^.Freiheit, Wthlftimd, Aildaig str All«/' Rr. S». Mittwoch, «. Mai 18««. V. Jahrgang. Die ^Marburger Zeitung" erscheint jeden Sonntag, Mitlivoch und Freitaj^. Preise — siir Marburg: ganzjährig 6 fl.. halbjähug 3 fl.. vierteljährig 1 fl. 50 kr; für Zustellung ins Haus monatlich 10 kr. — mit Postversendung: ganzjährig 8 fl., hallijährig ^ fl.. virrteljährig 2 fl. Die ein Mal gespaltene Garmondzeile wird t'ei eiumaliger Einschaltuug mit 10, bei zweimaliger mit 15, bei dreimaliger mit 30 kr. berechnet, wozu für jedesmalige Einschaltung 30 kr. Jnseraten'Siempelqcbiihr kommen. Abonnements-Einladung. Bei Beginn deS neuen Monates machen wir die freundliche Einladung znr Pränumeration. PrSnumeratioms-Preis. Fiir Marburg mon«Uich SV kr., mit in » Hau» KV kr., «it p»ft»»rsr«d«ng »ierteljShrig L fl, haldjälirig 4 A.. ganzjährig » fl. Die Administration der „Marburger Zeitung." Zur Geschichte des Tages. Krieg ist die Losung! Das Rundschreiben dcS Ministers Lamar-mora an die Vertreter der italienischen Regierung im Auslände, die neuesten preußischen Noten und Zeitungsartikel lassen an die FttedtNslielie unserer Rachbarn im Süden und im Norden nicht mehr glauben. Es ist z'lu^r anzunehmen, daß der erste Angriff uns von Italien bevorstelie, allein es wäre anch die Eröffnung der Feindselit^keiten von preußischer Seite keine Unmöglichkeit. Wenn Oesterreich jeßt seine ganze Armee auf drn Kriegs, fuß stellt, so dürfte dies wohl nicht befremden, denn es würde danlt nur das Versäumte nachholen. Der Ernst der Lage tritt so mächtig an unS heran, daß auch unsere Vorkehrungen fich in gewaltigem Maße steigcl^n müssen. Bismarcks Leibzeitung, die „Nordd. Allg ." berilft sich auf einen Abschnitt aus einer „die Herausforderung Oeste>reichs" betitel-.ten. in Berlin erschienenen Flugschrift, worin es unter Anderem heißt: „Die Schlacht von PharsaluS zwischen dem Hause Oesterreich und dem Hause Brandenburg muß gekämpft werden, wenn Oesterreich sich nicht noch im letzten Augenblick bestnnt und Preußens gerechte, auf da» Wolil Deutschlands gerichtete Pläne der Einverleibung Schleswig-Holsteins in den preußischen Staat anerkennt. Der Augenblick lirgt für uns so glück-lich. wie vielleicht nie wieder. Den Entschlüssen unserer Regierung wird österreichische Zntrigue „des Gedankens Blässe" nicht ankränkeln ; wir werden, der Worte deS alten, großen Friedrich eingedenk, „die Ohren steif halten, eine gute Husche, so wird Alles klar tverden!" — Nachdem die „Wochenschrist des Nationalvereins." die „Nationalzeitung" und alle übri' gen Berliner Blätter längst die Forderung aufgestellt, im Falle eines angriffsweisen Vorgehens von Seite Oesterreichs müsse die freisinnige Partei sich um Preußen schaaren, macht nun auch die „Köln. Ztg.". die gleich den übrigen Blättern am Rheine bisher gegen den Krieg sich erklärte, eine Schwenkung und sagt: „Wer ^ kann Preußen eK verdenken, daß es auf Oesterreichs Versicherungen, es sei weltbekannt, daß Oesterreich nur sich vertlieidigen alier nicht angreifen wolle, gar kein Gewicht gelegt? Was eine solche Versickerung Werth sei, haben wir 1859 gesehen. Bismarck, der mit großem Widerstreben zur Abrüstung geschritten, hat die Genug-thnung. daß Oesterreich selbst ihm den vortrefflichsten Borwand liefert, um die Rüstungen fortzusetzen. Oesterreich rennt wie das liebe Vieh, wenn die Scheune