BARBARA VON CILLI. • » / - i ' t INAUGURAL-DISSERTATION DER HOHEN PHILOSOPHISCHEN FAKULTAT DER UNIVERSITAT LEIPZIG ZUR ERLANGUNG DER PHILOSOPHISCHEN DOKTORW0RDE VORGELEGT VON HANS CHILIAN ZWICKAU (SA.).. BORNA-LEIPZIG BUCHDRUCKEREI ROBERT NOSKE 1908. j) /19M if Angenommen von der philosophisch-historischen Sektion auf Grund der Gutachten der Herren Seeliger und Brandenburg. Leipzig, den 18. Juli 1908. Der Prokanzellar: Stieda. I osrednja i knjižnica i v celju i » i Hm Meinen lieben Eltern. Inhaltsverzeichnis. Seite Binleitung........................7 1. Kapitel: Die Quellen zur Geschichte der Barbara.....8 2. Kapitel: Barbara und Sigmund.............13 I. AbriC der Geschichte der Cillier............13 II. Sigmunds Gefangennahme und Befreiung.........14 III. Sigmunds Verlobung und Verheiratung mit Barbara.....15 IV. Barbaras Anteilnahme an der Politik Sigmund gegenuber 1. Ungarn....................18 2. Deutschland..................25 3. Polen....................31 4. Italien....................34 5. Bohmen...................37 V. Das eheliche Verhaltnis zwischen Sigmund und Barbara ... 39 1. 1408—1419 ....................................39 2. Die Verbannung Barbaras 1419...........41 3. 1419-1437 ....................................43 3. Kapitel: Sigmunds Tod und Albrechts Erhebung ..... 45 I. Die aufieren Ereignisse 1436—1439 ......................45 II. Hat Sigmund Barbaras Verhaftung verfugt oder Albrecht? . . 49 III. Hatte Barbara den Plan, sich zur Konigin von Ungarn und Bohmen zu machen?....................52 IV. Welche Motive trieben sie zu diesem Plane?.......55 V. Barbara und Polen 1438—1441 ..........................56 4. Kapitel: Barbara in Melnik 1441—1451 ....................60 I. Barbaras politische Tatigkeit in Bohmen 1441—1451 ..........60 1. Ihr Verhaltnis zu Ptacek 1441—1444 ..................60 2. Ihr Verhaltnis zu Podiebrad 1444—1451 ................62 II. Barbaras Privatleben in Melnik.............63 III. Allgemeine Charakteristik der Barbara..........67 Beilagen........................70 Einleitung. Barbara von Cilli ist eine der bestgehafiten Personlichkeiten des 15. Jahrhunderts. Als Mitglied des den Habsburgern so ge-fahrlichen Geschlechts der Cillier, als erbitterte Feindin der Deut-schen und eifrige Forderin der Utraquistenbewegung in Bohmen wurde sie von den Anhangern des Hauses Osterreich auf das schimpflichste verleumdet, ja man ging sogar so weit, sie „die deutsche Messalina" zu nennen, so daB es trotz der Fiille der v orli and en en Quellen sehr schwer ist, sich ein Bild von dem Charakter dieser merkwiirdigen Fran zu machen. Die osterreichischen Geschichts-schreiber, unter ihnen Aenea Silvio di Piccolomini an der Spitze, geben nur tendenzios gefarbte Berichte, wahrend die tschechischen Quellen wenig mehr als Dackte Tatsachen bieten. Den besten AafschluB iiber Barbaras Wesen gewahren nns einige Briefe und Urkunden, die sich bis auf die Gegenwart erhalten haben.2) Das eine aber sieht man deutlich aus ali den Berichten, daB Barbara eine glanzend begabte Personlichkeit war und einen nicht unbe-deutenden EinfluB auf ihre Umgebung ausubte. Moge die vor-liegende Arbeit dazu dienen, das Dunkel, das iiber dem Leben dieser Frau liegt, ein wenig aufzuhellen und eine Untersuchung vorzubereiten, die Barbara nicht vom einseitig tendenziosen, son-dern vom allgemein menschlichen Standpunkte aus betrachtet! Der Wiener Humanist Cuspinian hat sie in seinen „Caesares", die 1512—1522 entstanden, zuerst mit Messalina verglichen (Caesares S. 497, Base! 1561), den Namen der „deutschen Messalina" hat ihr Fugger im 16. Jahr-hundert (Ehrenspiegel des Hauses Osterreich Bd. 1 S. 459, herausgegeben von S. v. Birken, Nurnberg 1668) gegeben. s) An Literatur uber Barbara ist zu nennen: Boehme, Dissertatio de Barbara Cilleiensi, Leipzig 1755; Martini, Dissertatio de Barbara Sigismundi imperatoris altera coniuge, Leipzig 1759; Gebhardi, Genealogische Geschichte Bd. 3 S. 359 ff., Halle a. S. 1785; Krones, Barbara v. Cilli, A. D. B. Bd. 2 S. 48/49, Leipzig 1875; Krones, Die Freien von Saneck und ihre Chronik als Grafen von Cilli, Graz 1883; Aschbach, Geschichte Kaiser Sigmunds, Hamburg 1838 Palacky, Geschichte von Bohmen Bd. III, 3, Bd. IV, 1, Prag 1854; Branden-burg, Konig Sigmund und Friedrich I. von Brandenburg, Berlin 1891; Wostry, Konig Albrecht II., Prag 1907. 1. K a p i t e 1. Die (Juellen zur Geschichte der Barbara. Die Quellen zur Geschichte der Barbara1) gehen teils auf eigene Anschauung oder miindliche Tradition zuriick, teils entnehmen sie ihre Nachrichten Geschichtsschreibern des 15. Jahrhunderts. Zu der ersten Gruppe gehoren die Cillier Chronik, die Briefe des Johannes Jfonsteroelius, das Reimgedicht des Thomas Prischuch, die Tschechischen Annalen und die Werke des Eberhard "VVindecke und Aenea Silvio, zu der zweiten hauptsachlich die Abschreiber des Sienesen. Ich wende mich zunachst den Quellen der ersten Gruppe zu und suche ihren Wert festzustellen. Die Cillier Chronik2) ist nach den Forschungen von Krones das Werk eines Cillier Minoritenbruders, der den Tod des letzten Cilliers noch miterlebte und vor 1456 die Geschichte der Cillier Grafen von 1341—1435, nach 1456 die von 1435—1461 schrieb. Der Verfasser zeigt im Gegensatz zu Aenea eine Tendenz fiir die Cillier und strebt nach Wahrheit. Leider bietet uns die Chronik, gerade was Barbara anbetrifft, nur aufierst sparliche Nachrichten, was darauf hinzudeuten scheint, dafl der Verfasser wohl von Verirrungen Barbaras gehort hatte, sich aber scheute, Schlechtes von ihr zu erzahlen und sie deshalb moglichst wenig erwahnte. Wichtig sind die Briefe des Probstes Johannes Monsteroelius,3) die er in der Zeit des Konstanzer Konzils an seinen Herrrn, den Konig Kari VI. von Frankreich richtete. Johann war Geistlicher ') Die Briefe Babaras und die Urkunden Albreehts behandle ich in diesem Kapitel nicht, sondern bespreche sie dort, wo sie bei der Darstellung heranzu-ziehen sind. 2) Krones, Die Preien von Saneck und ihre Chronik als Grafen von Cilli, Graz 1S83. 3) Martene und Durand, Veterum scriptorum et monumentorum coliectio Bd. 2 S. 1364—1465, Pariš 1724. in Pariš und Sekretar des Konigs, er wurde 1418 von den Ar-magnaks ermordet. Seine Briefe schildern uns hauptsachlich Sigmunds Aufenthalt in Prankreich. Ein dichterisches Werk ist „Des Konzils Grundfeste" des Thomas Prischuch.1) Nach Lilienkrons Forschungen war der Ver-fasser ein fahrender Sanger aus Augsburg, der das Gedicht 1418 Sigmund widmete. Thomas beschreibt uns ausfiihrlich das Konzil und die dort vertretenen Nationen, wobei er es an Lobpreisungen der Piirsten nicht fehlen lafit. Von den Tschechischen Annalen des 15. Jahrhunderts,2) die nach Palackys Forschungen von acht versehiedenen Verfassern her-riihren, kommen fiir Barbara zwei Abschnitte, der von 1436—1447 und dessen Fortsetzung von 1447—1470 in Betracht. Die Annalen sind die beste und zuverlassigste Quelle fiir das Leben der Cillierin und stehen mit iliren knappen Angaben in starkem Gegensatz zu Aenea und seiner Gefolgschaft.3) Kurz erwahnen will ich nur Bberhard Windecke4) und Aenea Silvio.8) Windeckes anekdotenhafte Erzahlungsweise und Aeneas einseitige, die Cillier verdaminende Geschichtsschreibung sind allgemein bekannt und bediirfen keiner naheren Begriindung. Ich gehe zu den Werken der zweiten Gruppe iiber und nenne als ersten Benutzer des Aenea den Polen Johannes Dlugosch. ') Lilienkron, Die historisehen Volkslieder der Deutsehen Bd. 1 S. 228—257, Leipzig 1865. 2) Palacky, Stari letopisowe čessti 1378—1527, Prag 1829 (Scriptores rer. Bohem. Bd. 3). 3) Theobald, der seinen „Hussitenkrieg" 1621 vollendete (Ausgabe von J. Baumgarten, Breslau 1750), folgt in seinen Naehriohten uber Barbara seit 1441 den Tschechischen Annalen. Was er uns uber die fruheren Vorgange erzablt, ist unbedeutend und vielfach fehlerhaft; so spricht er von einem Aufenthalt der Konigin 1440 zu Komorn und einer Zusammenkunft mit ihrer Tochter Elisabeth (Bd. 2 S. 89), wahrend wir doch sicher wissen, daC Barbara von 1438—1441 in Polen weilte. 4) Hagen, Eberhard Windecke neuhochdeutsch, Leipzig 1886; Altmann, Bberhard WindeckesDenkwurdigbeiten vom Zeitalter KaiserSigmunds, Berlin 1893. 5) Von Aenea kommen folgende 5 Werke in Betracht: De viris illustribus 1444—1450 (1. Publikation des Stuttgarter Lit. Vereins, Stuttgart 1842); Historia Friderici 1452 (Kollar Analecta Bd. 2 S. 405—475); Epistulae 1432—1464 Aeneae Opera, Basel 1577, S. 500—964); De dietis Alphonsi 1456 (Opera S. 472-491); Historia Bohemica 1458 (Opera S. 81—143). Dlugosch, der um 1455 in Krakau seine „Ristoriae Poloniae"r) schrieb, spricht von Barbara an drei Stellen seines Werkes. Der zweite Abschnitt, der von der Gefangennahme der Cillierin handelt, hat drei Satze und eine Wendung aus der „Historia Bohemica" entlehnt,2) wahrend der erste3) und dritte4) keine Benutzung Silvios zeigen. Dlugosch hat die Neigung, Urkunden teils wortlich, teils andeutend anzufiihren, zeigt aber sonst nach dem Urteile Zeifibergs6) wenig Streben nach Genauigkeit und Wahrheit. Als sklavischer Abschreiber des Aenea verrat sich der Italiener Bonfinius in seinen „Historiae Hungariae".6) Er lebte am Hofe des Mathias Corvinus und schrieb sein Werk in den Jahren 1485—1505. In seinem Bericht iiber Barbara finden wir fiinf wortliche Ubereinstimmungen mit der Historia Bohemica, Bonfinius folgt dem Aenea genau in der Anordnung und Disposition des Stoffes, ja man sieht, wie er nach Worten ringt, um das, was seine Vorlage sagt, mit anderen Ausdriicken wiederzugeben. Auch Ungenauigkeiten finden sich bei ihm. Er nennt Ulrich II. von Cilli, den Neffen Barbaras, ihren Bruder.7) Theobald8) und Balbinus9) zeigen ebenfalls diesen Fehler, ohne dali man ihnen eine direkte Benutzung des Bonfinius nachweisen kann. Nach alledem ist der Italiener, an seiner Vorlage gemessen, vollig wertlos und bietet nur ein typisches Beispiel dafiir, wie kritiklos die Geschichts-schreiber des 15. Jahrhunderts die Angaben ihi-er Vorganger iibernahmen. Benutzt haben die „Historia Bohemica" Cuspinian in seinen „Caesares" 1512—1522,10) Krantz11) in seinen Wandaliae libri 1514 und Mutius in seinem Buche „De Germanorum origine 1539".12) 1) Alexander Przezdziecki Dlugossi, Opera Bd. 12, 13, Krakau 1863 - 1878. 2) Bd. 13 S. 584. •■>) Bd. 13 S. 234. *) Bd. 13 S. 595. 5) ZeiBberg, Die polnische Geschichtsschreibung des Mittelalters, Leipzig 1873, S. 193-343. 6) Rerum Hungaricarum deeades libris XIV compreheBsae 364—1495, Leipzig 1771. 7) S. 415. 8) Bd. 2 S. 15. 9) Epitomes rerum Bohemicarum S. 497, Prag 1677. 10) Cuspiniani Caesares, Basel 1561. "j Krantz, Wandaliae libri, Čoln 1519. 12) Pistorius, German, script. tomus 2. Cuspinian und Krantz h ali en je sechs wortliche Ubereinstimmungen mit Aenea, Mutius zwei. Wesentlich Neues bieten die drei nicht. Dubravius von Olmiitz, der sein Werk „Historiae Bohemiae" Maximilian widmete, zeigt zwar keine wortliche Ubereinstimmung mit Aenea, laBt aber dessen EinfluB deutlich erkennen und teilt uns niclits mit, was von der sonstigen Tradition abweicht. Ein Benutzer des Aenea, Theobald, Bonfinius und Dubravius ist Balbinus,2) der 1677 seine „Epitomes rerum Bohemicarum" herausgab. Er hat als Kompilator aufierordentlich wenig Wert. Fugger hat uns in seinem „Ehrenspiegel des Hauses Oster-reich",8) den er um die Mitte des 16. Jahrhunderts verfafite, eine ausfiihrliche Charakteristik Barbaras gegeben. Leider sind seine Angaben um so zweifelhafter, als er uns mitteilt, dafi die Konigin 1437 60 Jahre alt gewesen sei 4) (Barbara war zwischen 1390 und 1395 geboren) und sie „kurz nach Albrechts Tod"®) sterben lafit, wahrend wir doch sicher wissen, daB sie erst 1451 aus dem Leben schied. Alle die genannten Quellen bringen grofiere Exkurse und langere Abschnitte iiber die Cillierin. Icb nenne jetzt am Schlusse noch eine Reihe von Werken, die nur fiir Einzelheiten in Barbaras Leben in Betracht kommen und einer besonderen Charakterisierung nicht bedurfen. Zu dieser Gruppe gehoren die Chronik des Konstanzer Konzils, des Ulrich von Richental,6) die Chronik Konings Sigis-mundus von Ungarn,') das Chronicon Hungariae von Thurocky bis 1464,8) das Chronicon Bawariae des Andreas von Begensburg bis 1439,°) die Chronik des Bartossius von Drahonicz 1419—1443,10) das Chronicon veteris Collegiati Pragensis 1419—1441,X1) die Chronik Dubravius, Historiae Bohemiae, Wien 1518. 2) Balbinus, Bpitomes rerum Bohemicarum, Prag 1677. 8) Sigmund v. Birken, FuggersBhrenspiegel des Hauses Osterreich, 3 Bde., Nurnberg 1668. *) Bd. 1 S. 459. 6) S. 464. 6) Bibliothek des Stuttgarter Lit. Vereins N. 158, Tubingen 1882. 7) Cardanus, Porschungen zur deutschen Gesehichte Bd. 16, 1876. 8) Schwandtner, Script. rer. Hung. Bd. 1 S. 47—298, Wien 1746. 9) Preher, Chronicon Bawariae, Prankfurt 1607. 10) Dobner, Mon. Hist. Boh. Bd. 1 S. 143-207, Prag 1764-1786. ") Hofler, Geschichtsschreiber der hussitischen Bewegung Bd. 1 S. 78—102, Wien 1865. des Erhard von Appenweiler 1439—1471,1) das Chronicon Salz-burgense 1408—1494.2) das Chronicon Hirsaugiense des Thrithemius,8) die Annales Mellicenses4) bis 1564, die Kronyka czeska des Hagek,5) die Historia Hussitarum des Cochlaeus bis 1456,6) die Annales Augs-burgenses des Gassarus bis 1576,') die Hofer Chronik des Enoch Widemann bis 1597.8) Wichtige Aktenstiicke zu Barbaras Leben enthalten: Pray: Annales Hungariae Bd. 2, Wien 1764. Katona: Historia critica regum Hungariae stirpis mixtae Bd. 5/6, Wien 1788—1793. Fejer: Codex diplomaticus Hungariae X 4—8, XI, Ofen 1829. Chmel: Materialien zur osterreichischen Geschichte, Wien 1837/38. Teleki: Hunyadiak Kora Bd. 10, Ofen 1852—1857; Palacky, Archiv czesky Bd. 1/2, Prag 1840—1846. Janssen: Frankfurter Reichskorrespondenz, Freiburg 1863. Altmann: Eegesten zu den Urkunden Sigmunds, 2 Bde., Innsbruck 1896. Bernoulli, Basler Chroniken Bd. 4 S. 249—859, Leipzig 1890. 2) Duellius, Miscellanea Bd. 2 S. 129—168, 1724. s) Chronicon Hirsaugiense, St. Gallen 1690. 4) Monum. Germ. Script. Bd. 9 S. 478—535. 5) Hagek, Kronyka czeska, Prag 1541. 6) Hist. Hussitarum, Wien 1549. 7) Mencken, Script. rer. Germ. Bd. 2 S. 1323—1953. 8) Mencken Bd. 3 S. 629—772. Die Chronik Widemanns, die urspriinglich deutsch geschrieben war, ist uns nur in einer lateinischen Ubersetzung des Cl. Haltaussius aus dem 18. Jahrhundert zuganglich. 2. Kap i tel. Barbara imd Sigmund. I. Bevor ich zu der Frage komrne, welche Motive im Jahre 1401 die Verbindung Sigmunds mit Barbara herbeigefiihrt haben und in welcher Weise sicli das Verhaltnis zwisclieii beiden ent-wickelte, will ich einen kurzen Abrifi von der Geschichte der Cillier bis zu diesem Zeitpunkte geben, weil wir nur so das ganze Er-eigiiis verstehen und in seinen weiteren Folgen wiirdigen konnen. Die Ahnherren der Cillier nannten sich „die Freien von San" oder nach jhrer Stammburg an der San in Steiermark „die Freien von Saneck". Die altesten Spuren der Sanecker weisen zuriick in. die Mitte des 12. Jahrhunderts, wo wir Gebhard1) und Leopold von Saneck2) finden. Damals besaB das Geschlecht einige Allodialgiiter im Tale der San, Drau und Sottlau, die Hauptmasse des Besitzes aber bestand aus Giitern, die die Sanecker von den Hochstiftern Aquileja und Gurk und den karntischen Herzogen als Lehen empfangen hatten. Von Leopolds Nachkommen sind Ulrich I. und Friedrich I. hervorzuheben. Ulrich I. von Saneck, der 1333 die Herrschaft Cilli an der San, 1335 Lengenburg erwarb und seine Besitzungen bis an die Save und nach Oberkrain ausdehnte, wurde am 22. Mar z 1308 von Friedrich dem Schonen in den Lehens-verband der Habsburger aufgenommen.3) Sein Sohn Friedrich I. zog die Konsequenzen aus der gewaltigen Machtentwicklung seines Geschlechtes und lieB sich am 16. April 1341 von Kaiser Ludwig dem Bayern zum Grafen von Cilli ernennen/) Damit aber die herrschaftlichen Rechte der Habsburger nicht verletzt wtirden, L) Krones, Die Freien von Saneck Bd. 1 S. 10—13. 3) Bs ist unsicher, ob er der Bruder oder Sohn Gebhards war (Krones Bd. 1 S. 17). 3) Krones Bd. 1 S. 46/47, 52, 118-120. 4) Krones Bd. 1 S. 88-90, Bd. 2 S. 158—162. wurde die Grafschaft Cilli auf die Gurkcr Lehen und Lengenburg beschrankt;1) erst Kaiser Kari IV. bezog 1372 in einer Urkunde die habsburgischen Lehen mit in das Gebiet der Grafschaft ein.2) In demselben Jahre veroffentlichten die Habsburger einen Wille-brief, in dem sie ihre landesfurstlichen Rechte wahrten. Als Friedrich I. von Cilli 1360 starb und sein Sohn Ulrich I. ihm nach-folgte, vertraten dessen Sohn Wilhelm I.,8) sein Oheim Hermann I., der Gemahl der bosnischen Prinzessin Katharina, und Hermanns I. Sohn, Hermann II., die Interessen des Geschlechtes. Es gelang den Cilliern in dieser Zeit, wichtige Verbindungen mit benachbarten Fiirstenhausern anzukniipfen. Wilhelm heiratete Anna, die Tochter des letzten piastischen Polenkonigs Ladislaus, wahrend Hermanns II. Sohn Friedrich eine Prinzessin aus dem kroatischen Herrscherhause der Frangepani als Gattin heimfiihrte. Hermann I. schied 1385, Wilhelm I. 1392 aus dem Leben. Der groBe Familienbesitz ging jetzt in die Hande Hermanns II. iiber. Mit ihm begann die Glanz-zeit des Geschlechtes. Vorsichtig vermied er es, durch neue Er-werbungen in den osterreichischen Landern sich die Feindschaft der Habsburger zuzuziehen; er richtete seinen Blick auf Ungarn. Im Jahre 1396 unterstiitzte er Konig Sigmund in seinem Kampfe gegen die Turken und wurde im Hinblick auf seine wichtigen Dienste 1399 von ihm mit der Grafschaft Seeger belehnt. Damit war er dem Luxemburger zu tiefem Danke verpflichtet, und er trug auch kein Bedenken, seine Schuld abzutragen, als die Ungarn sich 1401 erhoben und ihren Konig in die auBerste Lebensgefahr brachten. n. Werfen wir zum besseren Verstandnis der folgenden Ereignisse einen kurzen Blick auf Sigmunds Stellung in Ungarn und sein Verhaltnis zu den Magyaren. Sigmund war 1382 als Verlobter der Konigin Maria, die ihrem Vater Ludwig dem GroBen in der Regierung folgte, nach Ungarn gekommen. Nach dem furcht-baren Ende Karls von Neapel, des Gegenkonigs Marias, und dessen Feindin, der Koniginwitwe Elisabeth, gelang es dem Luxemburger Krones Bd. 1 S. 89. 2) Krones Bd. 1 S. 90—95. 8) Krones Bd. 1 S. 92-97, Bd. 2 S. 162. ') Seine Tochter Anna wurde die zweite Gemahlin Wladislaus II. von Polen. mit Hilfe seines Bruders Wexizel Ladislaus, den Sohn Karls ans dem Lande zu vertreiben und seine Hauptgegner, die Horwathy, niederzuwerfen. 