Jelica Sumic-Riha RATIONALITÄT IN DER ARGUMENTATION Wir wollen davon ausgehen, daß der Zusammenhang von Rationalität und Argumentation nicht selbstverständlich ist. Stellen wir deshalb die legitime Frage nach der Bedingung der Möglichkeit dieses Zusammenhanges. Diese Frage stellen wir an Habermas' Theorie des kommunikativen Han- delns, in der wir ein musterhaftes Beispiel eines solchen Zusammenhanges bzw. eines Rahmens für die wechselseitige Artikulation von Argumentation und Rationalität sehen. Habermas' Theorie fungiert dabei innerhalb seines Bemü- hens, das Paradigma der modernen, die kantische und aufklärerische Tradition fortsetzenden Philosophie vor der postmodernen dekonstruktiven Kritik zu verteidigen. Es handelt sich nach Habermas um eine Kritik, die vorschnell und unberechtigt die universelle Vernunft mit der instrumentellen, dem Werkzeug der Manipulation und der Herrschaft gleichsetzt. Den Hauptmangel der Dekonstruktion sieht Habermas darin, daß sie kein positives Projekt herausarbeitet, daß sie also das moderne Paradigma des Selbstbewußstseins nicht durch ein anderes Paradigma ersetzt. Ein solches Paradigma könnte nach Habermas das Paradigma der Verständigung, d. h. der intersubjektiven Beziehung kommunikativ vergesellschafteter und sich reziprok anerkennender Individuen sein. Erst dieses kommunikative Paradigma soll auch eine Kritik am verfügenden Denken der subjektzentrierten Vernunft ermö- glichen, davon ausgehend, daß es sich bei dieser Vernunft nicht um ein Zuviel, sondern um ein Zuwenig an Vernunft handelt. Habermas begreift die intersubjektive Verständigung als das der umgangs- sprachlichen Kommunikation eingeschriebene Telos, deshalb sieht er auch im Logozentrismus des westlichen Denkens bloß eine systematische Verkürzung und Verzerrung eines in der kommunikativen Praxis immer schon wirksamen, aber selektiv ausgeschöpften Potentials. Wie zeigt sich also dieses Vernunfts- potential der Kommunikation? Im Gegensatz zur subjektzentrierten Vernunft , die ihre Maßstäbe an Kri- terien von Wahrheit und Erfolg findet, findet die kommunikative Vernunft ihre Maßstäbe an der argumentativen, d. h. intersubjektiven Anerkennung der Geltungsansprüchen, die im Diskurs erhoben werden. Die der kommu- nikativen Praxis innewohnende Rationalität verweist also auf die Argumen- tationspraxis, in der die Teilnehmer ihre zunächst subjektive befangenen Jelica Sumii-Rilia : Rationalität in der Argumentation 43 Auffassungen zugunsten eines rational motivierten Einverständnisses über- winden. Rationalität und Argumentation bedingen sich also nach Habermas wech- selseitig: das dieser kommunikativen Rationalität innewohnende Telos ist das Einverständnis, das Mittel, um diesen Zweck zu erreichen, die Argumentation, d. h. die intersubjektive Anerkennung von Geltungsansprüche, die von den Teilnemern in der Argumentation wechselseitig erhoben werden. Das Grundproblem ist hier freilich: wie ist diese intersubjektive Aner- kennung zu erreichen? Was zwingt den Hörer, einen Geltungsanspruch zu akzeptieren? Es versteht sich nämlich von selbst, daß diese Anerkennung nicht etwas Beliebiges sein kann. Ebenso kann sie nicht von der Willkür des Adressaten oder von den akzidentellen Umständen der Sprechsituation ab- hängig sein. Nach Habermas ist die einzige Bedingung der Argumentation, daß alle strittigen Geltungsansprüche durch begründete Argumente eingelöst werden müssen. Er fügt noch hinzu, daß sich die Stärke eines Arguments an der Triftigkeit der Gründe bemißt, auf die es sich stützt, diese Triftigkeit der Gründe zeigt sich aber daran, ob ein Argument einen Teilnehmer der Argu- mentation überzeugen kann oder