für Vaterlands Knuste Wissenschaft und geselliges Leben. M AO« N»z»8tKs ÄS» I. ^Qdruar. 1848« Der Graf von Montqnesnel. tloucllc uon Leopold Kordesch. (Fortsetzung und Schluß.) ^N-nd wieder war es eines Morgens während des Kirchenganges der Signora Calce, als Luigi Marietren in das Zinnner klingelte. »Du hast wirklich meiner Frau bisher nichts merken lassen," redete er sie an; »nun sage aber anch, was Dn seitdem gesehen und erfahren." „Signor!" sprach Marietta traurig, »Sie sind ein Muster von Schonung nnd Zurückhaltung, aber leider glaube ich, wird dieß Alles eben so wenig fruchten, als Strenge, die Sie nicht versuchen sollen. Ich habe es der Signora merken lassen, daß Sie von irgend einer Seite Wind von ihrer Liebesaffaire zu haben scheinen; doch sie ist zu verblendet, um an ihre Pflicht zu denken und gegen so viele Nachsicht dankbar zu seyn, ja, sie nur einzusehen. Der Graf ist an allem Schuld, er ganz allein; Signora ist blind und sein willenloses Spielzeug. Im Theater wendet er seit einiger Zeit kein Auge von ihr. Da sie zetzt nicht zusammenkommen können, weil die Signora mit der Hausfrau die Kirche besucht, so haben beide nur mir verständliche Zeichen erfunden, um sich im Theater gegen einander zu erklären. Ich werde Ihnen noch heute diese ganz untrüglichen Zeichen mittheilen, die Sie als Mimiker desto leichter auffassen und ohne Zweifel gleich begreifen werden. Ich glaube, seit vorgestern bemerkt zn haben, daß etwas im Plane sey; heute Abends wäre es rathsam, Beide besonders zn beobachten. Mein Rath wäre, Signor, sich gegen Ihre Frau offen und streng zu erklären nnd ihr jedes fernere Verhältniß zu dem Offizier rund zu untersagen." Luigi sann hin und her, stellte zwanzig Plane fest, verwarf sie wieder, nnd als er merkte, daß es ihm im Kopfe wirbelig wurde, nahm er Hut nnd Stock nnd wollte durch einen Spaziergang sich zerstreuen. Aber wie es oft zu geschehen pflegt, daß man gerade Leuten begegnet, denen man ausweichen möchte, so traf es sich, daß, als Calce eine Straße einbog, ein Schwärm von Offizieren dem Eingänge eines Kassehhauses zustürmte, worunter Graf Montques-- - nel durch sein lautes Wesen sich schon von Weitem un-terslk>ied. „Ah! guten Morgen, vortrefflichster Signor Calce!" riefen einige Offiziere dem Künstler freundlich entgegen, die ihn kannten. „Wie befindet sich die Signora?" fragte halblaut und mit einem verstohlenen Seitenblick auf den Grafen einer der blanken Marssohne den verstimmten Träumer, worauf sich Alle gegen Montqnesnel wandten und lachend in die Caffe-terie stürzten. Lnigi blieb wie angewurzelt stehen; er ballte die Hände krampfhaft und murmelte zwischen den Zähnen einen gräßlichen Schwnr; dann aber, wie das Gewitter sich verzieht, glättete sich seine glänzende Stirne wieder und er kehrte mit freundlich grinsendem Gesichte nach Hause. Im großen 'I^atro lilarmonico (gegenwärtig meist für Opernvorstellungen bestimmt), sollte ein beliebtes Lustspiel des berühmtesten italienischen Lustspieldichters, Carlo Gol-doni, zum ersten Male gegeben werden, worin die Haupt-parthie Luigi Calce zufiel. Der Künstler hatte sich unter dem Vorwande, den nenen Part zu studieren, den ganzen Tag in sein Zimmer eingeschlossen. Als nun