1385 erfolgte die Heirat mit Maria, 1387 die Kronung zum ungarischen Konig, aber erst nach und nacli erlangte Sigmund Einflufi auf die Regierungsgeschafte, weil die Konigin sich in starker Abhangigkeit von den GroBen ihres Landes befand und diese mit MiBtrauen auf den fremden Eindringling blickten. Wie verhafit er bei den Magyaren war, solite er erfahren, als seine Gemahlin 1395 starb und er im nachsten Jahre die vernichtende Niederlage bei Nikopolis gegen die Tiirken erlitt. Die ungarischen GroBen, die ihm wegen seiner leichtsinnigen Yerschwendung und der furchtbaren Harte, mit der er seine Feinde verfolgte, bitter grollten, vereinigten sich jetzt zu seinem Sturze. Als Sigmund im April 1401 in Ofen weilte, wurde er von den versammelten Pralaten und Baronen mit den heftigsten Yorwurfen iiberschiittet und nach kurzem Widerstande entwaf£net.x) Die Fuhrer der Bewegung hatten es erst auf seinen Tod abgesehen, indessen lieBen sie sich bestimmen, ihn nur gefangen zu setzen. Er wurde der Obhut des Nikolaus von Gara iibergeben, der ihn auf dem festen Schlosse Siklos verwahren solite; gleichzeitig verhandelten die Ungarn mit Ladislaus von Neapel iiber die Annahme der Krone. Aber wahrend dieser sich noch auf der Hinreise befand, anderte sich die Lage zugunsten Sigmunds. Nikolaus von Gara hatte sich nur scheinbar auf die Seite der Emporer geschlagen, in Wirklichkeit war er, wie sein Vater, der im Dienste des Luxemburgers gefallen war, der ergebene Anhanger Sigmunds. Als nun Stibor von Stiborzicze, Nikolaus von Frangepani und Hermann II. von Cilli Schritte zur Befreiung des gefangenen Konigs unternahmen, da wagte Nikolaus von Gara offen Farbe zu bekennen und entliefi Sigmund im Oktober 1401 aus seiner Haft. Der Konig mufite feierlich schworen, keinem der Aufstandischen etwas nachzutragen und sie mit seiner Rache zu verschonen. III. Die Hauptmacher bei der Freilassung Sigmunds waren offen- *) s. die Berichte uber die Gefangennahme bei Thuroczky; Chronicon Hungariae Bd. 4 S. 9; Windecke (Hagen Kapitel 13; Altmann Kapitel 13) und Dhigosch (Przezdziecki Bd. 12 S. 545); vgl. auch Aschbach, Geschichte Sigmunds Bd. 1 S. 121—132; s. auch S. F. Mayer, Zeitschr. f. d. osterr. Gymn. 43. Jahrg. (1892) S. 4f. bar Nikolaus Garaund Hermann II. von Cilli.2) Beide beeilten sich auch, in ein engeres Verhaltnis zum Konige zu treten: Nikolaus verlobte sich mit der zweiten Tochter Hermanns II., wahrend Sigmund die Hand der jungsten Tochter Barbara erhielt. Zwar berichtet der Cillier Chronist,3) dali Hermann II. sich lange weigerte, auf Sigmunds Werbung einzugehen, jedoch diese Nachricht ist unwahrscheinlich, lag es j a durchaus im Interesse des ehrgeizigen Cilliers, durch eine Verbindung mit dem Luxemburger sein Ge-schlecht zu erhohen. So viel wird wohl richtig sein, daB Hermann II. eine Zeitlang zogerte, weil er durch diesen Schritt sich unlSslich mit Sigmunds Geschick verband und so die Eifersucht der Habs-burger hervorrief, allein an eine dauernd ablehnende Haltung des Cilliers, die erst durch die dringenden Bitten Sigmunds und der ungarischen Grofi en beseitigt werden mufite, ist nicht zu denken. Die Griinde, die Sigmund zu der Werbung bestimmten, liegen klar auf der Hand. Es mufite fiir den immer geldarmen Konig aufierst wichtig sein, iiber die reichen Mittel der Cillier zu ver-fiigen4) und mit Hilfe der beiden machtigsten ungarischen Grofien den einheimischen Adel zu beherrschen. Aber auch fiir Hermann II. und Nikolaus entsprangen aus der Verbindung mit dem Luxem-burger grofie Vorteile; sie erhielten damit die Moglichkeit, un-gestort ihren territorialen Planen nachzugehen. r) s. die Urkunde bei Pray (Annales Hungariae Bd. 2 S. 202), die Sigmund 1408 Nikolaus ausstellte: Cum diebus non paucis ipse Nicolaus per nos sudo-rosos labores inter nostram celsitudinem et praescriptos Praelatos et Barones pro eiusdem pacis obtentu multimodos fecisset tractatus idem Nicolaus prae-taotos tractatus inceptos tam terminavit, quod nostra persona ex detentione eiusdem Nioolai Palatini laboribus, interpositione, tractatibus erepta, pristinoque regimini integre restituta exstitit, pleno cum effeetu. 2) Windecke (Hagen Kap. 13; Altmann Kap. 13): „Zu derselben Zeit (1401) verhandelte der Graf Hermann von Cilli mit Gara Niklas, der GroBgraf war, in dessen Haft sich der Konig befand". 3) s. Cillier Chronik Kap. 8 (Krones Bd. 2 S. 73/74). Die „Kronik Konings Sigismundus zu Ungarn", die in den Jahren 1430—14-10 entstand, spricht falschlich davon (Cardanus Forschungen zur deutschen Geschichte 1876 Bd. 16 S. 348- 50), daB Sigmund nicht der Haft des Nikolaus von Gara, sondern der Hermanns II. ubergeben wurde, weist also mindestens auf eine Beteiligung des Cilliers an den Vorgangen des Jahres 1401 hin. 4) DaB Dankbarkeit gegen die Cillier allein ausschiaggebend gewesen sei fur Sigmund, wie Windecke (Hagen Kap. 20; Altmann Kap. 21) berichtet, ist wenig glaublich. Da die Befreiung Sigmunds in das Ende von 1401 fallt, so wird man wohl die Verlobung in dieselbe Zeit setzen diirfen. Schwieriger ist es, das Jahr, in dem die Heirat stattfand, zu be-stimmen. Genauere Kunde geben uns hieruber zwei Urkunden Sigmunds aus den Jahren 1406 und 1408 und zwei Stellen bei Windecke. In der Urkunde von 1406 *) bezeichnet Sigmund den Cillier als „socer", in der von 1408 spricht er von Barbara als seiner ihm ehelich verbundenen Gemahlin.2) Windecke erwahnt zweimal 1408 als das Jahr der Heirat.8) Nach den Urkunden ist es unklar, ob man die Heirat vor 1406 oder spater setzen soli. Nehmen wir die Zeitangaben Windeckes, die uns keinen Anlafi zum Zweifel bieten, hinzu, so ergibt sich die groBere Wahrscheinlichkeit fiir 1408. DaB die Urkunde von 1406 Hermann schon als „socer" bezeichnet, riihrt, wie Pray') und Aschbach5) wahrscheinlich gemacht haben, daher, daB Sigmund den Cillier mit Riicksicht auf die Verlobung so nannte. Da wir nun wissen, daB die Verlobung mit Barbara 1401 und die Heirat 1408 stattfand, so konnen wir hieraus auf das Geburts-jahr der Cillierin schliefien. Die Tatsache, daB Sigmund von 1401 an so lange Zeit verstreichen liefi, erklart sich am besten dadurch, daB er Barbara noch zu jung fur die Heirat hielt und deshalb bis 1408 wartete. Ein anderer Grund laBt sich schwer finden, denn !) Pray Bd. 2 S. 227. 2) Pray Bd. 2 S. 227: „Regia auctoritate, consilio etiam, consensu Prela-torum, Baronum, Procerum regni nostri, nihilominus Serenissimae Prinoipis Dominae Barbarae diotorum regnorum reginae, consortis nostrae carissimae filiae videlicet viri Domini Hermanni comitis Ciliae soceri nostri dilecti . . ." 8) Windecke berichtet vom Jahre 1403 (Hagen Kap. 19; Altmann Kap. 19): „Da kam Konig Sigmund wieder von Bohmen nach Ungarn. Da ergaben sich ihm alle (Aufruhrer). Die Landherrn nahm er wieder in Gnaden an, aus-genommen den Bischof von Gran und den Bischof von Erlach und einen, der Benedikt Makra hieB. Dieser Benedikt hatte Alt-Ofen genommen, da uberfiel ihn des Konigs Heer und Herr Stibor und Herr Subar fandeten nach ihm. Da ward er auf freiem Pelde gefangen und in Eisen gelegt, und er lag 6 Jahre, bis Konig Sigmund Barbara, die Tochter des Grafen von Cilli, heiratete". Vgl. damit noch folgende Stelle bei Windecke (Hagen Kap. 20; Altmann Kap. 21): „Und auf derselben Reise (von Bosnien nach Ungarn 1408) nahm Konig Sig. mund Barbara, die Tochter des Grafen von Cilli, zur Gemahlin und machte sie zur Konigin". >) Pray, Annaies Hung. Bd. 2 S. 227. 5) Aschbach, Geschichte Sigmunds Bd. 1 S. 263. Chilian. 2 weder war Sigmund in diesen Jahren dauernd von Ungarn ab-wesend, noch hatte er sich mit den Cilliern iiberworfen. Wir kommen somit auf Grund dieser Erwagungen fiir das Geburtsjabr Barbaras ungefahr in die Zeit von 1390—95, weiter vorwarts oder riickwarts zu gehen, ist nicht gut moglich.1) IV. Mit Barbaras Heirat beginnt ihre Anteilnahme an der politischen Tatigkeit Sigmunds. Solange dieser nur Konig von Ungarn war, hielt sich ihr EinfluB in bescheidenen Grenzen, als er aber durch seine Wahl zum deutschen Konig 1411 und den Heim-fall von Bohmen 1419 sich genotigt sah, Politik im groBen Stile zu treiben, ward auch Barbaras Wirkungskreis bedeutend erweitert und wichtige Befugnisse in ihre Hande gelegt. Es galt, abgesehen von ihren Beziehungen zu Ungarn, jetzt fiir sie Stellung zu nehmen zu der Politik Sigmunds gegeniiber Deutschland, Polen, Mailand' Venedig und Bohmen. In ali diesen Fragen leistete sie dem Gatten wichtige Dienste, ohne dabei ihre Sonderinteressen aus dem Auge zu verlieren. Erst kurz vor dem Tode ihres Gemahls trat sie in offenen Widerspruch zu der gesamten Politik Sigmunds und seines Nachfolgers Albrecht, weshalb sie in die Gefangenschaft nach PreBburg abgefiihrt wurde. IV. 1. Betrachten wir zunachst Barbaras Tatigkeit in Ungarn. Ihre Teilnahme an der Regierung tritt hier in zweierlei Weise zu-tage. Einerseits finden wir sie wahrend der Abwesenheit Sigmunds mehreremal als Statthalterin oder wenigstens in einer Stellung, die diesem Amte sehr nahe kommt, andererseits iibt sie zusammen mit den ungarischen Pralaten und Baronen das Konsensrecht aus bei der Aufstellung verschiedener Urkunden, namentlich was Schenkungen und Erneuerung von Privilegien anbetrifft.2) Der letztere Punkt verdient deshalb eine besondere Hervorhebung, weil vgl. auch Krones A.D.B. S. 48. 2) Ich stelle im folgenden die Konsensurkunden Barbaras zusammen und verzichte darauf, sie einzeln in meiner Darstellung zu verwerten, weil sie gegenuber der groBen Anzahl von Sigmunds ungarischen Urkunden nur als Gesamtheit etwas bedeuten, im einzelnen aber wenig uber den EinfluB Barbaras auf die Regierung Sigmunds in Ungarn aussagen. Die meisten der im folgenden mitgeteilten Urkunden fehlen bei Altmann. 1. Konsens bei Schenkungen des Konigs: 1410 Sigmund bestatigt eine Landschenkung am 29. Marz des Paul Csupor an die Bruderschaft St. Pauli in Slavonien (Fejer Bd. 10, 5 S. 39—43). 1410 Sigmund erneuert zu Ofen eine Landschenkung aus dem Jahre 1396 an das Agramer Kapitel (Fejer, Codex dipl. Hung. Bd. 10, 5 S. 55). 1412 Sigmund Sigmund gerade in Ungarn haufig von dem guten Willen der Cillier, Garaš und der anderen Vornehmen abhangig war und der Konsens dieser seinen Urkunden grofieren Nachdruck verlieh. In den Jahren 1408—1412 weilten die beiden Gatten in Ungarn. Kurz nach der Hochzeit stiftete Sigmund gemeinsam mit Barbara zur Bekampfung der Unglaubigen den Drachenorden,1) zu dessen Mitgliedern er in der Eegel ungarische GroBe, bisweilen aber auch fremde Piirsten wie z. B. den Herzog Ernst von Oster-reich ernannte.2) In dem Jahre darnach gebar die Cillierin dem Gatten das einzige Kind, das sie ihm schenken solite, die Tochter Elisabeth, welche Sigmund 1411 dem Herzog Albrecht von Osterreich verlobte. Das Zusammenleben der Gatten wurde 1411 durch den Ausbruch des Krieges mit Venedig, das von Ladislaus von Neapel Zara und die dalmatinischen Kiistenstadte nebst der Stadt Ostrowitza in der Herzogewina gekauft hatte, unterbrochen. Um ein Vordringen der Feinde in Dalmatien zu verhindern, sandte Sigmund 1411 seinen Feldherrn Pippo von Ozora aus, der auch ubertragt zu Ofen am 2. Juli den kroatischen Grafen Johann und Jakob von Brebir die Einkunfte von Jadra und Sebenigo in Dalmatien (Katona, Hist. regum Hung. Bd. 5 S. 140—144). 1415 Sigmund ubertragt am 27. Juli zu Konstanz die konigl. Steuer- und Markteinnahmen dem Wardeiner Kapitel (Katona Bd. 5 S. 219—222). 1418 Sigmund erneuert am 12. Marz zu Konstanz eine Landschenkung an Georg von Vesprim (Katona Bd. 5 S. 286—289). 2. Konsens bei der Erneuerung von Privilegien. 1408 Sigmund erneuert zu Ofen am 12. Juli Nikolaus und Johann von Gara ihre samtlichen Privilegien (Katona Bd. 4 S. 752—756). 1412 Sigmund erneuert zu Ofen am 9. August dem Bisehof von Vesprim einige Privilegien (Katona Bd. 5 S. 117/18). 1425 Sigmund erneuert dem Bisehof von Vesprim am 23. Februar zu Chazmen das Privileg, die ungarische Konigin zu kronen, nachdem es der Bisehof von Gran bei Barbaras Kronung widerrechtlich ausgeubt hatte (Katona Bd. 5 S. 441). 1427 Sigmund erneuert am 11. November in Siebenburgen ein Privileg fur den Bisehof von Agram (Katona Bd. 5 S. 491—494). VVahrscheinlich in das Jahr 1408 fallt die Kronung Barbaras zur Konigin von Ungarn durch den Erzbischof von Gran. Wir kennen das Faktum aus einer Urkunde Sigmunds von 1427 (Katona Bd. 5 S. 491—494), ohne dafi uns das bestimmte Jahr mitgeteilt wird. s. die Stiftungsurkunde bei Fejer Bd. 10,4 S. 682—693. 2) Wir besitzen eine Urkunde aus dem Jahre 1409 (Fejer Bd. 10, 4 S. 764 bis 765), in welcher dieser Sigmund, Barbara und den anderen Ordensmitgliedern seine Ergebenheit ausspricht. Vielleicht hangt die Aufnahme des Habsburgers in den Orden mit dem Frieden, den Sigmund Anfang 1409 zwischen den beiden Brudern Ernst und Leopold, die um die Vormundschaft uber ihren Neffen Albrecht stritten, stiftete, zusammen. Friaul und Udine 1412 wieder eroberte, wahrend es den Graf en Johann und Jakob von Brebir gliickte, Ostrowitza den Gegnern zu entreiBen. Zum Danke dafur iibertrug ibnen Sigmund 1412 unter dem Konsens Barbaras und der ungarischen Adligen die Einkiinfte von Jadra und Sebenigo.1) Aber bald nahm der Krieg einen ungiinstigen Fortgang. Die Venetianer kampften siegreich, und Sigmund, dessen Geldmittel erschopft waren, und der einen Zug nach der Lombardei zur Gewinnung der italienischen Konigskrone plante, sah sich gezwungen, Anfang 1413 unter Vermittlung Hermanns von Cilli einen Waf£enstillstand mit der Republik zu schlieBen. Fiir die Dauer der Abwesenheit ernannte Sigmund Ende 14122) seine Gemahlin zur Statthalterin von Ungarn und gab ibr den Palatin Nikolaus von Gara und den Erzbiscbof Johann von Gran zur Seite.3) Barbara schlug ihre Besidenz in Kemlek4) auf und be-stellte ihren Verwandten, den Bischof Eberhard von Agram, zum Kanzler. Bald traten wichtige Aufgaben an sie heran. Die Tiirken drangen siegreich in Bosnien vor, das unter der Oberhoheit Ungarns stand, und notigten die einheimischen Fursten zum Anschlufi. Da-durch geriet der Herzog von Spalatro, Hervoja, der in Bosnien zahlreiche Besitzungen hatte, in Bedrangnis. Er verhandelte ins-geheim mit den Tiirken, wahrend er nach aufien hin sich als er-gebener Anhanger Barbaras zeigte. Aber die ungarischen Grofien durchschauten sein falsches Spiel. Johann von Gara und Paul Csupor bemachtigten sich der Mehrzahl seiner Besitzungen und kehrten sich nicht daran, als er ihnen seine Unschuld beteuerte. Da wandte er sich an Barbara. Er richtete Ende 1412 ein Schreiben an sie, in dem er sich iiber das widerrechtliche Vorgehen der beiden be- ]l Urkunde (Katona Bd. o S. 140—144). 2) Pray (Bd. 2 S. 245) und Kercselich (Hist. ecclesiae Zagrabiensis S. 153) setzen die Ernennung (Agram 1773) in den Anfang von 1413, aber schon in dem spater zu zitierendem Brief Hervojas aus dem Jahre 1412 spricht dieser von ihr als Stellvertreterin des Konigs. 3) Kercselich teilt uns wahrscheinlich auf Grund von ungedruckten Ur-kunden mit (S. 153), daB Barbara den Urkunden, die sie wahrend ihrer Statt-halterschaft ausstellte, die Pormel hinzufiigte: Ad felicem reditum eiusdem domini Regis consortis nostri. Die uns vorliegenden zeigen diese Formel nicht. 4) In der Nahe von Agram. Die Wahl dieses Ortes hangt sicher damit zusammen, daB Hermann II. seit 1403 Ban von Kroatien und Slavonien war und daher in diesen Gegenden der Konigin wichtige Dienste leisten konnte. klagte und die Cillierin als Mitglied des Drachenordens und Stell-vertreterin des Konigs um Schutz anflehte.1) Jedoch Barbara nahm seine Verteidigung nicht an, sondern befahl Anfang Juni 1413 den ungarischen Grofien, deren Gebiet an Bosnien grenzte, MaBregeln gegen den ungetreuen Vasallen zu ergreifen.2) Sigmund aber sprach ihm am 1. August zu Bozen sein Herzogtum ab und er-klarte ihn in die Acht. Der Auftrag Barbaras ward schnell aus-gefuhrt, und Hervoja floh, seiner Anhanger beraubt, zu den Tiirken, die mit seiner Hilfe sich Bosniens bemachtigten und von nun an bestandig Ungarn bedrohten. Barbaras Fiirsorge fiir die innere Verwaltung8) des Landes zeigen 3 Urkunden aus den Jahren 1412 und 1414. In der ersten befiehlt die Konigin dem Kapitel von Chazmen, der Briiderschaft St. Pauli in Slavonien widerrechtlich entrissene Landereien zuriick-zugeben,*) in der zweiten gestattet sie den Btirgern der Stadt Giinz, einer Besitzung Nikolaus von Gara, bei der Zollabgabe von Waren, die iiber die ungarische Grenze kommen, sich desselben Vorrechtes wie die Oedenburger zu bedienen.5) Am wichtigsten ist die dritte, wo Barbara an alle ungarischen Adligen den strengen Fejer Bd. 10,5 S. 384—387. Ich wahle die folgende charakteristische Stelle aus: „Advertat Serenitas Vestra quomodo ego existo in societate Draconum et continetur in literis societatis quis debeat aliqualiter condemnari. Item quod nemo sine consilio, scientia et indicio societatis debeat aliqualiter condemnari. Item amore Sancti Johannis recordamini quia compater sum. Item advertite et pensate omnia obligamina et fidem peto vos causa omnipotentis Dei, ut iam in tali mea aetate non opprimatis et deleatis me, ut habeam finem in fide vera et fidelitate regiae Maiestati reservanda." 2) Manifest Barbaras (Horvath, Geschichte der Magyaren 2. Aufl., Ofen, Bd. 2 S. 261). 3) Dafi die Cillierin auch noch wahrend Sigmunds Anwesenheit in Ungarn unabhangig von ihm Privilegien die staatliche Genehmigung erteilen konnte, beweist eine Urkunde aus dem Jahre 1410 (Fejer Bd. 10, 5 S. 86/87), in der sie eine Landschenkung des Paulus von Pech an das Kloster Garich in Slavonien bestatigt. 4) Die Urkunde ist am 16. Oktober 1412 zu Ofen ausgestellt (Fejer Bd. 10, 5 S. 345/46). 5) Ausgestellt am 17. Januar 1414 zu Ofen (Fejer Bd. 10, 5 S. 521/22). Bei den Waren, die uber die ungarische Grenze kamen, wurde der „dreiBigste", d. h. der dreifiigste Teil ihres Wertes als Zoll erhoben — die Oedenburger genossen hierbei eine Brleichterung, worin aber diese bestand, ist nicht mehr festzustellen. Befehl ergehen lafit, von den Prefiburgern, die ein Privileg haben, bei ihren Kauffahrerreisen keinen Marktzoll zu erheben.1) Die Statthalterschaft in Ungarn wurde durch die Reise, die Barbara im Friihling des Jahres 1414 antrat,2) um an der Kronung Sigmunds in Aachen teilzunehmen, und durch ihren Aufenthalt in Konstanz unterbrochen.3) Sie verliefi spatestens Anfang 14164) die Konzils-stadt und begab sich wieder nach Ungarn, wo sie die Regierung bis zur Riickkehr ihres Gatten, Anfang 1419, fiihrte. Die Jahre 1416—1419 gewahren uns einen interessanten Einblick in Barbaras Regententatigkeit. Da Nikolaus von Gara den Konig auf seinen Reisen im Auslande begleitete5) und Johann von Gran durch seine Kranklichkeit gehindert wurde, der Konigin hilfreich zur Seite zu stehen,6) so war diese auf sich allein angewiesen. Sie zeigte sich ihrer Stellung nicht gewachsen. So unterliefi sie es, die Grenz-streitigkeiten zwischen dem Zisterzienserkloster Toplicka7) und den Einwohnern von Kemlek, deren Regelung Sigmund 1412 dem Hof-gericht aufgetragen hatte,8) zu schlichten und mufite durch ihren Gatten 1418 von Konstanz aus energisch an ihre Pflicht gemahnt werden.9) Dazu kam, daG Rauberbanden den Handel des Landes aufs schwerste schadigten10) und die Tiirken sich bedrohlich an den Grenzen regten. So fand Sigmund, der Anfang 1419 nach Ungarn zuriickkehrte, das L and in schlimmer Verfassung vor, und das Zerwiirfnis der beiden Gatten, das kurz darauf erfolgte,11) ist vielleicht hierauf zuriickzufuhren. Ausgestellt am 31. Januar 1414 in Ofen (Fejer Bd. 10,5 S. 522/23). 2) Wir finden sie im Marz 1414 in Wien (Duellius, Miscellanea S. 131). 3) Barbaras Aufenthalt in Deutschland von 1414—1416 werde ich auf S. 25-27 behandeln. 4) Ihre Reise nach Ungarn muB zwischen den 27. September 1415, wo sie in Strafiburg weilte (s. S. 26), und den 16. August 1416, wo sie in PreBburg den Burgern uber die empfangenen Jahressteuern quittierte (Fejer Bd. 10, 5 S. 695/96), fallen. 6) Er kehrte erst 1418 nach Ungarn zuruck. «) Er starb 1418. ') In Kroatien, Besitzung des Agramer Kapitels. 8) Kercselich, Hist. ecclesiae Zagrab. S. 153. 9) Fejer Bd. 10,6 S. 85. 10) Brief Barbaras an die Oedenburger 1417 (Horvath, Geschichte der Ungarn Bd. 2 S. 270). ") s. S. 41-43. Im Anfang der zwanziger Jahre weilte Barbara wieder mehrere-mal in Ungarn,1) aber ohne daB sie hier eine hervorragende Stellung bekleidete. Es hangt dies wahrscheinlich damit zusammen, daB sie sich damals eifrig an den politischen Venvicklungen Sigmunds mit Deutschland, Bohmen und Polen beteiligte und daher wenig Zeit fand, sich den ungarischen Angelegenheiten zu widmen. Erst von 1427—1435 entfaltete sie hier wieder eine erfolgreiche Tatigkeit. Wir finden sie in dieser Zeit eifrig bestrebt, das Land vor den Raubziigen der Hussiten zu schiitzen. Zwei Manifeste, das eine vom Juli 1427 an die Prefiburger,a) das andere vom Oktober 14318) an die Kaschauer gerichtet, fordern zum nachdriicklichen Wider-stand gegen die Ketzer auf. Es ist interessant, die scharfen Aus-driicke zu lesen,4) mit denen die Konigin hier von den Hussiten spricht, wenn wir bedenken, daB sie spater nachdriicklich deren Sache verfocht. Ihre Bemuhungen waren insofern von Erfolg gekront, als es dem ungarischen Feldherrn Nikolaus Rozgonyi im November 1431 gelang, den Feinden eine empfindliche Niederlage beizubringen, und sicher gebiihrt Barbara ein Anteil an diesem Siege. Daneben war sie bemiiht, fiir Frieden und Ruhe im Lande zu sorgen und die Interessen des Konigs wahrzunehmen. Sie richtete 1435 an Polka von Sennye, die widerrechtlich Landereien, welche dem Kloster des heiligen Stephan in StuhlweiBenburg gehorten, in Be-sitz genommen hatte, die scharfe Mahnung, sie den Monchen wieder zuriickzugeben.6) Dem Jahre 1431 gehort eine Urkunde an, in ') 28. September 1421 in PreBburg (Altmann, Regesten Sigmunds N. 4612) 8. Mai 1422 in PreBburg (Altmann, Regesten N. 4878a), 22. Juni 1424 in Ofen (Altmann N. 5891 a), 20. Marz 1425 in Chazmen bei Wardein (Katona Bd. 5 S. 441), 28. Marz 1425 in Totis bei PreBburg (Altmann N. 6249), 31. Juli 1425 in Ofen (Altmann N. 6360a), 11. Juni 1426 in Raab (Altmann N. 6666). Der Inhalt der angegebenen Regesten ist an anderer Stelle verwertet, 2) Fejer Bd. 10, 8 S. 608. 