W o ch c n b l a t t zum Nutzen und Vergnügen. Freytag den ,5. December. ^8>5. Fortsetzung des Prozesses des Marschalls Ney. Änl2i. November Morgens um 2 Uhr wurde der Marschall Ney untcr Bedeckung von 200 Mann Cavalleris aus seinem bisherigen Verhaftsorte nach dem^ Pallaste des Luxemburgs gebracht. Mtttags um halb 11 Uhr begann die öffentliche Verhandlung seines Prozesses in der Sitzung der Pairs-Kammer. Alle königl. Minister waren bey derselben gegenwärtig. Nachdem sämmtliche Pairs eingetreten waren, nahm der President und Kanzler des Wort, und machte den anwesenden Zuhörern bekannt, sie hätten das strengste Stillschweigen zu beobachten, und sich jedes Zeichens von Beyfall oder Mißbilligung" streng zu enthalten. Zugleich be-> fahl er dem wachhabenden Offizier, diejenigen zu verhaften, welche dawider Hans dcln würden Hierauf wurden die Zeugen ge.ttfen, Es tratcn deren scchszehn in v.n Saal, der Harscball Ney folgte ihnen, von vier Garde-Grenadieren ge- führt, und nahm seinen Sitz zwischen seinen beyden Anwälten, Hrn. Berryer und Hrn. Dupin Der Angeklagte wurde um Stand und Nahmen gefragt. Auf die gegebene Antwort befahl der President dem Ober - Gerichtsaktuar, die beiden königl. Verordnungen, vermöge welchen die Pairskammer ihn richten soll, und die Anklagsakte vorzulesen, aus welcher hervorgeht, daß der Marschall Ney beschuldigt ist: 1) Mit Bonaparte Einverständnisse zu dem Ende gehabt zu haben, um ihm und seinen Notten den Eintritt auf den Französischen Boden zu erleichtern , um ihm die Städte, Festungen, Magazine und Zeughäuser zn überliefern, lim ihn mit Geld und Mannschaft zu un-tersiützcn und das Fortschreiten seines Heranrückens dadurch zu beschleunigen, in welcher Absicht er die Treue der Offiziere und Gemeinen zu erschüttern gesucht habe ; 2) sich an die Spitze bewaffneter Rotten und Truppen gestellt, und das Korn-manto über dieselben gejührt zu haben, um zum Besten Bonaparte's Städte zu erobern, und der gcgcn ihn beorderten Kriegsmacht, zu widerstehen; 3) mit ei« Theile seiner Truppen zum Feinde übergegangen zu seyn; 4) durch an öffentlichen Orten gehaltene Reden, durch gedruckte und angeschlagen: Schriften Me Bürger unmittelbar gereitzt zu haben, sich gegen einander zu bewaffnen; 5) ftiae ^nnera-d n augeftuert zu yaben, zum Feinde über-zugehen, und ea^lich 6) einen Vn'cath an dem Könige und dem Staate began-gen, und Antheil an einer Verschwörung genommen zu haöen, welche dahm zielte, die Regierung zu vernichten, die Thronfolge abzuälwern, und den Bürge, krieg durch Aufwiegelung eiaes Einwohners gegen den andern anzufachen. Alle diese Verbrechen sind in dem peinlichen Gesetzbuche unter mchreren Artlkeln nebst der darauf gesetzten Strafe ausdrucklich enthalten. Dieses Aktenstück ist von sämmtlichen Ministern unterschrieben. Nach Ablesung desselben sagte der President zu dem Marschall Ncy: „Das Verbrechen dessen Sie angeklagt sind, ist ein Greuel in den Augen aller guten Franzosen ; Sie haben inoesseu nicht zu furchten , in der Kammer der Pairs einen Privathaß gegen sich zu sinden, sondern vielmehr günstige Stimmungen, die das Andenken an ihre vormahls ruhmwurdigm Thaten erregt Sprechen Sie ohne Furcht und se^en Sls dasjenige ausüxander, was Sie gegen die erhobene Anklage vorzubringen haben, un) wenn Sie vorläutt-ge Emwenoungen gegen die Befugnißder Kammer zu eröffnen haben, so lade ich Sie ei«/ dieselben geltend zu machen" Dieser Einladung gemäß erklärte der Marschall, da die Kammer der Paus entschieden habe, daß es ihm erlaubt seyn solle, seine vorläufigen Einwendungen der Kammer vorzutragen, so ersuche