Um die Ruhe wiederherzustellen, berief der König zunächst eine Versammlung der hervorragendsten Männer ans dem Laien- und Priesterstande. Da man aber nicht ohne das Einverständnis des Erzbischofs Berchtw ald von Canterbury, des ersten Kirchenfürsten der Insel, vorgehen konnte, so mußte vor allem ein geschickter Unterhändler gewählt werden, welcher Bercht-wald richtig zu verständigen und zu gewinnen hatte. Das Auge der Versammlung fiel auf Winfried, der dann die Angelegenheit in seiner bekannten Weise rasch und glücklich zu Ende führte. Von dieser Zeit an besaß er das vollste Vertrauen des Königs, die Achtung des Adels und die Geneigtheit der ersten kirchlichen Würdenträger in dem Maße, daß er bei keiner Synode mehr fehlen durfte. Gewiß, die göttliche Vorsehung, welche von einem Ende des Erdkreises bis zum andern waltet und alles lieblich anordnet, führte den jungen Mönch sichtlich seinem hohen Berufe als Apostel entgegen. Jeder Mensch ist ein Kind seines Volkes. Der Germane fühlte von jeher den Drang zum Wandern in sich. Als Heide zog er fortwährend in den Krieg oder streifte auf der Jagd umher. Als Christ unter- nahm er womöglich die weitesten Wallfahrten. Wer aber die himmlische Kraft in sich gewahrte, der zog aus als Sendbote Gottes, um den Verwandten seines Stammes auf dem Festlnnde daS Licht des Evangeliums offenbar zu machen. Scharen solcher Glaubenshelden verließen die Insel. Auch Winfried wurde von derselben heiligen Sehnsucht ergriffen, sein Leben für die Verbreitung des Christentums und seiner Segnungen einzusetzen. Es war nur zu begreiflich, daß der Abt sehr ungern eine solche Kraft verlor. Endlich gab er doch die erforderliche Zustimmung. Wohlversehen für die Reise trat er nach einem rührenden Abschied unter den Segenswünschen der Mönche in Begleitung zweier Mitbrüdcr den Weg nach Lundewich (London) an, wo er bald ein ihm zusagendes Kaufmannsschiff fand, das ihn bei günstiger See nach Dorstet (Wyk by Durstede) in Holland brachte. Das Küstenland zwischen Rhein und Ems war damals von den Friesen bewohnt. „Ihre Nahrung bildeten Fische und Vogeleier. Die Wohnungen befanden sich auf Hügeln oder Dämmen, die sie dem höchsten Stande der Flut entsprechend selbst aufgeworfen hatten. Stieg die Flut, so glich das Haus einem Schiffe, trat Ebbe ein, sah es einem Wrack nicht unähnlich. Dann gingen sic um ihre Hütte herum aus den Fang der mit dem Meerwasser wieder zurückeilenden Fische. Vieh hatten sie nicht, darum auch keine Milch. Von Kämpfen mit wilden Tieren wußten sie allerdings nichts, weil es an Gebüsch und fruchttragenden Bäumen gänzlich fehlte. Von Sumpfgras und Binsen verfertigten sie sich Netze. Die Speisen wurden gekocht und die erstarrten Glieder mit warmem Torf neu belebt. Zum Tranke benutzten sie nur in Gruben gesammeltes Regenwasser. Und doch ging diesem armen Volke nichts über seine Freiheit (cf. Plinius, hist. nat. 4, 15). Infolge dieser elenden Verhältnisse waren die Friesen wie von selbst auf den Raub angewiesen. Sie waren damals so gefürchtet, wie später die tunesischen Seeräuber und in ihrem unbändigen Freiheitssinn gegen alles Fremde mißtrauisch. Dieser Argwohn, der durch die zahlreichen Kriege mit den benachbarten Franken stets noch gesteigert wurde, zeigte sich der Einführung des Christentums gegenüber ebenfalls hinderlich und dies umsomehr, da die Franken bereits christlich waren. Vollends aber war es der ungünstigste Moment für den Beginn einer Mission eben zu der Zeit, wo dieses rohe Volk gerade mit den christlichen Franken im Kriege lag, die Oberhand behielt und nun schrankenlos seinem Uebermut die Zügel schießen lassen konnte. Leider fiel die Sendung unseres Heiligen gerade in solch unglückselige Tage. Pipin der Aeltcre roar vor kurzer Zeit gestorben und seine Erben losten mit den Waffen in der Hand um die Herrschaft. Die Friesen hielten die Gelegenheit für günstig, um die verhaßten Eroberer aus dein Lande zu jagen. Und wirklich ging ihre Hoffnung in Erfüllung. Sie schlugen die Franken aufs Haupt und drangen raubend und mordend bis nach Köln vor. Die christlichen Tempel wurden in Asche gelegt, die Glaubensboten ermordet ober vertrieben, die Gläubigen zum Abfall gezwungen oder dem grausamsten Martertode preisgegeben. Ueberall erhob sich das Heidentum mit neuer Kraft. Was sollte Winfried unter derartigen Umständen tun? Er wartete zunächst in Dorstet auf eine bessere Zeit und begab sich hernach an den Hof des Königs Ratbot nach Utrecht. Mit der Kühnheit eines Apostels und der Zuversicht des Christen trat er vor den König hin. Allein, dieser blieb verstockt und der unversöhnlichste Feind des Glaubens bis an sein Ende. Da er aber gegen den Heiligen selbst nicht feindselig auftrat, hielt sich dieser bis in den Herbst hinein in Friesland ans, um dann wieder unverrichteter Dinge in sein Kloster Nhutscelle zurückzukehren. Wer in allem nur eine Verkettung natürlicher Verhältnisse zu sehen gewohnt ist, wird diese Reise als einen Verlust an Zeit, Geld und Mühe betrachten müssen. Wir sehen in ihr nur einen Gewinn. Wie man in kirchlichen Fragen mit Königen, Grafen und hohen, geistlichen Würdenträgern umzugehen hat, das lernte Winfried schon früher kennen in der Heimat, wie jedoch ein fanatisches, mißtrauisches, heidnisches Volk zu behandeln ist, ward ihm jetzt erst klar. Der Beruf des Heiligen war nicht, Apostel der Friesen zu werden, sondern Vater der deutschen Kirche. Dieses Ziel war also ungleich höher und bedurfte es zu seiner Erreichung auch der hilfreichen Hand der weltlichen Obrigkeit. Die vorläufige Kenntnis des vielfach unklaren Triebwerkes der großen fränkischen Staatsmaschine roar zu einem bestimmten, planvollen Vorgehen in Hinsicht der damaligen Zeitverhältnisse nicht nur sehr erwünscht und höchst förderlich, sondern geradezu notwendig. Um diese nun jetzt schon kennen zu lernen und eine klare Vorstellung des Zustandes eines germanischen, heidnischen Volkes zu erlangen, und nicht um die Friesen zu bekehren, war Winfried, ohne es selbst zu wissen, durch das Walten der göttlichen Vorsehung aufs Festland gekommen. Das die Bedeutung und der Wert dieser scheinbar erfolglosen Reise, die ihre Früchte erst später, aber bald schon zeitigen sollte. 3. 5>te erste WornfccHrt. Winfried hatte nach seiner Rückkehr aus Friesland in Nhntscclle von seiten des Abtes und der Brüder eine höchst liebevolle Aufnahme gefunden und sich mit erneutem Feuereifer dem strengen Mönchsleben unterzogen. Die Sehnsucht nach der Mission hielt immer noch sein Herz gefangen. Allein bevor er von neuem den hl. Glauben in die deutschen Gauen tragen sollte, hatte ihn die göttliche Vorsehung noch zu einer einflußreichen Stellung unter seinen Mit-brüdern ausersehen. Wynbercht, der fromme Abt und geistvolle Lehrer Winfrieds, war schon bei der Wiederankunft des Heiligen sehr kränklich gewesen. Als er nun bald darauf starb und im Kloster allgemeine Trauer und Bestürzung herrschte, war es Winfried, der die vom Kummer gebeugten Brüder aufrichtete und mit eindrucksvollen Worten bat, von der alten Zucht nicht abzulassen und dem neuzuwählenden Abte sich bereitwilligst zu unterwerfen. Aber wie überraschte es ihn, als sie ihn einstimmig und dringend baten, er selbst möchte das angesehene Amt auf sich nehmen. Nur widerstrebend that er es und dies bloß bis zu jenem Augenblicke, wo er wieder in sein geliebtes Arbeitsfeld nach Deutschland ziehen könnte. Die Abtsbürde sollte seine Schultern nicht allzulange drücken. Als er bei günstiger Gelegenheit seinem Bischof Daniel von W i n ch e st e r das unerquickliche seiner Lage auseinandersetzte und in kindlicher Ergebenheit sein Herz ausschüttete, machte dieser einen Mönch namens Stephan znm Abte und stellte es unserem Heiligen frei, in die Mission zu ziehen. Dieser traf denn auch sofort die nötigen Vorbereitungen. Aber diesmal sah er von Friesland nb; nicht etwa aus Mutlosigkeit wegen des früheren Mißerfolges oder den großen Schwierigkeiten, sondern weil er hier in der Person des hl. Willibrord einen tüchtigen Apostel wußte und in sich die Kraft fühlte, zum erstenmale durch eine heldenhafte Aufopferung das Zeichen der Erlösung im Innern Deutschlands aufzupflanzen. Sein Vorhaben war von zu weitgehender Bedeutung, als daß er es ohne Einwilligung und Vollmacht des Oberhauptes der Kirche hätte ausführen dürfen. Zudem drängten ihn noch andere Umstände nach Rom. Es war damals nichts Ungewöhnliches, wenn ganze Scharen von Pilgern ihrem natürlichen und religiösen Herzenszuge folgten und zu dem Grabe der Apostelsürsten Petrus und Paulus wallfahrteten. Die hauptsächlichsten Glaubens-botcn hatten sich ohnehin bei dem Nachfolger des hl. Petrus Kraft und Stärke in ihren mannigfachen 168 Die Glaubensboten des deutschen Volkes. Nöten geholt und stets die liebreichste Förderung ihres Werkes gefunden. Vielleicht wollte Winfried bei seinem neuen großen Unternehmen den Segen des hl. Vaters nicht entbehren, um nicht auch hier zu fischen, ohne etwas zu fangen. Dazu trat noch das enge Verhältnis, in welchem die Päpste seit den Tagen Gregors des Großen zu der britischen Kirche standen, so das; es mehr als schlechthin schicklich erschien, daß der Heilige den Weg nach Deutschland über Rom nahm. Nachdem er sich noch mit seinem Bischöfe über die Reise besprochen und dessen Zustimmung erlangt hatte, konnte er im Herbste 718 aufbrechen. Damit er in Rom ohne Anstand Gehör fände, erbat er sich vonseiten des Bischofs ein Empfehlungsschreiben an den Papst, das für die Wirren der damaligen Zustände fast unerläßlich war. Weil damals der Pilger bei dem Mangel an Herbergen größtenteils auf die Gastfreundschaft der Klöster und guter Seelen angewiesen war, gab ihm der Kirchenfürst noch einen zweiten Geleitsbrief mit auf den Weg, der an „alle durch Frömmigkeit und Milde ausgezeichneten Könige, an sämtliche Herzöge/ an die hochwürdigen und vielgeliebten Bischöfe, Ordensleute, Aebte, Priester und an alle Christen" gerichtet war. In treffender Kürze wies Daniel darauf hin, welche Wichtigkeit in der hl. Schrift der Gastfreundschaft beigelegt werde, indem er an das Beispiel Abrahams, Loths und an den göttlichen Erlöser selbst erinnerte, der da gesprochen: „Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf." Darum sollten auch sie „dem Inhaber dieses Geleitsbriefes, Wynfried, einem Diener Gottes, Priester und Ordensmann die Gott so wohlgefällige und von ihm geforderte Liebe erweisen". So war denn alles in der besten Ordnung. Das Kloster hatte seinen Abt und der Heilige selbst vermochte sich überall genügend auszuweisen. Keinesfalls waren jedoch damit alle Schwierigkeiten beseitigt. Wenn noch zur Zeit der Postkutsche eine so weite Reise nach Rom selbst in der besten Jahreszeit ungemein beschwerlich war, wie mußte sie dann erst in den Tagen Winfrieds sein, wo außer einem Fußpfad kein Weg über die hohen Kämme der Alpen führte und insbesondere im vorliegenden Falle der Winter vor der Thür stand?! Desungeachtet trat der Heilige voll Zuversicht und Gottvertrauen die Reise an. Bis nach Lunde-wich hatte er den gleichen Weg wie früher. Von da ging es auf dem Schiffe an die Küste der Pi-karden in Nordsrankreich. Die Ueberfahrt verlief ohne jede Störung. Alsbald nach der Landung begab sich Winfried in das nahe Kloster Cu ent a -wich, wo sich für gewöhnlich die Pilger sammelten, um von hier aus die Wallfahrt gemeinschaftlich zu machen. Sobald eine genügende Anzahl sich eingefunden, brach man ans. Singend, betend und betrachtend wurde Frankreich in der Richtung von Nordwesten nach Südosten durchquert; unterwegs machten die Wallfahrer auch kleine Abstecher zu berühmten Heiligengräbern. Die größte Schwierigkeit bot sich jedoch kirn Uebcrgang über die Alpen dar. Heutzutage ziehen über die vornehmsten Pässe bequeme Straßen und Schienenstränge, während zur Zeit Winfrieds nur ein einziger Fußsteig über den großen St. Bernhard führte. Niemand wagte allein, diesen mehr als zwanzig Stunden langen, halsbrecherischen Pfad zu gehen, der über einen 10.000 Fuß hohen und mit ewigem Schnee bedeckten Gebirgskamm nach Italien führte. Als die Pilgerschar, bei der sich unser Heiliger befand, mit Gottes gnädiger Hilfe glücklich im Thale der Aosta angelangt war, stellten sich erst recht Gefahren und Hindernisse in den Weg. Der Zustand des Landes war nämlich sehr erregt und höchst dräuend. Die Langobarden, welche sich zu Herren von ganz Nord- und Mittelitalien aufgeworfen hatten, schalteten und walteten mit beispielloser Grausamkeit und Härte. Was zu rauben war, nahmen sie ohne weiteres in Beschlag. Wer nichts zu geben hatte, verlor das Leben. Zwar war cs in der letzten Zeit durch das kräftige Regiment Liut-prants etwas besser geworden, aber dafür steigerte der eben wütende Krieg mit dem Kaiser von Konstantinopel die allgemeine Unsicherheit noch mehr, als sie früher gewesen, indem jetzt auch die kaiserlichen Truppen das Land aussaugten und die empörendsten Greueltaten verübten. Drohten unter solchen Umständen schon dem gewöhnlichen Reisenden unzählige Gefahren, so hatte dies bei dem gespannten Verhältnis zwischen dem Kaiser und dem Papste für die gläubigen Pilger doppelt statt, hatte sich Leo der Jsaurier im späteren Verlaufe des Streites doch selbst zu dem Ausruf hinreißen lassen: „Ich bin der Kaiser, ich bin der Priester!" Aus diesem unvermeidlichen Kampfe zwischen der kirchlichen Freiheit und dem politischen Absolutismus suchten hinwiederum die Langobarden Kapital zu schlagen. Oberitalien bot demnach das Bild eines stetigen, vielverwickelten Aufruhrs. Die Hand des Herrn ruhte jedoch über Winfried und seinen Gefährten, so daß sie unbehelligt die ewige Stadt erreichten. Welche Freude verklärte die Züge der müden Wanderer am Ende ihrer Fahrt! Trotz des Schnees und Eises der Alpen, trotz der für sie doppelt heißen Die Glaubcnslwten des deutschen Volkes. 