brennt, selbst ins Feuer." An Vaiern und Sachsen ist von Seite des preußischen Kabi-netes die Aufforderung zum Abrüsten ergangen. Von Baiern hat Bis-marck bereits eine bündige Ablehnungsantwort erh^^lten. Baiern erklärte, erst in dem Augenblicke seine Rüstungen einstellen zu können, wo durch eine Vereinbarung zwischen Oesterreich und Preußen die Gefahr eines Krieges behoben sein wird. Sachsen wird zuversichtlich dasselbe thun. Hat doch der sächsische Minister von Betlst schon ans der Konferenz mittelstaatlicher Minister zu Augsburg erklärt, daß die Abrüstung an und für sich keinerlei Bürgschaft für die Erhaltung des Friedens gewähren würde — das Uebel müsft an der Wurzel angegriffen und die Herzogthümer-Frage endgiltig gelöst werden, sonst liabe man nur unen bewaffneten, einen faulen Frieden erlangt, der früher oder später doch zum Krieg füh-ren müßte. Ueber den italienischen Kriegsplan wird der „Triester Zeitung" aus Florenz geschrieben, daß die Rollen bereits vertheilt sind. Es ist ausgemacht, daß der König persönlich mit Lamarmora als General-Adlatus den Oberbesehl über die operirendc Armee führen lverde. lvelche folgendermaßen verwendet und von folgenden Generalen, deren Jnstruk-tioncn präzisirt sind, tommandilt werden würde. Die Armee würde angeblich in zwei Theile, nämlich in eine Anizriffs- und eine VertheidigungS-Truppe, getheilt werden. Der erste Theil. welchem die Aufgabe zufiele, am Po den Angriff anf Oesterreich zu unternehmen, würde auS drei m r o t h e I» Arn g. Von z. temme. (Fortseßung.) Der Polizeirath war vor dem Stübchen Carolinens. in tvelchem drei Frauenstimmen hörbar waren. Zuerst die Stimme der Tochter des Hau-ses. Das brave Kind hatte noch ihren frischen, kecken Mnth; sie wußte nicht, was ihrem Vater widerfahren war, ivaS ihrer Multer drohte, ivas über sie selbst bestimmt war. Sie war mit der armen verlassenen Liesbetli allein in dem Stübchen gewesen; sie hatte sie zu trösten gesucht, si« hatte Pläne für sie mit ihr aufgebaut. Darüber war die Mutter gekommen, und wie anders hatte diefe kommen können, als alle Pläne zerstörend, allen Trost raubend? Aber den Muth ihres Kindes hatte sie nicht stören können noch nicht. „Rein, Mutter," hörte der Polizeirath sie sagen, mit einer Stimme, die von Wort zu Wort mehr ihren wachsenden Muth. ihr edlcs Herz zeigte, „nein. Mutter, der Fritz darf nie und nimmer jene häßliche, gelbe, mißgünstige, boshafte Person heirathen. Er darf, er soll nicht für sein ganzes Lebe« unglücklich werden." „Wie könntest Du das hindern?" sagte die Mutter. „Der Vater will eS; die Belobung ist geschloffen." »„Wie das zu hindern ist? Der Fritz braucht nur nicht zu wollen. Und er soll es aicht. Ich werde noch heute Abend mit ihm sprechen. — Er hat keinen Muth dlm Vater gegenüber, willst Du mir einiverfen. Aber ich werde ihm auch den Muth schon bringen. Ich werde ihr, daran erinnern. waS er als ehrlicher Mann dem Mädchen da und seinem Kinde schuldig ist. Und wenn er erst den Muth hat. waS selilt ihm denn noch? Das Geld seines Vaters? Dafür hat er ein paar starke, kräftige Arme zu« Arbeiten, und die Liesbeth wird ihm treu helfen. Sie war immer eine tüchtige Arbeiterin hier im Hause. War sie daZi nicht. Mutter?" ^Za. daS war sie." sagte die Mutter. „Und ich werde et auch dem Fritz sein." rief schluchzend die Magd.