3) Fejer Bd. 10,7 S. 350. Mit der Hussitengefahr in diesem Jahre hangt sicherlich auch die Verpfandung von Kemlek durch Sigmund und Barbara im Jahre 1428 an den Bischof von Agram zusammen (Katona Bd. 5 S. 415/16). 4) Sie nennt sie „perfidissimi Hussitae" und „ nos tri ac totius orthodoxae fidei nostri aemuli". 5) Fejer Bd. X, 7 S. 680/81. Wichtig ist die Begrundung, die Barbara fur ihr Einschreiten vorbringt: „Quia nos huiusmodi novas indebitasque occu- pationes nemini regnicolarum nostrorum volumus tolerare". Von untergeord-neter Bedeutung ist eine Urkunde von 1431, in der sie einen Streit zwischen Sigmund von Losoncz und Ladislaus von Dormahaza, einem Vasallen ihrer der sie die Orte Dyos-Geor, Cherep und Dedjs,1) die sie zusammen mit Sigmund dem Bischof von Vesprim verpfiindet hatte, diesem ziim Eigentum iibertrug.2) Zu dieser Tatigkeit Barbaras im Dienste des ungarischen Staates tritt ihre Beschaftigung mit rein privaten Interessen. Es scheint, daB die wichtigsten ihrer Besitzungen die Etzelburg bei Gran8) und die Stadt Kremnitz in Oberungarn waren. Die Acht-erklarung, die Albrecht 1439 gegen Barbara verofEentlichte,4) nennt eine Anzahl Orte, die alle in dieser Gegend liegen und nun aus den Handen der Konigin in die Elisabeths iibergehen. Uber das Verhaltnis der Konigin zu Kremnitz wissen wir folgendes: Bei seiner Heirat setzte Sigmund seiner Gemahlin eine Summe von jahrlich 28 000 Gulden aus und iibertrug ihr zu diesem Zwecke die Einkiinfte von Kremnitz und einiger anderer Bergstadte in Ungarn.5) Im Jahre 1427 weilte hier Barbara langere Zeit. Sie befahl den Biirgern, ihren Verpflichtungen gegen den Miinzmeister Mathias Ebner nachzukommen6) und sie bei der Bestrafung mehrerer Miinzer, die bei der Herstellung von falschem Geld beteiligt ge-wesen waren, zu unterstiitzen.7) DaB sie auch in Kroatien und Ofen Besitzungen hatte, beweisen zwei Urkunden aus den Jahren 1412 und 1421. In der ersten bestatigt Sigmund eine Land-schenkung seiner Gattin an die Briiderschaft St. Pauli in Kroatien,8) in der zweiten iibertragt Barbara die Miihle in Ofen dem Kloster Tochter Elisabeth, um einen Fischteinh zugunsten des letzteren entscheidet (Fejer Bd. X, 8 S. 348-350). *) In Oberungarn. 2) Katona Bd. 5 S. 562/63. 8) Wir besitzen eine Urkunde vom 13. Marz 1425 (Altmann N. 6187a), in der Barbara den Wiener Burgermeister Hans Holzler ersucht, ihr zum Bau der Etzelburg Ziegelbrenner aus Wien zu schicken. 4) s. Beilage 4. 6) Pray Bd. 2 S. 292. Zu diesen Besitzungen kam noch das Bergwerk Bersen bei Gran, das Sigmund nach dem Tode des Brzbischofs von Gran seiner Gemahlin iibertrug. Da sich jedoch der Abbau nicht lohnte, verzichtete sie darauf und Albrecht gab es 1439 dem Brzbistum zuruck (Fejer Bd. 11 S. 239). o) s. Fejer Bd. 10, 8 S. 609. ') s. Fejer Bd. 10,6 S. 899—900. Kurz zu erwahnen ist noch, daB sie 1431 die Muhle von Kremnitz nebst den dazu gehorigen Rechten den Ofener Biirgern Johann Sibenlinder und Heinrich Munch iibertrug (Fejer Bd. 10,8 S. 347), s. auch Altmann N. 11315. 8) Katona Bd. 5 S. 122/23. der heiligen Jungfrauen.1) An den weiten Landereien der Cillier in Ungarn hatte sie ebenfalls Anteil.2) Dazu erhielt sie noch 1426 von Sigmund die Herrschaften Swetlow, Blumow und Blucina in Mahren3) und 1427 die Stadte Chrudmi, Hohenmaut, Polička, Melnik und Konigingratz4) in Bohmen zum Geschenk. Jedenfalls muB sie tiber einen ausgedehnten Besitz verftigt haben, denn nur so erklart sich die reiche finanzielle Unterstiitzung, die sie Sigmund zuteil werden liefi. tiberblicken wir im Zusammenhang Barbaras Tatigkeit in Ungarn, so sehen wir, dafi sie stark monarchische Interessen wahr-nahm.5) Welcher Mittel freilich sie sich hierbei im einzelnen be-diente, konnen wir auf Grund unserer diirftigen Uberlieferung nicht mehr feststellen. IV. 2. Mannigfaltig sind die Beziehungen Barbaras zu Deutschland. Es ist merkwtirdig, dali die deutsche Konigin sich nur zweimal langere Zeit im eigentlichen Deutschland aufhielt, obwohl Sigmund hier so viele Jahre seines Lebens zubrachte. Trotzdem stand sie in naher Verbindung mit den deutschen Fiirsten und Stadten. Wir finden sie in enger Beriihrung mit Friedrich von Hohenzollern, Albrecht von Osterreich und Friedrich von MeiBen, sie verhandelt personlich mit den Abgesandten von Ltibeck und steht im brief-lichen Verkehr mit Frankfurt und Wien. Ihr Anteil an der Regierung Sigmunds in Deutschland beruht weniger in der Ubernahme wichtiger Amter und Missionen als in der Unterstiitzung seiner Finanzpolitik gegeniiber Fiirsten und Stadten. Barbaras erster Aufenthalt in Deutschland fallt in die Jahre 1414—1415. Sie reiste im Friihling 1414 von Ungarn aus tiber Wien6) und Regensburg') nach Niirnberg, wo sie mit Sigmund, der !) Katona Bd. 5 S. 375/76. 2) Darauf deutet eine Urkunde aus dem Jahre 1417 hin, in der sie be-kennt, daB ihr Bruder Friedrich die Feste Meichau bei Vesprim, die er ihr fur 4000 Gulden verpfandet, wieder ausgelost hat (Altmann N. 2037c). ') Altmann N. 6666. 4) Altmann N. 11667. 5) Das scheint auch aus der einen Stelle bei Dlugosch hervorzugehen, wo er mit folgenden Worten von Barbaras Verhalten gegen die ungarischen Barone spricht: Eos (sc. Barones) multis in vita mariti afficiebat contumeliis et probiis (Al. Przezdziecki Bd. 13 S. 595), vgl. auch S. 57 meiner Darstellung. e) s. S. 22. 7) Gmeiner, Regensburger Chronik Bd. 2 S. 409. seit Anfang dieses Jahres in Deutschland weilte, am 13. Oktober zusammentrafx) und iiber Heilbronn2) nach Aachen zog. Nachdem sie hier am 9. November feierlich vom Erzbischof von Koln gekront worden waren,8) begaben sie sich nach Konstanz und hielten am 25. Dezember4) in Begleitung Hermanns von Cilli und Friedrichs von Brandenburg ihren Einzug in die Konzilsstadt.6) Als Sigmund Weihnachten 1415 seine grofie Reise nach Frankreich, Spanien und England antrat, lieB er seine Gemahlin in Konstanz zuruck, aber ohne ihr einen EinfluB auf die Konzilsgeschafte einzuraumen, viel-mehr ubertrug er deren Leitung dem Pfalzgrafen Ludwig, auch scheint er wenig fiir Barbaras Unterhalt gesorgt zu haben, denn wir horen, daB die Konigin im September 1415 die StraBburger ersuchte, ihr gegen gute silberne Pfander 3000—3500 rheinische Gulden zur Notdurft ihres Hofes zu leihen oder ihr einen anderen Geldgeber nachzuweisen.6) Trotzdem war sie wahrend des Konzils fiir Sigmund eifrig tatig.'J Dies tritt besonders in der Liibecker Angelegenheit zutage. Hier hatten die Ziinfte schon unter Ruprecht den alten Rat verjagt und einen neuen, der zum groBten Teil aus Handwerkern bestand, eingesetzt. Als sich nun der alte Rat an Sigmund nach Konstanz wandte, traf dieser vorlaufig noch keine Entscheidung, sondern schickte einen Abgesandten nach Liibeck, der die Sache untersuchen solite. Um diese Zeit ver-handelte Barbara im Auftrage des Gatten mit den Boten des alten r) Deutsche Stadtechroniken Bd. 3 S. 318. 2) Brief zweier Frankfurter Gesandten von Heilbronn aus an Frankfurt (Deutsche Reichstagsakten Bd. 7 S. 232 Z. 18). ") Brief Sigmunds an Johann 23., Aachen 9. November (D.RA. Bd. 7 S. 240 Z. 37). Bericht Eigils von Sassen uber die Kronung (D. RA. Bd. 7 S. 243—245); Bericht eines Ungenannten (D. RA. Bd. 7 S. 245—246); Geschenke der Stadt Aachen an Barbara (D. RA. Bd. 7 S. 250 Z. 20/21). i) Altmann, Regesten N. 1375 a; Richental, Chronik des Konstanzer Konzils Kap. 41. 5) Thomas Prischuch hat uns in seinem Reimgedicht (s. Beilage 1) eine Schilderung von Barbaras aufierem Auftreten und dem Eindruck, den sie auf die Besucher des Konzils machte, gegeben. Leider ist seine Darstellung wenig individuell und la.fit die hofische Schmeichelei offen durchblicken. Ein Bild von Barbara befindet sich in dem Chronicon mundi des Kompilators H. Schedel S. 242 (Nurnberg 1493). 6) Altmann, Regesten N. 1891 a. ') Aus dieser Zeit stammen zwei Konsensurkunden (s. S. 18 Anm. 2). Rates und gab ihnen die Versicherung, der Konig wiirde ihm volles Recht angedeihen lassen.1) Wahrenddessen lieB sich der Abgesandte Sigmunds in Liibeck durch Geld bestimmen, der Burgerschaft ein-zureden, der Konig halte es mit dem neuen Rate. Allein bald traf die Nachricht ein, dafi das Hofgericht sich gegen diesen entschieden und die Stadt in die Reichsacht erklart habe. Jedoch Sigmund, der sich 1416 in England in groBer Geldnot befand, erkannte dieses Urteil nicht an, sondern stellte sich auf die Seite des neuen Rates und erhielt dafiir von diesem eine reiche finanzielle Untersttitzung. Aber das Hofgericht setzte durch, daB der alte Rat zuriickgerufen und wieder in seine friiheren Rechte eingesetzt wurde, und der Konig muBte im Juli 1417 die Urkunden, die sich Barbara und Johann von Canus in seinem Auftrage von dem alten und neuen Rat hatten ausstellen lassen, fiir ungiiltig erklaren und sich dem Spruche des Hofgerichtes fiigen.2) Als die Liibecker Angelegenheit ihr Ende fand, weilte Barbara nicht mehr in Konstanz; lange vor der Riick-kehr Sigmunds zum Konzil, die im Januar 1417 erfolgte, war sie in Begleitung Ludwigs von Bayern-Ingolstadt nach Ungarn gereist.8) Seitdem kam sie nur noch einmal, namlich 1422 bei Gelegenheit des Niirnberger Reichstages,nach dem eigentlichen Deutschland. Kurz zu erwahnen ist noch, dafi sie auf den Reichstagen von Breslau 14205) und Prefiburg 1429e) anwesend war, ohne hierbei eine besondere Rolle zu spielen. Wichtiger als diese mehr aufierlichen Beziehungen Barbaras zu Deutschland ist ihr Verhaltnis zu den deutschen Fiirsten. Von ') Altmann, Regesten N. 1685 a; s. auch Aschbach Bd. 2 S. 148—150. 2) Altmannn, Regesten N. 2472. 3) Altmann, Regesten N. 3074, vgl. auch den Brief Wilhelms von Bayern-Munchen an seinen Bruder Herzog Ernst, Nurnberg 18. Marž 1431 (D. RA. S. 595 Z. 5). ') Bericht zweier Frankfurter Gesandter von Nurnberg aus in ihre Stadt (D. RA. Bd. 8 S. 134 Z. 21). Wahrend ihres Aufenthaltes in Nurnberg erhielt Barbara vom Rate der Stadt als Geschenk 400 Gulden (D. RA. Bd. 8 S. 232 Z. 29). Fur den Reichstag 1426 in Nurnberg war ihr Besuch angemeldet (Bericht zweier StraBburger Gesandten am 15. Mai 1426 an ihre Stadt, D. RA. Bd. 8 S. 482 Zeile 35), allein fur die Dauer desselben ist ihre Anvresenheit nieht bezeugt. 5) Dlugosch (Al. Przezdziecki Bd. 13 S. 241). ") Schreiben des Walther von Schwarzenberg an den Rat von Frankfurt, Prefiburg 13. Dezember 1429 (D. RA. Bd. 10 S. 355 Z. 19). diesen ist an erster Stelle Friedrich von Hohenzollern^ der lang-jahrige Diener Sigmunds, zu nennen. Die Urkunde von 1411, in der der Konig Friedrich zum Verweser der Mark Brandenburg bestellt, ftihrt Barbaras Namen mit an.1) In nahere Beriihrung kamen die beiden miteinander, als Sigmund 1415 23 000 Gulden von Ludwig von Bayern-Ingolstadt lieh und Friedrich und Barbara die Biirgschaft fur diese Samme iibernahmen,2) wobei sich letztere verpflichtete, falls die Summe nicht zuriickgezahlt wiirde, auf Ansuchen Ludwigs einen Monat spater g'oldne und silberne Pfander zu erlegen.3) Trotz wiederholter Aufforderung gelang es Ludwig in der Folgezeit nicht, von einem der beiden Gatten die geliehene Summe zuriickzuerhalten. Als nun auch Friedrich keine Anstalten machte, fiir das Geld einzustehen, sondern Ludwig an Barbara verwies, kam es zwischen ihm und dem Ingol-stadter im Jahre 1418 zu ernsten Verwicklungen.4) Im Gegensatz zu dieser Darstellung, wie sie uns die Urkunden Barbaras und die Briefe Friedrichs an die Hand geben, steht eine Erzahlung Windeckes.5) Dieser behauptet, d a IS Ludwig, von Sigmund abgewiesen, sich an Barbara wandte und daB Friedrich, um der Cillierin Ungelegenheiten zu ersparen, das Geld fiir sie bezahlte.6) „DerKonigin aber", so schlieBt Windecke semen Bericht, „tat er damit keinen Gefallen, wie ihm nachher iibel bekam, wie du unten horen wirst, denn er wurde eines Verhaltnisses mit ihr verdachtigt." Vergleichen wir die beiden Darstellungen miteinander, so ergibt sich, daB die Angabe der Urkunden zu Becht besteht, denn wenn Friedrich wirklich das Geld fiir Barbara bezahlt hatte, so lag fur Ludwig kein Grund mehr vor, ihn an die Riickerstattung der Summe zu mahnen. Wie Windecke zu seiner falschen Behauptung kam, ist ohne weiteres klar. Er hatte von einem Geriicht iiber Friedrich und Barbara gehort, und um es noch interessanter zu machen, brachte er es in einen willkiirlichen Zusammenhang mit der Ver- J) Altmann, Regesten N. 58. 2) Altmann, Regesten N. 1818. 3) Altmann N. 1816a. 4) s. Brandenburg, Konig Sigmund und Friedrich von Brandenburg S. 46, 63, 81. Auf S. 81 Anm. 2—4 dieses Werkes sind die betreffenden Briefe Ludwigs und Friedrichs zitiert. ") Altmann Kap. 158; Hagen Kap. 145; s. auch Beilage 2. 6) Weniger wichtig ist, daB Windecke die geliehene Summe nicht auf 23 000 wie die Urkunden, sondern auf 17000 Gulden angibt. pfandungsgeschichte, die er nur ungenau kannte. Seine Erzahlung ist uns aber trotzdem wichtig, weil sie zeigt, wie eng sich die Interessen Friedrichs und Barbaras beriihren muBten, wenn iiber-haupt ein solches Geriicht entstehen konnte. DaB die Cillierin auch an den polnischen Planen des Brandenburgers Anteil hatte, werden wir spater kennen lernen.1) In die Zeit der Hussitenkriege fallt die nahere Verbindung Barbaras mit Albrecht von Osterreich und Friedrich von Meifien. Um sich der Hilfe des machtigen Habsburgers zu versichern, verheiratete Sigmund 1422 seine Tochter Elisabeth mit Albrecht. Wichtig ist der Vertrag, den dieser am 18. September 1421 mit dem Konig schlofi.2) Hier verpflichtet er sich, wenn er einen Sohn erhalt, diesen Sigmund zur Erziehung zu iibergeben, oder wenn dieser nicht mehr lebe, der Barbara oder den Cilliern und Garaš.3) Durch die Heirat mit Elisabeth trat der Habsburger in ein verwandtschaftliches Verhaltnis zu der Cillierin, und dieses blieb auch bei Lebzeiten Sigmunds vollig ungetriibt/) bis dann die Yerschworung Barbaras im November 1437 eine vollstandige Anderung herbei-fiihrte. Auch mit Friedrich von Meifien stand Barbara in freundschaft-lichen Beziehungen. Es muBte fur Sigmund auBerordentlich wichtig sein, diesen Fiirsten, der Grenznachbar der Hussiten war, fiir sich zu gewinnen. Er iibertrug daher, als die Askanier 1422 in Sachsen-Wittenberg ausstarben, ohne direkte Nachkommen zu hinterlassen, am 6. Januar 1423 dem Wettiner das erledigte Kurfiirstentum und belehnte ihn hiermit am 1. August 1425. Aus dieser Zeit ist uns die Urkunde Barbaras erhalten, aus der hervorgeht, daB Friedrich am Tage vor der Belehnung der Konigin durch seinen Kammerer ») s. S. 32. 2) Altmann, Regesten N. 4612. 3) Sigmund scheint es uberhaupt gern gesehen zu haben, daB Sohne vor-nehmer Adliger am Hofe Barbaras erzogen wurden; wir besitzen eine Urkunde des Luxemburgers (Regesten N. 7706), ausgestellt am 19. Juni 1430 zu Kittsee bei PreBburg, in der Sigmund eine jahrliche Rente von 2000 Gulden dem Herzog Bolko von Teschen aussetzt, fur den Fall, daB er seinen Sohn an den Hof Barbaras bringe. Vergleiche auch Johann von Wallenroth S. 43. 4) Albrecht hielt sich oft mit seiner Gattin am Bofe Barbaras in Ungarn auf; vgl. dazu die Urkunde vom Juni 1427, in der die Konigin die Prefiburger auffordert, sich auf die Ankunft Albrechts und Blisabeths und des koniglichen Hofes vorzubereiten (Fejer Bd. 10, 8 S. 608). 8000 Gulden von 12 000, die er ihr schuldig war, zuriickzahlen liefi.1) Hiernach war Barbara an seiner Erhebung zum Kurfursten sicher mit beteiligt, wenn es sich im einzelnen auch nicht mehr feststellen lafit, in welcherWeise sie hierbei ihren EinfluB geltend gemacht hat. Vielseitige Interessen verbanden Sigmunds Gattin mit den Cilliern. Sie verwandte sich bei ihrem Gemahl fiir ihren Bruder •Friedrich II., der 1428 seine Gattin ermordet und das Edelfraulein Veronika von Teschnitz geheiratet hatte. Er war von Sigmund seinem erzurnten Vater ausgeliefert worden, der Veronika ertranken lieB und seinen Sohn in schlimmer Haft hielt. Hauptsachlich Barbaras Bemiihungen gelang es jetzt, dafi der Konig fiir Friedrich II. eintrat und dieser freigelassen wurde.2) Hermann II., der in den Handeln Sigmunds mit den Venetianern und Wenzel eine wichtige diplo-matische Eolle gespielt, 1408 Westslavonien und 1420 Ortenburg envorben hatte, starb 1435. Seine Besitzungen in Steiermark, Karaten, Krain, Ober- und Niederosterreich und Slavonien kamen an Friedrich H. und seinen Sohn Ulrich II., die trotz des Ein-spruchs der Habsburger am 30. Mai 1436 vom Konig zu Reichs-fiirsten ernannt wurden.3) Zweifellos ist dieses Ereignis auf Barbaras EinfluB am Konigshofe zuriickzufiihren, und das Eintreten Ulrichs I. fiir seine Tante 1437 und 1438 zeigt, wie tief er sich ihr verpflichtet fiihlte.4) Mit den deutschen Rittern und Stadten stand die Cillierin in regem Verkehr. Am 15. Juli 1422 verpflichtete sie sich zu Ebels-berg bei Wien zusammen mit Sigmund, dem Berthold von Mangen, Hubmeister in Osterreich, der ihnen durch seine Burgschaft von Niirnberger Kaufleuten 4000 Gulden verschafft hatte, unter Ver-pfandung einiger Kleinodien diese Summe bis zum 25. November zuriickzuzahlen.6) Sie beglaubigte am 28. Marz 1425 zu Totis bei Altmann N. 6360a; vgl. auch 6360b. 2) Cillier Chronik Kap. 10—13 (Krones Bd. 2 S. 77—81); Windecke (Altmann Kap. 214; Hagen 201). tiber die Beziehungen Priedrichs zu seiner Schwester vgl. auch Altmann, Urkunden Sigmunds N. 2037 c und Chmel, Materialien zur osterr. Gesch. Bd. 1 S. 16 N. 60. 3) Krones Bd. 2 S. 81-83, 163. 4) s. S. 46 Anm. 2, S. 48 Anm. 2. DaB ihn hierbei ausschlieBlich egoistische Motive leiteten, ist wenig glaublich. 5) Altmann, Regesten N. 4888. Prefiburg den Kammerer ihres Gatten, Konrad von Weinsberg, beim Rate von Frankfurt und ersuchte diesen, ihm die schuldige Jahres-steuer zu bezahlen.1) Zu dieser Stadt trat Barbara 1429 insofern noch in eine nahere Verbindung, als ihr Sigmund 1429 die Jahres-steuer von Frankfurt2) auf Lebenszeit verschrieb. Es scheint, daB der Konig durch diese Finanzgeschafte in starke Abhangigkeit von seiner Gemahlin geriet. Dafiir spricht, daB er ihr 1426 die Herr-schaften Swetlow, Blumow und Blucica iibertrug3) und sie 1430 bevollmachtigte, das ihr verpfandete Silbergeschirr zu verkaufen, wenn er eine Summe, die er ihr schuldete, nicht zuruckzahlte.4) DaB er Barbara auch wichtigen Anteil an der Steuer, die er ge-legentlich seiner Kaiserkronung der Judenschaft des Reiches auf-erlegte, gonnte, werden wir bei der Besprechung der italienischen Verhaltnisse sehen.6) IV. 3. Einen interessanten Einblick in die politische Tatigkeit Barbaras gevvahren uns die Verwicklungen Sigmunds mit Polen.6) Im Jahre 1401 hatte Wladislaus II. nach dem Hinscheiden Hedwigs Anna von Cilli, die Base Barbaras, geheiratet und lebte mit ihr in gliicklicher Ehe, bis sie ihm 1416 durch den Tod entrissen wurde. Trotz dieser Verbindung blieb das Verhaltnis zwischen Sigmund und Jagiello gespannt, erst als dieser am 10. Marz 1412 in Be-gleitung seines Vetters Witold von Littauen zu Lublo7) mit dem deutschen Konig zusammentraf, trat ein Umschwung ein, indem sich Sigmund verpflichtete, die Sache des deutschen Ordens auf-zugeben. Hierauf wurde in Gegenwart der beiden Koniginnen zu Wardein feierlich das Osterfest begangen. Wladislaus II. blieb dem Konigspaare auch in den folgenden Jahren freundlich gesinnt, so wissen wir, daB er bei dem Zerwiirfnis zwischen Sigmund und Barbara 1419 sich eifrig fiir die Aussohnung der beiden Gatten verwandte.8) Als jedoch Sigmund 1420 auf dem Reichstage zu Altmann, Regesten N. 6258. 2) Altmann, Regesten N. 7326, 7327, 7338. 