er, dieselben anzuhören, ehe man zur wettern Instrui-rung der Sache schreite. Der President erlaubte hierauf zdem Sachwalter des Beklagten, Hrn, Berryer, zu sprechen, welcher eine lange Rede hielt, in der er zu beweisen suchte, die jüngsten konigl. Verordnungen gegen den Beklagten seyen unzulänglich. Der zweyte Vertheidiger des Marschalls Ney, Hecr Diipin unterstützte diese Rede sodann durch cine weitere Auseinandersetzung. Die Mitglieder der Pairs-Kammer entfernten sich hierauf, um darüber zu berathschlagen. Bey ihrer Zurückkunft erklärte der President, es sey beschlossen worden, die köniql. Kommissarieu über diesen Punkt anzuhören; worauf der königl. Prokurator darauf drang, man solle unverzüglich zu der Verurtheilung des Angeklagten schreiten: dieser Prozes sey zur Sache von ganz Frankreich und von Europa geworden. Das von dem Marfchall Ney reklamirte Gesetz sey unnütz und wurde nur dazu dienen, den Gang der Sache auszuhalten Die Gewalt des Königs sey von so goßem Umfange, daßSe. Maj. darüber absprechen könnten , ob die Kammer der Pairs hinlänglich genug or-ganisirt sey, nm über den Marschall Ney Gericht zu halten, da die Konstituzio s-Akte dem Könige das Recht ertheile, Verordnungen zu erlassen, welche das Wohl des Staates erheischen. Nachdem Hr. Dupin seine Einwendungen gegen diesen Vorschlag gemacht hatte, entfernten sich die Mitglieder der Pairs-Kammer abermahls, um darüber zu berathschlagen, Bey ihrer Zurückkunft erklärte der President: die Kammer besiehst, der Marschall Ney soll gehalten feyn, sowohl seine vorläufigen Anträge, so wie seine Vertheidigungszeugen binnen 24 St. bey Strafe der Präklusion anzuzeigen« Die Kammer vertagte ihre Sitzung in die? ser Absicht auf den 23. d Monats. Gegen diesen Ausspruch wollte Her. Berryer eine Einwendung wegen Unznläng- iichkcit der Frist machen; dsr President antwortete ihm aber: Sie habm gehört, was die Kammer beschlossen hat. Der Marschall Ney wurde zurückgeführt und die Siyung aufgehoben. Unter den Zuschauern befanden ficl> an diesem Tage der Prinz Paul von Mür-temberg , der Fürst Metternich und andere ausgezeichnete Personen. Verübter Frauenmord. Ein Mann von 37 Jahren, der in einem eine Stunde von Brüssel gelegenen Dorfe wohnhaft war, ist verhaltet und in die Gefängnisse gebracht worden. Er ist überwiesen, seine 19jährige Gattin in einen Brunnen gestürzt zu haben, nachdem er eine Aussöhnung mit ihr geheuchelt , und sie unter dem Verwände, ein Glas Waffer zu trinken, zu jenem Brunnen hmgelockt hatte. Es scheint, das; eine andere Weibsperson, welche er hau-ßg besuchte, an dieser scheußlichen Unthat Theil genommen habe. Unerhörte Greuelthat. Zu Blois und zu Tours sind wieder ewige Verbrechen begangen worden, vor denen die Natur zurückschaudert. Sin Weib wurde vor den Gerichten überwiesen , an der Ermordung ihres fünfjährigen Kindev Antheil gehabt zu haben. Der Hund der Angeklagten war der beredetste Zeuge. Sein Winseln , die Beweise von Anhänglichkeit an das zarte Opfer des Mutterhasfes, hatten etwas Uebormitiir-lichcs Das Thicr lag auf den Kleidern seines jung,» Gebicthcrs. Ein wichtiger Verdacht e.hob sich gegen die Mutter. Sie hatte einige Tage nach den, V^vscb'.vin-dm chres Sohnes den Hund aus dem Hause entfernt und unvorsicktigerweise die Worte oft wiederholt: „Ein Hund gilt mehr als zwey Zeugen." Diese eben' so abergläubische als unnatürl che Mutter, hatte eine Kartenschlagen» zu Nathe gezogen , welche chr das Geständnis; ihres Verbrechens entriß, aber dieses Weib konnte nicht wieder gefunden weroen. Ein Zeuge sagte aus, er habe in der Nacht ' eine weiß gekleidete