^ Caroline aber fuhr »nit muthigerer Stimme fort: . „Und die Liebe wird Euch Beiden helfen. Eure Liebe und die mei-nige mit. Ich ziehe mit Euch, ich werde mit Euch arbeiten. Ich lverde Dich pflegen. LieSbeth. »venu Du Deines Kindleins genesen bist. Wir »Verden schon durchkommen ohne diese Steinauers —" „Ein prächtiges Mädchen!" mußte der Polizeirath unwillkürlich ausrufen. „Ein edles Herz!" setzte tvohl eben so unwillkürlich eine Stimme dicht hinter il)M hinzu. Er sah sich um, der Baron Stromberg stand hinter ihm. mit fast verklärtem Gesichte, und mit demselben verklärten Gesichte hatte der vornehme, steife, peinliche Barvn gelauscht und lauschte er noch. „Hm. hm. Herr Baron —" sagte der Polizeirath nur. Auch er mußte weiter lauschen. „Mein braveS Kind." hörten sie die Frau Sellner sagen, und auch die Worte der Frau lvurven durch Thnmen unterbrochen. „Meine brave, artne Caroline. Du ivoUtest mit Deinem Bruder ziehen? Auch über Dich hat Vater schon bestimmt." „Ueber mich — ohne mich?" ..Der Gottsried Steinauer soll Dein Mann werden; der Vater hat eS dem alten Steinauer zugesagt, und Deine Verlobung soll noch heute AbtNd gefeiert werden." Der Baron Stremberg war näher an die Thür getreten. Er stand nicht mehr hinter, er stand neben dem Polizeirath und machte bei den letzten Worten plötzlich einen Satz, »o oaß dieser ilin verwundert ansah. Drinnen im Stübchen. rief Caroline Sellner: „Dle gelbe Charlotte Steinauer meine Schwägerin? —" Caroline rief eS in einem Tone, als wenn sie hell und laut auflachen muffe. Aber sie hatte die Lachlust bezähmen können. Mit ihrer klarsten, festesten, mnthigsten Stimme fuhr sie fort: ..Ich die Schwiegertochter der Stein-auers? Ich in das HanS dieser Menschen? Sieh. Mutter, ich thäte AlleS. was Du und der Vater von mir verlangen, und wahrdaftig. wenn es nicht die arme LieSbeth hier und ihr Kind und die Ehre meines Bruders gälte und wenn eS nicht gerade die häßliche, boshafte gelbe Charlotte Armttkorps bestehen, welche von Cialdini. Cuchiliri Uttd Brignonne kom-mandirt und die Stellungen von BoloMa bis Ferrara einnkljmen wür-den. Ein zweites starkes Korps wilide unter Durando in der Lombardei an der Mincio-Grenze aufgestellt werden und die Ausgabe haben, eine Diversion der Oestcrreicher in die linke Flanke zu verhindern. Ein cinde-re» Korps unter De Sonnaz würde in der Emilia als UnterstüKuNj, bleiben, um nach Bedars an die geeigneten Punkte zn rücken, und ein 50.000 Mann starkes Reservekorps uutcr Eonte Petitti würde in Süd-Italien zwischen Neapel und Eapua aufgestellt werden, mit der doppelten Aufgabe. Süd-Ztalien zu bewachen und als Reserve gegen Oesterreich verwendet zu werden. Prinz Humbert werde unter Cialdini eine Armee-Division kommandiren. und seine Equipage sei bereits in Genua eingetroffen. zugleich mit jenen zwei Bataillonen Infanterie und einer Kompagnie Artillerie, welche der Dampfer Volturno ans Neapel nach Genua gebracht hat. Bei der Po Armee wurde bereits die Ausstellung des Feldtelegraphen angeordnet und bei Pizzighettonc eine feste Position zwischen Formigara und Cavaecerta geschaffen. Mit Einem Worte. Alles wird, wie es heißt, vorbereitet, um. sobald die einberufene Mannschaft bei den Fahnen eingerückt ist. zum An<;riffe schreiten zu können. Man rechnet auf die Mitwirkung der Aktionspartei und liofft. daß mindestens 50.000 Freiwillige unter persönlicher FühruNj; Garibaldis