der Abend und mit ihm die Stunde herangekommen war, wo Calce in's Theater gehen mußte, kam Giovanna bleich und verweint, wie es schien, aus ihrem Gemach, bereit, mit ihrem Gatten, wie gewöhnlich, fortzugehen. Luigi nahm schweigend den Arm der Gattin und sie gingen. Stnmm wurde der Weg bis zum Theater zurückgelegt, welches sich schon zu füllen begann. Ofcers schien es, als wollte Calce auf dem Wege das Schweigen brechen, aber jedesmal hielr er sich sichtlich mit Gewalt zurück und blieb', obwohl so bewegt, daß er zitterte, der lautlose Begleiter einer Frau, die vor Kurzcm sein Alles, sein Himmel, nun seine Hölle war. Am Eingangsthore drückte er Giovanna heftig die Hand, blickte sie mit einem unbeschreiblichen Blicke, nur für den erklärbar, der Gleiches, wie er empfunden, an, und verschwand in dein Scitengange zur Garderobe. „Luigi!" hauchte Giovanna, von unendlicher Angst plötzlich erfaßt, kaum vernehmlich ihm nach und wollte ihm folgen, aber verhindert nnd zurückgedrängt von einem Haufen, der sich durch den Quergang nach den Logen drängte, ging sie nach dem Parterre auf ihren gewöhnlichen Platz. Marietta hatte den Auftrag, gegen das Ende des Stückes zu kommen, um die Frau abzuholen. Man gab das im Fran- 38 z'ösischen unter dem Titel: »1.6 lioi-l-u lii6nfai«2ill," bekannte Lustspiel des genannten Verfassers. Der erste Act war vorüber. Calce trat in die Seitencou-lisse, der Prosceniumsloge Mo nrq uesn el's gegenüber, um das Augenmanöver zwischen dein Grafen und seiner Frau, das auf eine feine Art im besten Gange war, besser beob-achten zu können. Da sah er denn einen der Mandoletti-händler, die im Theater Backwerk herumbietcn, an Slovan na herantreten und mir ihr Blicke wechseln. Sie nahm Einiges aus dem Korbe, und lies; mit dem Gelde zugleich ein kleines Bittet, nur dem scharfen Auge eines eifersüchtigen Beobachters erkennbar, in die Hand des Herumträgers gleiten. Luigi sah, wie der improvisirte Briefbote der Ausgangs-thüre zuschritt; rasch trar er, indem er gerade bürgerlich co-stumirt war, in den Bogengang hinaus, und sah bald darauf den Mann, den er auf's Korn genommen, den Gang heranschreiten. »He, guter Freund," schrie er ihm entgegen, als dieser der letzten Logenthüre sich näherte, »komm herein zu uns, wir wollen Dir etwas abkaufen.'' »Mit Vergnügen, Signor!" sprach der Backwerkverkaufer und folgte. Luigi führte ihn schnurstracks auf sein Ankleidezimmer, schloß es ab, und rief, den Mann ohne Umstände bei der Brust packend: »Kerl, Du gibst mir sogleich freiwillig das Billet, das Du so eben im Parrerre von einer Dame empfangen, und nimmst dafür diesen Thaler, oder — ich rufe die Theaterpolizei, lasse Dich durchsuchen und dann einsperren, verwünschter Postenträger, und um Dein Brot ist's sodann geschehen. — Entschließe Dich schnell und wähle!" »Signor, Erbarmen!" stotterte der Gedrosselte. »Das Billet, das Billet!" drängte Calce, und indem, sich Jener zurückbog, erblickte der Angreifer etwas Weißes in der Westentasche des Mandolettiträgers stecken. Ein rascher Griff — und das Billet war erobert. »Ist es?" fragten beredt die'Augen des Künstlers. »Ja, Signore!" bestätigte der freigewordene Postillon d'Amonr. »Hier, nimm Deinen Thaler, Halllinke, aber