169 Strahlen der italienischen Sonne, trotz tausender anderer Hindernisse und Gefahren ivaren sie endlich dach angelangt am ersehnten Ziel. Laut erschallte Das Pilgerlied. Roma, bit Herrscherin über dem Erdenball, Ragend hoch empor unter den Städten all, Prächtig gerötet vom Blut deiner Zeugenschar, Prangend im Lilicnschmuck heiliger Jungfrau'n gar, Dir, o gewaltiges Rom, dem unser Lied geweiht, Rufen wir segnend zu: Heil dir für alle Zeit! P c trus, du mächtiger Pförtner am Himmelstor, Leihe den Flehenden allzeit ein gnädig Ohr, Hältst du dereinst Gericht über die zweimal sechs Stämme, dann richt' sie mild, heiliger Pontifex. Gib auch (so flehen hier Pilger an deinem Grab), Einst deine Stimme zu unsern Gunsten ab. Paulus, erhöre uns, du, dessen Redekunst, Vordem zu Schand'gemacht der Philosophen Dunst, Der du Beschließer jetzt bist in des Himmels Haus, Teil' auch gnädig uns himmlische Speise ans, Auf daß die Weisheit, die einst dich erfüllt so sehr, Werde auch uns zuteil durch deine Glanbenslehr. Wie mußte das „goldene Rom" die Augen der Germanen fesseln! Wohl besaßen auch sic in Gallien, am Rhein und in England stattliche Reste der alten Römerbauten. Bis dahin waren die deutschen Kirchen klein, nur zu roh gezimmert ans Balken und Holz. Da zogen denn die nordischen Bewohner ein in jene von den ehemaligen Beherrschern der Welt mit Aufwand all ihrer Reichtümer und Kenntnisse geschmückten Stadt. Auch die Ruinen verfehlten nicht ihres tiefen Eindruckes. Gerade die Trümmerhaftig-keit war etwas, was dieser Stadt weit höhere Anziehungskraft verlieh, als wenn jeder Palast, jede Kirche in frischem, reinem, vollkommenem Ebenmaß vor die an solche Schönheit nicht gewöhnten Blicke sich hingestellt hätten. Wie erstaunten die Pilger, wenn sie eintraten in die Basilika des hl. Petrus oder in diejenige des hl. Paulus. Gold und Farben waren nach Ausweis der zeitgenössischen Schriftsteller und der wenigen erhaltenen fränkischen Kunstwerke das Höchste für jene Gallier und Deutsche. Wie glänzten hier nun die bunten Figuren ans dem Goldgründe der Mosaiken! Wie strahlten die bunten Marmorsäulen, all die goldenen Leuchter, Lampen, Kronen, Geräte und Votivgeschenke! Die Beschreibung, welche Anastasius davon gibt, macht uns noch staunen: sie würde uns unglaublich vorkommen, wenn er nicht als ein Zeitgenosse berichtete und ivcn» nicht Andere sein Zeugnis bekräftigten. Das alles trat vor den nordischen Waller hin, der monatelang mühsam Tag um Tag weitcrgepilgcrt und endlich angelangt war an der hl. Stätte, wo ein hohes Fest ihn und Tausende anderer Pilger mit dem Glanze von Hunderten von Lampen und Wachskerzen, mit all den Zeremonien eines erhabenen Gottesdienstes erwartete. Mit welchen Gefühlen mußte es die frommen Wallfahrer vor allem zu dem Grabe des Apostelfürsten hingezogen haben! Petrus hatte im Leben eine so einflußreiche Stellung innegehabt, seine fürbittende Macht konnte daher im Himmel nicht hinter der anderer Heiliger zurückbleiben, um wieviel mehr dann, wenn der Pilger im gläubigen Vertrauen und in heiliger Sehnsucht die weite und gefahrvolle Wallfahrt unternommen hatte. Ein hl. Schauer durchzitterte den Leib und eine himmlische Freude erfüllte die Seele, wenn der müde Fuß zum erstenmale die ersehnte Schwelle überschritt. Alle diese Gefühle wogten ebenso in dem Herzen Winfrieds und seiner Genossen, als die Stadt der Päpste vor ihnen lag. Mit großer Freude eilten sie in die Kirche des hl. Petrus, des ersten der Apostel, beteten inbrünstig um Tilgung der Sünden und fast alle brachten verschiedene Weihegeschenke dar. Nach dem Besuch der Peterskirche pilgerte der Heilige während der nächstfolgenden Tage nach den hauptsächlichsten Heiligtümern und Reliqnicnschätzcn der ewigen Stadt. Der Geschichtschreiber Roms, Grcgorovius, zählt aus jener Zeit nicht weniger als 24 Basiliken mit Presbytertitel, 20 die als Dia-konien galten und 40 Klosterkirchen auf. Wie sorgsam die damaligen Wallfahrer dies taten, erhellt ans dem Wegweiser zu den einzelnen römischen Kirchen, der uns aus jener Zeit in einer Einsiedler Handschrift übermittelt ist. Die Ausführungen dieses Jtinerars erhalten übrigens ihre Bestätigung durch die Salzburger Handschriften. Nachdem so der künftige Apostel Deutschlands seiner frommen Andacht die erste Nahrung gereicht hatte, begab er sich zum Heiligen Vater und trug ihm sein Anliegen vor. Dieser empfing ihn mit aller Zuvorkommenheit und fragte unter freundlichem Lächeln nach dem Ausweisebrief seines Bischofs. Winfried hatte aber neben dem amtlichen Legitimationsschein von Daniel noch ein besonderes Empfehlungsschreiben erhalten, das er jetzt ebenfalls dem Papste überreichte. Gregor II. besaß zuviel Erfahrung, um nicht sofort den großen Vorteil wahrzunehmen, der sich in deni jungen angelsächsischen Missionär darbot. Ascetisch und wissenschaftlich durchgebildet, als Stammverwandter und Kenner des 170 Reisccrinuerungeu aus Ostsudan. Lebens, der Sitten und Sprache der Deutschen, konnte Winfried am ehesten auf Erfolg rechnen, zumal, wenn in Betracht gezogen wird, daß die Germanen hinter jedem fränkischen Glaubensbotcn eine politische Absicht suchten. Jedoch der vorsichtige und rastlos thätige Papst gab sich mit einer eingehenden Besprechung allein nicht zufrieden. Um seinen Sendling genau kennen zu lernen und umfassend in die eigenen Gedanken einzuweihen, ließ er ihn mehrere Monate hindurch täglich zu sich kommen. So verstrich für den Heiligen der ganze Winter 718 — 719, bis endlich Gregor unterm 15. Mai 719 den Missionsbrief ausstellte. „Nachdem du uns", so führt der Papst u. a. aus, „deinen in der Liebe zu Christus gefaßten Vorsatz kundgethan hast und wir deinen lautern Glauben geprüft haben, so fühlen wir uns notgedrungen, zur Ausbreitung des göttlichen Wortes, wofür die Sorge uns durch die Gnade Gottes obliegt, dich zum Gehilfen zu nehmen. . . . Daher wollen wir im Namen der unteilbaren Dreieinigkeit, durch die unerschütterliche Autorität des Apostelfürsten Petrus, dessen Lehramt wir verwalten und dessen Stelle wir einnehmen, deinen hl. Dienst gesetzmäßig regeln und verordnen also: Daß du im Worte der göttlichen Gnade mit dem heilbringenden Feuer, das der Herr auf die Erde gebracht hat und das in dir zu brennen scheint, unter dem Schutze Gottes zu allen in den Fesseln des Irrtums liegenden Völkern eilen kannst, dem Reiche Gottes durch die Verkündigung des Namens Christi, unseres Herrn und Gottes und durch die Lehre der Wahr- heit dienst und den ganzen Inhalt des alten und neuen Testaments in voller Uebereinstimmung durch den Geist der Tugend, der Liebe und der Mäßigkeit den unwissenden Heiden vermittelst. Bei denjenigen, welche mit Hilfe der zuvorkommenden Gnade Gottes gläubig werden, sollst du die Sakramentsordnung sorgfältig beobachten, welche wir dir nach dein Formular unseres hl. Apostolischen Stuhles zu deiner Unterweisung mitgeteilt haben. Wenn dir bei deinem Unternehmen etwas fehlen sollte, so trage Sorge, uns möglichst bald Mitteilung zu machen. Lebe wohl!" Nun konnte der seclencifrige Mönch wieder Rom verlassen, wo er durch den Umgang mit den höchsten und gebildetsten Kreisen, sowie den häufigen Besuch heiliger Orte einen bleibenden, erhebenden Eindruck hinterließ und mitnahm. Nachdem er noch „eine große Menge Reliquien" gesammelt, wanderte er an der Spitze einer Schar von Landsleuten, die sich ihm als Gehilfen angeschlossen hatten, Deutschland zu. In Pavia hielt er sich einige Zeit an dem Hofe des obengenannten Langobardenkönigs Liutprand auf, der die dargebotenen Geschenke huldvoll annahm. Beim Abschied ließ er auch seinerseits nach deutscher Sitte dem Gaste Freundschaftsgebinde überreichen. Zugleich gab er ihm Empfehlungen an den Herzog von Bayern mit, dessen Haus seit den Tagen Theodolindens Beziehungen mit den Langobarden unterhielt. Dann ging es dem Tale der Adda zu, wo die uralte Verbindungsstraße mündete, welche vermittels des Splügen und des Hinterrheins Italien mit Deutschland verband. (F. f.) Neiseerinnerungen aus Ostsuöan. Von Laver Geyer. die Lastkameele noch weideten, so zog ich es vor, mit einer kleinen Abteilung Soldaten, welche Proviant von Tokar holen sollten, aufzubrechen. So ritt ich um halb 4 Uhr nachmittags vom Fort ab. Meine Begleitung bildeten nun außer den zwei Treibern fünf Negersoldaten zu Fuß und einer zu Kameel. Der Weg war von da an gut ausgetreten und glich einer kleinen Heerstraße. Zu beiden Seiten wuchert üppige, wilde Vegetation, Vögel beleben die Gebüsche und ganze Herden von Gazellen eilen zwischen den Sträuchern scheu umher. Die Begleitung der guten Negersoldaten war mir lieber als jede andere. Es waren stämmige, kohlschwarze Gestalten, sämtlich aus dem Missionsgcbicte am weißen Nile. Um das Haupt einen schneeweißen Turban mit der Regimentsnummer auf gelben Streifen, mit braunwollener enger Jacke, kurzer, dunkelblauer Hose und langen, schwarzen Strümpfen, einem blauen Zeuggürtel mit den Patronen, Seitengewehr, Feldflasche und Remington, hatten sie ein Neisccrinucrüngen aus Ostsudau. 171 schmuckes und gefälliges Auftreten. Sie gingen teils barfuß, teils in soliden Ledcrschuhen. Heiter, offen und geweckt, schritten sic stramm neben dem Kamcel her. Sic kannten unsere Mission vom Sudan her und waren voll Begier, gegen den Mahdi zu kämpfen und uns den Weg zu ihren Stämmen wieder zu öffnen. Diese Neger des innern Sudan, aus denen mehrere ägyptische Regimenter gebildet sind, sind sehr tüchtig und tapfer. Sie wurden deshalb in Aegypten auch für die dcutsch-ostafrikanische Kolonie angeworben. Indes sank im Westen die Sonne allmählich. Trotzdem versicherten die Treiber, daß wir noch bei Tag in Tokar einziehen würden. Es ist ihre Gewohnheit, dem Reisenden stets das Ziel nahe zu zeigen. Als ich abstieg und eine Strecke zu Fuß ging, waren sie wenig befriedigt, da sie hierin eine Minderung des zu hoffenden Trinkgeldes ahnten. Bereits war es stockfinster und das Ziel schien immer ferner zu rücken. Hinter dem Gebüsche ertönte auf beiden Seiten das unheimliche Geheul der Hyänen, die nun ihre Schlupfwinkelverlassen und in der Ebene auf Raub ausziehen. Da das vom Regen erweichte Terrain durch die Sonnenhitze geborsten war, so war der Weg mit tiefen und breiten Furchen bedeckt, was im Dunkel den Weg schwierig und gefährlich machte; zweimal stürzte ich mit dem Kameele, jedoch ohne Schaden. Endlich nach langen Vertröstungen seitens der Treiber erblickten wir in der Ferne Licht. Obwohl alle Ankommenden sich bei der Polizei zu stellen hatten, glaubte ich bei der vorgerückten Nacht davon Abstand nehmen zu dürfen und trug den Neger- soldaten auf, meine Ankunft zu melden, da der Umweg dorthin noch über eine halbe Stunde betragen hätte. Ich trennte mich von den Soldaten und ließ mich direkt zu der ärmlichen Missionshütte führen, die fast eine halbe Stunde vom Ort entfernt war. Nachdem ich am folgenden Morgen nach der heiligen Messe dem Kommandanten und den englischen Offizieren meinen Besuch ausgedrückt, hatte ich Muße, mir einen Ueberblick über Tokar und seine Lage zu verschaffen. Das Gebiet von Tokar bildet gewissermaßen eine Oase im weiten Küstenlande. Es ist der einzige Ort, wo Bodenkultur möglich ist. Diese ist durch den Regen und die Uebcr-schwemmungen des Baraka-Flusses bedingt. Es ist dies kein beständiger Strom, sondern er bedarf der heftigen Gewitterregen, um sein an vielen Orten ansehnlich breites Bett zu füllen. Nach dem ersten regelmäßig jedes Jahr fallenden Regen wird derBoden der Talsohle durch Infiltration mit Feuchtigkeit gesättigt und versumpft, fortgesetzte Niederschläge lassen dann das Wasser als sichtbaren Stromdurch die verschiedenenRinn-salc dem Gefälle folgend forttreiben, bis die durch mitgerissene Erosionsprodukte und reichlichen Sand trüben, rotbraun gefärbten Fluten bei Trinkitat das Rote Meer erreichen. Der Baraka führt sein Wasser irrt September nach Tokar, aber nicht als ein den ganzen Monat dauernd fließender Strom; er pflegt sein Delta in dieser Zeit zweimal und öfter zu überfluten. Wenn die erste Flut sich verläuft, beginnt die Zeit des Anbaues; der Boden ist durch das Wasser gelockert und mit fruchtbarem Schlamm gedüngt. Durch Dämme und Kanäle sehr einfacher AegMircde U)a$$et1i*au. Art und in unzureichender Anzahl wird das Wasser auf die Kulturen geführt. Manchmal ist die nachfolgende Flut so stark, daß sie nicht eingedämmt werden kann und nicht nur die keimenden Saaten, sondern selbst Hütten weggerissen werden. Durch die lleberslutungcn, welche große Mengen Sand mitführen und ablagern, ist die Ebene vielen Veränderungen unterworfen. Verzweigungen des großen Regenstromes, die früher bedeutende Wassermassen enthielten, versanden, werden erhöht und führen dann kein Wasser mehr, das sich an tieserlicgenden Stellen sammelt. So ist die Richtung, den die alljährliche Ueberschwemmung nimmt, unberechenbar. Daraus folgt, daß auch die Lage der Saaten und Ortschaften häufig wechselt. Um eine Beständigkeit in der Anlage der Felder und Dörfer zu erzielen, müßte die Ueberschwemmung durch geeignete Canalisation, durch Dämme und Schleusen geregelt werden. Die Inangriffnahme dieser Maßregeln setzt aber eine sichere Lage der politischen Verhältnisse voraus, die heute keineswegs vorhanden ist. Die Fruchtbarkeit und Produktionsfähigkeit des überschwemmten Gebietes ist eine geradezu staunenswerte. Durrah oder Büschelmais, das Hauptprodukt der Bodenkultur, reift in zwei bis drei Monaten und wird im Dezember, Jänner und Februar geerntet. Die Baumwolle wird in zwei Sorten, amerikanische und ägyptische, gebaut und gebraucht vier Monate zur Reife. Ferner baut man Melonen, Kürbisse, Gemüse, Zwiebeln, Tabak usw. Zur Zeit meiner Anwesenheit stand die Saat in schönster Blüte. Die Maiskolken standen so hoch, dass ein Reiter auf hohem Kameel vollständig darin verschwand. An Stellen, wo nicht gesäet wird, keimt eine bunte Wildvegetation, Gebüsche, Gräser, Sträucher der verschiedensten Art überwuchern den Boden. Aussaat und Einheimsung erfordern geringe Arbeit. Ein gebogenes Holzinstrument, das lebhaft an eine sehr primitive Krücke erinnert, bildet den Pflug. Mit diesem Instrument öffnet man eine kleine Grube in der Erde, ein Hintermann wirft die Saat in die Grübe und verscharrt sie mit dem Fuße. Ist die Saat aufgegangen, so wird mit einem hackeartigen eisernen Instrument das Unkraut ausgemerzt. In drei Monaten erreicht der Maisstengel eine Höhe von 3—4 Meter und trägt bis zu sieben Maisbüschel. Aus ein und demselben Halme keimen und reifen der Reihe nach mehrere Kolben; die reifen werden eingeheimst und im Genusse dieser ersten Ernte sieht man der Reife der übrigen entgegen. Die Halme, welche die Dicke eines mäßigen Zuckerrohres erreichen, enthalten zuckerhaltiges Mark, das von den Eingeborenen gegessen wird und auch wirklich gut mundet. Leider lockt dieser Umstand die Diebe an, welche um des Markes willen den Halm rauben und so die Frucht von 6 — 7 Maiskolben vernichten. Werden viele Halme gestohlen, so entsteht dadurch ein beträchtlicher Schaden. Bei der Ernte werden die reifen Kolben abgeschnitten, mit einfachen Stöcken ausgedroschen und die Körner gesammelt. Die Ernte bringt Freude und Jubel in das ganze Land. Es fehlt aber auch nicht an Landplagen. Eine solche sind die Heuschrecken. In manchen Jahren kommen sie, sobald die erste Ernte reift, vom Baraka her in Schwärmen, welche die Sonne verfinstern und die Luft mit unheimlichem, donner-ähnlichem Getöse erfüllen. Sie werfen sich auf die Saaten und fressen alles auf; selbst an §0(5 und Steine machen sie sich. Bei ihrem Abzüge ist das ganze Land mit ihren Abfällen bedeckt. Bei ihrem Anzuge schreien und lärmen die Leute, wehren sich verzweifelt um ihre Saaten, die Militärmusik unb. Reiter ziehen aus, um sie zu verjagen, aber alles vergebens. Bei meiner Anwesenheit in Tokar konnte ich mich von den Verheerungen der Heuschrecken überzeugen, die gerade in diesem Jahr fürchterlich hausten; sie waren noch in großer Zahl an ihrem Vernichtungswerk beschäftigt. Die Regierung hatte über 1000 Hektar Mais angebaut, die Frucht wurde von den Heuschrecken vollständig aufgefressen; anstatt eines Berichtes über den Ausgang dieses Anbauversnchs sandte der Kommandant einen Sack voll todter Heuschrecken an das Ministerium in Kairo ein. Man sagte, es sei ihre Brutstätte im Baraka entdeckt worden und man werde in diesem Jahre ihren Eiern dort den Vernichtungskrieg machen. Die Heuschrecken werden von den Eingeborenen gegessen, und ich sah auf dem Markte ganze Körbe voll zum Verkauf ausgestellt. Arme Weiber verkauften sie dort büschelweise zu je zehn mit einem Faden zusammengebunden. Sie schmecken auch nicht übel und erinnerten mich an den Geschmack kleiner gebratener Fische. Weitere Plagen sind gefräßige Würmer und Insekten, gefräßige Ameisen und Vögel. Dazu kommt manchmal der sengende Sommerwind, der drei Monate anhält. Er führt Staubwolken mit sich und sengt die zartern Gewächse ab. Dieser heiße Wind verwüstete im letzten Jahre auch den schönen Garten der Mission. Es blühten dort fast alle ägyptischen Gartenpflanzen, darunter Bananen, Paradiesäpfel, zarte Wassermelonen. Noch sind zu den Landplagen die bissigen und stechenden Mücken und Fliegen und der Wassermangel zu zählen. Trotz alledem ist und bleibt aber das Gebiet von Tokar das fruchtbarste und reichste im ganzen öft=' Reiseerinnerungen aus Dftfubau. 