sich dem Angriffe anschließen werden. Wenn die Sachen so stehen, ist an einem Angriffe Italiens auf Oesterreich kaum zu zweifeln, auch wenn Italien allein kämpfen müßte." Das Einverstandniß Napoleons mit Preußen und Italien muß wohl schon einen sehr Hohen Grad erreicht haben, wenn ein Blatt seiner Regierung eine Sprache führt, wie die „Franee". Nachdem sie betont, daß Oesterreich in Venetien große Rüstungen vornehme, was in Italien lebhafte Urforgniß errege, drückt sie it»r Bedauern darüber aus. daß. nachdem im Nordeu die Kriegsgefahr beseitigt, im Süden sich dasselbe Spiel wiederhole. Und doch liege weder im Interesse Italiens noch Oesterreichs ein Angriffskrieg. Italien könne nur durch die Politik der Mäßigung und Klnglieit gewinnen. Die venetianische Frage könne Viel eher durch den Frieden als durch den Krieg „elöft werden. Ein Angriff Italiens gegen Oesterreich müßte für ersteres verizängnißvoll werden, dknn es könne dann nicht mehr auf die Sympathien Frantr.ichs rechnen. Die „France" halt sich daher für nberzengt. daß Oesterreich nichts von Italien zu befürchten habe. Ein An.^riff Oesterreichs gegen Italien sei aber eben so unwahrscheinlich, denn um in die Lombardei einzudringen, müsse der Zürcher Verlrag vernichtet weiden. Das wolle Oesterreich gewiß nicht. Die Unabhängigkeit Italiens, die sür die Sicherheit Frnnk-reichs nothwendig. wurde auf den Schlachtfeldern von Mai^enta und Solferino errungen. Dieselbe in Gefahr bringen, heißt die französischen Interessen bedrohen, die unS geboten, im Jahr 1859 daS italienische Volk zu unterstühen und zn befreien. Was sollen aber dann die beiderseitigen Rüstungen und Borsichtsmaßregeln? DaS loyalste und einfachste Mittel, jeden Verdacht zu beseitigen wäre, im Süden daS zu thun. was man im Norden gethan. Die beiderseitige Herstellung des frühern Standes. Die Truppenkonzentrirungen im Süden müßten die Lage verwickeln. Eine Entwaffnung darf, um ernstlich genommen zn werden, keine bloße Ver-setzung der Regimenter sein, Preußen könnte dann einwenden, daß es seine Vorbereitungen nicht einstellen kann, wenn Oesterreich eine so bedeutende Armeein Benetien auf dem Kriegsfuße hält, die jeden Augenblick nach dem Norden dirij^irt werden kann. Dadurch müßten die griedenSunter-Handlungen gefährdet werden. Es ist daher nothwendig. daß diese letzte Ursache des Konfliktes beseitigt werde, und das kann nnr durch die gleichzeitige Abrüstung in Italien und Oesterreich geschehen. Die „France" geht dann ans die Haltung Frankreichs in diesem Konflikte über und sie bethcuert aufs Neue, daß Frankreich durch seine loyale Neutralität d-n Frieden aufrechtzuhalten sucht und suchen wird. „Aber." bemerkt sie wei- wäre, ich würde dem Frij^ sagen: unterwirf Dich dem Befehle Deines BaterS. Und auch ich würoe jedem anderen Manne, den der B.iter wollte, meine Hand reichen — ja. ich würde es. Aber zu diesen Steinaners — nie und nimmer. Mutter. Und nun darf der FriK erst recht die Person nickt heirathen und er soll noch heute Nacht den rothen Krng verlassen, und die Lisbeth soll heute Nacht bei mir bleiben und wir Beide werden ihm morgen folgen. Gieb unS Deinen Segen dazu, gute Mut-ter. Dann wird uns auch der liebe Gott seinen Segen geben, und an seinem Segen ist Alles gelegen." Die Mutter weinte und auch die Liesbeth weinte. Auch Earolinens Augen mochten seucht