laß'Dich heute weder im Parterre, noch hier im Logengange erblicken, so Dir Deine Beine lieb sind", drohte der Schauspieler und schob den noch immer Angstvollen durch die Garderobethür, der sich eiligst entfernte. Luigi hört das Zeichen zum Aufziehen geben; schnell entfaltet er das verhängnißvolle Billet und liest: „Sie haben gesiegt, gewonnen. Ich verachte mich selbst, aber ich folge, weil ich — muß. Morgen, gleich nach dem Beginn der Vorstellung, werde ich hinausgehen; an der Pforte treffe ich Sie. — Marietta wird im Theater bleiben und kann nichts verrathen. Wir holen dann einen kleinen Pack in meiner Wohnung ab.---------Nur gutc Anstalten, Carlo!. In Eile Giovanna." Calce ordnete seinen Anzug; seine Scene kam und er trat hinaus. Allgemeiner, ihm gewöhnlicher Jubel begrüßte ihn. Nie aber noch war ein Mensch mehr Schauspieler, als Calce an diesem Abend; jedes Wort glich einer zündenden Rackete, er selbst aber glich dem Vesuv, dessen Feuersäule leuchtet, während sein Inneres sich verzehrt. Die Scene war zu Ende und er trat ab. Stürmisch applaudirt erscheint er wieder, aber — mit einen: Teller in der Hand. Das heitergestimmte Publikum, einen neuen Spaß erwartend, klatscht noch lauter. — Calce aber geht nach einer zierlichen Ver-neigung direct auf die Prosceniumsloge los, nimmt ein Billet aus der Tasche, und es auf dein Teller zum Erstaunen Aller dem Grafen Montquesnel präsentirend, sagt er laut: »Dieß, gnädiger Herr Graf, von meiner Frau an Sie und — dieß von mir!" — indem er blitzschnell ein Terzerol hervorzieht und es dicht an der Brust des erbleichenden Montquesnel abdrückt. — Ein Knall erdröhnt — ein entsetzlicher Schrei durchdrmgt alle Stimmen, und zugleich sinkt in den vordersten Bänken eine Frau in Ohnmacht. Bevor jedoch die Mitspielenden auf Calce zustürzen konnten, trat er in die Mitte der Scene und senkte sich rasch einen Dolch in das Herz.--------- Den Schreck, das Entsetzen, den Lärm, die Verwirrung beschreibe ein Anderer. Man voltigirte über die Orchesterstühle auf die Bühne. Alles gruppirte sich um die zwei tragischen Helden dieses Lustspiels. — Sie blieben todt. Die traurige Catastrophe wäre wahrscheinlich auch ohne die Dazwischenklinft des Billets erfolgt. Man fand in dem Zimmer des unglücklichen, sehr bedauerten Lieblings der Theaterfreunde Alles geordnet und über seinen Nachlaß verfügt. In wenigen Worten schrieb er seiner Gattin: »Es sey nach seiner Meinung ihre größte Strafe, daß sie — lebe!"— Giovanna verschwand gleich darauf aus Verona. Im Jahre 18 l 5 wollen Reisende im Spital zu Ferrara die arme Frau als irrsinnig gesehen haben. Der stumme Ankläger. Vowcllcttc, überseht aus dcm Englischen. (Fortsetzung.) Dem alten Todtengräber schien es nicht besonders zu behagen, daß ein fremder Mann, den er zum ersten Male sah, ihn so ausfragte. Doch lös'te der Anblick des Dollars seine Bedenklichkeiten, wie seine Zunge. »Dieser Kopf," sprach er, »gehörte einem Manne,, den ich sehr gut gekannt habe. Wir rauchten manche Pfeife, leerten manchen Krug miteinander. Mit Vergnügen denke ich an die fröhlichen Abende, die ich mit den meisten der Gäste dieses Kirchhofes verbrachte. Hier, unter Ihren Füßen, liegt mein Vater, zu Ihrer Linken