nicht. Wie ein stärkeres Argument vom schwächeren zu unterscheiden ist, darüber erfahren wir bei Habermas nur, daß dieser zwangslose Zwang des besseren Arguments, der in der Argumen- tation gilt, kein unnachgiebiger Zwang der logischen Schlußfolgerung ist. Mit der Verschiebung des Akzents vom 'Argument auf die Gründe hat aber Habermas sein Problem nicht gelöst. Wir haben noch immer nicht erfahren, was einige Argumente, und damit auch die Gründe, die auf Geltungs- ansprüche bezogen werden, stärker oder schwächer als andere Argumente macht. Eine Antwort auf diese Frage ist nicht möglich, solange wir nicht wissen, was es mit diesem zwangslosen Zwang des besseren Arguments an sich hat. Was ist diese dem Argument selbst innewohnende Verbindlichkeit, dieser immanente Zwang? Dieses Moment der Verbindlichkeit versteht Habermas als etwas Allge- meines, das alle konkrete Kontexte und Sprechsituationen tranzendiert. An- dererseits wirkt aber das Argument hier und jetzt, anders gesagt, das Argu- ment wird in einer konkreten Sprechsituation eingeführt und faktisch aner- kannt. Dieses allgemeine Moment, das Zeit und Raum tilgt, ist nach Habermas eine notwendige Unterstellung der Argumentation als solcher, denn nur als Verkörpung eines solchen Moments der Unbedingtheit dient das Argument als Grundlage des tatsächlichen Konsensus. Deshalb ist dem Argument gegen- über nur eine Ja/Nein Stellungsnahme möglich. Das Argument wird entweder akzeptiert oder zurückgewiesen. Diese Ja/Nein Stellungsnahme ist aber kein Ausdruck einer Willkür, sondern Ausdruck einer Einsicht. Das Argument wirkt als zwangsloser Zwang nur aufgrund dieser Einsicht in dieses allge- meine auf Konsensus abzielende Moment. Die Frage bleibt natürlich, wie der Hörer zu dieser Einsicht kommt? Die Schwierigkeit liegt darin, daß sich Habermas zu dieser Frage nicht explizit äußert. Wir werden zwei mögliche Antworten konstruiren, die Habermas zwar nicht kennt, die aber unserer Mein- ung nach mit seiner Theorie übereinstimmen. Die Hauptfrage jeder Argumentationstheorie lautet: worauf gründet die Argumentationsbewegung selbst? Hier sind zwei Lösungen möglich. Nach der ersten, naiven bzw. realistischen, die im Rahmen der traditionellen Rethorik 44 Vestnik IMS, 1988/1 zu finden ist, stützt sich die Argumentation auf Tatsachen. Argumentative Verknüpfungen, d. h. Verbindungen von Argument und Schluß, die auf der Ebene der Sprachstruktur durch Konjunktionen ausgedrückt sind, werden dieser Theorie nach durch den Zusammenhang zwischen den Tatsachen be- stimmt. Die Einsicht in diesen Zusammenhang zwischen den Tatsachen soll uns dabei vermittels der logischen bzw. empirischen Deduktion möglich sein. Die Schwäche dieser Theorie liegt darin, daß sie die Tatsachen und die Möglichkeit der unmittelbaren Einsicht in ihren Zusammenhang als etwas Gegebenes und Unfragliches annimmt. Deshalb ist das Auftauchen des Dissens in der Argumentation auf der Ebene dieses naiven Vorgehens unerklärbar. Die Ratlosigkeit angesichts einer mißlungenen Argumentation könnte folgende Frage illustrieren: »Wieso kann ich das einsehen, du aber nicht?