geworden sein. Aber sie konnte mit ihrer klaren Stimme sortfabren: „Fasse Muth, Mutter. Es gilt ein gutes Werk und das Glück Deiner Kinder!" Und die Mutter hatte Muth gefaßt. „Seid gesegnet, meine Kinder l" sagte sie. „Möge GotteS Segen immer bei Euch sein." „Arme Mutter'" rief Caroline, und jetzt hörte man auch ihre Stimme zittern. „Hm. Herr Baron?" sah der Polizeirath fragend den Baron an seiner Seite an. Der vornehme Herr sah sonderbar genug aus. Das hübsche Gesicht hatte seine gewöhnliche steife, etwas aktenmäßige Unbeweg-lichkeit in diesem AUl,enblick völlig verloren. Es war hochgeröthet; die Augen leuchteten darin, die Lippen waren wie zu einem Ausrufe des Glückes, des Entzückens geöffnet. — „Was lvünschen Sie? " fragte er den Polizeirath. „Sie waren mit Ihrem Protokoll fertig?" „Mit meinen Notizen." „Die sollen Ihr Protokoll vertreten!" „Vorläufig." „Und nnn?" „Und NN« " sagte der Baron, „werden wir zum Verhör der Frau Sellner schreiten." Sei« Gesicht war wieder normal aktenmäßig ge-morde«. „Und also." sagte der Polizeirath, „zu dem Amen der hübschen Ma«sel! Caroline anch «nser Ame« hinzufüge«?" ter. „diese Neutralität kann nicht zur Indifferenz werden werden. Frank-reich ist nicht, wie England, inmitten deS Meeres isolirt. eS ist eine kon-tinentale M«icht. die besonders in Italien und Deutschland an Allem interessirt ist was dort vorgeht. Seine Intervention in diesen heiklen Kragen muß daher ebenso klug, wie seine Neutralität beobachtend sein." Für s allgemeine Stimmrecht. IN. Marburg, 1. Mai. In keinem Staate ist das allgemeine Stimmrecht so entwickelt, und der Möglichkeit einer Fälschung so entzogen. alS in der Schtveiz — nnd ich entrolle meinen Lesern von den Bildern der Volksabstimmung, die ich dort gesehen, hier das allerschönste. Appenzell Außer-Rhoden gehört zu den sogenannten „Landsgemeinde, ftantonen". jenen Freistaaten der schtveizerischeti Eidgenossenschaft, in wel» chen die höchste Machtvollkommenheit in der Versammlung aller Staatsbürger ruht. Der letzte Sonntag im April ist der feierliche Tag. an welchem jährlich dieses oberste Recht des Volkes ausgeübt wird. Die „Landsgemeinde" der Appenzeller A.-Rh. versammelt sich abwechselnd in den Dörfern Hundweil und Trogen. Bor der Eröffnung wird Gottesdienst gehalten, und dann begaben sich die Landmänner, wie dort die Vollbür« ger heißen, auf den Platz der LandSgemeinde: in dunkler Tracht, in der Tracht, in welcher sie daS „Abendmahl" nehmen, ziehen sie nach Rhoden (Rotte. Gelneinde) geordnet. hinauS auf die Wiese neben dem Kirchhof und bilden einen lveiten KreiS, in deffen Mitte sich .,der Stuhl" erhebt, die Bütine. auf welcher die Landesbeamteu sich befinden. Da stehen im „Ringe" die „Landmänncr" — vom Jüngling mit achtzehn bis zum siebziWhrig'N Greise — jeder tnit einem Seitengewehre bewaffnet: wer nicht wehrfähig ist. darf nicht stimmen. Wehrlos ist aber nur der Ehrlose, der kraft eines gerichtlichen Urtheils wegen einer unehrenhaften Handlung daS Recht verloren, zur Bertheidignng des BaterlandeS die Waffen trligen zu dürfen. Die Landsgemeinde beginnt mit dem von der Veefaffung vorgeschriebenen Eide der Landmänner: barhaupt, den Säbel in der Linken, die Rechte mit den drei Fingern emporgestreckt, schtvören „im Antlitz des offenen Himmels" zehntausend Staatsbürger Treue der Verfassung und Gehorsam den