Person sich an den Ort verbergen sehen, wo der Hund auf den Kleidern des Ermordeten lag; er wisse aber nicht gewiß, ob es eiu Frauenzimmer gewesen sey. In den Verhören konnte man ihr zwar die That n:cht beweisen: aber sie wurde als )' itschuldige anerkannt, und zur Brandmarke und lebenslänglichen schwcren Arbeit verurtheilt. ____________ Gefährlicher Stiel-Kampf. Unter den vielen öffentlichen Vorstellungen, die in Kondon zr.m Besten de^Wntwel» undWanrn der beyWatnlooGefalleuen von Aunzljüngcrn aus eoiem Antrabe grgeben wuroen, befand sich auch ein Faujtkampf, (Boxen) woocy mtt edlem Wmeijer sich alle Faujttampser Londons einsanden, und einige Gange machten. Bclcher und Ca-les waren die beyden Hauptkämpfer, und Ersterer schlug sich noch üoerdieß mit einem jungen Anfänger in der Kunst, von athletischer Statur, und als derber Schläger bekannt Allein Belcher, mit semer Ueberlegenheit auj der Blutszene, ward sei- ner dennoch Meistor, und scklug ihm ein Aug aus. Das Publikum schrie: „genug!^ und vie H.indschuhc wurden ausgez-gen. Die Zuschauer wareu schr zahlreich, und von den ersten Honorazio-rcn; n:an erinnerte sich nicht weder so lange Dauer des Schauspiels , noch so hohen Genusses, als den dieses gewährte. Stockjäger. In England finden sich, eine Menge Personen, welche bloß von dem Mehr oder Minder der Staatspapiere ihr Lcb^n fristen Ausser den grössern Häusern, die in das Grosse spekuliren, und Tausende auf das Spiel setzen, um Tausende zu gewinnen , g'bt es eine Menge Wechsler, die ihr Gewerbe im Kleinen treiben, und besonders unter dem Nahmen IV^lie^ lie^ei'5, oder Jobbers, (Stockjäger, Mäck-ler,) -begriffenes!nd. In London sammelt sich täglich von i! bis Z Uhr ein Hausen dieser gierigen Menschen beyder Bank, und gieöt den ruhigen Zuschauern durch ihr Geberdenspiel, und ihr Treiben und Drängen einen schr unterhaltenden Anblick Das Geschrey , das Stössen und Drängen dieser Akzienhändlsr, welche alle einen vortheilhaften Käuf erHaschen wollen, ihre größtentheils falschen politischcnNachnchten «ndKanncgiessereyen verursachen einenLärm, der dem des Englischen Pöbels volikom-nien gleich ist Gewöhnlich kann man dann sein eigenes Wort nicht verstehen. In solchen Fällen, die nichts weniger als selten sind, wird das Stillschweigen durch den Büttel der Bank anf folgende Art wieder hergestellt. In seinem Di?nsiorna-te, einem schcnlachenen langen Rock , mit einem goldbortirten Hut, besteigt er eine Art Kanzel, in der einen Hand einen sangen Stab mit einem silbernen Knopf, u id n der andern e-ne Nachtwächterkla-pe, welche er so heftig und kraftvoll über den Kopsen des Haufens schwingt, daß die stärkste Lunge durch das Getöse zum Schweifn gebracht, ynd jedes Verstehen einer Rede' unmöglich wird. Dieses dauert eine Zeitlang fort, und dadurch wird der lärmende Trupp dieser gemeinen Gtock-jägcr veranlaßt, auseinander zn gehen Männer Verkauf. Bekanntlich verkaufen unter dem englischen Volk die Männer ihre Weiber auf dem Markte, wenn sie unzufrieden mit ihnen sind. In der Grasschaft York ist dieß kürzlich ziemlich oft vorgefallen. Aber als etwas Neues führt die Yorker-Zeitung an, daß vor Kurzem ein Weib ihren Mann beym Marktkreutze zn Dews<-bury verkauft hat, und zwar um ein Six-vence. (Es ist, ein Glück, daß dieser Gebrauch auf dem festen Lande ganz fremd ist ; sonst würde der eine oder der ande-re von uns Männern auch wohl ssinsr Ehehälfte ein Sixpence einbringen. Grabschrift eines Grobians- Hier ruht Hans Cafpar Grobian, Ein Klotz wie's keinen geben kann , Lag' er nicht ohne Hut im Grab , Er nahm' ihn selbst vor Gott nicht ab.