8) Altmann, Regesten N. 6666. 4) Altmann, Regesten N. 7594. 5) s. S. 36. 6) Uber diese ganzen Verhaltnisse vgl. Caro, Geseh. Polens (Gotha 1869) Bd. 3/4 und das schon auf S. 7 zitierte Werk von Brandenburg. ') Dlugosoh (Al. Przezdzieeki Bd. 13 S. 130). 8) s. S. 41. Breslau, wo auch Barbara zugegen war, einen Schiedsspruch zu-ungunsten Polens und im Interesse des Ordens fallte, kam es zur Bntfremdung zwischen ihm und Wladislaus II. Jagiello verweigerte im folgenden Jahre dem Konig die Hilfe gegen die Hussiten und ge-stattete, dafi Witold 1422 seinen Vetter Sigmund Korybut nach Bohmen sandte, der hier von den Aufstandigen als Konig aus-gerufen wurde. Dazu gesellten sich neue Schwierigkeiten. Friedrich von Brandenburg, der Weihnachten 1420 Sigmund und Barbara seinen Plan, die einzige Tochter Jagiellos, Hedwig, mit seinem Sohne Friedrich zu verloben und so den Hohenzollern die Nach-folge in Polen zu sichern, vorgelegt hatte, stand trotz der flehent-lichen Bitten des Konigs1) von seinem Unternehmen nicht ab und selil olj 1421 ein Biindnis mit Polen. Da lenkte der Luxemburger ein. Er begab sich mit Hermann von Cilli 1423 nach Kasmark, wo es ihm gelang, die Aussohnung mit Wladislaus II. herbei-zuftihren. Jagiello verpflichtete sich, Korybut aus Bohmen ab-zuberufen, wahrend Sigmund dem Orden seine Unterstiitzung entzog. Im folgenden Jahre wohnten Sigmund, Barbara und der Konig Erich von Danemark der Kronung von Jagiellos vierter Gemahlin Sophie in Krakau bei.2) Hier verband sich der Luxem-burger mit dem Danen gegen Friedrich, der in seiner Opposition gegen Sigmund verharrte und sich dem Binger Kurverein anschloB. Die Wirkung dieses Schrittes zeigte sich bald. Als namlich Wladislaus II. 1424 ein Sohn geboren wurde und so die Hoffnung Friedrichs auf eine Nachfolge der Hohenzollern in Polen sich als vergeblich erwies, lenkte er ein und versohnte sich 1426 zu Ofen feierlich mit dem Konig. Wahrend es so Sigmund gltickte, den Brandenburger wieder auf seine Seite zu ziehen, wurde das gute Einvernehmen mit Polen gestort. Sigmund konnte den Ver-dacht nicht loswerden, dafi Jagiello Absichten auf Bohmen habe, und sein Mifltrauen stieg, als er 1426 horte, dafi dieser hinter seinem Rticken mit dem Papste Martin V. tiber die Pazifizierung des Landes verhandelt habe. Auch in seinem Kampfe gegen die Ttirken sah er sich von Wladislaus II. nur lassig untersttitzt. Der Kriegszug, den er 1429 gegen die Osmanen unternahm, und Uber diese ganzen Verhaltnisse unterrichtet uns der Brief Sigmunds an Friedrich von Czaslau aus am 28. Februar 1421 (Riedel, Codex diplom. Brandenburg Abt. 2 Bd. 3 S. 393); s. auch Brandenburg S. 108—118. 2) Dlugosch (Przezdziecki Bd. 13 S. 319). der mit dem Verluste Serbiens und der Walachei endete, ging hauptsachlich durch die Schuld des Fiirsten Alexander von der Moldau, des Vasallen Jagiellos, verloren. Als nun Wladislaus D. sich weigerte, Alexander zur Verantwortung zu ziehen, kam es zum Bruche zwischen beiden Konigen. Um Polen dauernd lahm zu legen, entwarf Sigmund folgenden Plan: Er unterbreitete Jagiellos Vetter Witold den Vorschlag, sich zum Konig von Litauen kronen zu lassen und die Fesseln Polens abzustreifen. Der Antrag kam zu giinstiger Zeit, denn der 80jahrige Greis, der nach seinem Tode den Zerfall seines machtigen Reiches in eine Reihe von selbstandigen Furstentiimern, die dem polnischen Nachbarn leicht erliegen wiirden, voraussah, sah in ihm ein Mittel, seinem Volke zur Einheit zu verhelfen und so dessen Unabhangigkeit zu wahren. Um seinen Absichten noch mehr Nachdruck zu verleihen, schloB er ein Biindnis mit dem Orden.1) Im Februar 1429 verhandelten Sigmund, Barbara und Witold in Luck mit Wladislaus II. und suchten ihn zu iiberzeugen, daB das Unternehmen sich nicht gegen Polen richtete. Es ist uns iiberliefert, daB Sigmund, um Jagiellos Widerspruch zu beseitigen, Barbara in das Schlafgemach des Konigs fiihrte und daB es den beiden hier gemeinsam mit Witold gllickte, seine Einwilligung zu erhalten.3) Allein der Kanzler des Reiches Zbygniew Olesnicki und der polnische Reichstag weigerten sich, ihre Zustimmung zu geben. Witold, der sich in diesen Jahren immer fester an Sigmund anschloB und auch zu Barbara in nahere Beziehungen trat,3) war gewillt, die Waffen entscheiden zu lassen, Mit dieser Annaherung Witolds und des Ordens an den deutschen Konig hangt wahrscheinlich die Aufnahme Sigmunds und Barbaras in die Bruderschaft der Deutschritter 1429 zusammen (Brief Sigmunds vom 17. April 1429 an den Hochmeister [Altmann, Regesten N. 7215]). 2) Dlugoseh (Al. Przezdziecki Bd. 13 S. 370): Sigismundus rex conthorali sua Regina Barbara. quo facilior sit sua persuasio, assumpta cubile Wladislai regis, in quo ipse adhue lecto quiescens iacebat, ingreditur et omnibus secretariis exclusis alloquitur. Barbaras Teilnahme an den Verhandlungen tritt hier deut-licher als in dem Briefe Witolds an seinen Vetter vom 17. Februar 1429, der uns ebenfalls uber diese Vorgange unterrichtet (Mon. Hist. Pol. Bd. 6 S. 816), hervor. 3) Wir besitzen einen Brief Barbaras, den sie am 26. August 1429 von PreBburg aus an Witold richtete, in dem sie ihm einen wertvollen Ring uber-sendet und ihn ihrer vollen Gunst versichert, trotzdem er ihr einen nicht naher bezeichneten Wunseh abgeschlagen hat (Altmann N. 7391 a, Mon. Hist. Pol. Bd. 6 S. 859). Chilian. 3 als er plotzlich im Oktober 1430 durch einen Sturz vom Pferde starb. Die Littauer gaben mit seinem Tode den Widerstand gegen Polen nicht auf, sondern wahlten Jagiellos Bruder Swidrigal zu ihrem Fiirsten; der Gegensatz zwischen beiden Reichen wurde bald so grofi, daB Wladislaus II. Unterhandlungen mit den Hussiten ankniipfte, um an ihnen einen Riickhalt gegen Sigmund und Swidrigal zu haben. Trotz dieser Vorgange scheint das freundschaftliche Verhaltnis zwischen Barbara und dem Jagiellonenhofe nicht gestort worden zu sein. Die Angabe Dlugoschs, daB Sigmund 1429 sich Barbaras bediente, um den Konig fiir sich zu gewinnen, lafit die Annahme zu, daB diese auch in den fruheren Zusammenkunften zu Grofi-wardein und Krakau mit Jagiello ihren Gatten zu einer freund-lichen Haltung gegeniiber Polen zu bestimmen suchte und sich daher der Gunst Wladislaus II. erfreute. Nur so ist es zu erklaren, daB der Hof zu Krakau 1438 und 1439 sich energisch bei Albrecht fiir die Cillierin verwandte und sogar das Geriicht entstehen konnte, die Polen hatten um Barbaras willen den Krieg mit dem Habs-burger begonnen.1) IV. 4. Einen erheblich geringeren Anteil nahm Barbara an der italienischen Politik Sigmunds. Der Waffenstillstand, den der KOnig 1413 mit Venedig geschlossen hatte, lief 1418 ab, und beide Parteien eroffneten die Feindseligkeiten von neuem. Die Venetianer drangen siegreich in Dalmatien vor und schlossen, um ihre Er-oberungen sicherzustellen, 1422 einen Bund mit Philipp Maria von Mailand gegen Sigmund. Allein die groBen Erfolge Viscontis 1425 in der Romagna erregten die Eifersucht seiner Verbiindeten und bewogen sie, sich den Florentinern anzuschlieBen und zu-sammen mit diesen den Herzog zu bekriegen. Dieser nun naherte sich wiederum dem Luxemburger und sicherte sich 1426 zu Wisherad dessen Unterstiitzung. Allein als ein Zug der Ungarn unter dem Patriarchen von Aquileja und Friedrich von Cilli nach Friaul in demselben Jahre erfolglos blieb, brachte Philipp Ende 1426 einen Frieden mit seinen Gegnern zustande, erneuerte dann aber 1427 mit Sigmund das Biindnis gegen Venedig und schickte Item aber in demselben Jahre (1438) da ward der Konig von Polen feint von der Kaiserin wegen mit dem von Osterreich, wan die Buberey, die Hussen mainten zu einem Konig zu haben den von Poln (Nurnberger Chronik, Stadtechroniken Bd. 1 S. 401). seinen Gesandten Corrado del Caretto nach Ungarn, der hier am 1. Juni 1428 bei Sigmund, Barbara, Hermann von Cilli und dem Bisehof von Vesprim beglaubigt wurde.1) Zu gleicher Zeit ver-handelte der Venetianer Marco Dandalo im Auftrage des Senates mit dem Konig tiber den Abschlufi eines Waffenstillstandes und bot ihm im Geheimen 5000 Dukaten an.2) Am 26. Januar 1428 beschloB der Senat, dem Dandalo noch weitere 5000 Dukaten zur Verfiigung zu stellen, um gegebenenfalls Barbara und angesehene Barone zu gewinnen.8) Es ist nicht bekannt, ob das Angebot an die Konigin wirklich erfolgte, so viel steht fest, daB es Dandalo im September 1428 gelang, einen Waffenstillstand bis zum April des folgenden Jahres vom Konige zu erwirken. Sigmund konnte so seine Truppen zur Bekampfung der Tiirken verwenden und erhielt zu diesem Zwecke 80 000 Dukaten von der Republik aus-gezahlt. Im Mai 1429 begannen Sigmund und Philipp den Krieg von neuem. Um die Venetianer vernichtend zu treffen, ersuchte Vis-conti den Konig Ende 1429 durch den Markgrafen von Iseo, den er am 28. November bei ihm und seiner Gemahlin beglaubigte,4) selbst nach Italien zu kommen, aber Sigmund leistete dieser Auf-forderung nicht Folge, sondern verweilte im Friihling 1430 zu-sammen mit Barbara in Wien5) und begab sich von da auf den Reichstag zu Nurnberg. Hierauf liefi der Herzog durch den Gesandten Sigmunds, Folchi, der in dessen Auftrage mit dem Papste iiber die Kaiserkronung verhandelt hatte und Anfang 1430 uber Mailand nach Ungarn reiste, seine Bitte wiederholen und gab ihm Beglaubigungsschreiben an den Konig, Barbara, Witold, Wladis-laus II. und die deutschen Kurfiirsten mit,6) aber erst im folgenden Jahre entschloB sich Sigmund zu seinem Zuge nach Italien. Er ernannte 1431 Ulrich von Cilli zum Fuhrer der ungarisehen Truppen, die in Friaul standen, und erschien im Herbste dieses Jahres in Mailand, wo er am 25. November mit der lombardisehen *) s. D. RA. Bd. 10 S. 19 Z. 37 a. -J Instruktion des Senates fur Dandalo vom 8. August 1427 (D. RA. Bd. 10 S. 110-112). 3) s. D. RA. Bd. 10 S. 112 Z. 47 a. 4) Altmann N. 7707 a (s. D. RA. Bd. 10 S. 21 Z. 40a). 5) Brief des Herzogs an Folchi vom 9. April 1430 (D. RA. Bd. 10 S. 32 Z. 30b—36b. Krone geschmiickt wurde. Von da wandte er sich 1432 nach Siena. Allein da die Mittel dieser Stadt bald erschopft waren und die Florentiner ihn hart bedrangten, so schickte er im Herbst dieses Jahres Wladislaus von Tamasi und Matko von Thallocky nach Mailand und bat den Herzog um Unterstiitzung, gleichzeitig befahl er den Gesandten, nach Ungarn weiterzureisen und fur die Absendung eines Hilfheeres nach Friaul zu sorgen. Als die beiden nach Mailand kamen, verweigerte Philipp die Hilfe und begniigte sich damit, ihnen GriiBe an Barbara und die ungarischen Barone aufzutragen.1) Am Ende des Jahres sammelte sich ein Heer von 10 000 Mann in Friaul, und Barbara stand im BegrifE, aus ihren Mitteln noch 30 000 auszuriisten,2) allein zu entscheidenden Schlagen kam es nicht, da Sigmund im Juni 1434 einen Waffenstillstand mit der Republik schloB und sich sogar im nachsten Jahre mit ihr gegen den ungetreuen Visconti verbiindete. Die Vernachlassigung des venetianischen Krieges hangt ohne Zweifel mit den Romzugsplanen Sigmunds zusammen. Erst nach langen Verhandlungen erklarte sich der Papst bereit, ihn zum Kaiser zu kronen, die feierliche Zeremonie fand .am 31. Mai 1433 statt. Barbara war hierbei nicht anwesend, sie weilte damals in Ungarn.3) Sie nahm nur insofern teil an dem ganzen Ereignis, als ihr Sigmund im Marz 1436 zu Ofen die Einnahme aus der Judensteuer, die er gelegentlich seiner Kaiserkronung der Juden-schaft des Reiches auferlegt hatte, von Alemannien, Arelat und Italien iibertrug.*) Sie beauftragte den Ofener Biirger Michael Nadler ») Brief des Herzogs an Ladislaus vom 23. November 1432 (D. RA. Bd. 10 S. 610 Z. 19b—20b). 2) Brief des Podesta von Siena in Quiriko an Siena vom 5. Februar 1433 (D. RA. Bd. 10 S. 610 Z. 34b-41b). 3) Nur Trithemius von Hirsau weifi etwas von Barbaras Aufenthalt jin Rom (Bd. 2 S. 386), wahrend die gleichzeitigen Berichte von der Kaiserkronung (D. RA. Bd. 10 S. 835—844) und Windecke nichts (Hagen Kap. 290; Altmann Kap. 310) derartiges erwahnen. Aus der Noti z, daB Sigmund im Mai 1432 in Parma auf Barbara wartete (Brief des Baseler Rats an Frankfurt vom 6. Mai 1432, D. RA. Bd. 10 S. 505 Z. 25), lafit sich nicht folgern, daB sie 1432 in Italien weilte, denn die Verhandlungen Philipps mit Ladislaus von Tamasi im Herbst 1432 (s. Seite 36) und der Bericht des Podesta von Siena (s. S. 36 Anm. 2) setzen die Anwesenheit Barbaras in Ungarn voraus. 4) Urkunde, ausgestellt Ofen 28. Marz 1436 (D. RA. Bd. 10 S. 323-325); s. auch Altmann, Regesten N. 11295, 11297—11302, 11305. und die Juden Josef Rabbi und Theobald Gottlieben mit der Ein-ziehung der Gelder1) und versucbte gleichzeitig den Herzog von Savoyen, ihren Abgesandten in seinem Gebiet behilflich zu sein,3) sie scheint aber wenig Erfolg mit ibren Bemiihungen gehabt zu haben, denn wir boren, daB nocb im April 1437 Barbara sich von Prag aus an den Papst Eugen IV. und Philipp Maria Visconti um Unterstlitzung wandte.3) Inzwischen hatte Philipp Maria wieder mit Sigmund ange-kniipft. Er schickte im Friihling 1437 seinen Gesandten Christoferus Velate an den Hof zu Prag und liefi um die Gunst des Kaisers werben. Der Mailander trat in geheime Unterhandlungen mit Barbara und Ulrich von Cilli und suchte sie fiir den Herzog zu gewinnen.4) Beide scheinen bei Sigmund nichts erreicht zu haben, denn schon im Juli lud dieser Philipp Maria Visconti vor seinen Richterstuhl nach Prag, wahrend die Venetianer ins mailandische Gebiet einfielen. Inmitten dieser Verwicklungen starb Sigmund, und erst 1441 gelang es den streitenden Parteien, eine Einigung zu erzielen. IV. 5. Von folgenschwerer Bedeutung fiir Barbaras ganzes Leben wurden ihre Beziehungen zu den Bohmen. Wahrend der Hussiten-kriege finden wir sie als erbitterte Feindin der Tschechen. Sie weilte 1420 zusammen mit Sigmund im Feldlager vor Prag5) und traf 1427 und 1431 in Ungarn energische MaBregeln zur Bekampfung der Ketzer.6) Ihre Stellung zu der ganzen Frage erfuhr 1434 eine Anderung, als durch die Schlacht von Lipan die Macht der Tabo-riten gebrochen wurde und die Verhandlungen der Hussiten mit dem Baseler Konzil einen giinstigen Fortgang nahmen. Bei der entscheidenden Besprechung, die Sigmund im Juni 1436 zu Iglau mit den Bohmen hatte und die zur Annahme der Kompaktaten fiihrte, weilte Barbara in seiner Umgebung,7) und sicherlich stand ») Edikt Ofen 28. Marz 1436 (Altmann, Regesten N. 11305a; D. RA. Bd. 11 S. 325). 2) Altmann, Regesten N. 11776 a. 3) s. D. RA. Bd. 10 S. 325 Z. 39 b—41 b. 4) Brief des Christoferus von Prag aus vom 3. Marz 1437 an den Herzog (D. RA. Bd. 12 S. 165 Z. 28-30). 6) Altmann, Regesten N. 4137 a, 4477 a. «) s. Seite 23. 1 Dlugosch (Al. Przezdziecki Bd. 13 S. 576). sie diesem Ereignis nicht fern, denn wir wissen, daB sie im Oktober dieses Jahres einen Brief an Ulrich von Rosenberg, den Fiihrer der Katholiken in Boh m en, richtete, in dem sie ihren Zweifel aus-sprach, ob das Baseler Konzil einer von ihm getroffenen Verein-barung Folge leisten Tviirde.1) Immer mehr machte sich in den folgenden Monaten ihr EinfluB auf die bohmischen Angelegenheiten geltend. Nachdem sie am 23. August 1436 mit ihrem Gatten in Prag eingezogen war, wurde sie hier am 11. Februar 1437 feier-lich zur Konigin von Bohmen gekront2) und erhielt von Sigmund eine Beihe bohmischer Stadte und Schlosser zum Geschenk.3) Gleichzeitig schrieb der Kaiser fiir seinen und seiner Gemahlin Unterhalt eine allgemeine Steuer im Lande aus,4) die jedoch den beiden nur geringe finanzielle Einnahmen brachte. Als Sigmund am 14. Juli 1437 von Prag nach Eger reiste, wo er mit den deutschen Fiirsten iiber die Hussitenfrage verhandeln wollte, iiber-trug er Barbara die Regierung in Bohmen.8) So sehen wir, wie im Laufe des Jahres Barbaras Anteil an den Regierungsgeschaften in Bohmen bestandig wachst und sie schliefilich das wichtige Amt einer Statthalterin in dem erst kiirzlich beruhigten Lande erhalt, was um so auffallender ist, als Ende 1437 der Bruch mit Sigmund und Albrecht erfolgte. Wir werden spater sehen, auf welche Ur-sachen dieses Ereignis zuriickzufiihren ist, hier sei nur das mit vollem Nachdruck hervorgehoben, daB bis Mitte 1437 nicht das Geringste von einem politischen Gegensatz zwischen dem Kaiser und seiner Gattin zu bemerken ist, und daB ihre Opposition im November des Jahres sich weniger gegen Sigmund als gegen Albrecht richtete, weil mit der tibernahme der Regierung von seiten des Habsburgers eine Beschrankung ihres politischen Ein-flusses verbunden sein muBte. 1) Geschrieben zu Prag am 23. Oktober 1436 (Altmann, RegestenN. 11497 a). 2) Bartossius von Drahonicz (Dobner, Mon. Hist. Boh. Bd. 2 S. 196); s. auch Altmann N. 11666 a). 3) Altmann N. 11667. Anhangsweise ist noch zu ervvahnen, daB Sigmund am 4. April 1437 zu Prag seiner Gemahlin die Burg Potenstein um 1400 Schock Groschen verpfandete (Altmann N. 11747), wofur diese zusammen mit dem Gatten der Herzogin von Oels, die Kaspar Schlick heiratete, 7500 ungarische Gulden verschrieb (Altmann N. 11752). l) s. D. RA. Bd. 12 S. 164 Z. 23, 26. 5) Tschechische Annalen (Palacky S. 120); s. D. RA. Bd. 12 S. 132 Z. 37. S. 136 Z. 3. Wir haben bis jetzt Barbaras politische Tatigkeit, die sie im Dienste des Gatten entfaltete, betrachtet, ohne hierbei ihr per-sonliches Verhaltnis zu Sigmund ins Auge zu fassen. Der Eifer, mit dem sich die Cillierin den Angelegenheiten des Konigs widmete, deutet darauf hin, daB Hand in Hand mit der gemein-samen Arbeit der beiden auf politischem Gebiet ein reger per-sonlicher Verkehr ging. Sehen wir, ob die Nachrichten der Zeit-genossen diese Annahme bestatigen. V. Die Angaben, die die Geschichtsschreiber iiber den person-lichen Verkehr der beiden machen, gestatten uns nicht, das Verhaltnis in seinen einzelnen Entwicklungsstadien zu verfolgen. Das eine nur konnen wir mit Sicherheit behaupten, daB das Jahr 1419, in dem Sigmund seine Gattin in die Verbannung schickte, einen bedeutungsvollen Abschnitt in dem Leben beider bildet. Wir miissen hiernach zwei Perioden unterscheiden, die eine, die von 1408—1419, die andere, die von da bis 1437 reicht. Uber die erste geben uns Johann Monsteroelius, Windecke und Dlugosch AufschluB, in die zweite lassen sich am besten die Nachrichten von Silvio, Pugger, Bonfinius und Widemann einreihen. V. 1. In die Zeit des Konstanzer Konzils gehort der Brief, den Johann Monsteroelius Anfang 1417 an Kari VI. richtete. Hier beklagt er sich iiber das abweisende Verhalten Sigmunds zu Konstanz gegeniiber den Forderungen der Pranzosen und iiber das Biindnis, das er mit England zur Vernichtung Frankreichs ab-geschlossen habe. Johann fahrt dann fort: „Nullus mortalium in-dulgentior est maritus qui suae sinit mulieri peragere nun modo, quae vult omnia, sed hortatur, ita ut choreas publicas sequatur alloquaturque omnem hominem et tangat, tanta humanitate praedi-catur, ut non regina, sed humilis professionis mulier a non noscente putaretur. Scis autem, soci mi, ut celera linquam, nec annus cum dimidio a tua delevit memoria nos ambos frequenter eum vidisse in curribus et equis phaleratis cumque tubis ac mimis ad contignas nostrae habitationi stufas venisse quasque stufas si quis quaerat, eas nempe is ritus est patrius, a quibus mulieres mercennariae ac lenones et cuiusque indiflerenter status gentes immediatae exierant, si non volebant remanere, cellulis tantum modo disparatis tela sola, veluti tibi et mihi, dum nos certos reddi studuimus, a domina Martenne u. Durand Vetera Monumente Bd. 2 S. 340. stufarum fuit ostensum. Non audivi tamen praeominatam reginam non castam reputari aut improbam. Sed pro lubricitate viri atque stultitia haec sunt dieta; et ut vice utar prophetica, is homo ad lares proprios non redibit sine confusione et ignominia tanta, qualis a saeculorum saeculis de principe neutrobique visa fuit". Untersuchen wir die AuBerungen Johanns auf ihren historisehen Wert, so miissen wir in erster Linie beriicksiclitigen, dali dieser ein politiseher Feind Sigmunds war und sich daher nicht scheute, gehassige Verleumdungen tiber den Konig zu verbreiten. DaB Sigmund seine Gattin ausdrucklich zur Unzucht aufforderte, ist