173 lichen Sudan und verdient auch heute noch den Name» einer Kornkammer desselben, den es schon seit alten Zeiten besaß. Damals war Tokar der äußerste ägyptische Posten im östlichen Sudan. Es herrschte Kriegszustand. Die Derwischhordcn machten die Umgegend unsicher. Dieser Zustand ließ auch kein rechtes Leben in Handel und Wandel auskommen. Diese Gedrücktheit zeigte sich vor allem auf dem Sug (Markte). Da sah mau unter ärmlichen Strohhütten, die so recht das Gepräge des Provisorischen trugen, einige ägyptische Kaufleute mit wenigen Zeugresteu, Lanzcn-schmiede, Sattelverfertiger, arme Weiber, welche gedörrte Früchte und Gemüse, Kautabak, Heuschrecken usw. verkauften. Daneben brieten auf Holzkohlen Eingeborene Hammelstücke, wobei sie sich des ausgeweideten Tiermagens als Handschuhe bedienten, um die heißen Fleischstücke zu wenden und die glühenden Kohlen zu ordnen. Einige Läden von Griechen mit Spezereien und den gewöhnlichsten Haus-bedürfnissen wurden von den Eingeborenen bezeichnenderweise „Banken" genannt; sie waren es auch im Vergleich zum übrigen armseligen Markte. Die Garnison bestand aus etwa 300 Negersoldaten, welche mit ihren Familien ein ausgedehntes Hüttendorf bewohnten. Neuerdings war eine Festung, ein Spital, eine Kaserne, Magazine, ein Verwaltungsgebäude, alles aus Lehm, gebaut worden. Der Kommandant war ein in ägyptischen Diensten stehender Engländer, welcher drei englische Offiziere zur Seite hatte. Am 9. Dezember verließ ich Tokar wieder. Kamccl und Führer waren dieselben wie bei der Hinreise. Ich brach um 7 Uhr morgens auf. Diesmal schlugen wir einen nur von Araben benutzten Seitenweg bis Endcteb ein. Anfangs ging es zwischen hohen Mais- und Hirsefeldern hin, dann trat Wildvcgctation ein. Da waren verschiedene Akazienstrüuchcr und viele aber kümmerliche Euphorbien, von den Eingeborenen Oschra oder Om Oschnr genannt. Steinschmätzer, Wanderfalken und andere Vögel belebten die Gebüsche, während aus der Luft der Gesang der Lerche nicdersticg. Kleine Hasen liefen über den Weg und Perlhühner trippelten zwischen den Sträuchern umher. In der Ferne erhoben Rudel von Gazellen neugierig ihre Köpfe, verschwanden aber bei unserer ersten Bewegung, die sie als ihnen geltend ansehen konnten. Je weiter wir uns von Tokar entfernen, desto spärlicher wird die Vegetation. Während hier zur Regenzeit die Keime und Blattkuospcn sich freudig dem ersehnten Naß öffnen und in kürzester Zeit jeder Strauch mit frischem Grüne sich bedeckt, welkt nun alles und verschließt sich gegen den tötenden, von der Sonne erhitzten Lusthauch. Während des Marsches zeigte ein kleines Ereignis abermals den Aberglauben der Führer. Infolge schlechter Aufpackung schlug meine einzige Wasserflasche ans den Reitsattcl auf und zerschellte, ohne daß ich es gewahrte. Erst als die Führer über die in den Sand gefallenen Glassplitter sprangen unter fortwährender Anrufung des Namens Gottes, wurde ich aufmerksam und nun von ihnen mit der freudigen Bemerkung getröstet, daß dies ein unfehlbares Vorzeichen glücklicher Reise sei. Ich mußte herzlich lachen, mit welch' naiver Freude sie in ihrem Aberglauben aus diesem für mich unscheinbaren und eher unangenehmen Vorfalle sich sofort ein glückverheißendes Omen konstruiert hatten. Um 1 Uhr nachmittags erreichten wir Jndeteb. Nach kurzer Ruhe wurde der Marsch fortgesetzt. Wir holten eine Karawane von 150 Frauen ein; es waren die Weiber der Garnison von Tokar, welche aus Furcht vor einem Angriffe der Mahdisten nach Suakin transportiert wurden. Ohne weitern Zwischenfall zogen wir um 5l/4 Uhr nachmittags in Ras Mogdcm ein. Bald nachher kam auch vom Norde» das Schiff „Mansura" im Hafen an. Die Nacht verbrachte ich an Bord des Schiffes. Am frühen Morgen des 10. Dezember begann die Einschiffung der Soldatenfrauen, welche mehrere Stunden in Anspruch nahm, da sie alle nur erdenklichen Hausgeräte mit sich schleppten, selbst Ziegen und Schafe. Um 10 Uhr morgens kam der Gouverneur von Suakin von seiner Expedition nach den Vorposten zurück, und in seiner, Gesellschaft verließ ich um 12 Uhr den Hafen. Infolge einer Bogenfahrt erreichten wir erst nach Sonnenuntergang den Hafen von Suakin. Obwohl infolge der Gefährlichkeit der Korallenriffe der Hafen um diese Tageszeit nicht mehr angelaufen wurde, konnten wir mit Anwendung von Vorsicht und in Rücksicht auf die Ortskenntnis der Schiffsleute die Einfahrt wagen. Am Wüstensaum. ^Pjort steht die große Pyramide. Hier liegt die riesige Sphinx auf der Wacht und schaut unverwandten Blickes nach der aufgehenden Sonne. Ich sitze im Schatten der schlanken Palme und überlasse mich dem losen Spiele der Phantasie. Vor mir dehnt sich die weite, weite Wüste aus, ein ungeheures Sandmeer! Ehe mein Auge sie geschaut, hielt ich sie für geistlos, einförmig, langweilig, unausstehlich. Doch als ich sie durchquert, als ich sie kennen gelernt und mit ihren Geistern gesprochen hatte, gewann ich sie lieb. Als vorhin mein Blick von der Höhe der Cheops noch einmal über sie dahinschweifte und ihr vergeblich auf der unermeßlichen Fläche zu folgen suchte, rief sie mir ernst und würdevoll das einschneidende Wort „Ewigkeit" zu. Das wehmütige Echo ihrer Stimme durchbebte eigenartig meine Seele. Ich schloß Freundschaft mit ihr. Ich schwärme für sie. 0 Wüste! man hält dich für tot, weil man dein Leben nicht versteht. Aber dein Puls schlägt, muß schlagen, denn du bist frei, und wer frei ist, kann nicht erstorben sein. Freiheit! Freiheit! rufen sie allerdings nicht in dir. Dafür wird sie hier gelebt .... Aber nicht die Freiheit, welche die Freiheit vernichtet; nicht die Freiheit, welche fnec^tet; nicht die Freiheit, welche die Leidenschaft des Menschen bis zur Fieberhitze steigert, die Sturmglocke läutet und mit frevelnder Hand den Mordstahl in das Herz des schuldlosen Opfers stößt; nicht die Freiheit, welche der Protz seinem armen, unterdrückten Arbeiter vorpredigt; nicht die Freiheit, welche jeder Grünschnabel preist, wenn er voll alberner Ideale singt: Freiheit, die ich meine, Die mein Herz erfüllt! D Wüste! Du machst frei. Als mein feuriger Araber mich zum erstenmale durch deine weiche Steppe trug, da schwoll mir die Brust im ungestümen Drange der Jugend; da verschärfte sich das Auge und wurde feiner das Ohr. Eine lebensvolle Ahnung der Unendlichkeit durchzitterte mich. Ich war allein mit meinem. Gott! Jetzt, wo die hemmenden Schranken einer leidigen Wirklichkeit in die weite Ferne gerückt schienen, wo kein Schlot die innige Tiefe des blauen Himmels verdüsterte, wo kein Strudel des öffentlichen Marktes den unbedachten Erdensohn verschlang, wo die tausend schönen Bilder der grauen Vergangenheit mit ihren unverwüstlichen Reizen die aufatmende Seele umschwebten, da zog ein gewaltiges Gefühl von Selbstbewußtsein und Selbständigkeit, von Unabhängigkeit und Freiheit in das Herz. Ein Mensch mit seiner Freiheit! O Wüste! du bist männlich, bist ernst. Wer nur als Schmetterling von Blume zu Blume flog und nie des Lebens Ernst zu erfassen und zu würdigen lernte, den ergreift bei deinem Anblicke tiefes Entsetzen. Er sticht hinweg, von deinen Geistern verfolgt. Aber wer nicht nur an Blütenkelchen nippt, dem greifst du ins Gemüt wie der stille Wald mit seinen vielhundertjährigen Eichen. Du bist nicht zufällig, nicht in deinem Sein, nicht in deiner Stellung unter den übrigen Ländern. Deine glücklicheren Schwestern haben sich mit dem buntfarbigen Gewände saftiger Fluren geschmückt und gekrönt mit dem blütenreichen Schleier der Blumen. Sie haben sich den blendenden Strahl der Sonne geliehen und in den kühlenden Fluten der Ströme ihren verführerischen Leib gebadet. Sie haben die große Masse der menschlichen Geschlechter angezogen, verwöhnt, verweichlicht, vergiftet. Du sahst es — doch damals warst du noch nicht so leer. Du bist das glaubensstarke Auge in dem Körper der entarteten Erde. Aber du hast das gewinnende Lächeln von vordem verlernt. Das Verderbnis der Menschen hat dich empört. Einstens, in der großen Flut, brach aus diesem Auge ein gewaltiger Strom zürnender Thränen. Man sieht ihre Spuren noch jetzt. Aber jetzt hat sie ausgeweint. Das leere Auge zeigt nur noch den mahnenden Blick einer strengen Sittenrichterin. Allein die Wüste predigt nicht bloß Buße und Abtötung unserem genußsüchtigen Geschlechte: sie hat selbst die Mönchskutte angelegt und auf jede Annehmlichkeit verzichtet. Und doch hat sie noch nicht alle die frohen Spiele ihrer schöneren Kindheit vergessen! Wenn der Wanderer, der sie nicht versteht, nicht liebt, ihrer Trauer flucht und verschmachtend niedersinkt, da zaubert sie ihm die lieblichsten Bilder vor die glühenden Augen. Dort, einige hundert Meter entfernt, wiegen sich sruchttragende Palmen im säuselnden Abendwinde. Am Wüstensaum. 175 Dort wächst das üppige Grün, sprudelt eine silberhelle Quelle, atmet alles neues Leben. Der Unglückliche siehts, rafft sich noch einmal auf, jagt der Oase zu und findet — nichts. Es war alles ein tückisches Trugbild — eine Fata Morgana. Kraftlos bricht er zusammen und stirbt. O grausame Wüste! Die mit Menschen spielt wie mit inhaltslosen Schemen und sie zu Tode hetzt. Aber nein, das wollte die Wüste nicht. Sie liebt die Vernichtung nicht, sie will da^ Leben. Neuen Lebensgeist suchte sie einzuhauchen; und ist es ihr nicht gelungen? Hat der Ver- zweifelnde sich nicht erhoben? Was kann sie dafür, wenn die menschliche Kraft wie eine Seifenblase zerrinnt?! — O Wüste! Du bist schön. Wenn die bleierne Luft des Tages sich verflüchtigt und ganz allmählich die milden Schatten der Dämmerung heraufziehen, wie bist du da auf einmal so verändert! Dort drüben im fernen Westen küßt dir die scheidende Sonne zum Abschiedsgruße den Saum deines goldgelben Mantels. Wie überfliegt da eine züchtige Röte deine bleichen Wangen. Hoch oben auf der funkelnden Spitze der Pyramiden ruft dir der Tag das sanfte „Gute Nacht" zu. Du umhüllst das heiße Haupt mit einem purpurnen, dann violetten Schleier. Zitternd umfächelt dich die kühlende Abendluft. Die Umrisse verlieren sich mehr und mehr in den Schatten der Nacht. Da wallt aber am östlichen Himmel der stille Mond herauf und geisterhaft zwischen den blinkenden Sternlein dahinwandelnd, deckt er dich mit einem luftigen, flimmernden Silbermantel. Ergreifende Einsamkeit! Kein Laut stört den nächtlichen Schlummer. Nur drüben am Saume dep be- wohnten Ebene ein leises Flüstern. Die jungen Palmen erzählen sich die Märchen aus „Tausend und eine Nacht!" O Wüste! Du bist gewaltig. Es ist erhaben, wenn der Donner über die stolzen Firne und Firsten der Alpen dahinrollt. Es ist erschreckend, wenn die Windsbraut die bachantisch-tobenden Wellen des Ozeans zum tollen Tanze mit sich fortreißt. Aber wer beschreibt die furchtbare Gewalt, welche dich umgibt, wenn du der verheerenden Macht eines rasenden Orkanes hilfreich die Hand bietest! Noch scheinst du zu schlummern in der Hitze des Tages. Da taucht am fernen Horizont ein schwarz-gelbes Wölkchen auf. Man kennt sein Erscheinen, man fürchtet es. Wehe der Karawane, die jetzt schutzlos auf der weiten Sandflur weilt! Die Kameele wittern bereits die drohende Gefahr. Sie strecken die Hälse, schreien, zittern. Da donnert es auch schon daher und wirft alles nieder. Der Mensch drückt sich angstvoll hinter das am Boden kauernde Tier und wird mit ihm überschüttet: — begraben im Sande, O Wüste! Du bist heilig. Der Gedanke trägt mich zurück in eine zweitausendjährige Vergangenheit. Noch hat kein Mensch dein Wesen in seinem tiefsten Grunde erfaßt, da wird ein Mann geboren, der dich kennt und liebt. Er sucht dich, wächst in dir auf, bildet sich an deinem Herzen, entleiht dir seinen Charakter. „Das Böse macht ihm Trauer, erregt seinen Unwillen; er begreift die Tiefe und die Schrecken desselben. Er schmeichelt nicht; er tadelt. Er tröstet nicht; er jagt Schrecken ein. Unbeugsam in seinem Sphinx und Pyramide, 176 Aus dem Missionsleben. Charakter, fürchtet er nichts: weder das Volk, noch die Großen, noch die Fürsten. Seine Aufrichtigkeit ist unerbittlich. Er hat die Gabe, die Genüssen zu durchdringen und zu erschüttern. Mit heroischem Bußgeiste angefüllt, hat er eine Strenge, welche den Volksmassen Achtung abzwingt. Kein Prophet hat so machtvoll das Wort in die Welt hineingerufen, welches allein den durch die Gerechtigkeit Gottes zermalmten Nationen zukommt: „Thuet Buße!" Und doch beugt sich dieser Rächer des verletzten Sittengesetzes, dieser Herold der wahren Buße und des schrecklichen Gerichtes Gottes nicht verzweifelnd unter dem Gewichte der Laster, die er geißelt. Er ist kein entmutigter Pessimist; er hat Hoffnung und weckt Hoffnung . . . Johannes der Täufer hat eine lebensvolle Einbildungskraft. Sein Wort fesselt, der kraftvolle Ausdruck und die Leidenschaft, das Gute zu fördern, machen seine Beredsamkeit unwiderstehlich. Sein ganzes Leben ist eine lebendige Predigt. Nichts bindet ihn an die entartete Welt, welcher er predigt. Er verläßt die Wüste nicht. Er kennt nur die Stimme Gottes, die zu seinem Herzen spricht. Seine Kleidung ist ein Gewand von Kamcelhaarcn, ein wahres Bußgewand. Um die Lenden trügt er einen Gürtel aus Ticrfcll. Seine Nahrung sind auf Stein geröstete Heuschrecken und wilder in den Löchern der Felsen gesammelter Honig Er trinkt keinen Wein: er löscht seinen Durst am Wasser der Bäche. Er wohnt weder in der Stadt, noch in '•V. Dörfern, noch in Häusern, sondern in Felsengrottcn der Wüste." Da kommt Jener, dessen Vorläufer er