ist das Grab meiner Mutter, dort mein jüngster Bruder. Ich war der älteste von sieben Söhnen und habe lange genug gelebt, um sie alle als gute Christen mit meinen eigenen Händen zu begraben." Der Fremde sah sehr gut ein, daß, um zu seinem Zwecke zu gelangen, er nichrs Besseres thun konnte, als den Alten ansreden zu lassen. »Ihr sagtet also," fragte er mit gleichgültigem Tone, »Ihr hättet manche Freunde auf diesem Kirchhofe lim Euch liegen?" — »Wohl sind es ihrer viele. Es sind fast nur noch Kinder im wenn ich meine Pinte Porter über seinem Grabe trinke, so schütte ich ihm jedes Mal einige Tropfen hin, denn zu seinen Lebzeiten trank er gern ein Gläschen — der arme Teufel. Aber es ist kein Wunder, denn er hielt das Wirthshaus »zum Ochsen", dort unten im Dorfe." — »Ei," sprach der Fremde, »wahrscheinlich hat der Trunk, den er so liebte, ihm einen bösen Streich gespielt." — »Nein, das eben nicht; seine Frau hat ihn eines Morgens todt im Bette gefunden." — »Und hat man sich nicht über diesen Tod gewundert? War er nicht von Umständen begleitet, die ihn höchst auffallend machteu?" — »Auffallend? Er hat während des Schlafes einen Schlagflusi bekommen, worin ich nichts Auffallendes'finde. Ich war einige Stunden vorher bei ihm in seinem Stübchen und trank ein Glas Canariensect mit ihm. Ich erinnere mich so gut, als wäre es gestern gewesen, eines schlimmen Auftrittes mit seinem Stallknechte Will; er schwur, ihn des andern Tages aus dem Hause zu jagen, zur Strafe dafür, daß er seine Fässer so fleißig besucht hatte. Die Frau nahm sich Will's an, der Streit ward hitzig, und Phillpot ging schimpfend auf seinen Diener und seine Frau zu Bette. Ohne Zweifel hat dieser Zorn den Anfall herbeigeführt." — »Und habt Ihr ihn nach seinem Tode gesehen?" — »Gewiß, ich habe ihn auf der Todtenbahre gesehen, so viel seine Frau es zuließ, die ihn durchaus in sein Todtenhemd einnähen wollte." — „Und wie sah er aus?" — »Genau so, als wenn Sie einen Schlaganfall bekämen; denn ich habe ihn an dieser Stelle begraben, gerade wie ich Sie begraben werde..." — »Spart Eure schlechten Witze, Alter!" war des Fremden Antwort. »Ihr behauptet, die Frau des Wirthes zu kennen, lebt sie noch?" — »Sie unterhält noch die Wirthschaft in demselben Hause." — »Hat sie sich denn wieder verehelicht?" — »Sie hat Will, den Stallknecht, von dem ich eben sprach, geheirathet und ihrem Manne nicht lange nachgeweint; drei Monate nach seinem Tode hieß sie schon Frau Snake." — »Gut," sprach der Reisende, ganz mir seinen Beirachtungen beschäftigt. — »Nein, das war nicht gut," schne der Todtengräber, »sondern nach Aller Ausspruch sehr schlecht gehandelt." — »Und was ist der neue Wirth für ein Mann? —Geht Ihr nicht wohl'mal hin, eine Pfeife rauchen und Bier mit ihm trinken, wie mit seinein Vorgänger?" — »Nein, sein Aeußeres mißfällt mir, ich setze keinen Fuß in seine Schenke; er hat etwas an sich, als wenn er nie auf meinen Kirchhof kommen würde." — »Fast möchte ich selbst glauben," erwiederte der Fremde: »aber es wird kalt und der Reif fällt; ich wünsche Euch guten Abend, Freund! Vielleicht werde ich bald Eurer Hilfe bedürfen." — Vertrauen Sie nur auf mich und meine Schaufel." - - »Hinsichtlich dieses