selbstgegebenen Gesetzen. Der Landammann, der höchste Voll-ziehungSbeamte des Freistaates, legt dann Rechnung über die Verwaltung des ItilireS und die Frage: ol) man dieselbe genrlimigen wolle oder nicht, gelangt zur „Abmehrnng." d. l). zur Abstimmung, ob sich die Mehrheit dafür oder dagegen erklärt. Die Abstimmung geschieht durch Aufheben der Hände: ist man im Zweifel, so löst sich' der KreiS auf, und die Landmänner treten rechts oder links, je nachdem einer stimmen tvill. Aus gleiche Weise werden die Gesetze angenommen oder abgelehnt, welche der ^^andrath (gesetzvorbereitende Versammlung, ähnlich unserem Landtage) enttvorsen. Lan^sgemeinden anderer Kantone pflegen vor der Abstimmung oft weitläufige und lebhafte Verhandlungen — in Appenzell A.-Rh. ist dies nicht der Brauch nnd »vird nur einfach abgestimmt. Die Gesetzentlvürfe werden ja durchs Amtsblatt verbreitet und am nächsten Sonntag in jeder Gemeinde der versammelten Bürgerschaft vom „Ammann" oder „Schrei-der" vorgelesen. Die Presse ist frei: es gibt kein Preßgesetz, keine Kon-Zession, keine Kaution, keine Konfiskation. Unter all' diesen zehntausend Landmännern ist vielleicht keiner, der nicht lesen kann — keiner, der nicht liest, eifrig liest: bis in die höchsten Bergdörfer, zu den einsamsten Alp» Höfen ljinauf werden die Aeitungsblätter getragen. Vereins« und Versammlungsrecht sind durch die Verfassung gewährleistet und dnrch kein Vereins- und Versammlungsgesetz beschränkt. Wer zur Landsgemeinde „Hm." sagte der Baron. „Wollen Sie die Frau hier gleich in dem Siübchen verhören?" frligte der Polizeirath weiter. „Hm. hier?" „Oder wollen Sie sie lieber herausrufen? Es gäbe noch einen dritten Weg. Wir ließen sie hier durch einen Gensdarmen arretiren. Der lange Schmidt ist unten, jeden WinkeS gewärtig." „Gehen »vir nach unten —" Sie verließen mit leisen Schritten die Thür, den Gang, stiegen die Treppe hinunter und gingen in die Fremdenstube. Sie waren allein darin. „Soll ich den langen Schmidt rufen?" fragte der Polizeirath. „Er ist drauben, ich brauche nur das Fenster zu öffnen." „Warten »vir noch." „Sie haben mir vorher etwas zu sagen?" „Nein, nein!" „So möchte ich vorher wenige Worte mit Ihnen sprechen. Herr Va-rou. Sie gestatten mir l)ies doch?" „Ich bitte." „Diese Untersuchung ist auf ausdrücklichen Befehl deS HofeS einge-leitet." „Wenigstens auf diplomatische Veranlcissung." „Also jedenfalls in einer eigenthümlichen. ungewöhnlichen Weise." „In einer abnormen sogar, wenn Sie tuollen." „In gleicher Weise sind auch Sie. Herr Baron, unter ganz befon-deren Befugnissen mit der Einleitung und Führung der Sache beaufttagt." „Durch einen unmittelbaren Befehl des Ministers, der mir zugleich in. Allem freie Hand läßt." „Und so bin auch ich Ihne« zwar zur polizeilichen Assistenz beigegeben, tiber mit der ausdrücklichen Weisung, nur Ihren Anfordernnge« Folge ju leisten." „Hm. ja." „Darf ich Ihnen den Grund hervorheben. war»m daS AlleS so geordnet ist?" kommt ^ und kommen muh bei Sirafe Jeder, der nicht krank oder landeSabwesend ist — bringt die volle Kcnntniß deS Gesetzentwurfes mit. über den er sich ertlürkn muß — jeder Lnndmann h0t sich über den Werth dessclben eine bestimmte Meinung bilden können, und hat sich stetS eine gebildet, wie die Erfahrung lehrt — eine Berathung in der Lands-gemeinde ist daher nicht mehr nothnieiidig und es kann