ist, dessen Schuhrieme» zu lösen er sich nicht für würdig findet und flüchtet ebenfalls in die Wüste. Hier ruht er aus, sammelt er sich, hört er die Stimme Gottes in seinem Herzen, lauscht er der Sprache der Natur, die ihm von seinem Vater redet, stählt er sich zum Kampfe, ringt er, siegt er über die Mächte der Finsternis. Und zwei Jahrhunderte später erscheint wieder ein Jüngling in der Wüste. Junges Herz, das sich bis jetzt nur im Glanze von Gold und Edelstein gesonnt, sag' an, was hat dich an diesen einsamen Ort verschlagen? Al-akharibu liurau 'l-'akhavibu. Die nächsten Verwandten sind Skorpione. So bleibe hier in der Abgeschiedenheit, wo keine fremde Leidenschaft deine Ruhe, deinen Frieden, dein Gluck stören wird. Und er blieb und wurde der große Paulus der Wüste und tausend und abermals tausend Jünger folgten ihm und die Wüste machte sic glücklich. Aber jene Tage sind vorüber. Die fortgeschrittene Menschheit fürchtet die traute Stille der Wüste. Wer sie betreten muß, flieht mit eiligem Fuße dahin. Ob die reinen Wüstengeister ihn verfolgen? Wie von einem drückenden Alp befreit atmet er wieder auf im Gcwühle des Lebens. Draußen jedoch in der schweigsamen Wüste melden verwitterte Steine, trauernde Trümmer verfallener Klöster und Kirchen, daß es einstmals anders gewesen. Aus öem AWonsleöen. Die Gründn nng einer Missionsstation. ^plie folgende Ausführung stützt sich auf die Tage-^ bnchblätter deS P. von der Bürgt aus der Gesellschaft der Weißen Väter. Der hochw. Herr behandelt darin die Gründung der Mission im Urundireiche. Am 12. August war die kleine Karawane in der Residenz des Fürsten Subirungu angekommen. Der Vizekönig Subirungu ist ein Bruder Seiner königlichen Majestät Lusabiko, des allmächtigen Herrschers von Urunbi. Des Vizekönigs Residenz ist natürlich ganz afrikanisch, d. h. in einem Umkreise von ungefähr 50 Meter liegen gegen 20 elende Hütten zerstreut. Eine ist etwas höher und geräumiger als die übrigen. Das ist Subirungus „Palast". Die ganze Armseligkeit ist noch von einem alltäglichen Euphorbienzaun umgeben, um der Hüttengruppe gewissermaßen ein noch erbärmlicheres Aussehen zu verleihen. Der Boden ist außerdem so von Schmutz und Kot bedeckt, daß P. Bürgt kaum ein Plätzchen fand, wo er sein Zelt aufschlagen konnte. Subirungu benahm sich äußerst zuvorkommend. Zuerst schickte er zwei dickbäuchige Krüge voll echten Aus dein Missionsleben. 177 afrikanischen Champagners. Das war etivaS ganz anderes als die gewöhnliche Pombe oder das sudanesische Mcrissa. Doch das schien nur die Einleitung zu sein. Man soll aber erfahren, das; Su-birnnga sich nicht „lumpen" laßt. Gegen nachmittags 3 Uhr erscheint er mit einem gewaltigen Gefolge in höchsteigener Person zum Besuche und übergibt eine prächtige Färse als Geschenk. Wie überall auf der Welt fehlte cs dabei auch nicht an den obligaten Widmungs-, Dank- und Gelegenheitsreden. Aber auch jetzt kam wieder die Artigkeit der prinzlichcn Durchlaucht zum Vorschein. Als nämlich die Patres ihm den Zweck ihrer Reise dargelegt hatten, erfuhren sic zu ihrer angenehmen Ucberraschnng, daß der „Vizekönig" schon des Morgens jemand mit der Nachricht von dem Herannahen der Missionäre an seinen königlichen Bruder gesandt hatte, so daß auch der Besuch Lusabikos nahe bevorstand. Richtig! Während die Missionäre noch fest im Schlafe lagen, zog der Herrscher in aller Stille in der Residenz seines Bruders ein. Bereits hatten die Patres ihre hl. Messen gelesen, als sic die Nachricht hievon empfingen. Es war für sie eine wirkliche Ucberraschnng, als man ihnen so urplötzlich meldete: „Lusabiko, unumschränkter Herr von ttrunbt." Der König ist eine stattliche Erscheinung, ein richtiger Herkules unter den Negern und inacht auch durch seine würdevolle Haltung einen befriedigenden Eindruck. Wer ihn sieht, wie er, von seiner Leibwache umgeben, sich auf seine vier Meter lange Lanze stützend, so selbstbewußt cinherschrcitet, denkt unwillkürlich an den König Saul, ragt er doch um Kopfeslänge über alle andern hinaus. In der Kleidung freilich unterscheidet sich der Fürst nicht von seinen Unterthanen. Eine schwarze Mpnsu aus Baumrinde um die Hüften — mehr Kleideraufwand kennt er nicht. Auffällig wirkt jedoch sein riesiger Halsschmuck, der ihm wie eine Schärpe von der linken Schulter nicderhängt. Es ist dies ein ganzes Museum von Amuletten, die seinen Ruf als Zauberer hochhalten müssen. Denn weit und breit rühmt man den Namen Lusabikos als den des gewaltigsten Zauberers im ganzen Lande. Selbstredend beeilten sich da die Missionäre, den Herrscher mit allem nur möglichen Pomp zu empfangen. Auf dem schmutzigen Boden vor dem Zelte wurden rasch einige Matten ausgebreitet und darauf für die Verhältnisse UnmbiS zwei bis dahin unerhörte Luxusthrone errichtet. Der eine für Seine Majestät, den Beherrscher aller Warundis, der andere für 'seinen vizeköniglichcn Bruder Snbirnngu. Beide Fürsten ließen sich denn auch ganz entzückt auf den zwei alten Gartenstühlen nieder. Sie waren für alles Auge und Ohr und, wenn man ihnen glauben durfte, auch für alles zu haben. Die Höflichkeitsregeln gelten auch in Urundi. Die Missionäre mußten also einen Gegenbesuch machen, der zur gegenseitigen, vollen Befriedigung ausfiel. Der Anfang war also allem Anscheine nach sehr glückverheißend. Allein man kann auch bei den Negern den Tag nicht vor dem Abend loben. Und überdies ist allzuviel Liebe immer ungesund. Es konnte daher mit Recht auffallen, daß am selben Nachmittag die schwarzen Majestäten wieder erschienen, diesmal allerdings ohne Gefolge. Aber ein Blick in das freundlich zuwinkende Auge Lusabikos und das holdgrinsendc Antlitz seines Bruders zerstreuten jede Besorgnis. Da der Fürst mit einer gebieterischen Handbewegung seine herumlungernden Warundis davonjagte, begriffen die Patres sofort, daß cs sich jetzt um eine geheime diplomatische Konferenz handle. Sic schickten also auch ihrerseits alles hinweg, den Dolmetscher Jakobo ausgenommen. Nach einigen allgemeinen Phrasen rückte Lusabiko mit seinem Geheimnisse heraus. An so etwas hatte doch keiner der Missionäre gedacht. „Ihr wißt, daß mein Vater Kengresa mir als dem ältesten Sohne nach den Gesetzen unseres Landes die Herrschaft hinterließ?" „Wir wissen es." „Kennt Ihr meinen jüngeren Bruder Musaspe?" „Als du vor zwölf Tagen uns deinen Gesandten entgegenschicktest an die Grenze, da hast du uns sagen lassen, er sei gegen dick, im Aufstand." „Ihr erinnert euch gut. Mnsaspe ist in der Tat ein Rebell. Aber ihr habt damals gesagt, ihr seid« Lusabikos Freunde." „Gewiß, wir erkennen die gesetzmäßige Obrigkeit immer an." „Nun ihr habt mächtige Zaubcrmittel." „Wenn du es so nennen willst." „Ihr habt auch Waffen, welche blitzen und donnern und eure Feinde schon in weiter Ferne niederschmettern." „Wir gebrauchen unsere Waffen nur in der Not." „Lusabiko liebt euch über alle Maßen. Er wird seine Freundschaft in alle Ewigkeit aufrecht erhalten. DaS ganze Land bietet er seinen Freunden an. Ihr könnt euch niederlassen, wo immer ihr wollt. Meine Leute werden euch zur Hand sein, meine Soldaten eure Feinde vernichten. Meines Herzens Wunsch ist es, daß ihr ganz in meiner Nähe bleibt, denn alles Volk soll sehen, wie ich meine Freunde ehre. Selbst komme ich zur Schule und lasse mich unterrichten und alle meine Unterthanen müssen den» Unterricht 178 Aus dem Missionsleben. besuchen. Ihr aber müßt euch erkenntlich zeigen und euere Blitzwaffen (Gewehre) auf meinen Todfeind M u s a s I) e richten. Dazu also war der König gekommen. Ein Gang umsonst! Lusabiko sollte fühlen, wie gemein und verabscheuungswürdig den Missionären dieses sein Ansinnen vorkam. „Das ist unerlaubt," erwiderten sie fest und entschlossen, das können und werden wir nicht tun. Um keinen Preis geben wir uns zu einem solchen Frevel her. Man kann uns martern, aber wir stimmen nie und nimmer einer solchen Greueltat bei. Wir verzichten lieber auf allen zeitlichen Vorteil und setzen uns der Rache eines mächtigen Herrschers aus, als daß wir unser Gewissen mit einer solchen Sünde beschwerten." „Auf diese kräftige Abfertigung hin erwarteten die Patres einen Ausbruch der Wut. Der König hatte sie ja ganz in seiner Macht. Aber Lusabiko war ein geriebener Diplomat. Er veränderte keine Miene. Nur seine Stimme hatte eine etwas andere Färbung angenommen. Sicherlich kochte es in dieser Herkulesbrust. Ohne weiteres führte er die Unterredung weiter. „Wenn ihr mir Musasye nicht unmittelbar niederschießen wollt, so könntet ihr jedoch dazu beitragen, daß er in meine Gewalt gerät. Dann seid ihr fertig und ich werde alle meine Versprechungen halten. Was 'den Musasye angeht, so will ich für das Uebrige schon allein sorgen." Doch auch dieser Antrag wurde beharrlich und entschieden ahgewiesen. Jetzt wußte Lusabiko einen andern Ausweg. 1 „Ihr seid Weiße und folglich Bundesgenossen der deutschen Behörden. Als solche könntet ihr mir wenigstens die Erlaubnis erteilen, meinen Erbfeind im Namen der gesetzlichen Obrigkeit zu bekriegen. Allein der Fürst erzielte mit diesem dritten Vorschlag ebensowenig einen Erfolg als mit seinen beiden ersten. Wenn er überhaupt eine solche Erlaubnis benötige, dann könne er sie ja bei der deutschen Obrigkeit in Udschidschi selbst einholen. Jedenfalls würde ihm diese zu seinem guten Rechte verhelfen, wofern seine Ansprüche begründet wären. Doch sie dürften sich in solche Sachen nicht mischen, da jedwede Politik dem Missionär fremd sein solle. Als der Fürst sich seinen dritten Korb geholt hatte, drang er nicht mehr weiter in die Patres. Aber geärgert hatte er sich riesig. Er machte es jedoch wie alle, die ihre Erregung nicht merken lassen wollen, sie aber auch nicht verbergen können, — er spöttelte. „Nun, wenn ihr mir mit euern eigenen Waffen gar nicht beistehen wollt, so muß ich euch eben bitten, die Gewogenheit zu haben und mir zu erlauben, mit meinen eigenen Zauberformeln Musasye aus dem Wege zu schaffen." Auf dieses Kompliment erhielt er aber nicht einmal eine Antwort mehr. Die Missionäre zuckten nur mitleidig die Achseln. Das zeigte ihm deutlich genug, welches Vertrauen sie in seine Zauherei setzten. Trotz des völligen Mißlingens seiner Pläne schied der Fürst nachher doch als Freund aus dem Zelte der Patres. Doch damit hatte Lusabiko seine Absichten keineswegs aufgegeben. Hören wir den P. Bürgt selbst: Zwei Tage nachher, so erzählt er, kommt Lusabiko aufs neue zu uns herüber, uns nochmals zu bereden, auf seinen Plan einzugehen. Weil wir aber nichts davon wissen wollen, macht er uns einen neuen Vorschlag: wir sollen zu Musasye, seinem Gegner, gehen und Freundschaft heucheln, damit er sich in unserer Nähe sicher fühle und weniger auf seiner Hut sei. Alles Uebrige könnten wir ihm, dem Lusabiko überlassen. Also noch immer macht er seine Freundschaft abhängig von unserer Mithilfe an dem Tode seines Feindes. Es ist geradezu unglaublich, welchen töt-lichen Haß diese zwei Brüder, obwohl beide Söhne desselben Vaters, einer gegen den andern tragen. »Afwe, afwe!« (er sterbe!) Dieses Wort bildet den Schluß jedes Satzes, den Lusabiko ausspricht, als hätte er es dem Kato der alten Rönier abgelauscht, der auch jede seiner Reden mit den Worten endete: „Und dann, meine Herren, meine Ansicht ist, daß Karthago zerstört werden soll!" Wenn wir dem Rate des Fürsten Folge leisten, so verspricht er uns goldene Berge: wir könnten uns in der unmittelbaren Nähe seiner Residenz niederlassen; auch will er die in entfernteren Gegenden ansässigen Leute uns zu Liebe ihren Wohnort in die Nähe unseres Sitzes verlegen lassen, damit nur recht viele unserem Unterrichte beiwohnen könnten; er selbst wollte mit dem guten Beispiele vorangehen usw. Ob wir mit einem solchen Judaslohn vorlieb nehmen möchten? Mit nichten! Wäre uns so etwas doch ganz und gar unerlaubt. Sobald wir also diesen schändlichen Antrag mit Stolz zurückweisen, gibt er uns zu verstehen, das; er uns nunmehr nicht in seinem Lande dulde. Wir sollten entweder nach Kikumbi zurückgehen oder bis nach Usige Weiterreisen, oder gar uns seinem Feinde Musasye anschließen, aber im letztem Falle werde er uns nicht in, Ruhe ziehen lassen. Allein die Missionäre ließen sich nicht schrecken und Lusabiko dachte wieder neue Mittel aus, um sie für feine Pläne zu bestimmen. In der That hatte er binnen 24 Stunden wieder etwas ausgeheckt. Diesmal war es etwas Besonderes und Originelles. Das mußte ziehen! Er ließ nämlich des andern Tags in aller Herrgottsfrühe den Patres die Meldung zugehen, er befehle ihnen nicht mehr fortzuziehen, sondern er selbst werde mit Sack und Pack und Mann und Maus und Kind und Kegel — Haus, Hof und Herd verlassen, sodaß sie keine Lebensrnittel mehr bekamen und in ihrer Wehrlosigkeit dem Musaspe in die Hände fielen. Dann wäre es um sie geschehen. Dies sollte mit andern Worten soviel heißen als: „Tut, was ich will, oder ihr seid selbst schuld, wenn es euch übel ergeht." Doch die Missionäre kamen nicht aus der Fassung, sondern machten dem Fürsten ihre Morgenaufwartung und dabei ließ sich der große Herr endlich bewegen, die langersehnte Erlaubnis zu einer Niederlassung bedingungslos zu gewähren. .