Todtenkovfes,' meine ich ..." sprach der Fremde. »Wie, Sie werden doch wohl nicht den Meister Phillpot mit Sich nehmen?" fragte trocken der Alte. »Ich lasse nicht zu, daß er meinen Kirchhof verläßt." — »Gebt Euch zufrieden," sagte der Fremde: »Meister Phillpot mnß durchaus mit mir gehen, aber morgen bringe ich ihn zurück, und Ihr werdet das Vergnügen haben, Euren alten Freund noch einmal zu begraben." Eine halbe Stunde später trat ein hoch gewachsener Mann in das Wirthshaus »zum Ochsen" in Abbots-Lilling-ton. Es war, wie wir bereits im Eingänge sagten, am Weihnachtsabend, deßhalb die Decke des Gastzimmers nach altem Gebrauche mit Blumensträußen verziert; ein großes Feuer brannte in demselben, und nm den mit Speisen, Puddings und dergleichen beladenen Tisch waren der Wirth, die Wirthin, sämmtliche Dienstboten in frohester Laune lachend, scherzend und singend vereint. »Ein Reisender!" sprach die Wirthin aufstehend: »Wollen der Herr gefälligst in's Gastzimmer gehen? Sie werden dort ein Feuer finden." — »Recht gern," antwortete der Gast, »denn ich habe Wichtiges in Betreff Ihres ersten Gatten mit Ihnen zu reden." — Die Wirthin schien mit Einem Male ihre ganze Heiterkeit verloren zu haben und wiederholte stammelnd des Fremden Rede. »Ja," fuhr der Reisende fort, »er yat bei seinem TodeBe-sitzthümer in der Fremde hinterlassen, von denen Sie, als seine zweite Frau, gewiß nie haben reden hören und worüber ich mit Ihnen allein sprechen muß." — Die erstaunte und unangenehm überraschte Wirthin wandte sich zu ihrem Manne. »Nimm ein Licht, Margarethe nnd gehe mit dem Herrn. Bringt er uns Geld vom alten Phillpot, so heißen wir das Geld des alten Phillpot willkommen." Die Wirthin sah den Fremden aufmerksam an und schritt voran. (Schluß folgt.) Feuilleton. Gin Heirathsstesnch. — Ein wohlhabender Engländer, welcher, des Eölibats müde, sich zu verehelichen wünschte, aber von langwierigen Bewerbungen nichts wissen mochte, ließ, um schnell zum Ziele zu gelangen, in mehrere öffentliche Blätter ein Ehegesuch einrücken. Die Folge davon war das Erscheinen einer Dame an den: bestimmten Ort und zur anberaumten Stunde, welche sich fest entschlossen zeigte, ihre künftigen Freuden und Leiden mit dem Gentlemen zu theilen; allein dieser fand sie nicht hübsch genug, und so wurde nichts ans der Sache. Ein zweites Averrissement des nämlichen Inhaltes, in welchem nur ein anderer Ort für das Stelldichein angegeben war, führte den Heirathslustigen zum zweiten Mal mit derselben Heirathslnstigen znsammen, aber ohne ein anderes Ergebniß, als das erste Mal, denn die Dame war unterdes; weder jünger, noch schöner geworden. »Alle gute Dinge," sagt das Sprüchwort, »müssen drei seyn," und so geschah es denn, daß eine dritte Anzeige zu dem nämlichen Behufe die beiden Leutchen zum dritten Mal zusammenbrachte; sie brachen in ein lautes Gelächter aus und dießmal erschien ihnen die Begegnung so verhängnißvoll, daß sie eine längere Unterredung anknüpften, welche nach uud nach für beide so anziehend wurde, daß sie sich nicht wieder von einander trennen mochten nnd zum Schluß einander ewige Treue gelobten. Ihre Ehe soll noch jetzt eine sehr glückliche seyn. 40 Gräßliche Absicht. — Am 14. Dec. v. I. Abends