« Die zweite Antwort geht von der Voraussetzung aus, daß die Argumen- tation in der Sprache (hier verstanden im Sinn der Saussurschen langue), eingeschrieben ist. Die Zwänge, die ein Argument mit einem Schluß, allge- meiner, mit einem Geltungsanspruch verbinden, wären so schon in der Satz- struktur des Arguments markiert. Der Adressat würde wissen, auf welchen Schluß bzw. Geltungsanspruch das Argument abzielt, sobald er das Argument selbst bzw. den vom Argument verwendeten Satz verstehen würde. Die Fähig- keit zur Beurteilung der Kraft des Arguments wäre dem Adressat — so wie dem native-speaker-hearer — schon mit der Sprachkompetenz selbst gegeben. Dieser Theorie nach verlangen nämlich Sprachmorpheme, vor allen die Kon- junktion und die Adverbe, einen spezifischen argumentativen Gebrauch der Sätze, in denen diese Morpheme aufftret ten. So kann die Konjunktion und nicht zwei gegensätzliche Argumente verbinden, während aber es wohl kann. Noch radikaler als diese »naive« linguistische Argumentatsionstheorie ist die strukturalische Argumentationstheorie, die vom französischen Linguisten Oswald Ducrot entwickelt wurde. Auch dieser Theorie nach stützt sich die Argumentation nicht unmittelbar auf Tatsachen, sie stützt sich vielmehr auf die Sprache — aus diesem Grund wird sie von Ducrot sogar als Argumenta- tionstheorie in der Sprache bezeichnet. Ducrot versucht aufzuzeigen, wie die Sprache, wie die Satzstruktur selbst die Argumentation regelt und bestimmt. Hier geht es aber nicht nur darum, daß sich eine Argumentationstheorie auf Tatsachen, die andere auf die Sprache gründen würde. Der Vorteil der von Ducrot entwickelten Argumentationstheorie liegt darin, daß sie uns zeigt, weshalb wir als Argumentationsteilnehmer davon überzeugt sind, daß wir uns auf Tatsachen stützen. Sie weist also nach, weshalb wir, um überhaupt argumentieren zu können, notwendigerweise die Natur dieser Tatsachen, auf die sich die Argumentation gründen sollte, verkennen müsssen. Diese »Tatsachen« der Argumentation müssen Ducrot nach als Bündel von Topoi bzw. Gemein- plätzen aufgefaßt werden. Die Tatsachen sind nichts anderes als die Kristalli- sation, die Erstarrung einer vorgängigen Argumentationsbewegung. Sie sind also nicht etwas unmittelbar Gegebenes — diese unmittelbare Gegebenheit ist vielmehr schon eine Verkennung der kreativen Arbeit der Argumentation. Diese Verkennung der wahren Natur der Tatsachen bildet aber eine kon- stitutive Bedingung der Argumentation: dieser Theorie nach drückt die Sprache keinen Zusammenhang zwischen den Tatsachen aus, sondern den Zusammenhang zwischen den Topoi, die konstitutiv fü r die Bedeutung der in einem Diskurs verwendeten Sätze sind. Mit anderen Worten, die Sprache als Jelica Sumii-Rilia : Rationalität in der Argumentation 45 solche trägt die Argumentation, jeder Satz, d. h., der Satz in der natürlichen, in der Umgangssprache, ist schon argumentationsmarkiert. Was sind also die Topoi? Prinzipien zur Bestimmung des argumentativen Werts der Sätze, die im Diskurs verwendet werden. Sie haben drei wesentliche Eigenschaften. Sie sind als universell, d. h. als fü r alle sich in der Argumen- tation betätigenden Mitglieder einer Sprachgemeinschaft gültig vorausgesetzt. Sobald ein Argument verwendet wird, sind mit ihm gleichzeitig auch die Topoi mobilisiert, d. h. die Prinzipien fü r sein Verständnis. Diese Topoi setzen, um überhaupt wirken zu können, dabei voraus, daß sie sowohl dem Sprecher als dem Hörer eigen sind. Der Konsensus über verwendete Topoi ist eine unabdingbare, vorgängige Voraussetzung jeder Argumentation. Die andere wesentliche Eigenschaft ist ihre Allgemeinheit. Wenn der Topos gelten soll, muß er als allgemein, d. h. als von jeder konkreten Situation, in der er verwendet wird, vorausgesetzt werden. Die Kehrseite davon ist natürlich, daß er in unzäh- ligen ähnlichen Situationen verwendbar ist. Die dritte Eigenschaft des Topos ist, daß er graduell ist. Seine typische Form ist: je mehr x, desto mehr y. Der Topos bestimmt den argumentativen Wert des Arguments, und zwar nicht nur so, daß er zeigt, auf welchen Schluß das Argument abzielt, sondern auch, wie stark das Argument fü r diesen Schluß ist. Mit anderen