wenig glaublich, wohl aber, daB er in ihrer Gegenwart zwei-deutige lufierungen fallen lieB, denn das stimmt mit dem sonstigen Gebaren und Auftreten des Konigs iiberein. Die wichtigste Stelle in dem ganzen Briefe ist: Non audivi tamen praeominatam regi-nam non castam reputari aut improbam. Sie zeigt, daB Johann nichts Ehrenriihriges iiber Barbara erfahren hat. Wir konnen somit aus dem ganzen Briefe nur das sehliefien, dafi in dieser Zeit allerhand Geriichte iiber Barbara und Sigmund im Umlaufe waren, daB man gegen jene direkt keinen Vorwurf erhob, wahrend man vom Kčinige ungleich sehlimmer dachte. Nehmen wir hierzu die Anekdote, die uns Windecke iiber das Verhaltnis Barbaras zu Friedrich von Brandenburg mitteilt,1) so konnen wir uns den Entwicklungsgang in dem ehelichen Leben der beiden Gatten ungefahr so vorstellen: Barbara trat jung und unerfahren in das Getriebe des Hofes ein; sie heiratete in jugend-lichem Alter einen Fiirsten, der sich in den besten Mannesjahren befand und iiber den schon in dieser Zeit die abenteuerlichsten Geriichte im Umlaufe waren. Sicher ist, daB beide, der ritter-liche Gatte und die jugendsehone Gemahlin, sich anfangs zu-einander hingezogen fiihlten, dafi aber bald die Ernuchterung folgte, weil Sigmund nicht aufhorte, seinen galanten Abenteuern nach-zugehen und Barbara sich durch sein anstoBiges Betragen verletzt fiihlte. Trotzdem scheint der eheliche Friede bis zur Zeit des Konstanzer Konzils nicht gestort worden zu sein; ja wenn es im Jahre 1419 zu einem ernsten Zwist zwischen beiden kam, so ist doch auch dieses Ereignis nicht auf einen personlichen Gegensatz ') s. S. 28. zwischen beiden, sondern auf Griinde politischer Art zuriickzu-fiihreii. V. 2. Von dem Zerwiirfnis erzahlen uns Dlugosch und Windecke, aber in sehr verschiedener Weise, so daB eine sorgsame Priifung der beiden Berichte dringend notwendig ist. Dlugosch schreibt fiir das Jahr 1419: „Da der Konig Wladis-laus von Polen wuBte, daB Konig Sigmund auf seine Gattin heftig erziirnt sei, so schickte er den Janussius von Toliskowo, den Be-fehlshaber von Kalisch, nach Ungarn, durch dessen Bemiihung die Versohnung auf beiden Seiten wiederhergestellt wurde".1) An dem Bericht des Polen fallt uns auf, daB der Versohnungs-versuch ausschlieBlich von \Vladislaus ausging und allein durch seine Vermittlung der eheliche Friede wiederhergestellt wurde. Auch den Grund des Zerwiirfnisses teilt uns Dlugosch nicht mit.2) Wesentlich anders lautet Windeckes Darstellung. Ich hebe aus seiner langen und ausfiihrlichen Erzahlung8) die Hauptpunkte heraus: Als Konig Sigmund Anfang 1419 von Deutschland nach Ungarn zuriickkehrte, wurde Barbara vor ihm verleumdet. Er verbannte sie mit ihrer Tochter in die Nahe von Wardein, wo sie die auBerste Not erdulden muBten. Das wahrte fast dreiviertel Jahr. Als Sigmund im September mit dem Polen zusammen-getroffen war, liefi er Weib und Kind nach Ofen bringen. Es dauerte noch ein halbes Jahr, bis Barbara und Sigmund einander wiedersahen. Als der Konig am Ende des Jahres eine Reise nach Breslau angetreten hatte und sich am Weihnachtsabend in Galitz befand, tat Barbara vor ihm einen PuBfall und bat ihn um Ver-zeihung, „wenn", so bemerkt Windecke ausdriicklich, „sie irgend etwas gegen ihn getan hatte". Den Bitten des Bischofs Georg von Passau und der Grafen von Hohenlohe und von Oettingen war es hauptsachlich zu danken, daB Sigmund seine Gattin wieder in Gnaden annahm. Die Angaben Windeckes, daB von der Verbannung Barbaras bis zur Zusammenkunft mit dem Polen „fast dreiviertel Jahr" und von da an bis zur Versohnung „ein halbes Jahr" verstrichen sei, !) Dlugosch, Al. Przezdziecki Bd. 13 S. 234. 2) Da wir wissen, daB Sigmund zu Sandetz am 8. September eine Zusammenkunft mit dem Polen hatte, so werden wir nach Dlugosch die Versohnung ebenfalls in den September zu setzen haben. 3) Windecke (Hagen Kap. 142; Altmann Kap. 155); s. auch Beilage 3. stimmt ungefahr, wenn wir an Windeckes Zeitangaben keinen allzu strengen MaBstab legen.1) Ob er freilich in der Darstellung des Zerwiirfnisses streng der historischen Wahrheit gefolgt ist oder nicht vielmehr romanhafte Ziige beigemischt hat, laBt sich schwer entscheiden, da wir eine Parallelerzahlung hber Barbaras Verbannung nicht besitzen. Wenn wir die Berichte des Dlugosch und Windecke mitein-ander vergleichen, so ergeben sich gewisse Widerspriiche; dort wird die Versohnung auf Wladislaus und Janussius, hier auf den Bischof Georg von Passau und die Grafen von Hohenlohe und Ottingen zuriickgefiihrt, dort erfolgte die Versohnung im September, hier im Dezember. Meiner Meinung nach miissen wir Windecke aus folgenden Grtinden vorziehen: Dlugosch steht den Ereignissen zu fern; er schrieb sein Werk erst um 1455, wahrend Windecke 1419 am Hofe Sigmunds in Ungarn weilte2) und das Zerwiirfnis der Gatten mit eigenen Augen ansehen konnte. Dlugoschs Bericht ist ganz unbestimmt gehalten und geht auf keine nahere Schilde-rung ein. Im Gegensatz zu ihm ist Windeckes Darstellung viel individueller, er fiihrt uns das Zerwiirfnis in seinen einzelnen Phasen vor. Trotzdem ist Dlugosch nicht vollig zu verwerfen, und das ist sicherlich an seiner Erzahlung richtig, daB sich Wladislaus fiir die Aussijhnung der beiden Gatten verwandte, nur ist die ent-scheidende Wendung nicht dem Polenkonig, sondern der Umgebung Sigmunds zuzuschreiben. Die Griinde, die Sigmund veranlafiten, Barbara zu verbannen, sind unklar. Windecke sagt nur, dafi die Konigin „verleumdet" worden sei, teilt uns aber nicht mit, ob man begriindete Vorwiirfe gegen sie erhob. Die Moglichkeit besteht, daB die Cillierin, iiber die Untreue des Gatten erziirnt, sich ebenfalls Ausschweifungen hingab, aber bestimmte Nachrichten haben wir hieriiber nicht;8) *) Von Januar bis 8. September sind es 8 Monate, von da an bis Weih- nachten 4. 2) s. Altmann, Einleitung zu Windecke S. 22. 8) FeBler fuhrt in seiner Geschichte von Ungarn (2. Aufl., herausgegeben von Klein, Leipzig 1869, Bd. 2 S. 344) die Verbannung Barbaras falschlich auf das Verhaltnis, das sie mit Johann von Wallenroth unterhielt, zuruck, ohne haher zu begrunden, warum dieser Liebeshandel gerade in das Jahr 1419 zu setzen ist, denn die Stelle aus der Hofer Chronik, die er zitiert (s. S. 43 Anm. 4 meiner Darstellung), bietet keinen Anhaltspunkt fur zeitliche Datierung. viel wahrscheinlicher ist es, daB die schlechte Regierung Barbaras in Ungarn von 1417—1419 den Bruch herbeigefiihrt hat.1) Die Versohnung, die Weihnachten 1419 zustande kam, scheint von dauernder Wirkung gewesen zu sein, wenigstens setzt von diesem Zeitpunkt an eine ausgedehnte Tatigkeit Barbaras im Dienste des Gatten ein, wie sie die fruheren Jahre nicht aufweisen. Im Gegensatz hierzu stehen die Nachrichten von Aenea, Fugger und "VVidemann, die von einer starken inneren Entfremdung der beiden sprechen. Untersuchen wir, welchen Wert ihre Angaben besitzen. Fugger hat uns in seinem Werke eine Anekdote iiberliefert, wonacb Sigmund seine Gattin als sittlich verworfen bezeichnete.2) Aenea wirft ihr in zweien seiner Werke Untreue und Ehebruch vor.8) Am ausfiihrlichsten ist Widemann, der uns sogar einen Liebhaber Barbaras, den Johann von Wallenroth, mit Namen nennt.4) !) s. S. 22. 2) Ehrenspiegel des Hauses Osterreich Bd. 1 S. 461. s) De viris illustribus (S. 46): Barbara imperatrix comitis Ciliae filia fuit uxorque secunda Sigismundi Caesaris. Haec autem Barbara egregii mulier fuit corporis, procera candiuda, sed maculis*quibusdam facie fuit laesa. Itaque duo pulcherrimi coninges convenerunt. Sed eum Sigismundus in plures mulieres arderet, ipse quoque coepit alios amare; infidus namque maritus facit infldam uxorem. Historia Friderici (Kollar Analeota Bd. 2 S. 181): Barbaram saepe in adulterio Sigismundus comprehendit, sed adulter ignovit adulterae. Nam sibi nihil levius quam violare matrimonia fuit. 4) Hofer Chronik (Mencken Bd. 3 S. 713): Tunc temporis (1440) Johannes de Wallenroth eques, qui in aula Sigismundi Caesaris adolevit et cuius amore aitera imperatoris uxor Barbara Heimanni comitis Ciliensis filia flagravit capitaneus ad nos per quattuar annos, deinde praefectus (Ambtmann) per biennium fuit. Adolescens sceleratissimam vitam egit, quam ipse literis consig-navit et „Sundiich Leben" inscripsit. Postea tamen vitia inventusis emandavit virtutibus. Haltaussius, der Widemanns Chronik ins Lateinische ubersetzt hat, gibt zu dieser Stelle noch folgende Anmerkung: Narrat autor (Widemann) hunc Johannem Wallenrothim propter Barbarae huius feminae libidinosissimae amores a sodalibus et amicis „BulI-Hans" dictum fuisse. Uber Wallenroth s. auch Droysen, Geschichte der preufiischen Politik (Berlin 1868—1872) Bd. 2 S. 6. Auch Bonfinius berichtet (Dec. III Liber III) von einem Verhaltnis Barbaras: Nec latuere imperatorem uxoris artes et consilia, cuius ingenium et pudicitiam quandoque suspectam habuerat, quod harc ab Brnesto Austriae principe adamatam esse intellexerat. Da jedoch Bonfinius gerade in den Berichten uber die Cillier (s. Kap. 1 S. 10) eine Menge Ungenauigkeiten und direkte Fehler enthalt, da er ferner erst 40 Jahre nach den Ereignissen schrieb und von anderen Autoren sklavisch abhangig ist, so halte ich es nicht fur ange-bracht, seine Erzahlung auf ihre Glaubwurdigkeit hin zu untersuchen. Auf ali diese Nachrichten ist wenig zu geben. Einmal kann Aenea, der sich seiu ganzes Leben lang als der erbittertste Feind der Cillier zeigte, keinen Anspruch auf Glaubwiirdigkeit erheben, andererseits miissen wir bedenken, daB Fugger und Widemann erst mehrere Menschenalter nach den Ereignissen schrieben und aus einer Tradition schopften, in der Falsches vom Wahren nicht mehr zu trennen war. So konnen wir also diesen Geschichtsschreibern nichts Posi-tiveres iiber das personliche Verhaltnis der beiden entnehmen, sondern haben auf Grund der Urkunden und der einzelnen Tat-sachen, die uns von Barbara bekannt sind, unser Urteil zu fallen. Wir sahen, wie allmahlich Barbaras EinfluB auf die politischen MaBnahmen ihres Gatten im Laufe der Jahre zunahm, bis diese Entwicklung endlich Mitte 1437 ihren Hohepunkt erreichte. Der Umstand, daB der Kaiser im Juli dieses Jahres seiner Gemahlin die Regierung in Bohmen iibertrug, das erst nach langen Kampfer niedergeworfen worden war und in dem jeden Angenblick neue Emporungen ausbrechen konnten, beweist deutlich, welches Ver-trauen er in Barbara setzte. Dadurch werden alle Geriichte, die von einer inneren Entfremdung der beiden sprechen, aufs deut-lichste widerlegt. 3. Kapitel. Sigmunds Tod und Albrechts Erhebung. Das Ende des Jahres 1437, in dem Sigmund langsam dahin-siechte, bildet fiir Barbara einen wichtigen Wendepunkt. War sie doch nunmehr vor die Entscheidung gestellt, nach dem Tode Sigmunds entweder auf ihren EinfluG auf die Regierung zu verzichten oder feindlich gegen dessen Nachfolger Albrecht aufzutreten und selbstandig Politik zu treiben. An ein Wirken im Dienste des energischen Habsburgers war fiir die eigenwillige Frau nicht zn denken. Die Wahl mufite ihr um so schwerer werden, als es ihr 1436 und 1437 gelungen war, die beiden machtigen Tschechen, Holicky von Sternberg und Ptacek von Pirkstein,1) die einen starken Riickhalt an den bohmischen Standen besaBen, fiir sich zu ge-winnen und auch ihren Neffen Ulrich II. auf ihre Seite zu ziehen. Wir werden spater sehen, wofiir sich Barbara entschied, zunachst gilt es, uns die Ereignisse von Ende 1437—1439 vorzufiihren und fest-zustellen, welchen Anteil die Cillierin an ihnen nahm. I. Kaiser Sigmund kehrte am 28. August 1437 nach Prag zuriick und ubernahm wieder die Regierung in Bohmen. Sein Hauptaugen-merk war jetzt darauf gerichtet, das Land zu beruhigen und sich die Zuneigung der Tschechen zu erwerben. Allein damit hatte er wenig Erfolg. Die Utraquisten verhielten sich mifitrauisch und zuriickhaltend, wahrend die Taboriten ihre Feindschaft offen zur Schau trugen. Seine Lage wurde von Tag zu Tag unhaltbarer, da er auch noch in eine Krankheit verfiel, die das Schlimmste be-fiirchten lieB. Er verliefi daher Prag am 11. November und reiste nach Znaim in Mahren, wo ihn schon Albrecht und Elisabeth er-warteten. Hier traf er am 21. November ein und starb am 9. De- J) Beide stehen als Zeugeii unter der Schenkungsurkunde, die Sigmund seiner Gattin bei ihrer Kronung ausstellte (Altmann N. 11667); s. Palacky, Arch. czeskv II Nr. 2. zember. In diesen Tagen erfolgte die Gefangennahme Barbaras1) und ihre Uberfiihrung nach Prefiburg.2) Sie nahm so an der Be-stattung Sigmunds nicht teil und verblieb bis Anfang 1438 in der Haft Albrechts. Dieser beeilte sich, die Erbschaft des Luxem-burgers anzutreten und seinem Geschlechte die Nachfolge in Bohmen und Ungarn zu sichern. Er wurde am 1. Januar 1438 zu Stuhl-weifienburg zum ungarischen Konig gekront, seine Wahl zum deutschen Konig erfolgte am 18. Marz. Schon vorher war er in Unterhandlungen mit den Bohmen getreten, die im Dezember 1437 zu Prag getagt hatten und ihm die Bedingungen fiir eine Wahl ihrerseits gestellt hatten, unter denen sich auch die Freilassung Barbaras8) befand. Noch weiter gingen Ptacek und sein Anhang, die mit einem AnschluB der Tschechen an Polen drohten, wenn Barbara nicht sofort in Freiheit gesetzt wiirde.4) Albrecht, der die Gunst der Bohmen nicht verscherzen wollte, lenkte ein. Er begab sich zu Barbara nach Komorn, geleitete sie von da nach Ofen und brachte hier einen Frieden mit ihr zustande.5) Sie versprach, ') s. die Zusammenstellung der Berichte S. 49—52. 2) DaB auch Ulrichs Gefangennahme geplant wurde und er sich nur durch die Flucht rettete, wie Aenea (Hist. Boh. Kap. 54) berichtet, ist unwahrschein-lich. Sicher stand Ulrich mit Barbara im Einverstandnis, das zeigt sein Versuch, im April 1439 in Verbindung mit Polen zu treten (s. S. 48 Anm. 2), aber er scheint seine Mitwisserschaft Albrecht sorgfaltig verborgen zu haben, denn nur so ist es zu erklaren, daB ihn dieser im Februar 1439 zum Statthalter von Bohmen ernannte. 3) »Albrecht soli die Konigin Barbara, unsere gnadigste Herrin, aus der Haft entlassen ohne alle und jede Bedruckung und Schatzung" (Palacky Bd. 3,3 S. 300). 4) Brief des Holicky an Mainhard von Rosenberg, Burglitz 1. Februar 1438 (Palackv, Bohmische Geschichte Bd.3, 3 S. 303): „Sende, wenn es dir gut scheint, an den Herzog von Osterreich, er moge, will er mit unserem Lande ins Reine kommen, nicht zogern. Auch dunkt es mich, lieber Herr, du solltest an den Herzog von Osterreich schreiben, er moge mit unsrer Konigin Barbara gemafi der in Prag getroffenen Abrede verfahren und sie nicht bedrucken. Denn bedruckt er sie, sei es mit Vertragen, sei es mit Gewalt, so verbinden sich viele mit denen, die mit dem Konig von Polen gegen ihn sein wollen, was sonst nicht geschehen wurde". 5) Wir wissen, daB die Versohnung Ende Mai (s. den Brief Barbaras an Ptacek S. 47 Anm. 1) stattfand; die tjberfuhrung der Cillierin von PreBburg nach Komorn erfolgte nach dem 6. Februar 1438 (s. Fejer Bd. 11 S. 60/61). Uber die Versohnung vgl. den Bericht der Gesandten Albrechts an Polen in Breslau vom Januar 1439 (Mon. Hist. Pol. Bd. 12 S. 380) und die Erklarung Albrechts Albrecht als Konig von Bohmen anzuerkennen1) und ihm ihre ungarischen Schlosser auszuliefern.2) Dafiir liefi der Habsburger der Cillierin mehrere Grenzschlosser in Ungarn und sicherte ihr eine Rente von jahrlich 12 000 Gulden zu.3) Allein die Versohnung war nur scheinbar. Denn kaum hatte Barbara im Mai 1438 die Frei-heit wiedererlangt, so floh sie nach Polen, wo sie, entbloOt von allen Mitteln4) eine ehrenvolle Aufnahme in Krakau5) fand und von Wladislaus III. die Einkiinfte von Sendomir geschenkt erhielt.6) Unterdessen war auch Ptacek in Bohmen nicht miifiig gewesen. Er erklarte sich im Mai 1438 gegen Albrecht und bot erst dem 13jahrigen Wladislaus von Polen, dann dessen lOjahrigen Bruder am 8. Juni 1438 an die bohmischen Stande (Lichnowsky, Geschichte des Hauses Habsburg V, 8. Beilage, Wien 1835): „Wenn ihr fragen solltet nach der alten Konigin unsrer Herriu und Mutter, so wisset, daB Ihre Majestat schon ganz ledig und frei ist, und hierbei haben wir uns die groBte Muhe gegeben". x) Brief Barbaras an Ptacek vom 25. Mai 1438, geschrieben in Altsohl (unweit Gran), ubersetzt bei Wostry (Albrecht II. Bd. 1 S. 142 Anm. 1). 2) Mon. Hist. Pol. Bd. 12 S. 380. s) Aenea, Hist. Boh. Kap. 54; Bonfinus S. 419; Cuspinian S. 498; Dubra-vius S. 175; Fugger S. 464. 4) Schreiben des Walter von Schwarzenberg und Henne Strahlenberg an den Rat von Frankfurt, Nurnberg 19. Oktober 1438 (Janssen, Frankf. Reichs-korrespondenz Bd. 1 S. 463): „Die alde konginne ist in Krakau, und alle ihre gelt barschaft in Ungarn bleben wole uff 200 000 gulden wert und aucb fast kIeynod". Aenea (De viris illustribus S. 46): Barbara post mortem Sigis-mundi ad Polonos cum ingenti auro argentoque proficisci volnit, sed inter-cepta spoliataque est". Nehmen wir zu diesen zwei Nachrichten noch einen Brief Holickys an Rosenberg, der am 13. Februar 1438 wieder von Burglitz datiert ist (Palacky Bd.3,3 S. 304), wo dieser ebenfalls von einer Schatzung, die Albrecht von Barbara verlangte, spricht, so scheint es, als ob der Habsburger groBe Summen von der Konigin erpreBt habe. 5) Barbaras Ankunft in Polen muB zwischen Anfang Juni (s. S. 46 Anm. 5) und Anfang Oktober fallen. Sie wird wohl spatestens Ende Juli in Krakau angelangt sein, denn der Binfall der Polen in Bohmen, der wahrscheinlich auf Barbaras Tatigkeit am Jagiellonenhofe zuruckzufuhren ist (s. S. 48 Anm. 1), er-folgte Anfang August 1438. 6) Dlugosch berichtet in seinen Historiae Polonia (Przezdniecki Bd. 13 S. 595), daB Barbara von Wladislaus die Einkiinfte von Sendomir geschenkt erhielt. Diese Angabe wird durch einen spater zu zitierenden Brief des Konigs (s. S. 57 Anm. 3) bestatigt. Damit fallt Caros Widerspruch gegen diese Angabe bei Dlugosch (Poln. Gesch. Bd. 4 S. 167 Anm. 1), der die Dotierung Barbaras mit dem Hinweis, es sei keine Urkunde hieruber vorhanden, in Ab-rede stellt. Kasimir die Krone von Bohmen an. So war ein Krieg mit dem Habsburger unvermeidlich. Albrecht riickte mit einem Heere in Bohmen ein und liefi sich am 29. Juni in Prag zum Konig des Landes kronen, wahrend sich Ptaceks Anhanger mit den Polen vereinigten, die im August die bohmische Grenze iiberschritten und besonders in den Stadten, die zum Eigentum Barbaras ge-horten, bereitwillig aufgenommen wurden.1) In den Kampfen bei Tabor, die vom 11. August bis 15. September dauerten, mafien beide Parteien ihre Krafte, ohne dafi es zu einer Entscheidung kam. Da Albrecht wenig ausrichten konnte, schlofi er im Januar 1439 einen Waf£enstillstand mit Polen und zog aus Bohmen ab. Als Statt-halter liefi er hier Ulrich von Cilli zuriick. Kaum hatte er das Land verlassen, so trat Ulrich mit den einheimischen Grofion in Verbindung und suchte die Krone Kasimir zuzuwenden,2) weshalb ihn der Konig im April 1439 seines Postens enthob. Um den Widerstand der Tschechen zu brechen, beschlofi jetzt Albrecht, Barbara unschadlich zu machen, an der die Aufstandigen einen starken Euckhalt gefunden hatten. Nachdem ein Versohnungs-versuch, den er durch Vermittlung des polnischen Hofes nnter-nommen hatte, mifigluckt war,8) liefi er sie am 11. Juni zu Ofen als Vaterlandsverraterin in die Acht erklaren und verlieh ihre Be-sitzungen in Ungarn seiner Gattin Elisabeth.4) Allein er solite diesen Schritt nicht lange iiberleben, denn schon am 27. Oktober 1439 ilel er im Feldlager bei Semendria der Ruhr zum Opfer. Es fehlte nicht an Stimmen, die seinen Tod auf eine Vergiftung durch Barbara zuriickfiihrten.5) !) Bericht der Gesandten Albrechts an Polen in Breslau Januar 1439 (Mon. Hist. Pol. Bd. 12 S. 380). 2) Ulrich stand, wie Palacky (Bd. 3, 3 S. 327 Anm. 295) richtig bemerkt, mit Polen im Einverstandnis. DaB er selbst Konig von Bohmen werden wollte, wie Aenea (Hist. Boh. Kap. 55), Bonfinius (S. 423), Balbinus (S. 499) und Theobald (Bd. 2 S. 60) erzahlen, kann ich nicht glauben, dazu besafl er viel zu wenig Anhang im Lande. Nur wenn er die Sache Barbaras und ihrer Partei in Bohmen verfocht, konnte er hoffen, Albrecht erfolgreichen Widerstand zu leisten, ein eigennutziges Unternehmen ware fur ihn von vornherein aussichtslos ge-wesen. 