* * * Die Ernte ist reif, aber der Arbeiter sind wenige. in schöner Beweis dafür, daß die Neger wirklich nach Glaubensboten und Bekehrung verlangen, teilten jüngst die „Apostol. Annalen" vom hl. Geist mit. Seit seiner Rückkehr in seine liebe Mission von Nsoubü am Niger hat P. Ganot gesehen, wie sich ein merkwürdiges Ereignis betreffs des Katholizismus zutrug. Der oberste Häuptling des Landes, Obi Faton, hat die Taufe empfangen, und für einen Moment konnte man glauben, dass die ganze Bevölkerung von Nsoubs seinem Beispiele folgen würde. Das wäre zu schön gewesen. Der böse Feind legte sich ins Werk und es entstand ein Umschwungs es bildeten sich Parteien unter den Häuptlingen, und es entstand eine heikle Scheidung zwischen dem Lager des Satan und dem Lager des guten Gottes. Ein Drittteil der Bevölkerung befand sich in letzterem und strömt täglich zur Mission, um sich unterrichten zu lassen. Die andern weisen die guten Lehren zwar zurück, ohne indessen die ärztliche Sorge, welche ihnen P. Ganot, gleichwie eine opferwillige Missionsschwester angedeihen läßt, zu verschmähen. Seine Liebe aber wird sicherlich endlich alle gewinnen. Und wirklich bringt jedes Fest neue Taufen, neue Erstkommunionen und Hochzeiten. Noch mehr! In der Gegend von Agoulüri folgte eine ganze Ortschaft dem Beispiel von Nsoubö, es ist Jquem (mit 3000 Seelen). Um einen Katechisten zu bekommen, haben die Häuptlinge ein „großes" Haus gebaut mit drei Gemächern; Eines für den Pater, eines für den Katechisten und das dritte für die Versammlungen. Es zeigt sich hier guter Wille, den der liebe Gott nicht ungesegnet lassen kann. Das Eigentümliche aber an dem Ereignis ist, daß die große Ortschaft Nando (mit 12.000 Einwohner) darauf eifersüchtig ist: Sie haben eine Gesandtschaft nach Jquem geschickt mit 25 Pfund Sterling (ungefähr 625 Kronen) in Tauschwaren, um Jquem zu entschädigen für seine Auslagen und um das Privilegium zu bekommen, die Missionäre zu erhalten. „Jquem," sagte Nando, „ist sehr klein; Nando ist fünfmal größer. Es würde sich also geziemen, dass die Missionäre nach Nando kämen." Dieses Beispiel zeigt uns wiederum, dass die Neger für Religion und Bildung auch Interesse zeigen und daß manche Stämme dem Christentum sehr leicht zugänglich wären. Hätte man nur genügende Anzahl guter Kräfte, so fänden sich auch im Sudan manche Völker, die mit Sehnsucht auf die Erlösung aus der Nacht des Irrtums warten und mit Freuden die Missionäre aufnehmen, wie es ja auch einstens unter den Nuba und Dinka geschah. * * * Die Verehrung des hl. Petrus bei den Negern. or einiger Zeit stellte sich hier ein solcher Regen ein, daß der in unserer Nähe sich befindende Fluß hoch anschwoll und aus den Ufern trat. War das eine Freude für die Schnlknaben. Heute wird gefischt, wenn der Lehrer es erlaubt, hieß es von allen Seiten. Ich willfahrte ihrem Wunsche und ging mit einer Schar, es waren die jüngsten Knaben aus der Schule, zum Fluße. Dort angekommen, knieten sie nieder und beteten laut ein Ave-Maria zum hl. Josef um glücklichen Fischfang. Das Gebet hatte seine Wirkung, denn in kurzer Zeit hatten sie 50 schöne Fische. — Aber nun war die Sache noch nicht fertig. Daheim angekommen, sahen die anderen größeren Knaben fast mit einem kleinen Neid auf die schönen Fische und baten mich, doch auch einmal mit zum Fischen zu gehen. Ich erzählte nun den Grund, warum wir so viele Fische gefangen hätten. Ja, wir wollen auch beten, so ertönte von allen Seiten. Einige Tage später ging ich mit den größeren Knaben zum Flusse und diesmal fingen sie 132 Fische von ziemlicher Größe. Auf dem Heimwege, der einem Triumphzuge glich, fragte ich, ob sie zuvor alle gebetet hätten. Gewiß, aber nicht zum hl. Josef. Wir beteten zum hl. Petrus, denn der war Fischer," lautete die Antwort. (Ein Trappist.) ISO Aus bent Missiousleben. Durch Kreuz zum Licht. M^ir haben schon zu rviederholteumalen auf die reiche Ernte hingewiesen, die auf deut Missionsgebiete der weißen Väter in Uganda heranreift. Heute wollen wir aber auch an jene Tage erinnern, wo es galt, den ersten Samen zu streuen, innere uub äußere Hindernisse zn überwinden, die junge Saat zu schützen und zu nähren mit dem Edelsten und Heiligsten der Menschheit — mit Märtyrrrblnt. Uganda, am großen Viktoria-Nyansa gelegen, gehört unstreitig zu den schönsten Gebieten des Erdteils. Hier aus der ewigblühendcn, tincrschöpflich fruchtbaren Scholle lebt im kühlen Schatten des Pisang, unter dem majestätischen Bogen des Bananenbaums das heitere, geweckte, kraftstrotzende Volk wie in einem Paradiese. Als die katholischen Missionäre Ugandas Boden betraten, fanden sie schon die Sendlinge der «Church Missionary Society» «die reichste englisch-amerikanische Missionsgesellschaft) dort angesiedelt. Aber siehe, die da gekommen sein wollten als Diener Jesu Christi, der Sonne der ewigen Wahrheit, vergaßen bei der Ankunft der katholischen Glaubensboten auf einmal den Zweck ihrer hohen Aufgabe. Sie, die angeblichen Besitzer des lauteren Evangeliums, griffen zur Lüge, um die unbequemen Ankömmlinge fernzuhalten. Haß und Groll entflammten ihr Herz. Aber was hatten ihnen die katholischen Missionäre gethan? Oder war es die unbewußte Aeußerung des Irrtums, der stets und überall die Wahrheit angreifen muß und deren Verteidiger mit Gift und Galle überschüttet? War es die unheimliche Ahnung, daß jetzt ihre Hauptrolle ausgespielt sei, daß ihre Lebensweise vor dem hingebenden, aufopfernden Streben der „Papisten" zu grell abstechen werde, daß sie trotz Geld und Bibeln und anderen Machenschaften nicht im gleichen Grade die christliche Gesittung ihren Schützlingen beibringen könnten? Genug, einer von ihnen bot alles auf, um den König Mtesa von den katholischen Missionären abzuhalten und zwar mit den unredlichsten Mitteln. Der Naturmensch hat eine fast abergläubige Scheu vor dem überlegenen Wissen des Gebildeten. Man log deshalb dem König vor, die katholischen Missionäre seien unwissende Menschen und lehrten Irrtümer. Wer sich von einer tiefen Kulturstufe auf eine höhere geschwungen hat, sieht natürlich mit Verachtung auf jene, die ihn zu einer niederen wieder herabziehen wollen. Darum wurden die katholischen Missionäre dem Könige gewissermaßen als Heiden dargestellt, da sie vor Bildern nieder- fielen und sic anbeteten. Es ist bekannt, das; niemand argwöhnischer ist, als ein schrankenloser Tyrann, und daß niemand eine größere Furcht hat, betrogen zu werden, als gerade ein solcher. Auch diesen Umstand benutzte der anglikanische Glaubensbote, indem er die Ankömmlinge als geriebene Jntriguanten (Leute, denen alles zuzutrauen ist, nur nichts Gutes) verschrie. Als auch das noch nicht verfangen wollte, führte er noch die Nationalität oder vielmehr den Volkscharakter der Missionäre gegen sic zu Felde. „Es sind Franzosen," sagte er Mtesa,. „und diese wollen von Königen überhaupt uichts wissen, weshalb sie auch ihren eigenen König hingemordet haben." Aber die Hoffnung der Heuchler wirb zu Schanden werden, heißt cs in der hl. Schrift. Die Vcr-leumdnngen des Anglikaners teilten das gleiche Schicksal. König Mtesa nahm die katholischen Missionäre ans und unterstützte sie, indem er ihnen einen Hektar Land und zur Bebauung die nötigen Ochsen gab. Von Zeit zu Zeit sandte er ihnen Arbeiten und Material zur Herstellung ihrer Wohnung. Mit voller Freiheit durften sie ihre Lehre verkünden und überall ohne Hemmnis ihre seeleneifrige Tätigkeit entfalten. So konnten sie denn auch schon bald in der Hauptstadt Rubaga ein Waiscnhans für losgekaufte Sklavenkinder, das den Namen St. Maria erhielt, errichten. Was jedoch dem Sendboten der «Church Missionary Society» nicht gelungen war, sollte durch die Mittel und Drohungen der arabischen Sklavenhändler zustande kommen. Mtesa schien nämlich bald hernach den Missonüren gegenüber gänzlich verändert. Nicht lange darauf rief ihn der Tod ab. Den Thron bestieg nun sein Sohn Muanga. Die Christen hatten auf ihn die größten Hoffnuugeu gesetzt, da er den Missionären freundlich entgegenkam und selbst christlichen Unterricht genommen hatte. Das war aber den heidnischen Großen und ihren arabischen Gesinnungsgenossen ein steter Dorn im Auge. Denn war einmal Muanga wirklich Christ geworden, dann mußten selbstverständlich Sklavenhandel und sonstige Räubereien aufhören. Deshalb wurde eine Verschwörung gegen Muanga angezettelt. Drei der Christen, die am Hofe angestellt waren, erfuhren es und machten dem König davon Mitteilung. Leichtbegreiflich, daß der Fürst darüber in Aufregung kam. Er lies; den ersten Minister vor sich kontmen und machte ihm ernste Vorwürfe. Katikiro, so hieß dieser, fiel vor Muanga zu Boden, weinte und flehte um Gnade und Verzeihung. Er beteuerte so fest und vielmal für alle Zukunft seine unwandelbare Treue und wußte der ganzen Angelegenheit so geschickt eine andere Wendung zu geben, daß ihm der König in Wirklichkeit alles nachsah. Aber diese Anzeige und seine daraus erfolgte Verdemütigung konnte der verräterische Minister den Christen nie verzeihen. Er schwur ihnen den Untergang und sann Tag unb Nacht auf'Mittel und Wege, seine schwarzen Pläne auszuführen. Die Gelegenheit sollte sich ihm nur zu bald darbieten. Die Deutschen hatten soeben einen Teil Ostafrikas in Besitz genommen, und das Gerücht, als ob die Weißen auch ins Innere dringen unb den Negern das Land entreißen wollten, war auch zu den Ohren Katikiros gedrungen. Mit frechen Lügen malte er nun dem König das ganze Tun und Lassen der Missionäre so aus, daß diese nur politische Pläne hinter dem Deckmantel der Religion zu verbergen schienen. Muanga wurde schwankend. Da trat ein neuer Umstand ein, der die Sache des Ministers allem Anscheine nach bestätigte. Es ging nämlich die Nachricht um, als ob ein Weißer an der Spitze eines Heeres dem Ussoga entlang heranziehe. Untrügliche Boten hatten sie gebracht. Dadurch wurde der König völlig umgestimmt und entschloß sich, dem Rate seines ersten Ministers zu folgen und alle Weißen, die sich seinem Lande näherten, unversehens zu überfallen und abzuschlachten. Natürlich sollte das für Katikiro nur der Anfang einer allgemeinen Christenverfolgung sein. Mkasa, ein vertrauter Ratgeber des Königs, derselbe, welcher vother im Einverständnisse mit seinem Kollegen Andreas Kagua die Verschwörung des Katikiro entdeckt hatte, suchte auch jetzt wieder Muango aufzuklären und zu beruhige». Niemand wisse, führte Mkasa aus, wer der Fremde sei, was er wolle, wohin er zöge. Es sei daher nicht erlaubt, ihn ungehört zu richten und zu verdammen und am ivenigsten angängig, sich mit einem so schmählichen und völlig nutzlosen Morde zu beflecken. Ja selbst, wenn man annehmen könnte, der Weiße käme mit feindseligen Absichten, wäre es nicht notwendig, soviel Blut zu vergießen. Oder tvas hindere ihn denn, dem Fremden den Eintritt in das Land ein-fachhin zu verweigern? Wäre es für den König nicht ruhmvoller, wen» man allerorts verkündete, daß ein Weißer sich dein Befehle Muangas habe fügen müssen, als wenn man den Schein erweckte, man könne sich gegen eine Handvoll Weißer nicht anders schützen, als durch einen feigen Meuchelmord? Gerade dieser wäre tun ersten dazu angethan, die Weißen herbeizulocken, weil sie sich dann stellten, als müßten sie für ihre gemordeten Landsleute Rache nehmen. Aber dieser gutgemeinte und iveise Rat hatte keinestvegs die gewünschte Wirkung. Im Gegenteil, er bildete für den verruchten Katikiro lediglich eine neue Handhabe, um die Christen zu verdächtigen. Der König blieb bei seinem Entschluß und ließ den Fremden samt seinem Gefolge ermorden. Es war der anglikanische Missionär Hammington. Der treue Mkasa hingegen fiel in Ungnade, da er mit den Fremden unter einer Decke spielen sollte. Bald durfte er sogar seine Treue für Muanga und seine rückhaltslose Hingabe an den Glauben mit seinem Blute besiegeln. Die Ermordung des englischen Missionärs war in der Tat nicht nur der Anfang des Kampfes gegen die Weißen, sondern auch das von Katikiro verabredete Zeichen zu einer allgemeinen Christenverfolgung. Die Gläubigen galten für vogelfrei. Wer wollte, konnte sie niedermachen, wo immer sie sich befanden. Was der tiefere Grund der zahlreichen Morde war, ließ sich ebenso aus dem ganzen Benehmen des Ministers schließen. Er wollte eben seine Rache kühlen, und deshalb mußte Josef Mkase als einer der ersten sterben. Die Ruhe, mit welcher dieser in den Tod ging, die Treue, welche er dabei noch gegen den Wüterich Muanga bewies, der Heldenmut, den er für seinen hl. Glauben an den Tag legte, kurz, alles trug das Gepräge des christlichen Martyriums an sich, eines Martyriums, das die Bosheit der Feinde zu Schanden machte, das die Glaubensinnigkeit der Freunde in sichtbarer Weise vermehrte und sie mit erhabener Begeisterung und einem hl. Verlangen nach dem Tode erfüllte. Greise, bereits im Begriffe, in das Grab zu steigen, kehren gewissermaßen um, damit sie gewaltsam hinabgestoßen würden. Männer in der Vollkraft der Jahre drängen sich noch um den Missionär, auf daß sie im Bade der Wiedergeburt reingewaschen werden. Ihre Augen glänzen voll heiliger Freude, ihre Brust hebt sich hoch unter dem Drange der seligsten Gefühle, das Herz glüht in flammenden Gebeten, wie im Siegesräusche rast das Blut durch die Adern und jubelnd klingt es aus dein Munde, der soeben das Taufgelöbnis gesprochen: „Freuet euch und frohlocket, denn morgen erscheint der Tag, au welchem der himmlische Bräutigam mit unserer Seele Hochzeit hält." Ja, Kinder im ersten Frühling bestürmten den weißen Vater mit der Bitte, sie doch zu Kindern Gottes zu machen. Fürwahr, diese Verfolgttug riefBilder hervor, wie sie großartiger und überwältigender auch in den großen Bluttagen der ersten drei christlichen Jahrhunderte nicht waren. Der Geist des Christentums, oder sagen wir besser und richtiger be§' Katholizismus, — aber des Katholizismus, der im Papste sein sichtbares Oberhaupt hat — der Geist dieses Katholizismus ist eben ewig jung und lebenskräftig, unveränderlich wie Gott, weil er der Geist des Ewigen ist. Alle anderen Religionen sind gemacht für ein Land, für eine Zeit, für ein Volk. Sie sind gestiftet nicht für und mit Gott, sondern im menschlichen Hochmut, für menschliche Leidenschaftlichkeit, mit menschlicher Frechheit. Mit ihrer Zeit und ihrem Volk werden sie vergehen, weil sie auf die ewig wechselnde Flut der schmählichsten Leidenschaften gebaut sind, weil sie aus unberechtigem Widerspruch hervorgegangen, überall berechtigten Widerspruch finden, weil sic nicht für alle, mit einem Wort, weil sie nicht katholisch sind. Aber schon die Zeit wird richten. Sie wird den Irrtum aufdecken und verdammen, die Wahrheit aber muß dann in einem umso helleren Lichte strahlen. Doch kehren wir wieder nach Uganda zurück. (Fortsetzung folgt.) Rundschau in den Missionen. Europa. Bulgarien. Wie wir dem Maiheft der kathol-Missionen entnehmen, ist die religiöse Lage der bulgarischen Katholiken immer noch sehr betrübend und erheischt zu ihrer bessern Umgestaltung in besonderem Maße das Interesse des katholischen Deutschlands. Von den 3,310.000 Einwohnern zählt man ca. 2,600.000 griechisch-schismatische, ca. 650.000 Muhammedaner, ca. 30.000 Juden, 6000—7000 Armenier, 2000—3000 Protestanten und ca. 30.000 Katholiken. Diese Katholiken verteilen sich auf das Apost. Vikariat Sop hi a-P h ilip p o p o li s , wo hauptsächlich Kapuziner und Assumptionisten wirken, und auf dieDiözese Nikopolis, das Arbeitsfeld der P. P. Passionisten. Der Passionist P. Franz Kri n gs schildert nun die traurigen Zustände der Gegenwart und ihre Ursachen und bittet um kräftige Unterstützung. „Unsere Katholiken sind arm, sie wohnen meistens in elenden Hütten, bereit Wände aus gestampften Lehm bestehen und die mit Stroh gedeckt sind. Sie schlafen auf Matten, die auf dem bloßen Boden liegen, essen aus einfachen Schüsseln, die auf die Erde gestellt werden und sitzen nach Art der Türken. Stühle und Tische sind nicht in Gebrauch. Jedermann hat sein Messer, das zugleich als Gabel dient. Fleisch essen sie selten; ihre Nahrung besteht neben Maisbrot aus gewöhnlichen Gemüsen, die alle zusammengekocht eine Art Bräu bilden. Entsprechend einfach ist ihre Kleidung. Wo man in einigen Dörfern besser gebaute und wohnlicher eingerichtete Häuser trifft, da kann man sicher sein, daß es Einwanderer sind, die hier durch Arbeitsamkeit und Geschick leicht zu einem gewissen Wohlstand gelangen können. Die große Armut der Mission hat bisher auch ihre Entwicklung sehr gehemmt. Doch ist der Anfang zu besseren Verhältnissen gemacht und falls die durchaus notwendigen Unterstützungen nicht ausbleiben, kann die Mission auf eine schöne, trostvolle