kehrten im Gasthof »zum braunen Roß" in Berlin zwei junge Mädchen ein, welchen das Hausmädchen um 9 Uhr die Betten einrichtete und sie dann verließ. Bald nach Mitternacht vernahm man ein krampfhaftes Schreien und ein Fallen gegen die Dielen. Man eilte sofort nach dem Zimmer, fand die Thür aber von Innen verriegelt und mußte sie daher, da auf den Zuruf von außen keine Antwort erfolgte, mit Gewalt öffnen. Das Zimmer fand man mir dicken;, verpestenden O,ualm angefüllt, und als man diesen gelichtet, sah man die beiden Mädchen besinnungslos am Boden. Dein herbeigerufenen Arzte gelang es indeß, nach zweistündigem Bemühen, die beiden anscheinend Entseelten zu beleben. Das Bewußtseyn kehrre, nach heftigen: Erbrechen, bald wieder und man erfuhr nun Folgendes: Beide Mädchen sind Schwestern , aus Braunschweig gebürtig, 20 und 22 Jahre alt, und haben früher als Schenkmädchen in Bierstuben gedient. Sie waren von ihren Liebhabern verlassen worden, vermocht ten aber die Untreue nicht zu überleben, denn sie hatten wirklich geliebt. So kamen sie Beide überein, sich den Tod zu geben, gingen in den Gasthof, nahmen ihre gesammten Kleidungsstücke und zündeten sie in dem Ofen an, ohne die Klappe zu öffnen. Glücklicherweise wurden sie zeitig gerettet und werden jetzt der Smnme ihrer Vernunft Gehör geben. Man hat sich mitleidig der Mädchen angenommen, und auch die Polizei sie in Betracht der bedauerlichen Lage nicht, wie das sonst mit nicht orrsgehörigen dienstlosen Personen zu geschehen pflegt, aus Berlin gewiesen. Vravo! Bravissimo! — Vor dem Znchtpolizei-Gerichte zu Paris standen (nach der „Theaterzeitung") am 30. Dec. v. I. 34 Bäcker, Specerei- und Victualienhändler u. s. w., welche des Gebrauches falscher Maße und Gewichte angeklagt und ordnungsmäßig überwiesen wurden. In mehreren Fällen waren die Käufer durch das zu leichte Gewicht oder durch betriegerifche Einrichtung der Wage bei jedem Abwiegeil um mehr als ein volles Loch betrogen worden. Die Betrieger wurden zu Gefängnißstrafen von 8 Tagen bis 8 Monaten und zu Geldstrafen von 50 bis zu 200 Franken verurtheilt. — Nochmals ein recht herzliches Bravissimo! Kapierkorb des Wml'isante«. Unweit Lyon jagren zwei Jäger einen Hasen, als ein Forstwächter daher kam, und dem einen Nimrod das Herz schwer ward, weil er keinen Jagdschein hatte. „Bleib ruhig stehen!" flüsterte sein Eamerad, der einen Schein hatte. „Wie soll ich ruhig stehen bleiben, und du weißt doch?..." —, »Eben deßwegen nehme ich Reißaus und du folgst dem Hasen ruhig weiter." — Der Mann des Gesetzes verfolgte den Ausreißer, den er für den Unbescheinigten hielt, aus Leibeskräften , bis er ihn nach einem langen Wertrennen einholte. »Hier mein Jagdschein!" — „Warum sind Sie denn gelaufen?" — „Weil ich einmal sehen wollte, wie ich laufen könnte." — Indeß war der andere Nimrod über alle Berge. Theater in Laibach. Über das samslägiae Beneficestück der DU?. Fränzel: „Vier und zwanzig Stunden jung und acht und scchsjig Jahre alt" läßt sich das Urtheil in wenig Worte fasse» : Es war eines der abgeschmacktesten und witzlosesten Possen -Stücke, die je irgend Jemand geschrieben. Ich bin hier genöthigt zu erklären, daß ick fein Veneficestück auf die bloße Behauptung