3) Windecke (Altmann Kap. 370); vgl. auch den Priedensentwurf fur Albrecht und Wladislaus Anfang 1439 (Mon. Hist. Pol. Bd. 12 S. 385). s. Beilage 4. 5) Windecke (Altmann Kap. 372): „Die Murmelung des Todes ging auf die II. Soweit die auBeren Ereignisse. Es gilt nun festzustellen, wfelchen Anteil Barbara an ihnen nahm, ob sie sich ihnen gegen-iiber nur passiv verhielt oder ob sie in diesen Jahren bestimmte Zwecke und Absichten verfolgte. Bevor wir uns jedoch dieser Untersuchung zuwenden, miissen wir noch Stellung nehmen zu der Frage, wann und durch wen die Gefangennahme erfolgte, denn gerade hieriiber haben wir die mannigfaltigsten und verschiedensten Erzahlungen der Geschichtsschreiber. Wir besitzen uber die Verhaftung der Cillierin eine groBe Anzahl von Berichten, von denen 3 in Briefen, die anderen bei Geschichtsschreibern erhalten sind. Betrachten wir zunachst die 3 Briefe, die dem Ereignis zeitlich am nachsten stehen, und ver-gegenwartigen wir uns dann im Zusammenhang mit ihnen die iibrige Uberlieferung. In dem Briefe, den Hans Kiirczl am 16. Dezember von Kaaden aus an den Biirgermeister und den Eat von Eger richtete,1) erzahlt er, daB ein Bote von Prag ihm die Nachricht von der Gefangennahme Barbaras durch Albrecht gebracht habe. Etwas Ahnliches teilt uns Kaspar Schlick in einem Briefe, den er am 23. Dezember von Prag aus an den Herzog Friedrich von Sachsen schrieb,3) mit, nur spricht er nicht von einer Verhaftung, sondern von einer "Cberfiihrung Barbaras nach dem Tode Sigmunds von Znaim nach PreBburg und entschuldigt Albrechts Vorgehen damit, daB die Ungarn befiirchtet hatten, Barbara wiirde ihre an der polnischen Grenze liegenden Schlosser den Polen ausliefern. Die Briefe Kiirczls und Schlicks sind die friihesten Berichte, die wir von dem Ereignis haben und konnen gleichsam als dessen Niederschlag be-trachtet werden. Im Gegensatz zu ihnen steht die Erklarung, die die Gesandten Albrechts im Januar 1439 zu Breslau gegeniiber alte Kaiserin: Est mala mulier et tota putena". Erhard von Appenweiler (Bernoulli Bd. 4 S. 251): Anno domini 1439 obiit Albertus rex Romanorum et Ungariae. Et dicebatur ipsum esse mortuum ex parte matris suae uxoris suae licet imperatricis venenum. Sepultus est in Brespurg (Albrecht wurde in Wirk-lichkeit in StuhlweiBenburg begraben). Beide Geschichtsschreiber sprechen nur von einem Gerucht, die Anfuhrung von Gevvahrsmannern fehlt. Erhards Nachricht ist verdachtig, denn es findet sich in ihr die falsche Angabe von der Bestattung Albrechts. So bleibt eigentlich nur Windecke ubrig, und wie mifilich es mit dessen Glaubwurdigkeit bestellt ist, ist ja allgemein bekannt. ») Wostry, Albrecht n. Bd. 2 S. 144/45. 2) Wostry Bd. 2 S. 149—151. ChUian. 4 Polen abgaben, daB Barbara vor dem Tode Sigmunds verhaftet worden sei und Albrecbt hieran nicht beteiligt gewesen ware.1)* Die zahreichen Nachrichten der Geschichtsschreiber lassen sich in zwei Gruppen einteilen, namlich in solche, die von Aenea abhangig sind, und solche, bei denen dies nicht der F ali ist. Aenea erzahlt uns in seiner Bohmischen Geschichte, daB Barbara bei der Ankunft Sigmunds in Znaim, also vor dem Tode ihres Gemahls, verhaftet wurde,2) und hierin folgen ihm seine Abschreiber Dlugosch,8) Bonfinius,4) Cuspinian,6) Mutius,6) Balbinus.7) Aber Aenea kennt noch eine andere Tradition. In seinem Buche „De viris illustribus" findet sich namlich folgende Notiz8): Barbara wollte nach dem Tode Sigmunds zu den Polen mit einer groBen Menge Goldes und Silbers fliehen, aber sie wurde unterwegs ge-fangen genommen und ihrer Schatze beraubt". Hier stellt Silvio ausdriicklich fest, daB die Konigin erst nach dem Tode des Gatten ergriffen wurde, und setzt sich so in Widerspruch zu seiner „Bohmischen Geschichte". Nach alledem konnen Aenea und seine Abschreiber, was den Zeitpunkt der Gefangennahme Barbaras an-betrifft, iiberhaupt nicht in Betracht kommen. Unabhangig von Aenea haben uns Andreas von Regensburg9) und die Tschechischen Annalen10) iiberliefert, daB die Cillierin vor i) Mon. Hist. Pol. Bd. 12 S. 380: „Von der konigyrmen do ist etwanne vormals geantwort worden, das dieselbe frawe Konigynne, die weyle unser here def keyszer noch lebete, were offgehalden unde keyn Presburg gefurt worden, doran unser here, der itczunt konig ist, keyne Schuld hatte, wenne der kevszer seliger wusste, was sie yn erer meyenunge hatte". •) Kap. 53, Werke S. 124. 3) Werke Bd. 13 S. 584. 4) S. 415. 5) Caesares S. 496. 6) S. 496. ') Pistorius Bd. 2 S. 282. 9) S. 46. 9) Chronicon Bawariae S. 141: „Sigismundus anno quarto post imperialem coronationem sentiens sibi mortem vicinam, imperatricem ne aliquid mali machinaretur, custodiri iussit. 10) S. 105: „Kaiser Sigmund zog von Prag fort, um in Bohmen nicht zu sterben, aus AnlaB der Konigin und einiger Bohmen, die den Kaiser dazu brachten, nach Ungarn zu ziehen. Barbara wurde vor dem Tode Sigmunds in Znaim ergriffen, nach Prefiburg gefuhrt und dort in Gefangenschaft ge-halten". dem Tode Sigmunds verhaftet wurde, wahrend die Helker Annalen das Ereignis nach dem Tode des Kaisers setzen.1) Alle drei Nach-richten sind gut beglaubigt und bieten keinen AnlaB zum Verdacht. Nehmen wir diese drei Angaben zusammen mit den drei Briefen, so konnen wir zwei Gruppen unterscheiden. In die erste, die sich fiir die Gefangennahme Barbaras vor dem Tode Sigmunds ausspricht, gehoren der Bericht der Gesandten Albrechts, Andreas von Eegensburg und die Tschechischen Annalen,2) in die zweite, die die Verhaftung nach dem Ende des Kaisers setzt, die Briefe des Hans Kiirczl und Kaspar Schlick und die Melker Annalen.3) Keine der beiden Gruppen gibt der anderen etwas an Glaub-wtirdigkeit und Treue der Uberlieferung nach. Da gilt es denn zu fragen, ob wir Nachrichten anderer Art von einer Verstimmung zwischen Sigmund und Barbara besitzen. In dieser Hinsicht ist folgendes zu anzufiihren: „ Sigmund lieB einen Wagenzug, den seine Gemahlin nach Ungarn schickte, in die Verwahrung der PreBburger Biirger bringen, denen der strenge Befehl erteilt ward, den Dienern der Kaiserin keinerlei Zutritt zu den Wagen zu gestatten.4) AuBer-dem riet der Kaiser seinem Schwiegersohn Albrecht, Holicky wegen seiner Anhanglichkeit an Barbara zu toten.5) *) Mon. Germ. Script. Bd. 9 S. 518: „Hoc anno (1437) moritur Sigmundus Aguntur exequiae per dominum Georgium episcopum Vicensem, Catalanum natione, concilii Basiliensis ad eundem oratorem. Capitur post ipsius obitum eius conthoralis, quae fuit de stirpe comitum Cileie per illustrem Albertum V, ducem Austriae generum suum". 2) Pur diese Annahme treten auch die Kompilatoren Cochlaus (Hist Hu=sit. S. 312), Dubravius (Epitomes S. 193), Theobald (Hussitenkrieg Bd. 2 S. 11), Pugger (Bd. 1 S. 460) und die erst 1576 verfafiten Annales Augsburgenses (Mencken Bd. 1 S. 1590) ein. 3) Dieser Gruppe schlieBen sich Windecke (Altmann Kap. 368; Hagen Kap. 348), der 1437 nicht mehr in der Umgebung Sigmunds, sondern fern von ihm in Mainz weilte, das Chronicon veteris Collegiati (Hofler Bd. 1 S. 97), welches nach Petzolds Porschungen (Sigmund und die Hussitenkriege S. 8, Munchen 1872) Pehler und Ungenauigkeiten zeigt, und Krantz (Wandaliae libri Bd. 12 Kap. 7), der sonst kein selbstandiges Urteil verrat, uberall dem Aenea folgt und nur in diesem einen Punkte von ihm abweicht, an. 4) Brief Sigmunds an die PreBburger, Znaim 26. November 1437 (Szilagyi Sandor: A magvar nemzet tootenete 3. Beilage Bd. 3 S. 566 f.). Ich folge in der Inhaltsangabe des Briefes Wostry (Bd. 1 S. 34), da ich den Brief selbst nicht habe einsehen konnen. 6) Arch. czesky Bd. 2 S. 7 N. 5. Beide Nachrichten deuten auf eine feindselige Stimmung Sigmunds gegen seine Gattin im Herbst des Jahres 1437, die zweifellos darauf zuriickzufiihren ist, daB dem Kaiser auf seinem Krankenlager Geriichte von einer Verschworung Barbaras und der bohmischen GroBen gegen seinen Nachfolger Albrecht zugegangen waren. Diese Entdeckung veranlaBte ihn, Prag zu verlassen und Barbara in Znaim gefangen zu setzen, denn nur so konnte ver-hindert werden, dafi die Cillierin in der Umgebung des Luxem-burgers weiter intrigierte. So sehen wir, daB sich die Angabe von einer MiBstimmung Sigmunds und die Nachrichten von der Gefangennahme Barbaras vor dem Tode des Gatten auf das beste miteinander vereinigen lassen, wahrend die Annahme, daB Sigmund trotz seiner feindseligen Gesinnung gegen seine Gemahlin die Ausfiihrung der Tat erst Albrecht anheimstellte, auf groBe Schwierigkeiten stoBt. Darnach miissen wir uns fur die erste Gruppe entscheiden. Wir brauchen aber deshalb nicht an eine formliche Verhaftung Barbaras in Znaim zu denken, sondern die Sache wird wohl so verlaufen sein, daB Sigmund bei seinem Weggange aus Prag Barbara zwang, ihm zu folgen, und ihre Freiheit in Znaim beschrankte. Das gespannte Verhaltnis der beiden blieb so den meisten verborgen und wurde erst nach dem Tode Sigmunds offentlich bekannt, als man die Konigin gewaltsam hinderte, an der Bestattung Sigmunds teil-zunehmen, und sie nach PreBburg brachte. So erklart sich auch ganz gut die Nachricht der zweiten Gruppe, daB die Verhaftung erst nach dem Hinscheiden des Kaisers erfolgt sei.1) III. Fragen wir nach den Grunden, auf welche die Verhaftung Barbaras zuriickzufiihren ist, so miissen wir eine AuBerung des Aenea,2) wonach die Cillierin 1437 damit umging, nach dem Tode 1) Wostry, der fur diese Frage nur einen Teil der Quellen herangezogen hat, hat sie unentsehieden gelassen. Er hat auf S. 34 Anm. 3 seines Werkes die Ansichten der neueren Gesehichtsschreiber uber diesen Punkt zusammen-gestellt. 2) Aenea erzahlt uns (Hist. Boh. Kap. 53), daB Barbara, wahrend Sigmund in Prag krank darniederlag, Ptacek, Holicky und Georg Podiebrad heimlich zu sich berief und mit ihnen diesen Plan verabredete. Ahnliehe Berichte geben auch die anderen Geschichtsschreiber, nur fiigen Theobald (Bd. 2 S. 12) und Balbinus (S. 495) zu den drei Adligen noch Czenko von Welis und Benes von Makrows hinzu, wahrend Mutius (Pistorius Bd. 2 S. 282) und Cuspinian (S. 496) nur unbestimmt von »einigen Adligen" sprechen. Von Verhandlungen Sigmunds die Herrschaft in Bohmen und Ungarn an sich zu reifien und ihre Hand Wladislaus HL anzubieten, auf ihre Richtigkeit prufen. Ich untersuche zunachst die Absichten Barbaras auf Bohmen und Ungarn und behandle den Heiratsplan erst dann, wenn ich auf die Stellung Barbaras zu Wladislaus III. und dem polnischen Hofe zu sprechen komme. Barbaras Verhalten im Jahre 1437 laBt den von Aenea an-gedeuteten Plan als hochst glaubwiirdig erscheinen. Waren ihre Absichten auf Bohmen und Ungarn nur miifiiges Gerede ge-wesen, so versteht man nicht, weshalb Albrecht die Konigin bis Anfang 1438 in Haft hielt und weshalb Barbara nach ihrer Befreiung in aller Hast nach Polen floh, trotzdem sich der Habs-burger offentlich mit ihr versohnt und ihr eine Rente von 12 000 Gulden ausgesetzt hatte. Die politischen Verhaltnisse lagen Ende 1437 fur ein Unter-nehmen Barbaras sehr giinstig. Ihr Plan, ein selbstandiges Konig-reich in Bohmen und Ungarn zu begriinden, traf mit den Emanzi-pationsbestrebungen der Tschechen und Magyaren zusammen. Die Mehrzahl der Bohmen gab sich mit den Zugestandnissen, die man 1435 erreicht, nicht zufrieden und stand einer Erhebung Albrechts, der ihnen von den Hussitenkriegen her noch im guten Angedenken war, zum Konig ihres Landes feindlich gegeniiber. Von den fiinf Parteien, die es damals im Lande gab, traten fur den Habsburger nur die Katholiken und die gemafligten Calixtiner ein,1) wahrend sich die strengen Utraquisten,2) die Taboriten und die Partei Ptaceks ablehnend verhielten. Die letztere, zu der auch Holicky und Podiebrad gehorten, solite, wie sich spater zeigte, ausschlag-gebend fur die Geschichte des Landes werden. Ihr Ziel war, die politische Unabhangigkeit Bohmens aufrechtzuerhalten, wobei sie nicht so groBes Gewicht auf die religiosen Vorrechte legte. Ihr Fuhrer Ptacek trat erst 1437 vom Katholizismus zum Utraquismus iiber und gebrauchte diesen bloli als Deckmantel fur seine politi- Barbaras vor dem Tode Sigmunds und ihrem Heiratsplan wissen Windecke (Hagen Kap. 348, Altmann Kap. 368, Andreas S. 141) und die Augsburger Annalen nichts, aber auch sie ergehen sich in Andeutungen uber schlimme Absichten der Konigin. ') Anhanger Pribrams. 2) Anhanger Rokycanas. sehen1) Plane. Er stand mit Barbara nnd gleichzeitig auch mit Polen in enger Verbindung und suehte beide fiir seine ehrgeizigen Plane zu benutzen. Auch unter den Ungarn besafi Barbara zahlreiche Anhanger. Seitdem die Cillier 1436 von Sigmund zu Reichsfiirsten erhoben waren, lebten sie in grimmigem Zwist mit den Habsburgern.2) Um diese Zeit vertrat der kluge und energisehe Ulrich II. die Machttendenzen des G-eschlechtes. Er ergriff mit Preuden die Ge-legenheit, im Dienste Barbaras Geld und Gut zu gewinnen und sich so die Mittel fiir seine ehrgeizigen Plane zu verschaffen. Aber auch bei den Magyaren war Albrecht griindlich verhafit, weil er ihnen gegeniiber sein Deutschtum stets kraftig hervorkehrte3) und die Befiirchtung aufkommen lieB, daB er ihren Freiheitsgeliisten keine Rechnung tragen wiirde. So muBte Barbara, die wenig auf ihre deutsche Abkunft gab, manehem der Ungarn als Herrscherin weit willkommener sein, auch hatte man von ihr nicht ein so straffes Regiment wie von dem Habsburger zu erwarten. Beriicksichtigen wir aufierdem, dafi Barbara neben ihrer An-hangersehaft in Bohmen und Ungarn auch noch eine Reihe von Stadten und Schlossern in beiden Landern besaB, die reichliche Geldmittel gewahren konnten, so leuchtete ein, daB die Cillierin iiber eine gewaltige Macht verfiige. Erfolgte beim Tode Sigmunds eine planmaBig organisierte Erhebung gegen dessen Nachfolger, 1) Charakteristik Aeneas (De viris illustribus S. 46): Primus erat Tazco vir prudens et magnanimus, sed malae conscientiae qui etsi non participare in erroribus Hussitarum diceret, ut tamen magnus esset, tueri potius haereticos voluit quam cum catholicis sentire. Quippe infidelium princeps esse malebat quam inter fideles mediocris. Sciebat autem se primum inter haereticos esse, inter Chiistianos plures esse, qui se superarent. Postea peste absumptus est, haereticorum damno non parvo. Auch auf den jungen erst 17jahrigen Georg Podiebrad ubte Ptacek grofien EinfluB aus, wie wir denn auch in Georgs spaterem Wirken beobachten konnen, dafi er mehr nach politiseher Macht als nach religiosen Vorrechten strebte. 2) Daran vermoehte auch die Ernennung Ulrichs II. zum Statthalter von Bohmen durch Albrecht Ende 1438, der dadurch vielleicht eine Versohnung anbahnen wollte, wenig zu andern, denn wie stark der Gegensatz zwischen beiden noch war, zeigt eben der Versuch Ulrichs II. Anfang 1439, mit Polen in Verbindung zu treten und Albrecht in den Rucken zu fallen. 3) 1438 brach in Ofen ein Aufstand gegen das deutsche Regiment aus, der von Albrecht nur mit Muhe beschwichtigt werden konnte. so konnte dieser in die groBte Gefahr geraten, zumal da sich dainals auch die Polen und Tiirken in bedrohlicher Weise regten.1) IV. Pragen wir uns, welche Motive Barbara zu diesem kiihnen Plane bestimmt haben, so sind wohl bei ihr Herrschsucht und Ehr-geiz die Haupttriebfeder gewesen, nicht etwa eine religiose Hin-neigung zu den Hussiten. Von den vielen Biographen der Cillierin erwahnt nur Theobald diesen Punkt, aber auch er glaubt nicht recht daran.2) Ebenso ist es merkwiirdig, daB gerade die treuesten Anhanger, die Barbara besaB, namlich Ptacek und Podiebrad, in der Hauptsache die politische Seite des Tschechentums vertraten und nicht die religiose. Aber auch den nationalen Regungen der Bohmen und Magyaren stand die Cillierin fremd gegeniiber. Klug verstand sie es, den RassenhaB zwischen Deutschen und Tschechen zu schiiren und die Polen gegen Albrecht aufzuhetzen. Sie gab skrupellos das deutsche Schlesien der Verwiistung der Polen preis, nur um den verhaBten Schwiegersohn von Bohmen fernzuhalten. Ihrem EinfluB ist es zuzuschreiben, daB es Albrecht miBlang, eine Einigung mit den Tschechen herbeizufiihren und die Ungarn fiir einen allgemeinen Tiirkenkrieg zu gewinnen. So tragt sie nicht zum wenigsten die Schuld daran, daB die Regierung Albrechts ein so ungliickliches Ende nahm und auf Jahrhunderte hinaus das ') Die meisten neueren Geschichtsschreiber stimmen darin uberein, daB Barbara Albrecht Bohmen und Ungarn entreifien wollte, nur herrscht daruber Streit, ob sie beabsichtigte, die Lander fur sich zu erwerben oder sie an Polen zu bringen. Fur das erste entscheiden sich Huber (Geschichte Osterreichs, Gotha 1885, Bd. 2 S. 358) und Mayer (Geschichte Osterreichs, Wien 1900, Bd. 1 S. 359), fur das zweite Bachmann (Geschichte Bohmens, Gotha 1899, Bd. 2. S. 341) und Wostrv (Bd. 2 S. 25, 34). Caro (Bd. 3 S. 167) stellt einen bestimmten Plan Barbaras in Abrede. Diejenigen Schriftsteller, die das Unter-nehmen der Konigin in Verbindung mit einer polnischen Heirat bringen, werde ich dann anfuhren, wenn ich Barbaras Verhaltnis zum polnischen Hofe behandle. 2) Hussitenkrieg (Bd. 2 S. 172/73): „Man will jetzt aus alten Schriften mutmaBen, als ware die Konigin der bohmischen Konfession sehr geneigt ge-wesen. So weiB ich wohl, wie mir ein gelehrter Mann in Bohmen eine Apolo-giam wider Silvius (Hist. Boh. Kap. 53) emeiset und daraus erzwingen wollte, daB sie sich zur Einigkeit der Bruder bekennet hatte, welches mir in den Kopf nicht gehen wollte, weil Ptacek und Podiebrad, so des Rokvzanas Konfession verfochten, sich also sehr der Konigin angenommen haben". S. 245: »Etliche Bohmen wollen die Konigin entschuldigen und sagen, sie sei der hussitischen Konfession beigetan gewesen, aber ich glaube fast dem Silvio, daB sie von einer Religion soviel als von der anderen gehalten habe!" Deutschtum seine vorherrschende Stellung im Osten und Siiden Europas verlor. V. So hatte Barbara mit sicherem Blick die politische Lage des Jahres 1437 erfaBt und hierauf ihren Plan gegriindet, allein es gelang ihr nicht, ihn zu verwirklichen, sondern er scheiterte an der Wachsamkeit Sigmunds und Albrechts, und die Konigin wurde in die Gefangenschaft nach PreBburg abgefiihrt. Doch da-mit gab sie ihr Unternehmen nicht auf, sondern floh nach ihrer Preilassung nach Krakau, von wo aus sie Albrecht neue Schwierig-keiten bereiten wollte. Wir haben im vorigen Kapitel gesehen, welche Stellung Polen zu der bohmischen Prage einnahm. Trotz seiner streng-kirchlichen Gesinnung war Wladislaus II. durch die politischen Ereignisse gezwungen worden, sich mehr und mehr den Hussiten zu nahern. Als er 1434 starb, hielt der junge Wladislaus III., der vollig unter dem EinfluB seiner Umgebung stand, an der Politik des Vaters fest. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen wurden noch verscharft, als Ende 1437 der energische Albrecht die Ziigel der Regierung ergriff. Von ihm, der Čsterreich, Ungarn, Bohmen und Schlesien in einer Hand vereinigte und auch mit dem deutschen Orden auf gutem FuBe stand, drohte Polen die groBte Gefahr. So mufite es dem Hofe in Krakau um so willkommener sein, als Ptaceks Partei im Marz 1438 Wladislaus III. die Krone von Bohmen anbot. Zwar liefi sich dieser von seinen Ratgebern, die den Schwerpunkt des Reiches nicht nach Bohmen verlegen wollten, bestimmen, die Wahl abzulehnen, aber er verwandte sich fiir seinen Bruder Kasimir und riistete ein starkes Heer. Um diese Zeit erschien Barbara in Krakau und wurde von den Polen, die von ihren Beziehungen zu den Tschechen manchen Vorteil fiir Kasimir erhofften, als Bundesgenossin freundlich aufgenommen. Freilich, hieriiber miissen wir uns von vornherein klar sein, dafi Barbara und der polnische Hof nur in der Bekampfung Albrechts einig waren, daB sie aber, was ihre Ziele nach einem etwaigen Siege anbetrifft, weit auseinander gingen. Eine vollstandige Anderung der politischen Lage trat ein, als die polnische Expedition nach Bohmen Ende 1438 scheiterte und Albrecht im folgenden Jahre starb. Jetzt lieB Ptacek die Kandidatur Kasimirs offen fallen. Immer deutlicher trat sein Be-streben hervor, die Tschechen unter seiner Fiihrung zu einigen, Bohmen selbstandig zu machen. Am 19. Januar 1440 iibertrug der Prager Landtag die Eegierung im Lande einzelnen Hauptleuten, zu denen auch Ptacek und Podiebrad gehorten. Zwar mufiten sich die beiden fiigen,1) als Albrecht von Bayern zum Konig von Bohmen gewahlt wurde, aber nachdem dieser auf die Krone verzichtet hatte, siegte die Partei Ptaceks und machte das Land frei von jedem fremden Einflufi. Anders entwickelten sich die Dinge in Ungarn. Hier drangten die Magyaren die Witwe Albrechts, eine Heirat mit Wladislaus III. einzugehen, und der polnische Hof zeigte sich auch bereit, ihrem Wunsche entgegenzukommen. Da Elisabeth und ihr Anhang be-fiirchteten, Barbara werde in Ungarn erscheinen und Unruhen hervorrufen, so verlangten sie von Wladislaus IH. das Ver-sprechen, Barbara in Polen festzuhalten.2) Dieser Forderung kam der Konig in einem Schreiben, das er Anfang Marz an die ungarischen Grofien richtete,3) nach, ja er entschuldigte sich formlich vor ihnen, dafi er der Cillierin eine Zuflucht in seinem Lande gewahrt hatte. Allein bald zeigten sich neue Schwierig-keiten. Am 22. Februar 1440 gebar Elisabeth den Ladislaus *) Es wurde auch der BeschluB gefaBt, nach Ungarn zu schicken und fur Barbara Furbitte einzulegen, ferner, daB die Stande von Bohmen ihr alles wozu sie im Lande gemaB der Landtafel und den Urkunden berechtigt sei, gern und bereitwillig gonnen wurden (s. Arch. czesky Bd. 1 S. 245 —249 und Palacky, Gesch. von Bohmen Bd. 4,1 S. 14). Die Furbitte der Bohmen fur Barbara bei den Ungarn scheint wenig Erfolg gehabt zu haben, denn wir wissen, daB sich WladislausIII. imMarz 1440 (s. S. 57 Anm. 3 meiner Darstellung) den Magyaren gegenuber verpflichten muBte, Barbara die Grenze Ungarns nicht tiberschreiten zu lassen. 2) s. Mon. Hist. Pol. Bd. 2 Nr. 99 S. 96f. 3) Katona (Hist. crit. stirpis mixtae Bd. 6S.29): „Pro conservanda quoque pace et quiete regni Hungariae promittimus et spondemus principem dominam Barbaram imperatricem Romanam in regnum Hungariae seu intra limites et pertinentias regni eiusdem non intromittere nec induci facere, sed nec aliter quomodo libet introductam in regno eodem absque voluntate et consensu praela-torum et baronum omnium regni praedicti confoveri. Quae quidem si quid causae contra quamcumque personam regni ipsius habuit habueritve in futurum et de eadem augere et expetiri voluerit, per procuratorem suum legitimum id prosequatur. Et nos cum praelatis et baronibus regni praeditam ministra-bimus et ministrari faciemus. Licebat tamen nobis secuudum regalem muni-ficentiam prefatae Serenissimae Dominae imperatrici extra fines regni Hungariae supradicti pro statu eiusdem providentiam facere, iuxta placitum nostrae vo-luntati". Postumus und war nun aufs eifrigste bemiiht, ihrem Sohne die Nachfolge in Ungarn und Bohmen zu sichern. Damit war des Konigs Plan vereitelt, und der Krieg begann. Elisabeth, von den meisten Anhangern verlassen, vertraute sich ganz dem Schutze Ulrichs II. von Cilli an, dieser aber geriet nach einigen gliicklichen Gefechten im April 1440 in die Gewalt des Polenkonigs und wurde erst im November wieder freigelassen.1) Er schloB am 19. April 1441 einen Separatfrieden mit Wladislaus III. und iiberliefi seine ungliick-liche Base ihrem Schicksal. Um Elisabeth noch mehr Schwierigkeiten zu bereiten, entlieB der Konig 1441 Barbara aus Polen, die durch Schlesien nach Melnik reiste.2) Albrechts Witwe starb 1442, und der erste 2jahrige Ladislaus Postumus kam unter die Vormund-schaft seines Oheims Friedrichs III. Betrachten wir das Verhalten des polnischen Hofes gegen Barbara in den Jahren 1438—1441, so konnen wir drei Abschnitte unterscheiden. Von 1438 bis zum Tode Albrechts sah er in der Cillierin einen wertvollen Bundesgenossen, der ihm hilfereichen Beistand gegen die habsburgische Macht leisten konnte, die sich drohend an seinen Grenzen regte. Eine Wendung trat im Oktober 1439 ein, als sich Wladislaus III. die Aussicht auf die Hand Elisabeths eroffnete. Jetzt war Barbara als Feindin der Witwe Albrechts auBerst unbequem und Wladislaus III. muBte daher den ungarischen GroBen geloben, sie in Polen festzuhalten. Als sich aber der Heiratsplan zwischen dem Konig und Elisabeth zerschlug, erhielt Barbara ihre unbeschrankte Freiheit wieder und wandte sich nach Bohmen. Fragen wir andererseits, was das Verhaltnis Barbaras zu Polen bedingte, so laBt sich dieses ebenfalls auf politische Berechnung zuriickfiihren. Schon ihre Flucht nach Krakau im Jahre 1438 erklart sich nur dadurch, daB sie sich mit der von Albrecht be- ') Wir wissen nicht, ob er wahrend seiner Gefangenschaft mit Barbara wieder in Verbindung trat, aber wahrscheinlich ist es nicht, weil ihn in den vierziger Jahren ganz andere Plane beschaftigten. Von 1439 bis zum Tode Ulrichs II. haben wir keine Nachricht, die auf eine erneute Verbindung der beiden schlieBen laBt. '-) Die Tschechischen Annalen berichten fur das Jahr 1441 (S. 126): In diesem Jahre haben einige ungarische GroBe die Konigin bis zur bohmischen Grenze gefuhrt. Ptacek, Podiebrad und Holicky geleiteten sie auf ihren Witwensitz nach Melnik vor dem Tage des heil. Jakob (25. Juli). willigten Rente nicht zufrieden gab, sondern ihre Plane wieder aufnehmen wollte. Es scheint, daB zwischen Ptacek und Barbara eine geheime Verabredung bestand, dergestalt, daB man Ende 1437 dem Polen Aussicht auf den bohmischen Thron machte, sich in Wirklichkeit aber nur seiner Waffenhilfe bediente, um Albrecht fernzuhalten und dann Wladislaus III. seines Lohnes zu berauben. Es ist wohl hauptsachlich Barbaras EinfluB am polnischen Hofe zuzuschreiben, wenn Polen bis zum Oktober 1439 im unklaren ge-halten wurde und so riesige Mittel verwandte. Meisterhaft verstand es die Konigin, Albrecht aus Bohmen zu vertreiben und den Bundes-genossen zu betriigen. LaBt sich nun auf Grund dieser Ergebnisse folgern, daB man an eine eheliche Verbindung zwischen Barbara und Wladislaus III. dachte? Ich glaube nicht. Wenn der polnische Hof beabsichtigte, den 14jahrigen Konig mit der fast 50jahrigen Barbara zu ver-heiraten,1) so bot sich hierzu zweimal die Gelegenheit, namlich einrnal, als Barbara 1438 in Krakau erschien, und dann 1440, als es zum Bruche zwischen Wladislaus III. und Elisabeth gekommen war. Der Umstand, daB man diese beiden Gelegenheiten nicht benutzte, beweist deutlich, wie wenig ernst man es mit diesem Plane nahm. Beide, der polnische Hof und Barbara, sahen eben ineinander nur Bundesgenossen und suchten sich gegenseitig moglichst auszunutzen, aber die Cillierin war schlauer: sie warf mit Hilfe der Polen ihre Feinde nieder, ohne ihnen ihre Dienste irgendwie zu vergelten.2) *) Ich nehme die Zahlen fur das Jahr 1438. 2) Fur Barbaras Heirat treten, ohne die politischen Verhaltnisse von 1438—1441 genugend in Betracht zu ziehen, Mailath (Geschichte des osterr. Kaiserstaates Bd. 1 S. 239, Hamburg 1834), Kurz (Kaiser Albrecht II. Bd. 22 S. 266/67, Wien 1835), Lichnowsky (Geschichte des Hauses Habsburg Bd. 5 S. 279, Wien 1863/64) und Krones (Geschichte Osterreichs Bd. 2 S. 302, Berlin 1880) ein. 4. Kapitel. Barbara in Melnik. I. Als Barbara im Juli 1441 unter dem Geleit Ptaceks und Podiebrads noch Bohmen zuriickkehrte, war die politische Lage fiir sie sehr giinstig. Der Bund des Pirksteiners, der jetzt die Herrschaft im Lande ausiibte, hielt treu zu ihr und war bereit, sie gegen jede Feindseligkeit zu schiitzen. Allein Ptacek ging noch weiter. Er verhandelte mit den Biirgermeistern von Prag und setzte durch, dafi Barbara die Halfte von allen Einkiinften aus den Bergwerken bekam.1) Erlangte damit die Cillierin auch nicht eine offiziell anerkannte Stellung in Bohmen, so war sie doch dadurch sichergestellt, und eine so starke Personlichkeit wie Barbara blieb sicherlich nicht ohne Emilu!) auf die Weiterentwicklung der poli-tischen Lage in Bohmen.2) Es beruht ohne Zweifel auf keinem ') Die Tschechischen Annalen berichten fur das Jahr 1441 S. 126: „ Ptacek sandte Briefe an die Prager, daB sie zu Barbara nach Melnik kamen, um daruber zu verhandeln, was sie fordern wurde, und es zogen zu ihr die Burgermeister der Alt- und Neustadt, und sie verlangte von ihnen, daB sie ihr bewilligen sollten Bergrecht und Abgabe von Bergwerken und die Gemacher auf der Prager Burg, wenn sie sich dort aufhalten solite. Die Herren beider Stadte verlangten Bedenkzeit, sie wollten die Gemeinde berufen. Ihre Antwort war, daB die Konigin vom Abgabe- und Bergrecht nur die Halfte bekommen solite, und zvvar bis zum kiinftigen bohmischen Konige. Sie solite eine Unterschrift geben, daB sie von den bohmischen Stadten nicht mehr verlangen werde". Einen ahnlichen Bericht, der wahrscheinlich auf die Tschechischen Annalen zuruckgeht, gibt uns Theobald Bd. 2 S. 95. 2) Palacky behauptet (Bobm. Gesch. Bd. 4,1 S. 72), daB Barbara in dieser Zeit bei den Bohmen fur Elisabeth und Ladislaus Postumus eingetreten sei, ohne anzugeben, welcher Quelle er diese Nachricht entnommen hat. Dem widersprieht, daB Elisabeth nach wie zuvor die Besitzungen Barbaras, die ihr Albrecht 1438 ubertragen hatte, behielt und auch keine Anstalten machte, die Achtserklarung Albrechts gegen ihre Mutter fur ungultig zu erklaren. Palackv scheint sich mit seiner Angabe auf folgende Stelle bei Theobald zu stutzen (Bd. 2 S. 88): »Elisabeth zog 1440 nach Komorn, und damit ihre Mutter, die Zufall, dafi die entscheidenden Verhandlungen, die am 9. Juli 1442 zwischen den gemafiigten Calixtinern und dem Ptacekschen Bund gepflogen wurden und die zu einem Zusammenschlufi der beiden fuhrten, in Melnik, dem Witwensitz Barbaras, stattfanden.J) Diese Einigung vvurde ausschlaggebend fiir die Geschicke des Landes und bildete die Grundlage, auf der sich spater Podiebrads Macht erheben solite. So safi Barbara angesehen und von den Fiihrern der Tschechen hochgeehrt2) in Melnik,3) ihr Plan, den sie 1437 gehegt, war wenigstens teilweise verwirklicht, und die stolze Cillierin sah sich jetzt im Besitze einer Macht, die sie sich in ihrer Gefangenschaft von 1437/38 nicht hatte traumen lassen. Einen herben Verlust erlitt die Konigin, als Ptacek am 27. August 1444 in der Bliite seiner Jahre starb. Er scheint neben Holicky und Podiebrad der einzige gewesen zu sein, der zu Barbara in ein naheres freundschaftliches Verhaltnis ge-treten ist. DaB er sie nicht bloB als Werkzeug fiir seine politischen Plane benutzte, sondern ihr auch ein gewisses MaB alte Barbara, so noch gefangen lag, nicht etwas Neues mit dem neuemahlten Konig (Ladislaus Postumus) anfinge, liefi sie dieselbe vor sich fordern und hielt sich freundlich mit ihr". Im folgenden wird erzahlt, wie Barbara ihre festen Schlosser in Ungarn an Blisabeth ausliefert und von dieser die Zu-sicherung einer Dotierung in Bohmen erhalt: In Bohmen", so schliefit Theobald seine Erzahlung, „wurden die Stande, so der alten Kaiserin gewogen waren, zum Mitleid und geneigten Wiilen gegen die Mutter des Kindes bewegt". Da Theobald hier falschlich behauptet, daB Barbara sich noch 1440 in der Haft Elisabeths befand, und daB diese und nicht Albrecht ihre Freilassung und Dotierung in Bohmen verfugte, so halte ich auch die Angabe von einem Ein-treten Barbaras zugunsten Elisabeths fur wenig glaublich. ') DaB Barbara mit den bohmischen Standen in enger Fuhlung stand, beweist ein tschechischer Brief von ihr aus dem 2. Februar 1442 (Archiv czesky Bd. 2 S. 334) an den bohmischen Landtag; vgl. auch Palackv (Bohm. Gesch. Bd. 4,1 S. 88). -) Balbinus (Epitomes rer. Boh. S. 504): Jam in Bohemia prima erat Ptasconis auctoritas qui et apud Fridericum Caesarem et Barbaram, Sigismundi viduam, plurimum valebat. 3) Fur mich ist die Angabe der Tschechischen Annalen (s. S. 58 Anm. 2), daB Barbara von 1441 an in Melnik lebte, was auch Theobald (S. 173), das Chronicon veteris Collegiati (Hofler Bd. 1 S. 101) und Balbinus (S. 504) be-zeugen, entscheidend. Aenea (Kollar Bd. 2 S. 181) und seine Abschreiber sprechen von Koniggratz; sie konnen aber mit der Genauigkeit und Glaub-wurdigkeit der tschechischen Quellen nicht wetteifern. Treue und Anhanglichkeit entgegenbrachte, zeigen die Vorgange des Jahres 1441, wo er die Konigin, die damals iiber wenig An-hang verfugte und sich auBerdem noch in der Acht befand, in feierlichem Zuge nach Melnik geleitete. Dieser Schritt lafit sich schwerlich allein auf politische Berechnung zuriickfiihren, denn Ptacek war schon damals der machtigste Mann in Bohmen. Was die beiden personlich einander nahe brachte, ist unklar. Auf keinen Fall waren es gemeinsame religiose Ziele, denn weder Ptacek noch Barbara waren nach dieser Seite tiefer veranlagt. Vielleicht imponierte dem schlauen und energischen Tschechen die kiihne und tatkraftige Frau, welche, fast aller Mittel entbloBt und in strengster Haft gehalten, sich den Weg zur Freiheit gebahnt und machtige Bundesgenossen gegen ihre Bedranger geworben hatte. DaB unlautere Motive die beiden zusammenfiihrten, ist wenig glaublich, denn Ptacek war ein Ehrenmann und genoB selbst bei seinen Feinden die groBte Achtung. I. 2. Barbaras auBere Machtstellung in Bohmen erlitt durch den Tod des Pirksteiners eine merkliche Einbufie. Sie begab sich 1445 in den Schutz Georg Podiebrads, der jetzt Hauptmann des Bundes war, und mufite es zulassen, daB dieser nach Melnik kam und die wichtigsten Amter mit seinen Anhangern besetzte.1) DaB Georg trotzdem Barbara noch groBe Verehrung zollte, zeigte sich bei ihrem Tode 1451, wo er ihre Leiche feierlich von Melnik nach Prag uberfiihren und im Erbbegrabnis der bohmischen Konige beisetzen lieB.2) Von 1441 bis zu ihrem Tode, der am 11. Juli 1451 erfolgte,8) weilte Barbara in Melnik. Nach den mannigfaltigen Abenteuern der Jahre 1438—1441 hatte sie hier endlich einen sicheren Zu-fluchtsort gefunden und konnte von hier aus ruhig und unbehelligt die Ereignisse beobachten, die sich in den Donaulandern abspielten und gewaltige Umwalzungen hervorriefen. Wenig mochte sie die furchtbare Katastrophe zu Warna 1444 beriihren, wo der junge 1) Tschechische Annalen (S. 138): Im Jahre 1445 hat Barbara zum Be-schutzer und Verwalter Georg Podiebrad angenommen und hat sich ganzlich in seinen Schutz begeben. Georg kam nach Melnik und setzte neue Rats-leute ein. Ahnliches berichten Theobald (S. 209) und Balbinus (S. 505). 2) Historiae Bohemiae cap. 59; Historia Friderici (Kollar Bd. 2 S. 181). 3) Tschechische Annalen S. 158; Brief Aeneas an Carvajal 1451 (Aenea •Opera S. 663). Wladislaus III. fiel, oder die hartnackigen Kampfe ihres Neffen Ulrich II. mit den Habsburgern, die zwar 1443 durch einen Ver-gleich beseitigt wurden, bald aber wieder aufloderten, als sich Ulrich II. mit den osterreichischen Adligen verband und Friedrich III. zur Auslieferung seines Miindels Ladislaus Postumus zwang. Fern von Barbara verfolgte jetzt der ehrgeizige Cillier seinen Weg, und bald feierte er seine glanzendsten Triumphe. Zwar wurde er 1452 als einfluBreicher Ratgeber des jungen Konigs gesturzt und aus Wien vertrieben, aber nach kurzer Zeit kehrte er wieder zuriick und erlangte unbeschrankten EinfluB auf Albrechts SproB-ling. Schon waren die beiden zum Tiirkenkrieg aufgebrochen, und dem Cillier winkte die glanzende Aufgabe, durch seine Tatkraft das zitternde Europa vor den asiatischen Horden zu retten, da traf ihn 1456 der Dolch der Hunyadys, und alle seine Plane sanken mit ihm ins Grab. Ulrich ist so recht ein Gegenbild zu Barbara. Wie jene entwirft er hochfliegende Plane, aber er rechnet nicht mit den wirklichen Machtverhaltnissen. Wohl gelingt es ihm, glanzende Erfolge zu erzielen, aber er baut auf un-sicheren Boden und stiirzt sich tollkiihn in Gefahren, ohne die notige Vorsicht anzuwenden. So scheitert sein Werk vollstandig, wahrend Barbaras zahes, vorsichtiges Streben weit mehr von Erfolg gekront wird. Mit Ulrich, der fiinf Jahre nach seiner Tante aus dem Leben schied,1) erlosch der Mannesstamm der Cillier,2) und der grofle Familienbesitz ging in die Hande der Habsburger iiber, nachdem Margarete von Pfannberg auf ihre Anspriiche verzichtet hatte. II. Barbaras Privatleben in Melnik hat Aenea in dreien seiner Werke8) ausfiihrlich beschrieben. Hier schildert er uns die Cillierin als eine feile Dirne, die sich ziigellos den wilden Ge-niissen der Sinnengier hingab, und als eine Gottesleugnerin, die keine Macht iiber sich anerkannte und die Unsterblichkeit der Seele leugnete. Charakteristisch fiir die Auffassung Aeneas von Barbaras Wesen sind zwei Anekdoten, die wir im folgenden naher betrachten miissen. Uber Ulriehs II. Tod s. Cillier Chronik (Krones Bd. 2 S. 119—127). 2) Friedrich II. war schon 1451 gestorben. 8) Historiae Friderici (Kollar Bd. 2 S. 181); Historia Bohemica cap. 59; De dictis Alphonsi regis (Aeneae, Opera S. 486). Die erste1) lautet: „Barbara machte sich einer solchen Ver-blendung schuldig, daB sie die Martyrerinnen, die fiir den Glauben Jesu in den Tod gegangen waren, offentlich Torinnen nannte, weil sie es nicht verstanden hatten, die Freuden der Sinnenlust zu kosten". Dazu die zweite2) Anekdote: „Als jemand einst Barbara, der Witwe Sigmunds, das Beispiel der Turteltauben zur Nachahmung empfahl, die nach dem Tode des Gatten ewige Keuschheit be-wahrten, erwiderte sie: „Wenn du mir die unverniinftigen Vogel als Vorbild hinstellst, warum ziehst du da nicht lieber die ge-wohnlichen Tauben und Sperlinge den Turteltauben vor?"8) Neben dieser Tradition, die eine Menge Nachahmer gefun-den hat, gibt uns Aenea eine zweite, die in vollem Wider-spruche zu seiner ersten steht. Er berichtet uns in dem Buche „Di viris illustribus"4): Sigmund nahm Barbara zur Frau. Aber da er sich auch anderen Frauen hingab, so fing sie ebenfalls an, andere zu lieben, denn ein ungetreuer Gatte macht auch seine Gemahlin untreu. Barbara wollte nach dem Tode Sigmunds mit einer groBen Menge Goldes und Silbers nach Polen fliehen, aber sie wurde gefangen genommen und ihrer Schatze beraubt. Jetzt besitzt sie einige Schlosser in Bohmen, in denen sie ein Leben fiihrt, das zwar einer Konigin nicht standesgemaB, aber doch nicht mittellos ist".5) Das Werk „de viris illustribus" entstand in den Jahren 1444 bis 1450, ist also eher geschrieben als die drei vorigen. Zwar ') Historiae Friderici (Kollar Bd. 2 S. 181). 3) De dictis Alphonsi (Aeneae Opera S. 486). 3) Dieser CTberlieferung des Aenea folgen Bonfinius (S. 490), Cuspinian (S. 497), Mutius (S. 283), Krantz (XII Kap. 7), Dubravius (S. 178) und Fugger (Bd. 1 S. 459—461). Von diesen haben Cuspinian und Fugger die Anekdoten von der Turteltaube und den Martyrerinnen, Dubravius teilt nur die erste, Bonfinius bloB die zweite mit. An wortlichen Ubereinstimmungen finden wir bei Cuspinian und Krantz zwei, bei Bonfinius und Mutius eine. Aus-fuhrlicher in der Schilderung der Orgien sind Cuspinian und Fugger, aber ohne daB sie neue Zuge hinzutun. Theobald und Balbinus wissen nichts von Ausschweifungen Barbaras. 4) S. 46. 