Zukunft hoffen." Hier wendet sich P. Krings besonders an seine deutschen Landsleute. „Der Weltruf des katholischen Deutschland, welches stets für alles Gute und Edle mit größter Opferwilligkeit eingetreten ist, läßt den deutschen Pater hoffen, daß man ihm die Unterstützung nicht versagen wird, umsomehr, als unter den Eingc-wanderten sich viele Deutsche befinden. Um das leibliche und geistige Wohl unserer Landsleute zu fördern, erstrebe ich die Gründung einer deutschen Kolonie, in welcher die Zerstreutwohnenden gesammelt werden sollen. Zugleich soll aber auch durch die zu gründende Kolonie die Mission des ganzen Landes gefördert werden. Die Heranbildung eines einheimischen Klerus ist nämlich eine unabweisbare Notwendigkeit, weil ausländische Priester vielfach von der Malaria befallen werden und deshalb nicht dauernd hier wirken können. Die jungen Bulgaren eignen sich aber durchgehends nicht für das Studium der katholischen Theologie. Da soll nun die akklimatisierte Jugend aus der deutschen Kolonie Ersatz bieten. Sie würde für einen einheimischen Klerus ein ganz vorzügliches Material abgeben, so daß mit der Gründung der Kolonie die Zukunft der Mission Bulgariens in engster Verbindung steht. Gelingt sie, dann dürfen wir für die katholische Kirche in Bulgarien aus eine schöne Zukunft hoffen. — Der Anfang ist gemacht; schon 35 deutsche Familien wurden an einer günstig gelegenen Stelle in der Nähe der bedeutenden Stadt Schumla zu einer Ge- 183 Rundschau in dm Missionen. mciiibe vereinigt. Aber dieselben leben in größter Armut, in elenden Lehmhütten. Die Wohnung des Missionärs, welche zugleich für. den Gottesdienst verwendet wird, ist nicht besser als die übrigen. Ein solcher Zustand läßt sich nicht halten. Bei den hiesigen günstigen Boden- und Teuerungsverhältnissen würde es den strebsamen Deutschen bald gelingen, ihre Lage zu verbessern, ja selbst günstig zu gestalten und zugleich dem Zuzug weiterer deutscher Familien die Wege zu ebnen, wenn es mir möglich wäre, durch Geldunterstützung helfend und fördernd einzugreifen. Bei der führenden Stellung Deutschlands, welches sich heute auf allen Punkten der Erde Geltung und Einfluß zu verschaffen sucht, würde jeder, der dieses Unternehmen unterstützt, nicht allein helfen, das Reich Christi auf Erden ausbreiten, sondern er würde ein eminent patriotisches Werk unterstützen." Rumänien. In dem jungen Königreiche ^beginnt die Lage des Katholizismus zusehends besser zu werden. Namentlich ist den jetzigen Oberhirten der Erzdiözesen Bukarest und Jassy viel zu verdanken. Natürlich mußte auch hier vor allem auf die Heranbildung des Klerus die erste und größte Sorgfalt verwendet werden. Das unter sehr schwierigen Verhältnissen in Jassy errichtete Seminar untersteht der Leitung der Jesuiten, die in der kurzen Zeit seit der Gründung (1886) schon bedeutende Erfolge zu verzeichnen haben. Die alte Schulmcthode hat also auch hier ihre Fruchtbarkeit wiederum bewiesen. Das junge Seminar fängt bereits an, auch die Augen Andersgläubiger auf sich zu ziehen. Selbst Popen kommen zur Besichtigung. Einen nicht zu unterschätzenden Einfluß hat auch das Seminar dadurch erlangt, daß es der ganzen Bevölkerung Achtung und Vertrauen zu dem Seelsorgeklerus einflößt, der eine solche Bildung und Erziehung genießt. Asien. Bpostol. Präfektur Ueber die Be- kehrung der ersten Hindus teilt der'hochw. P. Jg. Betham den kathol. Missionen Folgendes mit: „Vor ungefähr zwei Jahren wohnte ein fein gekleideter'^ und gebildeter bengalischer Jüngling im Alter 'von 22 Jahren fast regelmäßig unserem sonntäglichen Gottesdienste bei. Sein Benehmen im Gotteshaus war lobenswert und in jeder Hinsicht erbauend für meine Khasi-Christcn; seine Augen waren beständig auf den Altar gerichtet. Nach vier bis fünf Monaten teilte er mir mit, er wolle Christ werden. Der edelgesinnte Jüngling gehörte der hohen Hindukaste au. An der Aufrichtigkeit seines Willens konnte ich bei ihm mit Recht nicht im ge- ringsten zweifeln und somit begann ich mit der Erteilung des Religionsunterrichtes. Von dieser Zeit an besuchte er, wenn nicht Krankheit oder dringende Amtsgeschäfte ihn daran hinderten, täglich unsere Missionskapellc, um die heilige Messe zu hören. Nachdem er in den Glaubenswahrheiten hinreichend unterrichtet war und sein Religionsexamen ausgezeichnet bestanden hatte, erteilte ich ihm vor einigen Monaten in Gegenwart meiner Khasi-Christen vor dem Hochamt das Sakrament der heiligen Taufe. Wie freudestrahlend ging er vom Taufbrunnen zurück in seinen Betstuhl! Sein Herz und seine Seele waren mit Freude und Frieden erfüllt, wie er selbst nachher bekannte. Sein erster Eifer ist nicht erkaltet. Vor einigen Wochen vermählte er sich mit einem katholischen Khasi-Mädchen, ebenfalls einer frommen Christin. — Eines Tages, abends spät, wnrdc ich in ein nahegelegenes Khasidorf gerufen; ein 60jähriger Hindu verlangte nach der heiligen Taufe, da seine Krankheit, die ihn bereits mehrere Monate ans Bett fesselte, gefährlicher zu werden schien. Mein Katechet hatte ihn längere Zeit alle Tage unterrichtet, so daß ich ihm seinen Herzenswunsch erfüllen konnte. Nach der Spendung der hl. Taufe raffte er mit aller Gewalt seine Kräfte zusammen, umschlang meinen Hals und vergoß Freudetränen mit den Worten: „Padri, ich bin jetzt so glücklich, ich danke dir von ganzem Herzen!" Auch mir entrannen unwillkürlich Thränen der Freude, obgleich meine Natur nicht leicht zum Weinen angelegt ist. Der brave Thomas — auf diesen Namen taufte ich ihn — betet fleißig seinen Rosenkranz auf seinem Krankenlager und freut sich sehr, wenn ich oder eine unserer ehrw. Missionsschwestern ihn besuchen. Er trägt beständig den Rosenkranz und Medaille. Eine fernere Bekehrung einer Hindu-Mutter mit ihren zwei Kindern ist zu verzeichnen. Selbige befindet sich längere Zeit in meinem Spital und die zwei Waisenmädchen ließ ich in unser Waisenhaus unterbringen. Dieses sind meine ersten Hindu-Bekehrungen. Bekanntlich sind die Hindu in Assam äußerst schwer dem Christentum zu gewinnen, dagegen habe ich unter dem Khasi-Stamm bereits eine beträchtliche Anzahl Seelen unserer hl. Kirche zugeführt." Die Missionäre der Genossenschaft vom göttlichen Erlöser arbeiten nun seit ungefähr zwölf Jahren in diesem schönen, durch seine Theegärten berühmten Berglande. Gleich anfangs stellten sich den hochw. Patres sehr große Schmierigkeiten entgegen. Im Lande werden nicht weniger als 70 Sprachen in ca. 100 Mundarten gezählt. Dazu noch die prote- 184 Rundschau iu beit Missionen. stantische Propaganda, welche in Assam früher war als die katholische. Dementsprechend konnte bisher nur ein kleiner Teil des Arbeitsfeldes in Angriff genommen werden. Ein schwerer Schlag war für die junge Mission auch das furchtbare Erdbeben im Jahre 1897. Diözese Ifiaissur. Die Pest und Blattern fordern in -Maifsur immer noch ihre Opfer. Wie die auS Deutschland stammende Oberin der Schwestern vom Guten Hirten in B o n g a l o r schreibt, ist die Lage der Schwestern sehr traurig. Ihre Armut ist so groß, daß sie kaum das Nötige finden können, das zur Pflege ihrer von der Seuche getroffenen Kinder notwendig ist. Furchtlos besuchen diese Heldinnen der christlichen Liebe die Kranken und leisten alles, was in ihrer Macht steht. Jfmmka. DordameriKa. Die Regierung der Vereinigten Staaten führt einen heftigen Kulturkampf. Zuerst setzte sie die Staatszuschüsse zu den Jndianerschulen der Missionäre allmählich immer tiefer herunter. Dann zwang sie die Jndianereltern geradezu, auch gegen ihren Willen die Kinder in die Staatsschulen zu schicken. Da sie diese ungerechte Maßregel nicht lange halten konnte, nahm sie sie zwar wieder zurück, entzog aber auch seit Juli 1901 allen kathol. Jndianerschulen die bisherigen Zuschüsse, sodaß diese unfehlbar dem Untergange geweiht sind, falls nicht von anderwärts Unterstützungen zufließen. Am 3. Oktober 1901 starb in Midrigan. der 72jährige Jndianermissionär Gerhard Terhorst. 41 Jahre hat er unter den Rothäuten gewirkt und unendlich viel Gutes gethan. Er war das getreue Abbild der alten deutschen Glaubensboten. Nach den Kathol. Missionen hat ihn ein junges Indianer-mädchen in einem anmutigen Briefchen charakterisiert wie folgt: „Vater Terhorst war geboren in Münster, Hannover (sic!) etwa vor 80 Jahren. Er war ein guter Priester und brachte 41 Jahre lang unter den Indianern von Baraga zu. Er war durch den ersten Bischof von Marquette, den hochw. Herrn Baraga, zum Priester geweiht worden. Er pflegte seine Aermel aufzurollen und mit den Indianern zu arbeiten. Er lehrte sie pflügen und manche andere nützliche Dinge. Die Indianer, mit denen er arbeitete, gehörten zum Chippewastamme. Er lernte die Sprache der Indianer und mar so imstande, sie den Rosenkranz und die Gebete in der Jndianersprache zu lehren. Er war sehr gut gegen die Indianer und lehrte sie außer der Religion noch viele andere Dinge. Er besuchte die Indianer, wenn sie krank waren und that für sie alles, was er konnte. Vater Terhorst starb in der Indianer-mission, wo er so viele Jahre gewirkt hatte. DaS Begräbnis fand letzten Dienstag in Baraga statt. Die Schwestern von Negaunee und einige andere von Jshpeming gingen mit der Leiche. Als die Schwestern und Priester aus dem Zuge stiegen, waren viele Indianer da mit Laternen und Fackeln, um die Schwestern und Priester zum Kloster zu führen, und als sie den Hügel hinaufstiegen, sangen die Indianer das Lied, das Vater, Terhorst sie gelehrt hatte. Als man zur Kirche kam, sammelten sich alle Indianer um den Sarg. Dort blieben 30 Leute die ganze Nacht hindurch. Wir glauben fest, daß Vater Terhorst geradeswegs in den Himmel ging; wenigstens hoffen wir so, weil er gegen alle so gut war, besonders die Indianer." Südamerika. Ecuador, das Land Garcia Morenos, ist zur Zeit wieder der Tummelplatz für die Freimaurer. Der llnterrichtsminister Dr. Peralta zeigt sich in sehr unnobler Weise seinen ehemaligen Lehrern, den hochw. P. P. Jesuiten dankbar. Zuerst wurden mißliebige Professoren der Gesellschaft zum Rücktritt gezwungen. Dann mußten die Zuhörer der Patres eine besondere Staatsprüfung machen. Aber dagegen sprach ein gesetzliches Abkommen vom Jahre 1864. Die Professoren legten deshalb mit Recht Verwahrung ein gegen das völlig ungesetzliche Vorgehen des Ministers. Doch dieser weiß, wie mans zu machen hat. Er erklärte einfach den Vertrag 1864 für nicht mehr bestehend und war damit vollständig Herr der Lage. „Die Kinder der Finsternis sind klüger als die Kinder des Lichts in ihrer Weise!" Aus Brasilien kommen über die Franziskaner in Bahia die besten Nachrichten. Es ist geradezu erstaunlich, welche Arbeiten und Anstrengungen diese Glaubensboten bewältigen. Der Segen Gottes ruht sichtlich auf ihnen. Monatlich spenden die Patres über 4000 hl. Kommunionen.- An den meisten Sonntagen werden in und außer dem Kloster fünf und mehr Predigten gehalten. Dazu kommen die ständige Ehristenlehre, der Unterricht und zahlreiche Volksmissionen. Nahrungssorgcn haben sie ebenfalls keine, ja sie können noch vielen Armen täglich an der Klosterpforte zu essen geben. „Wir haben es gar nicht verdient, daß es uns so gut geht," meinen diese rastlosen Arbeiter im Weinberge des Herrn. Aber man glaube ja nicht, daß sie sonst keine Kämpfe zu bestehen hätten. Das Geld und die Traktätchen der protestantischen amerikanischen Missionäre setzen ihnen zu. Und die einheimischen Religionsfeinde sind auch nicht müßig. So wurden Die Dattelpalme. 185 erst kürzlich bei der Predigt in der Kathedrale wieder sechs Platzpatronen abgeschossen, um Störung und Verwirrung zu machen. Afrika. OstafriKa. Ans der Missionsstation St. Peter und Paul zu Luknledi, Ostafrika, schreibt der hochw. Herr F. Rucdel, 0. 8. B.: Das Jahr 1901 hat unserer Missionsgemeinde wieder Zuwachs gebracht. ES ivurden 30 erwachsene Katechumenen und 44 aus der Schuljugend männlichen und ivciblichen Geschlechts getauft; außerdem empfingen 162 Kinder — 70 Knaben und 92 Mädchen — die hl. Taufe, so daß die laufende Nummer im Taufbuch bereits die Zahl 900 erreicht. Die Sterblichkeit ivar unter der Bevölkerung ziemlich stark, es wurden in das Sterbebuch 21 Erwachsene und 21 Kinder eingetragen. Es hat dazu gewiß auch das Mißjahr seinen Teil beigetragen und leider sind die Folgen bis heute noch nicht gehoben, sondern gerade jetzt herrscht in unserm Bezirk große Hungersnot. Das gibt Arbeit und Sorgen für den Missionär. Vom frühen Morgen bis in die späte Nacht belagern die Hungernden die Mission, um ein wenig Speise zur Fristung des Lebens zu erhalten, aber ach, die nach Nahrung in das Makondeland ausgesandten Träger lassen oft gar lange ans sich warten, einerseits, weil der Weg sehr weit ist, etwa 40 Stunden bis in die entlegenen Gegenden des Landes und dazu noch sehr bcschiverlich zu passieren, andererseits, weil die Leute schwach und matt sind und kaum noch Kraft haben, die Lasten in ausdauerndem Marsch zu tragen. Dankend erwähnen wir des kaiserl. Gouverneurs in Dar-es-Salam, der unsern Leuten durch das Bezirksamt Lindi etwa 150 Lasten Saatgetreide zur Verfügung stellte. Aber die Verzögerung des Regens läßt auch heuer bis jetzt noch wenig Hoffnung auf eine gute Ernte aufkommen. Vor allem brauchen unsere Neger in den Monaten Februar und März noch der Unterstützung, um die drohendsten Gefahren abzuhalten. — Mitte Jänner besuchte der apostol. Präfekt unsere Mission und spendete an die Notleidenden so viel, als seine arme Missionskasse erlaubte. Große Freude bereitete unsern Christen auch dieser Besuch, weil an 200 das heilige Sakrament der Firmung empfingen. Außerdem benedizierte der hochw. Herr die schon längere Zeit ausgebaute Kirche unserer Nebenstation in Domondo auf den Namen des hl. Antonius von Padua. Des größeren Raumes wegen wurde in der St. Antoniuskirche das heilige Sakrament der Firmung gespendet. OJesfafriRa. Als der Bischof Maximilian Albert, ein Bayer, in seinem Vikariat (Goldkllste) einzog, wurde er mit einer dort noch nie gesehenen Pracht und Begeisterung empfangen. Eine tausend-köpfige Menge — Katholiken und Protestanten — erwartete ihn und war aufs tiefste bewegt. Alles war festlich geschmückt und beflaggt. Die englische Regierung entbot zuerst dem Bischof das „Willkomm!" Hierauf folgten die glanzvollen Empfangsfeierlichkeiten, die alle den schönsten Verlauf nahmen. Die Dattelpalme. Hinter den beinahe 1000 Arten von Palmen nimmt die Dattelpalme (Phoenix dactylifera) den wichtigsten Platz ein. Ihr Stamm ist einfach, schlank und aufrecht. Er wird oft dreißig Meter hoch und trägt ein Gewand mit zahlreichen Blnttstielresten besetzt, die umso weiter hervorstehen, je mehr sie sich dem Blätterschopfe nähery. Die Blätter der Palmenkrone haben eine Länge von 2—3 Metern und eine graugrüne Farbe. Die Blüten sind getrennt geschlechtlich (diözisch), d. h. es kommen auf einem Baum nur männliche oder nur weibliche