Worten, um die Kraf t des Arguments zu beurteilen, ist keine besondere Operation nötig, wir können vielmehr die Kraf t des Arguments einsehen, sobald wir die Bedeutung des Satzes, den das Argument verwendet, verstehen. Gerade wegen diesen Zusammenfallens der Erfassung der Bedeutung und der Beurteilung der Kraft des Arguments haftet am Argument etwas Zwanghaftes an. Und dieser Zwang ist dem Argument sozusagen immanent. Über das Argument und seinen Schluß kann nicht diskutiert werden, es läßt keinen Zweifel zu und muß en bloc akzeptiert oder zurückgewiesen werden. Und das heißt soviel wie: der Adressat des Arguments hat keine Freiheit. Die Aufgabe des Adressats ist darum schon im voraus bestimmt: der Adressat muß auf ein gegebenes Argument den angemessenen Topos appli- zieren. Welcher Topos angewendet wird, ist keineswegs der freien Beurteilung des Adressaten überlassen. Die Auswahl des Topos ist doppelt beschränkt: einerseits schon mit dem Prädikat, das im Argument verwendet wird. Alle Prädikate, die in einer Sprachgemeinschaft im Umlauf sind, sind schon an eine Menge der Topoi angebunden, und gehören als solche der überlieferten geistigen Schatzkammer dieser Gemeinschaft an. Diese Menge ist zwar nicht unbegrenzt, sie ist aber dennoch so umfangreich, daß noch ein anderes Kri- terium für die Auswahl des adäquaten Topos notwendig ist. Dieses Kriterium sind die im Argument verwendeten argumentativen Konjunktionen (und, aber etc.) und Operatoren (kaum, wenig etc.). Denn Vorrang dieser strukturalistisch-linguistischen Argumentationstheorie sehen wir darin, daß sie hinter dem angeblichen inhaltlichen Reichtum des Prädikats einen ursprünglich leeren Platz zeigt. Die Prädikate sind für diese Theorie nichts anderes als eine Leerestelle, in die sich verschiedene Topoi einschreiben. Aber auch der Topos selbst ist nichts anderes als eine Leere- stelle, so daß diese doppelte Leerstelle erst von dem ausgefüllt wird, an den sich das Argument richtet. Der Adressat füllt sie aber mit dem nächsten, selbstverständlichen — d. h. dem ideologischen — Sinn aus. Bedeutend dabei ist, daß der Adressat diese Leerstelle gewissermaßen spontan, unbewußt ausfüllt und gerade diese Unbewußtheit tritt als Bedingung dafür auf, daß 46 Vestnik IMS, 1988/1 er sich als Subjekt der Argumentationsbewegung konstituiert. Weil aber diese Konstitution des Subjekts in der Argumentation hinter dem Rücken des Indi- viduums vorgeht, können wir folgende These aufstellen: die Argumentation als eine der bedeutenden Formen der Alltagspraxis ist zugleich einer der bedeu- tendsten Mechanismen der ideologischen Interpellation. Die Poante dieser Argumentationstheorie liegt also im Folgendem: un- bewußt sind nicht nur die Topoi, die Sinn und argumentativen Wert der in der Argumentation ausgesagten Sätze bestimmen, unbewußt ist vielmehr auch ihr Gebrauch. An der Argumentation nehmen wir also solange teil, bis wir nicht über ihre Wirkungsprinzipien und Mechanismen reflektieren — sobald wir das tun, fallen wir aus der Argumentation heraus. Es kann noch so überraschend klingen und sogar im unmittelbaren Ge- gensatz zur Habermas' bewußten Intention stehen, wir meinen aber, daß sich problemlos eine Reihe von wesentlich verwandten Züge zwischen der Argu- mentation, die sich auf Topoi stützt, und der Habermasschen Logik der Argu- mentation zeigen ließe. Beide Autoren heben als ein wichtiges Moment der Argumentation ein universelles, den Teilnehmern der Argumentation gemein- sames Element hervor, das außerdem noch allgemein, d. h. unabhängig von der Sprechsituation sein muß. Für beide Theorien ist Ziel und Zweck der Argu- mentation der Konsens. In beiden