zur Abmehrung geschritten werden. Am Schlnsse der Bersammlung findet die Wahl der Bundesvertreter und Landesbeamten statt — immer nur für rin Jahr, jedoch mit dem Rechte fernerer Wählbarkeit. Ist die Landsgemeinde zu Ende, dann kehren pie Landmänner rhodenweise, wie sie gekommen, nach ihren Heimatgemeinden zurück und der Tag wird festlich zuge« bracht — als ein Bolkstag in deS Wortes bestem Sinne. (Schluß folgt.) Aus i>rm Vttichtssaalt. (Ueber den Tod der Familie Tuvora.) Die Untersuchung, welch-' von dem Wiener LandeSgerichte gegen granz Tnvora wegen des Verbrechens des Mordes und des Betruges geführt worden ist, wurde mit Beschluß vom 24. d. M. nach Z. 197. Zahl 2 St. P. O. mit Bezug aus Z. 224 St. G. eingestellt. Den dies« fälligen Gründen, in so weit sie den Mord betreffen, entnehmen wir: Nach dem Ergebnisse der Untersuchung sind Franz Tuvora. seine Gattin und seine Kinder Äloifia, Joseph und Karl an den Folgen einer Cyankali-Vergiftung gestorben und eS rühren die noch vorgefundenen Giftstoffe von zersetztem Cyankali her. Franz Tuvora hat in einem von ihm geschriebenen Promemoria seine zerrütteten Bermögensverhältnisse, die Besorgniß wegen unehrenhafter, ja geradezu verbrecherischer Handlungen dem Strafrichter anheimzufallen, als Grund jener furchtbaren Ktttastrophe angegeben und theilS durch die Situirnng der Leichen in zwei neben einander liegenden Gemächern, durch verschiedene religiöse Apparate, welche er theils in den Betten seiner Gattin und Tochter hinterlegte, theils auf dem Tische des einen Zimmers auf-stellte, endlich durch eine schriftliche Erklärung seines Sohnes Karl den Eindruck hervorrufen tvollen, daß es sich um ein zwar trauriges, entsetzliches, jedoch einverständlich abgewickeltes Familiendrama handle. Durch die beschwornen Angaben der Dienstmägde Franziska Marer und Eleonore Pramer. so wie durch die ganz unbedenklichen Aussagen der hinterlaffenen Kinder Rudolf und Franz Tuvora ist sichergestellt, dt^ß ein derartiges Einverftändniß nicht stattgefunden h Kreditaktien........12V.— 5'/. Rational.«ttlehen.... 56.60 > London.........l09.75 1860er Staats-Anlehen . . . — i Silber.........10S.— »ankattien.......629.— > K. K. Müliz-DuktUeii .... 5.Lö Geschäftsberichte. einp reise im April — nach Eimern und in Holzband.) Alter Wein: Martmrger 10—11 fl. Pickerer 13—15 fl. Krauheimer 13 sl. Rittertberger 13—14 fl. SchmitSberger 8 -19 fl. Radiseller 14—15 fl. Vinarier 13—15 fl. «oloser 9 fl. Sauritscher 12—IN fi. Wurinlmger 10—11 fl. Pcttaiier Stadtberaer 1'.i fl. Sandberger 11—13 fl. Luttentierger 14—1/ fl. RadkerSburger 16—19 fl. — Neuer: Marburger 8—11 fl. Ztesternltzer 8 fl. Pickerer 11 fl. Arauiieimer 10 fl. Radiseller 12 st. Koloser 7'/, st. Sauritscher 10 fl. Wurmberger 8 fl. Pettauer Stadtberger 9'/, fl. Saudbert^er 8'/? st- Lutteuberger 13—17 fl. Radkersbnrger 13 fl. 1864er 5—7 fl — !Nr. 4386. (153 Einladung. ' Die Filiale Marburg hält die Vorsitzung zur 4.8. allgemeinen Ver-sammlung Mittwoch den 2. Mai Vormittag 10 llhr im Speisesalon des Casino zu Marburg ab. — Zur Verhandlung gelangen die in Nr. 41 der „Marburger Zcitung" veröffentlichten Fragen, und werden selbe nöthigenfalls Rachmittag, nach einem gemeinschaftlichen Mittagsmahle, fortgesetzt werden. Der Filial-Borsteher. Wohiiungs Beränderung. ^ Meine Wohnung befindet sich nun im Hause de» Herrn