oder auch Beweisführung des Venesicianten: „das; »'s irgendwo bereits stürmisch gefallen habe, oder so und so oft aufgeführt wurde", in Hinkunft Nichr empfehlen werde, wenn ich es nicht felbst flüher durchgesehen, falls es mir unbekannt seyn sollte, denn das Interesse des Publikums ist auch das meinige. Der gute Verfasser des „Zauberschleiers" aber muß das in Rede stehende „Zaubcrspiel ohne Zauberei" nolleu« vulen8 zu seinem schwächsten rechne», von dem ich hier gar nicht in's Detail gehen will. Gespielt wurde mit viel Animo, wobei die Veneficianlin als Fräulein Kittenkern, und Herr Köck als Kornelius Nothkrövfl sich rühmlich hervorthaten. Sonntag am 30. Jänner: „Das Irrenhaus zuDijon", Schauspiel in 3 Acten ic. Wer kennt dieses «Irrenhaus" nicht schon seit vielen Jahren? Es hat meines Wissens den französischen Effect-Dramen den Weg nach Deutschland gebahnt und verfehlt noch jetzt bei guter Besetzung die Wirkung nicht- Das Drama ging mit viel Takt und Präcision in die Scene. Herr V n g e l d r e cht zeigte in der Rolle des wahnsinnigen Eberard, daß er Studium darauf verwendet und daß er sie auch vom Standpuncle der Physiologie und Physiognomik als denkender Schauspieler richtig aufgefaßt habe. Er wurde gerufen. Herr Nckwarzbach war als Duflos ebenfalls brau und Dlle. Friederike Melchior (Ernestine) würde schon allein durch das trefflich markirte Geberdensviel ihre Tüchtigkeit als Schauspielerin dargethan haben. Lobender Erwähnung verdienen: Herr Schnitzer, als Oberst d'Orvillier. und Herr F r i t s ck e. als Darbois. Herr Köck, als der stotternde Wächter Lorenz, übertrieb und karrikirte seine Parthii so sehr, daß sie wirklich ganz unerquicklich wurde. Die übrigen Mitdeschäftigten wirkten verdienstlich. Der Besuch des Theaters an beiden Abenden war mittelmäßig. Leopold Ko rdesch. Journalistisches. Der brave, gesinnungsuoüe Hauptredacteur der k. k. priv. „Wiener Zeitung" Herr I. Vernarb, ist bekanntlich gegen Mitte Decembers des laum verflossenen Jahres von der Redaction d?r gedachten Zeitung abgetreten und hat darauf einen Abschied drucken lass.-n, der allgemein be« ka'unt ist, weil er in den gehaltvollsten Wiener-Blättern (in der «Wiener Zeitung" selbst jedoch nicht) erschien. >,Die erste Nummer der tüchtig redigirten Zeitschrift." «Der schwarze Domino" in Wien, bringt nun hierüber unter dem Titel: ,,Iour>ial - Brille" einen beachlens >- und lesenswerthen Artikel, dem wir iicl vel'kum auck in unserm Blatte ein Plätzchen gönnen wollen. Er lautet folgendermaßen: «Es macht einen trübe», unerquickliche» Eindruck, wenn man den Abschied von: Publikum liest, welchen der bisherige Re> dacteur der „Wiener Zeitung' , Herr Bernard , dieser Tage i,i mehreren hiesigen Blättern veröffentlicht hat. Der alte Mann kömmt in den wenigen Zeilen mehrmals darauf zurück, das, er zwei und dreißig: Jahre diesem Institute vorgestanden, und wenn man sich di? Mühe nimmt, diesen Abschied aufmeiksam anzusehen, wird nia» zwischen den-Zeilen manches bittere, herbe Wort, manche Klage eines schwerverwundete!! Herzens herauslesen. Es kann uns hier nicht einfallen, Partei machen zu wollen; die Pächter der «Wiener Zeitung" sind Kaufleute, die es vortheilhafter gefunden haben, ihr