vor. Wo daher der männliche Baum — Dollar genannt — fehlt, da müssen die Bewohner jener Gegenden den Blütenstaub zur Befruchtung der weiblichen Blüten herbeiholen, sonst fallen diese ab, ohne Frucht anzusetzen. Alle Blüten finden sich in große Rispen gestellt, die von holzigen Scheiden umschlossen sind. Der Umstand der Zweigeschlechtlichkeit mußte bei dieser Pflanze schon frühzeitig auffallen. In der Tat wußten die alten Acgypter ganz gut, daß die weiblichen Palmen niemals trugen, wenn in ihrer Krone nicht die stäubenden männlichen Blütenrispen aufgehängt wurden- Was für den prosaischen Nordländer die Kartoffel, das ist für den poesievollen Wüstensohn die Palmenfrucht, die Dattel. Aeußerlich hat sie die Gestalt einer länglichen Pflaume. Sie ist aber sehr süß, wohlschmeckend und nahrhaft. Der Kern sieht aus wie eine große, lange Kaffeebohne. Früher hielt man Afrika für die eigentliche Heimat der Dattelpalme und war der Meinung, die indische sei künstlich nach Asien versetzt worden. Heutzutage neigt man sich wie in so vielen anderen Dingen einer gerade entgegengesetzten Ansicht zu. Höchstwahrscheinlich, sagt man, stammt die Dattelpalme von der in Indien weitverbreiteten wilden Dattel (Phoenix silvestris) ab. Tatsächlich kommt sie jetzt fast nur im schwarzen Erdteil vor. Doch trifft man sie bloß in den südlichen Atlasländern, in den Oasen der Sahara und Arabien. Von hier aus hat sie mannigfache Wanderungen angetreten. Im Osten verliert sie sich in Persien, wahrend sie im Westen noch aus Sizilien, Italien, Morea und Spanien ein kümmerliches Dasein fristet. Mit Ausnahme Spaniens, wo auch nur die Ebene von Elcha süße Früchte liefert, hat die Dattelpalme in den andern angeführten Ländern ihre Tragkraft verloren. Die Dattelpalme verlangt nicht nur ein heißes Klima, sondern auch einen sandigen und wasserreichen Boden. „Der Fuß der Palme", sagt deshalb ein arabisches Sprichwort, „muß im Wasser stehen, ihr Haupt in Feuersglut tauchen." Daher findet sie sich nur an solchen Stellen der großen Wüste Afrikas, wo Quellen vorhanden sind. Selten steht sie einsam. Gewöhnlich bildet sie Wälder und gibt nicht allein dem Reisenden erquickende Nahrung und kühlenden Schatten, sondern auch die Mittel zur Erhaltung der Lasttiere, so daß sich an sie fast das ganze Dasein der Bewohner jener Gegenden knüpft. Denn die Datteln sind ihr Brot und Gemüse und das Futter für Pferde und Kameele. Auch machen sie den wichtigsten Mundvorrat der Karawanen aus, welche. die riesige Sandsteppe durchqueren. Sie werden getrocknet und in Säcken mitgeführt und für Mensch und Tier wird die Nahrung aus demselben- Sacke genommen, wenn die Reisenden nach der beschwerlichen Tagereise ausruhen. Als Speise werden die Datteln von den Arabern und Mauren auf mancherlei Weise zugerichtet: mit Butter gebraten, mit Milch gekocht oder mit Wasser zu einem dicken Brei, über welchen Honig gegossen wird. Die Araber sagen, eine gute Hausfrau müsse ihren Herrn einen ganzen Monat lang täglich mit einem andern Dattelgericht bedienen können. Aber auch andere Teile der Palme werden viel- fach verwendet. Die Aegypter, wie auch die Bewohner der Hedschas brauchen die Blätter, die äußere und innere Rinde des Stammes, sowie die fleischigen Bestandteile an den Blattansätzen. Die Dattelpalme spielt auch eine große Rolle in der muselmännischen Symbolik. Mohammed vergleicht einen tugendhaften und edelmütigen Mann mit der Dattelpalme. „Er steht aufrecht vor seinem Herrn. In jeder seiner Handlungen folgt er dem Antriebe, den er von oben erhält und sein ganzes Leben ist dem Wohltun gewidmet." lleberhaupt gab sich der Prophet viel mit der Dattel ab. So wirkte er einst mit ihr ein großes Wunder. Er steckte einen Dattelkern in die Erde und dieser schlug alsbald Wurzel, ging auf und innerhalb fünf Minuten stand ein ausgewachsener Baum mit Früchten vor ihm. Als er einst unter einer Dattelpalme vorbeiging, neigte sich diese tief vor ihm und grüßte laut Salam aleikom! (guten Tag). Die sogenannte Birnsorte wird für die gesündeste gehalten. Sie war daher auch die Lieblingsdattel Mohammeds. Er wies die Araber an, jeden Morgen vor dem Frühstück sieben von dieser Frucht zu essen. Wie die Palme in ihrer himmelanstrcbendcn, majestätischen Form auf das Paradies hindeutet, so soll sie diesem auch entstammen. „Ehret die Palme, denn sie ist eure Muhme!" sagt ein arabisches Sprichwort. Dies ist folgendermaßen zu erklären: Die Palme soll erst am sechsten Tage nach der Schöpfung aus der Erde gemacht worden sein, die von derjenigen übrig blieb, aus welcher Gott den Adam bildete. Sie ist also eine Schwester oder Verwandte des Menschen. Nach einer andern mohammedanischen Legende entstand die Palme auf der Insel Ceylon. Dort war nämlich Adam aus dem himmlischen Paradiese heruntergefallen und weinte nun voll bitterer Reue über die begangene Frevelthat. Da wuchs aus seinen heißen Thränen die Palme und strebte mit ihrem schlanken Stamme wieder dem Himmel zu. Sie ist also ein Kind des Menschen und ihm verwandt. Sie erzählt ihm von den schönen Tagen des Paradieses und deutet ihm den Weg an, den er betreten soll. Nach beiden Sagen unterscheidet sich die Palme hauptsächlich dadurch von beit übrigen Bäumen, daß sie mittelbar oder unmittelbar noch aus dem Paradiese stammt. Etwas Aehnliches findet sich nun auch in dem apokryphen (unechten) Evangelium von der Geburt Mariä und der Kindheit Jesu. Während einer Die Dattelpalme. 188 Verschiedenes. Ruhe auf der Flucht nach Aegypten, heißt es dort c. 20 und 21, neigte sich ein hoher Palmbaum zum Christkind herab und bot ihm die süßesten seiner Früchte an. Zugleich entsprang aus seiner Wurzel eine silberklare Quelle. Da befahl das Christkind auS Dankbarkeit einem Engel, einen Zweig dieser Palme in den Himmel zu tragen. Hier im Himmel wuchs dann aus diesem Zweig ein ungeheurer Baum — die Wonne aller Heiligen, die in den Himmel kommen. Die vielen anderen Beziehungen der Palme zur christlichen und heidnischen Symbolik müssen wir hier übergehen. Aber überall erscheint sie als einer höheren, idealen, himmlischen Vegetation zugehörig. Christen, Juden, Mohammedaner und Buddhisten sehen in ihren Visionen vom Himmel immer vorzugsweise Palmen um die himmlischen Städte, in den himmlischen Gürten und an den himmlischen Bächen wachsen. Verschiedenes. Heue Rechtschreibung. Mit der heutigen Nummer führen wir auch beim „Stern der Neger" die neue Rechtschreibung ein. Um jene Leser, denen die Bestimmungen der zwischen Oesterreich, Deutschland und der Schweiz vereinbarten neuen Rechtschreibung noch nicht bekannt sind, mit den Aenderungen vertraut zu machen, seien die wesentlichen Neuerungen hier angeführt: 1. Die Beseitigung des tlj in deutschen Wörtern; 2. das Ausgeben der bisherigen Schreibweise so bei Fluss, Schluss usw. und deren Ersetzung durch 6; 3. Aenderungen in den Regeln über die Worttrennung; 4. neue Bestimmungen über die Schreibung der Fremdwörter, nämlich die Bevorzugung von 3 und it gegenüber dem Gebrauche von C. Nur in wenig gebräuchlichen Fremdwörtern, die aus dem Lateinischen stammen, darf (5 verwendet werden. entthronte afriRaniscbe Herrscher haben wir schon früher einmal erwähnt. Die damals Genannten sind jedoch nicht die einzigen. Im Gegenteil. Die kleinen Seychellen bei Madagaskar allein sind zur Zeit der Aufenthaltsort von vier Exkönigen und zwei Königinnenmüttern. Unter den Königen befinden sich Prempeh von Aschanti, Mwanga von Uganda und Kabarega von Unyoro, der letztere bekanntlich ein unverbesserlicher Raufbold mit einem unglaublichen Mordregister. Diese oft- und west-afrikanischen Herrscher kommen hier alle friedlich aus den Seychellen zusammen, und es wird interessant sein, zu sehen, wie sie sich untereinander vertragen werden. Gegenwärtig kann man darüber noch nicht recht urteilen, da Mwanga und Kabarega erst kürzlich importiert wurden. Prempeh hat einen „Palast", Asibi, der frühere König von Koko-Pu, residiert in einer kleinen Hütte. Die Aschantis haben bisher den Behörden keinerlei Schwierigkeiten gemacht, sie freuen sich ungeheuer, dass sie den ganzen Tag nichts zu tun haben und fühlen sich dabei sehr wohl. Die einzige Unbotmäßigkeit, die Prempeh seit seiner Gefangennahme begangen hat, ist, das; er einmal in seinem „Schloß" ein Gericht einberief, das aus seiner Mutter und Asibi bestand; er ließ bei dieser Gelegenheit einige Aschantis damit bestrafen, daß sie ihm eine Flasche Rum übergeben mußten; der Gerichtshof betrank sich dann auf der Stelle, so daß die Verhandlungen nicht fortgesetzt werden konnten. Der Gouverneur verbot das und seitdem herrscht wieder Friede. König Prempeh geht alle Sonntage in die Kirche und zwar in europäischer Tracht mit hohem Hut, die Königinmutter dagegen trägt immer noch das Nationalkostüin. -Die anderen Aschantis tragen auch meist europäische Kleidung. Asibi läßt sich sogar häufig im Radfahrkostüm sehen. Der kleine elfjährige Sohn Prempehs geht zur Schule und versteht englisch. Der Krug gebt $uim Brunnen, bis er bricht. Ein Farmer vom Umkomazi-River in "Südafrika machte vor einiger Zeit die unliebsame Entdeckung, daß die Fruchtkolben seines Maisfeldes in bedenklicher Weise verschwanden. In der Meinung, '.bas; seine schwarzen Nachbarn die ungebetenen.Gäste seien, begab er sich während mehrerer Nächte auf die Verschiedenes. 189 Lauer. Da naht sich langsam und vorsichtig eine unheimliche Gestalt. Der.Feldeigentümer verhält sich ruhig, um zu sehen, nach welcher Seite sich der Dieb wenden werde, um ihn am nächsten Tag der Tat zu überführen; doch die Gestalt entweicht in den nahen Wald. Ein andermal beim Mondschein treffen sich beide wiederum auf demselben Felde. Der Farmer nähert sich unbemerkt von hinten, um den Täter zu ergreifen; doch dieser schien ein sehr feines Gehör zu haben, er witterte Gefahr und verschwand. Da aber die Maisdiebstähle kein Ende nehmen wollten, entschloß sich der Farmer, um jeden Preis den Dieb zu erwischen, sei es lebend oder tot. Zu diesem Zweck begibt er sich diesmal mit scharfgeladenem Gewehr auf die Lauer. Er braucht nicht lange zu warten, da zeigte sich auch schon der unverbesserliche Dieb und begann seine verbrecherische Tat aufs neue. Da ist aber die so lang auf die Probe gestellte Geduld des Farmers zu Ende. Mit Donnerstimme fährt er den Dieb an: Halt, du Schurke! Der aber läßt erschreckt seine Beute fallen, mit langen Sätzen nimmt er Reißaus. Da! ein Blitz, ein Krach, im selben Augenblick ein kreischendes Geschrei, dann ein dumpfer Fall und alles isMotenftiK. Der sichere Schütze nähert sich nun dem Opfer seiner guten Büchse, meinend, einem Kaffer das Diebeshandwerk gelegt zu haben und findet zu seinen Füßen einen — großen Affen. Gegen giftige Schlangen. Die „Deutsch-Ostafrikanische Zeitung" berichtete jüngst folgendes: Zwei Exemplare der außerordentlich gefährlichen Puffottern wurden vor einiger Zeit ans der von der „Freien Bereinigung" am Südkreek erworbenen Picknicksschamba beim Roden gefangen. Ein anderes der giftigen Reptilien war gerade im Begriff, seinen Abendspazicrgang auf dem Bürgersteige vor dem englischen Vizekonsulat zu unternehmen, als cs von einem Boy bemerkt und totgeschlagen wurde. Eine der auf der Schamba gefangenen fast armdicken Schlangen war von mehreren Suahelis bemerkt worden, die sich aber als vorsichtige Leute in angemessener Entfernung hielten. Nur ein Wanyam-wezi ging furchtlos auf das Tier zu. Zur Vorsicht gemahnt, zeigt er lächelnd auf zwei Narben an seinem Unterarm und sagte: „Du kannst un- besorgt sein, die Schlange tut mir nichts, ich habe „Dana"." Er griff die Schlange ruhig in der Mitte, vackte sie dann hinter dem scharf abgesetzten dreieckigen Kopf, so daß sie ihm nicht entweichen konnte. Ohne sich um den weitansgesperrten Rachen des Reptils mit den vorgeklappten, fast zolllangen Giftzühnen zu kümmern, schritt er auf einen Baum zu, riß eine Handvoll Blätter ab, kaute sie, ver- mischte den Saft mit etwas Kalk und spie ihn der Schlange in den Nachen. Alsdann warf er das Tier zu Boden, wo die Puffotter wie gelähmt mehrere Stunden lang unbeweglich liegen blieb. Sowohl die Schutzimpfung der Wanyamwezi wie die eigentümliche Wirkung dieses Blattsaftes auf die Schlange dürften für die medizinische Wissenschaft nicht ohne Interesse sein. Pest und Ratten in Aegypten. Unter diesem Titel veröffentlichen die „Katholischen Missionen" von P. Jullien eine interessante Notiz: „Seit 1898 macht in Alexandrien die Pest viel von sich reden. Durchschnittlich fallen ihr jährlich 100 Menschenleben zum Opfer. Es ist dies bei einer Bevölkerung von 320.000 Einwohnern allerdings eine geringe Zahl, doch bedeuten die Quarantäne, die Desinfektionen und andere, den Personen-und Warentransport einschränkende Bestimmungen ein immerhin fühlbares Hindernis für eine Stadt, die beinahe ganz auf Fremdenverkehr angewiesen ist. Die in Alexandrien auftretende Seuche, die Beulenpest, ist derselben Natur wie jene, die seit Jahren in Vorderindien so schreckliche Verheerungen anrichtet, ohne Zweifel wurde sie auch in Aegypten durch ein aus Bombay kommendes Schiff eingeschleppt. Ob nun durch einen Kranken, durch Frachtgüter, durch Kleidungsstücke oder durch Ratten,, ist ein Rätsel. Was indessen die Verbreitung und Verschleppung innerhalb der Stadt anbelangt, so wird dieselbe von der öffentlichen Meinung, gestützt auf eine große Anzahl von Tatsachen, namentlich den Ratten zugeschrieben. Die von dem Sanitätsrat ernannte Quarantänekommission für Aegypten war der nämlichen Ansicht und die Stadtverwaltung wies die Bewohner zur Ausrottung der Ratten und Mäuse an. Ich könnte über diesen Gegenstand mehrere selbstgemachte Beobachtungen anführen; es mag indessen genügen, den Kommissionsbericht wiederzugeben. Alle Krankheitsfälle kamen ohne Ausnahme in der Nähe von Spezereigeschäften, Viktualienmagäzinen und Kornspeichern vor, kurz, in der Nachbarschaft von Oertlich-kcitcn, wo die Ratten ihre gewöhnlichen Schlupfwinkel haben. Ueberdies befällt die Pest bekanntermaßen nicht nur Menschen, sondern auch gcwiffe Tiere, namentlich Ratten und Mäuse. So hat z. B. die bakteriologische Untersuchung einer in den Straßen der Stadt gefundenen toten Ratte und Maus den Beweis erbracht, dass diese Tiere an der Pest verendet waren. Nach unsern Beobachtungen äußerte sich bei den Menschen die Pest regelmäßig 10 oder 14 Tage, nachdem die Seuche und die Sterblichkeit unter den Ratten an demselben Orte bestätigt worden 190 Verschiedenes. war. So fanden,;. B. der Direktor und die Angestellten der französischen Mühle eine große Menge verendeter Ratten und Mäuse und die Jungen derselben arch den Kornböden und in den Räumlichkeiten der Mühle. Man ließ sie einsammeln und in Oefen verbrennen. Binnen wenigen. Tagen war kein einziges dieser Tiere mehr zu sehen. 