Burthardt, «Srntnergasse Rr. 227. Fran, Terbifcd, Spengler. Weißgarn Feinere Sorte mit Kaltenbrust Feine Jrländer oder Rumburger Hemden Feine Rumburger Hemden, Handgespinnst Allerf. Rumt). Hemden, s^önste Handarlieit . Blnnen 30 Tagen wird da» in allen erdenklichen Größen in» Centrals-Depot der ersten und größten LeinenwÄschesNiederlage und Nahanftalt in Tuchlauden Nr. II, zur Hälft« des früheren Preise» ,ertauft. Kür die Echtheit. Reinheit, schöuste Muchart und passende Aaeon wird gebürgt und wird jedes Stück, welches nicht k»esten» papt oder kon-venirt, retour genommen. 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Nachdem die zur Konkursmasse des Herrn Franz Straschill jun. gehörigen Realitäten llrb. Nr. 13 und l:F Gült Süßenheim zu Rothwein und Urb. Nr. 329326''/4 aä Frauheim, dann ein großer Tl)eil der vorhandenen Fahrnisse, als: Wagen. Getreidevorräthe, Wirth-schastseiniichtung jeder Art. bei der ersten Feilbietung nicht an Mann gebracht ivurdcn. wird in Gemäßheit des diesgerichtlichen Ediktes vom 15. Februar 1866 Z. 2001 zur Versteigerung obiger VermSgenschaften die zweite Feilbietnngs'Tagsatzung und zlvar bezüglich der Bräuerei- und Ackerrealität llrb. Nr. 13 und IL? all Gült Süßenheim zu Rothtvein am s Mai isstt Vormittags 10—12 Uhr. und bezüglich der noch vorhandenen Fahrnisse am gleicken Tage von 2—6 llhr Nachmittags; dann bezüglich der Acker-realität llrb. Nr. 329und 329^^/4 aä Frauheim am 4 Mai ISttv Vormittags 10—12 Uhr am Orte der Realitäten abgehalten werden. K. k. Bezirksgericht Marburg am 6. April 1866. z. 4122. Edikt. (150 Vom k. k. Bezirksgericht.' Marburg wird bekannt gemacht: eS sei die freitvillige Veräußerung des zum Nachlaß des Uhrmachers Otto Bind« lechner gehörigen Uhrenlagers, der Werkzeuge, Zimmer- und sonstigen Ein-richtung, Wäsche, Bettzeug, Kleidungsstücke u. s. w., zusammen im gericht» lich erhobenen SchäKwerthe per 938 fl. 83 kr. ö. W. bewilliget und zur Vornahme derselben eine einzige Feilbietungstagsatzung auf den S Mai »SS« Vormittags von 9 bis 12 Uhr und nöthigensfalls Nachmittags von 2 bis 6 Uhr im Gewölbslokale deS Erblassers in der Draugasse zu Mar» bnrg mit dem Beisahe angeordnet worden, daß die feilzubietenden Ge-gellstände bei de/selben nur um oder über den Schätzwerth gegen sogleiche Barzahlung hintangegeben werden. Marburg am 6. April 1866. Nr. 3775. Kutldmachtutg. (151 Ver»»t»»ttl»ch«r »edgtte«: Kr«»z »ieSttzgle r. Es wird hiemit zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß daS den nachbenannten Gemeinden zustehende Jagdrecht für die Dauer von 6 Iahren, d. i. vom 1. Juli 1866 bis Ende Juni 1872 an den unten festgesetzten Tagen jedesmal um 10 Uhr Vormittags angefangen, in der Kanzlei dieses Bezirksamte« im öffentlichen Lizitationswege hintangegeben lverden wird. Pachtlustige werden hiezn mit dem Beifügen vorgeladen, daß die Lizitationsbedingnisje in den gewöhnlichen AmtSslunden bieramts zur Eilmcht anfliegen. Als Lizitationstage sind bestimmt: a) der 14. Mai 1866 für die Jagden von: St. Egidi, Zierberg. Zcllnitz a. M.. PöUitschdorf, OberjakobSthal, Klappenberg, Ploderberg und Schönwarth; l)) der 15. Mai 1866 für die Jagden von: TraßniK. Zirknitz, Waigen. Platsch, Sulzthal. Wörtitschberg. Witschein und Speisenegg; l?) der 16. Mai 1866 für die Jagden von: Jahring, WelfSthal, Unterjakobsthal, Kuschernig und Wachsenberg; .