Theorien bewirkt das Argument den Konsens durch einen zwangslosen Zwang. Der Unterschied liegt aber in der Bewertung des gesamten Argumentationsunternehmens. Beide Theorien unterscheiden sich in der Antwort auf die Frage, wozu die Argumentation als eine Form der zwecksorientierten Tätigkeit dient. Für die strukturalistisch-linguistische Theo- rie ist die Argumentation das Model einer Degradation des Individuums zum ideologischen Subjekts, f ü r Habermas' Theorie das Modell einer Realisierung der freien, zwangslosen Interaktion. Dieser Unterschied in der Bewertung zeigt sich am deutlichsten bei einer Instanz, die die Rolle des Garanten spielt. In bei- den Beispielen ist nämlich in der Idee vom Konsensus als einer vorgängigen Grundlage jeder Argumentation gerade diese Funktion des Garanten verkör- perte. Der Unterschied liegt darin, was den Platz dieses Garanten einnimmt. Im strukturalistischen Beispiel ist das ein gemeinsames geistiges, d. h. ideolo- gisches Erbe, bei Habermas tritt an diese Stelle die Vernunft selbst. Habermas beharrt nämlich darauf, daß bei der Bewertung des Arguments und des auf ihn bezogenen Geltungsanspruches die soziale Geltung vor der universellen Gültigkeit unterschieden werden muß. Die Hauptschwierigkeit dieser Unterscheidung liegt in der Gefahr, die jeweilige gesellschaftlich-geschichtliche Vorstellung von der Geltung mit der universellen Gültigkeit zusammenzuwerfen. Habermas setzt deshalb drei we- sentliche Punkte seiner Idee der Argumentation fest: 1. das Telos der Argumen- tation ist die Erzielung eines rational motivierten Einverständnisses, 2. dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn unsere Argumente die Kraf t haben, durch eine diskursive Einlösung der strittigen Geltungsansprüche zu überzeugen und 3. die Zustimmung eines universellen Auditoriums aller rationalen Men- schen zu erreichen. Wie können aber wir als mit verschiedenen Motiven ver- blendete Argumentationsteilnehmer dieses Ziel erreichen? Nun, dieses Ziel bleibt fü r uns unerreichbar, wenn wir uns nicht auf einen Punkt stellen, von dem aus wir die Gültigkeit des Arguments als solchen, d. h. seine universelle, kon- textunabhängige Gültigkeit beurteilen können. Dieser vorausgesetzte Punkt ist Jelica Sumii-Rilia : Rationalität in der Argumentation 47 der »Standpunkt der Unparteilichkeit« bzw. »der unparteiischen Standpunkt des vernünftigen Urteils«. Dieser Standpunkt der Unparteilichkeit fungiert also im Rahmen der Ha- bermasschen Theorie der Argumentation als Bürge des in der Argumentation erzieltes Einverständnisses. Obwohl er nämlich weiß, daß die Argumentation- steilnehmer fehlbar sind, ist er trotzdem — um sein Projekt der zwangslosen Argumentation zu retten — gezwungen, diese Instanz eines unfehlbaren und untäuschbaren Anderen vorauszusetzen. Habermas hebt gewiß zurecht diesen großen Anderen als nötige Unterstellung der Argumentation hervor. Er sieht aber nicht, daß dieser Andere genau als diese Unterstellung funktioniert. Er funktioniert solange die Argumentationsteilnehmern an ihn glauben. L I T E R A T U R A n s c o m b r e , J . Cl., Duc ro t , O., 1983, L ' a r g u m e n t a t i o n d a n s la l angue , Bruxel les . Ducro t , O., 1984, L e d i r e e t l e dit , Pa r i s . A n s c o m b r e , J . Cl., Duc ro t , O., 1986, L ' a r g u m e n t a t i v i t é e t i n fo rma t iv i t é , in : Mé- l a n g é s P e r e l m a n , B r u x e s e l l e s 1986. H a b e r m a s , J. , 1981, T h e o r i e des k o m m u n i k a t i v e n Hande lns , Bd . 1, F r a n k f u r t / M . H a b e r m a s , J . , 1985, D e r p h i l o s o p h i s c h e Diskurs de r Moderne , F r a n k f u r t / M .