6) „Nunc quaedam castella possidet Bohemiae quae reginae spectant, in quibus etsi non vitam imperatrice dignam, non tamen inopem ducit." „Non digna" heifit hier im Gegensatz zu inops nicht „schamlos", sondern nur »nicht standesgemaB". spricht auch hier Aenea von der Untreue Barbaras gegenuber ihrem Gatten, aber von ihren Orgien in Melnik horen wir kein Wort. Der Darstellung, wie sie uns Aenea in dem letzten Werke gibt, schliefit sich ein Brief an, den er im Juli 1451 von Bohmen aus, wo er in Beneschau mit Georg Podiebrad im Auftrage Fried-richs III. verhandelt hatte, an den Kardinal Carvajal richtete. Hier heifit es1): „Inzwischen ist auch Barbara, die Gemahlin Sigmunds und die Schwester Friedrichs von Cilli, gestorben. Ihre Leiche ist nach Prag gebracht und dort bestattet worden. Sie war eine beherzte Frau, aber sie besaB, wie man sagt, wenig Glauben an ein zukiinftiges Leben. Jetzt hat sie, wenn sie wirk-lich einen frommen Lebenswandel gefiihrt hat, ihren Lohn. Manche sagen, sie sei selig und einer Christin wiirdig gestorben". In diesem Briefe nennt Aenea die Konigin eine beherzte, ver-standige Frau und macht ihr nur den einen Vorwurf, daB sie wenig Zuversicht auf ein kiinftiges Leben besessen habe, erwahnt aber auch, daB einige sogar von einem seligen Ende Barbaras erzahlen. Diese Angabe Aeneas gewinnt um so mehr an Bedeutung, weil Silvio im Juli 1451 personlich mit Georg Podiebrad verhandelte, als der Tod der Konigin gemeldet wurde. Aenea war also imstande, an Ort und Stelle von einem der treuesten Anhanger Barbaras Er-kundigungen einzuziehen, und es beriihrt merkwurdig, daB da sein Urteil so maBvoll und giinstig lautete. DaB er mit dem Briefe eine Tendenz verfolge und ihr zu Liebe die Tatsachen anders be-trachte, ist wenig glaublich, denn der Brief war an Silvios besten Freund gerichtet und nicht dazu bestimmt, der Offentlichkeit in dem MaBe preisgegeben zu werden wie die Geschichtswerke. Auch die Stelle in dem Buche „De viris illustribus" zeigt, daB Aenea auch zu anderer Zeit von Barbara ahnlich dachte. So miissen wir also bei Silvio eine doppelte Tradition unter-scheiden, die eine, die sich in den Werken, welche von 1444—1451 entstanden, findet, die andere, die die Schriften der spateren Jahre aufweisen. Fragen wir uns, was diesen Meinungswechsel bewirkt hat, so miissen wir uns Aeneas ganze Charakteranlage vor Augen halten. Silvio war eben eine impulsive Natur, d. h. er gab sich riickhaltslos den Eindriicken, wie sie der Tag ihm braehte, hin und iiberlieferte sie so der Nachwelt, unbekiimmert, ob er damit seinen *) Aenea, Opera S. 663. Chilian. sonstigen AuBerungen widerspreche. Ein objektives Urteil, das iiber den Parteien steht, zu fassen, ist er nicbt imstande. So spricht er sicb giinstig iiber Barbara aus, als ihm Georg aus seiner eigenen Anschauung von der Konigin erzahlte, so bewirft er Barbara mit allem Schmutz, als Ulrich II. von Cilli Friedrich III. zu Wien unter Anwendung scharfster Ge\valt zur Auslieferung seines Miindels Ladislaus Postumus gezwungen und den Konig mit grenzenlosem Hasse gegen die Cillier erfiillt hatte. Konnen wir nun ali den widerspruchsvollen AuBerungen Aeneas liber Barbaras Privatleben in Melnik etwas Positives entnehmen? Wenn wir diese Frage beantworten wollen, so halte ich es fiir das beste, von dem Briefe auszugehen und mit der folgenden Stelle zu beginnen: ,,Sie war eine beherzte Frau, aber sie besafi wenig Glauben an ein Jenseits". Hieraus konnen wir schlieBen, daB Barbara bei ihren Zeitgenossen fiir eine Freidenkerin galt. Wie berechtigt dieser Glaube war, zeigt sich, wenn wir einen Blick auf Barbaras ausgepragte Personlichkeit werfen. Eine Frau, die in ihrem Leben das Recht der Individualitat gegeniiber Tradition und Sitte kraftig vertritt, wird sich wohl schwerlich an altiiberlieferte Dogmen und Anschauungen gehalten haben. Die zweite Frage, die sich unmittelbar an dieses Ergebnis anschlieBt, ist, ob diese Personlichkeit alle sittlichen und religiosen Begriffe Iiberhaupt verneinte. Hatten wir einen von Aenea unabhangigen Geschichtsschreiber, der, frei von Tendenz, uns dessen Schilderung bestatigte, dann ware die Antwort nicht schwer. So aber Itann ich den Verdacht nicht los werden, daB Aenea nach den AuBerungen Barbaras frei aus seiner Phantasie heraus sein Bild von ihren Orgien in Melnik entwarf und es seinen Lesern vor die Augen stellte. Es ist auch noch sehr die Frage, ob die Anekdoten, die uns Aenea iiberliefert hat, wirklich auf authentischer Nachricht beruhen, ich halte es fiir wahrscheinlich, daB man sie auf Grund von AuBerungen Barbaras, die sich freilich iiber den gewohnlichen Anschauungskreis der Zeit erhoben, aber bei weitem nicht die Be-deutung hatten, die man ihnen unterlegte, frei weiter bildete und sie so der Nachwelt iiberlieferte. Der klugen und energischen Frau, die sich mit eiserner Tatkraft aus der Haft Albrechts be-freite und, nur auf sich selbst angewiesen, den Polenkonig zum Bundesgenossen gewann und sich eine glanzende Stellung in Bohmen schuf, traute man schlieBlich alles zu, wie man auch groBen Natur- forschern des Mittelalters eine Verbindung mit dem Teufel nach-sagte. Erwagen wir ferner, daB das anklagende und verdammende Pathos bei einem Manne, der doch selber ein eifriger Diener der Venus war und sein wiistes Treiben nicht aus innerer Uberzeugung, sondern durch die Macht der Umstande gezwungen, einstellte, jede Wirkung einbiiBt, so miissen wir Aeneas ganze Darstellung in Frage ziehen und konnen auf Barbara eigentlich nur den Vorwurf der Freidenkerei sitzen lassen. In welcher Richtung sich die religiosen Ansichten der Cillierin bewegten, ist schwer zu sagen. Es scheint aus Aeneas Darstellung hervorzugehen, daB sie, wie viele der italienischen Humanisten, einem Materialismus huldigte, der den Glauben an eine hohere Macht und die Unsterblichkeit der Seele verwarf. Auf keinen Fall aber leitete sie, wie uns Aenea glauben machen will, hieraus die Berechtigung zu wildem SinnengenuB und zur Verachtung aller sittlichen Bande ab, sondern betrachtete die Welt nur von einem anderen Standpunkte aus wie die Mehrzahl ihrer Volksgenossen und unternahm es, sich ein eigenes Weltbild zu schaffen. III. Versuchen wir auf Grund unserer Ergebnisse noch kurz am Schlusse ein Charakterbild von Barbara zu entwerfen. Barbara ist eine vielseitige und glanzend begabte Natur, korperliche Schonheit und faszinierende Redegabe zeichnen sie aus, sie verfiigt iiber die Kenntnisse des Deutschen, Lateinischen, Ungarischen, Tschechischen und vielleicht auch des Polnischen; die Kiinste der Diplomatie und Intrige handhabt sie mit voller Meister-schaft. Sie hat ein feines Gefiihl ebenso fiir die Fehler und Schwachen einzelner Menschen wie fur die nationalen Regungen und Stimmungen ganzer Volker und weiB sie geschickt fiir ihre selbstsiichtigen Zwecke auszubeuten. Ihr ganzes Sehnen und Streben ist auf Durchsetzung der Personlichkeit gerichtet, und hierin beriihrt sie sich mit den Italienern der Renaissance. Gemeinsam mit ihnen vertritt sie das Recht der Individualitat gegeniiber Tradition und Sitte und strebt aus dem Bereiche der Familie und Sippe heraus zu freierer Aus-bildung der Personlichkeit. Was sie von diesen trennt, ist, dafi bei ihr das kiinstlerische Moment vollig fehlt und das einseitige Ringen nach politischer Macht vollstandig in den Vordergrund tritt. Ihrem Ehrgeiz zuliebe opfert sie Familie, Heimat und Vater- 5* land auf, sie scheut sich nicht, ihr feierlich gegebenes Wort zu brechen und ererbte Rechte mit Fiifien zu treten. Fassen wir ihr Verhaltnis zu Sigmund ins Auge, so miissen wir mit Entschiedenheit betonen, dafi den Nachrichten, die von ehelichen Zerwiirfnissen der beiden sprechen, ein richtiger Kern zugrunde liegt, dafi aber die Tradition gerade in dieser Hinsicht stark iibertrieben hat. Als Ausgangspunkt hierfiir scheinen die Vorgange zu Konstanz 1416 und in Ungarn 1419 gedient zu haben. Die Nachrichten, die wir von ihnen besitzen, machen mit ihren be-stimmten detaillierten Angaben im Gegensatz zu der gesamten iibrigen Tradition den Eindruck der Glaubwiirdigkeit. Alles was uns Aenea und seine Nachfolger sonst noch erzahlen, konnen wir auf die Rechnung ihrer ausschmiickenden Phantasie setzen. Gerade ihnen, die doch alle in habsburgischem Sinne schrieben, mufite Barbara als Cillierin doppelt verhafit sein und bei ihr die Ver-suchung sehr nahe liegen, ihre Fehler und Schwachen ins MaBlose zu iibertreiben. So entstand ein Zerrbild, das nur einen unvoll-kommenen Begriff von dem wirklichen Charakter Barbaras gab. Einen besseren AufschluB iiber das eheliche Verhaltnis der beiden Gatten gewahren die Tatsachen, die uns von Barbara und Sigmund bekannt sind. Aus ihnen geht hervor, dafi Barbara zweimal in politischen Gegensatz zu ihrem Gemahl trat, das erste Mai 1419, wahrscheinlich mehr unbewufit, als sie durch ihre schlechte Regierung in Ungarn den Zorn des Gatten erregte, das zweite Mai bewufit, als sie 1437 mit den Fiihrern der Tschechen den Plan zu einem von Deutschland unabhangigen bohmisch-ungarischeu Reiche entwarf. Lafit sich das Zerwiirfnis von 1419 lediglich auf politischen Eigennutz der Cillierin zuriickfiihren, so ist es zweifollos, dafi ihre Opposition im Jahre 1437 sich gegen die politische Gesamt-tendenz ihres Gatten richtete und daher einen viel scharferen Konflikt heraufbeschwor. Diese Tatsache ist um so merkwiirdiger, als wir sie bis Mitte dieses Jahres in eifriger gemeinschaftlicher Arbeit mit Sigmund finden und nicht das geringste auf eine Sinnes-anderung hindeutet. Ihr ganzes Verhalten lafit sich nur so erklaren, dafi sie unter Sigmund einen bedeutenden EinfluB auf die Regierungs-geschafte erlangt hatte und auch noch nach dessen Tode hierauf nicht verzichten wollte. Da sie voraussah, dafi der energische Albrecht sich ablehnend verhalten wiirde, ging sie ein Biindnis mit seinen Gegnern ein. Damit trat sie in vollen Gegensatz zu Sigmund und Albrecht, die den Universalismus in Europa aufrecht-erhalten wollten, wahrend Barbara bestrebt war, Bohmen und Ungarn vom Imperium loszutrennen und ein slavisch-magyarisches Sonder-reich zu begriinden. Fragen wir, woran ihr Plan scheiterte, so miissen wir den Grund in der Personlichkeit der Cillierin selbst suchen. Wohl gluckte es ihr, Albrecht von Bohmen fernzuhalten und die Ungarn gegen ihn aufzuhetzen, aber sie verstand es nicht, die Krafte des Widerstandes unter ihrer Leitung einheitlich zusammenzufassen und sich zur Konigin der Tschechen und Magyaren zu machen, sondern sie wurde in den Strudel der Ereignisse mit hineingerissen und gar bald durch Ptacek und Podiebrad in den Hintergrund gedrangt. Dieser Vorgang zeigt, wie wenig schopferische Kraft ihr inne-wohnte, und daB sie unfahig war, an die Stelle der Negation etwas Positives zu setzen. So kommen wir, wenn wir am Schlusse noch einmal Barbaras gesamte Tatigkeit iiberblicken, zu dem Urteil, daB sie wohl eine interessante Erscheinung in der politischen Geschichte des 15. Jahr-hunderts darstellt, aber keinen Anspruch auf den Namen einer be-deutenden Personlichkeit erheben kann. Beilagen. I. Des Thomas Prischuch Bericht iiber Barbaras Aufenthalt in Konstanz.1) Der maister sprach2): „Du solt ilit lan Min gnedige Fraw die sol auch stan In dinem ticht, das rat ich dir". Ich sprach: „Das ist min wil und gir, Wann ich wil nit vergessen zwar Der hochgeporen fiirstin clar Von art, von burt oin edle frucht, Hochwirdig loblich er und zucht, Durchleuchtig, breifilich ist ir art, Ir wort, ir werk sind ganz und z art. An allen presten ist ir gestalt, Ali tugend sind ir zu gezalt, Volkomen nit zu slecht zu wach.s) Gut siten und berd man an ir sach. Nit vil nit lutzel ist ir wort, Ali eren schaz ain edeler hort, Ir wort, ir werk sie zelt, wigt, mist, An kainem ding sich nit vergizt. Das kuniglich zucht nit loblich wer, Unnutzlich wort sind ir unmer, Si fleiflt sich aller sach auf das best. Ali zeit von anfang auf das lest. !) Lilienkron, Die historischen Volkslieder der Deutsehen Bd. 1 S. 43 Vers 805—836. a) Der Gewahrsmann des Diehters. 3) So steht im Original, Thomas gebraucht hier „wach" im Sinne von „weich\ Mit und weise wort an geferd Und furstlich kuniglich schon geberd, Ich mein, Fraw Barbara geleich, Die kunigin in dem romischen reich, Die kuniglich herrlich furstlich safi Ze Constanz wirdiglichen was, Bei des concilis zeit und weil Dar kom si iiber manig meil Und kuniglich er gepflegen, Got geb ir sin gnad und segen!" 2. Friedrich von Brandenburg unfl Barbara.1) Am Fastnacht des Jahres 1419, als Konig Sigmund nach Ungarn •zog, forderte der Herzog Ludwig von Ingolstadt den Markgrafen von Brandenburg in einem Schreiben zum Kampfe heraus und schalt ihn iibel. Alles das kam daher, dafi Herzog Ludwig, als Konig Sigmund nach Katalonien ziehen wollte und Geld haben mufite, dem Konig 17 000 Gulden zu leihen versprach. Dies tat er aber nicht, sondern lieh nur einen Teil. Als nun Konig Sigmund wiederkam, schwieg er und meinte: Hatte Ludwig dem Konige etwas geliehen, so solite er es von der Konigin fordern. Nun hatte Herzog Ludwig Briefe vom Konig hieriiber, und als der Konig fertig war, gab er ihm abermals einen Brief. Aber Herzog Ludwig zahlte das Geld des Konigs Amtsleuten nicht, wie ihm vorgeschrieben war, um die Schulden des Konigs zu bezahlen. Nun hatte sich der Markgraf von Brandenburg dafiir verbiirgt, und also hatte er das Geld gezahlt, wie der Konig vorgeschrieben hatte. Der Konigin aber tat er damit keinen Gefallen, was ihm nachher iibel bekam, wie du unten horen wirst, denn er wurde eines Verhaltnisses mit der Konigin verdachtigt. 3. Barbaras Verbannung.2) Als Konig Sigmund im Jahre 14193) aus Deutschland und von ■dem Konzil nach Ungarn kam, wurde seine Gemahlin Barbara groblich *) Windecke (Hagen Kap. 145). 2) Windecke (Hagen Kap. 142; Altmann Kap. 155). 3) Druckfehler bei Hagen I Dieser setzt statt 1419 im Text 1421, erwahnt dann aber in einer Anmerkung, dafi die in diesem Kapitel zitierten Ereignisse sich auf das Jahr 1419 beziehen. vor ihm verleumdet, so dafi er derselben sehr feindlich gesinnt wurde und sie weder sehen noch horen wollte. Als er sich Ofen naherte, mufite die Konigin hinweg unter die Gassen und Kumanen.1) Da-selbst war sie ein halbes Jahr, und man hielt sie und ihre Tochter und ihren Hofstaat sehr armlich, so dafi sie alle krank wurden, denn es kam manchmal vor, dafi sie weder Brot noch Wein auf dem Tische hatten, wenn sie sich zur Mahlzeit setzten, und dafi sie alles erst kaufen mufiten. Dies dauerte ungefahr dreiviertel Jahr, bis der Konig nach Wardein wollte. Als er aber in Zaus in Polen mit dem Konige von Polen eine Verabredung getroffen hatte, befahl er, die Konigin wieder nach Ofen zu fiihren, da er nach Wardein kommen und sie vrečar sehen noch horen wollte. Daher ftihrte man sie nach Ofen, und der Konig zog nach Wardein. Als der Konig darauf wieder nach Ofen reisen wollte, befahl er, die Konigin nach Wardein zu senden. Sie aber wollte nicht wieder dort hin-unter, eher wollte sie das Land hinan. So dauerte es ein halbes Jahr, dafi der Konig und die Konigin nicht zusammenkamen, bis der Konig nach Breslau aufbrach. Da verhandelten der Bischof Georg von Passau, ein Graf von Hohenlohe und der Graf Ludwig von Oettingen, der eine des Konigs Kanzler, der andere sein Hof-meister, und brachten einen Frieden zwischen dem Konig und der Konigin zustande, so dafi sie zu Gelitze oder Frauenmarkt am heiligen "VVeihnachtsabend zusammenkamen. Denn die Konigin kniete vor dem Konige nieder und bat um Gnade und ihr zu ver-geben, wenn sie irgend etwas gegen ihn getan hatte. Der Konig wollte ihre Worte nicht anhoren, aber seine Tochter, die Prinzessin Elisabeth, die er spater dem Herzog von Osterreich gab, ging za ihm, und da er sie sehr liebte, so gab er ihren Bitten nach und verzieh der Konigin, wenn sie irgend etwas gegen ihn getan hatte. Auch nachts waren sie dann beieinander. So war dieser Streit ge-schlichtet. 4. Barbaras Achtserklarung durch Albrecht Pest, II. Juni 1438.3) Domina Barbara regina socrus nostra antefati utputa quondam imperatoris relicta, quae multiplicium bonorum et verum temporalium ') Es ist unklar, was unter »Gassen und Kumanen" zu verstehen ist. 2) Teleki, Hunyadiak Kora Bd. 10 S. 41. copiosa affluencia in hoc regno nostro magnifice habundabat, malo freta consilia relictis cuiusmodibonis, quae ipsa regno in eodem possidebat atque in manus infidelium nobisque et Regnicolis nostris nocivorum hominum traditis, non coacta, sed suae malitiae effrenata voluntate, de ipso regno nostro ad Poloniae regem, nostrum et eiusdem regni nostri aemulum, se transferens malnit dignitatem suam pusilanamiter ipsius regis subdere dicioni quam in ipso Regno nostro grandi bonore donata, sed nulli defectui subiecta sui status libertate potiri inibique constituta plurima regno nostro detrimenta procurare non verens se ipsam ad quorum cumque bonorum in regno nostro inantea fiendam conservationem, omnium indicio inhabilem reddidit et indignam. Ob hoc antefatam Barbaram reginam de cetero ut cominus suae intentionis pravitas ac voluntas malignandi in nostri praeiudicium quidquam efficere valeat quo sibi minor suberit temporalis facultas, nolentes quibuscumque bonis et utilitatibus regni nostri frui et gaudere, maturaque praehabita deliberatione cupientes et volentes illa bona, quorum possessiones, usui et conservationi status honorifice directioni curaese serenissimae principis dominae Elizabeth reginae Hungariae de unanimi praelatorum et baronum procerumque et universitatis nobilium consensione dedimus dona-vimus et contulimus. 5. Aeneas Bericht iiber Barbaras Privatleben in Melnik. a) Historia Bohemica cap. 54.1) „Apud Graecium'2) Barbara ea tempestate3) decedit, inexhanstae libidinis mulier quae inter concubinos illaudatum aevum publice agitans saepius viros petiit quam peteretur neque Christianae ne-que alteri cuipam religioni astricta quippe quae superos inferosque esse ullos negabat. Ferunt eam ancillas saepe orantes ieiunantes-que increpasse quae corpus suum frustra macerarent fictumque caeli eumen placare verbis crederent. Vivendum suaviter dum vita suppetit fruendumque voluptatibus. Id tantum homini datum cuius anima cum corpore simul exstingintur, somniare qui alteram vitam sibi promitterent. Congrua moribus sententia. Nam qui relicto ') Aeneae Opera S. 130. 2) 1451. 3) Uber Koniggratz s. S. 61 Anm. 3. animo cultu voluptati corporis se dedere, gravati vitiorum sarcina non quibus explicent vitamque corrigant sed quae coeptum iter approbent, ea dogmata facile imbuunt. Neque inquinatis mentibus solamen ullum valentius quam tatum exstingui morte hominem oponentur. Una salus desperanti caelum inferos non timere. Corpus Barbarae quamvis infldelis feminae Bohemi Pragam tulere, peracto-que funere in sepulcrum regium condidere. Nec defuere sacer-dotes qui profanum cadaver ecclesiastico ritu sepelirent. Non sunt regibus scriptae leges nec in Bohemia quicquam non per-missum". b) Historia Friflerici.1) Eodem tempore Barbara quae fuit Sigismundi coniux ex domo ciliensi quamvis senectute confecta peste tamen interiit, nobilis genere, infamis vita mulier. Quam saepe in adulterio Sigismundus comprehendit, sed adulter ignovit adulterae. Nam et sibi nihil le-vius quam violare matrimonia fuit. Barbara vero tam inexhaustae libidinis inventa est, ut non tam crebro peteretur viris quam viros peteret. Ea post viri obitum Bohemiam se recepit apud Graecium Beginae. Ibi inter tantamque dementiae caecitatem delapsa est, ut sanctas virgines quae pro fide Jesii mortem subiere stultas publice compellaret quae voluptatis gaudia gustare nescierint. Nihil deinde homini suum dicebat nisi voluptates. Post hac vitam aliam esse negabat et interire animos cum corporibus asseverabat. Sed hanc tam scelestam feminam in domicilio Haereticorum apud Graecium defunctam scelerati et abominabiles Hussitarum sacerdotes Pragam duxere atque inter sua sacra regum tumulis condidere: digni qui tam impium funus peragerent impii. !) Kollar Bd. 2 S. 181. Spezialdruckerei fur Dissertationen, Robert Noske, Borna-Leipzig. Lebenslauf. Ich, Georg Hans Chilian, evangelischer Konfession, wurde am 18. Oktober 1885 in Zwickau als Sohn des Rechtsanwalts Eduard Chilian und seiner Gemahlin Helene geb. Greifenhagen geboren. Von Ostern 1892—1896 besuchte ich die hohere Btirger-schule und von Ostern 1896—1905 das Gymnasium meiner Vater-stadt, das ich Ostern 1905 mit dem Zeugnis der Reife verliefi. Im April 1905 bezog ich die Universitat Leipzig, wo ich mich sprachlichen und historischen Studien widmete. Ich besuchte die Vorlesungen und Obungen folgender Herren: v. Bahder, Barth, Bethe, Brandenburg, Brugmann, Bucher, Buchholz, Dittrich, Hirt, M. Heinze, R. Heinze, Hofmann, Immisch, Jungmann, Koster, Lipsius, Lamprecht, Martini, Schulz, Schmar-sow, Seeliger, Sievers, Volkelt, Wilcken, Witkowski, Wundt. Allen den genannten Herren, insbesondere Herrn Geheimrat Seeliger, spreche ich an dieser Stelle nochmals meinen herzlichsten Dank aus.