10 bis 14 Tage nachher wurde jedoch ein Aufseher und ein anderer Angestellter, beide Franzosen, von der Pest Besäße»; ein einheimischer Arbeiter erlag der Krankheit schon früher. Mehrere ähnliche Fälle wurden in dem Kommissionsbericht erwähnt. Sehr oft konnte man ungewöhnlich viele Ratten aus ihren Schlupfwinkeln hervorkommen sehen, die sich dann den Mauern entlang schleppten, wie unter dem Drucke einer ängstlichen Scheu, eine charakteristische Erscheinung dieser Krankheit, die sich auch beim Menschen findet. Bald verschwanden die Tiere, später aber fand man ihre Leichen haufenweise, während sie einen ungeheuer widrigen Geruch verbreiteten. Nach dem Verlaus von einigen Tagen traten Pestfälle bei solchen auf, welche dieselben Oertlichkeiten besucht hatten. Ganz die nämlichen Erscheinungen begegnen uns schon vor beinahe dreitausend Jahren, als Gott die Philister züchtigte, weil sie die Bundeslade entweiht und dieselbe in der Stadt des Azot vor ihrem Götzen Dagon aufgestellt hatten. Um sie zu zwingen, dieselbe dem Volke Israel wieder zurückzugeben, schickte der Herr ihnen eine schreckliche Krankheit, deren Symptome, wie sie uns in der Heiligen Schrift berichtet werden, ganz diejenigen der Beulenpest sind. „Und Dörfer und Felder taten sich auf in jener Gegend, und es entstanden Mäuse, und Bestürzung herrschte in der Stadt ob der großen Sterblichkeit" (1. Kön. 5, 6). Der Zusammenhang zwischen der Seuche und dem Hereinbrechen der Mäuse erschien den Philistern so einleuchtend, daß sie auf die Anordnung ihrer Priester hin fünf goldene Ratten verfertigten, gerade so viele als das Land Provinzen zählte und ebensoviel Abbildungen der Beulen, womit sie so grausam geschlagen waren. Sie stellten diese Kleinodien in einem Kästchen neben die Arche des Bundes und schickten dieselbe nach Israel zurück 1 Kön 6, 2. 5. 8. 11. 17. 18). Gott bediente sich zur Züchtigung der Philister durch die Pest der Ratten, eines an sich ganz natürlichen Mittels, um die Seuche zu verbreiten. Aber er setzte diese j wirkenden Kräfte in Tätigkeit an einem Orte, zu einer Zeit und in einem Augenblicke, den er selbst bestimmt hat und gerade darin beweist er sich als Herrn der Natur. In Jaffa werden in der Sammlung des Barons Aktinoff kleine Marmorfiguren gezeigt, die ziemlich abgenutzt sind und von denen man vermutet, daß sie Raiten darstellen. Sie wären im Lande der Philister gefunden worden und wiesen darauf hin, daß diese auch in der Folge die Gewohnheit beibehalten hätten, ihren Götzen zur Zeit von ansteckenden Krankheiten Ratten als Weihcgeschenke darzubringen." Ein mächtiger Schimpanse wurde in der Nähe von Mariannhill erlegt. Derselbe hatte sich gegen Morgen beim Süßkartoffel-Stehlen etwas verspätet und wurde so von den Kaffern auf frischer Tat ertappt. Bald waren 50—60 Mann mit Speeren und Keulen bewaffnet hinter ihm her. Der Schimpanse machte ein sehr verdutztes Gesicht, als er sich in dieser Gesellschaft sah und schien Gefahr zu wittern. Ein kleiner Köter, der mit ins Feld gezogen und sich mit Ucbereifcr auf das Affentier wars, erhielt eine solche Ohrfeige, daß er weit wegflog und sich dann schleunigst empfahl. Der Affe, von der Gefährlichkeit der Lage überzeugt, sing nun ein mächtiges Brummen an, so daß die schwarzen Gesellen sich ehrfurchtsvoll uni zwanzig Schritte zurückzogen. Das benützte der Schimpanse, brummend zog er ab, der Wildnis zu. Doch da stürzt eine Meute Hunde auf den Affenvater und urplötzlich merkt er deren bissige Absichten. Er stellt sich auf die Hinterpfoten und — schwaps — fliegt auch schon ein Hundetier mit aufgerissenem Bauch in den nächsten Busch. Dann aber theilt er mit gewaltigen Streichen Maulschellen aus, daß die ganze Hundemeute in Kürze winselnd herumliegt. Befriedigt I über seine Leistung wollte er die Wahlstatt verlassen. I Aber da kamen auch schon die Kaffern mit ihren I Speeren heran. Ruhig läßt der Affe sie heranrücken. Ein beherzter Bursche dringt mit einem Speer auf ihn ein. Doch in der Aufregung verfehlt er das Ziel, sausend fuhr der Speer in einen Baum; im nächsten Augenblick hatte ihn der Schimpanse schon erwischt und mit einer furchtbaren Wunde in den Hüften fiel der Bursche zu Boden. Sofort waren aber auch die andern Kriegsmänner zur Stelle und im Handumdrehen hatten sie den Affen mit ihren Speeren durchbohrt. Der Schimpanse ist ein Prachtexemplar, das größte, welches bis jetzt in Natal erlegt wurde. tunesische Kriegs-Jantasia. Was für uns Abendländer Volksfeste, Festaufzüge oder andere öffentliche Belustigungen sind, das ist für alle arabischen Stämme Afrikas die ans dem Orient perübergebrachte „Phantasia", ein Scheingefecht, ein Waffentanz, von mehreren Hunderten der best- Berittenen, waghalsigen, im gewöhnlichen Leben von dem tiefsten Ernst, hier aber von einem frenetischen Freudentaumel erfaßten Araber oder Beduinen ausgeführt. Die Veranlassung zur Fantasia bietet irgend ein freudiges Ereignis, eine gelungene Kriegstat, ebenso wie die Hochzeit eines Scheikh, der Besuch eines hohen Gastes usw. Es laßt sich mit allem Rechte sagen, daß neben dem Gedanken, einen ergiebigen Raubzug zu tun, nichts anderes die Söhne der Wüste so in Anspruch zu nehmen vermag, wie die Aussicht auf eine glänzende Fantasia. Was immer an Beschreibungen derselben gelesen wurde, es vermag das alles, und wäre es noch so glänzend geschildert, nicht im Geringsten eine Vorstellung von dem zu gewähren, was eine Fantasia in Wirklichkeit ist. Das aufregendste hippische Schauspiel, welches von dem Zuschauer ebenso starke Nerven fordert, als von den einzelnen aktiven Teilnehmern ein ungewöhnliches Maß von Geistesgegenwart, Kaltblütigkeit und eine Entschlossenheit, die Denken und Handeln blitzschnell vereinen muß. Als Grundbedingung gilt natürlich, wie bei jedem hippischen Spiel, die vollendetste Herrschaft über das Pferd, welches bei einer Fantasia mitten im Feuer und im rasendsten Lauf nur durch de» Schenkeldruck ohne alle Zügelhilfe gelenkt wird. Statt jeder Definierung Folgendes: Irgend ein Tribus beschließt ein solches Fest. Irgend eine Ebene, wenn nicht schon ein Teil der Wüste selbst, wird hiezu ausgewählt. In eine gedrängte Schar vereint, stürmen alle waffenfähigen Männer des betreffenden Tribus in vollstem Laufe ihrer Rosse daher: plötzlich, ohne jedes Kommando, stehen sie wie festgewurzelt, — eine Salve ihrer langen arabischen Büchsen erschüttert die Luft, die Schar teilt sich und, rechts und links abschwenkend, geht es in toller Flucht zurück; eine neue Schwenkung und wie zwei feindliche Kolonnen stürmen die Getrennten gegeneinander heran. Eine neue Salve und wieder eine; die Reihen öffnen sich und im vollsten Jagen bricht eine durch die andere hindurch; sie wenden sich, lassen ihre Pferde hoch aufbäumen, schwingen ihre Gewehre wie im Verzweifluugskampfe, schwenken als dichter, chaotischer Knäuel auseinander, um sich wieder in zwei Kolonnen zu vereinen. Da-hinjagen und im Fluge zu wenden, um in einem scheinbar unvermeidlichen Anprall hart aneinander zu treffen, ist das Werk eines Augenblicks. Doch, auf eine Kopflänge getrennt, wird pariert, eine Salve abgegeben und indes von dem Kern, der Mitte der Kolonnen, das Feuer fortgesetzt, schwärmt von den Flügeln Reiter um Reiter im Bogen ab, um, im ■ vollsten Galopp dahinrasend, ein Bild der arabischen zerstreuten Gefechtsart zu geben. Was die vollendetste Reitkunst im Verein mit der ebenso raschen Handhabung der Feuerwaffe seitens Einzelner zu leisten vermag, das entfaltet sich in diesen Manövern. Bald vollständig rückwärts gekehrt, bald an einer Seite des Pferdes hängend, gibt Einer um den Andern unter dem Bauche des Pferdes hinweg Schuß um Schuß ab; im Momente des Be-gegnens eines von der entgegengesetzten Seite daherjagenden Reiters erheben sich die Gegner hoch in den breiten arabischen Bügeln, sie schwingen ihre Gewehre und Seite hart an Seite werden die Pferde derart herumgeworfen, daß sie nach einer mächtigen Lancade ihren Galopp von neuem beginnen, um zuletzt wieder in einer Kolonne sich zu vereinen. Der wahrhaft rasende Galopp, in dem Alles dies geschieht, die ununterbrochenen Detonationen der Schußwaffen, das scheinbar fast unvermeidliche An-eiuauderprallen der feindlichen Kolonnen, alles das im Vereine mit dem betäubenden Geschrei der Scheinkämpfer, gewährt ein so aufregendes, ungewöhnliches Schauspiel, wie es nirgends auf der Welt auch nur in annähernder Art geboten wird. Napoleon III., welcher seinerzeit Algerien bereiste und von den ersten arabischen Tribus mit einer solchen Fantasia empfangen wurde, fühlte sich beklommen von der Wildheit dieses Schauspiels; die fanatische Wut der Kämpfer wälzte einen Alp auf ihn und seine Umgebung, der nicht eher wich, bis sich der Kaiser in seinem sicheren Absteigequartier befand. Bei solchen Gelegenheiten, wie die erwähnte, mischen sich unter die Reiterscharen zahllose Teilnehmer an der Fantasia zu Fuß; ein solches Wettlaufen mit den Pferden der Berittenen erfüllt den Zuschauer mit noch größerem Bangen, obwohl in der Tat selbst unter solchen Umständen sich höchst selten ein Unfall ereignet. In den Ländern Hoch-Arabiens, der Heimat der Fantasia, pflegen die arabischen Frauen sich ebenfalls au dieser aktiv zu beteiligen und selbe wird nicht selten als günstige Gelegenheit dazu benützt, um eine verhaßte Nebenbuhlerin auf die Seite zu schaffen. 3agdetrgniigen am mittleren Ml. Wie im Morgenlande alles, was in Europa irgendwie reizvoll ist, in viel höherem Maße den Charakter des Anziehenden trägt und nur zu häufig das Gepräge des Wild-Romantischeu annimmt, so ist es auch mit der Jagd. Das schönste, allerdings auch gefährlichste Jagdgebiet Afrikas ist der Nord-Sudan, der deshalb auch viel von europäischen Nimrods besucht wird. Aber bei der Jagd ist es einmal umgekehrt. Da ist nicht der Weiße, sondern der Wüstcnsohn Herr und Meister. Allen voran in dieser Richtung sind die Araber vom Stamme Homran, in dem zu Abessinien gehörenden Lande der Basen. Sie greifen alle wilden Tiere: Rhinoceros, Flußpferd, Elefant, Büffel u. et. mit der blanken Hiebwaffe, dem Schwerte an. Hienach haben sie auch ihre Namen: Aggad-schirs, was soviel wie Schwertjägcr bedeutet. In ihrer Gesellschaft kann selbst der zaghafteste europäische Jäger, den der Drang nach Romantik in jene Gegend getrieben, sich sicher fühlen. Die Klinge des Schwertes ist zweischneidig und hat einen Griff in Kreuzform. Derselbe bietet der Hand keinen anderen Schutz als die Parierstange. Die Klingen, welche seltsamerweise ausschließlich Solinger Fabrikat sind und über Aegypten nach Jnner-Aftika gelangen, sind hochgeschätzt. Die Klingen sind etwa drei Schuh lang, durchschnittlich nicht ganz zwei Zoll breit und scharf wie Rasiermesser. Der Schwertjäger jagt, da er zu arm ist, um sich den Luxus eines Pferdes vergönnen zu können, zu Fuß. Dabei kommen ihm neben der zuverlässigen Waffe in erster Linie doch wohl seine Unerschrockenheit und affenartige Gewandtheit zu statten. Will der Aggadschir beispielsweise einen Elefanten erlegen, so schleicht er sich an das Lager l des Ungetüms an, etwa um die zehnte oder elfte Morgenstunde, wo es gemächlich auf der Erde schläft. Die Aufgäbe des Jägers besteht nun zunächst betritt, mit seinem Schwerte den auf dem Boden ausgestreckten Rüssel zu treffen. Gelingt der Hieb, bevor das Tier erwacht, dann ist es verloren, denn die Verblutung führt zu einem unfehlbaren Tode in den nächsten zwei, drei Stunden. Schwerer und gefahrvoller ist eine andere Art, des Riesen Meister zu werden. Befindet sich nämlich der Elefant in Bewegung, so attakieren ihn mehrere Aggadschirs frisch vom Flecke weg mit den gezückten Schwertern. Die Hauptsache ist, ihm von rückwärts beizukommen, denn in diesem Falle vermag ein einziger wohlangebrachter Hieb die Sehne eines der Hinterbeine zu durchhauen, woraus gleichfalls die tätliche Verblutung eintritt. . . . Wie uninteressant erscheint dieser Art von Elefantenjagd gegenüber diejenige mit dem weittragenden Präzisionsgewehre! Freilich bedarf es auch hiezu eines keineswegs gewöhnlichen Mutes. Zudem wirkt eine dem afrikanischen Elefant in der Schläfengegend beigebrachte Kugel nicht tätlich, wie es beim indischen der Fall ist. Erscheinen einzelne Exemplare des Ungetüms auf dem Kampfplatze, dann ist der Spaß noch immer ohne sonderliches Risiko. Anders, wenn eine ganze Herde aus dem Pflanzendickicht bricht, mit weithin schallenden Trompetentönen, die sie gleichsam als Wgriffssignal geben. In solchen Fällen ist die Assistenz der Aggadschirs unerläßlich, da die Kampftaktik dieser Tollkühnen betritt besteht, die Herde zti trennen und den Akt in Einzclkämpfe aufzulösen. Gleichwohl sind Fälle vorgekommen, daß 4—5 Kugeln, sämtlich in den Kopf des Elefanten gejagt, das Tier nicht kampfunfähig machten, sondern erst der entscheidende Hieb des Aggadschirs mit seiner furchtbaren Hiebwaffe. Viel gefährlicher als die Jagd auf den Elefanten ist die auf das Rhinozeros, welches namentlich in den Mimosenwäldern am obern Setit zahlreich anzutreffen ist. Dieses Tier ist unter allen afrikanischen Bestien das gefürchtetste, gefürchteter noch als der Löwe. Es wittert außerordentlich weit seinen Feind, den es dann ungesäumt aussucht. In der Ruhe liegt es im üppigsten Dickicht verborgen und bricht, heimtückisch genug, erst in dem Augenblicke aus seinem Verstecke, wenn der Jäger bis auf wenige Schritte sich genähert hat. In der Verfolgung oder im Angriff zeichnet sieh das Rhinozeros durch seine ganz unglaubliche Schnelligkeit aus. Baker Pascha und einige seiner Gefährten bedienten sich der besten I und gewandtesten Renner und doch wollte es ihren Lenkern nur selten gelingen, dem rasenden Wild an den Leib zu kommen. In der Ebene mag übrigens das Pferd (sofern es nicht scheut, was öfters der Fall) doch häufig genug im Wettlauf gewinnen. Anders im Dickicht, wo das wilde, dickhäutige Rhinozeros im rasenden Lauf förmliche Breschen legt, durch welche weder Roß noch Reiter folgen können. Da die eingeborenen Jäger auch diesen Dickhäuter nicht mit den Schußwaffen, sondern mit dem Sehwerte attakieren, sind sic gezwungen ihn möglichst lange zu Hetzen, damit er ermüde. In diesem Falle erst entschließt er sich, den Kämpf aufzunehmen. Nun folgt das von früher her bekannte tollkühne Spiel: das Umschwärmen und Aufreizen des Opfers, bis es dent kühnsten der Jäger gelingt, den für das Tier verhängnisvollen Hieb in eines der Hinterbeine zu führen. Die Sehne ist durchschnitten, die Verblutung nimmt ihren Verlauf. Das zu Tode getroffene Tier schnaubt und pustet entsetzlich; von seinen verzweifelten Sprüngen bebt die Erdei das gewaltige Doppelhorn schleudert Sand, Erde, Wurzel-knollen mit furchtbarer Vehemenz empor. Zum Angriff ist es aber vollkommen unfähig, da es keiner andauernden Bewegung fähig ist. Nach einigen Stunden verendet es, gewöhnlich im Dickicht, wohin sich das ermattete Tier nach dein Kämpfe zurückzieht. Für die Schriftleitung: P. lävcr Geyer F. 8. C. — Druck von A. Weger's sb. Hosbuchdruckcrei, Brixcn.